Dass sie sich gerade anschickt, ein Frauenunternehmen zu gründen, ist Sandra Zistl, 34, erst richtig bewusst geworden, als sie der Erste auf diese Tatsache angesprochen hat. Die Münchner Journalistin gründete mit ihren Berliner Kolleginnen Tamara Anthony, 36, und Tabea Grzeszyk, 33, im Mai Hostwriter.org, eine Plattform, auf der sich Journalisten aus der ganzen Welt vernetzen und einander bei Recherchen oder mit einer freien Couch zum Übernachten auf Recherchereisen helfen. Im Moment befindet sich die Webseite in der Betaphase. Noch braucht man eine Einladung, um sich auf ihrer Plattform registrieren zu können. Trotzdem haben sich bereits mehr als 650 Nutzer aus 30 Ländern angemeldet.
Sandra Zistl zitiert: „Ihr könnt doch auf diese Frauenmasche setzen!“, „Verkauft doch, dass ihr drei Frauen seid!“ Das hat sie oft gehört. Es klingt wie eine Beleidigung, wenn sie das sagt und den Kopf schüttelt. „Wenn wir drei Männer wären, würde das niemand kommentieren.“
Eine der wenigen Top-Journalistinnen: Marietta Slomka, Moderatorin beim heute-journal
Zistl, Anthony und Grzeszyk brauchen keine „Frauenkarte“ und sie arbeiten nicht zusammen, weil sie Frauen sind: Die drei sind Mitglieder des Vorstands von journalists.network, einem Netzwerk junger Reporter und Autoren, das unter anderem Recherchereisen organisiert. Sie wussten, wie schwierig es für Journalisten ist, sich über ihre Stadt oder sogar ihr Land hinaus zu vernetzen. Die drei Gründerinnen arbeiten ehrenamtlich an ihrem Projekt, bis sie einen langfristigen Finanzierungsweg gefunden haben.
Frauen, die Unternehmen gründen, sind selten, auch im Jahr 2014. Laut des „Deutschen Start-up-Monitors 2013“ des Bundesverbands Deutscher Start-ups sind nur gut ein Zehntel aller Start-up-Gründer weiblich. Insgesamt waren 43 Prozent aller Unternehmensgründer im Jahr 2013 Frauen, 2001 waren es noch 37 Prozent. Auch in der deutschen Medienbranche waren Gründerinnen bislang rar. Derzeit ändert sich das aber. Frauen, die Magazine und journalistische Portale gründen, sind nicht mehr die Ausnahme wie einst Arianna Huffington und ihre Onlinezeitung Huffington Post.
Es sind vor allem Frauen, die mit Magazin- und Medienunternehmensgründungen sowie entsprechenden Crowdfunding-Aktionen auffallen, auch, weil sie bislang so unterrepräsentiert waren – unter den Unternehmensgründern wie unter den Medienmachern: Die Reporterin Jessica Schober bekam für ihre Wortwalz, eine Gesellenwanderung durch deutsche Lokalredaktionen, mehr als 2000 Euro zusammen. Die Journalistin Denise Linke sammelte auf Startnext 20000 Euro für N#mmer, ein Magazin für Autisten und Menschen mit Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom.
Nora Wohlert und Susann Hoffmann haben gerade Edition Fgegründet, eine „Business-Lifestyle-Plattform“ für Frauen. Bereits 2013 hat die Initiatorin des Hashtags #aufschrei, Anne Wizorek, das Gemeinschaftsblog Kleinerdrei.org gegründet, und Josephine Götz sammelte für ihr Magazin Päng!, eine Art Landlust für Hipster, mehr als 10000 Euro. Lisa Altmeier und Steffi Fetz, beide 26, sammelten 4000 Euro für ihr öffentlich finanziertes Reportage-Projekt Crowdspondent, bei dem sie sich von ihren Lesern durch Deutschland schicken lassen und die Themen recherchieren, die jene ihnen vorgeben. Mehr als 5000 Euro haben sie gesammelt.
