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Was darf ich dem Vermieter verschweigen?

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Vermieter in Großstädten sind in einer komfortablen Position. Jeder ist geil auf ihre Wohnungen, und sie können sich die Mieter frei aussuchen. Das bewegt viele dazu, indiskrete Fragen zu stellen. Eine Kollegin  berichtet, sogar schon nach Geschlechtskrankheiten gefragt worden zu sein. Andere erzählen von Verhören über Alkohol- und Drogenmissbrauch. In solchen Situationen wissen viele nicht, wie sie auf solche Fragen reagieren sollen. Auf welche Informationen hat der Vermieter ein Recht? Was darf und sollte man verschweigen?

Grundsätzlich gilt: Private Dinge gehen den Vermieter nichts an, denn der ist keine öffentliche Stelle und unterliegt deshalb den Regelungen des Bundesdatenschutzgeseztes (BDSG). Weil er mit dem Mietvertrag ein Geschäft abschließen will, darf er allerdings alles erfragen, woran er ein berechtigtes, nachvollziehbares und sachbezogenes Interesse hat und was für die Entscheidung, wer den Mietvertrag bekommt, relevant ist. Er kann also zum Beispiel nach dem Job, dem Arbeitgeber und dem Einkommen fragen und dafür auch einen Nachweis verlangen. Das ist alles legitim, denn der Vermieter hat ein Recht darauf, zu erfahren, ob du die Miete auch bezahlen kannst. Auf die Frage, wie viele Personen in die Wohnung einziehen, musst du ebenfalls ehrlich antworten. Auch Kinder zählen hier. Dietmar Wall, Mietrechtsexperte beim Deutschen Mieterbund, sagt allerdings: „Es ist jederzeit möglich, weitere Angehörige bei sich aufzunehmen.“  

Bei manchen Dingen ist es besser, dem Vermieter nachzugeben, auch wenn er eigentlich nicht danach fragen darf. Eine Schufa-Auskunft zum Beispiel muss der Mieter nicht mitbringen. Wer da nicht allzu viel zu verbergen hat und die Wohnung wirklich will, sollte das allerdings trotzdem tun, da sich der Vermieter sonst wahrscheinlich eher einen gefügigeren Mieter sucht. „Auch Auskünfte von bisherigen Vermietern müssen nicht unbedingt vorgelegt werden", sagt Dietmar Wall. "Das hat der BGH entschieden, weil nicht jeder Vorvermieter bereit ist, eine solche Auskunft zu geben.“ Falls der Vermieter das trotzdem verlangt, empfiehlt es sich, nicht auf seinem Recht zu beharren. Stattdessen lieber behaupten, der Vorvermieter stehe nicht für Auskunft zur Verfügung. Es sei denn, der Vorvermieter sagt garantiert nur Gutes über dich.

Beim Rauchen ist die Gesetzeslage eher kompliziert. Sofern im Mietvertrag nichts anderes ausgehandelt ist, ist das Rauchen in der Wohnung erlaubt. Der Vermieter ist also nicht verpflichtet, wahrheitsgemäß zu antworten, wenn nach Rauchgewohnheiten gefragt wird. Wer angibt, nur gelegentlich zu rauchen, dann aber Kettenraucher wird, kann immer noch angeben, sein Verhalten nachträglich geändert zu haben. Wall sagt: „Der Vermieter kann einem keinen Strick daraus drehen.“  

Wie lange man in der Wohnung bleiben will, geht den Vermieter im Prinzip auch nichts an. Wobei es ihm frei steht, eine Mietdauer vertraglich festzulegen, an die man sich dann wiederum zu halten hätte. Das gilt allerdings nicht für Studenten. „Die dürfen laut Gesetz nicht langfristig vertraglich gebunden werden“ sagt Wall. Der Gesetzgeber unterstützt hier deren unsteten Lebenswandel. Ein Student könnte demnach sogar einen Mietvertrag über zwei Jahre nach ein paar Monaten kündigen, weil die Dauer von vorneherein ungültig war.

Andere Dinge wiederum haben den Vermieter überhaupt nicht zu interessieren. Informationen über die Zukunftsplanung muss der Mieter zum Beispiel nicht wahrheitsgemäß angeben. Denn es kann jeder Zeit sein, dass sich ein Plan ändert. Das gilt zum Beispiel für Kinderwünsche, Schwangerschaften oder Fragen nach dem Gesundheitszustand, Hobbies oder den sexuellen Neigungen. All das ist natürlich tabu. Der Vermieter hat daran kein berechtigtes Interesse und die Infos sind privat. Man kann also lügen, bis die Balken brechen, beziehungsweise „nicht wahrheitsgemäß antworten“. Selbst wenn der Vermieter das irgendwann rausfindet, hat er keine Möglichkeit, rechtlich dagegen vorzugehen. Es ist also egal, wie dreist der Vermieter nach Privatem bohrt, man ist nicht verpflichtet, darauf zu antworten. Egal ob man gerne Schlagzeug spielt oder Swingerparties schmeißt.

Piet van Riesenbeck, 22, findet's klasse, dass man mal lügen darf und freut sich auf die nächste Wohnungssuche.

5 Tipps gegen neugierige Mieter
 

  1. Der Vermieter darf keine SCHUFA-Auskunft verlangen. 

  2. Den Vermieter gehen persönliche Informationen, wie Religion, Gesundheit, Schwangerschaft, Sexualität, Herkunft usw. nichts an. Du musst darauf nicht ehrlich antworten. 

  3. Verhaltensweisen können sich ändern. Was du dem Vermieter gestern darüber gesagt hast, kannst du morgen geändert haben. 

  4. Langfristige Mietverträge für Studenten sind ungültig.  

  5. Infos über Einkommen und Arbeit darf der Vermieter erfragen. Hier solltest du ehrlich sein, sonst droht die fristlose Kündigung.


DVÖ Kritik an der Russischen Regierung

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Der Parteivorsitzende Sadzid Husic, hat sich nun zum Thema Ukraine und der Krim-Krise geäußert.Dabei Verurteilt er das Vorgehen von Russischer Seite auf der Krim.Laut Wladimir Putin, spricht er sich für das Referendum auf der Autonomen Teilrepublik Krim aus.

Es ist ein Menschenrecht, selbst zu Endscheiden ob man ein Teil der Ukraine bleiben will.

Wladimir Putin: " Es ist ein Menschenrecht, selbst zu Endscheiden ob man die Unabhängigkeit von der Ukraine will oder nicht.
Das liegt in den Händen der Menschen dort und ich Unterstütze sie dabei, das ist kein Verbrechen und auch geht das nicht gegen die geltenden Menschenrechte.
Die Truppen die dort ohne sichtbarer Erkennung auf den Straßen der Krim laufen, sind Bürgerwehren die sich Verteidigen gegen die Regierung in Kiew."

Das waren die heutigen Worte des Russischen Präsidenten Vladimir Putin, bei der Pressekonferenz in Moskau.Es sei immerhin ein Menschenrecht, selbst zu bestimmen ob man ein Teil der Ukraine bleiben will oder nicht.
Dabei bekommt er auch die scharfe Kritik seitens der DVÖ, die in den letzten Tagen für ansehen gesorgt hat.

Russland verstößt gegen Internationale Gesetze 

Sadzid Husic Parteivorsitzender der DVÖ: " Wladimir Putin, spricht über Menschenrechte dabei vergisst er, dass seine Regierung und seine Methoden in seinem eigenen Land gegen die Menschenrechte gehen.
Freie Journalisten werden wegen Kritik an seiner Politik, zu Jahren von Haft verurteilt.
Auch verstehe ich nicht, wenn er schon das Referendum auf der Krim Unterstützt warum hat er bis heute nicht die Republik Kosovo anerkannt die sich 2008 von Serbien getrennt hat.
Denn in der damals Autonomen Teilrepublik Kosovo, haben die Menschen auch ein Referendum zur Unabhängigkeit gehalten wo die Mehrheit dafür gestimmt hat.
Sein vorgehen auf der Krim ist Menschenrechts verachtend, und verstößt gegen die Internationalen Gesetze.
Ukraine ist ein anerkannter Staat, der seine Grenzen hat und die auch von Russland respektiert werden müssen.Und wenn die Internationale Gesellschaft weiter nur leere Drohungen ausspricht, und nichts dagegen unternimmt, erleben wir ein zweites Georgien.
Es kann nicht sein, dass die Welt zuschaut wie Russland die Ukrainische Regierung untergräbt und dabei Ihnen auch Land wegnimmt.
Diese Provokationen seitens Russland müssen aufhören, ansonsten werden wir einen Krieg erleben, der so Blutig enden wird das die Ukraine mehr spalten würde."


Auch Sebastian Kurz, der EU-Beauftragte Österreichs spricht sich gegen das vorhaben der Russen aus.Nun hat auch die neue Partei in Österreich Stellung bezogen, der Parteivorsitzende der DVÖ hat scharfe Kritik an der Regierung in Moskau ausgeübt.
In dem er auch Menschenrechtsverletzungen angibt die Intern in Russland herrschen, aber auch das eingreifen in der Ukraine.
Ob Russland nun wirklich zu einem Krieg bereit ist, dass weiß keiner aber die Lage auf der Krim bleibt angespannt.Dort könnte jederzeit der Krieg ausbrechen, obwohl ein Referendum für den 30sten diesen Monats angekündigt worden ist.

Das Emoji-Rätsel am Dienstag

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Wenn man sie googelt erscheint als zweiter Vorschlag "Brust". Deshalb ist sie allerdings nicht heute in den Schlagzeilen
:



[seitenumbruch]
Bekommt im April die höchste Weihe:



[seitenumbruch]Seit Tagen Thema:



[seitenumbruch]Auflösung:




Scarlett Johansson, Schauspielerin und angeblich im fünften Monat schwanger.




Papst Johannes Paul II. wird im April heiliggesprochen. Er soll als Toter eine Frau aus Costa Rica geheilt haben.




