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Sinnsuche

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Die CIA foltert Al-Qaida-Terroristen zuerst monatelang in verschiedenen Geheimgefängnissen nach Strich und Faden und lässt ihn dann zur Entspannung und geistigen Regeneration einen Staubsauer zu konstruieren.

Man muss nur mal in eine Kleintierhandlung gehen, da erfährt man alles über die Psychologie des Gefangenhaltens. Da gibt es Laufräder für Hamster, Klettergerüste für Mäuse, Nagerwippen für Meerschweinchen - jede Menge Zubehör, damit die pelzigen Häftlinge daheim in ihren Käfigen etwas zu tun haben und nicht verrückt werden.

Bei der CIA geht es zuweilen offenbar ähnlich tierlieb zu. Anders jedenfalls ist es nicht zu erklären, warum der Auslandsgeheimdienst den notorischen Al-Qaida-Terroristen Khalid Scheich Mohammed zuerst monatelang in verschiedenen Geheimgefängnissen nach Strich und Faden gefoltert hat, nur um ihm dann zu erlauben, zur Entspannung und geistigen Regeneration einen Staubsauer zu konstruieren. "Wir wollten nicht, dass sie irre werden", sagte ein CIA-Agent über Khalid Scheich Mohammed und andere gefolterte Häftlinge - ein bizarrer Satz in einer bizarren Geschichte.



Die Folter hatte nach Angaben der CIA ausdrücklich den Zweck, Häftlinge "psychisch aus der Spur zu werfen", damit sie Geheimnisse preisgeben.

Ans Licht gebracht hat diese Geschichte Adam Goldman, Reporter der amerikanischen Nachrichtenagentur Associated Press (AP). Zusammengefasst ist Folgendes passiert: Khalid Scheich Mohammed war ein hochrangiges Al-Qaida-Mitglied und gilt als Drahtzieher der Anschläge von 11. September 2001. Im März 2003 wurde er in Pakistan verhaftet, danach verschwand er in den geheimen Gefängnissen der CIA, zuerst in Polen, dann in Rumänien. In der Haft wurde KSM, wie er auch genannt wird, schwer gefoltert. Unter anderem musste er Dutzende Male das Waterboarding über sich ergehen lassen, eine Art simuliertes Ertrinken. Bei anderer Gelegenheit, berichtet Goldman, sei Mohammed 180Stunden lang wach gehalten worden. Insgesamt gab KSM 31 Anschläge und Anschlagspläne zu. Derzeit steht er im Gefangenenlager Guantanamo vor einem Militärgericht.

Die Folter hatte nach Angaben der CIA zwar ausdrücklich den Zweck, Häftlinge "psychisch aus der Spur zu werfen", damit sie Geheimnisse preisgeben. Allerdings durften die Gefangenen nicht völlig durchdrehen; schließlich sollten sie über längere Zeit hin zu Aussagen fähig sein oder später einmal vor einem Richter erscheinen. Als KSM in dem Gefängnis in Rumänien darum bat, einen Staubsauger konstruieren zu dürfen, sagte die CIA in Washington ja. Offenbar waren ihm alle akuten Geheimnisse abgepresst worden, es war Zeit für ein bisschen Ruhe. Zur Begründung zitiert Goldman den Satz eines ehemaligen CIA-Mitarbeiters: "Wir wollten nicht, dass sie irre werden."

Die Idee mit dem Staubsauger ist vielleicht weniger seltsam, wenn man bedenkt, das KSM 1986 an der Agricultural and Technical State University des US-Bundesstaates North Carolina ein Ingenieursdiplom erworben hat. Und so zeichnete der Al-Qaida-Mann in einem CIA-Knast in Bukarest Baupläne für eines der wohl gebräuchlichsten Haushaltsgeräte der Welt. Zudem soll er mit Interesse die Harry-Potter-Bücher gelesen haben, welche die Häftlinge in Rumänien ausleihen konnten. Ob die Staubsauger-Pläne tatsächlich noch in irgendeiner Schublade liegen, wollte die CIA auf Nachfrage der Associated Press nicht bestätigen. "Sollten sie existieren", dann wären sie jedoch strengstens geheim, so der Geheimdienst.

