München – Brittany Furlan verdient mehrere Tausend Euro – in Sekundenschnelle. Es reicht, wenn sie ein Kurzvideo filmt und es auf die Onlineplattform Vine hochlädt. Es sind kurze Storys mit einer Pointe. Und manchmal ist es Werbung – selbst gedreht und äußerst lukrativ. Das Modell funktioniert so gut, dass es für die 100 erfolgreichsten Nutzer von Vine inzwischen ein eigenes Wort gibt: „vine-famous“. Sie sind berühmt auf Vine, verdienen bis zu sechsstellige Summen pro Jahr – doch außerhalb der Plattform kennt sie fast niemand.
Möchte von dem Ruhm der bekannteren Vine-Nutzer profitieren: Justin Biber.
Vine ist ein soziales Netzwerk, auf den Markt gekommen ist es Anfang 2013 in Form einer App. In Deutschland ist es bislang kaum bekannt, in den USA hat es 40Millionen Nutzer. Die Videos dürfen maximal sechs Sekunden lang sein. Jeder Nutzer legt ein Profil an, das man abonnieren kann, um auch die neuesten Videos zu sehen. Wem das Video gefällt, der kann es liken oder teilen, ganz wie auf Facebook.
Zu Beginn wusste niemand so recht, für wen so ein Netzwerk überhaupt gedacht sein sollte. Was könnte in sechs Sekunden jemals Aufregendes passieren? Eineinhalb Jahre später sagt Furlan im Gespräch, dass Vine ihr gesamtes Leben umgekrempelt habe: „Manchmal muss ich mich kneifen, um zu glauben, dass das alles real ist.“ Für die breite Masse bleibt sie unbekannt, innerhalb von Vine ist sie ein Superstar. Von den 40 Millionen Nutzern des Portals folgt ihr jeder Siebte.
Jedes soziale Netzwerk hat typischerweise einen spezifischen Schwerpunkt, der für die Nutzer besonders im Vordergrund steht. Facebook ist die Pinnwand für Freunde und Familie, Twitter ist für Nachrichten, auf Instagram geht es um schöne Fotos. Vine hingegen ist ein riesiger Talente-Pool. Dort versammeln sich Sänger, Nachwuchsregisseure und vor allem auch Comedians. Berühmte Vine-Nutzer werden in die größten Talkshows des Landes eingeladen, treten in Serien auf, und ihre Songs schaffen es in die iTunes-Charts. Die Standard-Superstars wie Pharrell Williams oder 50 Cent tauchen in den Vine-Videos auf. Justin Bieber hat sich ein eigenes Konto angelegt, aktuell hat es 1,6 Millionen Abonnenten. Das ist zwar viel, aber reicht noch lange nicht für die Top Ten. Also kooperiert er mit den bekanntesten Nutzern in der Hoffnung, auch auf Vine berühmt zu werden.
Furlan ist 27 Jahre alt und lebt seit zehn Jahren in Los Angeles, um eine Karriere als Comedian zu starten. Wirklich geklappt hat das nicht, sagt sie, auch wenn es hin und wieder Auftritte gegeben hat. „Ich musste viel über Ebay verkaufen, um überhaupt über die Runden zu kommen. Dank Vine kann ich nun sehr komfortabel leben und mir eine Wohnung leisten, die über eine Heizung verfügt.“ Wie viel Geld sie für die Werbespots bekommt, sagt Furlan nicht. Ihre Einnahmen pro Sechs-Sekunden-Video liegen aber hoch. „Es gibt Menschen auf Vine, die für einen einzelnen Beitrag fünfstellige Summen im mittleren Bereich bekommen“, sagt Rob Fishman. Fishman hat die Firma Niche gegründet. Diese vermittelt zwischen großen Firmen und den Stars auf sozialen Netzwerken. Er kennt also die Preise.