Im australischen Queensland hat eine Python nach stundenlangem Kampf ein Krokodil getötet und verspeist. Eine bunte Meldung, über die sich alle Medien freuen.

Auf der dunklen Seite der Chickennuggets!

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Auf sueddeutsche.de läuft diese Woche die Rechercheüber #FressenundMoral. Auf Wunsch der Leser werden dabei Fragen wie "Ist Bio wirklich besser?" oder "Was genau bedeutet Massentierhaltung?" beantwortet. Auch jetzt.de hat sich an der Recherche beteiligt.




"Es ist für mich ein Dilemma"


Moritz, 33, arbeitet in der Qualitätssicherung für ein mittelständisches Familienunternehmen, das Formfleischprodukte wie Hähnchennuggets oder Schinken und Fertiggerichte herstellt. Er hat Lebensmitteltechnologie studiert und war an der Uni im Ethikverein engagiert.

Ich hätte nie gedacht, dass ich irgendwann einmal Geflügel-Formfleischprodukte herstellen werde. Über die Arbeitssuche bin ich da so hineingerutscht. Ursprünglich wollte ich in der Lebensmittelentwicklung arbeiten. Aber in diesem Bereich gibt es nur wenige Jobs. Ich zwar auch nie aktiv darauf aus, in einem Bioladen zu arbeiten, so weltverbesserisch war ich nicht. Aber ich habe schon versucht nachhaltigere Lebensmittel zu kaufen. Im Studium fehlte mir allerdings oft das Geld dafür.

Jetzt arbeite ich in einem Betrieb, der alles vom Billig- bis zum Bioschnitzel herstellt. Das ist auch interessant. Man erhält Einblick in viele verschiedene Bereiche und Produktionen. Es ist für mich aber auch ein kleines Dilemma.

Im Studium war ich im Ethikverein engagiert. Dort haben wir über Gentechnik, Bioprodukte, den Wandel im Fleischkonsum geredet. Mein jetziger Job wäre dort mit Sicherheit auch diskutiert worden, mit der Nachhaltigkeit in meiner Branche befinde ich mich auch immer noch in einem Dilemma. Wir beziehen unser Hühnerfleisch hauptsächlich aus Brasilien. Diese Branche ist sehr abhängig vom Sojaanbau, hinzu kommen der weite Transport und die Art der Tierhaltung dort. Außerdem zieht der Verpackungswahnsinn die Energie-Bilanzen stark nach unten. Alles muss in Folie verpackt werden, dann kommt noch ein Karton rum, der wird mit Druckerfarbe getränkt, durch die Welt verschifft – das macht es schwierig, nachhaltig zu produzieren. Die Lebensmittelindustrie braucht natürlich diese Standards an Masse, anders wären die Menschen auch nicht zu ernähren.

Andererseits kann man natürlich auch nur etwas bewegen, wenn man sich selber einbringt. Nur zu sagen, die Lebensmittelindustrie wäre so furchtbar schlimm, reicht nicht. Man kann nur mitreden, wenn man weiß, wie die Systeme aufgebaut sind. Wie die Kunden Preisdruck ausüben, weil dem Endkonsumenten der Urlaub, das Auto oder ein neuer Fernseher wichtiger sind als ihre Ernährung. Am Ende liegt vieles in der Hand des Konsumenten.  

Ich esse zwar die Produkte aus anderen Abteilungen meines Unternehmens, allerdings nicht die, die ich den ganzen Tag schon sehe. Da brauche ich abends zum Ausgleich etwas anderes und koche meistens selber. Trotzdem würde ich auch nicht von dem Kauf unserer Produkte abraten. Allein mit mehr Informationen für die Konsumenten könnte man etwas verändern. Ich sehe gerade mit Sorge, dass die Menschheit sich da ins Verderben reitet. Sie ist nicht bereit, für vernünftige nachhaltige Produkte Geld auszugeben. Regionale Produkte wurden bei uns schon eingestellt, weil sie doppelt so teuer sind wie die aus Brasilien. Der Supermarkt listet diese Dinge dann irgendwann aus, weil sie einfach nicht verkauft werden. Da kann man ihm gar keinen Vorwurf machen, dass er irgendwann nur noch Billigprodukte vertreibt. Würden die Kunden nur noch Bio kaufen, würden wir es auch nur noch herstellen. Diese Nachfrage gibt es aber nicht.    

Ich selbst kaufe eigentlich immer unsere Bioschiene und habe auch ein besseres Gewissen, weil wir diese Dinge zumindest anbieten. Das ist natürlich auch eine Konsequenz daraus, dass ich mittlerweile mehr Geld verdiene und es mir leisten kann. Aber am Ende wäre mir das immer wichtiger, als noch ein Fernseher oder ein Porsche vor der Tür. Nur wenn mehr Leute so denken, wird sich auch langfristig etwas ändern."  [seitenumbruch]




"Ich habe noch nicht die Freiheit darauf zu achten, ob mir die Firmenpolitik auch zusagt"



Finja, 24, schreibt seit kurzem ihre Masterarbeit im Bereich Qualitätsmanagement bei einem der größten Lebensmittelkonzerne der Welt. Sie studiert Ökotrophologie und hat vorher für einen Fertigprodukte-Hersteller gearbeitet.
 

„Meine ersten Praktika habe ich noch in kleineren Unternehmen gemacht. Das habe ich auch immer als sehr positiv empfunden, dort herrschte eine sehr familiäre Atmosphäre vor. Für meine Masterarbeit war das allerdings problematisch, weil das betreuende Unternehmen von Seiten der Uni aus bestimmte Voraussetzungen erfüllen muss. Kleine  Betriebe können das oft nicht leisten. Ich habe mich zum Beispiel auch in Österreich bei einer Molkerei für eine Masterarbeit beworben. Die zuständige Frau vom Qualitätsmanagement hat mir dann aber gesagt, dass sie mir zeitnah kein Masterarbeitsthema anbieten könnten, weil ihre Abläufe alle standardisiert sind und sich daran auch nicht so schnell etwas ändert. Großunternehmen investieren hingegen viel in technische Innovationen. Dort wird laufend etwas verändert oder ausprobiert, so dass sich Themen wie meines ergeben. Bei größeren, internationalen Unternehmen ist außerdem die Chance höher, danach auch im Ausland zu arbeiten. Ich habe bis vor kurzem im Ausland studiert und es ist mir wichtig, meine neuen Sprachkenntnisse weiterhin pflegen zu können und weitere Erfahrungen im Ausland zu machen.  

Von meinen Kommilitonen gehen viele in andere Richtungen als ich, zum Beispiel in die Ernährungstherapie. Allerdings habe ich auch eine Freundin, die bei Nestlé arbeitet. Das ist oft natürlich finanziell reizvoller. In unserem Studiengang kommt dann schon manchmal Kritik an solchen Konzernen und ihren Praktiken auf. Andererseits ist uns aber auch allen bewusst, dass nun einmal viele große Konzerne gerne den günstigsten Weg gehen. Das gilt für andere Branchen genau so, wie für die Ernährungsindustrie, da ist Nestlé nicht das einzige schwarze Schaf. Das wird den Kommilitonen, die dort arbeiten, aber nicht vorgeworfen. Es ist eher so, dass der Erfolg, sich bei so einem großen Konzern in den Bewerbungsverfahren durchgesetzt zu haben, von anderen auch anerkannt wird.

Ich selbst esse eigentlich nicht gerne Fertigprodukte. Trotzdem habe ich vor meinem jetzigen Arbeitgeber für einen Fertigprodukte-Hersteller gearbeitet. Denn ob ich selber das Produkt in meinem Alltag konsumiere, ist für meine Arbeit in der Qualitätssicherung nicht wichtig.

Ich habe damals auch meine Kollegen gefragt, ob sie die Sachen selber zu Hause essen. Sie haben fast alle verneint. Die Kollegin von der Kundenreklamation hat mir allerdings erzählt, dass auch die Leute, die bei ihr anrufen, sich immer zuerst rechtfertigen. Sie sagen dann, dass sie sonst immer frisch kochen würden und ausgerechnet jetzt bei dieser einen Ausnahme sei ihnen direkt etwas aufgefallen. Fertigprodukte zu essen hat also schon einen schlechten Ruf. Wer gesund leben will, kauft so etwas wohl eher nicht. Trotzdem denke ich, dass das deutsche Lebensmittelrecht so hohe Standards vorgibt, dass bei allem, was für den Markt zugelassen wurde, keine gesundheitliche Bedenklichkeit besteht.

Bisher lag mein Fokus immer darauf, ein gutes Masterarbeitsthema zu finden. Da war es mir wichtig, themenspezifisch das Beste zu nehmen, das ich kriegen konnte, weil man sich darauf natürlich auch in Hinblick auf den späteren Berufsweg spezialisiert. Ich habe noch nicht die Freiheit, parallel dazu darauf zu achten, ob mir die Firmenpolitik auch zusagt. Bei der Bewerbung für meinen späteren, festen Arbeitsplatz wäre mir dieses Kriterium allerdings wichtiger."[seitenumbruch]



"Ich könnte nicht Marketing für ein Produkt betreiben, das ich verwerflich finde."


Angela, 26, studiert Ernährungswissenschaften. Sie hat ein halbjähriges Praktikum bei einem Milchpulver-Hersteller absolviert, bei dem sie sich später auch vorstellen könnte, zu arbeiten. 

„Auf Milchpulver kam ich eigentlich wegen meiner Cousine, die selbst nicht stillen konnte. So habe ich gemerkt, dass es auch Sparten in der Industrie gibt, die für die Arbeit als Ernährungswissenschaftlerin vertretbar sind. In diesem Fall also lebensnotwendige Babynahrung.  

