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Das Kindergeld-Dilemma

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Mit dem Geldverteilen hat sich die große Koalition in den ersten Wochen ihrer Regierungszeit leichtgetan. Langjährige Arbeitnehmer sollen künftig schon mit 63 in Rente gehen, ohne Abschläge befürchten zu müssen. Die Rente von Frauen, die vor 1992 Mutter geworden sind, wird aufgestockt. Dafür wollen Union und SPD die Reserven der Rentenversicherung leeren, eine eigentlich fällige Beitragssenkung wurde verschoben. Alles für die Rentner.

Erheblich schwerer tut sich das Regierungsbündnis bei der Verteilung von Wohltaten für Kinder. Seit Wochen zerbrechen sich Abgeordnete und Minister, Familienpolitiker und Finanzpolitiker den Kopf darüber, wann nun die Kinderfreibeträge steigen sollen und was das für Folgen hat. Ohne Ergebnis. Nun prüfen die Häuser von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) einen völlig neuen Lösungsansatz. Schwesig will das Geld den Kindern von Geringverdienern zukommen lassen. Geht es nach der Ministerin soll der Kinderzuschlag um 20 Euro steigen.



Ob mehr Kindergeld oder höhere Freibeträge – viel mehr Geld bekommen die Eltern am Ende nicht.

Das Problem ist verzwickt, am besten ist es deshalb, mit den Kinderfreibeträgen selbst anzufangen. Um das verfassungsrechtlich vorgeschriebene Existenzminimum von Kindern sicherzustellen, sollten diese Anfang des Jahres eigentlich um 72 Euro auf insgesamt 7080 Euro steigen. So jedenfalls hatte es die schwarz-gelbe Koalition ursprünglich beschlossen. Doch daraus wurde nichts, weshalb nun Union und SPD das Versäumnis dringend nachholen müssen und zwar rückwirkend.

Verbunden damit ist aber auch die Frage, ob das Kindergeld entsprechend steigen soll, denn Kindergeld und Freibeträge gehören inhaltlich eng zusammen. Wollte man es in gleicher Höhe wie den Freibetrag ansteigen lassen, müsste das Kindergeld pro Kind um zwei Euro steigen, für die ersten beiden Kinder also auf 186 Euro.

Schon zum Jahresbeginn sollte der Freibetrag um 72 Euro steigen

Doch davor schrecken sowohl die Union als auch die SPD zurück. Die Union hätte zwar im Prinzip gar nichts gegen ein höheres Kindergeld. Jedoch würde die Anhebung um zwei Euro im Jahr rund 425 Millionen Euro kosten, wovon der Bund 186 Millionen Euro tragen müsste. Und das bereitet Finanzminister Schäuble Kopfschmerzen, weil er im Haushalt für das Jahr 2014 praktisch jeden Cent braucht, um das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel zu erfüllen, einen strukturell ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.

Strukturell ausgeglichen heißt, dass die Konjunktureinflüsse herausgerechnet werden, weshalb Schäuble zwar Schulden machen darf, aber keinesfalls mehr als etwa 8,5 Milliarden Euro. Würde die Koalition nur den Kinderfreibetrag erhöhen, hätte Schäuble weniger Sorgen, denn das würde die Kassen des Bundes lediglich mit 52,5 Millionen Euro belasten.

Auch die SPD-Familienpolitiker stemmen sich gegen das höhere Kindergeld. Die haushalterischen Nachteile kümmern sie nicht, sie haben grundsätzliche Bedenken. Statt das Kindergeld um den Minibetrag von zwei Euro zu erhöhen, würden sie das Geld lieber in eine bessere Infrastruktur für die Kinderbetreuung stecken, sprich: in mehr Kitaplätze oder Betreuungsangebote. Die zwei Euro Kindergeld seien für den Staat verhältnismäßig teuer, nützen den Kindern und ihren Eltern aber nur wenig, lautet ihre Argumentation.

Gerade mal mit 48 Euro im Jahr zusätzlich könnte eine Familie mit zwei Kindern wegen des höheren Kindergeldes rechnen. Die höheren Freibeträge bringen nach Berechnungen des Berliner Steuerexperten Frank Hechtner hingegen bis zu 63 Euro pro Kind. Dafür müssen die Eltern allerdings brutto mehr als 10000 Euro im Monat verdienen. Etwa von einem Monatsbrutto von 5000 Euro an übersteigen die Leistungen aus dem höheren Freibetrag die Leistungen des Kindergeldes.

Verzichtet die Koalition auf die Erhöhung des Kindergeldes und macht nur, was sie muss – die Freibeträge um 72 Euro anheben –, würden ausschließlich Besserverdienende profitieren. Da die Bezieher der Freibeträge schon jetzt mehr Geld pro Kind erhalten, würde sich die Schere zwischen den beiden Instrumenten noch weiter öffnen. Beide Koalitionspartner glauben nicht, dass dies den Bürgern zu vermitteln wäre. Im Gegenteil, sie halten heftige Proteste für wahrscheinlich.

Schwesig hat Schäuble deshalb nach Informationen der Süddeutschen Zeitung am Rande der Klausurtagung in Meseberg eine Alternative vorgeschlagen, von der sie glaubt, man könne sie besser an den Bürger bringen. Sie plädierte dafür, das Kindergeld nicht zu erhöhen und stattdessen einen Teil des so eingesparten Geldes zu nutzen, um den Kinderzuschlag um 20 Euro je Kind anzuheben. Schwesig sehe dies zusammen mit dem Mindestlohn von 8,50 Euro als guten Weg, viele Familien aus der Sozialhilfe zu holen, heißt es.

Für eine Erhöhung ist im Haushalt kein Spielraum

Der Kinderzuschlag kommt nur Familien zugute, die mit ihrem eigenen Einkommen nicht über die Bezüge kommen, die ihnen aus dem Arbeitslosengeld II zur Verfügung stünden, den sogenannten Aufstockern. Ist dies der Fall, können sie zu ihrem Einkommen Wohngeld und Kinderzuschlag beantragen, um im Endeffekt nicht mehr auf Hartz IV angewiesen zu sein. Der Kinderzuschlag beträgt derzeit maximal 140 Euro. Haben die Kinder eigenes Einkommen, zum Beispiel aus einer Waisenrente, verringert er sich. Verdienen die Eltern mehr als für ihren eigenen Mindestbedarf notwendig ist, verringert auch das die Höhe des Kinderzuschlages.

Schäuble versprach, die Idee zu prüfen. In der Union hieß es aber, man tendiere dazu, die Mehrkosten hinzunehmen und einfach das Kindergeld zu erhöhen.

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