In einem opulenten Raum mit einer langen Tafel steht Tom Schilling. Ein kleiner Mann, der in seinem Maßanzug noch kleiner wird. Der 32-Jährige ist kein junger Adliger, sondern einer der gefragtesten Schauspieler des Landes. Hinter ihm hängt das Plakat des Filmes „Who am I“, der am 25. September anläuft. Es geht um Hacker – ein Thema, für das sich Schilling nur langsam begeistern konnte. „Ich hatte lange nicht mal einen Laptop.“ Auch vom Soho House Berlin, in dem das Gespräch stattfindet, distanziert er sich. Er sei „anders als alle anderen“ nicht Mitglied. In einem liegt Schilling im Trend: Vor Kurzem ist er zum zweiten Mal Vater geworden – und nimmt jetzt erst mal Elternzeit.
SZ: Herr Schilling, reden wir über Geld. Sie spielen Außenseiter, Ausgestoßene, die am Leben verzweifeln. In der Realität tragen Sie Anzug. Wie geht das zusammen?
Tom Schilling: Ich glaube, so ein Außenseiter-Ding kann man in jede Rolle hineininterpretieren. Ich würde sagen, dass ich häufig Figuren mit einem großen Sendungsbewusstsein spiele. Zum Beispiel in „Crazy“ oder in „Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe“. Und in „Oh Boy“ eigentlich auch.
Was macht eine Figur eigentlich attraktiv? Wenn sie Probleme hat oder wenn sie selbstsicher ist?
Für mich ist das attraktiv, was problematisch, abgründig ist. Pete Doherty zum Beispiel hat einen Sexappeal, obwohl er sein Leben, glaube ich, nicht so richtig unter Kontrolle hat. Als ich mir im Kino „Oh Boy“ angeschaut habe, saß hinter mir eine Frau, die meinte: „Gott, so könnte ich nicht leben. Diese fettigen Haare, unausgepackte Sachen in der Wohnung, ne.“ Andererseits habe ich viele getroffen, gerade Frauen, die das total ansprechend finden. Weil er jemand ist, der einen ganz anderen und genaueren Blick auf die Dinge hat. Es schwingt ja auch ein Fatalismus mit in dieser Figur. Manche finden das toll, manche finden das miesepeterig.
Tom Schilling (l.) macht jetzt auch Musik.
Jetzt kommt der Film in Amerika raus. Wie reagieren die Leute da?
Da gibt es sicher viele, die denken: Mein Gott, krieg doch mal den Arsch hoch! Ein großer Teil von „Oh Boy“ ist für mich eine Auseinandersetzung mit der Leistungsgesellschaft, die natürlich in Amerika noch mal um einiges stärker ist. Und da kann das eine irrsinnige Provokation sein.
Ist das ein Thema, das Sie privat beschäftigt? Die Auseinandersetzung mit der Leistungsgesellschaft?
Ja. Ein System, das auf Wachstum basiert und nur dann funktioniert, ist natürlich schon fragwürdig. Warum denn eigentlich wachsen? Genügt es nicht auch so?
Man will aber doch vorwärts kommen als Mensch, oder? Man sagt ja nicht: So wie es ist, ist es gut, das lassen wir jetzt so.
Aber von den Sachen, die erfunden werden und neu gemacht werden, überdauern vielleicht drei, vier Prozent. Das ist wie mit guter Literatur und guten Filmen. Der Großteil ist Schrott und wird vergessen.
Sie sind allerdings jemand, der vor der Leistungsgesellschaft bestehen kann. Seit Sie volljährig sind, sind Sie ein erfolgreicher Schauspieler, verdienen Ihr eigenes Geld.
Was ja auch fragwürdig ist. Warum ich dadurch irgendwie besser oder interessanter sein soll.
Das Immer-erfolgreich-sein und der Sexappeal, den man hat, wenn man ein bisschen am Rande steht – sind das Pole, zwischen denen Sie sich bewegen?
Ich glaube, ich versuche einfach, meinen Beruf zu machen. Was mich am meisten beschäftigt, ist Integrität. Ich will vor mir, aber vielleicht auch vor anderen, die ich schätze, integer sein. Mir ging es nie darum, reich zu werden. Ich will – so banal das klingt – ich will irgendwie cool sein.
Stört es das Cool-Sein, wenn man reich und berühmt ist?
Für mich bin ich immer so cool wie der Film, den ich mache. Ich versuche, gute Filme zu erwischen, gute Regisseure.
Dann zählen nur die Leistung und die Arbeit?