Kennern der angelsächsischen Literatur fällt bei den Stichworten Staubsauger und Geheimdienst stets der 1958 erschienene Spionageroman "Unser Mann in Havanna" von Graham Greene ein. Darin wird der Staubsaugervertreter James Wormold in Kuba vom britischen Geheimdienst angeworben. Doch statt der geforderten Pläne militärischer Einrichtungen reicht er technische Zeichnungen seiner Staubsauger ein. Es gibt viele Verwicklungen, am Ende sind mehrere Menschen tot, und die ganze Sache wird vertuscht. Goldman schreibt dazu: "Die AP war nicht in der Lage festzustellen, ob Mohammed den berühmten Roman jemals gelesen hat."

Immerhin scheint KSM sich seine geistige Gesundheit trotz der Folter einigermaßen erhalten zu haben. Bei einigen seiner Mithäftlingen sei das nicht der Fall, schreibt Goldman. Sie litten seit der CIA-Haft an Depression und Schizophrenie. 

Razzia gegen Steuersünder

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Die Bochumer Staatsanwaltschaft durchsucht zehn deutsche Filialen der Schweizer Großbank UBS. Sie will Kunden auf die Spur kommen, die im Verdacht stehen, den Fiskus betrogen zu haben. Das Institut selbst steht dabei nicht im Visier der Ermittler.

Ganz so martialisch wie bei der Deutschen Bank rückte die Staatsanwaltschaft nicht an. Kurz vor Weihnachten hatten die Ermittler den deutschen Branchenprimus öffentlichkeitswirksam mit mehreren Hundertschaften durchsucht. Dieses Mal pickte sich die Staatsanwaltschaft eine andere Bank heraus: Zehn deutsche Filialen der Schweizer Großbank UBS wurden von der Polizei durchkämmt. Darunter auch der Hauptsitz der UBS Deutschland AG in Frankfurt. Nach außen war das Vorgehen etwas sanfter, vielleicht auch deswegen, weil die Staatsanwaltschaft nicht die Bank selbst im Visier hat - sondern deren Kunden: Die Ermittler glauben, dass sie Steuern hinterzogen haben könnten. Gegen die UBS wird hingegen in diesem Fall nicht ermittelt.



Ermittler waren nach dem Kauf des Datenträgers immer wieder zu Razzien in Wohnungen und Büros von Verdächtigen ausgerückt.

Den Anstoß zu den Razzien hatte eine Daten-CD gegeben, die vom Land Nordrhein-Westfalen gekauft worden war. Wie die federführende Staatsanwaltschaft Bochum bestätigte, wurde das Verfahren gegen die UBS schon im Jahr 2012 eröffnet.

Die nordrhein-westfälischen Behörden hatten mehrere solcher Datenträger gekauft - trotz harter Kritik. Nach früheren Angaben des Finanzministeriums in Düsseldorf enthält die betreffende CD zur UBS Angaben zu rund 750 Stiftungen sowie zu 550 weiteren Fällen. Insgesamt geht es dabei um ein Anlagevolumen von mehr als 3,5 Milliarden Schweizer Franken.

Ermittler waren nach dem Kauf des Datenträgers immer wieder zu Razzien in Wohnungen und Büros von Verdächtigen ausgerückt. Mit der Durchsuchung in den Räumlichkeiten der Bank versuchen die Ermittler nun an Geschäftsunterlagen zu kommen, aus denen sich weitere Erkenntnisse für die Steuerhinterziehung beschuldigter Kunden aus Deutschland gewinnen lassen.

