Der morgendliche Weg zur Arbeit verläuft derzeit eher grimmig-entschlossen als beschwingt, was nur zum Teil am Dauerregen liegt. M. ist offenkundig weder zufrieden mit mir noch mit meinem Kollegen, kommuniziert das aber lediglich durch schlechte Laune und Andeutungen, wie viel Zeit er an seinen Wochenenden damit verbringe, die Dinge wieder gerade zu rücken. Was mich wirklich irritiert, ist, dass ich nur ansatzweise verstehe, was es gerade zu rücken gibt. Ich habe nie das Gefühl gehabt, im Job alles zu können, aber ich konnte bisher zumindest immer das Gute vom Schlechtgemachten einigermaßen unterscheiden. Das ist nun nicht mehr so, was wirklich ein seltsames Gefühl ist, vielleicht so, als sei mir der Geruchsnerv abhanden gekommen. Fragen scheint auch wenig einzubringen.
Am Mittwoch höre ich mir eine Vorlesung an und unterhalte mich danach mit S., die mit ihren Eltern schon in der Transsibirischen Eisenbahn saß und im Sommer nach Vietnam fliegt. Auch C., die uns am selben Abend noch besucht, wird ihren Sommer dort verbringen, das scheint ein Trend zu sein. Wir sitzen noch lange auf dem Sofa und trinken zu dritt Rotwein, während C. und mein Liebster über Entspannungstechniken reden.
Der Rauchmeldermonteur kommt auch noch vorbei, nur um festzustellen, dass er kein Werkzeug dabei hat. Dass kurz nach der vollendeten Zahnarztaktion vom April nun ein weiterer Zahn beschließt, Rabatz zu machen, hellt meine Stimmung auch nicht unbedingt auf. Immerhin ist das restliche Leben ab 18 Uhr recht schön: Es gibt viel Zeit zum Lesen, die ich pflichtbewusst mit Bleistift in der Hand verbringe, die Katzen rücken uns immer näher auf den Pelz und schnurren eifrig. Beim Sport habe ich ein kleines Glückserlebnis, denn es scheint doch tatsächlich zumindest prinzipiell möglich zu sein, einen Kopfstand mit anschließender (angedeuteter) Brücke zu machen, ohne dass mir der Himmel auf den Kopf fällt. Und einige Dinge haben immerhin keine Widerhaken, sondern lassen sich brav abhaken: die Steuererklärung zum Beispiel.