Warum treten plötzlich mehr Frauen in die Öffentlichkeit und versuchen sich an unabhängigen Journalismus-Projekten? „Vielleicht sind Frauen einfach endgültig genervt, weil sie von Männern unterschätzt werden“, sagt Tamara Anthony von Hostwriter. Mag sein, aber gleichzeitig ist es viel banaler. Lisa Altmeier von Crowdspondent erklärt den Anstieg der Anzahl weiblicher Medienmacher und -gründer auch so: „An den Journalistenschulen und in den Volontärsjahrgängen sind inzwischen mehr Frauen als Männer“. Dadurch starteten mehr Frauen in einen Medienberuf und „bauen vielleicht etwas Eigenes auf“.
Die Möglichkeit des Crowdfundings macht es einfacher zu gründen, vor allem in den Medien. Es genügt oft eine gute Idee. Der Rest kann sich nach und nach ergeben. „Beim Crowdfunding hat jeder die gleiche Chance, egal ob Frau oder Mann“, sagt Steffi Fetz. Wenn potenzielle Leser entscheiden, ob ein Magazin gegründet wird, haben Frauen, die in Entscheiderrollen im Journalismus unterrepräsentiert sind, vielleicht sogar bessere Chancen als beim Aufstieg in klassischen Unternehmen.
2013 waren Lisa Altmeier und Steffi Fetz schon mal als „Crowdspondents“ unterwegs in Brasilien, um zu recherchieren, wie sich das Land im Jahr vor der Fußball-WM verändert. Seit Juli reisen die beiden durch Deutschland. Bislang schnitten sie etwa auf Helgoland mit einem Biologen Fische auf, um zu sehen, wie viel Plastik diese fressen. Auf Crowdspondent.de veröffentlichen sie ihre Reportagen. Das kommt gut an im Netz, ihre Videos sehen zum Teil mehr als 12000 Menschen. Die Inhalte sind kostenlos und sollen das bleiben. Geld verdienen Altmeier und Fetz zusätzlich zum Crowdfunding, indem sie ihre Beiträge zum Beispiel an den jungen ARD-Sender Eins-Plus verkaufen und eine Kolumne über ihre Reise für jetzt.de schreiben.
Dass Frauen ängstlicher sind, wenn sie gründen, dass sie später gründen, weil sie vielleicht an die Familienplanung denken, dass sie Erfolge nicht genug herausstellen, wenn sie für ihre Idee werben – das sind Klischees. Sind sie völlig abwegig? Auch Nora Wohlert und Susann Hoffmann überlegten zwischenzeitlich, ihr Start-up in Teilzeit nebenher aufzubauen. Schließlich haben sich doch gesagt, ganz oder gar nicht. „Ich glaube, positive Beispiele und Netzwerke haben in den vergangenen Jahren den Trend zum Gründen unter Frauen verstärkt“, sagt Wohlert.
Die Optik ihrer Edition Fist minimalistisch in Schwarz-Weiß designt, gleichzeitig etwas überladen mit Fotos von – natürlich – Frauen. Es könnte auch der Web-Auftritt der Modezeitschrift Elle sein. „Ein digitales Zuhause für Frauen, die sich beruflich verwirklichen wollen“, soll Edition Fsein, wie Nora Wohlert sagt. 25 Prozent ihrer Leser, im Juli waren es nach eigenen Angaben 20000 Unique User, seien aber Männer. Inhaltlich bewegen sich die Artikel zwischen Styling-Tipps fürs Büro, dem Branchentreff DLD Women und Fotos von schönen Arbeitsplätzen. Darunter mischt sich ein Kommentar zum 60.Geburtstag von Angela Merkel und, beigesteuert vom Medienpartner Manager Magazin Online,ein Porträt der Unternehmerin Maria-Elisabeth Schaeffler und ihres Sohns Georg.
Business- und Wirtschaftsmagazine für Frauen gibt es international bereits, in Deutschland ist so ein Konzept als Online-Magazin und mit Community jedoch einzigartig. Seit Juli ist Edition Ffrei zugänglich, das soll auch so bleiben. Im August und September sollen erst eine Jobbörse, danach ein Marktplatz für Business-Mode und -Produkte folgen. Mit diesen Angeboten soll Edition Fkünftig Profit machen, ebenso mit als Werbung gekennzeichneten „Native Advertising“-Formaten sowie Premium-Profilen für Unternehmen. Zahlen will Wohlert noch nicht nennen.
