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Zwischen Mutter Teresa und Dagobert Duck

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Kaum ein reicher Mann spaltet die Menschheit so sehr wie der geniale Software-Erfinder Bill Gates: Die einen halten ihn für Mister Mildtätigkeit, die anderen für einen gierigen Raffzahn

Irgendwann dachte Bill Gates über diesen Satz nach, den nicht wenige als irrwitzige Idee eines Größenwahnsinnigen interpretierten. 1977 hatte der damals 22 Jahre alte Gates gesagt, dass er die Vision von "einem Computer auf jedem Schreibtisch und in jedem Haus" habe. Als er mit seinen Softwareprodukten erste Erfolge feierte, begann er doch mal zu rechnen, wie er später zugab: "Okay, wie viele Häuser gibt es auf der Welt? Wie viele Schreibtische? Und kann ich 20 Dollar von jedem bekommen?" 1977 lebten 4,2 Milliarden Menschen auf der Welt - hätte Gates also von jedem Menschen 20 Dollar bekommen, beliefe sich sein Vermögen auf 84 Milliarden US-Dollar. Es stimmte fast: 2012 war ein Drittel der Weltbevölkerung per Computer mit dem Internet verbunden, laut einer Schätzung von Forbes ist William Henry Gates III. derzeit mit einem Vermögen von 72,7 Milliarden Dollar der reichste Mensch der Welt.



Bill Gates, der reichste Mensch der Welt

Er hat die Welt mit seinen Produkten grundlegend verändert. Das ist unbestritten, und doch wissen viele Menschen nicht, was sie von diesem Bill Gates halten sollen: Ist er der liebe Bruder von Mutter Teresa oder doch der böse Bruder von Onkel Dagobert, der für alles steht, was die Menschen am Kapitalismus kritisieren?

Es gibt wenige Biografien, die in der Mitte zwischen Teresa und Dagobert liegen, die meisten schlagen deutlich in die eine oder andere Richtung aus. Gates hat mittlerweile mehr als 28 Milliarden Dollar seines Vermögens gespendet, er hat angekündigt, 95 Prozent seines Vermögens an Stiftungen zu vererben, und er hat 40 anderen Milliardären wie Warren Buffett und Mark Zuckerberg, das Versprechen abgerungen, mindestens die Hälfte ihres Vermögens zu spenden.

Gates verkörpert für jene, die ihn in der Mutter-Teresa-Gruppe zuordnen, die Rache des Nerds: Nicht der athletische Superman mit glänzenden Zähnen, gebräunter Haut und perfekter Frisur verändert die Welt, sondern der Typ mit den zerzausten Haaren, dem zerknautschtem Anzug und den dicken Brillengläsern. Der in Interviews mit schief gebundener Krawatte dasitzt, schüchtern an seiner Brille nestelt und bei der Frage nach seinem Intelligenzquotienten (geschätzter Wert: 160) sagt: "Ich weiß es nicht. Als junger Mann habe ich mal Tests gemacht, die waren gut, ich tue mich bei diesen dämlichen Fragen in IQ-Tests komischerweise leicht." Der bis 1997, da galt er bereits als reichster Mensch der Welt, ganz bescheiden in der Economy-Klasse flog und der bei einem Auftritt bei "Wetten, dass...?" im Januar 2000 enthüllte, gerade einmal 40 Dollar Bargeld dabei zu haben.

Für Vertreter der Dagobert-Theorie verkörpert Gates mit seiner aggressiven Expansionsstrategie, der rigorosen Verteidigung seiner Geschäftsfelder und dem Versuch, ein Monopol zu errichten, die Rache des Kapitalismus: Einer, der stets gewinnen muss. Der nicht genug kriegen kann. Der Konkurrenten gnadenlos bekämpft. Einer, für den das Spiel "Monopoly" erfunden wurde.

Sein Werdegang ist bekannt: Mit 13 schrieb der Sohn eines Rechtsanwalts und einer Finanzexpertin sein erstes Computerprogramm, eine Version von Tic Tac Toe, und war begeistert von der Präzision der Software. Mit seinem zweiten Programm, einem Stundenplan-Generator, sorgte er dafür, dass er möglichst viele Kurse mit attraktiven Mädchen belegen konnte. Mit 17 gründete er gemeinsam mit seinem Kumpel Paul Allen die Firma Traf-O-Data und verkaufte der Stadt Seattle einen Computer, der das Verkehrsaufkommen berechnete.

