Es gibt Geschenke, die sind absolut selbstlos: Die Plastikknarre für den Sohn, obwohl Mama damals doch noch gegen den NATO-Doppelbeschluss auf die Straße gegangen ist. Eine Spielkonsole für den Enkel, obwohl der eigentlich mehr rausgehen sollte. Oder eine Barbiepuppen im Stripperinnen-Outfit für die beste Freundin der Tochter, von einer Mutter, die sonst gerne die Petitionen von Pinkstinks unterschreibt.
Und es gibt Geschenke, die sind absolut eigennützig. Meistens werden sie mit dem Satz „Das wollte ich als Kind auch schon haben“ überreicht. Oft in Kombination mit einem nervösen bis grenzdebilen Grinsen, während das Geschenk ausgepackt wird. Allerdings auf dem Gesicht der Eltern. Denn die wissen ja bereits, dass unter dem Papier mit den Luftballonen ein Batikset, sämtliche „Hanni und Nanni“-Bände oder ein aufwendiger Papierdrache warten - Dinge, die sie selber in dem Alter ganz toll fanden, aber nie bekommen haben.
Papa ist somit bereits ganz euphorisch, weil er weiß, dass der Sohn gleich dieses supergeile ferngesteuerte Flugzeug zum Selberbauen auspacken wird, das damals natürlich noch nicht ganz so toll ausgestattet war - die Lichter waren noch nicht aus LEDs und die Flugzeit kürzer. Noch während das Kind das bunte Papier vom Karton reißt, faselt er bereits etwas von „gemeinsames Projekt,den ganzen Sommer lang, nur du und ich“. Und eben weil er in seinem Kopf bereits Pirouetten fliegt, übersieht er etwas ganz zentrales: Die bereits jetzt vorhandene Skepsis im Blick des Kindes, als er zum ersten Mal das ausgepackte Flugzeug sieht. Eine Befürchtung, die sich bewahrheiten und es viel zu früh erwachsen machen wird.
Knack!
Denn von nun an sind die Rollen vertauscht: War früher das Kind völlig aus dem Häuschen, als es das erste 100-Teile-Puzzle gelöst hatte, ist nun sein Vater nicht mehr zurechnungsfähig. Er flucht, wenn ein Teil vom Modellflieger nicht richtig passen will, jault auf, wenn der heiße Klebstoff aus der Klebepistole aus Versehen über seine Hände rinnt und ist umso stolzer, als der rechte Tragflügel nach zwei Tagen endlich fertig ist. „Das haben wir zusammen gemacht“ erzählt er stolz der Mutter und wuschelt dabei seinem Sohn durch die Haare. Die Mutter hat zu diesem Zeitpunkt natürlich längst realisiert, dass ihr Junge viel lieber Playstation spielt. Auf Papas „Guck mal wie weit wir schon sind“ schlurft er nur kurz in den Hobbyraum, presst ein „Super, Papa“ raus und geht wieder zocken. So richtig aussprechen möchte der Sohn aber nicht, dass er unter diesen Umständen vielleicht doch lieber warme Unterhosen bekommen hätte. Stattdessen erhalten alle die Maskerade aufrecht, „damit Papa nicht traurig ist“. Dabei ist es wie bei einer verschleppten Erkältung: Wird sie nicht behandelt, mündet sie in einer Herzmuskelentzündung und im schlimmsten Fall im Herzensbruch.
So geschieht es auch mit den Wünschen, die Eltern sich auf dem Rücken ihres Kindes erfüllen: Eines Tages ist das „gemeinsame“ Projekt fertig, der Flieger ist flugbereit und das Kind empfindet auch fast schon so etwas wie Vorfreude, denn: So ein ferngesteuertes Flugzeug lenken, das macht schon Spaß.
Als Außenstehender sieht man Vater und Sohn dann eines Tages zusammen im Park stehen. Dass Papa das Flugzeug unbedingt selber tragen wollte („Nicht, dass noch was kaputtgeht!“), war noch okay. Dass er dann den ersten Flugversuch machen muss, ist für den Sohn auch noch in Ordnung – schließlich hat er das Ding ja zum Großteil gebaut. Der Vater jubelt und jauchzt, als das Flugzeug tatsächlich in der Luft ist. „Kann ich jetzt auch mal?“ hört man den Sohn fragen. Aber er erntet nur ein „Gleich, ich muss noch was testen“.
Nach zehn weiteren Minuten braut sich ein Gewitter im Kindergesicht zusammen. Aus eigener Erfahrung weiß man: Der Junge würde eigentlich gerne heulen, wäre das nicht so wahnsinnig uncool. Denn jetzt hat auch er realisiert: Bei diesem Geschenk ging es nie ansatzweise um ihn. Nach fünfzehn Minuten ist er allerdings nicht mehr wütend: Er verachtet seinen Vater. Dafür, dass er sich so kindisch verhält. Dass er sich über ein blödes Flugzeug so wahnsinnig freut. Und als Papa dann endlich sagt: „Und jetzt zeig’ du mal, was du draufhast", entgegnet er nur, für alle umstehenden gut hörbar: „Danke, aber Modellflieger sind langweilig“.
In diesem Moment liegen drei gebrochene Herzen im Park. Das des Vaters, dessen großer Kindheitswunsch zu einer Albernheit verkommen ist. Das seines Sohnes, der mit diesem Geschenk so viel erwachsener werden musste, als er eigentlich wollte. Und das des Betrachters: Denn er weiß: Keiner der beiden wird dem anderen in den nächsten Jahren je wieder freudig etwas schenken. Die Angst, dass das Geschenk doch ein Selbstzweck ist, ist einfach zu groß.
