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Professorenbetränknisse

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Worum es geht: 99 Dinge, die man als Student erlebt haben muss.


30. Sich mit dem Professor betrinken.


Bei Massenstudiengängen mit mehreren hundert Studienanfängern pro Wintersemester liegt es nahe, dass dieser Punkt etwas schwierig zu meistern ist. Dennoch habe ich zwei Abwandlungen parat:


a) Abschlussprüfung eines freiwilligen, interdisziplinären Seminars. Das bestand aus ein paar Frontalvorlesungen und einem gemeinsam in einem barocken Kloster verbrachten Wochenende mit Diskussionsrunden und Impulsreferaten. Einer aus dem Studentengrüppchen, an das ich mich gehängt habe, hatte das Seminar bereits zuvor besucht und wusste, dass die Abschlussprüfung bei dem Professor, den er sich ausgewählt hatte, sehr entspannt war, also fragten wir als Kleingruppe eben dort nach einem Termin an. Die Prüfung bestand aus einer gemütlichen Runde in einem Innenhof, in der jeder bei einer Flasche Bier seine Meinung zum Thema „Willensfreiheit“ zu umreißen hatte. „Betrinken“ kann man das vielleicht nicht nennen, aber das war mit zehn Uhr Morgens das frühste Bier, das ich je zu mir genommen habe, und das auf beinahe nüchternen Magen.


b) Im Studiengang eines guten Freundes geht es wesentlich familiärer zu. Da gibt es hin und wieder einen Stammtisch, an dem sich die Altphilologen in einem Lokal treffen. Er nahm mich eines Abends dorthin mit, anwesend waren einige seiner Kurskollegen und zwei Dozenten. Als das Universitätsbräuhaus schließen wollte, wir aber noch motiviert waren, zogen wir weiter, und auf dem Weg unterhielt ich mich ganz gut mit einem der Dozenten, der auch aus Deutschland stammte. In Ermangelung eines Sitzplatzes in der nächsten Kneipe wurde mir das Maß des Alkoholkonsums bewusster, nun ist also viel eher die Rede vom Betrinken. Was auch mit dazu geführt haben mag, dass ich besagten Dozenten zu mir nach Hause einlud. Obwohl er mir auf dem Heimweg befremdlicherweise die Zunge ins Ohr steckte, landeten wir im Bett. Wenig erfolgreich und am nächsten Morgen ziemlich verkatert, aber amüsiert. Ich vermute, das wäre mir bei den Biologen nicht passiert.




Wie lange dauert so eine Phase?

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Ich fühle mich schlecht, wenn ich mich Samstags oder Sonntags nachmittags noch betrunken auf den Heimweg mache, nachdem ich die Frage nach der Handynummer runtergeschluckt oder meine nicht rausgegeben habe. Es ist nämlich viel einfacher einen Kontakt gar nicht erst aufzubauen als ihn dann später abzubrechen.
Wenn ich einen Kontakt zulasse, was ich natürlich schon mehrmals ausprobiert habe und immernoch manchmal mache, wird es mir nach wenigen Wochen zu viel und in mir wächst
eine Ablehnung, je mehr Zuneigung ich von der anderen Seite spüre, was diese Zuneigung teilweise noch verstärkt.
Interessanterweise halte ich es mit Frauen, die ein paar Jahre älter sind als ich länger aus, als mit den Jüngeren oder Gleichaltrigen. Wahrscheinlich fühle ich mich dann weniger schuldig.
Ich fühle mich nämlich recht oft schuldig und denke viel über die Frauen und unsere Gespräche nach. Sollte ich bevor ich mit ihnen nach Hause gehe sagen, dass ich nicht mehr will als Sex?
Weiß ich das überhaupt so sicher? Manchmal vermisse ich auch meine ehemaligen Affären, aber ich denke mich nochmal zu melden wäre egoistisch, weil ich ja im Inneren weiß, dass es nichts längerfristiges wäre.
Wenn ich betrunken bin ist das schwieriger, aber da ich die feste Regel habe mich nie als erstes zu melden, schaffe ich das meistens auch wenn ich betrunken bin. Wenn man sich nämlich bei mir meldet, bin ich nicht der, der Interesse bekundet und ich kann mir nichts vorwerfen:S. Nur wenn die Gefahr groß ist, dass ich alleine schlafen werde, versuche ich das durch ein paar Anrufe abzuwenden.
An den Abenden, an denen ich ziemlich sicher weiß, dass so ein Anruf fruchten würde, fällt es mir interessanter Weise viel leichter jemand neues kennen zu lernen.
Abende, an denen ich nach dem Feiern alleine ins Bett gehe um dann am nächsten morgen fix und fertig alleine aufzuwachen, sind für mich fast unerträglich. Unter der Woche und jetzt in der Klausurphase, in der ich schon 2 Wochen am Stück nicht unterwegs bin, ist das was anderes. Ich habe zwar große Lust mich zu betrinken und zu tanzen, aber das alleine Schlafen macht mir nichts aus, weil ich oft gerne alleine bin und ich stolz auf meine Disziplin bin.
So sehr mich das ganze Rumgevögel manchmal auch belastet. Ich kann nicht aufhören, weil ich die Nähe und wahrscheinlich vor allem die Bestätigung brauche. Meine Freunde bestätigen mich zusätzlich.
Geht das jetzt für immer so weiter oder liegt es daran, dass ich noch nicht auf die Richtige gestoßen bin oder bin ich schon zu verkorkst?
Morgen ist meine vorerst letzte Klausur und in Köln ist Karneval. Ich halte es kaum noch aus.

Mehr Demokratie e.V. als Steigbügelhalter für die Rechten

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Der Verein Mehr Demokratie e.V. setzt sich für mehr Plebiszite in der Bundesrepublik ein. Was auf den ersten Blick wie ein hehres Ziel aussieht, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als Anbiederung an den Mehrheitsgeist.


 


Zum Hintergrund: Demokratie hat nur wenig mit Mehrheiten zu tun. Demokratie hat auch nicht die Aufgabe, die Interessen der Schwachen vor den Starken durchzusetzen. Die Demokratie muss nach moderner Auffassung die Interessen der Mehrheiten durchsetzen unter Berücksichtigung der Interessen der Minderheiten. Der Schutz der Minderheiten ist ausdrücklich das Ziel der Demokratie.


 


Welcher Unsinn uns erwartet, zeigt das relativ junge Instrument der Petitionen. Während Petitionen früher ein Instrument waren, um Interessen von Menschen auf die politische Tagesordnung zu bringen, sind sie mittlerweile ein Spielzeug gelangweilter Großstädter. Sie sind ein Werkzeug der Hetze gegen Einzelpersonen, wie die Petition gegen Markus Lanz zeigt. Wenn man gerade sonst nichts zu tun hat, schreibt man in der Mittagspause eine Petition gegen oder für Irgendwas.


 


Der Widerspruch wird am Beispiel Stuttgart 21 deutlich. Während Rentner und Studenten ein wenig Kiever Atmosphäre schufen, kam bei einer Abstimmung heraus, dass eine Mehrheit der Stuttgarter für und nicht gegen den neuen Bahnhof war. Wenn es nach Mehr Demokratie ginge, hätte man den Protestierenden recht gegeben.


 


Und schauen wir uns an, wogegen sich Bürgerbegehren mehrheitlich richten: Gegen Flüchtlingsheime, gegen Erneuerbare Energien, gegen Nationalparks, gegen Straßen-Neubau und so weiter. Nun kann man häufig mit guten Gründen solche Maßnahmen ablehnen: Aber häufig wollen die gleichen Leute mehr Erneuerbare, ein besseres Handynetz, mehr DSL oder mit ihrem Auto besser durchkommen. Die Rumänin soll ihr Klo putzen und die Kenianerin ihre Oma pflegen. Das da irgendwo ein Widerspruch ist, merken sie offensichtlich nicht.


 


Was mich endgültig gegen Mehr Demokratie eingenommen hat war deren Reaktion auf das Schweizer Votum gegen mehr Zuwanderung.


 


Die Reaktion des Vereins zeigt, dass man sich nicht zu schade ist, als Steigbügelhalter für Nazis, Rechtspopulisten und Quacksalber zu dienen. Mehr Demokratie verwechselt Demokratie mit plumpen Populismus, wer am lautesten schreit und am meisten Anhänger um sich scharen kann, wer oftmals am meisten Geld hat, der bekommt auch recht. Dass dabei die Inklusion von Behinderten, die Frauengleichberechtigung oder die Rechte der Zuwanderer auf der Strecke bleiben, wen kümmerts? Mehr Demokratie auf jeden Fall nicht.

Nur Sex

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Es geht. Es kann funktionieren. Und es ist dabei so herrlich banal und wenig euphorisch, dass man fast meinen könnte, es lohnt sich nicht, aber natürlich tut es das, denn schließlich kriegt man Sex. Es geht. Eine Affäre mit einem Mann, den man attraktiv findet und dabei nicht den Hauch eines Gefühls verspürt, kein zaghaftes Herzklopfen, keine aufkeimendenen Schmetterlinge, kein Verlangen, ihn mit Aufmerksamkeit und Zuneigung zu überschütten und seine Lebensgeschichte zu erfahren.
Es geht. Und es ist so einfach und bedeutungslos. Perfekt für die dunkle Jahreszeit und das verkümmerte Herz, Garant für kurzweiligen Spaß ohne den Lebenskater am Morgen. Weil es uns beiden so egal ist. Weil wir uns beide so egal sind.
Ich schreibe ihm, nicht wortgewandt oder kreativ, nicht einmal besonders freundlich. Er antwortet, ebenso kurz angebunden. Man vereinbart ein Treffen, beinahe schon einen Termin, so kurzfristig und unbedeutend, dass er nicht einmal eine Kalendernotiz wert ist. Dieser Mann, von dem ich weiß, dass er bald nicht nur in meinem Bett sein wird, sieht gut aus, anfangs fand ich ihn himmelschreiend schön, mittlerweile hat er sich fast abgenutzt, aber er bleibt attraktiv, nur ohne diese Begeisterung. Wir treffen uns. Am liebsten in einem dunklen Club und mit viel Alkohol, denn zu sagen habe ich ihm nichts, rein gar nichts, die Unterhaltung erlahmt schnell. Also lieber hämmernde Bässe und körperbetontes Tanzen. Wir beschließen zu gehen. Die Nacht und der Alkohol tragen uns beschwingt nach Hause, unterwegs küssen wir uns, drücken uns an Hauswände, berühren uns hektisch und voller Wollust, können es kaum erwarten, uns zu Hause endlich die Kleider vom Leib zu reißen. Denn etwas anderes können wir nicht und wollen wir nicht.
Der Sex ist gut. In keinster Weise romantisch, bei grellem Licht und ohne Musik, humorlos und direkt, aber gut, schnell, hart. Er weiß mittlerweile, welche Knöpfe er bei mir drücken muss und ich gebe mich hin.
Danach schlafen wir sofort ein, jeder in seine Decke gewickelt, vom anderen abgewandt, keine Berührungen, und erwachen am nächsten Morgen ohne das Gefühl, etwas peinliches oder falsches gemacht zu haben, sondern gänzlich unbeeindruckt. Ich kann es kaum erwarten, dass er geht, was sollten wir auch tun? Er rafft eilig seine Sachen zusammen, gibt mir einen Kuss und geht mit der unausgesprochenen Vereinbarung, dass das nicht das letzte Mal war. Und warum sollte es auch? Es ist gut, es kann genau das, was es soll, es ist nicht mehr und nicht weniger als Sex, es tritt unverkleidet und ehrlich auf. Man fühlt sich danach nicht besser oder schlechter als zuvor, nichts hat sich geändert.