Als Ernährungswissenschaftlerin steht man natürlich vor allem für gesunde und abwechslungsreiche Ernährung ein. Das ist bei einigen industriell gefertigten Lebensmitteln allerdings nicht gegeben. Es gibt viel Junkfood, andere verkaufen Nahrungsergänzungsmittel, die man als Normalverbraucher überhaupt nicht benötigt. Daher werden viele Firmen im Lebensmittelbereich von Ernährungswissenschaftlern als Arbeitgeber kritisch betrachtet. Bei meinem Praktikum bei dem Milchpulver-Hersteller hat sich allerdings niemand bedenklich geäußert. Das liegt vielleicht auch an der Situation auf dem Arbeitsmarkt: Viele meiner Kommilitonen haben schon das Studium mit dem Vorsatz begonnen, den Menschen gesündere Ernährung näher zu bringen. Sie wollten in der Ernährungsberatung, insbesondere in Kliniken, arbeiten. Andere wollten wiederum in die Forschung. Jetzt, wo das Studium fast vorbei ist, promovieren tatsächlich viele. Allerdings wissen nur wenige so richtig, wie es weitergehen soll. Die Arbeit in Kliniken wird meistens nicht besonders gut bezahlt, oft gibt es dort nur Teilzeitjobs. In der Industrie ist das anders. Deshalb wird sie mittlerweile auch stärker als potenzieller Arbeitgeber wahrgenommen.  

Außerdem habe ich das Gefühl, dass viele Unternehmen mögliche Fehler aus der Vergangenheit reflektiert und behoben haben. Als beispielsweise viele Kinder von zu süßen Produkten Karies bekommen haben, wurden danach bestimmte Tees vom Markt genommen. Das ist begrüßenswert.

Vor meinem Praktikum beim Großkonzern war ich bei vielem sehr skeptisch. Ich dachte, bei so einer großen Firma muss sich hauptsächlich alles um Profit drehen. Umso überraschter war ich, dass es bei meinem Arbeitgeber tatsächlich sehr viel um Qualität ging. Ich hatte das Gefühl, die Firma will wirklich, dass es den Menschen besser geht. Ich wurde zu keinem Zeitpunkt als Praktikantin behandelt, viel mehr als vollwertige Ernährungswissenschaftlerin. Ich hatte auch das Gefühl, sie fragen nicht aus Pflichtgefühl nach meiner Meinung, sondern weil sie das wirklich interessiert. Das hatte ich so nicht erwartet.  

Ob ich hinter dem verkauften Produkt auch selbst stehe, hängt für mich vor allem von der Sparte ab, in der man arbeitet. Ich könnte zum Beispiel nicht Marketing für ein Produkt betreiben, das ich verwerflich finde. Das würde dann ja auf mein Anraten gekauft werden. In der Qualitätssicherung sehe ich das etwas anders. Dort könnte ein Produkt schon viel Zucker und Fett haben und ich würde trotzdem dort arbeiten. Denn dann wäre es ja meine Aufgabe, darauf zu achten, dass das Produkt trotzdem die bestmögliche Qualität hat und für die Verbraucher sicher ist. Und wenn man in so einem Unternehmen arbeitet, sollte man aus dem eigenen Bereich auch das Beste rausholen. Man kann nicht immer nur meckern, man muss auch etwas tun."

YourTaskToday 75: Be ... Doping!

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Die Task: Be ... Doping!

D.h.:  Neulich hat's unsere kleene Goldmaus Evi Seitenbacher-Müsli erwischt, weil sie wohl einen Kraftriegel genascht hat, oder so ähnlich.
Kaffee, Zahnpasta oder gar Sport? Was bringt euch auf Touren? Womit kommt ihr durch den Tag, respektive Nacht?
Nehmt uns mit auf eine Reise durch das Land der il/legalen Substanzen.

Einsendeschluss: Mittwoch, 19.03.2014, 23:59.

Anregung:


Naja weniger Anregung als "related content"

Lance Armstrong singt "Creep"



ANMERKUNG:

Mir ist klar, dass ich mit dem Ehren hinterherhänge. Allerdings haben wir alle vergangenen Tasks brav ausgewertet und ich werde die fehlenden Ehrungen in den nächsten Tagen auf Euch los lassen. Ich freue mich über Euer Verständnis.
Gründe waren folgende: Der jetzt.de Megacrash.
Mein Tumblr.
und
Die Bugliste.

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"Ich möchte laut über die Mauern hinausrufen: Oh bitte beachten Sie doch diesen herrlichen Tag! Vergessen Sie nicht, wenn Sie noch so beschäftigt sind, den Kopf zu heben und einen Blick auf diese riesigen, silbernen Wolken zu werfen und auf den stillen blauen Ozean, in dem sie schwimmen. Beachten Sie doch die Luft, die vom leidenschaftlichen Atem der Lindenblüten schwer ist, und den Glanz und die Herrlichkeit, die auf diesem Tag liegen; denn dieser Tag kommt nie, nie wieder!"


Rosa Luxemburg, geschrieben in Gefangenschaft.





aufgenommen in Norddeich-Mole, Juni 2013.

Flüchtlingsheim reloaded

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Ich bin nun 26 Jahre alt, und wenn man mich fragt, wie ich nach Deutschland gekommen bin, dann sage ich nur kurz, mein Vater habe hier schon lange gelebt. Das sage ich und alles scheint damit geklärt. Doch als ich mich neulich mit einem Freund über die prekäre Lage von Flüchtlingen in Deutschland unterhielt, spürte ich doch den Drang danach, jenem Freund erzählen zu müssen, dass ich selbst lange Zeit in einem Flüchtlingsheim gewohnt habe. Um genau zu sein, sogar in mehreren. Der Freund von mir sagte: "Wir kennen uns nun acht Jahre, aber du hast mir das noch nie erzählt." Es kam ihm so vor, als wäre das ein großes Geheimnis, das ich hüte. Dabei sehe ich es nicht so, aber angesichts der Tatsache, dass Asylpolitik derzeit überall diskutiert wird und ich in einem Bundesland wohne, wo besonders das Thema Asylpolitik die Gemüter erhitzt, habe ich für seine Reaktion doch Verständnis.


Nur ändert das jetzt was daran, bin ich in seinen Augen nun eine andere Person? Ich glaube, ich hab es nie erwähnt, weil ich, irgendwo zwischen Studium und Abschluss, ein "gutes" und "sicheres" Leben habe.


Von meiner Familie muss niemand mehr hungern, niemand bekommt mehr Kleidung von Caritas und Essenspakete mit kleinen Plastikdosen mit Konfitüre und Nutella, Zwiebeln und Obst, die man sonst immer in Krankenhäusern oder Frühstücksbuffets findet. Die Pasteten waren für uns damals nicht wirklich schmackhaft, auch die Packung Bauernbrot kannten wir damals nicht. Und es hatte sich schnell herumgesprochen, wo man den billigsten Reiskocher kaufen konnte.


Es ist eben nur ein Teil meiner Vergangenheit und doch fällt mir auf, ich wollte einfach nur normal sein, wie die anderen Kinder. Bloß nicht auffallen. Manchmal gab es viel Papierkram mit dem Amt wegen der Residenzpflicht, wenn Schulausflüge außerhalb meines von Beamten festgelegten "Bereichs" geplant waren. Ich denke, ich habe das mit dem "Eingesperrtsein" nicht so sehr gespürt, wie meine Mutter, die oft weinte, wenn sie meine Oma von einer Telefonzelle aus anrief. Wir konnten ja mit der Duldung nirgendshin. Umso öfter mussten wir zum Ausländeramt unseres Vertrauens. 


Doch ich musste ja nicht frieren und war ausgemergelt, ich habe ja nicht im Ghetto gewohnt, nur in mehreren Flüchtlingsheimen. Und da haben eben viele Nationen auf engstem Raum gewohnt. Jeder hat sich damit zurechtgefunden. Manche verschwanden und kamen nie wieder, doch dass sie abgeschoben wurden, das habe ich damals als Kind noch nicht verstehen können. Die meisten aber blieben und manche zogen mit uns in die nächste Unterbringung.


Ich brachte nie Freunde mit nach Hause, weil meine Mutter meinte, das mit dem Besuch sei schwierig. Auch das mit dem Übernachten bei Freunden ginge auch nicht, der Pförtner würde das mitbekommen. So sollte ich damit warten, bis ich ein eigenes Kinderzimmer bekomme und wir nicht zu dritt in einem Bett schlafen müssen. Mit zwei kleinen Kindern ging das noch. 


Zu sagen, dass ich eine ganze Weile mit meiner Mutter, meiner Schwester, zwei Hochbetten und einem Spind, anfangs sogar auch mit fremden Personen aus anderen Ländern auf 13 qm gewohnt habe, kommt es mir sehr surreal vor, erst recht, wenn ich mir heute mein 22 qm großes Zimmer anschaue.


Ich erinner mich noch relativ gut, es war die Zeit des Bosnienkriegs. Die Flüchtlingsheime waren von vielen Bosniern bewohnt. Für mich waren es meine Freunde, mit denen wir bosnische Süßigkeiten aßen. Ich habe auch mal auf Bosnisch zählen gelernt, aber das kann ich jetzt nicht mehr. Manchmal frage ich mich, was aus meinen Freunden geworden ist. 


Ich habe noch das Foto vor Augen, auf dem wir Fasching mit all den anderen Kindern in unserem Gemeinschaftsraum feierten. Ich trug eine Maske aus einem Pappteller, neben mir meine Schwester einem weißen Papiersack, den wir bunt anmalten. Wir hatten nicht viel, noch nicht mal richtig Deutsch konnten wir zu dem Zeitpunkt. Dafür haben uns die Sozialarbeiter stets eine schöne Zeit beschert, indem sie uns beibrachten, was Weihnachten, Fasching und sonstiges deutsches Brauchtum ist. Nicht nur Deutsch, sondern auch Fahrrad fahren habe ich mit ihnen gelernt. Weil um unsere Wohncontainer keine gepflasterten Weg waren, war es immer sehr steinig. Gerne würde ich ihnen danke sagen, wenn ich noch ihre Namen wüsste.