Die UBS Deutschland wies in einer Stellungnahme daraufhin, dass sich das Verfahren nicht gegen die Bank richte: "UBS toleriert keinerlei Aktivitäten, die dazu dienen, Kunden bei der Umgehung ihrer Steuerpflichten zu unterstützen", sagt eine Sprecherin. Die Bank habe Maßnahmen getroffen, um die Steuerkonformität aller Kunden aus Deutschland zu erreichen. Zudem zeige man sich zuversichtlich, dass spätestens bis Ende 2014 alle Kunden aus Deutschland den Nachweis erbringen werden, dass sie ihr Geld ordnungsgemäß versteuert haben.

Dieses Vorgehen ist Teil der "Weißgeldstrategie" der Schweizer Banken. Weil die Geldhäuser zunehmend wegen den Steuerhinterziehungsvorwürfen unter Druck geraten waren, traten sie die Flucht nach vorn an: Im Frühjahr 2013 schickten sie deutschen Kunden, die im Ausland - also etwa in der Schweiz oder in Singapur - Konten unterhalten, einen Brief mit der Aufforderung, dass diese der Bank nachweisen müssen, dass ihre Gelder ordnungsgemäß versteuert sind. Reichen die Kunden diese Dokumentation nicht oder nur lückenhaft ein, müssen die Kunden damit rechnen, dass ihnen das Konto oder die Kundenbeziehung aufgekündigt werden. Bis Ende des nächsten Jahres haben die Betroffenen nun Zeit, diesen Nachweis bei ihrer Bank abzuliefern.

Die Weißgeldstrategie ist auch eine Reaktion der Banken auf das gescheiterte Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz. Im Dezember 2012 war es nicht durch den Bundesrat gekommen. Nach dem endgültigen Aus für das Abkommen hatte sich die Zahl der Selbstanzeigen allein in Nordrhein-Westfalen vervierfacht. In dem Bundesland seien im ersten Halbjahr 1528 Selbstanzeigen mit Bezug auf die Schweiz eingelaufen, hatte das Landesfinanzministerium in dieser Woche erklärt. Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum waren es lediglich 347 gewesen.

Landesfinanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) hatte bekräftigt: "Wir werden weiterhin alles tun, um Steuerschlupflöcher im In- und Ausland zu schließen und den Druck auf Steuerbetrüger aufrecht zu erhalten." Auch in anderen Bundesländern nahmen die Selbstanzeigen zu, darunter waren auch prominente Fälle wie der des FC-Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß. Für die Steuerflüchtlinge sind Selbstanzeigen unter dem Strich sogar günstiger, als es das Steuerabkommen gewesen wäre: Durch das Abkommen hätten sie mit Nachzahlungen in der Höhe von rund 20 Prozent ihres Depotwertes rechnen müssen, bei Selbstanzeigen sind es Anwälten zufolge nur etwa fünf bis zehn Prozent.

Dass die Razzia in den zehn Filialen der UBS in den Bundestagswahlkampf fällt, obwohl das Verfahren schon so lange läuft, dürfte indes kein Zufall sein. Vor allem die SPD hat sich den Kampf gegen Steuerhinterziehung positioniert. Gegen Banken aufzutreten, ist indes bei so gut wie allen Parteien en vogue: Auch die Grünen und die CDU präsentieren sich gern als Banken-Zähmer.

"Schatz, schlag doch mal in der Kamasutra-App nach"

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Neun Prozent der Smartphone-Besitzer in den USA nutzen ihr Gerät auch während des Geschlechtsverkehrs. Aber was bitteschön machen die damit? Wir haben mal spekuliert.