Furlan, schmales Gesicht, schwarze Haare, leicht irrer Blick, kam aus Langeweile zu Vine. Sie habe gedacht, Kurzvideos zu drehen, könne ja ganz lustig sein. Furlan redet gerne in Pointen, und auf die Frage, ob sie jetzt auf der Straße erkannt werde, antwortet sie: „Ja, sehr oft. Es ist surreal. Ich sage dann immer: Warte mal, du hast also wirklich erkannt, dass ich nicht Penelope Cruz bin, oder?“
Furlan hat mehrere Mini-Serien entwickelt, die sie in Sechs-Sekunden-Episoden erzählt. In einer davon stellt sie sich bewusst vor einen Menschen, posiert für ein Selfie – nur um sich dann zu beschweren, dass die Person gefälligst aus ihrem Bild verschwinden solle. Der Großteil ihrer Videos sind aber keine Serien, sondern Comedy-Sketche. Inmitten solcher Beiträge kommen dann die Werbevideos, von denen die Vine-Berühmtheiten leben. Die Gesellschaft verändere sich durch soziale Netzwerke wie Vine und Instagram, sagt Rob Fishman, der Mann von der Analyse-Firma Niche. „In den vergangenen 100 Jahren haben sich Menschen für große Medienhäuser und deren Inhalte interessiert. Heutzutage folgen Menschen lieber gleich anderen Menschen.“ Das Finale der populären US-Serie „Walking Dead“ haben 15Millionen Menschen angeschaut, sagt Fishman. Das seien Zahlen, die von einzelnen Nutzern auf Vine täglich erreicht werden. „Für die Menschen ist Vine viel näher und unmittelbarer. Gerade junge Leute verlangen nach mehr Authentizität“, so Fishman. „Brittany Furlan zum Beispiel wirkt in ihren Videos wie eine Person, die man wirklich kennen könnte.“
Für Unternehmen wie Coca Cola, Samsung, die Football-Liga NFL und den Handelskonzern Target ergeben sich daraus neue Möglichkeiten. Sie nutzen Vine und versuchen, in eigenen Videos ihre Marke zu verbreiten – mal mehr, mal weniger erfolgreich. Kaufen sie sich die Stars des Netzwerks ein, verbreiten sich die Botschaften entsprechend schneller. Denn Vine unterscheidet sich in einem zentralen Punkt von Art-Werbung, die es derzeit auf dem Markt gibt: Die Künstler denken sich die Spots in Eigenregie aus. Das lassen sich die Unternehmen etwas kosten.
Wie viel Geld es gibt, hängt von Kampagne und Bekanntheit der Person ab, sagt Robby Ayala. Er ist auch einer der 100 Vine-Berühmtheiten und arbeitet mittlerweile selbst für die Analyse-Firma Niche. Nach seinem Erfolg auf Vine hat er sein Jurastudium abgebrochen. „Ich selbst würde nie einen der besser bezahlten Deals abschließen“, sagt er. „Je mehr Geld die Firmen zahlen, desto mehr wollen sie über die Inhalte bestimmen.“ Ayala könnte derzeit mit seinen zweieinhalb Millionen Abonnenten nach eigener Aussage bis zu 10000 US-Dollar für ein Werbevideo verdienen – er tut es aber nicht.
Vine wird damit zunehmend zu einem ernsthaften Konkurrenten für den größten Anbieter von Videos im Netz: Youtube. Die prominenten Künstler auf Youtube verdienen ebenfalls sechsstellig, seit Jahren schon. Doch seit geraumer Zeit häufen sich die Klagen: Einerseits fallen die Preise für Werbeeinblendungen, zum anderen wird es teurer, Inhalte zu produzieren. Denn die Videos auf Youtube sind oft mit einer Top-Kamera gedreht. Gute Licht- und Tonqualität kostet ebenfalls, dazu kommt oft noch ein aufwendiger Schnitt. Die Produktion eines Videos kann gut und gerne eine Woche dauern. Vine hat diese Probleme nicht. Die Videos werden mit dem Smartphone gedreht, also viel schneller und billiger. Werbeeinblendungen, die vor dem eigentlichen Inhalt kommen, gibt es bei sechs Sekunden auch nicht.
Ayala glaubt, dass Vine noch einen weiteren Vorteil habe. Dadurch, dass es den Nutzern oft freigestellt werde, wie sie Produkte präsentieren, komme am Ende keine aalglatte Botschaft heraus, sondern eine skurrile Werbung, die zu den sonstigen Inhalten der Person passt. „Die Leute wissen, dass das Werbung ist. Aber sie finden es eben auch witzig.“ Eines der Werbevideos von Ayala gefiel 142000 Leuten, 80000 haben es geteilt.
In den Kommentaren der Videos tauchen regelmäßig auch Beschwerden auf. „Schon wieder ein Künstler, der nur Werbung macht“, so lautet der Unterton. Furlan sagt, gemessen an den Angeboten sei es ohne Probleme möglich, in kurzer Zeit eine Million Dollar zu verdienen. Aber den Erfolg, den sie sich in kurzer Zeit aufgebaut hat, würde sie in diesem Fall verspielen, das sagt sie auch. Denn die Nutzer von Vine wollen schließlich ihre lustigen Videos sehen und keine Dauerwerbesendung. Also beschränkt sie sich. In den vergangenen zwei Monaten hat sie nur zwei Werbevideos gedreht.
