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Papst warnt Kirche vor „feindlicher Erstarrung“

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Zwei Wochen lang haben fast 200 katholische Bischöfe im Vatikan kontrovers über Ehe, Familie und Sexualität diskutiert – und konnten sich nicht darauf einigen, wie die Kirche mit Homosexuellen und Geschiedenen, die wieder heiraten, umgehen soll. Die drei entsprechenden Abschnitte 52, 53 und 55 des 62 Punkte umfassenden Abschlusstextes verfehlten bei der Abstimmung die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit der stimmberechtigten Bischöfe. Papst Franziskus hatte angeordnet, das Abstimmungsergebnis zu veröffentlichen. Bislang war das nicht üblich gewesen.

Am Montag noch hatte ein Zwischenbericht Aufsehen erregt, weil er Homosexuelle eine Bereicherung für die Gemeinden nannte und von der Möglichkeit sprach, Geschiedenen, die wieder heiraten, in bestimmten Fällen den Zugang zu den Sakramenten zu ermöglichen. Der Text stieß aber auf die heftige Kritik konservativer Bischöfe, denen die Vorschläge zu weit gingen; die Gegner des Textes kamen vor allem aus Afrika und Osteuropa, aber auch aus der römischen Kurie. In der Folge wurden zahlreiche Änderungen eingearbeitet, um strittige Stellen zu entschärfen. So heißt es nun zum Beispiel lediglich, man habe über das Thema wiederverheiratete Geschiedene „nachgedacht“. Das Dokument dient als Arbeitsgrundlage für eine zweite Synode, die in einem Jahr tagen soll.



Papst Franziskus: Heftige Diskussionen im Vatikan

Papst Franziskus würdigte in einer Rede zum Abschluss der Sitzungen die Offenheit der Beratungen. Er warnte vor einer „feindlichen Erstarrung“ der Kirche, aber auch vor einer „falschen Barmherzigkeit“. „Traditionalisten und Intellektualisten“ würden sich oft „im Geschriebenen einschließen und sich nicht von Gott überraschen lassen wollen“; Progressive und Liberale würden dagegen manchmal Wunden verbinden, „ohne sie zuvor zu pflegen und zu behandeln“. Die Synoden-Teilnehmer veröffentlichten am Samstagabend eine Botschaft an die Gläubigen. In ihr heißt es, die katholische Kirche sei „ein Haus mit stets offenen Türen“; in ihr solle niemand ausgeschlossen werden. Die Synodenväter riefen die Regierungen der Welt auf, die Rechte der Familien zu stärken.

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx, der für die Deutsche Bischofskonferenz in Rom war, sagte, manches in der kontroversen Debatte sei „nicht erquicklich“ gewesen, nannte die Gesamtbilanz aber insgesamt „positiv“. Der Abschlusstext sei eine „Ermutigung“, weiter zu diskutieren und voranzugehen. Erstmals seit Jahren seien die Themen Sexualität, Ehe und Familie so offen diskutiert worden. Die Familienreferentin des Erzbistums Berlin, Ute Eberl, die als Beraterin nach Rom gefahren war, sagte, in der zweiten Woche der Beratungen habe eine „eher bewahrende Haltung im Vordergrund gestanden“.

Am Sonntag sprach Franziskus auf dem Petersplatz Papst Paul VI. selig, der das Zweite Vatikanische Konzil abgeschlossen, aber auch die Enzyklika „Humanae Vitae“ veröffentlicht hatte, die Katholiken den Gebrauch künstlicher Verhütungsmittel verbot. An der Zeremonie nahm auch der zurückgetretene Papst Benedikt XVI. teil.

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