Angefangen hat es anders. Nachdem wir vor zwei Jahren einen betrunkenen One-Night-Stand hatten, an den ich mich nur noch schemenhaft erinnern kann, sind wir uns letztes Jahr zufällig wieder begegnet. Ein Wunder, dass ich ihn erkannt habe. Wir verabredeten uns. Bis zuletzt wusste ich nicht, ob dies nun der Versuch sein sollte, daraus mehr zu machen, oder ob wir am Ende im Bett landen würden. Letzteres geschah und am Anfang verfiel ich in meine übliche postkoitale Verliebtheit, wollte seine Aufmerksamkeit und Anerkennung, Exklusivität. Doch schnell zeigte sich, dass aus uns nie etwas Echtes werden könnte, zu egozentrisch war er mir, zu uninteressant. Die Zeit hat das Gefühl zerstreut und zurückgeblieben ist eine Affäre, so einfach, so gut, so banal, nichts weltbewegendes oder horizonterweiterndes, nur Sex. Nicht mehr und nicht weniger.  

Deine seltsamste Aufzug-Szene?

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Zur Einstimmung bitte erst diesen Song starten:

http://www.youtube.com/watch?v=UJkxFhFRFDA

Ein vermeintlicher Mitarbeiter von Goldman Sachs hat die Welt seit 2011 mit Tweets aus dem Aufzug der Investment Bank unterhalten. Alles Fake hat sich jetzt herausgestellt – der Mann ist nie dort gewesen. Dabei sind die Tweets mit Sprüchen wie: "Oh, ich vergesse immer, dass ich einen BMW am Handgelenk trage!", zugekoksten Bänkern wie denen in The Wolf of Wallstreet durchaus zuzutrauen. Der Rest der Welt versucht eher, die vierzig Sekunden Fahrt ohne Peinlichkeit hinter sich zu bringen. Viele zücken gleich das Handy, die anderen probieren krampfhaft, Augenkontakt zu vermeiden. Die gesamte Situation ist meistens ziemlich beschämend.  

In dieser Stimmung von Anspannung und peinlicher Betroffenheit können sich wunderbar skurrile Szenen entfalten. Von klassischen Fauxpas wie Fürzen bis zu Kuriositäten wie Ohnmachtsanfällen oder Geburten. Egal, ob als Akteur oder bloß als Zeuge, in der Enge des Aufzuges wirkt jedes unangenehme Erlebnis um ein vielfaches intensiver.  

Welche Liftpeinlichkeit ist dir widerfahren? Welche Aufzuganekdote hast du zu bieten? Musst du seit Jahren Treppen gehen, weil du dich im Aufzug nicht mehr blicken lassen kannst? Oder meidest du den Aufzug, weil er traumatische Erinnerungen weckt? Welchen "awkward-moment" hast du schon im Aufzug erlebt?

Der Elefant im Raum

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Als wir uns kennenlernten waren wir 16. Siebeneinhalb Jahre ist das jetzt her. Dass wir Freunde wurden war keine Selbstverständlichkeit, eher ein Produkt des Zufalls. Doch nach und nach entstand eine Verbindung, die zu verstehen wollen ich aufgab, als sie zur Selbstverständlichkeit wurde. Über die wichtigen Dinge zu reden fiel uns dabei von Anfang an schwer. Vieles blieb ungesagt. Vieles das die Weichen vielleicht hätte anders stellen, unsere Leben in andere Bahnen hätte lenken können. Hätte können aber nicht hätte müssen. Zunehmend war unsere Freundschaft vielleicht deshalb bestimmt durch einen zuverlässigen Kreislauf aus Auf und Abs. Es gab Zeiten in dem man sie kaum als solche bezeichnen konnte und Zeiten in denen sie fast in etwas Größeres gekippt wäre. Aber letztendlich blieb sie immer das was sie war.


Doch mit den Jahren die vergingen wuchs die Mauer aus Ungesagtem, die wir zwischen uns errichtet hatten. Wir wussten beide, dass sie existierte. Aber es war schwer sie zu fassen - vor allem in Worte. Sporadisch unternahmen wir einen halbherzigen Versuch sie abzutragen, sie behutsam einzureißen. Gelungen war es uns allerdings nie und mit jedem missglückten Versuch wuchs die Mauer weiter und warf längere Schatten. Häufig hätte ich dir gern von all dem erzählt, was passiert war, was mich verändert hatte, mich zu dem Menschen gemacht hatte, der ich war. Manchmal hätte ich dich gebraucht. Doch du warst nie da und ich habe nie nach dir gefragt. Versuchte ich dagegen für dich da zu sein, ließt du es nicht zu, zogst dich stattdessen zurück.


Doch egal was passierte, wie viel Zeit verging, immer wieder endeten wir an unserem Stammplatz. Redeten ohne zu reden. Schwammen wie Haifische im Kreis um ihre Beute, ohne je anzugreifen. Saßen auf dem Kuhfleckensofa, rührten in Joghurt oder Kaffee und kratzten an der Oberfläche. Gingen jedes Mal nach Hause, ohne darüber hinausgekommen zu sein. Und mit jedem Mal machte es mich trauriger. Mit jedem Mal wuchs der Klumpen in meinem Hals ein bisschen mehr. Bis ich es irgendwann nicht mehr ertrug.

Das Giga-Prinzip

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Elon Musk ist ein schwieriger Typ. Es fängt damit an, dass viele glauben, der Kerl aus Kalifornien werde gnadenlos überschätzt. Andere wiederum finden, dass der 42-Jährige ziemlich lange unterschätzt wurde.



Die Batterien von Tesla sollen für die Masse bezahlbar sein

Was soll man auch von einem Milliardär halten, der schon vor Jahren mit seinem Internet-Bezahldienst Paypal Milliardär wurde, der Menschen mit seinen Raketen zum Mars bringen will, der von einem Röhrenzug träumt, der irgendwann mit 1200 Stundenkilometer San Francisco und Los Angeles verbinden soll – und jetzt auch noch in Autos macht?

Erfolgreiche Autobauer sind Jahrzehnte alt; wenn nicht sogar über 100 Jahre, man denke nur an Daimler, Fiat oder Peugeot. Aber was bitte ist Tesla, diese junge Automarke von Elon Musk?

Als er vor ein paar Jahren anfing, mit seiner Elektroauto-Firma Sportwagen zu bauen, da war es noch ziemlich einfach, ihn zu unterschätzen. Nischenautos, viel zu teuer. Und Musk, nun ja, ein Freak aus dem Silicon Valley. Dann baute Musk einen Elektrosportwagen, den er Model S nannte. Das erinnerte an Model T, jenes Auto, das Ford vor 100 Jahren vom Band ließ. Und all diejenigen, die schon immer meinten, der Freak werde überschätzt, sprachen von Größenwahnsinn.

Dann aber nahmen Ingenieure in Wolfsburg, München und anderswo einen seltsamen Tesla Model S auseinander, und was sie sahen, schockierte sie. Jahrelang hatten sie an Elektroautos für die Stadt gedacht, an kleine Autos mit kleiner Reichweite. Nicht schön, aber praktisch.

Tesla zeigte ihnen, dass es auch anders ging. Ganz anders. Sportlich, schnell, elegant, große Reichweite. Nur ein Trost blieb den traditionellen Herstellern: Der Model S war mit seinem Preis von mindestens 65000 Euro doppelt so teuer wie vergleichbare Benzin-Autos. Und mehr als knapp über 20000 davon hatte Musk im vergangenen Jahr gar nicht verkaufen können.

Genau das aber könnte sich bald ändern: Elon Musk, der Unter- und Überschätzte, will aus Tesla nun mit aller Kraft einen Massenhersteller machen. Die etablierten Autobauer, vor allem jene in Deutschland, die in der Elektromobilität bisher oft nur ein Nischenprogramm sahen, dürfte Musks Strategie nun erheblich unter Druck setzen.

Da Elektroautos bislang vor allem wegen der teuren Batterien preislich kaum mit herkömmlichen Benzinern konkurrieren können, setzt Musk jetzt genau da an: bei den Batterien. Der Hersteller plant eine eigene Batteriefabrik unter dem Namen „Gigafactory“.

„Gigafactory“, das ist natürlich wieder einer dieser typischen Musk-Begriffe. So wie die Raketenfirma „Space X“ oder der Röhrenzug „Hyperloop“. Standorte für die „Gigafactory“ könnten Arizona, Nevada, New Mexico oder Texas sein, heißt es bei Tesla. Schon jetzt also dürfen sich die US-Bundesstaaten in Position bringen – für Tausende von Jobs und geplante Investitionen von bis zu fünf Milliarden Dollar. Das erklärte Ziel der Großoffensive: raus aus der Nische, rein in die Massenproduktion. Bisher hatte man nur geahnt, dass sich Musk nicht mit einer Miniproduktion zufrieden geben würde. Jetzt weiß man, wie er es machen will: mit einer eigenen Batterien-Großfabrik.

