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Lieber lesen als Zeugen befragen

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Es war der Tag des Harald Range: Auf allen Kanälen erläuterte der Generalbundesanwalt am Mittwoch, warum er zwar wegen der „möglichen Ausspähung“ des Handys von Angela Merkel ermittle, nicht aber wegen der Massenüberwachung der deutschen Bevölkerung durch den US-Geheimdienst NSA. Die spannende Frage, wie die Bundesanwälte nun vorgehen wollen, ließ er indes wortreich offen: Es gebe ein „Ermittlungskonzept“, das er selbstredend nicht in der Öffentlichkeit diskutieren wolle.



Generalbundesanawalt Harald Range möchte während der Ermittungen zur NSA-Überwachung wohl die Vernehmung heikler Zeugen vermeiden und stattdessen Dokumente aus dem Snowden-Fundus sichten. 

Nun ist es durchaus nachvollziehbar, dass Ermittler ihre Karten verdeckt halten. Dennoch lässt sich eine ungefähre Richtung der Ermittlungen bereits ausmachen: Offenbar möchten die Bundesanwälte eine direkte Vernehmung heikler Zeugen vermeiden und sich stattdessen auf die Beschaffung von Dokumenten aus dem Fundus von Edward Snowden konzentrieren.

Eine zentrale Zeugin in Sachen Kanzlerhandy wäre zum Beispiel Bundeskanzlerin Angela Merkel selbst. Denn sie hat mit Barack Obama über die Abhöraffäre gesprochen und könnte mithin kundtun, was genau der US-Präsident zu dem bösen Verdacht gesagt hat. Hat er die Vorwürfe konkret eingeräumt? Oder lediglich pauschal Besserung gelobt? Immerhin war es eine Bestätigung des Abhörverdachts durch den Regierungssprecher, die letztlich den Anstoß zur Einleitung der Ermittlungen gab. Aber zu einem Treffen der Karlsruher Ermittler mit der Regierungschefin wird es wohl nicht kommen. Die Kanzlerin zu befragen, „steht nicht auf der Agenda“, sagte Range der ARD. Das dürfte auch damit zu tun haben, dass das Bundeskanzleramt bereits offiziell um Auskunft gebeten worden ist. Behördenauskünfte sind in der Strafprozessordnung als Beweismittel vorgesehen; den Ermittlern scheint dies vorerst zu genügen.

Auch bei Edward Snowden gibt sich der Chefermittler zurückhaltend. „Ob und wie wir Herrn Snowden befragen, ... dazu kann man noch nichts Konkretes sagen“, wiegelte Range ab. Zwar spiele er im „Ermittlungskonzept“ eine wichtige Rolle. Doch gelte es hier, auch auf außenpolitische Interessen Rücksicht zu nehmen. „Einen konkreten Plan, nach Moskau zu fahren, habe ich nicht“, sagte er dem ZDF.

Anstelle von Merkel und Snowden könnte nun ein anderer Zeuge ins Spiel kommen, dessen Vernehmung bei den Bundesanwälten zunächst nicht geplant gewesen sein soll: der CDU-Europa-Abgeordnete Elmar Brok. Er will bei einem Gespräch mit dem NSA-Chef Keith Alexander gehört haben, die Kanzlerin werde „nicht mehr“ abgehört. Woraus im Umkehrschluss zu folgern wäre, dass sie früher eben doch abgehört wurde. Brok ist, anders als das Kanzleramt, nun mal keine Behörde, weshalb ihm der Weg nicht offensteht, sein Wissen per offizieller Auskunft in die Ermittlungen einzuspeisen. Er müsste schon als Zeuge einbestellt werden.

Bleibt die Frage, wie Range seine Ankündigung umsetzen möchte, Snowdens Wissen für die Ermittlungen nutzbar zu machen, ohne ihn direkt anzuhören. Dazu hat Range zwei Dinge gesagt: Man wolle darauf hinarbeiten, die entsprechenden Dokumente in Augenschein zu nehmen. Und: „Es wäre einen Versuch wert, an die Medien heranzutreten.“ Daraus ergibt sich freilich ein Dilemma: Die Medien werden ein solches Ansinnen unter Berufung auf den Quellenschutz ablehnen; zum Teil haben sie dies bereits getan. Der Mann, der die Medien womöglich vom Quellenschutz entbinden könnte, heißt Edward Snowden. Wäre dies der Weg, Snowdens Erkenntnisse zu nutzen? Die Bundesanwaltschaft sagt zu dieser Frage nichts.

Ein weiteres Problem der Ermittlungen ist der Zeitfaktor. Die Bundesanwälte ermitteln wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit – und die verjährt innerhalb von fünf Jahren. Sollte sich beispielsweise nur nachweisen lassen, dass Merkels Handy in den Jahren vor 2009 abgehört wurde, ließe sich daraus keine Anklage basteln. Und allein die Einleitung des Ermittlungsverfahrens genügt nicht, um die Verjährung zu unterbrechen, dazu sind konkrete Maßnahmen wie etwa eine Wohnungsdurchsuchung oder eine Vernehmung des Beschuldigten notwendig. Einen Beschuldigten gibt es aber noch gar nicht – das Ermittlungsverfahren richtet sich gegen unbekannt.

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