Die Klischees von Zickenkampf hier und männlichem „Ellenbogenjournalismus“ dort sind längst überholt. „Wir haben alle im Beruf sehr gute Erfahrungen mit Männern gemacht, aber ich weiß, dass es auch andere gibt“, sagt Sandra Zistl und formuliert etwas, das eine ganz andere Art von Frauenkarte sein könnte: „Ich spüre heute so etwas wie eine besondere Komplizenschaft unter Frauen in den Medien.“
Sandra Zistl zitiert: „Ihr könnt doch auf diese Frauenmasche setzen!“, „Verkauft doch, dass ihr drei Frauen seid!“ Das hat sie oft gehört. Es klingt wie eine Beleidigung, wenn sie das sagt und den Kopf schüttelt. „Wenn wir drei Männer wären, würde das niemand kommentieren.“
Eine der wenigen Top-Journalistinnen: Marietta Slomka, Moderatorin beim heute-journal
Zistl, Anthony und Grzeszyk brauchen keine „Frauenkarte“ und sie arbeiten nicht zusammen, weil sie Frauen sind: Die drei sind Mitglieder des Vorstands von journalists.network, einem Netzwerk junger Reporter und Autoren, das unter anderem Recherchereisen organisiert. Sie wussten, wie schwierig es für Journalisten ist, sich über ihre Stadt oder sogar ihr Land hinaus zu vernetzen. Die drei Gründerinnen arbeiten ehrenamtlich an ihrem Projekt, bis sie einen langfristigen Finanzierungsweg gefunden haben.
Frauen, die Unternehmen gründen, sind selten, auch im Jahr 2014. Laut des „Deutschen Start-up-Monitors 2013“ des Bundesverbands Deutscher Start-ups sind nur gut ein Zehntel aller Start-up-Gründer weiblich. Insgesamt waren 43 Prozent aller Unternehmensgründer im Jahr 2013 Frauen, 2001 waren es noch 37 Prozent. Auch in der deutschen Medienbranche waren Gründerinnen bislang rar. Derzeit ändert sich das aber. Frauen, die Magazine und journalistische Portale gründen, sind nicht mehr die Ausnahme wie einst Arianna Huffington und ihre Onlinezeitung Huffington Post.
Es sind vor allem Frauen, die mit Magazin- und Medienunternehmensgründungen sowie entsprechenden Crowdfunding-Aktionen auffallen, auch, weil sie bislang so unterrepräsentiert waren – unter den Unternehmensgründern wie unter den Medienmachern: Die Reporterin Jessica Schober bekam für ihre Wortwalz, eine Gesellenwanderung durch deutsche Lokalredaktionen, mehr als 2000 Euro zusammen. Die Journalistin Denise Linke sammelte auf Startnext 20000 Euro für N#mmer, ein Magazin für Autisten und Menschen mit Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom.
Nora Wohlert und Susann Hoffmann haben gerade Edition Fgegründet, eine „Business-Lifestyle-Plattform“ für Frauen. Bereits 2013 hat die Initiatorin des Hashtags #aufschrei, Anne Wizorek, das Gemeinschaftsblog Kleinerdrei.org gegründet, und Josephine Götz sammelte für ihr Magazin Päng!, eine Art Landlust für Hipster, mehr als 10000 Euro. Lisa Altmeier und Steffi Fetz, beide 26, sammelten 4000 Euro für ihr öffentlich finanziertes Reportage-Projekt Crowdspondent, bei dem sie sich von ihren Lesern durch Deutschland schicken lassen und die Themen recherchieren, die jene ihnen vorgeben. Mehr als 5000 Euro haben sie gesammelt.
Warum treten plötzlich mehr Frauen in die Öffentlichkeit und versuchen sich an unabhängigen Journalismus-Projekten? „Vielleicht sind Frauen einfach endgültig genervt, weil sie von Männern unterschätzt werden“, sagt Tamara Anthony von Hostwriter. Mag sein, aber gleichzeitig ist es viel banaler. Lisa Altmeier von Crowdspondent erklärt den Anstieg der Anzahl weiblicher Medienmacher und -gründer auch so: „An den Journalistenschulen und in den Volontärsjahrgängen sind inzwischen mehr Frauen als Männer“. Dadurch starteten mehr Frauen in einen Medienberuf und „bauen vielleicht etwas Eigenes auf“.