Die Kosten für die Akkus sollen um ein Drittel gesenkt werden – am Ende könnten Elektroautos für jedermann stehen. Die ersten Batterien sollen im Jahr 2017 vom Band kommen; und schon 2020, so der Plan, sollen Lithium-Ionen-Batterien für eine halbe Million E-Autos von Tesla produziert werden. Zwei Milliarden Dollar wollen die Amerikaner selbst investieren, Partner sollen weitere zwei bis drei Milliarden Dollar zuschießen. Ein solcher Partner könnte der japanische Elektronikkonzern Panasonic sein, von dem Tesla bereits Batterien bekommt. Allein das schon zeigt: Tesla plant groß. Und andere große Konzerne sind offenbar bereit, den Kaliforniern dabei zu helfen.

Vor ein paar Wochen saß Elon Musk in seiner Sportwagen-Boutique in der Münchner Innenstadt und sprach über etwas, das er den „Heiligen Gral“ nannte. Ein elektrisches Auto mit Batterien, die lange halten, also große Reichweiten ermöglichen. Autos, die erschwinglich sein sollen. Da hatte er gerade eine Leasing-Kooperation mit dem Münchner Autovermieter Sixt eingefädelt und über den Ausbau seiner kostenlosen Schnellladesäulen in Deutschland informiert. Es sind Vorbereitungen, die jemand trifft, wenn er für den Massenmarkt plant.

Eine halbe Million Autos kann Musk in seiner Fabrik in Kalifornien bauen, und eine halbe Million Autos will er in ein paar Jahren auch verkaufen. Pro Jahr. Das werden dann nicht nur Prestige-Boliden wie der Model S sein, sondern auch kleinere, günstigere Sport- und Geländewagen.

„Wir sind Rebellen und bleiben Rebellen“, sagte er neulich im SZ-Interview. Und genau das ist ja das Gefährliche: Rebellen werden oft unterschätzt.

Held in Haft

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Ein seltsamer Protestmarsch zog am Mittwoch durch Culiacán, die Hauptstadt des mexikanischen Bundesstaats Sinaloa. Die Region im Nordwesten des Landes ist die Heimat des mächtigsten Drogenkartells der Welt und seines vormaligen Anführers, bis zu seiner Festnahme König des Kokains: Joaquín Guzmán Loera alias „El Chapo“, der Kleine. Hunderte Demonstranten huldigten dem Bauernsohn und bedeutendsten Häftling Lateinamerikas. „Wir wollen keinen neuen Krieg, lasst den Chapo frei“, stand auf Plakaten. Oder „nein zur Auslieferung.“ Oder „Joaquín Guzmán hat Jobs geschaffen, anders als ihr korrupten Politiker“.



Demonstration für die Freilassung Guzmáns im mexikanischen Culiacan

Ihr Held ist der Gefangene Nummer 3578 des Hochsicherheitsgefängnisses Altiplano bei Mexiko-Stadt. Am Samstag hatte ihn eine Spezialeinheit der mexikanischen Marine nach fast 13 Jahren Flucht in Mazatlán bei Culiacán am Pazifik erwischt, unterstützt von der US-Antidrogenbehörde DEA. Aus einer anderen bunkerartigen Haftanstalt war Guzmán 2001 geflüchtet und dann zum internationalen Großunternehmer aufgestiegen, die Behörden standen Spalier. Erst zuletzt stießen sie offenbar auf ein Tunnelsystem unter seinen Verstecken, observierten Mitstreiter und griffen zu. Irgendwann soll nun der Großprozess gegen den Capo beginnen – aber wo?

Mexiko wäre der logische Platz für ein Verfahren, dort tobt der Krieg um Routen und Märkte vor allem. Mindestens 80000 Menschen kamen in der Schlacht ums Leben, die Lager kämpfen außer um Pulver, Pillen und Kraut auch um Entführung, Erpressung, Piraterie, Prostitution, Geldwäsche. Der meiste Stoff aber wird in die USA sowie nach Europa und Asien geliefert – die Sinaloa-Riege versorgt nordamerikanische Großstädte mit kolumbianischem, peruanischem oder bolivianischem Kokain, mexikanischem Marihuana und Heroin sowie Amphetaminen mit Chemie aus China. Deshalb wollen sich US-Gerichte den Jahrhundertdealer vornehmen.

Sieben US-Staatsanwälte haben Anklage erhoben, unter anderem in New York, Florida, Chicago, Texas und San Diego. Mexikos Justiz jedoch will ihre wichtigste Beute fürs erste nicht dem Norden überlassen.

Der Streit ist ein Klassiker. Pablo Escobar und seine Kumpanen terrorisierten einst Kolumbien, um ihrer Auslieferung zu entgehen. „Lieber ein Grab in Kolumbien als eine Zelle in den USA“, war ihr Motto. Manche wie Escobar schafften es in eine Gruft in Medellín, andere landeten dennoch hinter Gittern in Miami oder Los Angeles. Auch viele mexikanische Drogenhändler wurden in den USA verurteilt, andere wie Miguel Ángel Félix Gallardo alias El Padrino sind Nachbarn des Chapo Guzmán in Mexikos Altiplano. Es geht um die Frage, wie gut eine Gerichtsbarkeit funktioniert, mexikanische Morde zum Beispiel bleiben zu 95 Prozent ungesühnt. Es geht außerdem um Nationalstolz, Staatschef Enrique Peña Nieto und seine Revolutionspartei PRI wollen mit allerlei Reformen das Land aufräumen und das Image polieren. Peña Nieto versicherte, dass die Marine Guzmán geschnappt und die DEA nur mit Informationen geholfen habe.

Auffällig war, wie leicht es plötzlich ging. Binnen weniger Tage durchforsteten Truppen die Sinaloa-Festung Culiacán, fanden Adjutanten Guzmáns und stellten Drogen, Waffen, Autos, Häuser und Informatik sicher. Kommunikationstechnik und Logistik der Kriminellen beeindruckten die Fahnder, andererseits verriet sich der meistgesuchte Mann der Erde durch einen Anruf mit dem Satellitentelefon.

Der Coup ist eine Attraktion. Touristen fotografieren sich in Mazatlán vor dem Aparthotel Miramar, in dessen schlichtem Zimmer Nummer 401 der Gesuchte mit einem einzigen Leibwächter entdeckt wurde. Gewöhnlich bewachte ihn ein Heer. Der Musiker Gonzalo Peña widmete ihm bereits ein neues Lied, „La captura de El Chapo“ (Die Festnahme von El Chapo), diese gesungenen Elogen auf die Branche heißen Narco-Corridos. Die Mafia wird gefürchtet und verehrt. In Culiacán schufen sie sich sogar ihren eigenen Heiligen und baut sich monumentale Gräber.

Wie geht es mit dem global operierenden Familienclan weiter? Experten vermuten, dass das Sinaloa-Syndikat in mehr als 50 Staaten aktiv ist und jährlich drei Milliarden Dollar umsetzt, damit lässt sich fast alles kaufen. Guzmán reiste nach Belieben, gerne in Privatflugzeugen. „Er war Unternehmer, er wollte sein Imperium ausweiten“, sagt ein Agent. Kokain wird zum Beispiel in Peru bestellt und wenig später in Manhattan verteilt, das verlangt enorme Organisation. Guzmán könnte jeden Multi leiten, glaubt ein Spezialist. Der Analyst Edgar Buscaglia fordert seit Langem, dass endlich die verzweigten Finanzströme der Szene in Angriff genommen werden.

Rivalen wie die Zetas wittern neue Chancen, das Gefecht könnte sich verschärfen. Sinaloa muss sich möglicherweise ordnen, wobei das Kommando wohl Guzmáns Kollegen Ismael „El Mayo“ Zambada und Juan José Esparragoza alias „El Azul“ erben. Zambada, den die Marine nun auch verfolgen dürfte, empfing 2010 unbehelligt den Gründer des Politmagazins Proceso. „Der Drogenhandel bewegt Millionen“, dozierte Zambada. „Wie willst du das beherrschen? Wenn Capos eingesperrt, getötet oder ausgeliefert werden, dann sind ihre Nachfolger schon bereit.“ Peter Burghardt

Cool sein zwischen Kühlregalen

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Auf Lichtschwerter haben sie verzichtet, auch auf Phaser-Pistolen und Photonen-Torpedos. Man will ja realistisch bleiben. Also schwebt der Astronaut korrekt gekleidet im Raumanzug herum, auf dem Kopf trägt er ordnungsgemäß einen Schutzhelm. Es geht schließlich um das echte Leben, um das ziemlich irdische sogar. Denn Ort der Astronauten-Szene ist keine Weltraumstation, sondern die Kühlabteilung eines Supermarkts – zwischen Buttermilch und halbfestem Schnittkäse. Der Astronaut ist keine Werbefigur der Nasa, sondern Teil einer Kampagne, mit der der Discounter Penny um Azubis wirbt und im Untertitel „überirdisch spannende Herausforderungen“ verspricht. „Wenn ich die Penny-Werbung sehe, dann fühle ich mich verarscht“, sagt Amdi.

Amdi geht in die neunte Klasse einer Münchner Realschule. Er sitzt in der ersten Reihe, auf der Nase trägt er eine Nerdbrille von Armani, auf dem Kopf eine Tolle, an den Seiten sind die Haare kurz rasiert. Er gehört zur Zielgruppe Dutzender Azubi-Kampagnen, die mit teils irrwitziger Übertreibung um Nachwuchs in Handel, Handwerk und Industrie werben. Neben der Astronauten-Kampagne von Penny wirbt zum Beispiel die Sparkasse mit einem jungen Hipster-Model, das Pornobrille trägt, sich das Hemd aufreißt und das Sparkassen-„S“ auf seiner Brust präsentiert. Dass es sich um eine Anspielung auf das Superman-„S“ handelt, verrät spätestens der dazugehörige Slogan: „Zeit für Helden! Werd Super-Azubi! Bewirb Dich jetzt bei der Sparkasse!“ Von wegen Lehrjahre sind keine Herrenjahre – es sind Heldenjahre!



Zwei angehende Metallbauer beim Schweißen. Lehrlinge in diesem Gewerbe können wie Superman Metall verbiegen - Azubis in Banken und Supermärkten nicht.

