Hamburg empfängt uns verwöhnte Athenreisende mit 9° und Nieselregen, aber es ist dennoch schön, wieder zu Hause zu sein. Gleich am Tag nach unserer Rückkehr kaufe ich mir ein neues (gebrauchtes) Fahrrad mit ordentlichem Schloss; das Rad hat zwar nur drei Gänge, ist aber sicherlich das schönste, das ich bisher hatte. Wehe, jemand klaut auch dieses! Einen Himbeerbusch für den Balkon besorge ich auch noch, und ab und zu kommt sogar die Sonne wieder raus. Nur das erste Training nach vier Wochen Pause stellt sich als ein Desaster heraus, mir tut alles weh. Hmpf.
Für den Sommer kündigen sich gleich zwei Besucherinnen an, eine davon habe ich seit 14 Jahren nicht gesehen: Eine Amerikanerin, die ich beim Englandaustausch mit 16 kennen gelernt habe. Sie ist inzwischen Lehrerin, begeisterte Läuferin und Christin und dokumentiert ihren Alltag hier. Ein bisschen zu diätfreudig für meinen Geschmack scheint sie zu sein, aber wir werden wohl im Juli herausfinden, was wir so gemeinsam haben. Angesichts der zwei Besucherinnen und zweier bevorstehender runder Müttergeburtstage mit großen Parties müssen wir diesen Sommer vermutlich gar nicht groß über Urlaubsreisen nachdenken. Statt dessen denke ich weiterhin an eine Katze und verrate das auch meinem Liebsten, der großmütig das Gedankenspiel mitspielt und davon sogar seinen Eltern berichtet, als wir mit ihnen Essen gehen.
Am Mittwoch kommt dann Besuch: zwei Schulfreundinnen, beide inzwischen Mütter einjähriger Kinder. Eine der beiden wohnt mit Baby bei uns, die andere im Hotel, aber die meiste Zeit sind wir als Buggy-Gang alle gemeinsam unterwegs. Am Rande: Ich wusste ja gar nicht, wie wenig Hamburg sich um Barrierefreiheit und Aufzüge im öffentlichen Nahverkehr schert – ein wirkliches Trauerspiel! Nach zwei Tagen mit den beiden Müttern und Kindern bin ich jedenfalls ziemlich ausgelaugt. Weniger, weil die Kinder laut und anstrengend sind, das war vorherzusehen und auszuhalten, sogar Schlaf haben wir eigentlich genug bekommen.
Das Zermürbende ist eher, sich die ganze Zeit als „fünftes Rad“ zu fühlen, während sich die beiden begeistert miteinander über ihre Kinder austauschen. Zwar lassen sie sich bereitwillig zu Stadt- und Hafenrundfahrt ausführen, schauen aber nur sehr selten mal hoch. Ich plane Routen, suche Restaurants und fühle mich ein bisschen so, als müsste ich eine Klassenfahrt für Teenager organisieren, die dauernd nur auf ihre Handys starren. Insbesondere M. interessiert sich eigentlich ausschließlich für ihre kleine Tochter, und als sie sich beim Abschied bei uns bedankt, lobt sie insbesondere den Umstand, dass sie bei uns mal nicht kochen und sich um den Haushalt kümmern musste.
Dass sie eine „traditionelle Ehe“ führt und das eigentlich auch gern so hat, gibt sie zu, doch als meine andere Schulfreundin A. berichtet, sie stelle sich die Frage gar nicht, ob sie ihrem Mann das Kind anvertrauen könne, da das doch selbstverständlich sei, wird M. für einen kurzen Moment doch nachdenklich. Während sie bei uns zu Besuch ist, schläft ihr vierjähriger Sohn bei ihren Eltern, obwohl ihr Mann zu Hause ist. Auch einen anderen Satz von ihr finde ich eher traurig: länger mit der Kleinen von zu Hause wegbleiben könnte sie nicht, denn da würde sie den Vierjährigen viel zu sehr vermissen. Und ihren Mann, frage ich, vermisst sie den nicht? Sie schüttelt knapp den Kopf. Wenigstens beim letzten gemeinsamen Abendessen verlassen die Gesprächsthemen aber den Brei- und Kleenex-Bereich, auch wenn das vermutlich dem Umstand geschuldet ist, dass mein Liebster dabei ist. Es ist wirklich unfair, dass er am nächsten Tag die aufkeimende Erkältung der Babys geerbt hat und mit Fieber im Bett liegt.