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Auf dem Djemaa el Fna.

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Marrakech. Die rote Stadt. Perle des Südens. Vermutlich alle Marokkoreisenden legen hier eher früher als später einen Stopp ein und wohl jeder von ihnen verfällt auf irgendeine Weise dem Zauber des Djemaa el Fna. Dieser Zauber, der – wie nicht nur ich finde – erst so richtig nach Sonnenuntergang seine ganze Macht entfaltet.


Sobald die Dampf- und Rauchschwaden über den aus allen Seitengassen herbeigeströmten Garküchen liegen, die sich, von aberhunderten Glühbirnen erleuchtet, vom dunklen Nachthimmel abheben, sieht man nicht nur Reisende, die versuchen diese sich allabendlich wiederholende Szenerie photographisch einzufangen. Ich selber schlendere ebenfalls, meine mich seit vielen Jahren durch aller Herren Länder begleitende alte Polaroid-Balgenkamera* von der Schulter baumelnd umher und drücke von Zeit zu Zeit auf den Auslöser. Wie aus dem Nichts schält sich plötzlich einer der marokkanischen Berufsfotografen, deren Arbeitsplatz dieser einmalige Ort ist, aus der Dunkelheit und überschüttet mich mit einem französischen Redeschwall. Schnell wird klar, dass ihm meine Kamera aufgefallen ist. In rasanter Geschwindigkeit präsentiert er mir sein umfangreiches Detailwissen über sie: Bildformat, Baujahr, Funktionsweise. Nebenbei nimmt er mich noch, was doch ganz angenehm ist, vor den verschiedenen weiteren Platzattraktionen wie Affendompteuren und Schlangenbeschwörern in Schutz. Man kennt sich ja.


Schließlich, als Krönung des Abends, weiht er mich in sein Geheimnis der Filmentwicklung ein. Ich mache ein Foto, ziehe es an der Papierlasche, die jedes der Polaroids separat besitzt, aus der Kamera und gebe es ihm. Er nimmt es und verteilt die Chemie zwischen der Negativ- und Positivseite des Bildes noch etwas besser, indem er mit der Papierlasche, die jetzt eigentlich schon Müll ist, fast liebevoll über das Foto hin und her streicht. Danach legt er die zerknüllte Lasche auf seine geöffnete Handfläche und pustet sie, wie man es auch bei einer Vogelfeder machen würde, auf den Platz hinaus. Er gibt mir das Foto mit einem verschmitzten Lächeln zurück und sagt zum Abschied »attendez cinq minutes, monsieur!«. Dann verschwindet er so schnell wie er gekommen ist wieder in der sich auf dem Platz tummelnden Menschenmenge. Magie? Irgendwie ja.


* wer wissen möchte, wie sie genau funktioniert – bitteschön: http://youtu.be/ZJSpVKv3fh0





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