Die Übertreibung der Firmen hat einen Grund: blanke Not. Sie ist der verzweifelte Versuch, den Azubi-Mangel in den Griff zu bekommen. Nach dem Prinzip: Um sich interessant zu machen, ist jedes Mittel recht, auch Maßlosigkeit. Denn der Ausbildungsmarkt ist im Umbruch. In seiner aktuellen Studie schlägt das Bundesinstitut für Berufsbildung Alarm. Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge habe zuletzt einen historischen Tiefstand erreicht, den niedrigsten Wert seit der Wiedervereinigung. Die Jahrgänge schrumpfen, immer mehr Jugendliche beginnen nach der Schule lieber ein Studium statt einer dualen Ausbildung. Die Folge: Relativ viele Betriebe kämpfen um relativ wenig Lehrlingsanwärter mit Realschulabschluss oder Abitur. Wer die höher qualifizierten Jugendlichen für sich gewinnen will, muss sich was einfallen lassen – auch in der Werbung.

„Ich habe Verständnis dafür, dass Werbung plakativ sein muss. Aber es darf nicht in eine Einfangkampagne ausarten“, sagt Gertraud Wurm. Seit fast vier Jahrzehnten ist sie Berufsberaterin bei der Agentur für Arbeit in München. In ihrem hellen Büro sitzt sie Tag für Tag mit Jugendlichen an einem runden Tisch, spricht mit ihnen über ihre Träume. Und über die Realität, die in den Kampagnen vieler Betriebe gar nicht mehr vorkommt: „Man darf die Jugendlichen nicht nur ködern“, sagt Wurm, „im zweiten Schritt muss man mit ihnen offen und ehrlich über den Beruf sprechen, den man ihnen anbietet.“

Für die Altenpflege dürfte das ganz besonders gelten. „Natürlich gibt es die Gefahr des Ausbrennens, der Pflegeberuf ist psychisch und physisch belastend“, sagt Wolfgang Schindele, Landesgeschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Bayern. Trotzdem hat er eine Kampagne auf den Weg gebracht, die den Blick ausschließlich auf die schönen Seiten des Berufs richtet: auf die Zuneigung und Wertschätzung, die viele Pfleger von Heimbewohnern bekommen. Die Werbeplakate sind im Stil von Filmplakaten gehalten. Zu sehen sind die Gesichter echter Pflege-Azubis, über ihren Namen steht der Slogan: „Spiel die Hauptrolle im Leben älterer Menschen.“ Dass die Kampagne einseitig ist oder irreführend, findet Wolfgang Schindele nicht: „Plakate und Spots locken nur. Sie haben nicht die Funktion, bis in die Tiefe zu informieren, sondern sollen einen Anreiz für einen jungen Menschen bieten, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der Beruf etwas für ihn wäre.“

Natürlich hat Schindele recht. Werbung muss zuspitzen, die Übertreibung ist ihre Natur und nicht per se verwerflich. Und man täte den Jugendlichen Unrecht, würde man sie für so naiv halten, dass sie alles aufs Wort glauben, was die Werbung so verspricht. Und trotzdem: Es stellt sich die Frage, was all die Filmstars, Rockstars und Superhelden in den Azubi-Kampagnen mit der Lebenswirklichkeit der jungen Menschen zu tun haben. Sie vermitteln den Eindruck, dass alle Jugendlichen von Beruf Superstars werden oder sich wenigstens so fühlen wollen. Ist das wirklich so?

Um zu prüfen, ob Superhelden-Kampagnen wirklich ankommen, kann man Wolfgang Schindele fragen. Der AWO-Chef sagt einem dann, dass sich die Azubi-Zahlen der AWO seit Kampagnenstart verdoppelt haben. Man kann aber auch Armani-Brillenträger Amdi und seine 27 Klassenkameraden fragen – zum Beispiel zur Werbung des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH). Auf dessen Werbeplakat ist der Hinterkopf einer Blondine zu sehen, die beim Friseur sitzt. Zwei Hände stecken ihr langes Haar hoch. Überschrift: „Ich schneide keine Haare. Ich rette dein nächstes Date.“ Kürzlich lobte Kanzlerin Angela Merkel den ZDH für diese Kampagne. Aber wird Handwerk automatisch cool, nur weil Werber ihm einen Glamour-Anstrich verpassen?

„Man ist kein Held, wenn man Friseur ist“, sagt Katja, der offenbar so kalt ist, dass sie selbst im Klassenzimmer ihren Pelzkragenanorak trägt. Wenn die Unternehmen schon versuchten cool und witzig zu sein, sagt die Realschülerin, „dann würde ich mir wünschen, dass das noch mehr in die Ironie geht. Dann würde man wenigstens merken, dass es den Firmen in erster Linie darum geht, Aufmerksamkeit zu erwecken.“ Besser gefalle ihr da schon die Azubi-Kampagne der Supermarktkette Rewe. Die ist zwar ironiefrei, „aber da kriegt man einen echten Einblick“, sagt Katja. Der Rewe-Werbespot zeigt Azubi Daniel beim Zerlegen, Wursten und Abwiegen, nebenbei erzählt er in breitem Hessisch von seiner Metzgerlehre: „Man muss Kalkulation können, die Anatomie vom Schwein, Rind, Schaf, Kalb, das muss man alles können.“ Und wenn Daniel das Fleisch dann in die Kühltheke packt, schwebt kein Astronaut vorbei. „Das ist seriös“, sagt Amdi, „da fühle ich mich schon ernster genommen.“

Ist das die neue Ernsthaftigkeit, die Jugendstudien der nachwachsenden Generation seit Jahren attestieren? Familie, Gesundheit und Sicherheit seien ihr Wertegerüst, heißt es in der Shell-Studie und auch in der von McDonald’s. Erst darunter rangierten Spaß, Selbstverwirklichung und ein individueller Lebensstil. Den Wunsch, bei der Arbeit im Rampenlicht zu stehen, hegen laut der McDonald’s-Ausbildungsstudie lediglich vier Prozent der befragten Jugendlichen. Vielleicht liegen die Werber ja daneben mit dem Glauben, dass Jugendliche als Berufshelden im Mittelpunkt stehen wollen. Vor zwei Jahren hat McDonald’s ein Video online gestellt, in dem hübsche junge Menschen in der Uniform der Fastfood-Kette zu wummernder Euro-Trash-Musik durch eine Filiale tanzten. Sie sangen: „Die Zukunft wartet nicht, mach den Schritt ins Rampenlicht!“ Junge YouTube-Nutzer antworteten mit Entgeisterung und Häme.

Zwei Jahre und eine Allensbach-Studie später sieht das Ausbildungsportal von McDonald’s grundsolide aus. Man klickt sich durch die verschiedenen Ausbildungswege, dazu gibt es Videos, in denen echte Azubis von ihrem Alltag und von Aufstiegschancen berichten. Niemand tanzt.

Wasser im Helm

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Um ein Haar wäre der europäische Astronaut Luca Parmitano vergangenes Jahr ums Leben gekommen, als sich sein Raumanzug langsam mit Wasser füllte. Doch die Beinahe-Katastrophe hätte vermieden werden können – wenn Ingenieure frühere Warnzeichen nicht ignoriert hätten. Zu diesem Schluss kommt ein Untersuchungsbericht, den die US-Raumfahrtbehörde Nasa am Mittwoch veröffentlicht hat.



Luca Parmitano bei einem Gesundheitstest. Verganenes Jahr wäre er fast ums Leben gekommen, da sich sein Raumanzug mit Wasser füllte.

Demnach hatte sich Parmitano bereits 44 Minuten lang außerhalb der Internationalen Raumstation ISS aufgehalten, als er Flüssigkeit an seinem Hinterkopf bemerkte. Die Bodencrew ging von einer Fehlfunktion des Trinkbeutels aus – ein vermeintlich altbekanntes Problem, das nie schlimmere Folgen gehabt hatte. Parmitano machte unbeeindruckt weiter. Als sich jedoch immer mehr Flüssigkeit im Helm ansammelte, entschloss sich die Bodenkontrolle, den Ausstieg abzubrechen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich das Wasser, das in der Schwerelosigkeit in großen Blasen im Raumanzug herum wabert, bereits über Parmitanos Nase, Mund, Ohren und Augen gelegt. Der Italiener bekam Probleme beim Atmen, er konnte sich nur noch blind zur Luftschleuse zurück hangeln, seine Funkverbindung hatte Aussetzer. Im Innern der Station mussten die anderen Astronauten Parmitano schnellstmöglich aus seinem defekten Anzug befreien. Videobilder der Nasa zeigten einen sichtlich mitgenommenen Astronauten.

„Von allen Problemen, die bislang bei Außeneinsätzen aufgetreten sind, war das wohl das gravierendste“, sagt Christopher Hansen, ISS-Technikchef bei der Nasa und Leiter des Untersuchungsausschusses. „Mir sind zumindest keine anderen Zwischenfälle bekannt, von denen eine ähnlich große Gefahr ausging.“ Gemeinsam mit vier Kollegen hat Hansen am Mittwoch die vorläufigen Ergebnisse seiner Nachforschungen vorgestellt. Der 222 Seiten umfassende Bericht stellt der Nasa kein gutes Zeugnis aus.

Verstopfte Löcher im Pumpensystem des wassergekühlten Raumanzugs führten demnach dazu, dass die Flüssigkeit nicht abfließen konnte. Sie staute sich, geriet ins Lüftungssystem und entwich ins Innere des Anzugs; am Ende von Parmitanos Ausstieg hatten sich 1,5 Liter Wasser im Helm angesammelt. Hansen räumt ein, dass das Problem unerwartet und schwer zu erkennen war. Selbst der Untersuchungsausschuss brauchte Wochen, um die Ursache des Austritts zu ermitteln.

Unverzeihlich ist in den Augen des Chefermittlers allerdings, dass das gleiche Problem bereits eine Woche zuvor bei einem früheren Einsatz Parmitanos aufgetreten und weitgehend ignoriert worden war. Schon damals klagte der Astronaut über Wasser im Anzug, und schon da hatte es die Bodencrew auf Probleme mit dem Trinkbeutel geschoben: Kleine Mengen Flüssigkeit wurden schlichtweg als normal angesehen. Eine offizielle Fehlersuche blieb aus. Diese hätte nur dazu geführt, dass die reguläre Experimentiertätigkeit auf der Raumstation liegen geblieben wäre; außerdem hätte sie der Bodencrew viel bürokratische Arbeit beschert.