Bei seinem Aufenthalt in Harvard (er brach das Studium nach dem zweiten Jahr ab, bekam später aber die Ehrendoktorwürde verliehen) lernte er den späteren Microsoft-Geschäftsführer Steve Ballmer kennen. 1975 taten sich Gates und Allen erneut zusammen und nannten ihre Partnerschaft "Micro-Soft", ein Jahr später ließen sie die Firma Microsoft im Bundesstaat New Mexico registrieren. Gates verkaufte Software, zuerst PC DOS, dann MS-DOS, später Windows, an IBM und andere Firmen - und wurde stinkreich. Danach verteidigte er sein Imperium gegen die Konkurrenz wie Dagobert Duck seinen Geldspeicher gegen die Panzerknacker. Am 12. September 2007 arbeitete er letztmals einen ganzen Tag für Microsoft, besitzt aber immer noch 501 Millionen Anteile am Unternehmen.

Um den Menschen zu verstehen, braucht es die Erzählungen derer, die mit ihm gearbeitet oder gegen ihn verhandelt haben. Beim Thema Ehrgeiz reicht eine Geschichte des früheren Atari-Mitarbeiters Fred Thorlin, der einst mit Gates verhandelte: "Ich habe ihm ein einfaches Computerspiel gezeigt und 35 von 37 Spielen gewonnen. Als ich einen Monat später wieder mit ihm spielte, gewann er jede einzelne Partie und schaffte ein Unentschieden. Er hatte das Spiel so lange studiert, bis er es komplett gelöst hatte."

Um sein manisches Faible für Effizienz zu begreifen, genügt die Anekdote, bei der Gates während Meetings aus dem Fenster starrte. Dabei sah er einen Mitarbeiter, der nicht auf den vorgegebenen Wegen über den Microsoft-Campus von Gebäude zu Gebäude ging, die Gates für perfekt und effizient hielt. Der Mitarbeiter lief durchs Gras, hüpfte über Hecken und sparte so pro Laufweg sieben Sekunden. Das soll gereicht haben, damit Gates ihn beförderte.

Sein Streben nach Perfektion und die damit verbundene Arroganz drückt sich im Umgang mit Mitarbeitern aus. Gefällt ihm etwas nicht, ist es gleich "das Dümmste, was ich je gehört habe". Ist ein Mitarbeiter nicht sofort bereit ist, ein Produkt zu verbessern, "mache ich das halt schnell übers Wochenende". Und war ein Produkt fertig, pflegte er nach ein paar Worten des Lobes zu sagen: "Wir sind noch weit davon entfernt, den grundsätzlichen Traum wahr zu machen, was ein Computer sein kann."

Er denkt stets an die Zukunft, deshalb ist seine Biografie weniger interessant als die Aussagen, die er in Interviews oder bei Reden vor Studenten gemacht hat. Sie wurden ihm oft als Arroganz, Größenwahn und Spinnerei ausgelegt, wirken aber umso beeindruckender wirken, wenn man sie heute noch mal liest. Dann nämlich wird klar: Bill Gates hatte tatsächlich stets eine Ahnung davon, wie die Zukunft der Technologie aussehen könnte. Dem Playboy sagte er im Jahr 1994: "Ich glaube, dass es möglich sein wird, dass innerhalb von drei Jahren Millionen von Menschen über den Computer miteinander verbunden sein werden." Es war seine Vorstellung vom Internet für alle Menschen. Dann sagte er: "Der Taschen-PC ist ein futuristisches Gerät. Anstatt Tickets fürs Theater zu haben, wird der Taschen-PC digital beweisen, dass du bezahlt hast. Das ist unsere Vision für in, sagen wir, fünf Jahren." Es war seine Vorstellung vom Smartphone.

Und noch ein Zitat: "Sagen wir, du möchtest einen Film sehen. Du willst wissen, welche Filme andere Menschen mögen - und basierend auf dem, welche Filme du zuvor gesehen und gemocht hast, könnte dir ein bestimmter Film gefallen. Nach diesen Informationen kannst du suchen und dann einen Film aussuchen und ihn digital herunterladen." Es war seine Vorstellung von Amazon, Google, Facebook und iTunes.

Microsoft ist immer noch eine der wertvollsten Firmen der Welt, trotz einiger Rückschläge: die Videospielkonsole Xbox ist defizitär, die Suchmaschine Bing muss sich gegen Google behaupten, auf dem hart umkämpften Smartphone-Markt tut sich das Unternehmen schwer. Die Menschen mögen von Bill Gates halten, was immer sie wollen. Gerade hat er ein Patent angemeldet für eine Software, die aus einem Text automatisch ein Video oder eine Bilderserie erstellt. Klingt abgedreht? Größenwahnsinnig? Die Biografie dieses Mannes zeigt, dass die Menschen vor allem eines tun sollten, wenn er mal wieder eine verrückte oder größenwahnsinnige Idee hat: Sie sollten zuhören.

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