Möchte von dem Ruhm der bekannteren Vine-Nutzer profitieren: Justin Biber.
Vine ist ein soziales Netzwerk, auf den Markt gekommen ist es Anfang 2013 in Form einer App. In Deutschland ist es bislang kaum bekannt, in den USA hat es 40Millionen Nutzer. Die Videos dürfen maximal sechs Sekunden lang sein. Jeder Nutzer legt ein Profil an, das man abonnieren kann, um auch die neuesten Videos zu sehen. Wem das Video gefällt, der kann es liken oder teilen, ganz wie auf Facebook.
Zu Beginn wusste niemand so recht, für wen so ein Netzwerk überhaupt gedacht sein sollte. Was könnte in sechs Sekunden jemals Aufregendes passieren? Eineinhalb Jahre später sagt Furlan im Gespräch, dass Vine ihr gesamtes Leben umgekrempelt habe: „Manchmal muss ich mich kneifen, um zu glauben, dass das alles real ist.“ Für die breite Masse bleibt sie unbekannt, innerhalb von Vine ist sie ein Superstar. Von den 40 Millionen Nutzern des Portals folgt ihr jeder Siebte.
Jedes soziale Netzwerk hat typischerweise einen spezifischen Schwerpunkt, der für die Nutzer besonders im Vordergrund steht. Facebook ist die Pinnwand für Freunde und Familie, Twitter ist für Nachrichten, auf Instagram geht es um schöne Fotos. Vine hingegen ist ein riesiger Talente-Pool. Dort versammeln sich Sänger, Nachwuchsregisseure und vor allem auch Comedians. Berühmte Vine-Nutzer werden in die größten Talkshows des Landes eingeladen, treten in Serien auf, und ihre Songs schaffen es in die iTunes-Charts. Die Standard-Superstars wie Pharrell Williams oder 50 Cent tauchen in den Vine-Videos auf. Justin Bieber hat sich ein eigenes Konto angelegt, aktuell hat es 1,6 Millionen Abonnenten. Das ist zwar viel, aber reicht noch lange nicht für die Top Ten. Also kooperiert er mit den bekanntesten Nutzern in der Hoffnung, auch auf Vine berühmt zu werden.
Furlan ist 27 Jahre alt und lebt seit zehn Jahren in Los Angeles, um eine Karriere als Comedian zu starten. Wirklich geklappt hat das nicht, sagt sie, auch wenn es hin und wieder Auftritte gegeben hat. „Ich musste viel über Ebay verkaufen, um überhaupt über die Runden zu kommen. Dank Vine kann ich nun sehr komfortabel leben und mir eine Wohnung leisten, die über eine Heizung verfügt.“ Wie viel Geld sie für die Werbespots bekommt, sagt Furlan nicht. Ihre Einnahmen pro Sechs-Sekunden-Video liegen aber hoch. „Es gibt Menschen auf Vine, die für einen einzelnen Beitrag fünfstellige Summen im mittleren Bereich bekommen“, sagt Rob Fishman. Fishman hat die Firma Niche gegründet. Diese vermittelt zwischen großen Firmen und den Stars auf sozialen Netzwerken. Er kennt also die Preise.