„Es ist einerseits verständlich, dass der Trinkbeutel von den Teams als wahrscheinlichste Fehlerquelle betrachtet worden ist“, sagt William Gerstenmaier, Nasa-Direktor für die bemannte Raumfahrt. „Doch gerade bei uns vertrauten Systemen müssen wir stets tiefer und tiefer nach möglichen Fehlern graben.“ Sein Chef, Nasa-Administrator Charles Bolden, wird noch deutlicher: In einem Brief an die Mitarbeiter beklagt er die fehlende Sicherheitskultur, die zu dem Vorfall beigetragen hat. „In unserem Überschwang, die Arbeit zu erledigen, haben wir kleinere Unregelmäßigkeiten offensichtlich akzeptiert“, schreibt er. „Wir haben aber die Verpflichtung, ungewöhnliche Situationen niemals abzuhaken, bevor wir sie nicht vollständig verstanden haben und künftig verhindern können.” Genau dieses Verhalten hatte in der Geschichte der Nasa bereits mehrmals zu Katastrophen geführt – zuletzt vor elf Jahren, als Probleme mit dem Hitzeschutz des Shuttles ignoriert wurden und zum Absturz der Raumfähre Columbia führten.

Auch die eigentliche Ursache von Parmitanos Problem ist nicht abschließend geklärt. Noch immer kann die US-Raumfahrtbehörde nicht sagen, woher das Aluminiumsilikat kam, das die Löcher im Anzug verstopft hat. Spätestens im Juli, wenn der nächste Ausstieg ansteht, wollen die Nasa-Ingenieure diese Frage allerdings geklärt haben. Dann wird höchstwahrscheinlich auch der deutsche Astronaut Alexander Gerst an Bord der ISS sein, der aktuell bereits für seinen ersten Außeneinsatz trainiert.

Reden ja, Abkommen nein

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Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und sein amerikanischer Kollege John Kerry haben sich nach einem gut einstündigen Treffen in Washington bemüht gezeigt, die Spannungen wegen der massenhaften Ausspähung auch deutscher Regierungsstellen durch den US-Geheimdienst NSA zu lindern. Kerry betonte, sein Land habe großes Interesse daran, das bilaterale Verhältnis zwischen Deutschland und den USA nach den Aufregungen der letzten Monate wieder zu verbessern. Beide Länder seien enge Freunde und kooperierten auf vielen wichtigen Feldern. Entsprechend wichtig sei es ihm, über die Spannungen der letzten Zeit hinwegzukommen. Gerade deshalb schätze er ,,die seriösen und ernsthaften Diskussionen über die richtige Balance zwischen der Sicherheit und der Privatheit unserer Bürger‘‘, sagte Kerry.



Keine Einigung übers Lauschen - Steinmeier und Kerry in Washington

Damit griff der amerikanische Außenminister eine Idee Steinmeiers auf. Der deutsche Chefdiplomat war nach Washington gekommen, um einen ,,Cyber-Dialog‘‘ zwischen beiden Ländern ins Leben zu rufen. Steinmeier zeigte sich zufrieden, dass die amerikanische Seite darauf eingehen möchte. Er sagte: ,,Wir sind gemeinsam der Meinung, dass wir das so nicht stehen lassen können.‘‘ Deshalb sei er sehr froh, dass Amerikaner und Deutsche die Debatte über das richtige Maß an Sicherheit und den richtigen Schutz der Privatheit im Rahmen des geplanten ,,Cyber-Dialogs‘‘ nun führen würden. Daran sollten nicht nur die Regierungen, sondern auch die Wirtschaft und die Zivilgesellschaft beteiligt werden.

Mit dem angestrebten Dialog ist allerdings auch das Eingeständnis verbunden, dass es das in den letzten Wochen stets diskutierte No-Spy-Abkommen zwischen beiden Staaten wohl kaum mehr geben wird. Einst vom damaligen Kanzleramtsminister Ronald Pofalla ins Gespräch gebracht, wird es auch in der jetzigen deutschen Regierung kaum mehr für möglich gehalten. Steinmeier räumte in Washington ein, dass er ohnehin nicht mit der Erwartung gekommen sei, dass Kerry ihm ein unterschriebenes Abkommen in die Hosentasche stecken werde. Damit scheint klar, dass weder die amerikanische noch die deutsche Administration mit einer solchen Zusage der US-Seite rechnet.

Verstärkt wurde dieser Eindruck durch Äußerungen Kerrys, in denen er zwar sein Bedauern über die Spannungen zum Aus-druck brachte, aber zugleich erneut darauf abhob, dass die Gefahr des internationalen Terrorismus nicht kleiner geworden sei. Kerry sagte, auch er habe ein Interesse da-ran, die Privatheit der Bürger zu schützen. ,,Aber ich bin mir auch sehr bewusst, dass wir in einer sehr gefährlichen Welt leben.‘‘ Deshalb hätten alle Menschen ein großes Interesse daran zu wissen, was die Terroristen denken und tun würden.

Damit machte Kerry noch einmal klar, dass die US-Regierung an der grundsätzlichen Praxis der amerikanischen Geheimdienste nicht rütteln möchte. Auf die Tatsache, dass auch hohe deutsche Regierungsstellen abgehört wurden und werden, ging Kerry nicht ein. Dem US-Außenminister dürfte nicht verborgen geblieben sein, dass insbesondere deutsche Sicherheitsbehörden zuletzt nicht müde geworden sind zu betonen, wie wichtig die Zusammenarbeit mit den amerikanischen Diensten bleibe, trotz aller Verwunderung über die amerikanischen Abhörmaßnahmen.

Passend dazu berichtete nun die Tageszeitung Guardian auch noch dass der britische Geheimdienst GCHQ die Privatsphäre von Millionen Nutzern verletzt haben könnte. Ein Programm mit dem Code-Namen „Optic Nerve“ habe von 2008 bis 2010 Millionen Standbilder aus den Webcam-Chats des Internet-Konzerns Yahoo gespeichert. Der Geheimdienst habe versucht, die Personen auf den abgefangenen Bildern durch eine automatische Gesichtserkennung zu identifizieren und neue „Ziele“ auszumachen.

An diesem Freitag wird Steinmeier in Washington mit der Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, und mit Barack Obamas Sicherheitsberaterin Susan Rice zusammentreffen. Außerdem will der Minister am renommierten Forschungsinstitut Brookings eine Rede zur Zukunft des transatlantischen Bündnisses halten.

Endlich in Freiheit

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Thomas Ebeling, 55, kommt schnell ins Schwärmen, wenn er von Internetgründern spricht. In Berlin gebe es eine sehr kreative Szene, aber die Musik spiele nach wie vor in den USA, sagt der Chef des Münchner Fernsehunternehmens Pro Sieben Sat 1 Media. Er und der zuständige Digital-Vorstand Christian Wegner, 39, halten Aussicht nach hoffnungsvollen Firmen. Nun will sich Pro Sieben Sat 1 an Digitalunternehmen beteiligen, die auch im Ausland stark sind, sagt Ebeling. Der Internetumsatz, vor allem mit der Online-Videothek Maxdome, Internetspielen, Reiseportale, Musikaktivitäten und Beteiligungen, lag im vergangenen Jahr bei 480 Millionen Euro, der operative Gewinn bei immerhin 105Millionen Euro. „Wir sind auf gutem Weg“, sagt Wegner.



Computerspiele rund um die Uhr? Die Pro-Sieben-Sendung Galileo machte dazu einen Test. Gleichzeitig verdient der Konzern gut mit Videospielen.

„Wir wollen international wachsen, aber nicht mit Fernsehsendern“, betont der Vorstandschef, der bis 2009 in der Pharmaindustrie gearbeitet hat. Das klassische Fernsehgeschäft, zum Konzern gehören unter anderem Sat 1, Pro Sieben, Kabel1 und eine Reihe von Nischensendern, wächst schon seit Jahren nur noch in homöopathischen Dosen. Deshalb setzt Ebeling nun auf das Internet, was ihn auch unabhängiger von schwankenden Werbeerlösen macht. An diesem Donnerstag präsentierte er nicht nur die Bilanz für 2013, sondern verkündete auch drei Übernahmen. So kauft die Gruppe für einen nicht genannten Betrag die europäische Tochter des US-Unternehmens Aeria Games, das auf Online-Spiele für Computer und Mobilfunkgeräte spezialisiert ist. Damit werde die Zahl der Kunden, also der Spieler, von 27 auf 77 Millionen erhöht. Die gesamten Spieleaktivitäten würden nun in Berlin gebündelt. Alleine Aeria hat in der Hauptstadt 190 Mitarbeiter.

Zudem übernimmt Pro Sieben Sat 1 die Mehrheit am Onlinehändler Shopkick im Silicon Valley sowie an der amerikanischen Produktionsfirma Half Yard, die unter anderem erfolgreiche Hochzeitshows, auch für Onlineanbieter, produziert. Pro Sieben Sat 1 teilte zudem mit, dass die Internetvideothek Maxdome von April an auch über das Angebot der Deutschen Telekom zu empfangen ist. T-Entertain hat derzeit zwei Millionen Kunden.

„Wir sind nun ein wirklich unabhängiges Medienunternehmen“, freut sich Ebeling. Die beiden Finanzinvestoren Permira und KKR hatten in den vergangenen Monaten alle Aktien über die Börse verkauft und sich damit endgültig aus dem Unternehmen verabschiedet, das sie Anfang 2007 vom amerikanischen Investor Haim Saban übernommen hatten. Dieser war 2003 nach der Pleite der Kirch-Gruppe eingestiegen. Die Pro-Sieben-Sat 1-Aktien sind nun erstmals seit dem Börsengang im Jahr 1997 breit gestreut. Inzwischen seien eine ganze Reihe von institutionellen, langfristig orientierten Investoren eingestiegen, sagt Finanzvorstand Axel Salzmann. Blackrock und Capital halten jeweils etwas mehr als zehn Prozent. Andere Medienunternehmen oder Familieninvestoren seien nicht engagiert. Nun soll bis Mai der Aufsichtsrat neu besetzt werden. „Wir brauchen digitales Know-how und Leute, die im amerikanischen Markt gut vernetzt sind“, sagt Ebeling.

Pro Sieben Sat 1 hofft auf einen baldigen Aufstieg in den Deutschen Aktienindex, in dem die dreißig größten Börsenunternehmen notiert sind. Im Herbst entscheidet die Deutsche Börse das nächste Mal über eine Neubesetzung. Derzeit ist kein Medienunternehmen im Dax vertreten. Pro Sieben Sat 1 ist derzeit rund 7,5 Milliarden Euro wert, deutlich mehr als die Dax-Mitglieder Lanxess oder K + S und nur gut eine Milliarde Euro weniger als Lufthansa. Um die Aktie weiter attraktiv zu machen, sollen für 2013 je Aktie 1,47 Euro ausgeschüttet werden – insgesamt immerhin 82,5 Prozent des Gewinns.

