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Ding der Woche: Die Leggings

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Wie jeder Trend, lief auch die Sache mit der Leggings in Wellen: Irgendwann mal war sie eine äußerst bequeme Gymnastikhose, dann haben die modeverirrten Menschen der 1980er sie als komplettes Outift entdeckt. Über die Zeit danach schreibt Wikipedia den schönen Satz: "Fashion turned against leggings in the late 1990s." Soll heißen: Gesellschaftlich akzeptabel war sie wieder nur bei Leibesübungen oder Grundschülerinnen. Nun sind die 1980er mittlerweile so lange her, dass die Leggings 2005 als total innovative Hommage an frühere Zeiten wieder auf die Laufstege kam. Es gibt sie mit oder ohne Steg unterm Fuß, Capri- oder Knöchellänge, Ethno- und Psychedelic-Muster. Und man muss sagen: Sie hält sich jetzt seit knapp zehn Jahren sehr tapfer als Modetrend, die Schlaghose hatte da eine kürzere Halbwertszeit. Ist ja auch sehr bequem, diese Strumpfhose ohne Füße.

Unabhängig davon, ob man Leggings für modisch vertretbar hält, gibt es noch eine zweite Debatte, die die Modekritiker teilt: Sind Leggings wie Hosen oder eher wie Strumpfhosen zu betrachen? Also, muss da noch was drüber?

"First World Problems" könnte jetzt jemand grummeln. Aber leider nicht überall auf der Welt. Im Iran war der modische Aufwärtstrend der Leggings den Frauen nämlich sehr willkommen. In dem islamischen Staat sollen seit der Revolution 1979 Frauen ihr Haar bedecken und ihre Figur mit einem langen Mantel verhüllen, um Männer nicht unsittsam zu verführen. Hosen tragen ist dort allerdings "halal", also nach islamischem Recht zulässig, da sie die Beine vollständig bedecken. Moderne Iranerinnen reizen diese Kleiderregeln maximal aus. Das Kopftuch verdeckt gerade so die Haare, der Mantel ist ein Po-bedeckendes Kleid. Wer ein freizügigeres Outift wählt, ist allerdings auf die Nachsicht der Religionspolizei angewiesen. Diese entscheidet, welche Kleidung in der Öffentlichkeit durchgeht und wer zum Umziehen nach Hause gehen muss. Wer sich weigert, wird mit Geldbußen oder Haft bestraft.


Muss da was drüber?

Die Leggings war in diesem ganzen Katz-und-Maus-Spiel ein Schlupfloch: Zwar ist sie sehr körperbetont, kann aber auch als Hose durchgehen. Dementsprechend trugen iranische Frauen sie in allen Farb- und Stoffvarianten. Man muss hier in der Vergangenheitsform schreiben, denn damit wird es zukünftig wohl vorbei sein. Das iranische Parlament hat vergangenen Dienstag entschieden, dass Leggings eben doch keine Hosen und deshalb "harām", also verboten, seien.

Klare Entscheidung im Iran: Leggings sind keine Hosen!


Dieser Entscheidung war ein für den neugewählten Staatspräsidenten Hassan Rohani unangenehmer Streit vorausgegangen. Rohani steht für die Öffnung des Irans zur westlichen Welt. Im Mai hatte er, sehr zum Ärger der konservativen Kräfte in seinem Land, die Religionspolizei aufgefordert, bei den Kleidungskontrollen weniger streng vorzugehen. Allerdings ist Rohani nur der zweithöchste Mann im Land, über ihm steht der geistliche Führer Ajatollah Alī Chāmene’ī. Dass dieser kein Freund von Leggings ist, überrascht nicht. Bereits in den 1980er Jahren sagte Chāmene’ī über die Frauen, die sich gegen die Ganzkörperverschleierung wehrten: „Ich will sie nicht Prostituierte nennen, denn was eine Prostituierte macht, betrifft nur sie selbst, doch was diese Frauen tun, betrifft die ganze Gesellschaft."

In der Leggings-Debatte ließen nun die Chāmene’ī-Unterstützer Rohanis Innenminister im Parlament antanzen. Sie führten ihm Bilder von Frauenbeinen in Leggings vor und fragten, warum er gegen diesen Sittenverfall nichts tue. Am Ende wurde er vom Parlament verwarnt (ab der dritten Verwarnung gibt's ein Amtsenthebungsverfahren) und die Leggings als Nicht-Hose klassifiziert. Wer trotzdem noch in ihnen rumläuft, muss mit Strafen rechnen.

Die westlich-orientierten Iranerinnen haben, wie so oft, bereits die sozialen Netzwerke aktiviert, um gegen diese Entscheidung zu protestieren. Auf der Facebook-Seite "SupportLove" ("Support" ist ein Synonym für Leggings) posieren immer mehr Frauen in den nicht-Hosen, oft ohne Kopftuch. Ajatollah Chāmene’ī gefällt das sicher nicht. Vermutlich wird er die Seite aber nie sehen - die Nutzung von Facebook mit schlechten Absichten ist nämlich auch harām. Frauen in Leggings anzugucken, ist gewiss solch ein niederer Beweggrund.

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