Furlan, schmales Gesicht, schwarze Haare, leicht irrer Blick, kam aus Langeweile zu Vine. Sie habe gedacht, Kurzvideos zu drehen, könne ja ganz lustig sein. Furlan redet gerne in Pointen, und auf die Frage, ob sie jetzt auf der Straße erkannt werde, antwortet sie: „Ja, sehr oft. Es ist surreal. Ich sage dann immer: Warte mal, du hast also wirklich erkannt, dass ich nicht Penelope Cruz bin, oder?“
Furlan hat mehrere Mini-Serien entwickelt, die sie in Sechs-Sekunden-Episoden erzählt. In einer davon stellt sie sich bewusst vor einen Menschen, posiert für ein Selfie – nur um sich dann zu beschweren, dass die Person gefälligst aus ihrem Bild verschwinden solle. Der Großteil ihrer Videos sind aber keine Serien, sondern Comedy-Sketche. Inmitten solcher Beiträge kommen dann die Werbevideos, von denen die Vine-Berühmtheiten leben. Die Gesellschaft verändere sich durch soziale Netzwerke wie Vine und Instagram, sagt Rob Fishman, der Mann von der Analyse-Firma Niche. „In den vergangenen 100 Jahren haben sich Menschen für große Medienhäuser und deren Inhalte interessiert. Heutzutage folgen Menschen lieber gleich anderen Menschen.“ Das Finale der populären US-Serie „Walking Dead“ haben 15Millionen Menschen angeschaut, sagt Fishman. Das seien Zahlen, die von einzelnen Nutzern auf Vine täglich erreicht werden. „Für die Menschen ist Vine viel näher und unmittelbarer. Gerade junge Leute verlangen nach mehr Authentizität“, so Fishman. „Brittany Furlan zum Beispiel wirkt in ihren Videos wie eine Person, die man wirklich kennen könnte.“
Für Unternehmen wie Coca Cola, Samsung, die Football-Liga NFL und den Handelskonzern Target ergeben sich daraus neue Möglichkeiten. Sie nutzen Vine und versuchen, in eigenen Videos ihre Marke zu verbreiten – mal mehr, mal weniger erfolgreich. Kaufen sie sich die Stars des Netzwerks ein, verbreiten sich die Botschaften entsprechend schneller. Denn Vine unterscheidet sich in einem zentralen Punkt von Art-Werbung, die es derzeit auf dem Markt gibt: Die Künstler denken sich die Spots in Eigenregie aus. Das lassen sich die Unternehmen etwas kosten.
Wie viel Geld es gibt, hängt von Kampagne und Bekanntheit der Person ab, sagt Robby Ayala. Er ist auch einer der 100 Vine-Berühmtheiten und arbeitet mittlerweile selbst für die Analyse-Firma Niche. Nach seinem Erfolg auf Vine hat er sein Jurastudium abgebrochen. „Ich selbst würde nie einen der besser bezahlten Deals abschließen“, sagt er. „Je mehr Geld die Firmen zahlen, desto mehr wollen sie über die Inhalte bestimmen.“ Ayala könnte derzeit mit seinen zweieinhalb Millionen Abonnenten nach eigener Aussage bis zu 10000 US-Dollar für ein Werbevideo verdienen – er tut es aber nicht.
Vine wird damit zunehmend zu einem ernsthaften Konkurrenten für den größten Anbieter von Videos im Netz: Youtube. Die prominenten Künstler auf Youtube verdienen ebenfalls sechsstellig, seit Jahren schon. Doch seit geraumer Zeit häufen sich die Klagen: Einerseits fallen die Preise für Werbeeinblendungen, zum anderen wird es teurer, Inhalte zu produzieren. Denn die Videos auf Youtube sind oft mit einer Top-Kamera gedreht. Gute Licht- und Tonqualität kostet ebenfalls, dazu kommt oft noch ein aufwendiger Schnitt. Die Produktion eines Videos kann gut und gerne eine Woche dauern. Vine hat diese Probleme nicht. Die Videos werden mit dem Smartphone gedreht, also viel schneller und billiger. Werbeeinblendungen, die vor dem eigentlichen Inhalt kommen, gibt es bei sechs Sekunden auch nicht.
Ayala glaubt, dass Vine noch einen weiteren Vorteil habe. Dadurch, dass es den Nutzern oft freigestellt werde, wie sie Produkte präsentieren, komme am Ende keine aalglatte Botschaft heraus, sondern eine skurrile Werbung, die zu den sonstigen Inhalten der Person passt. „Die Leute wissen, dass das Werbung ist. Aber sie finden es eben auch witzig.“ Eines der Werbevideos von Ayala gefiel 142000 Leuten, 80000 haben es geteilt.
In den Kommentaren der Videos tauchen regelmäßig auch Beschwerden auf. „Schon wieder ein Künstler, der nur Werbung macht“, so lautet der Unterton. Furlan sagt, gemessen an den Angeboten sei es ohne Probleme möglich, in kurzer Zeit eine Million Dollar zu verdienen. Aber den Erfolg, den sie sich in kurzer Zeit aufgebaut hat, würde sie in diesem Fall verspielen, das sagt sie auch. Denn die Nutzer von Vine wollen schließlich ihre lustigen Videos sehen und keine Dauerwerbesendung. Also beschränkt sie sich. In den vergangenen zwei Monaten hat sie nur zwei Werbevideos gedreht.