Für 2013 meldete Ebeling ein weiteres Rekordjahr, der Umsatz stieg nach bereinigten Zahlen um zehn Prozent auf 2,6 Milliarden Euro. Allerdings hatte sich das Unternehmen im vergangenen Jahr von den Fernsehaktivitäten in mehreren europäischen Ländern getrennt. Der Erlös wurde ausgeschüttet und zur Tilgung der hohen Schulden verwendet. Diese liegen nun knapp 1,5 Milliarden Euro, die Eigenkapitalquote erreicht aber nur noch 16,4 Prozent. Das operative Ergebnis stieg um sechs Prozent auf 790 Millionen Euro, unter dem Strich stand ein Gewinnplus von elf Prozent auf 360 Millionen Euro.

Tagesblog - 28. Februar 2014

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17:35 Uhr So, jetzt hab ich noch eben die Mädchenantwort auf die Jungsfrage in die Tasten gehauen. Die gibts aber erst morgen Früh hier zu lesen. Einen kleinen thematischen Vorgeschmack liefert schon mal dieses Video.

http://www.youtube.com/watch?v=qMTQd4Z7tbE

Tschüss, ich gehe jetzt nach Hause. Nachher gibt es an dieser Stelle den Wochenrückblick zu lesen.

17:17 Uhr
Woah! Meinte Opa Gottfried mit "dickfällig" womöglich "dickfellig"? Ich vermute es. Wird sofort korrigiert. Ich finde es aber auch ein wenig schade. Denn "dickfällig", das ist doch ein tolles Wort für so eine etwas sturköpfigere, selbstgefälligere Variante von "schwerfällig" oder "schwer von Begriff". Muss ich gleich als Wunschwort beim Duden einreichen, wenn sowas geht.

++++

16:22 Uhr
Puh, kamen hier grad geile Schuhe vorbei! Ich phosphoresziere immer noch, inwändig.





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15:44 Uhr
Jan wäre heute auch gern Tagesboss.





++++

15:04 Uhr
Zeit, mal wieder von den Alten zu lernen. Charlotte hat ihr monatliches Telefonat mit Opa Gottfried geführt, der diesmal ein bisschen rumgrantelt und dann doch wieder ganz orgelsanft und enkelmilde wird. Lieblingsformulierung: "...derartige Dickfälligkeiten ärgern und deprimieren mich." Dickfälligkeiten! Wunderbar! Seine Haltung zu Pornokram mag ich auch und die zu Sport und Musik eh. Wer braucht schon Sotschi, wenn er Sprache und Musik hat? Schon ein kluger Mann, dieser Opa.





++++

14:14 Uhr
Wie ich ja schon in meinem letzten Tagesblog erwähnt habe, ist man als Tagesboss eine Hochgeschwindigkeitsmultitaskingkrake und muss ganz viele Sachen zur gleichen Zeit machen. Das können sich einige Leute zwar nicht vorstellen, zum Beispiel meine kleine Schwester (Original-Nachricht auf WhatsApp: „Ich hab deinen Tagesablauf gelesen, das hat sich so angehört als würdest du in die Luft guckend da sitzen und auf eine Beschäftigung warten Hahaha“) ist aber so.

Zum Beweis sind hier alle offenen Tabs, die ich eigentlich lesen will, aber nicht dazu komme:

- Was mit Literatur
- Was mit Liebe
- Was mit Abschied und Aushaltenmüssen
- Was mit dem Ursprung der Zeit und Atomuhren
- Was mit Miley Cyrus


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12:41 Uhr
Denkst du auch manchmal: Alter, Twitterrr, Faccceebook, social hier, social da, wie soll ich denn bei all dem Gelaber und Getratsche noch merken, wer betraubar ist? Ein paar Typen aus London haben jetzt etwas entwickelt, das helfen soll, all die Lügen und Gerüchte in sozialen Netzwerken zu entlarven. Und Christian Helten hat's aufgeschrieben.

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12:15 Uhr
An alle, die glauben, der Journalismus sei tot wegen Internet: Hier ist der Gegenbeweis. Die brilliante ZEIT-Reporterin Carolin Emcke hat in der Flüchtlings-Erstaufnahme-Einrichtung Eisenhüttenstadt ein halbes Jahr lang beobachtet, wie in Deutschland mit Flüchtlingen umgegangen wird.

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11:57 Uhr
Ich würde es ja lieber verschweigen und so tun, als sei alles in bester Ordnung, aber leider ist es sowieso nicht zu übersehen: jetzt.de leidet in technischer Hinsicht an so etwas wie einer verschleppten Wintergrippe. Und heute ist es mal wieder besonders schlimm. Bitte verzeiht uns! Zur Aufmunterung gibt es Cannabis-Krapfen in der Cafeteria. Achso, natürlich nur für uns, beziehungsweise die Besatzung diese Hauses. Aber in Gedanken dürft ihr natürlich mitessen. So viel ihr wollt.





(Die Cafeteria-Frau so: "Oh, was ist denn das, mmmh, Cannabis, her zu mirr!". Ich LIEBE unsere Cafeteria-Professionals. Und entsinne mich da eines schönen Interviews, wo war es noch gleich, ah, hier!)

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11:29 Uhr
Eat this: Weil ich heute Tagesboss bin, hab ich den Bossmove-Ring an und die Finger auf meinen Initialen.





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09:35 Uhr
Kurz noch mal ein bisschen zurücklehnen, Freunde. Wer wird denn gleich so einen Stress machen?

http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=UJkxFhFRFDA

Unser Ticker ist heute übrigens eine versteckte Hommage an unseren langjährigen und hochverehrten jetzt-User TomJones.

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09:27 Uhr
Entschuldigen Sie bitte die Verspätung, ich musste erst ein bisschen aufräumen, bevor ich meinen Computer hochfahren konnte.


Ein Lügendetektor für Twitter

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August 2011, es brennt in England. In London gehen Jugendliche auf die Straße, es kommt zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, in den folgenden Tagen eskaliert die Situation: Brandanschläge, Plünderungen, Chaos. Es machen unglaubliche Nachrichten die Runde, vor allem über Twitter verbreiten sie sich rasant: Jugendliche sind in eine McDonalds-Filiale eingebrochen und braten sich Burger. Randalierer haben Gatter im Zoo von London geöffnet und Raubtiere freigelassen. Chaoten greifen eine Kinderklinik in Birmingham an.  





Soziale Netzwerke sind längst zu einer wichtigen Nachrichtenquelle geworden. Viele, vor allem junge Menschen, konsumieren Nachrichten fast ausschließlich über diese Kanäle, und auch für Journalisten sind sie längst nicht mehr wegzudenken. Ob bei Demonstrationen, Großereignissen oder Katastrophen – soziale Netzwerke geben schnellen und unmittelbaren Einblick in das Geschehen. Nur: Es ist halt nicht immer die Wahrheit, was auf Twitter oder Facebook verbreitet wird, und es gibt keine Garantie, dass dort nicht schamlos gelogen, geschönt oder dramatisiert wird. Siehe London: Keines der drei Gerüchte stimmte.  

Ein internationales Team von Wissenschaftlern hat jetzt den Auftrag, das zu ändern: Ihr Projekt „Pheme“ ist gerade gestartet, es soll eine Art Lügendetektor für Twitter sein und durch komplexe Big-Data-Analysen Nutzer in die Lage versetzen, den Wahrheitsgehalt von Tweets zu bestimmen. So soll es möglich werden, Falschmeldungen wie die aus London schneller aufzudecken. Das Forschungsvorhaben ist auf drei Jahre angelegt, wird von der EU gefördert und hat ein Gesamtvolumen von 4,3 Millionen Euro. Das klingt nach sehr viel Geld, dafür, dass man ein paar falschen Gerüchten auf die Spur kommen möchte.

Thierry Declerck arbeitet als Sprachtechnologe an der Universität des Saarlandes an Pheme mit, und ihm fällt sofort ein Beispiel ein, das zeigt, warum das Geld gut angelegt ist. „Während des Sturms Sandy an der US-Ostküste hat ein Mitarbeiter der New Yorker Börse die Meldung herausgegeben, dass das Gebäude der Börse unter Wasser stehe. Wenn so etwas nicht sofort korrigiert wird, kann das eine Panik auslösen“, sagt Declerck. Auch für die Verifizierung von Nachrichten aus Krisengebieten wie Syrien wäre Pheme hilfreich. Dort stehen sich feindliche Parteien gegenüber, die ein Interesse haben, ihre eigene Botschaft in die Welt zu twittern, und dabei die Wahrheit verzerren. Eventuell übertreiben sie sogar, ohne es zu wollen, weil sie emotional so tief im Thema drinstecken, dass objektive Aussagen nicht möglich sind.  

Das ist eine der Stellen, an der Declerck und seine Kollegen ansetzen wollen. Pheme soll Tweets zunächst zu Themenclustern zusammenfassen und dann auswerten. Dabei kommt die Computerlinguistik ins Spiel, Declercks Spezialgebiet: „Wir können dann automatisch nach Schlüsselwörtern und Satzbau-Patterns suchen und diese deuten.“ So könne man zum Beispiel sehen, ob über das Thema eines Tweets besonders hitzig gestritten wird, ob also eher ein Meinungs-Schlagabtausch stattfindet oder ob es um Fakten geht. Oder ob der Autor in seiner Twitterhistorie generell als Schreihals auftritt oder besonnen. Ob er häufig twittert, ob er von seriösen Medien zitiert wird, ob ihm oft zugestimmt wird, welches Vokabular er verwendet. „Die Gewichtung all solcher Faktoren müssen wir noch ausarbeiten“, sagt Declerck.  

Nach der Analyse wird Pheme also kein hundertprozentiges Ja oder Nein ausspucken. Dort wird eher eine Zahl stehen, die bei der Einschätzung helfen kann – eine Wahrscheinlichkeitsprognose für die Wahrheit. „Am Ende muss der Mensch selbst entscheiden“, betont Declerck, das System könne nur eine Hilfestellung geben.  

Bei den Unruhen in England hätte das wahrscheinlich gut funktioniert. In Birmingham zum Beispiel hätte Pheme ziemlich schnell die Tweets gefunden, die Zweifel hätten schüren müssen: Eine Krankenschwester schrieb, sie habe ihre Kollegen in der Klinik angerufen, dort sei es völlig ruhig. Und ein spitzfindiger Twitterer merkte an, dass ein Angriff auf das Krankenhaus schon sehr seltsam wäre. Es liege nämlich direkt gegenüber der Polizeizentrale von Birmingham.