Wir haben noch sehr viele befreundete Familien aus dieser Zeit. Das ist ja jetzt schon mehr als zwanzig Jahre her. Doch jedes Jahr feiern wir zusammen Weihnachten und wissen, dass Weihnachten ein Fest der Familie ist, weil unsere Familien nun mal weit weg waren. Viele Pärchen haben sich in diesen Heimen kennengelernt, geheiratet und haben Kinder bekommen. Manche verstarben zwischenzeitlich und es ist selbstverständlich auch zu deren Beerdigung zu erscheinen und ihnen zu gedenken. Das Kapitel „Flüchtlingsheim“ eint uns wohl doch mehr als wir es uns zugestehen wollen.


Ich habe mich bisher nie damit auseinandergesetzt, weil ich dachte, das ist normal, dass ein Kind im Flüchtlingsheim aufwächst, aber erst als ich Menschen kennengelernt habe, die es nicht in Ordnung finden, dass Menschen in alten Kasernen, Schulen oder auch Containern untergebracht werden, da habe ich ein wenig Scham empfunden. 


Es ist ebenso nicht in Ordnung, dass Essensmarken verteilt werden und Menschen sich nicht frei bewegen dürfen und ich habe das Gefühl, dass ich derzeit in einem Land lebe, wo es Menschen gibt, die sich gegen Flüchtlingsheime aussprechen, nicht davor zurückschrecken würden, mit Fackeln vor diese Heime zu treten. Wie damals in Rostock-Lichtenhagen.


Auch wenn ich nicht mehr in einem dieser Heime leben muss, so verspüre ich leichte Angst. Etwa so, als ich begann jemanden von meiner Vergangenheit zu erzählen.

Alltagsflucht- Was ist das?

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Dem Alltag entfliehen


Entgleiten


Nachts


Durch die menschenleeren Straßen laufen


Nur auf sich selbst hören


& auf den eigenen Atem


Ein,aus,ein,aus


& nach den Sternen schauen


& Einfach laufen


Um des Laufens willen


Schritt für schritt


Alles vergessen


Loslassen


& nicht mehr denken


& einfach laufen


In den Sonnenaufgang


 


Dem Alltag entfliehen


Laute Musik


Viele Menschen


& Alles tanzt


& Alles bewegt sich


& die Lichter verschwimmen


Alles Fremde


Gemeinsam nur dieser Magische Moment


Nur diese Nacht


Nicht reden


Nur zuhören


 


Dem Alltag entfliehen


Abtauchen


Hinter Buchseiten andere Welten finden


Jemand anders werden


Ein anderes Leben  leben


& einen anderen Alltag


Mit anderen Leuten


& nicht man selbst sein


Sondern anders


Nicht Makellos


Aber mit anderen Macken


& mit jemand Anderem heulen


& Lachen


& Flehen


 


 


 


Meine Lyrik für den diesjährigen Schreibwettbewerb meiner Schule zum Thema Alltagsflucht


 


An die Menschheit

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Bitte Lautstärke
um die Hälfte reduzieren

und über doppelt
so interessante Dinge sprechen.

Danke.

Zombie? - Check!

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Mut zur Hässlichkeit!

!tiekhcilssäH ruz tuM


Das Leben ist eine schmerzliche Angelegenheit

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Der Vater von der Freundin von heute auf morgen tot. Gerade noch da, fest verwachsen mit der Welt, ausgelöscht durch einen Satz, durch ein Wort. "tot - Adjektiv: als Mensch, Lebewesen nicht mehr existierend; gestorben" Und wir doch noch viel zu jung für gestorbene Eltern. Keiner hat Worte nur Phrasen und man möchte alles kaputtschlagen vor Hilflosigkeit. Nichts wird wieder gut, nur anders eben irgendwann.

Die Großmutter in Haar eingeliefert, nachdem sie erst durch die ganze Bundesrepublik gefahren werden musste, weil sie da, wo sie wohnt niemand nehmen wollte in den Krankenhäusern. Zu alt für ernst zu nehmenden Wahnsinn. Die Stimme ist grotesk fremd und die Telefonate fühlen sich an wie in Plastikfolie gepackt und schmecken so bitter, dass mir vor Ekel die Tränen kommen.

Die Mutter von der Kollegin auf der Intensiv, erzählt sie mir mit müde geweinten Augen und nur 2 Stunden Schlaf im Büro über den Computer hinweg, während ich ohne es zu merken noch an meiner Email tippe. Klingelnde Telefone und immer mehr Arbeit, weil die Welt eben niemals still steht, auch nicht dann wenn sie es doch ganz dringend mal sollte.

Und zwischendrin fragt man sich unbegreiflicher Weise, was man zu Abend essen möchte und ob noch Klopapier da ist und dass man daran denken muss, die Miete zu überweisen.
Weiter arbeiten, aufstehen, zu Bett gehen, essen, aufs Klo gehen, einatmen, ausatmen und zwischendrin vergessen, dass gerade die Kollegin vor Sorge kein Auge zu macht, die Freundin vor Verzweiflung gar nicht mehr weinen kann und die Großmutter in der Klinik die Wände anschreit. Das Leben ist eine schmerzliche Angelegenheit.

Für Babsi

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Früher sind die Erwachsenen abends bei Laternenlicht zusammen gesessen und es war für uns Kinder das
schönste einfach nur zu zuhören. Oder wir haben Verstecken gespielt, Fußball, sind auf Bäume geklettert oder haben Steine gesammelt. Am liebsten wären wir den ganzen Tag draußen geblieben um so trauriger waren wir als  wir rein gerufen wurden.
Wie oft wurden wir damals ermahnt bloß nicht unsere Sachen dreckig zu machen. Wir taten zwar so als würden wir zuhören, aber es war uns egal. Kaum waren wir draußen suchten wir uns auch schon die nächste Dreckpfütze die wir zu einem Swimmingpool um dekradierten um gefühlte hundert mal mit
unseren Gummistiefeln rein zu treten. Früher oder später hat dann irgendwer von uns Kindern geweint, wegen..  Ach wegen irgendwas.
So wichtig war das nicht. Nach einem kurzen Moment war ohnehin die Welt wieder in Ordnung und der Bösewicht war plötzlich wieder der beste Freund.Oder der andere drohte einem damit
petzen zu gehen und alles Mama und Papa zu verraten. Das erstaunliche
daran war auch noch, das man sich tatsächlich beinahe ins Hemd
pisste und versuchte den anderen diplomatisch zu überreden es doch
nicht zu tun. Wenn aber alles nichts half rannte man so schnell man konnte ins Haus mit den Worten: „Das stimmt alles nicht was die sagt.“ Aber das half dann meistens auch nichts mehr,
vor allem wen man Verwandte hat die noch extra laut heulen können sobald jemand zusieht.


Was dachte ich mir damals nur dabei endlich erwachsen werden zu wollen?
Endlich erwachsen werden um all die tollen Sachen machen zu dürfen die eben nur Erwachsene dürfen. Mir
endlich so viele Süßigkeiten kaufen zu können wie ich wollte. Ja, als Kind wollte man so viel und hatte keine Ahnung was man schon hatte. Heute kann ich mir so viele Süßigkeiten kaufen wie ich will.
Es macht nur keinen Spaß mehr. Ich kann niemandem davon erzählen, der davon sonderlich beeindruckt wäre und wenn ich heute in einer Regenpfütze rum tanze, würden die Nachbarn wahrscheinlich den
Notdienst rufen. Und wenn ich heute ein Mädchen zum weinen bringe dann reicht kein Zusammenschiss mehr damit die Welt wieder in Ordnung ist und das Mädchen schadenfroh ihre Zunge in meine Richtung
streckt. Heimlich natürlich, damit es außer mir niemand sieht, da einem ansonsten ja die Zunge abfällt. Wahrscheinlich ist das auch passiert. Mit jedem von uns. Oder wie viele Gespräche führe ich heute noch die irgendwie von Wert sind? Wie oft bin ich still wenn ich etwas sagen sollte. Wie oft wird nur über oberflächliches gesprochen oder der neueste Tratsch und Klatsch verbreitet. Der Tratsch und Klatsch der mich damals im Laternenlicht noch so beruhigt hat und ein Gefühl der Gemütlichkeit in mir ausgelöst hat welches mir heute völlig fremd ist. Damals musste ich nur zuhören, während ich mein kleines Rennauto über den Teppichboden hin und her manövrierte. Heute werde ich gefragt, heute will man meine Meinung
hören. Heute muss ich nach denken was ich sage - und sage dann meistens irgendwas.

Es ist schon erschreckend wie einfach damals alles war. Man hatte Menschen um sich die für einen da waren. Darüber musste man nicht nach denken, das war einfach so. Oder wie oft hat man gezielt drauf los geheult und Mitleids erregend seine Herz zereißende Geschichte erzählt wie gemein nicht alle anderen
sind, wie schlecht es einem geht oder was auch immer. Hauptsache man hat danach den Fernseher einschalten dürfen mit dem Versprechen das man am nächsten Tag nur zu zweit einkaufen geht. Natürlich hat man sich dann auch etwas spezielles aussuchen dürfen, was sonst keinerbekommen hat. Aber darum ging es auch nicht wirklich. Es ging nur darum in diesem Moment etwas besonderes zu sein und das Gefühl zu haben das man jemandem ungeheuer wichtig ist – das man geliebt wird.


Macht man das heute bekommt man
wahrscheinlich die Empfehlung für einen guten Psychotherapeuten. Und
wahrscheinlich braucht man ihn auch dringend. Immerhin gibt es in der
„Erwachsenen“ Welt keine Menschen mehr die einfach nur da sind.


Meine Großmutter sagte einmal: „Das wichtigste im Leben ist es glücklich zu sein.“ Ich war immer
glücklich wenn ich zu ihr kam. Ich wusste das es bei ihr diese ganz besonderen Karamell Bonbons gab die sie immer in ihrer Tasche hatte wenn wir Kinder zu Besuch kamen. Manchmal reichte der Vorrat nicht
für alle, aber das machte nichts. Der Wohnzimmerschrank war immerhin nicht das beste Versteck. Das wusste sie wahrscheinlich auch. Was ich damals nicht wusste war, wie recht sie hatte.
Und ich wusste auch nicht das ich wahrscheinlich nie so glücklich war wie zu diesen Zeiten.