Absolut. Ich definiere mich total über meinen Beruf. Natürlich macht es mir Spaß, der Hauptdarsteller eines Films zu sein. Und das Gefühl zu bekommen, dass die Leute sagen: Der macht das gut. Dem gucken wir gern zu.
Sie haben immer wieder von Angst gesprochen, von Existenzangst sogar.
Hab ich das wirklich? Ich hab einmal für Die Zeit einen Angsttraum aufgeschrieben, seither wollen alle mit mir über Angst reden. Ich bin das Sprachrohr der Angst!
Sie haben also gar nicht so viel Angst?
Nicht so, dass ich ständig einen Psychiater an meiner Seite bräuchte.
Sie erfüllen einige Snob-Klischees. Sie sitzen hier im Anzug. Perfekt abgestimmte Schuhe. Sie spielen Tennis.
Für mich sind Ästhetik und Stilbewusstsein nicht elitär. Das ist eine Geisteshaltung. Und Tennis ist ein schöner Sport. Es wäre etwas anderes, wenn ich in dem Tennisklub wäre, weil der ein schönes Klubhaus hat und mit mir in diesem Tennisverein Ärzte und Vorstandsvorsitzende wären. Aber unser Sporthaus ist eine Baracke!
Hätten Sie mal Lust, jemand Reiches zu spielen?
Eine Figur wie der Große Gatsby oder Wolf of Wall Street? Klar. Da geht’s ja nicht um Geld. Da geht es um Gier und Macht, die dazu führen, dass Menschen Geld anhäufen. Das sind Charaktereigenschaften. Und die interessieren einen eher als Schauspieler.
Einer der ersten Sätze, die Ihre Figur Benjamin in Ihrem neuen Film „Who am I“ sagt, ist: Ich bin kein Niemand mehr. Wann ist ein Mensch kein Niemand mehr?
In dem Film? Wenn er wahrgenommen wird und aus seinem geschützten Raum heraustritt.
Haben Sie das selber mal von sich gedacht: Dass Sie ein Niemand sind?
Ich hatte, glaube ich, schon immer das Gefühl, dass ich sehr stark wahrgenommen werde. Schon in der Schule. Ich war immer der Kleinste. Ich habe mich beobachtet gefühlt. Vielleicht bin ich Schauspieler geworden, weil ich auf eine Art und Weise wahrgenommen werden möchte, die ich beeinflussen kann. Wo ich eine Maske trage, unnahbarer werde.
Wieso wird man besonders wahrgenommen, wenn man klein ist?
Ich war nicht nur klein, ich war wirklich der Kleinste. So richtig einen ganzen Kopf kleiner. Da gab es schon Sprüche. Aber dann habe ich auch früh angefangen Anzüge zu tragen und mich exponiert. Das klingt wahnsinnig vermessen, aber auch als ich in meinen frühen Zwanzigern in Clubs unterwegs war, haben mich die Leute angeschaut. Als würden die denken: „Was will der hier?“
Auch wenn es in „Who am I“ um ein aktuelles Thema wie Hacker geht, ist der Plot klassisch: Alles kommt in Bewegung, weil der Hauptdarsteller ein Mädchen erobern will. Ging es Ihnen früher auch darum, eine Grundschulliebe zu beeindrucken?
Nee. Aber ich habe natürlich früh gemerkt, dass es Frauen interessiert, wenn man Schauspieler ist. Ich habe mit zwölf Jahren angefangen, Theater zu spielen und habe da auch Frauen kennengelernt.
Mit zwölf?
Ja klar, bei so einem Stück arbeiten ja viele Leute.
Wie lernt man denn mit zwölf Frauen kennen? Was passiert da?
Man arbeitet halt zusammen und findet Gefallen aneinander. Es ist doch ein offenes Geheimnis, dass jemand, der etwas vorführt, für andere interessant ist. Das merkt man schon, wenn man zu Weihnachten ein Lied vorsingt. Da gehört Mut dazu! Und mit je mehr Überzeugung man das macht, desto besser transportiert sich das.
Wollten Sie berühmt werden?
Ich wollte anerkannt werden. Wahrgenommen. Ich wollte, dass die Leute sagen: „Der kann das. Der kann das gut.“ Wenn ich angesprochen werde, dann viel angenehmer als andere Figuren des öffentlichen Lebens. Wenn ich mit Elyas M’Barek am Potsdamer Platz drehe, fangen die Mädels an zu kreischen. Bei mir sind sie höflicher – und sehr auf den Film bezogen.
Sie sagten mal, Sie seien Nick-Cave-Fan. Kennen Sie das Lied „Easy Money“ von ihm?
(nickt)
Cave singt „Money is a bitch“. Alles könnte so einfach sein, wenn nicht das Geld fehlen würde.
