Wer gerade auf den Straßen Westkanadas unterwegs ist, stößt womöglich auf einen seltsamen Anhalter mit blauen Schaumstoffbeinen, gelben Handschuhen, LED-Grinsen und Anweisungen auf dem Rücken, wie man ihn am Zigarettenanzünder auflädt. „Hitchbot“ ist ein Roboter, den ein Team der Ryerson University in Toronto allein durchs Land trampen lässt, um die Beziehung zwischen Mensch und Maschine zu erforschen. Inzwischen nimmt das halbe Land an der 6500 Kilometer langen Reise des kleinen Roboters von Halifax nach Victoria Anteil. Dieser Tage wird Hitchbot am Ziel erwartet. Mitentwickelt hat ihn die deutsche Kommunikationswissenschaftlerin und IT-Spezialistin Frauke Zeller, die in Toronto lebt und lehrt.
Trampt durch Kanada: Der Roboter Hitchbot
SZ: Hallo Frau Zeller, wo ist Hitchbot?
Zeller: Oh, das weiß ich gerade nicht. Eigentlich verfolge ich ihn rund um die Uhr. Aber heute kamen so viele Anfragen, dass ich mich nicht um ihn kümmern konnte.
Da sind Sie ja bald die Ausnahme, halb Kanada scheint inzwischen über Hitchbots Etappen informiert zu sein.
Irre, oder? Allein auf Twitter folgen ihm mittlerweile mehr als 30000 Menschen.
Wie stehen Sie in Kontakt mit ihm?
Im Prinzip wie alle anderen auch. Über Twitter, Facebook oder Instagram. Und zusätzlich über die Bilder, die Hitchbot automatisch von der Reise aufnimmt.
Heißt das: Wenn er sich zu mir ins Auto setzt, lande ich sofort auf Ihrem Server?
Er sitzt ja neben den Fahrern, die Kamera ist bewusst nicht seitlich, sondern vorn installiert. Auch twittert Hitchbot die Bilder nicht direkt. Fotos von Personen, die nicht zustimmen, werden nicht veröffentlicht. Wir hoffen auf Landschaftsbilder.
Wozu das denn?
Na, wegen Kanada natürlich, das ist ja ein sehr schönes Land. Gibt es da nicht genügend Aufnahmen? Klar, aber Hitchbot soll die Leute zum Mitmachen animieren. Er appelliert ein wenig an ihren Nationalstolz. Menschen, die ihn treffen, sollen sagen: Kanada ist super, wir sind alle nett, gemeinsam bringen wir diesen kleinen Roboter sicher durchs Land.
Das scheint zu klappen.
Es ist toll, wie kreativ die Leute sind. Allein die vielen Selfies mit ihm! Haben Sie die Bilder von der Hochzeit gesehen, zu der Hitchbot eingeladen wurde? Er hat sogar mit dem Brautpaar getanzt. Andere Leute wollten mit ihm verreisen oder Fallschirm springen gehen. Und Ureinwohner auf einer Insel im Lake Huron haben ihm den Ehrentitel „Eiserne Frau“ verliehen. Die Menschen nehmen ihn mit zum Campen oder kaufen ihm was: einen Reiserucksack, einen Teddy, Flipflops, ein Regencape.
Was hat Sie am meisten berührt?
Der Tweet eines autistischen Mädchens und seiner Eltern. Das Kind war enttäuscht, weil es lange an einer Straße auf Hitchbot gewartet hat. Der kam aber natürlich nicht vorbei.
Warum ist dieser Roboter so populär?
Wichtig bei der Entwicklung war, dass er eine Persönlichkeit bekommt. Und er durfte nicht angsteinflößend aussehen. Deshalb ist er eher klein, hat blaue Beine, Gummistiefel und ein süßes Gesicht.
Kindchenschema.
Ja, man muss ihm helfen wollen. Außerdem sollte er unterhaltsam sein.
