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Der Volltreffer

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Am Ende des Films, wenn die Stimmen von Mosab Hassan Yousef und Gonen Ben Itzhak verstummen und man Mosab am Strand von Los Angeles sieht, bleibt eine Frage: Warum hat er das gemacht?



Mosab Hassan Yousef war 17, als er begann, seine Familie auszuspionieren.

„The Green Prince“ erzählt die unglaubliche Geschichte des 17-jährigen Palästinensers Mosab aus dem Westjordanland, der 1997 beginnt, für den israelischen Inlandsgeheimdienst Schin Bet zu spionieren. Zehn Jahre lang horcht er Familie, Freunde, Bekannte aus und liefert wertvolle Informationen an seinen Führungsoffizier Gonen. „Ich habe meine Familie und meine Verwandten auf einem Altar geopfert“, sagt Yousef im Film, seltsam emotionslos, „ich habe sie dem Schlachtmesser ausgeliefert.“ Tränen kommen ihm nur einmal: Als er davon erzählt, dass er sich im US-Exil vom israelischen Geheimdienst im Stich gelassen fühlt.

Sein Vater ist Hassan Yousef, Mitgründer der Terrorgruppe Hamas. Jahrelang führt der Sohn ein Doppelleben: als Assistent des Vaters und als Assistent des Schin Bet. „Mosab für uns zu gewinnen, war ein Volltreffer“, sagt Itzhak. „Das war, als hätte ein Geheimdienst den Sohn des israelischen Premierministers rekrutiert.“

Im Film des israelischen Regisseurs Nadav Schirman reden nur die zwei, unterbrochen von Archivmaterial und nachgestellten Szenen. Man gewinnt einen faszinierenden Einblick in die Arbeitsweise des Schin Bet. Yousef erzählt, wie er seinen Vater erst anhimmelt („Für mich war er ein Gott“) - und dann, in einem israelischen Gefängnis, von israelischen Agenten abgeworben wird. Mosab Yousef lässt Selbstmordattentäter auffliegen und platziert mit Mikrofonen präparierte Tische bei Hamas-Treffen. Er horcht in israelischen Gefängnissen Hamas-Gefangene aus und nimmt Anrufe von Hamas-Funktionären aus Syrien entgegen. Wenn er ausgelaugt war vom Doppelleben, bekam er einen Mietwagen, durfte nach Tel Aviv fahren und bekam eine Hotel-Nacht spendiert. Geriete der Kollaborateur heute in Hamas-Hände, würde er wohl exekutiert.

Yousef ist bekannt. Der heute 36-Jährige veröffentlichte vor vier Jahren seine Geschichte als „Sohn der Hamas“. Das Buch wurde zum Besteller – und wäre ihm fast zum Verhängnis geworden: Die US-Sicherheitsbehörden wollten ihn ausweisen, weil er der Hamas nahegestanden hat. Gerettet wurde er 2010 von seinem Führungsoffizier Itzhak. Als der von Mosabs bevorstehender Ausweisung erfährt, setzt er sich ins nächste Flugzeug und überzeugt die Richter in Kalifornien, dass Mosab Yousef kein Hamas-Terrorist ist, sondern für Israel spioniert hat. Der Freundschaftsdienst funktioniert: Mosab Yousef darf in Kalifornien bleiben. Itzhak wird zu Mosab Yousefs Ersatzvater. Einmal in der Woche telefonieren sie. Schirmans Film will vor allem diese Geschichte erzählen: Von der Freundschaft zwischen einem muslimischen Palästinenser und einem jüdischen Israeli.

Unbeantwortet allerdings bleiben diese Fragen: Warum hat Mosab seinen Vater und seine Mutter, seine Geschwister und seine Verwandten verraten? Warum ist er zum Christentum übergetreten? Wovon lebt er? Weshalb hat er sein Gesicht komplett verändern lassen und zeigt es doch?

Geld, sagt er, sei nicht der Grund fürs Spionieren gewesen. Die Lust auf ein Leben als James Bond wohl auch nicht: Er klagt, dass es kein Leben gewesen sei mit zwei Identitäten, weil er sich nie jemandem anvertrauen konnte. Er sagt auch: „Mit Israel zu kollaborieren ist die größte Schande für einen Palästinenser.“ Die Selbstmordattentate hätten ihn Hamas zu hassen gelehrt. aber ist das wirklich die ganze Wahrheit? Um einen Palästinenser zum Kollaborieren zu bewegen, sagt Gonen Itzhak, „musst Du seinen Schwachpunkt finden. Eine verwundbare Stelle in seinem Leben, um ihn für uns zu gewinnen.“ Welche das bei Mosab Yousef ist, erfährt der Zuschauer nicht. Leider.

Man erfährt, er sei im Alter von fünf Jahren von einem Onkel vergewaltigt worden und habe nie jemandem davon erzählt habe. Man erfährt, es habe ihn geschockt zu sehen, wie in israelischen Gefängnissen angebliche Kollaborateure von Hamas-Gefangenen gefoltert worden seien. Aber Yousef sagt auch: „Niemand hat mir eine Waffe an den Kopf gehalten und gesagt, wenn du nicht für uns arbeitest, töten wir dich.“

Schirmans Film ist eine Retrospektive. Doch spannend wäre auch: Wie geht es Mosab Yousef heute, zehn Jahre nachdem er aufgehört hat zu spionieren ? Er lebt in Los Angeles. Man hört, er macht eine Ausbildung zum Yogalehrer, eine Beziehung hat er gerade nicht, und seine Familie hat ihn verstoßen. Am Ende des Films sieht man ihn am Strand von Santa Monica mit riesiger Sonnenbrille, als wollte er unerkannt bleiben. Im Abspann kommt der traurige Satz: „Mosab lebt allein in den USA. Nach mehreren Todesdrohungen musste er mehrmals umziehen.“

Guter Stoff für einen Film.

The Green Prince, D/UK/Israel 2014 – Regie und Buch: Nadav Schirman.. Kamera:Hans Fromm, Giora Bejach, Raz Dagan. Rapid Eye Movies, 95 Min.




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