Ging’s nicht um Prostitution?
Damit auch um Geld. Oder?
Ja, absolut.
Mögen Sie diese Cowboy-Romantik? Dieses Einsamer-Wolf-Ding?
Nick Cave ist einfach ein großes Idol. Der hat ja immer eine Haltung. Ich bewundere ihn vor allem für die Arbeitswut, den kreativen Output. Eine Stilikone! Und ein Mensch, der sich komplett der Kunst verschrieben hat.
Haben Sie das auch?
Ja, ich versuch’ gerade Musik zu schreiben.
Was für Musik?
Keine Ahnung, das ist schwer. Alternative ist so unkonkret. Und wenn ich jetzt sage: countryeske Stücke, dann denken alle an TheBossHoss oder so was.
Spielen Sie alleine oder in einer Band?
Schreiben tu ich alleine. Und ich spiele mit den Jazz-Jungs aus dem Oh-Boy-Soundtrack.
Und? Schon aufgetreten?
Ja. Umsonst und draußen, diesen Sommer.
Und war’s gut?
Nein.
Vor wie vielen Leuten?
Zwölf mittelinteressierten. Aber wir machen weiter, wir spielen noch, dieses Jahr.
Steht da groß Tom Schilling mit drauf, bei der Band?
Das ist ja irgendwie immer so, egal was ich mache.
Welches Instrument spielen Sie?
Ich bin Sänger und Gitarrist.
Sagen Sie mal eine Textzeile.
Äh. (Stille) „Ein Jahr ist zu kurz und Wladiwostok ist zu nah / Kein Gedanke wird gefasst, kein Blick wird hier klar / Ruf mich noch mal an und sag, dass du mich liebst / Ganz egal, ob es nur zum Spaß ist.“
Wo es schon um Liebe geht: Sie werden vom Feuilleton regelrecht verehrt. Wir haben keine negative Kritik gefunden. Wie fühlt sich das an?
Da macht einem der erste Verriss, der kommen könnte, natürlich Angst. Vielleicht ist der neue Film ja die erste Gelegenheit, ordentlich verrissen zu werden?
Ist das nicht unheimlich, so toll gefunden zu werden?
Nee, überhaupt nicht. Aber es ist mir sehr wichtig, ernst genommen zu werden. Vielleicht ist das der Kern: Ich will ernst genommen werden. Und ich habe Angst, dass man das nicht tut. Schon als Kinderschauspieler habe ich mich irrsinnig aufgeregt, wenn mich jemand nur als Kind gesehen, mich wie eine Schachfigur bewegt hat: Da bin ich schon früh mit Leuten aneinandergeraten. Nur weil ich klein oder jung bin: Du kannst mir auf Augenhöhe begegnen!
SZ: Herr Schilling, reden wir über Geld. Sie spielen Außenseiter, Ausgestoßene, die am Leben verzweifeln. In der Realität tragen Sie Anzug. Wie geht das zusammen?
Tom Schilling: Ich glaube, so ein Außenseiter-Ding kann man in jede Rolle hineininterpretieren. Ich würde sagen, dass ich häufig Figuren mit einem großen Sendungsbewusstsein spiele. Zum Beispiel in „Crazy“ oder in „Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe“. Und in „Oh Boy“ eigentlich auch.
Was macht eine Figur eigentlich attraktiv? Wenn sie Probleme hat oder wenn sie selbstsicher ist?
Für mich ist das attraktiv, was problematisch, abgründig ist. Pete Doherty zum Beispiel hat einen Sexappeal, obwohl er sein Leben, glaube ich, nicht so richtig unter Kontrolle hat. Als ich mir im Kino „Oh Boy“ angeschaut habe, saß hinter mir eine Frau, die meinte: „Gott, so könnte ich nicht leben. Diese fettigen Haare, unausgepackte Sachen in der Wohnung, ne.“ Andererseits habe ich viele getroffen, gerade Frauen, die das total ansprechend finden. Weil er jemand ist, der einen ganz anderen und genaueren Blick auf die Dinge hat. Es schwingt ja auch ein Fatalismus mit in dieser Figur. Manche finden das toll, manche finden das miesepeterig.
Tom Schilling (l.) macht jetzt auch Musik.
Jetzt kommt der Film in Amerika raus. Wie reagieren die Leute da?
Da gibt es sicher viele, die denken: Mein Gott, krieg doch mal den Arsch hoch! Ein großer Teil von „Oh Boy“ ist für mich eine Auseinandersetzung mit der Leistungsgesellschaft, die natürlich in Amerika noch mal um einiges stärker ist. Und da kann das eine irrsinnige Provokation sein.
