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Verführung

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Dass der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg kürzlich eine Meldestelle für sexistische Werbung auf bezirkseigenen Werbeflächen eingeführt hat, bestätigt entweder meinen persönlichen Eindruck eines enormen Anstiegs von Werbebildern, die Frauen und Männer in degradierenden Posen zeigen oder es beweist lediglich eine erhöhte Sensibilität der Problematik. Nebensächlich letztendlich, denn das Gefühl, dass da doch irgendetwas nicht in Ordnung ist, haben folglich nicht nur einige wenige. Vor einiger Zeit fiel mir diesbezüglich Parfümwerbung der Marke Jil Sander negativ auf: Die 'Markenbotschafterin' -wie es in unmöglicher Werbesprache heißt-, also das Mannequin, ist in diesem Fall die deutsche Schauspielerin Karoline Herfurth. Sie wurde dafür wunderschön abgelichtet, denn auch sie muss wohl ihre Miete bezahlen.
Erwähnenswert ist wohl noch nicht einmal, dass sie halbnackt auf den Fotos zu sehen ist, man sieht Hüftknochen und Schultern, die Frau blickt leicht lasziv aber nicht allzu lüstern in die Kamera, immerhin handelt es sich hier um eine elegante Modemarke, die zum Konsum anreizen - oder: verführen - will. Wirklich stutzen lässt mich der Begleittext, in dem von 'Business-Frauen, die in Führungspositionen bestehen wollen' die Rede ist. Wie soll nun jemand Business-Frau Karoline Herfurth ernst nehmen, wenn sie halbnackt die Kamera anschmachtet? Das bleibt mir schleierhaft und vergegenwärtigt wieder einmal die medialen Frechheiten, mit denen man täglich konfrontiert wird. Dass Werbung uns alle permanent und auf unverfroreneweise für dumm verkauft, ist ein alter Hut. Und eben auch ihr allgegenwärtiger Sexismus. Enttäuschend ist, dass sich junge Frauen, die in meinen Augen eine Alternative zur dekorierten Einfältigkeit darstellten, nur vermeintlich Identifikationspotenzial besitzen. Konsterniert war ich vor einigen Jahren ebenfalls über die gute Nora Tschirner, deren prägendster Eindruck wohl ein Interview mit Harald Schmidt auf mich hinterlassen hat: Die ist mal nicht so blöd und langweilig, dachte ich da naiv. Etwas später hatte sie sich in ihrer Kooperation mit Til Schweiger zu klischeehaftem frauenfeindlichen Unfug verleiten lassen. Bei diesem Film musste ich ja noch nicht einmal meine feministische Brille aufsetzen, das Elend sprang einem in jeder Szene ins Auge. Der deutsche Film hatte in dieser Hinsicht einen Tiefpunkt oder eben das Niveau amerikanischer Teenie-Komödien erreicht. Ungeachtet der Tatsache, dass sexistische Frauen- und Männerbilder in den Medien degradierend sind und sich für Menschen im Prozess der Identitätsfindung sicherlich als irreführend und schlimmstenfalls als gefährlich darstellen, sind sie auch einfach nur unglaublich langweilig und phantasielos. Ich bin es leid, überall mit halbnackten Menschen konfrontiert zu werden. Überdrüssig warte ich auf Abwechslung, auf neue Reize als immer nur nackte Haut in verführerischer Pose, denn wenn ich mich schon diesen Bilder nicht entziehen kann, möchte ich wenigstens variantenreicher angesprochen werden. Ich bin es müde, dass sich das Leben der Repräsentantinnen meines Geschlechts in Kinofilmen auf die Suche eines Traumprinzen beschränkt. Das sind alles endlos reproduzierte Klischees, die mich in keinster Weise inspirieren. Und schon gar nicht zum Kauf animieren. Parfümwerbung ist für mich ein pastellfarbenes Bild blumiger Worte und schöner Menschen, die mir sexuelle Erfüllung versprechen, das Frauenbild im deutschen Durchschnittsfilm ist eine sanfte Süße auf der Suche nach dem Richtigen in wechselnder Verpackung. Leitmotiv: Verführung, alternativlos.


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