Vielleicht war ich aber auch nur so glücklich weil ich es nicht wusste. Ich war es ja einfach.
Heute denke ich darüber nach wie man es werden kann. Heute denken alle Menschen darüber nach. Manche denken sogar gemeinsam mit ihrem Psychotherapeuten darüber nach und bezahlen eine Menge Geld dafür. Dabei wäre es doch so einfach.
Wir müssten alle nur unsere Gummistiefel anziehen, unser bestes Versace Hemd und mit vollem
Schwung in die nächste Regenpfütze springen ohne uns einen Scheiß um irgendwas zu kümmern, wenigstens für den Moment. Aber das wäre
zu einfach. Und überhaupt, was würden die Nachbarn denken?


Fortsetzung folgt.....



Pralinen für Putin?

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Nicht nur die G7 könnten Russland für sein Vorgehen in der Ukraine bestrafen: Am Montag kündigte nun auch die EU an, über Sanktionen nachzudenken – und Amnesty International fordert sie ohnehin­ seit Jahren. Angenommen, Russlands Wirtschaft muss für jede Menschenrechtsverletzung und jeden Soldaten in der Ukraine leiden: Ist es dann nur eine Frage der Zeit, bis Putin macht, was dem Westen gefällt?





Klar, hier geht es um Staaten, nicht um Menschen, und einen Putin zu belohnen oder strafen dürfte besonders schwer sein. Aber trotzdem - warum nicht einmal dem Konditionieren eine Chance geben?

Elaborierter als Strafen allein wäre zusätzliches Belohnen. Sheldon aus der “Big Bang Theory“ möchte, dass Penny still und hilfsbereit ist, weil sie als Freundin seines Mitbewohners Leonard viel bei ihm rumhängt. Also steckt er ihr geschwind ein Stück Schokolade in den Mund, sobald sie brav die Klappe hält, während die Jungs fernsehen. Sie hat das richtige Verhalten scheinbar in nur wenigen Lerndurchgängen verinnerlicht – zum Telefonieren hüpft sie jedenfalls sofort aus dem Zimmer. Konditionierung in Reinform.

http://www.youtube.com/watch?v=qy_mIEnnlF4
Eine Szene aus "The Big Bang Theory": Sheldon konditioniert Penny

Tatsächlich hat Sheldon alles nach den Regeln vollführt, die Edward Thorndike 1913 nach Experimenten mit Hunden, Katzen und Hühnern entdeckte: Wenn man ein Tier nur lange genug für gewünschtes Verhalten belohnt und für ungewünschtes bestraft, zeigt es irgendwann nur noch das gewünschte.

Nun, da wir die Regeln kennen: wen konditionierst du? Und wie direkt? Eher verborgen – womöglich unbewusst – so, dass du lieben Leuten ein Lächeln schenkst? Oder offen und deutlich, so dass du Leute, die dumme Sachen sagen, kräftig verprügelst? Geht es dir wie Leonard, der meint, Sheldon könne Penny doch nicht wie eine Laborratte trainieren? Und – besonders wichtig – könnt ihr Sheldons Antwort auf den Einwand seines Kumpels bestätigen: „Actually, it turned out, I can" ?

Tagesblog - 5. März 2014

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11:13 Uhr: Karneval hat ja nicht nur zur Folge, dass allen in lustigen Verkleidungen rumrennen und ihre Brüste rausplumpsen, für viele beginnt mit dem Aschermittwoch auch die Zeit des Verzichts: Höchste Zeit, quasi einen jetzt.de-Klassiker, den Fasten-Psychotest, rauszuholen. Mein Ergebnis bei der Frage, auf was ich zukünftig verzichten sollte? Das Internet. Schade, dann kann ich leider nicht mehr hier arbeiten. Aber dafür hat der Chef sicher Verständnis. Wenn der jetzt-Psychotest es befiehlt?

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9:50 Uhr:
Die guten Dinge: Filme wie Philomena. Den Film habe ich gestern spontan mit einer Freundin gesehen und hatte mich vorher null damit beschäftigt. Danach war ich ziemlich gerührt. Nicht so gute Dinge: Menschen in Katzenkostümen, die im Kino vor einem sitzen und mit ihren Ohren die Sicht versperren. Mir war tatsächlich nicht klar, dass auch in München zum Karneval alle durchdrehen, zum nächsten Jahr weiß ich es besser.
http://www.youtube.com/watch?v=kO-p40GHg6o

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9:06 Uhr:
Heute hat der erste Text unserer neuen Praktikantin Anne Kratzer das Licht des Kosmos' erblickt: Im Ticker fragt sie, wie ihr andere Menschen konditioniert? Verschenkt ihr Pralinen wie Sheldon in der Big Bang Theory? Reicht ein Lächeln um zu bekommen, was man will? Und vor allem: Könnte man das auch bei der Krim-Krise anwenden, anstatt nur mit Sanktionen zu drohen? Passend dazu studiert Anne übrigens Psychologie, kann also sicher auch auf Nachfrage wissenschaftliche Konditionierungs-Tipps geben. Wir sagen dazu erstmal: Herzlich willkommen, Anne!

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8:30 Uhr:
Guten Morgen! Ich bin notgedrungen heute mit dem Auto zur Arbeit gefahren und musste mal wieder feststellen, dass Bayern leider die schlechtesten Radiosender der Welt hat. Klar, M94,5 und Flux FM und Puls sind nett, aber leider im Auto nur selten oder gar nicht empfangbar und auf Hardcore-Bildung wie Bayern 2, B5 oder dem DLF hat man morgens um acht leider nicht immer Lust. Also lieber Rundfunkrat: Nehmt doch bitte Puls auf eine ordentliche Frequenz (wabert als Gerücht ja schon seit Jahren durch München). Danke!

Wer ist der Nächste?

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Zorn und Bewunderung wohnen nahe beieinander in diesen angespannten Tagen, so hat es Adam Michnik treffend zusammengefasst. Der Chefredakteur der Zeitung Gazeta Wyborcza ist nicht zum ersten Mal derjenige, der in einer Krisensituation am klarsten und am differenziertesten artikuliert, woher im neuen, demokratischen Polen der Wind weht. Bewunderung für die tapferen Ukrainer und Zorn auf „die imperiale Aggression der großrussischen Politik“ – das ist seit der russischen Militärintervention auf der Halbinsel Krim die allgemeine Stimmung.



Der tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg sieht historische Parallelen

Wie ihre Nachbarn in Tschechien und in den drei baltischen Staaten verfolgen die Polen das Geschehen in der Ukraine mit großer Nervosität. Kaum ein Treffen unter Familienangehörigen oder Freunden, bei dem nicht die ängstliche Frage aufkäme, ob die von Wladimir Putin ausgelöste Eskalation am Ende auch für Polen Krieg bedeuten könnte.

Die politischen Führer des Landes sehen das genau so, das zeigt der Vorstoß von Staatspräsident Bronisław Komorowski, der gemäß Artikel 4 des Nato-Vertrages den Nato-Rat in Brüssel zu einer „Konsulation“ einberief – ein dringliches Signal an die Partner, dass man von einer ernsten Gefahr für die kollektive Sicherheit ausgeht. Außenminister Radosław Sikorski erläuterte, woher die polnischen Besorgnisse rührten: „Wir wissen, dass das Raubtier durch das Fressen immer noch mehr Appetit bekommt.“

„Putin droht mit Krieg“, schrieb die Zeitung Rzeczpospolita. Und Verteidigungsminister Tomasz Siemoniak sah sich am Dienstag veranlasst, Gerüchte zu dementieren, wonach die Armee bereits mobilisiere: „In der gegenwärtigen Situation gibt es keine Gründe, die polnischen Armee-Einheiten in einen höheren Grad der Kampfbereitschaft zu versetzen.“

Dass überhaupt davon die Rede ist, zeigt das Ausmaß der Besorgnis, dem auch Ministerpräsident Donald Tusk Tag um Tag sehr entschieden Ausdruck verleiht. Schon am Sonntag hatte der liberal-konservative Regierungschef die Chefs der im Parlament vertretenen Parteien zur Beratung in seine Kanzlei geladen, und alle waren gekommen, sogar der nationalkatholische Oppositionsführer Jarosław Kaczyński, der solche Treffen in weniger brenzligen Zeiten zu schwänzen pflegt.

Man spreche „mit einer Stimme“, verkündete der Premier anschließend. „Polen darf seine Interessen keiner Gefahr aussetzen, es muss rational und vorsichtig vorgehen“, sagte er. „Gleichzeitig müssen wir, weil es hier um unsere Sicherheit und unsere strategischen Interessen geht, diejenigen sein, die der Welt nicht erlauben, sich von der Ukraine abzuwenden. Hier geht es für Polen um Sein oder Nichtsein. Wenn wir uns gemeinschaftlich organisieren können und ein relevanter Teil unserer Gemeinschaft sind, dann werden wir sicher sein. Wir dürfen nicht alleine bleiben gegenüber den Bedrohungen, welche sich hinter unserer Ostgrenze entwickeln.“

Weit über das gemeinsame Vorgehen der EU hinaus will Polen auch zusätzliche eigene Maßnahmen ergreifen. Dazu gehören nach den Worten des Ministerpräsidenten die beschleunigte Modernisierung der Armee und verstärkte Anstrengungen zur Überwindung der Abhängigkeit von russischen Energielieferungen. „Dieser Konflikt wird Auswirkungen auf die polnische Wirtschaft haben“, sagte Tusk.

Im Nachbarland Tschechien beurteilt man das ähnlich. Der neue Verteidigungsminister Martin Stropnicky sieht auf dem Feld der Ökonomie sogar einen Hebel, auf Russland Druck auszuüben. Der frühere Schauspieler und Diplomat, der für die Protestbewegung ANO des Unternehmers Andrej Babiš ins Parlament und ins Kabinett kam, brachte den geplanten Ausbau des südböhmischen Atomkraftwerkes Temelin ins Spiel.