Und das klappt über Spracherkennung?
Nicht perfekt, wie viele vom Handy wissen. Hitchbot ist eben etwas seltsam, aber wer ist das nicht? Er plappert gern drauflos. Dafür hat er auch Entschuldigungen parat wie „Sorry, zu viel Internet im Kopf, ich muss mich kurz sammeln.“ Dank einer Schnittstelle zu Wikipedia kann er Orte nachschlagen, durch die er fährt. Und wir haben ihm Dialoge einprogrammiert, die er als Anhalter braucht. Wer er ist und wohin er unterwegs ist, welche Hobbys er hat.
Roboterhobbys?
Na, zum Beispiel findet er es toll, wenn man ihn auf populäre Serien wie „Game of Thrones“ anspricht. Da kann er sogar etwas schwarzen Humor anbringen mit Witzen wie: „Am Ende sterben da alle, aber zum Glück ist kein Roboter dabei.“ Außerdem sammelt er selbst Geschichten. Wenn der Erzähler einwilligt, nimmt er die auf.
Welchen Wert hat ein trampender Roboter für die Wissenschaft?
Uns interessiert, ob Roboter Menschen vertrauen können. Anders gefragt: Was stellen Leute mit diesen Maschinen an, wenn sie ihnen überlassen werden? Was wollen sie von Robotern? Untersuchungen zur Beziehung zwischen Mensch und Roboter sind bisher eher künstlich gewesen. Da werden Testpersonen in einen Raum geschickt, wo sie sich unter Beobachtung mit der Maschine auseinandersetzen sollen.
Bauen Menschen zu Maschinen ernsthafte Beziehungen auf?
Das kommt ganz drauf an, wie Sie Beziehung definieren. Es gibt ja sogar Leute, die ihren Smartphones Namen geben.
Geht das bei Robotern weiter?
Es heißt oft, dass Menschen wegen der menschlichen Züge eines Roboters eine Beziehung zu ihm aufbauen. Andererseits ist ein Roboter Technik. Wenn die funktioniert, ist gut. Wenn nicht, entsteht Frust. Da kippt die Beziehung schnell.
Ziemlich sicher ist, dass wir uns in naher Zukunft von Robotern chauffieren lassen. Werden Roboter in 20 Jahren auch die interessanteren Mitfahrer sein?
Nein, das hoffe ich nicht. Aber man sollte da lieber keine Vergleiche anstellen.
Trampt durch Kanada: Der Roboter Hitchbot
SZ: Hallo Frau Zeller, wo ist Hitchbot?
Zeller: Oh, das weiß ich gerade nicht. Eigentlich verfolge ich ihn rund um die Uhr. Aber heute kamen so viele Anfragen, dass ich mich nicht um ihn kümmern konnte.
Da sind Sie ja bald die Ausnahme, halb Kanada scheint inzwischen über Hitchbots Etappen informiert zu sein.
Irre, oder? Allein auf Twitter folgen ihm mittlerweile mehr als 30000 Menschen.
Wie stehen Sie in Kontakt mit ihm?
Im Prinzip wie alle anderen auch. Über Twitter, Facebook oder Instagram. Und zusätzlich über die Bilder, die Hitchbot automatisch von der Reise aufnimmt.
Heißt das: Wenn er sich zu mir ins Auto setzt, lande ich sofort auf Ihrem Server?
Er sitzt ja neben den Fahrern, die Kamera ist bewusst nicht seitlich, sondern vorn installiert. Auch twittert Hitchbot die Bilder nicht direkt. Fotos von Personen, die nicht zustimmen, werden nicht veröffentlicht. Wir hoffen auf Landschaftsbilder.
Wozu das denn?
Na, wegen Kanada natürlich, das ist ja ein sehr schönes Land. Gibt es da nicht genügend Aufnahmen? Klar, aber Hitchbot soll die Leute zum Mitmachen animieren. Er appelliert ein wenig an ihren Nationalstolz. Menschen, die ihn treffen, sollen sagen: Kanada ist super, wir sind alle nett, gemeinsam bringen wir diesen kleinen Roboter sicher durchs Land.