Das weltbeste Moscow Mule Rezept

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Liebes Tagebuch,

am Wochenende werde ich mal wieder ein Moscow Mule Abend veranstalten. Moscow Mule ist mein liebstes Feierabend Getränk und schmeckt am besten mit Gurke. Mir zumindest. Einige bevorzugen allerdings auch Minze. Extra für dieses köstliche Getränk habe ich mir Becher bestellt.

Und hier mein liebstes Rezept:

  • 5cl Wodka

  • 15cl Ginger Ale

  • halbe Limette

  • 2-4 dünne Scheiben grüne Gurke







Übrigens: Das beste Ginger Beer und Tonic Water ist von Fentimans. Ist aber leider sehr schwer zu bekommen und nicht gerade günstig.

klau|s|ens wird vom christian-wulff-freispruch kaum berührt

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klau|s|ens, freispruch: 1. bis 10. klasse !!!


ja, juristisch kann man ihm nichts anhaben. (aber ich erinnere auch an dieses: >>Für eine falsche eidesstattliche Erklärung wurde Groenewold lediglich verwarnt.<< auch das gehört zu dem prozess und dem urteil gestern.)


dir kann man es nie rechtmachen!


viele menschen kommen frei aus dem gericht. aber das besagt nur das eine, nicht das andere. (falsche eidesstattliche erklärungen sind ein extra thema.)


was ist denn das andere?


wenn ein führender poltiker sich mit bestimmten menschen in solchen situationen derart umgibt, dann tut es niemandem gut, dem staat schon gar nicht.


ach ja?


und wenn der dann bestimmte dinge verschleiert, dann kann man es verstehen, aber es erhöht das vertrauen auch nicht gerade.


wenn man einmal in der malaise steckt, dann sind die dinge schwer wieder gutzukriegen.


du sagst es. aber wenn jemand den bundespräsidenten spielen will, dann muss er bestimmte dinge auch besonders gut bewältigen. und davon konnte bei herrn wulff nie die rede sein. – dass er seinem freund oder guten bekannten wegen einem film und den geldern dazu helfen will, das kann man (noch irgendwie) verstehen. aber gerade ein führender politiker muss sich tausendfach zurückhalten, in solchen dingen.


wer tut es denn? sich zurückhalten?


diese gegenfrage (du denkst wohl auch zuallererst an herrn schröder) ändert doch nichts.


was ändert denn was?


nichts! wulff hat fürsprecher wie das DIE-LINKE-parteivorstand-mitglied diether dehm. schön für ihn. aber er sucht auch die nähe oder besucht zumindest die mach-schöne-ferien-häuser eines carsten maschmeyer. diese person rangiert in meiner moralrangleiter sehr weit unten, um es mal so sehr dezent auszudrücken.


ja, drück du nur! drück dich rum. du hast ja noch nie etwas für diese welt geleistet! der herr wulff aber, der herr wulff …


ja, der leistet alles für seine eitelkeit. außerdem: diese glaeseker-wulff-sache, die stinkt doch auch zum himmel. (diese erinnerungslücken oder die geänderten zeugenaussagen. alles.)


solange da niemand verurteilt ist, …


die menschen sagen doch oft gegenseitig aus, die kleinen leute, aber eben auch die großen fische. nein, ein freispruch sagt nicht alles über die welt und eine person. viele böse wirtschaftshaie haben sich freisprüche über gute anwälte erkauft. – außerdem wird es keine justiz auf der welt geben, die gänzlich interessenfrei und ICH-los an die dinge herangeht. das widerspricht dem aufbau und dem charakter des menschen an sich und für sich.


jetzt kommt der sozialbiologe ins spiel. super!


herr wulff mag tun, was er tun will. er mag freigesprochen sein. aber für mich ist er ein …


was denn? sprich’s aus?!


… nein, ich habe es nicht nötig, irgendjemanden öffentlich zu beleidigen. ich bleibe da ein gentleman.


dann wärest du vielleicht ein besserer bundespräsident?


das habe ich nie behauptet. (ach so: ganz unter uns. ich bräuchte etwas unterstützung für eine neue publikation von mir. – zweitklausens, du als mein bester freund, du könntest vielleicht …)






HOMEPAGE VON KLAU|S|ENS:
http://www.klausens.com

"Sport sollte man machen, nicht nur gucken"

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Opa, du hattest in deiner Vorab-Mail schon angekündigt, du seist heute grantelig. Was ist los?
Opa Gottfried: In der Politik sind momentan einfach so viele Probleme ungelöst und vieles macht keine Freude.

Aber darüber solltest du dich doch nicht so sehr ärgern. Schließlich hattest du am Wochenende gerade diamantene Hochzeit. 60 Jahre sind doch ein Grund zur Freude?
Ich weiß und das stimmt ja auch. Vielleicht ist es auch witterungsbedingt. Weil das Frühjahr noch nicht da ist und dann ist deine Oma auch noch krank, dein Vater ist krank und ich war es auch. Aber die Zeit rast einfach immer schneller und wenn man so alt ist wie ich, gewinnt man einen eigentümlichen Abstand zu allem. In deinem Alter sieht man das noch nicht aber wenn du irgendwann einmal viele alte Leute interviewt hast, verstehst du vielleicht ,was ich meine.





Dann erzähl mal, was genau dich so grantelig macht?
Die Affäre Friedrich-Oppermann. Das ist doch ein Desaster. Ein Brief, der sechs Tage braucht um den Bundestagspräsidenten Lammert zu erreichen und dann ruft Oppermann beim BKA an wo man sich minutenlang anschweigt. Also der Ziercke sagt jetzt ja, er hätte damals nichts gesagt. Und dann der ganze Geheimnisverrat...

Findest du es denn richtig, dass Friedrich als Minister zurückgetreten ist?
Ja. Zwar hat Friedrich das alles offensichtlich gut gemeint, ist dabei aber an den falschen Adressaten geraten. Oppermann und Gabriel sind mit dem Wissen zu leichtsinnig umgegangen und ab da wurde es dann peinlich. Ein Horror.

Hätte es deiner Meinung nach also auch Konsequenzen bei der SPD geben müssen?
In der großen Koalition ist das wohl schwierig, aber eigentlich sind sie so schon zu billig davongekommen. Der SPD ist mit diesem Verhalten auf jeden Fall nicht geholfen. Nun ging es dabei ja eigentlich in der ganzen Sache um Sebastian Edathy und dass der Vorwurf der Kinderpornografie im Raum steht.

Findest du mit dem Thema wurde richtig umgegangen?
Nein. Wenn man in die Richtung Ermittlungen anstellt, muss man dann auch abwarten bis es eindeutige Ergebnisse gibt. Es an die Partei rauszugeben bevor die Ergebnisse justitziabel sind, finde ich falsch.

Du hast ja noch die Zeit erlebt, in der Pornografie generell strafbar war. Wie hast du den Wandel erlebt?
Das muss in den 60er oder 70er Jahren gewesen sein. Ich weiß noch, dass wir damals mit unseren Kindern nach Dänemark gefahren sind und hinter der Grenze bekamen die immer große Augen weil dort auf einmal überall nackte Frauen abgebildet waren.

Hast du ihnen dann die Augen zugehalten?
Quatsch! So etwas darf man nicht zu ernst nehmen und muss es entkrampfen. Sonst wird das für die Kinder ja zum seelischen Knoten, sie denken dann, das ist etwas Unaussprechliches, Schreckliches.

Ich erinnere mich noch, dass ihr früher die TV Spielfilm abonniert hattet. Da waren immer halbnackte Frauen drauf und wenn wir Kinder zu Besuch kamen, hat mein älterer Bruder die oft umgedreht, damit wir Kleineren das nicht sehen.
Ja? Das habe ich gar nicht mitbekommen. Solche Bilder laufen sich alle irgendwann ab, finde ich. Man kann das natürlich appetitlich oder unappetitlich finden. Aber es stört mich nicht mehr. Ich habe die TV Spielfilm auch immer noch im Abo. Oft gebe ich die aber an deinen Vater und lese lieber den „Gong". Da entsprechen mir die Filmbewertungen mehr. Wir haben da übrigens Mittwochabend einen wunderbaren Film auf Arte, meine ich, gesehen. Da ging es auch darum wie Jugendliche ihre Sexualität entdecken und dabei Klippen umschiffen müssen. Das fand ich gut gemacht. Was mich übrigens aber noch verärgert, bevor ich es vergesse: Der Wowereit!

Warum? Wegen des Flughafens?
Ja! Wowereit hat neulich gesagt, er bräuchte nach seinem Kenntnisstand nichts zu bereuen. Er hätte alles richtig gemacht, denn sonst hätte er es wohl damals nicht so entschieden. So oder so ähnlich hat er das gesagt und derartige Dickfelligkeiten ärgern und deprimieren mich.

Hast du eigentlich die Winterspiele in Sotschi verfolgt?
Nein. Das interessiert mich nicht. Ich bin der Meinung, Sport sollte man machen und nicht nur gucken.

Darin sind wir in unserer Familie ja eher nicht so gut...
Na hör mal! Ich habe Sport an der Orgel gemacht, mein Leben lang. Kannst du dir vorstellen, was das für eine Beingymnastik ist? Darüber hinaus habe ich es aber auch nicht geschafft, das stimmt schon. (lacht)

Na, das klingt doch so als sei der grantelige Opa wieder ein bisschen fröhlicher. Und eigentlich bist du ja wirklich selten grantelig.
Das ist nett, dass du das sagst. Das freut mich. Dass sie Christian Wulff nun endlich freigesprochen haben, war ja auch eine gute Nachricht. Ich hoffe nur, da legt jetzt keiner mehr Revision ein. Und in dem Film, den wir Mittwoch auf Arte gesehen haben, war der Opa auch immer die Lichtgestalt. Vielleicht hat er mir deshalb auch so gut gefallen. 

Oldgirl

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Gutes Mädchen. Papa's Mädchen. Verträumt wandelt es über die Wiese. Pflückt Gänseblümchen. Flattert Schmetterlingen hinterher. Tunkt die kleinen Murmelzehen ins gurgelnde Bachwasser und kichert vergnügt. Ihr Kleid, gewebt aus Sonnenstrahl und warmem Hauch.