Um die Ausführung bewerben sich die japanisch-amerikanische Firma Westinghouse und ein Konsortium unter Führung der Moskauer Staatsfirma Rosatom. Stropnicky sagte, er könne sich schwer vorstellen, dass russische Firmen den Auftrag für die Errichtung zweier zusätzlicher Reaktoren erhalten könnten, da Russland jetzt die Gruppe der berechenbaren Länder verlassen habe.

Der sozialdemokratische Minister Jiři Dienstbier, zuständig für Menschenrechte, pflichtete ihm bei: „Ein Land, das in der auswärtigen Politik von militärischer Aggression Gebrauch macht, ist ein Sicherheitsrisiko für die Tschechische Republik.“ Ministerpräsident Bohuslav Sobotka freilich bremste den Vorstoß gleich ab. „Man darf von uns nicht erwarten, dass wir über der Krim-Krise alle unsere Brücken niederbrennen und all unsere Handelsbeziehungen mit Russland aufgeben“, sagte er. „Das wäre sehr unklug.“

In Tschechien beschwört die Krise übelste Erinnerungen herauf. Staatspräsident Miloš Zeman zog einen Vergleich mit der Invasion der Sowjetunion und anderer kommunistischer Staaten 1968 in der Tschechoslowakei, mit welcher der Prager Frühlings abgewürgt worden war, eine Bürgerbewegung für freie Wahlen und eine Emanzipation von Moskau. Senatspräsident Milan Stech und der frühere Außenminister Karel Schwarzenberg fühlten sich gar an das Jahr 1938 erinnert, als Adolf Hitler durch brutalen Druck und diplomatischen Theaterdonner den Anschluss der Sudetengebiete an Deutschland erzwang und dann 1939 die Wehrmacht auch in die von den Nazis abfällig sogenannte Rest-Tschechei einmarschieren ließ.

Wenn Hitler ein fremdes Gebiet besetzen wollte, habe er „immer erklärt, dass er die dortigen Deutschen schützen müsse“, sagte Schwarzenberg. Ein ähnliches Argument hatte nun Putins Regierung mit Blick auf die Krim bemüht: Die dortigen russischsprachigen und russischstämmigen Menschen müssten gegen „radikale Nationalisten“ verteidigt werden.

Historische Traumata gleicher Art werden auch in Polen und den baltischen Staaten wieder lebendig, die in der Geschichte noch härter gelitten haben. Dort war dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen am 1. September 1939 nach gut zwei Wochen der Einmarsch der Sowjetarmee aus Osten gefolgt, Hitler und Stalin hatten sich zuvor auf eine Aufteilung Polens und der Nachbarregionen verständigt. 1940 folgte die Besetzung Litauens, Lettlands und Estlands durch die Rote Armee – auch damals vom Kreml „mit brüderlicher Hilfe“ begründet, wie Adam Michnik jetzt in der Gazeta Wyborcza spottete. Genau wie in Ungarn 1956 und in Afghanistan 1979, so Michnik weiter. Oder wie 1920 im russisch-polnischen Krieg und 1939 in Ostpolen. Und vorher schon in der Epoche der Zarin Katharina der Großen und der polnischen Teilungen. „Russland hat Polen noch nie überfallen, sondern ist immer nur einer nationalen oder religiösen Minderheit „zu Hilfe gekommen‘“, erklärte Außenminister Radosław Sikorski.

Auch im Baltikum hatte die Krise eine Serie von Sitzungen zur Folge, so tagte am Dienstag in Riga beim lettischen Präsidenten Andris Bērziņš der nationale Sicherheitsrat. Gemeinsam mit der Premierministerin, der Parlamentspräsidentin und dem Außenminister hatte Bērziņš schon am Samstag das Vorgehen Russlands als „schwere Verletzung des internationalen Rechts und direkten Eingriff in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates“ kritisiert.

Die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite versammelte ebenfalls die politischen Führer um sich und sagte anschließend, man sei auf alle Eventualitäten vorbereitet. „Wir alle in der EU und der Nato schätzen die Situation gleich ein, sie ist beklagenswert.“ Der estnische Ministerpräsident Andres Ansip, der übrigens am Dienstag wie geplant zurücktrat und sein Amt mit dem estnischen EU-Kommissar Siim Kallas tauschen will, mahnte seine Landsleute zur Ruhe: „Estland ist Mitglied der Nato und der EU und steht unter keiner direkten militärischen Bedrohung. Die Leute brauchen sich keine Sorgen zu machen.“

„Berlin is over“

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Das Zentrum Berlins liegt dieser Tage im Westen. Gelb und blau angestrahlt leuchtet der Funkturm nachts von Weitem, als wolle er sagen, wo man hinmuss. Ins Messezentrum ICC nämlich, wo an diesem Mittwoch die Internationale Tourismusbörse (ITB) eröffnet wird, die größte Reisemesse der Welt.



Bei der ITB geht es auch um die Zukunft des Berlin-Tourismus

170000 Besucher werden in den zugigen Hallen unterwegs sein, die immer etwas von geschäftigen Flughafenterminals haben, die in Berlin nie fertig gebaut werden. Für die Berliner, die jedes Jahr in Massen herbeiströmen, ist die ITB so etwas wie Verreisen in der eigenen Stadt. Man sieht Leute aus anderen Ländern, erfährt, wie es bei ihnen zugeht, was sie umtreibt – und muss trotzdem nicht raus aus Berlin.

Berlin und der Tourismus. Das ist ein kompliziertes, um nicht zu sagen: verkorkstes Verhältnis. Einerseits boomt der Tourismus in Berlin wie nie zuvor. Laut den Zahlen, die gerade herauskamen, erlebte die Stadt 2013 mit elf Millionen Besuchern und fast 27 Millionen Übernachtungen einen neuen Besucherrekord. Vor allem die jungen Touristen aus dem Ausland sind es, die es nach Berlin zieht, sie kommen aus Großbritannien, Italien, den USA. Der neue Sound Berlins, das ist das Geräusch der Rollkoffer.

Womit auch schon das Problem angesprochen wäre. Die Berliner lassen sich von denen, die Geld in ihre Stadt bringen – 10,3 Milliarden Euro Bruttoumsatz waren es 2011 – einfach so ungern stören. Wollen, wie die Grünen in Kreuzberg, keine neuen Hotels mehr zulassen, kleben Plakate, auf denen „Touristen“ steht und daneben ein durchgestrichenes Herz. Selbst der Reiseführer „Lonely Planet“ weist schon darauf hin, dass man als Tourist lieber nicht laut und in Schwärmen durch die Berliner Kneipen zieht, weil man dann sonst „seinen Teil“ der Berliner „Frustration“ abbekäme.

Manche sagen, dass das mit der Mauerzeit zu tun hat, als der Berliner Westen für sich und alles andere egal war. So wie im Roman „Herr Lehmann“ von Sven Regener, in dem die Kreuzberger Protagonisten eigentlich nur ungestört in ihren Kneipen sitzen wollen. Und nicht mal von ihrem Bier hochgucken, als eines Tages einer reinkommt und sagt: „Die Mauer ist offen.“ Man will einfach so ungern, dass es so wird wie anderswo.

Nur wie wo? Wie in Brooklyn? Das ist Berlin schon jetzt, zumindest wenn es nach der New York Times geht, dem Leitmedium für den Berlin-Hype. Der neueste Artikel heißt „Brooklyn an der Spree“, und es geht darum, dass Berlin das neue Brooklyn sei, beziehungsweise das alte Brooklyn, jenes Künstler-Biotop, das es in den Sechzigern und Siebzigern mal war. Ein Paradies für Amerikaner, von denen jedes Jahr 150000 als Touristen nach Berlin kommen und sehr viele für immer bleiben – heute sind es doppelt so viele wie noch vor zehn Jahren. Die Amerikaner finden sich interessanterweise in derselben Situation wieder wie die Berliner: Sie bleiben am liebsten unter sich. Das ist auch gut möglich in den Clubs und Bars von Kreuzberg, in denen sich, wie ein amerikanischer Besucher zitiert wird, die Partys anfühlen, „als sei hier ganz New York“. Außer es kommt mal ein deutscher Familienvater mit „T-Shirt und Bart“ hereingeschneit und fragt, ob es hier Ecstasy gibt, die Kinder seien schließlich in den Ferien auf dem Land. Das sei der Moment, in dem die Amerikaner feststellen würden: „Honey, wir sind ja gar nicht in Kansas.“

Auch das amerikanische Magazin Rolling Stone feiert in einem neuen Artikel Berlin als Idealort des Stillstands, in dem es keine Mietsorgen und kein Morgen gibt. Am Beispiel des berühmten Techno-Clubs Berghain wird die „geschlossene Welt“ gepriesen, in der man drei Tage lang hintereinander unter sich sein kann. Allerdings muss auch der Rolling Stone feststellen, dass man selbst in Berlins „Anarcho-Bohème-Blase“ nicht ungestört sei mit Techno, Drogen und Sex. Als Besucher aus dem Ausland würde man nämlich mit der „völlig überzogenen Arroganz“ der Berliner konfrontiert.

Weshalb das viel besuchte Internet-Portal Gawker, das die Welt des Lifestyle aus der Perspektive New Yorks betrachtet, vor einigen Tagen zu dem Schluss kam: Wenn Berlin das neue Brooklyn sei, dann heiße das nichts Gutes. Mit anderen Worten: „Berlin is over.“

Das Verhältnis zwischen Berlin und seinen Besuchern – es ist auch von der anderen Seite her kompliziert. Zumal die ersten jungen Leute aus Übersee die Stadt verlassen haben. Worüber sie ebenfalls in der New York Times schrieben. So rechnete der Musiker Robert Coleman 2012 mit der Stadt ab. Er habe sich dort in einem „Künstler-Paradox“ wiedergefunden: Das Kreativ-Leben, für das so viele nach Berlin kommen, lenke genau davon ab, nämlich kreativ zu sein. „Nach Berlin gekommen waren wir wegen des Lifestyles, doch genau dieser Lifestyle warf uns nun aus der Bahn. Berlin ruinierte uns.“

Und die Berliner? Wird es nicht stören. Solange sie nicht woanders hin müssen, außer einen Tag lang auf die Internationale Tourismusbörse.

