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Profil: Stefan Sichermann

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Als Stefan Sichermann, 33, vor wenigen Wochen einen Preis als bester Unterhaltungsjournalist des Jahres bekam, trat er wie die anderen Geehrten ans Pult. Der Saal schaute auf den Mann, der im Internet auf seiner Satireseite Der Postillon fast täglich einen neuen Witz veröffentlicht. Welchen Knaller hatte er für seine Dankesrede vorbereitet? Doch Stefan Sichermann spielte nicht den Hofnarren, er verlor nur ein paar höfliche Worte, gleich komme ja der Hauptgang des Abendessens, er wolle nicht bremsen. Danke und Tschüss, schnell setzte er sich wieder.




Stefan Sichermann ist Gründer und Chef des Postillon, fast alles, was auf der Internetseite steht, hat er geschrieben

So zurückhaltend sind die seltenen Auftritte Sichermanns. Das Lehramtsstudium hat er schon gegen einen anderen Studiengang getauscht, weil er nicht als Lehrer vor eine Klasse treten wollte. Der Mann steht nicht gerne in der Öffentlichkeit, seine Bühne ist das Internet. Dort verfolgt seit Jahren eine wachsende Fangemeinde, was Sichermann als Nächstes aufspießt. Seine Schlagzeilen: „Neue Zeitform Futur III eingeführt, um Gespräche über Berliner Flughafen zu ermöglichen.“ Oder: „FDP fordert bundesweiten Mindeststimmenanteil von fünf Prozent .“ Oder: „Fußball-WM 2018 in Russland: Kiew, Donezk und Charkow als zusätzliche Spielorte benannt.“ Fans leiten die Satire-Nachrichten an ihre Freunde weiter, seine Texte haben auf Facebook eine Reichweite, auf die andere Medien neidisch schauen.

Jetzt sendet Sichermann auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Von Ende April an läuft unter dem Namen „Postillon24 “ eine 15-minütige Sendung im NDR, immer freitags um Mitternacht. Vor der Kamera wird Sichermann natürlich nicht stehen. Das übernimmt der Comedian Thieß Neubert, der mit Anne Rothäuser die Sendung moderiert. Die Arbeitsteilung: Sichermann produziert die Gags, Neubert kümmert sich um die Verfilmung. Die beiden hatten das Videoformat entwickelt und zuerst auf Youtube getestet. Die Pilotfolgen zogen genügend Aufmerksamkeit auf sich, seit Kurzem sponsert der Internetkonzern Yahoo die Online-Ausstrahlung.

Sichermann hat nach dem Studium bei einer Werbeagentur in Hamburg gearbeitet und zog dann nach Fürth, um sich selbständig zu machen. Selten erscheint ein Text von Fremdautoren, der Postillon ist praktisch eine Ein-Mann-Redaktion, die sich auch um Vermarktung und IT kümmert. Sichermann hat nie programmieren gelernt, seine Homepage hat er sich wie ein Bastler zusammengeschraubt. Die Werbeflächen auf seiner Seite spielen sein Gehalt ein. Dazu kommen die Einnahmen aus Radio, den Internetfilmchen — und jetzt durch den NDR, der schon Heimat der Satiresendung „extra 3“ ist.

Letztens hat auch die Bild-Zeitung angeklopft. Ob der Postillon an einem „Austausch unter Kollegen“ interessiert sei. Sichermann ließ die Facebook-Fans Vorschläge für die fieseste Absage einschicken. Denn Zeitungen, die Lügen verbreiten, so Sichermann, könne er auf den Tod nicht ausstehen.


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