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Alles so schön bunt hier

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Ganz Gallien ist von heiratswilligen Einwanderersöhnen besetzt, nur ein unbeugsamer Vater von vier Töchtern träumt von einer kirchlichen Hochzeit und einem Weihnachtstruthahn, der weder koscher noch halal ist – so ungefähr könnte man „Monsieur Claude und seine Töchter“ zusammenfassen. Eins ist schon mal sicher: Irgendeinen Nerv muss Philippe de Chauveron damit getroffen haben, in Frankreich ist der Film der erfolgreichste des Jahres, und des vergangenen noch gleich mit, mit fast elf Millionen Zuschauern. „Qu’est-ce qu’on afait au Bon Dieu?“ heißt der Film im Original: Was haben wir dem lieben Gott nur getan? Ein Ausruf des hysterischen, erzfranzösischen Familienvaters, dessen Töchter sein Leben in eine Multikulti-Party verwandelt haben.



Claude Verneuil wünscht sich für seine Töchter kirchliche Hochzeiten mit französischen Männern.

Alles fängt mit drei Hochzeiten im Schnelldurchlauf an, jedesmal dürfen sich Claude Verneuil (Christian Clavier) und seine Frau Marie (Chantal Lauby) auf dem Standesamt einfinden, weil die drei älteren Töchter konsequent unkatholische Entscheidungen getroffen haben. Eine hat einen jüdischen Geschäftsmann geheiratet, die nächste einen maghrebinisch-stämmigen Anwalt, die dritte einen chinesischen Banker. Von Claudes bourgeoisem Selbstverständnis ist es ziemlich viel verlangt, keine ätzenden Bemerkungen zu machen, wenn die Familie zusammenkommt, aber mit dieser Schwäche ist er nicht allein. Der Chinese gibt sich lieblich, den anderen beiden fällt es im Grunde so schwer wie Claude, eine ganze Mahlzeit lang die Klappe zu halten – das geht schon damit los, dass sie die chinesische Artigkeit enervierend finden. Das führt dann erst mal zu einer langen Eiszeit, auch unter den Schwestern, bis Marie zu Weihnachten Tauwetter verordnet, und eine neue Zusammenkunft für alle organisiert.

Alle müssen sich mal kurz beleidigen, bevor sie sich anfreunden, und letztlich zeigt de Chauveron dann schon ganz schön, dass das nicht nur mit Herkunft und Glauben zu tun hat. Denn jeder, der schon mal eine größere Familie über Weihnachten erduldet hat, weiß natürlich, dass die Mechanismen von Eifersucht und Konkurrenz sich immer an den Vorurteilen und Neidigkeiten festmachen, die man gerade zur Verfügung hat – wenn man seine Mitmenschen diskriminieren möchte, muss man sich ja nicht zwangsläufig des Rassismus bedienen. Zur Not kann man den Schwager ja auch wegen eines besser bezahlten Jobs hassen, in vielen Familien reicht das völlig aus.

Die Schwagerriege hat de Chauveron dann sehr liebevoll gestaltet. Während die Töchter schablonenhaft bleiben, sind ihre Männer recht unterschiedlich: Rachid (Mehdi Sadoun) ist Anzugträger und zwar irgendwie ganz nett, aber als Jurist leider völlig humorlos; David (Ary Abittan) ist zwar Jude, aber immer pleite und arbeitslos, wenn auch voller Ideen, wie man das ändern könnte; und Chao (Frédéric Chau) ist einfach die chinesische Variante von Philipp Lahm: zum Niederknien.

„Monsieur Claude und seine Töchter“ ist ein merkwürdig niedlicher Titel, der nach einer Cartoon-Figur klingt. Und ganz unpassend ist das nicht, obwohl Christian Clavier, der ja „Asterix“-Erfahrung hat, ihn durchaus facettenreich spielt: Aber dieser Mann ist selbst in einem Wutanfall noch irgendwie – niedlich.
Sucht man nach Gründen für den enormen Erfolg in Frankreich, wird man hier am ehesten fündig. Was sich Claude und seine Schwiegersöhne gegenseitig an den Kopf werfen, bewegt sich zwar nicht immer im Rahmen der Political Correctness. Es entfernt sich aber nie so weit von ihr, dass es wirklich wehtäte. In einem Land, in dem der Front National immer neue Erfolge feiert und französische Juden zu Tausenden nach Israel auswandern, weil sie den französischen Antisemitismus nicht mehr aushalten, tippt der Film den grassierenden Rassismus zwar an, verspricht aber

zugleich, ihn handhabbar zu machen, ins Komische zu ziehen und schließlich aufzulösen.
Am nächsten dran an realen gesellschaftlichen Schmerzen ist sicherlich jener Moment, als Claude und Marie dann den Mann kennenlernen, den ihre vierte Tochter heiraten will. Sie hat ein Detail weggelassen, als sie den Eltern von ihrem Liebsten erzählt hat, die beiden freuen sich – endlich eine katholische Hochzeit! Doch als es dann in einem Restaurant zur ersten Begegnung kommt, kann Claude sein Entsetzen nicht verbergen, und das ist schon ein hässlicher Moment (der Junge ist katholisch, aber er ist auch schwarz). Marie kriegt dann eine Depression und Claude reagiert sich am Baumbestand im Garten ab – aber da wissen die beiden noch nicht, dass auch die afrikanische Familie des Schwiegersohns keinen Wert darauf legt, künftig mit ihnen verwandt zu sein.

Dass das gemeinsame Absingen der Marseillaise zusammenschweißt, ist dann vielleicht keine besonders originelle Idee. Aus jenen Momenten, in denen in der Familie Verneuil dann erst einmal diskutiert werden muss, ob wirklich alle Traditionen über Bord geworfen werden oder ob es nicht auch Dinge gibt, die man erhalten will – daraus hätte vielleicht ein aufregenderer Film werden können.
Aber kein erfolgreicherer: Es ist leichter, mit diesem Thema in einer Komödie zu spielen, als sich realistisch und knallhart damit auseinanderzusetzen; weil es ja auch im richtigen Leben schmerzhaft sein kann, wenn sich Familien neu erfinden müssen. „Monsieur Claude“ dagegen versichert, dass alles gut werden wird, irgendwann.

Es sind dann übrigens letztlich die Frauen, die die Familie mit Pragmatismus neu sortieren und wieder zusammenführen, die Herren tun sich schwer, sich der neuen Ordnung zu fügen. Man könnte sagen: „Monsieur Claude“ ist zwar nicht rassistisch, aber ein bisschen männerfeindlich ist er schon.

Qu'est-ce qu'on afait au Bon Dieu? Frankreich 2014 – Regie: Philippe de Chauveron. Buch: de Chauveron und Guy Laurent. Kamera: Vincent Mathias. Mit: Christian Clavier , Chantal Lauby, Frédéric Chau, Medi Sadoun, Ary Abittan. Neue Visionen, 97 Minuten.

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