Ist das ein Thema, das Sie privat beschäftigt? Die Auseinandersetzung mit der Leistungsgesellschaft?
Ja. Ein System, das auf Wachstum basiert und nur dann funktioniert, ist natürlich schon fragwürdig. Warum denn eigentlich wachsen? Genügt es nicht auch so?
Man will aber doch vorwärts kommen als Mensch, oder? Man sagt ja nicht: So wie es ist, ist es gut, das lassen wir jetzt so.
Aber von den Sachen, die erfunden werden und neu gemacht werden, überdauern vielleicht drei, vier Prozent. Das ist wie mit guter Literatur und guten Filmen. Der Großteil ist Schrott und wird vergessen.
Sie sind allerdings jemand, der vor der Leistungsgesellschaft bestehen kann. Seit Sie volljährig sind, sind Sie ein erfolgreicher Schauspieler, verdienen Ihr eigenes Geld.
Was ja auch fragwürdig ist. Warum ich dadurch irgendwie besser oder interessanter sein soll.
Das Immer-erfolgreich-sein und der Sexappeal, den man hat, wenn man ein bisschen am Rande steht – sind das Pole, zwischen denen Sie sich bewegen?
Ich glaube, ich versuche einfach, meinen Beruf zu machen. Was mich am meisten beschäftigt, ist Integrität. Ich will vor mir, aber vielleicht auch vor anderen, die ich schätze, integer sein. Mir ging es nie darum, reich zu werden. Ich will – so banal das klingt – ich will irgendwie cool sein.
Stört es das Cool-Sein, wenn man reich und berühmt ist?
Für mich bin ich immer so cool wie der Film, den ich mache. Ich versuche, gute Filme zu erwischen, gute Regisseure.
Dann zählen nur die Leistung und die Arbeit?
Absolut. Ich definiere mich total über meinen Beruf. Natürlich macht es mir Spaß, der Hauptdarsteller eines Films zu sein. Und das Gefühl zu bekommen, dass die Leute sagen: Der macht das gut. Dem gucken wir gern zu.
Sie haben immer wieder von Angst gesprochen, von Existenzangst sogar.
Hab ich das wirklich? Ich hab einmal für Die Zeit einen Angsttraum aufgeschrieben, seither wollen alle mit mir über Angst reden. Ich bin das Sprachrohr der Angst!
Sie haben also gar nicht so viel Angst?
Nicht so, dass ich ständig einen Psychiater an meiner Seite bräuchte.
Sie erfüllen einige Snob-Klischees. Sie sitzen hier im Anzug. Perfekt abgestimmte Schuhe. Sie spielen Tennis.
Für mich sind Ästhetik und Stilbewusstsein nicht elitär. Das ist eine Geisteshaltung. Und Tennis ist ein schöner Sport. Es wäre etwas anderes, wenn ich in dem Tennisklub wäre, weil der ein schönes Klubhaus hat und mit mir in diesem Tennisverein Ärzte und Vorstandsvorsitzende wären. Aber unser Sporthaus ist eine Baracke!
Hätten Sie mal Lust, jemand Reiches zu spielen?
Eine Figur wie der Große Gatsby oder Wolf of Wall Street? Klar. Da geht’s ja nicht um Geld. Da geht es um Gier und Macht, die dazu führen, dass Menschen Geld anhäufen. Das sind Charaktereigenschaften. Und die interessieren einen eher als Schauspieler.
Einer der ersten Sätze, die Ihre Figur Benjamin in Ihrem neuen Film „Who am I“ sagt, ist: Ich bin kein Niemand mehr. Wann ist ein Mensch kein Niemand mehr?
In dem Film? Wenn er wahrgenommen wird und aus seinem geschützten Raum heraustritt.
Haben Sie das selber mal von sich gedacht: Dass Sie ein Niemand sind?
Ich hatte, glaube ich, schon immer das Gefühl, dass ich sehr stark wahrgenommen werde. Schon in der Schule. Ich war immer der Kleinste. Ich habe mich beobachtet gefühlt. Vielleicht bin ich Schauspieler geworden, weil ich auf eine Art und Weise wahrgenommen werden möchte, die ich beeinflussen kann. Wo ich eine Maske trage, unnahbarer werde.
Wieso wird man besonders wahrgenommen, wenn man klein ist?