Ästhet mit militanter Agenda

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Eine junge Frau steht vor einem Denkmal, das einem großen Schriftsteller gewidmet ist, dem Stolz der Nation. Da es sich bei der Nation um die sehr kleine und offensichtlich fiktive Republik Zubrowka handelt, irgendwo in Osteuropa, kann ihr Held schon mal ein Schriftsteller sein. „The Grand Budapest Hotel“, so heißt sein berühmter Roman. Das Denkmal, an dem lauter Schlüssel hängen, in verschiedensten Farben und Formen, erinnert daran, dass die Geschichte dieses Buches selbst wie ein Hotel ist, mit verschiedenen Zimmern, die man nach und nach aufschließen kann.




Sitzen fürchterlich: Tilda Swinton als Madame D. und Ralph Fiennes als Gustave H. in Andersons "Grand Hotel Budapest"

Diese vorzügliche Idee, mit der Wes Anderson seinen bislang besten Film beginnt, nimmt dessen Kompositionsprinzip schon vorweg. Als würden hier schon alle Schlüssel zu all den Entdeckungen, Erfindungen, Schätzen und Geheimnissen hängen, die Anderson in der großzügigen und luxuriösen Zimmer- und Szenenflucht dieses Hotelfilms versteckt hat.

Ähnlich hatte er den zuletzt gedrehten „Moonrise Kingdom“ mit einem Lehrstück von Benjamin Britten begonnen, in dem die einzelnen Teile eines Orchesters vorgestellt wurden. Andersons Filme sind symphonische Mosaike, die an geschlossenen Orten wie Inseln, Booten oder Zügen auseinander- und wieder zusammengebaut werden. Mit „Grand Budapest Hotel“ bastelt Anderson nun zum ersten Mal in seiner Filmografie ein Mosaik, das nicht mehr nur im Raum, sondern besonders in der Zeit funktioniert.

Die junge Frau am Denkmal liest also „heute“ das Buch, in dem der Autor (Jude Law) erzählt, wie er in den Sechzigerjahren im „Grand Budapest Hotel“ logiert, hoch in den Bergen, zur Entspannung. Das einst fröhliche, mondäne Haus führt im Sozialismus ein tristes Dasein: Im riesigen Speisesaal sitzt jeder einsam vor dem gigantischen, bedrückenden Wandteppich mit Gebirgspanorama. Bis der Schriftsteller eines Abends Gesellschaft vom Hotelbesitzer Mr. Moustafa (F. Murray Abraham) bekommt, der ihm die Geschichte des Hauses erzählt, in dem er einst als Lobby Boy begann, genannt Zero.

So reisen wir weiter zurück in die Vergangenheit, bis ins Jahr 1932. Es ist die Blütezeit des Hotels, die Zeit des legendären Concierges Monsieur Gustave, der den Stammgästen mit äußerster Diskretion alle nur denkbaren Wünsche erfüllt – besonders den weiblichen, besonders den älteren, und besonders im Bett; ein Genie der Liebesdienstleistung und der Dienstleistung aus Liebe, formvollendet-veredelt gespielt von Ralph Fiennes.

Zero, der Lobby Boy, wird sein Schüler werden, später sein Freund. Gemeinsam werden sie ein Abenteuer erleben, in dem es um ein wertvolles Gemälde geht, das eine wohlhabende Stammkundin, Mme D. (Tilda Swinton), nach ihrem Tod Monsieur Gustave vermacht hat, als Lohn für seine treuen Dienste. Weswegen Gustave und Zero bald von ihrem diabolischen Familienclan durch ganz Zubrowka gejagt werden.

Bald aber geraten M. Gustave und Zero – ein Flüchtling aus einem arabischen Land, seine Familie wurde massakriert – mit der sogenannten ZZ aneinander, in der klar die SS zu erkennen ist, und dann wird die „Preußische Grippe“ ausbrechen, der Zweite Weltkrieg. Es wird Leichen geben, abgehackte Köpfe, Exekutionen. Tarantinos „Inglourious Basterds“ folgend, konfrontiert Anderson hier sein im Stil eines Dandys entworfenes Phantasie-Universum mit der realen Geschichte. Um eine Gegengeschichte zu erzählen, die von Widerstand und Solidarität handelt.

Schon die Tiere in Andersons „Fantastic Mr. Fox“ und die Kinder in „Moonrise Kingdom“ mussten lernen, sich als Gemeinschaft gegen ihre Widersacher zu organisieren, den Bedrohten zu helfen und einen komplexen Plan in die Tat umzusetzen, der sich in der vielstimmigen Infrastruktur der Filme verbarg: Auch hier kommt Hilfe von Hoteliers, Gefängnisinsassen, Mönchen und einer Bäckerin. Vor allem aber scheint es nun das Kino selbst zu sein, das die Anleitung zur Revolte liefert.

Die Filmgeschichte ist sehr gegenwärtig in „Grand Budapest Hotel“. Die Zwischenkriegszeit filmt Anderson im damals typischen, heute fast verschwundenen quadratischen Filmformat, und Willem Dafoe gibt einen Killer à la Boris Karloff, der sein Opfer durch ein Museum jagt, eine Hommage an eine ähnliche Sequenz aus Alfred Hitchcocks „Blackmail“ von 1929.

Die Frage lautet also: Wie können wir uns des Kinos bedienen? Gerade Hitchcock, bei dem jedes Detail zum überraschenden Instrument in der Handlung werden kann, gibt da Orientierung. Die Schneeberge und Alpengipfel aus zart rosa Pappmaschee, das fein komponierte Dekor – sie sind den Törtchen vergleichbar, die im Film der Bäcker Mendl zaubert, und doch viel mehr als nur Retro-Schmuckstücke. Als M. Gustave im Gefängnis landet, werden in Mendls Konfekt die Feilen zu ihm geschmuggelt. Da die Wärter auf der Suche nach Ausbruchswerkzeug zwar Brote und Würste zerhacken, nicht aber Mendls Kunstwerke, erweisen diese sich als robuste, effektive Instrumente des Kampfes.

Der Ästhet Anderson hat also eine militante Agenda. Jedes kleinste Kopfdrehen, jeder Augenaufschlag ist genau organisiert, um ihn unzerstörbar zu machen. Gerade in dieser Konzentration zeigen seine visuellen Miniaturen aber auch das, was um sie herum fehlt. Da steht plötzlich eine Telefonzelle mitten in einer weiten Schneelandschaft, als würde sie nur erhellen, was um sie herum nicht mehr da ist.

Wie Anderson so die Arbeit der Zeit an dem zeigt, was dazu gemacht wurde, ihr zu widerstehen, also an seinen eigenen Erfindungen, ist genial. Die Welt von M. Gustave, sagt Zero/Mr. Moustafa am Ende, war schon untergegangen, als er sie betrat. Sie ist erfunden, hat nie existiert – was den Film weit über die Nostalgie eines Stefan Zweig hebt, dessen Texte Anderson als Inspiration im Abspann nennt.

Denn was erbt Zero am Ende mit dem Hotel? Null, zero – nichts als eine Legende, eine Erzählung. In der man nie ganz zu Hause sein kann, nur auf Durchreise, wenn man sie weitererzählt. Aber gerade durch die Erzählung wird diese Welt real. Sie adressiert sich ans Jetzt. Denn der Boden des Hotels ist rot, Wände und Fassade sind rosa – als wäre das der Farbverlauf der Geschichte, von unten nach oben verblassend, um, an der Spitze des Berges der Vergangenheit, die Gegenwart zu berühren.


62 Millionen Opfer

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Die weltweit größte Erhebung zur Gewalt gegen Frauen hat erschütternde Zahlen zutage gefördert. Wie die Europäische Agentur für Grundrechte (FRA) mitteilt, geben ein Drittel der Frauen zwischen 15 und 74 Jahren in der Europäischen Union an, „körperliche und/oder sexuelle Gewalt“ erfahren zu haben. Das entspricht 62 Millionen Frauen. Anders gesagt: Würden sie eine Nation bilden, wären sie hinter den Schwergewichten Deutschland und Frankreich die drittgrößte Nation der Europäischen Union. Fünf Prozent, also etwa neun Millionen Frauen, erklärten, Opfer einer Vergewaltigung gewesen zu sein. „Die Zeit ist reif, eine breit angelegte Strategie zur wirksamen Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen auf den Weg zu bringen“, sagte FRA-Direktor Morten Kjaerum, der die Studie am Mittwoch in Brüssel offiziell vorstellen will. „Denn es gibt nicht ein einziges Land mit niedrigen Werten.“



Besonders betroffen: Frau auf skandinavischem Stuhl

Auch Deutschland schneidet alles andere als gut ab. So liegt der Anteil der über 15-jährigen Frauen, die physische oder auch sexuelle Gewalt erlebt haben, mit 35 Prozent knapp über dem EU-Durchschnitt (33 Prozent). Der Erhebung zufolge ist die Lage in anderen Nationen allerdings ungleich dramatischer – insbesondere in den nordischen Ländern. So liegt der Anteil der Gewaltopfer in Dänemark bei 52 Prozent, in Finnland bei 47 Prozent und in Schweden bei 46 Prozent. Ins Auge fällt auch, dass in Portugal, Kroatien und Spanien die Überzeugung vorherrscht, Gewalt gegen Frauen sei ein „sehr verbreitetes“ Phänomen, obwohl dort die Werte zu persönlicher Gewalterfahrung vergleichsweise niedrig sind.