Die Möglichkeit des Crowdfundings macht es einfacher zu gründen, vor allem in den Medien. Es genügt oft eine gute Idee. Der Rest kann sich nach und nach ergeben. „Beim Crowdfunding hat jeder die gleiche Chance, egal ob Frau oder Mann“, sagt Steffi Fetz. Wenn potenzielle Leser entscheiden, ob ein Magazin gegründet wird, haben Frauen, die in Entscheiderrollen im Journalismus unterrepräsentiert sind, vielleicht sogar bessere Chancen als beim Aufstieg in klassischen Unternehmen.
2013 waren Lisa Altmeier und Steffi Fetz schon mal als „Crowdspondents“ unterwegs in Brasilien, um zu recherchieren, wie sich das Land im Jahr vor der Fußball-WM verändert. Seit Juli reisen die beiden durch Deutschland. Bislang schnitten sie etwa auf Helgoland mit einem Biologen Fische auf, um zu sehen, wie viel Plastik diese fressen. Auf Crowdspondent.de veröffentlichen sie ihre Reportagen. Das kommt gut an im Netz, ihre Videos sehen zum Teil mehr als 12000 Menschen. Die Inhalte sind kostenlos und sollen das bleiben. Geld verdienen Altmeier und Fetz zusätzlich zum Crowdfunding, indem sie ihre Beiträge zum Beispiel an den jungen ARD-Sender Eins-Plus verkaufen und eine Kolumne über ihre Reise für jetzt.de schreiben.
Dass Frauen ängstlicher sind, wenn sie gründen, dass sie später gründen, weil sie vielleicht an die Familienplanung denken, dass sie Erfolge nicht genug herausstellen, wenn sie für ihre Idee werben – das sind Klischees. Sind sie völlig abwegig? Auch Nora Wohlert und Susann Hoffmann überlegten zwischenzeitlich, ihr Start-up in Teilzeit nebenher aufzubauen. Schließlich haben sich doch gesagt, ganz oder gar nicht. „Ich glaube, positive Beispiele und Netzwerke haben in den vergangenen Jahren den Trend zum Gründen unter Frauen verstärkt“, sagt Wohlert.
Die Optik ihrer Edition Fist minimalistisch in Schwarz-Weiß designt, gleichzeitig etwas überladen mit Fotos von – natürlich – Frauen. Es könnte auch der Web-Auftritt der Modezeitschrift Elle sein. „Ein digitales Zuhause für Frauen, die sich beruflich verwirklichen wollen“, soll Edition Fsein, wie Nora Wohlert sagt. 25 Prozent ihrer Leser, im Juli waren es nach eigenen Angaben 20000 Unique User, seien aber Männer. Inhaltlich bewegen sich die Artikel zwischen Styling-Tipps fürs Büro, dem Branchentreff DLD Women und Fotos von schönen Arbeitsplätzen. Darunter mischt sich ein Kommentar zum 60.Geburtstag von Angela Merkel und, beigesteuert vom Medienpartner Manager Magazin Online,ein Porträt der Unternehmerin Maria-Elisabeth Schaeffler und ihres Sohns Georg.
Business- und Wirtschaftsmagazine für Frauen gibt es international bereits, in Deutschland ist so ein Konzept als Online-Magazin und mit Community jedoch einzigartig. Seit Juli ist Edition Ffrei zugänglich, das soll auch so bleiben. Im August und September sollen erst eine Jobbörse, danach ein Marktplatz für Business-Mode und -Produkte folgen. Mit diesen Angeboten soll Edition Fkünftig Profit machen, ebenso mit als Werbung gekennzeichneten „Native Advertising“-Formaten sowie Premium-Profilen für Unternehmen. Zahlen will Wohlert noch nicht nennen.
Die Klischees von Zickenkampf hier und männlichem „Ellenbogenjournalismus“ dort sind längst überholt. „Wir haben alle im Beruf sehr gute Erfahrungen mit Männern gemacht, aber ich weiß, dass es auch andere gibt“, sagt Sandra Zistl und formuliert etwas, das eine ganz andere Art von Frauenkarte sein könnte: „Ich spüre heute so etwas wie eine besondere Komplizenschaft unter Frauen in den Medien.“