Und es gibt Geschenke, die sind absolut eigennützig. Meistens werden sie mit dem Satz „Das wollte ich als Kind auch schon haben“ überreicht. Oft in Kombination mit einem nervösen bis grenzdebilen Grinsen, während das Geschenk ausgepackt wird. Allerdings auf dem Gesicht der Eltern. Denn die wissen ja bereits, dass unter dem Papier mit den Luftballonen ein Batikset, sämtliche „Hanni und Nanni“-Bände oder ein aufwendiger Papierdrache warten - Dinge, die sie selber in dem Alter ganz toll fanden, aber nie bekommen haben.
Papa ist somit bereits ganz euphorisch, weil er weiß, dass der Sohn gleich dieses supergeile ferngesteuerte Flugzeug zum Selberbauen auspacken wird, das damals natürlich noch nicht ganz so toll ausgestattet war - die Lichter waren noch nicht aus LEDs und die Flugzeit kürzer. Noch während das Kind das bunte Papier vom Karton reißt, faselt er bereits etwas von „gemeinsames Projekt,den ganzen Sommer lang, nur du und ich“. Und eben weil er in seinem Kopf bereits Pirouetten fliegt, übersieht er etwas ganz zentrales: Die bereits jetzt vorhandene Skepsis im Blick des Kindes, als er zum ersten Mal das ausgepackte Flugzeug sieht. Eine Befürchtung, die sich bewahrheiten und es viel zu früh erwachsen machen wird.
Knack!
Denn von nun an sind die Rollen vertauscht: War früher das Kind völlig aus dem Häuschen, als es das erste 100-Teile-Puzzle gelöst hatte, ist nun sein Vater nicht mehr zurechnungsfähig. Er flucht, wenn ein Teil vom Modellflieger nicht richtig passen will, jault auf, wenn der heiße Klebstoff aus der Klebepistole aus Versehen über seine Hände rinnt und ist umso stolzer, als der rechte Tragflügel nach zwei Tagen endlich fertig ist. „Das haben wir zusammen gemacht“ erzählt er stolz der Mutter und wuschelt dabei seinem Sohn durch die Haare. Die Mutter hat zu diesem Zeitpunkt natürlich längst realisiert, dass ihr Junge viel lieber Playstation spielt. Auf Papas „Guck mal wie weit wir schon sind“ schlurft er nur kurz in den Hobbyraum, presst ein „Super, Papa“ raus und geht wieder zocken. So richtig aussprechen möchte der Sohn aber nicht, dass er unter diesen Umständen vielleicht doch lieber warme Unterhosen bekommen hätte. Stattdessen erhalten alle die Maskerade aufrecht, „damit Papa nicht traurig ist“. Dabei ist es wie bei einer verschleppten Erkältung: Wird sie nicht behandelt, mündet sie in einer Herzmuskelentzündung und im schlimmsten Fall im Herzensbruch.
So geschieht es auch mit den Wünschen, die Eltern sich auf dem Rücken ihres Kindes erfüllen: Eines Tages ist das „gemeinsame“ Projekt fertig, der Flieger ist flugbereit und das Kind empfindet auch fast schon so etwas wie Vorfreude, denn: So ein ferngesteuertes Flugzeug lenken, das macht schon Spaß.
Als Außenstehender sieht man Vater und Sohn dann eines Tages zusammen im Park stehen. Dass Papa das Flugzeug unbedingt selber tragen wollte („Nicht, dass noch was kaputtgeht!“), war noch okay. Dass er dann den ersten Flugversuch machen muss, ist für den Sohn auch noch in Ordnung – schließlich hat er das Ding ja zum Großteil gebaut. Der Vater jubelt und jauchzt, als das Flugzeug tatsächlich in der Luft ist. „Kann ich jetzt auch mal?“ hört man den Sohn fragen. Aber er erntet nur ein „Gleich, ich muss noch was testen“.
Nach zehn weiteren Minuten braut sich ein Gewitter im Kindergesicht zusammen. Aus eigener Erfahrung weiß man: Der Junge würde eigentlich gerne heulen, wäre das nicht so wahnsinnig uncool. Denn jetzt hat auch er realisiert: Bei diesem Geschenk ging es nie ansatzweise um ihn. Nach fünfzehn Minuten ist er allerdings nicht mehr wütend: Er verachtet seinen Vater. Dafür, dass er sich so kindisch verhält. Dass er sich über ein blödes Flugzeug so wahnsinnig freut. Und als Papa dann endlich sagt: „Und jetzt zeig’ du mal, was du draufhast", entgegnet er nur, für alle umstehenden gut hörbar: „Danke, aber Modellflieger sind langweilig“.
In diesem Moment liegen drei gebrochene Herzen im Park. Das des Vaters, dessen großer Kindheitswunsch zu einer Albernheit verkommen ist. Das seines Sohnes, der mit diesem Geschenk so viel erwachsener werden musste, als er eigentlich wollte. Und das des Betrachters: Denn er weiß: Keiner der beiden wird dem anderen in den nächsten Jahren je wieder freudig etwas schenken. Die Angst, dass das Geschenk doch ein Selbstzweck ist, ist einfach zu groß.