Das scheint zu klappen.
Es ist toll, wie kreativ die Leute sind. Allein die vielen Selfies mit ihm! Haben Sie die Bilder von der Hochzeit gesehen, zu der Hitchbot eingeladen wurde? Er hat sogar mit dem Brautpaar getanzt. Andere Leute wollten mit ihm verreisen oder Fallschirm springen gehen. Und Ureinwohner auf einer Insel im Lake Huron haben ihm den Ehrentitel „Eiserne Frau“ verliehen. Die Menschen nehmen ihn mit zum Campen oder kaufen ihm was: einen Reiserucksack, einen Teddy, Flipflops, ein Regencape.
Was hat Sie am meisten berührt?
Der Tweet eines autistischen Mädchens und seiner Eltern. Das Kind war enttäuscht, weil es lange an einer Straße auf Hitchbot gewartet hat. Der kam aber natürlich nicht vorbei.
Warum ist dieser Roboter so populär?
Wichtig bei der Entwicklung war, dass er eine Persönlichkeit bekommt. Und er durfte nicht angsteinflößend aussehen. Deshalb ist er eher klein, hat blaue Beine, Gummistiefel und ein süßes Gesicht.
Kindchenschema.
Ja, man muss ihm helfen wollen. Außerdem sollte er unterhaltsam sein.
Und das klappt über Spracherkennung?
Nicht perfekt, wie viele vom Handy wissen. Hitchbot ist eben etwas seltsam, aber wer ist das nicht? Er plappert gern drauflos. Dafür hat er auch Entschuldigungen parat wie „Sorry, zu viel Internet im Kopf, ich muss mich kurz sammeln.“ Dank einer Schnittstelle zu Wikipedia kann er Orte nachschlagen, durch die er fährt. Und wir haben ihm Dialoge einprogrammiert, die er als Anhalter braucht. Wer er ist und wohin er unterwegs ist, welche Hobbys er hat.
Roboterhobbys?
Na, zum Beispiel findet er es toll, wenn man ihn auf populäre Serien wie „Game of Thrones“ anspricht. Da kann er sogar etwas schwarzen Humor anbringen mit Witzen wie: „Am Ende sterben da alle, aber zum Glück ist kein Roboter dabei.“ Außerdem sammelt er selbst Geschichten. Wenn der Erzähler einwilligt, nimmt er die auf.
Welchen Wert hat ein trampender Roboter für die Wissenschaft?
Uns interessiert, ob Roboter Menschen vertrauen können. Anders gefragt: Was stellen Leute mit diesen Maschinen an, wenn sie ihnen überlassen werden? Was wollen sie von Robotern? Untersuchungen zur Beziehung zwischen Mensch und Roboter sind bisher eher künstlich gewesen. Da werden Testpersonen in einen Raum geschickt, wo sie sich unter Beobachtung mit der Maschine auseinandersetzen sollen.
Bauen Menschen zu Maschinen ernsthafte Beziehungen auf?
Das kommt ganz drauf an, wie Sie Beziehung definieren. Es gibt ja sogar Leute, die ihren Smartphones Namen geben.
Geht das bei Robotern weiter?
Es heißt oft, dass Menschen wegen der menschlichen Züge eines Roboters eine Beziehung zu ihm aufbauen. Andererseits ist ein Roboter Technik. Wenn die funktioniert, ist gut. Wenn nicht, entsteht Frust. Da kippt die Beziehung schnell.
Ziemlich sicher ist, dass wir uns in naher Zukunft von Robotern chauffieren lassen. Werden Roboter in 20 Jahren auch die interessanteren Mitfahrer sein?
Nein, das hoffe ich nicht. Aber man sollte da lieber keine Vergleiche anstellen.