Europaweit gaben 22 Prozent aller Befragten an, körperliche oder sexuelle Gewalt durch den eigenen Partner erfahren zu haben. Darunter fielen Schläge oder Attacken mit harten Gegenständen. Zudem seien 55 Prozent der Frauen Opfer von sexueller Belästigung gewesen – unter ihnen 75 Prozent der Frauen, die in Führungspositionen tätig sind.

Die Autorin der Studie, die FRA-Expertin Joanna Goodey, sagte, die Erhebung habe auch ergeben, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Trinkverhalten von Tätern sowie den von Frauen angegebenen Erfahrungen häuslicher Gewalt gebe. Das könne gewisse Aspekte von Gewalt gegen Frauen erklären. Allerdings finden sich am Ende der Skala – mit 19, 20 und 21 Prozent – Länder wie Polen, Österreich und Kroatien, die statistisch gesehen beim Alkoholkonsum weit vorne liegen. Dies könne darauf zurückzuführen sein, dass es in Europa unterschiedliche Grade von Emanzipation gebe. Gewalt gegen Frauen werde „in Gesellschaften mit besserer Gleichstellung eher und offener angesprochen“ als in patriarchalisch geprägten Landstrichen.

Wie die Grundrechte-Agentur erklärte, sind für die Umfrage 42000 Frauen nach dem Zufallsprinzip ausgesucht worden. Sie seien in bis zu zweistündigen persönlichen Interviews sehr spezifisch zu ihren Erfahrungen befragt worden – und hätten ihre Angaben dann auch in anonymisierter Form schriftlich bestätigen oder präzisieren können.

Joanna Goodey sagte, dass sich bei Weitem nicht alle Frauen an die Sicherheitskräfte wendeten. Nur 22 Prozent der Gewaltopfer hätten einen Arzt oder ein Krankenhaus aufgesucht, nur 15 Prozent die Polizei. Der vielleicht beklemmendste Befund freilich war, dass zwölf Prozent der Befragten erklärten, als Kinder Opfer sexueller Gewalt gewesen zu sein. In 97 Prozent dieser Fälle waren die Täter Männer.

Bitte hübsch lächeln für den Sponsor

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Es ist ein Selfie, das so schnell wohl niemand überbieten kann. Ellen DeGeneres, die Moderatorin der Oscar-Verleihung, hat die Schauspiel-Stars zum modischen Selbstporträt via Smartphone auf der Oscar-Bühne um sich herum versammelt. Dabei sind: Meryl Streep, Brad Pitt, Angelina Jolie, Kevin Spacey, Jennifer Lawrence, Lupita Nyong’o, Bradley Cooper und noch ein paar mehr.




Privat nutzt Ellen DeGeneres (vierte von links, unten) dann doch lieber ein Iphone.

DeGeneres strahlt wie man eben strahlt in diesem erlauchten Kreise. DeGeneres twittert das Foto noch auf der Bühne – es wird binnen einer halben Stunde das Bild, das am häufigsten von anderen Twitterern weiterverteilt wurde seit Anbeginn der Twitter-Geschichte. Auch wenn, wie das bei Handy-Fotos eben so ist, alle ein wenig verzerrt und leicht unscharf in die Kamera grinsen. Klingt nach einem unschuldigen Spaß der Moderatorin, war aber wohl nicht ganz so frei von Hintergedanken. Denn das Selfie - das Oxford English Dictionary hat diesen Begriff für die Schnappschuss-Selbstporträts übrigens zum englischen Wort des Jahres 2013 gekürt – musste natürlich mit einem Smartphone aufgenommen werden. Und da endet der Zufall.


Samsung, der koreanische iPhone-Rivale, ist nämlich einer der größten Sponsoren der diesjährigen Oscar-Verleihung. Und DeGeneres hat das Selfie mit einem Samsung Galaxy geknipst – beziehungsweise von Cooper knipsen lassen, dessen Arm länger ist. Samsung hat dem Werbungs-Marktforscher Kantar Media zufolge rund 20 Millionen Dollar für die Anzeigen bei der Oscar-Gala bezahlt, es liefen in den Werbepausen auch allerlei ganz normale Werbespots für die Geräte aus Südkorea. Teil des Werbedeals zwischen Samsung und dem Fernsehsender ABC, der die Preisverleihung ausstrahlte, war aber auch etwas, was man Product Placement nennt. Samsung hat dafür bezahlt, dass die Geräte irgendwann im Laufe der Show ins Bild kommen, ohne dass es für den Zuschauer als Werbung erkennbar ist. Der Hersteller besteht darauf, dass er nicht explizit für DeGeneres‘ Selfie bezahlt hat. Recherchen des Wall Street Journals zufolge hat ABC der Moderatorin aber nahe gelegt, für die Schnappschüsse ein Samsung zu verwenden statt ihr privates iPhone. Samsung-Mitarbeiter mussten ihr erst einmal beibringen, wie man das Galaxy überhaupt verwendet. Hinter der Bühne twitterte und knipste sie dann wieder mit ihrem iPhone. Für Samsung war es ein riesiger Werbeerfolg.

Product Placement hat eine Reihe von Vorteilen aus Unternehmenssicht: Man bekommt die Verteilung in sozialen Medien wie Twitter kostenlos dazu, die Zuschauer können nicht in der Werbepause auf Toilette gehen oder Bier holen und das Produkt wirkt wie ein selbstverständlicher Teil des Lebens statt wie ein Werbegegenstand.

„Eine große Überraschung“ sei das Selfie gewesen, teilte Samsung mit. Zum Dank spendet das Unternehmen drei Millionen Dollar an zwei Stiftungen nach Wahl von DeGeneres.

Der Oscar-Lieferjunge

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Brad Pitt warf immer mehr 20-Dollar-Scheine in den Büffelhut von Pharrell Williams. Kein Wunder, er hatte sich die Pizza auch derart genüsslich in den Mund geschoben, als hätte er drei Tage lang nicht gegessen. „Du hattest zwei Stücke“, sagte Moderatorin Ellen DeGeneres, die nach der kulinarischen Überraschung während der Oscar-Verleihung Trinkgeld für den Lieferjungen sammelte. Produzent Harvey Weinstein gab 200 Dollar, Lupita Nyong‘o hatte kein Bargeld dabei, also spendete sie Lippenbalsam. Insgesamt kamen 600 Dollar zusammen, die DeGeneres auf 1000 Dollar aufrundete. Nur: Der Lieferant war schon wieder weg.




Wenn Hollywoodstars hungern, hilft nur Pizzalieferant Edgar Martirosyan (links, neben Ellen DeGeneres)

Wie sich jetzt herausstellte, ist dieser junge Mann mit der roten Mütze, der da Pizza an Jared Leto, Meryl Streep, Kevin Spacey, Harrison Ford und Julia Roberts verteilte, kein Schauspieler, der für eine witzige Einlage während der ansonsten recht steifen Veranstaltung engagiert wurde. Nein, Edgar Martirosyan arbeitet tatsächlich bei einem Lieferservice auf dem Sunset Strip, ihm gehört die Filiale. „Ich bin gleich zurückgefahren, weil an diesem Abend ziemlich viel los war – ich bin nur deshalb ins Dolby Theatre gefahren, weil die anderen fünf Lieferanten unterwegs waren“, sagt er, „Bestellung aufgenommen, geliefert, das war‘s.“ DeGeneres überreichte ihm das Trinkgeld einen Tag später in ihrer Talkshow, überhaupt wird der 30 Jahre alte Martirosyan nun als Mensch gewordener amerikanischer Traum gefeiert.

Er wurde in Armenien geboren, seine Familie zog nach Moskau um, als er zehn war. Dort durfte er hin und wieder Hollywoodfilme sehen und war begeistert von „Pretty Woman“ und der Hauptdarstellerin Julia Roberts. „Sie war meine Traumfrau“, sagt Martirosyan. Als Teenager kam er in die USA, fand eine Anstellung beim Lieferservice Big Mama‘s and Papa‘s Pizzeria. Er war zunächst einer der Typen, die an einer Straßenecke stehen und Flyer verteilen oder mit einem überdimensionalen Schild darauf hinweisen, dass es da ein paar Meter weiter leckere Pizza gibt. Martirosyan arbeitete sich recht schnell nach oben, wurde Lieferant, dann Koch, später Manager. Seit einigen Jahren ist er Inhaber der Filiale auf dem Sunset Strip. Die Geschäfte laufen durchwachsen, die Konkurrenz ist groß in diesem Viertel.

Am Samstag bekam er dann einen Anruf, dass er während der Verleihung der Academy Awards zehn Pizzen liefern sollte. „Sie haben mir gesagt, dass es für die Autoren wäre“, sagt er. Doch DeGeneres habe ihn nach seiner Ankunft zu den Stars geführt – ohne Anweisungen, wie er sich zu verhalten habe. „Ich war schockiert. Als ich gemerkt habe, dass ich auf der Bühne war, habe ich überhaupt nicht verstanden, was da gerade passiert. Ich habe mir gedacht: Was mache ich hier?“

Etwas länger als zwei Minuten dauerte sein Auftritt, der Werbewert für die Lieferkette (bereits im Guinnessbuch für die größte jemals gelieferte Pizza) dürfte bei mehreren Millionen Dollar liegen – ein 30-Sekunden-Spot während der Show kostete 1,8 Millionen Dollar. Die Webseite besuchten in der Stunde nach Martirosyans Lieferung mehr als 60000 Menschen, das Unternehmen verkündete am Montag, dass die Bestellungen in den mehr als 20 Filialen in Kalifornien fünfmal so hoch waren wie an anderen Tagen – kurzzeitig ging der Teig aus.

Martirosyan geht mit seinem Ruhm locker um: „Ich drehe jetzt nicht durch. Das Extrageschäft ist sehr gut, aber eigentlich war es nur ein gewöhnlicher, wenn auch anstrengender Tag.“ Ziemlich cool für einen, der gerade 1000 Dollar Trinkgeld von Hollywoodstars bekommen und seiner Traumfrau Pizza gebracht hat. Über die sagt er natürlich: „Sie ist in Wirklichkeit noch schöner.“
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