Wah! Leonardo DiCaprio in einem samtigen, violetten Jogginganzug, mit Schirmmütze auf dem Kopf, Plastiktüte überm Arm und Kaffeebecher in der Hand! Und: Doppelwah! Dazu trägt er Ugg Boots!
Ich habe mir das nicht ausgedacht. Es gibt ein Foto davon. Leonardo DiCaprio sieht darauf so stillos aus (und hat eine so schlechte Körperhaltung), dass es eigentlich auch nicht mehr als sympathisch-gedankenloses Slackertum durchgeht. Die Hersteller samtiger, violetter Jogginganzüge haben das wohl eingesehen und nicht weiter verbreitet, dass Leonardo DiCaprio sie trägt. Der Hersteller von Ugg Boots allerdings schon. Und dann sind die Stiefel auf einmal modern geworden und wurden auf die Straßen unserer Städte gespült.
Ugg Boots, das kann man nachlesen, werden aus Lamm- oder Schaffell gefertigt und kommen ursprünglich aus Australien oder Neuseeland, so ganz genau weiß man das nicht. Lange wurden sie vor allem von Surfern getragen, die darin nach dem langen Aufenthalt im kalten Wasser ihre Füße wärmten. Und von „Dags“ – so nennt man auf der anderen Seite der Erde Menschen, die unmodisch, exzentrisch und ein bisschen trottelig sind.
Es hatte dann viel mit „Surfer sind überall auf der Welt zu Hause“ und einer klugen Marketingstrategie zu tun, dass sich auf einmal auch Münchner Jurastudentinnen an grauen Februarmorgen in der Prüfungsphase Leggins und Ugg Boots überzogen und damit in die Bayerischen Staatsbibliothek watschelten. Bald darauf erklärten uns die ersten Frauenzeitschriften, dass Frauen Ugg Boots lieben und Männer sie hassen, weil sie ja so klobig und elefantenfußmäßig seien, „dabei sind sie doch so warm und kuschlig!“ Und dann die zweiten. Und dann die dritten. Und dann gab es auf einmal ein (Herren-)T-Shirt, auf dem „Zieh deine Ugg Boots aus, wenn du mit mir redest!“ stand.
Mit dem Hass auf Ugg Boots, das wird daran deutlich, bewegt man sich immer hart an der Grenze zur Misogynie. Seit Ugg Boots in Mode sind, haben sie sich von Surferschuhen zu Damenstiefeln gewandelt trotz Leonardo DiCaprio als Träger-Vorbild. Obwohl sie als Unisex-Modelle gedacht sind, tragen Männer sie eher selten. Das ist einfach so passiert und an sich ja auch völlig egal. Allerdings hat sich daraus ein affektierter Streit zwischen pseudo-emanzipierten Frauen und Anti-Feministinnen entzündet, in dem von Folgendem ausgegangen wird:
1. Männer finden, ein Damenschuh solle sich irgendwo zwischen Aschenputtels mit Seide und Silber bestickten Pantöffelchen und „Sex and the City“-Pumps abspielen, unbequem hin oder her, das haben die Damen bitte auszuhalten.
2. Frauen können sich (angeblich) am besten gegen das maskuline Diktat wehren, indem sie die unförmigsten Treter tragen, die sie finden können, und deren Bequemlichkeit betonen.
Das ist zwar ziemlicher Blödsinn, aber leider sind genau jene „Debatten“, die einen „Frauen so und Männer so“-Fächer aufspannen, besonders mehrheitsfähig. Die schaukeln sich erfahrungsgemäß sehr schnell hoch, nutzen Mario Barth und seine Fans als Multiplikatoren und schon haben sie die ganze Gesellschaft durchseucht. Daher der Hass.
Aber nicht nur. Auch viele Frauen und viele Männer ohne von Aschenputtel geprägtes Schuhbild hassen Ugg Boots. Vielleicht, weil sie instinktiv gegen Pseudo-Emanzipation sind. Vielleicht aber auch aus dem einfachsten aller Gründe. Denn Ugg Boots sind, das kann wohl niemand leugnen, abseits aller Geschlechterklischees und ganz objektiv betrachtet: hässlich. Die Legende will, dass der Name „Ugg Boots“ folgenden Ursprung hat: Die Ehefrau des Mannes, der die ersten Ugg Boots zusammengenäht hat, sagte bei deren Anblick, sie seien „ugly“. Wenn das stimmt, dann heißen Ugg Boots übersetzt „Hässliche Stiefel“. Es ist so offensichtlich. Und trotzdem hat keiner was dagegen getan.