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Ein Anruf bei ...

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Die Pausenglocke ist ein Beispiel für das völlig überholte Schulmodell.

Anders als in Deutschland verzichten immer mehr österreichische Schulen auf ein akustisches Signal zum Beginn und zum Ende des Unterrichts. Jüngstes Beispiel: das Gymnasium an der Maroltingergasse in Wien-Ottakring. Der Direktor, Magister Meinhard Trummer, erklärt, warum es auch ohne Pausenglocke geht.

Herr Magister Trummer, was ist denn da los mit Ihrem Gong?

Meinhard Trummer: Im Dezember gab es bei uns in der elektrischen Anlage eine Störung. Das hat zu einem mehrtägigen Defekt geführt, der allerdings eine Reihe positiver Rückmeldungen zur Folge hatte. Wir kamen zum Ergebnis, dass man eine Schulglocke eigentlich gar nicht braucht.

Um was für eine Schulglocke handelt es sich denn in Ihrem Fall? Um einen künstlich erzeugten Dreiklang?

Nein, um eine sehr schrille alte Schulglocke, die permanent alle aufschreckte. Ein nicht mehr zeitgemäßes strenges, militärisches Signal. Ohne diesen Ton leben wir an unserer Schule entspannter – und genießen die Möglichkeit gleitender Übergänge.

Der deutsche und speziell der bayerische Lehrbeamte würde an dieser Stelle höchstwahrscheinlich vor dem Einzug eines gewissen Schlendrians warnen.

Wir betrachten das Abschalten der Schulglocke eher unter dem Aspekt der Eigenverantwortung. Entsprechend haben wir auch unsere Hausordnung adaptiert. Alle 1100 Schüler der Schule haben die Pflicht, rechtzeitig zu Unterrichtsbeginn zu erscheinen. Die Ausrede „Ich hatte keine Uhr“ gilt im Handy-Zeitalter nicht mehr.

Aber Sie trauen sich da schon etwas. Dürfen Sie das denn? Müssen Sie nicht erst einmal beim zuständigen Ministerium nachfragen, bevor Sie was auch immer abschalten?

Nein, nein. Derlei darf bei uns der Schulstandort selber entscheiden. Ich habe Befragungen unter Schülern und Lehrern durchführen lassen. Die Ergebnisse waren eindeutig. Beim Lehrpersonal beispielsweise stimmten zwei Drittel für die Abschaltung. Zum Ende des Schuljahres planen wir eine abermalige Befragung.

Und wie lauten die Argumente der Abschaltungsgegner?

Tatsächlich fürchten die Gegner der Schulglocken-Abschaltung eine gewisse Unpünktlichkeit. Aber die gab’s auch schon, als es noch geklingelt hat. Das andere Argument ist ein typisch österreichisches: „Wieso muss man das verändern? Das war doch schon immer so.“ Ich fühle mich auf einem guten Weg. Ein Drittel der Wiener Gymnasien verzichtet bereits auf die Glocke. Bei den Volksschulen sind es noch viel mehr.

Könnte das Abschalten der Schulglocke auch ein Zeichen für einen Richtungswechsel sein? Etwa so: Künftig wollen wir den Kindern nicht mehr das beibringen, was irgendwelche Beamte für wichtig erachten, sondern nur noch das, was für ein glückliches Leben notwendig ist?

Sie haben recht! Es sollte in der Schule künftig wieder mehr um Fähigkeiten und Kompetenzen gehen, nicht um das bloße Hineinstopfen von Wissen. Der Lehrplan gehört ausgemistet! In Österreich und in Bayern ist man da allerdings noch nicht ganz so weit. Anders als zum Beispiel im Norden Deutschlands. Die Abschaltung der Schulglocke könnte ein kleiner Puzzle-Stein in einem großen Umbruch werden.

Das Interview führte Martin Zips.

Magister Meinhard Trummer, 53, ist Geschichtslehrer und Direktor des Gymnasiums in der Maroltingergasse. Auch er litt als Schüler in Wien unter einer schrillen Schulglocke. Allerdings musste er weniger auswendig lernen als heutige Schüler.

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