Vor ein paar Tagen haben wir darüber gesprochen, welchen Stellenwert Smartphone-Apps in unserem Alltag einnehmen. Eine ähnliche Frage haben sich auch Konsumforscher in den USA gestellt. Sie ermittelten in einer Studie, in welchen Situationen amerikanische Smartphonebesitzer zu ihren Geräten griffen. Vieles davon kann man nachvollziehen. Beim Autofahren nahmen 55 Prozent ihr Smartphone zur Hand. Klingt glaubhaft. Bei einer Verabredung zum Abendessen konzentrierten sich immerhin 35 Prozent nicht nur auf den Dinner-Partner, sondern auch auf ihr Telefon. Kann man auch noch nachvollziehen. Aber was, bitteschön, mach die neun Prozent der Amerikaner, die ihr Smartphone auch WÄHREND DES GESCHLECHTSVERKEHRS benutzen? Die Studie gibt darüber keinen Aufschluss. Weil uns die Frage aber irgendwie nicht aus den Köpfen ging, haben wir mal spekuliert.





  1. Naheliegend: Telefonsex

  2. Auch klar: einen Porno drehen. „Die sind ja mittlerweile echt super von der Qualität her, diese Smartphone-Kameras.“ Oder einen Porno schauen.

  3. „Schatz, schlag doch noch mal in der Kamasutra-App nach, wie das schwebende Erdbeben genau geht, irgendwie hab ich das Gefühl, da stimmt was nicht.“

  4. In der Perioden-Kalender-App nachschauen, ob gerade Fruchtbarkeit besteht. Und die Stimmungslage eintragen: „verführerisch“

  5. Heimlich googlen, was genau mit der Bitte um „Teabagging“ gemeint ist.

  6. Stichwort Vibrationsalarm.

  7. Stichwort Stoppuhr.

  8. Siri-Textmessage an den, äh, eigentlichen Partner: „Das Meeting dauert leider länger, esst ruhig schon mal ohne mich.“

  9. Die App mit dem Kalorienzähler aktivieren.

  10. Zerknitterte Bettlaken fotografieren, für Instagram.


"Wie eine Gefangene, die einen Tag frei ist"

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Die Aktion "Und? Schmeckt's?" kauft Asylsuchenden die Essenspakete ab, von denen sie sonst leben müssen. Ibtissam aus dem Irak durfte diese Woche selbst entscheiden, was sie essen will. Wir haben sie gefragt, wie es war.

In Bayern bekommen Asylbewerber kein Verpflegungsgeld, sondern Essenspakete, in fast allen anderen Bundesländern erhalten sie Geld oder Gutscheine, um sich selbst zu versorgen. Die Bamberger Initiative zur Unterstützung Asylsuchender "Freund statt fremd" hat in dieser Woche die Aktion "Und? Schmeckt’s?" gestartet. Künstler, Politiker und Journalisten haben Asylsuchenden ihre Essenspakete abgekauft, sich sieben Tage lang davon ernährt und von ihren Erfahrungen berichtet.  
Am Donnerstag haben wir mit dem Poetry Slammer Christian Ritter über seine Woche mit den Essenspaketen gesprochen. Heute erzählt Ibtissam, 34, eine Asylsuchende aus dem Irak, die im Asylbewerberheim in Roßdach bei Bamberg lebt, von ihrer Woche: Sie bekam zum ersten Mal nach Monaten statt Essenspaketen Geld, um sich Lebensmittel zu kaufen, und fühlte sich "wie eine Gefangene, die einen Tag frei ist". 
   



Konnte nach langer Zeit endlich essen, worauf sie Appetit hat: Ibtissam, eine Asylbewerberin aus dem Irak.

jetzt.de: Ibtissam, diese Woche hast du zum ersten Mal seit langer Zeit selbst Lebensmittel gekauft, statt nur mit den Sachen aus deinen Essenspaketen zu kochen. Was war das Beste, das du diese Woche gegessen hast?
Ibtissam: Frischer Fisch. Ich komme aus der Nähe der Hafenstadt Basra im Süden des Irak, da gab es immer viel Fisch. Nicht so einen wie in den Essenspaketen, Fischstäbchen und Tiefkühlfilet. Diese Woche habe ich frischen Fisch gekauft und mit Knoblauch und Tamarindenpaste gefüllt. Dazu habe ich Reis und Gemüse mit Dill gemacht.   