Ich war nicht nur klein, ich war wirklich der Kleinste. So richtig einen ganzen Kopf kleiner. Da gab es schon Sprüche. Aber dann habe ich auch früh angefangen Anzüge zu tragen und mich exponiert. Das klingt wahnsinnig vermessen, aber auch als ich in meinen frühen Zwanzigern in Clubs unterwegs war, haben mich die Leute angeschaut. Als würden die denken: „Was will der hier?“
Auch wenn es in „Who am I“ um ein aktuelles Thema wie Hacker geht, ist der Plot klassisch: Alles kommt in Bewegung, weil der Hauptdarsteller ein Mädchen erobern will. Ging es Ihnen früher auch darum, eine Grundschulliebe zu beeindrucken?
Nee. Aber ich habe natürlich früh gemerkt, dass es Frauen interessiert, wenn man Schauspieler ist. Ich habe mit zwölf Jahren angefangen, Theater zu spielen und habe da auch Frauen kennengelernt.
Mit zwölf?
Ja klar, bei so einem Stück arbeiten ja viele Leute.
Wie lernt man denn mit zwölf Frauen kennen? Was passiert da?
Man arbeitet halt zusammen und findet Gefallen aneinander. Es ist doch ein offenes Geheimnis, dass jemand, der etwas vorführt, für andere interessant ist. Das merkt man schon, wenn man zu Weihnachten ein Lied vorsingt. Da gehört Mut dazu! Und mit je mehr Überzeugung man das macht, desto besser transportiert sich das.
Wollten Sie berühmt werden?
Ich wollte anerkannt werden. Wahrgenommen. Ich wollte, dass die Leute sagen: „Der kann das. Der kann das gut.“ Wenn ich angesprochen werde, dann viel angenehmer als andere Figuren des öffentlichen Lebens. Wenn ich mit Elyas M’Barek am Potsdamer Platz drehe, fangen die Mädels an zu kreischen. Bei mir sind sie höflicher – und sehr auf den Film bezogen.
Sie sagten mal, Sie seien Nick-Cave-Fan. Kennen Sie das Lied „Easy Money“ von ihm?
(nickt)
Cave singt „Money is a bitch“. Alles könnte so einfach sein, wenn nicht das Geld fehlen würde.
Ging’s nicht um Prostitution?
Damit auch um Geld. Oder?
Ja, absolut.
Mögen Sie diese Cowboy-Romantik? Dieses Einsamer-Wolf-Ding?
Nick Cave ist einfach ein großes Idol. Der hat ja immer eine Haltung. Ich bewundere ihn vor allem für die Arbeitswut, den kreativen Output. Eine Stilikone! Und ein Mensch, der sich komplett der Kunst verschrieben hat.
Haben Sie das auch?
Ja, ich versuch’ gerade Musik zu schreiben.
Was für Musik?
Keine Ahnung, das ist schwer. Alternative ist so unkonkret. Und wenn ich jetzt sage: countryeske Stücke, dann denken alle an TheBossHoss oder so was.
Spielen Sie alleine oder in einer Band?
Schreiben tu ich alleine. Und ich spiele mit den Jazz-Jungs aus dem Oh-Boy-Soundtrack.
Und? Schon aufgetreten?
Ja. Umsonst und draußen, diesen Sommer.
Und war’s gut?
Nein.
Vor wie vielen Leuten?
Zwölf mittelinteressierten. Aber wir machen weiter, wir spielen noch, dieses Jahr.
Steht da groß Tom Schilling mit drauf, bei der Band?
Das ist ja irgendwie immer so, egal was ich mache.
Welches Instrument spielen Sie?
Ich bin Sänger und Gitarrist.
Sagen Sie mal eine Textzeile.
Äh. (Stille) „Ein Jahr ist zu kurz und Wladiwostok ist zu nah / Kein Gedanke wird gefasst, kein Blick wird hier klar / Ruf mich noch mal an und sag, dass du mich liebst / Ganz egal, ob es nur zum Spaß ist.“
Wo es schon um Liebe geht: Sie werden vom Feuilleton regelrecht verehrt. Wir haben keine negative Kritik gefunden. Wie fühlt sich das an?
Da macht einem der erste Verriss, der kommen könnte, natürlich Angst. Vielleicht ist der neue Film ja die erste Gelegenheit, ordentlich verrissen zu werden?
Ist das nicht unheimlich, so toll gefunden zu werden?
Nee, überhaupt nicht. Aber es ist mir sehr wichtig, ernst genommen zu werden. Vielleicht ist das der Kern: Ich will ernst genommen werden. Und ich habe Angst, dass man das nicht tut. Schon als Kinderschauspieler habe ich mich irrsinnig aufgeregt, wenn mich jemand nur als Kind gesehen, mich wie eine Schachfigur bewegt hat: Da bin ich schon früh mit Leuten aneinandergeraten. Nur weil ich klein oder jung bin: Du kannst mir auf Augenhöhe begegnen!