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Ein offener Brief

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Lieber Schuhdesigner,


Meine Füße müssen Trauer tragen. Anstehender Schuhkauf ist für mich kein Grund, spitze Schreie auszustoßen, sondern eher der perfekte Anlass zum Schluchzen, gefolgt von einer Eskapade an Geduldspielchen, enttäuschten Verkäufern, glücklosen Internetrecherchen und am Ende kommt dann ein Vernunftkauf zustande, weil auch ich nicht barfüßig über den Asphalt schweben kann.


Ich bin 25 Jahre alt und muss wegen dir in die Bequemschuhabteilung. Bis vor ein paar Jahren wusste ich nicht, dass es solche Abteilungen überhaupt gibt! Wieso ist das so? Ich sorge mich um meine Füße und muss Einlagen tragen, da ein Bein 0,5 cm kürzer ist als das andere und ich außerdem beim Laufen nach innen knicke. Bis ich das herausgefunden habe, habe ich etliche Schuhe komplett ruiniert, ganz zu schweigen von meinen Füßen. Der Gang zum Orthopäden glich einer Art letzten Abfertigung bevor der Schlachter das Bolzenschussgerät ansetzt. Bei anderen Ärzten bekommt man die Diagnose „Erkältung“ – hier bekommt man eine Auflistung von mindestens 5, meist aber 7-9 Punkten, die nicht so sind, wie sie sein sollten. Inklusive Röntgen und mitleidigen Blicken der MTAs.


Mein neuestes Projekt ist ein Paar nudefarbene Keilpumps, weil die einfach schick sind, bequem (so mutmaße ich zumindest) und ich sie auch zu Jeans oder Röcken oder Kleid anziehen könnte. Echte Pumps mit echten Absätzen habe ich schon lange aufgegeben zu suchen.


Am*zon zeigt mir neben den typischen G*bor-Wedges, die trotzdem nach Omma ausschauen, sogar T*maris! Aber diese Marke hat wenigstens in der Beschreibung „Wechselfußbett: Nein“ aufgeführt, ein netter Zug von Amazon, damit ich sie nicht umsonst bestelle und dann zurückschicken muss.


Momentan trage ich flache Sneaker von G*ox. Da geht die Sohle raus und ich kann mein Wechselfußbett reinpacken. Sie passen vorn ganz gut, hinten rutsche ich aber immer heraus. Das mag für dich vielleicht befremdlich sein, aber für mich ist das erträglich. Im Winter habe ich weniger Probleme, es gibt einige Stiefelfirmen, die Wechselfußbetten anbieten. Aber im Sommer könnte ich heulen. In „normalen“ und damit für mich billigen Schuhen kann ich nicht mehr laufen.  Nach ein paar Minuten tut mir alles weh, ich knicke um, meine Bände sind auch nicht mehr die besten.


Lieber Schuhdesigner, ich verlange nicht viel. Aber kannst du bitte dir überlegen, die Schuhe eventuell auch für die Zielgruppe der jungen Hüpfer, die sich um ihre Fußgesundheit sorgen wollen oder sorgen müssen, auszulegen? Wie viel kann es mehr kosten in der Produktion, wenn man die Sohlen nicht einnäht sondern zum Herauslegen designt? Ich wäre auch bereit, dafür mehr zu zahlen!


Wieso heißt Wechselfußbett immer gleich „öko“ im Sinn von B*rkenstock? Wieso kann ich per definitionem entweder meine Füße ruinieren, wenn ich mal höhere Pumps tragen will oder muss ich meist sauteure, hässliche Pumps wählen, in denen ich aussehe wie die böse Hexe des Westens aus der Zauberer aus Oz?


 


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