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Zwischen Ku-Klux-Klan und Wattestäbchen

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Selten war die Polizei der Terrorzelle namens NSU näher als am 25.April 2007, unmittelbar nach den Schüssen auf die Polizistin Michèle Kiesewetter und deren Kollegen Martin A. Bei einer Ringfahndung notierten Beamte das Kennzeichen eines Chemnitzer Wohnmobils: C-PW 87. Doch die Spur wurde beiseite gelegt und nicht weiter verfolgt. Hätte man den Halter des Fahrzeugs ermittelt, wäre man wohl schnell auf die Namen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gestoßen.

Selten war die Polizei von der Wahrheit über den NSU weiter entfernt als bei der Jagd nach dem sogenannten „Heilbronner Phantom”. Eine DNA-Spur legte nahe, eine aus Osteuropa stammende Serientäterin habe Michèle Kiesewetter umgebracht und Martin A. schwer verletzt; an 40 weiteren Tatorten in Süddeutschland und auch im Ausland hatte die Gewalttäterin scheinbar ihr Unwesen getrieben. Hartnäckig verfolgte die Polizei den sehr merkwürdigen Verdacht. Später stellte sich heraus: Das DNA-Material stammte von einer Frau, die die zur Spurensicherung eingesetzten Wattestäbchen verpackt hatte.



Mord an Polizistin: wichtiges Thema im Untersuchungsausschuss

Fehler und Peinlichkeiten wie diese werden zur Sprache kommen, wenn der Landtag in Stuttgart demnächst einen Untersuchungsausschuss einsetzt, der sich mit den Umtrieben des NSU beschäftigt. Ein Ausschuss wie in Thüringen, Sachsen, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, nun also doch auch in Baden-Württemberg: Der SPD-Fraktionsvorsitzende Claus Schmiedel erklärte am Freitag im Namen seiner Partei das Einverständnis, nachdem sich die Sozialdemokraten dem Wunsch der Grünen bislang verweigert hatten. Eine Enquêtekommission war stattdessen eingesetzt worden, die Lehren ziehen sollte. Denn die Tat sei ausreichend untersucht.

Nun allerdings hat sich diese Kommission selbst zerlegt, auf eine so unwürdige Art und Weise, dass man sich Details ersparen sollte. Der Vorsitzende Willi Halder (Grüne) jedenfalls trat zurück, weil er ein Gutachten, das die Rechte des Gremiums klären sollte, erst Parteifreunden zeigte, bevor er es den Mitgliedern der Kommission vorlegte. Auch der grüne Obmann Daniel Lede Abal sieht sich in der Affäre mit Rücktrittsforderungen konfrontiert. Deshalb, sagt nun SPD-Mann Schmiedel, solle die Kommission erst einmal ausgesetzt werden; man müsse den Eindruck vermeiden, das Parlament scheue die Sachaufklärung. Den Vorsitz im Untersuchungsausschuss reklamiert die SPD für sich. Man werde den Posten mit einer Person besetzen, die der Aufgabe gewachsen sei, sagte Schmiedel, ein Seitenhieb auf Halder – und wohl auch eine Replik auf Spekulationen der Grünen, die SPD habe sich bislang verweigert, weil Innenminister Reinhold Gall seine Polizei schützen wolle.

Dem baden-württembergischen Landtag bietet der Ausschuss die Gelegenheit, das unwürdige parteipolitische Gezerre um die Bluttat von Heilbronn zu beenden. Der langjährige Generalstaatsanwalt von Baden-Württemberg, Klaus Pflieger, äußerte im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung sein Unverständnis über dieses Taktieren. „Warum agiert die Politik hier nicht und lässt es zu, dass der Eindruck erweckt wird, dass etwas unter den Teppich gekehrt werden soll?”, sagte Pflieger. „Mir tut es weh, wenn ich sehe, wie Spekulationen in alle Richtungen gedeihen.“ Er erhofft sich nun auch Erkenntnisse über rechte Strömungen in der Polizei Baden-Württembergs. Mehrere Kollegen Kiesewetters waren im Ku-Klux-Klan engagiert gewesen. „Da muss man durch, auch wenn es unangenehm wird”, sagt Pflieger.

Es wird eine schmerzliche Untersuchung werden, nicht zuletzt für die Angehörigen von Michèle Kiesewetter. Denn auch die Spekulationen um Kontakte der Polizistin zur rechtsextremen Szene werden wieder zur Sprache kommen. Der Mord von Heilbronn fällt in vielerlei Hinsicht aus der Reihe der anderen NSU-Taten: offenbar ohne Vorbereitung, ganz spontan verübt, der einzige Anschlag auf die Staatsgewalt. Die erbeuteten Waffen führten Böhnhardt und Mundlos bis zu ihrem Tod wie Trophäen mit sich. Um die Tat ranken sich deshalb die wildesten Verschwörungstheorien. Warum musste Michele Kiesewetter wirklich sterben? Die letztgültige Antwort kann wohl auch ein Untersuchungsausschuss nicht geben. Die kennt wohl nur eine Person: Beate Zschäpe, die derzeit in München vor Gericht steht.

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