Es gelangt an das Ende der Wiese. Ein Rosenfeld breitet sich vor ihr aus. Hinter ihrem Rücken braut es sich dunkel zusammen. Die Stupsnase nähert sich einer Blüte. Das Mädchen nimmt den berückenden Duft auf, aber das leise Grollen nicht wahr.  Will eine Rose pflücken, streckt ihre Hand aus.

Ein schwarzer Gigant steigt vom Himmel herab und nähert sich. Es spürt ihn kommen, dreht sich ihm entgegen. Ein Dorn dringt in ihr Fleisch. Blut fließt. Sie versucht zu flüchten. Zu spät. Der Gigant packt sie unwirsch am Schopf und zerrt sie in sein Verlies. Ihr Gekreisch verhallt ungehört in Konfusion.

Gutes Mädchen. Geknebelt von schlechtem Gewissen. Gefesselt von der Ignoranz der Mutter. Der Gigant kniet schwer auf ihrer Brust. Neben ihm ein Trog, gefüllt mit bleichem Schleim. Er füllt damit eine Schöpfkelle und beträufelt das Mädchen. Zähflüssig platscht die Zeit auf das kindliche Gemüt. Gräbt Dellen, bis der zarte Firnis der Unschuld reißt. Knochen bersten. Fleisch welkt. Hass frisst sich wie Rost nach innen und wächst wie Krebs.

Gutes Mädchen. Altes Mädchen. Der Trog ist geleert. Der schwarze Gigant in den Himmel zurückgekehrt. Die Mutter, geknebelt von schlechtem Gewissen.

Verhärmt wankt es über die Wiese. Verscheucht blutsaugende Dasen. Stachelige Disteln bohren sich in die baren Füße. Ihr Kleid, gewebt aus Sturm und saurem Regen.

Es gelangt an das Ende der Wiese. Eine Autobahn breitet sich vor ihr aus. Es nimmt den Geruch der Abgase auf. Das Grollen des Verkehrs beruhigt ihr Gemüt. Eine dunkle Idee braut sich zusammen. Sie betritt die Brücke.

"Na immerhin!"

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Mein Freund? Der arbeitet als Pantomime. Behaupte ich ab jetzt. Nichts gegen Pantomimen. Aber da fragt wenigstens keiner nach.  

Aber von vorne. Es gibt nur einen Satz, der mich zuverlässig in Rage versetzt. Zuletzt gehört habe ich ihn in meinem Heimatort an Weihnachten. Nach der Kirche, in der ich lange nicht mehr war, kam er aus dem Mund einer Dorfbewohnerin. Sie fragte – als allererstes! – ob ich denn einen Mann hätte? Nein, aber einen Freund. Was ich so gemacht hätte nach dem Studium? Ich bin Journalistin. Die dritte Frage war bereits, was ER denn beruflich mache? ER ist Programmierer. 
Und dann kam dieser Satz, der in solchen Situationen leider schon viel zu oft kam: „Ja, dann macht ja der wenigstens was Vernünftiges.“

Das entscheidende Wort in diesem Satz ist nicht „Vernünftiges“. Es ist: „wenigstens“.  




"Ernährer", Abbildung ähnlich.

Wenn die Dame meinen konkreten Job kritisiert hätte, könnte ich damit leben. Wirklich. Journalisten sind unbeliebt, die ohne feste Anstellung verdienen schlecht, stimmt alles irgendwie, zumindest soweit das irgendwelche Statistiken immer wieder aufdecken. Aber um diesen meinen konkreten Beruf geht es ja nicht. Und das ist das Problem. Die Bekannten, Verwandten, die ehemaligen Lehrer und Cousinen von irgendwelchen Omas, von denen ich diesen Satz in unregelmäßigen Abständen höre, übrigens in der Stadt und auf dem Land gleichermaßen, meinen etwas ganz anderes. Etwas, das ich in meiner Väter-die-in-Elternzeit-gehen-Blase völlig vergessen habe. Ich bin ja eine Frau!  

Das hat – in den Augen mancher Leute – zur Folge, dass das, was ich jetzt vielleicht beruflich mache, nicht wirklich ernstzunehmen ist. Mehr so ein bisschen Spaß, eine Art Zeitvertreib, bis ich heirate, Kinder kriege und endlich, endlich daheim bleiben kann.  

Denn dieser boshafte Satz mit dem Freund, der „wenigstens was Vernünftiges macht“, impliziert im Grunde ja nur: Wenigstens verdient er anständig. Und das ist auf so vielen Ebenen eine Beleidigung. Wenn jemand, und das meinen die als Kompliment, meinen gutverdienenden Freund erwähnt, unterstellt er mir, dass ich mich auf lange Sicht von ihm aushalten lasse. Vielleicht sogar, dass ich ihn mir deshalb ausgesucht habe, „geangelt“, wie solche Leute wohl auch sagen würden.
Wer Frauen für ihre gutverdienenden Freunde und Männer lobt, unterstellt ihnen, dass sie die ältesten Geschlechterrollen leben. Und dass sie das auch zu tun haben. Dass sie immer noch wie in den fünfziger Jahren nach einem Ernährer suchen. Ernährer. Über dieses Wort, das ja ein Konzept ist, muss man einmal zehn Sekunden nachdenken. Ernährer, das war das in der Steinzeit, als der Mann auf die Jagd ging und dann Essen in Form von erlegten Tieren für die Familie in die Hütte geschleppt hat. Das ist sehr lange her. Aber umgekehrt habe ich erst ein einziges Mal in meinem Leben gehört – immerhin! –, dass jemand über ein Paar sagte: Ja, immerhin verdient SIE gut!  

Ich weiß, in den Millionen Statistiken, die jedes Jahr erscheinen, kommt immer wieder aufs Neue heraus, dass sie eher zu Hause bleibt und er eher nicht. Dass fast immer SIE ihm den „Rücken freihält“, wie die Kollegen vom „SZ Magazin“ im vergangenen Jahr in einer wunderbaren Zitatesammlung herausgearbeitet haben. Die große Masse sieht das mit den Frauen und dem Arbeiten so wie eine lärmende Baustelle im Nachbarhaus: Muss nicht sein, kann man aber auch nichts dagegen machen.  

Ich habe mein Abitur gemacht, studiert, ich kannte niemanden im Journalismus, ich habe mich irgendwie durchgekämpft. Ich verlange nicht, dass mich jemand dafür lobt. Dafür sind mir die meisten Menschen schlicht zu egal. Aber ich verlange, dass es aufhört, dass Frauen unterstellt wird, dass sie Glück haben, wenn ihr Freund oder Mann gut verdient. Ja, dass sie darauf hinleben! Ich laufe ja auch nicht herum und sage: Hm, ja, dein Mann ist ja Anwalt, dann ist es ja okay, dass du nichts aus deinem Leben machst.

Zukunftschance Bundeswehr ?

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Über das Wochenende vom 6 bis zum 8 Dezember trafen sich 125 Jugendliche aus allen Teilen Deutschlands zum 133. Jugendpressekongress in der Offiziersschule des Heeres Dresden. Auch ich konnte einen der begehrten Plätze ergattern.


Bereits im Zug lernte ich andere Teilnehmer kennen und so machten wir uns gemeinsam nach der Ankunft am Dresdener Hauptbahnhof auf den Weg zu unserer Unterkunft. Nach Passieren des Wachpostens wurden wir alle freundlich empfangen und unseren Stuben zugewiesen.


Am nächsten Tag hieß es früh aufstehen. Doch die Müdigkeit war schnell vergessen, als wir den verschiedenen Workshops, wie  PR-Zeitung, Web Mag oder Kongressfernsehen zugeteilt wurden. Ich selbst durfte im Team Kongress Fernsehen mitarbeiten. Unter der professionellen Leitung eines Journalisten des ZDF Berlin gelang es uns schnell  unseren Beitrag zu strukturieren und die einzelnen Interviews vorzubereiten.


Unterbrochen wurde unsere journalistische Arbeit jedoch durch die Ankündigung einer Übung des Aufklärungstrupps der Bundeswehr. Schnell versammelten sich alle Kongressteilnehmer auf dem Truppenübungsplatz und lauschten dem anwachsenden Brummen der Motoren. Schon bald sah man einen Teleskoparm um die Ecke lugen, gefolgt von dem gewaltigem Umfang des Aufklärungsfahrzeuges Fennek und einem Bodentrupp. Diese demonstrierten uns ihr Vorgehen in feindlichem Einsatzgebiet. Jedoch war alles nur eine Übung und so war es uns erlaubt, das Innere der Fahrzeuge und die Ausrüstung der Soldaten näher zu betrachten. Überrascht musste ich beim Aufprobieren des Rucksackes feststellen, wie schwer die Soldaten zu tragen haben.


Für uns alle war diese Vorführung sehr beeindruckend, doch der  nächste Programmpunkt die Medienbörse, stand schon an. Hier konnten uns Mitarbeiter aus den verschiedensten Sparten der Bundeswehr Antworten auf unsere vielen Fragen liefern. Wir entschieden uns für ein Interview mit einem Soldaten, der gerade erst wieder von seinem Auslandseinsatz in Afghanistan zurückgekehrt war. Er gab uns einen Einblick in sein aufregendes, aber auch gefährliches Leben bei der Bundeswehr.


Ein ganz besonderes Highlight war die Fahrt mit dem Fennek über das winterliche Militärgelände Militärgelände, das ich mir natürlich nicht entgehen ließ. Dabei wurde mir begeistert die hoch modere Ausstattung des Fahrzeuges erklärt. Die Aufklärungsausrüstung  des Fenneks verfügt unter anderem über eine Wärmebildkamera und einen Laser Entfernungsmesser.   Außerdem mit an Bord ist die Aufklärungsdrohne Aladin, die es der Besatzung ermöglicht, die vorausliegende  Landschaft auszukundschaften.


Nachdem alle ihre Beiträge beendet hatten, machten wir uns gemeinsam auf den Weg zum Presseabend in der Dresdner Innenstadt. Nach einem ausgiebigen Essen, mit vielen interessanten Gesprächen ließen wir den ereignisreichen Tag mit einem Rundgang durch die vorweihnachtlich geschmückte Innenstadt ausklingen.


Doch bevor unserer Abreise trafen wir uns noch einmal im Plenum, um uns gegenseitig unsere Beiträge, die wir über das Wochenende erstellt hatten, vorzustellen.


Letztendlich war es ein sehr interessantes Wochenende mit vielen neuen Eindrücken und netten Leuten.



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