Was ist eigentlich in so einem Essenspaket? 
Dienstags und Donnerstags bekommen wir Essenspakete mit Brot, Nudeln, Reis, Gemüse, Obst, Fleisch, Wurst, Käse, Milchprodukten und Getränken. Dafür gibt es Bestelllisten zum Ankreuzen. Am ersten Dienstag im Monat gibt es ein zusätzliches Paket, in dem noch zum Beispiel Gewürze, Ketchup und Senf sind. Was wir in der Liste angekreuzt haben, bleibt meistens für ein paar Wochen gleich. Das bedeutet, wenn man einmal Pflanzenöl angekreuzt hat, kriegt man ein Mal in der Woche einen Liter Öl. 

Wie viel Geld hast du für deine Essenspakete bekommen?
Ich habe für jedes 25 Euro gekriegt, insgesamt 50 Euro. Die Hälfte habe ich meiner Nachbarin zurückgegeben, weil sie mir etwas geliehen hatte. Von den restlichen 25 Euro habe ich eingekauft, das hat gereicht, ich esse nicht besonders viel, ich habe kaum Appetit.

Was hast du von dem Geld gekauft?

Nudeln mit Spinat als Fertiggericht, ein Glas Essiggurken, einen Eimer Früchtejoghurt, eine chinesische Chilisoße, Backpulver und Vanillezucker, weil ich gerne backe, ich möchte einen arabischen Hefekuchen machen. Ein Glas Marmelade, so eine steht gar nicht auf der Bestellliste, und zwei Brote. Und Schokolade. Es sind ein paar Kinder im Haus und für die stehen gar keine Süßigkeiten auf der Bestellliste.  

Wie war es beim Einkaufen?
Es hat Spaß gemacht, mit einem Einkaufswagen durch die Gänge mit den Regalen zu fahren und reinzulegen, was ich möchte. Ich habe mich gefühlt wie eine Gefangene, die einen Tag frei ist. Zu jeder Jahreszeit gibt es andere Sachen im Markt, ich konnte mir überlegen, was ich kochen will, und danach die Zutaten aussuchen, da habe ich nach langer Zeit mal wieder Appetit bekommen. Am schönsten fand ich es im Obst- und Gemüsegeschäft; ich liebe die Natur und freue mich, wenn ich Gemüse und Obst sehe. Und an der Käsetheke Emmentaler zu bestellen. Auf den Bestelllisten steht auch Käse, aber es ist immer der gleiche von derselben Sorte - und das jede Woche, womöglich jahrelang. Ich habe mich schlecht gefühlt, weil ich andere Sachen essen durfte, und meine Nachbarn im Asylbewerberheim nicht.   

Wie kommen die Lebensmittel sonst zu dir?
Ein Catering-Unternehmen liefert die Sachen und der Hausmeister verteilt sie dann. Man muss das Paket immer persönlich entgegennehmen und unterschreiben. Dienstags und donnerstags kann ich nichts anderes machen. Wenn man zwei Wochen nicht da ist, muss man sich beim Landratsamt melden und sagen, wo man war, sonst glauben die, dass man schwarz arbeitetet. 

Reichen die Sachen in den Paketen überhaupt?
Es ist zu viel! Wir können gar nicht so viel essen. Wenn ich weiß, ich habe im Kühlschrank noch zwei Hähnchenteile liegen, weil ich keine Lust darauf hatte, und im neuen Paket sind noch mal zwei, da vergeht mir die Lust am Essen. Ich habe zwar Hunger, aber keinen Appetit. Keiner mag jahrelang zwei Mal die Woche dasselbe Hähnchen essen oder dieselbe Tiefkühlpizza. Penner, die auf der Straße eine Tüte von Norma bekommen,  haben es besser als wir. Bestimmte Sachen in den Paketen reichen nie.   

Zum Beispiel?
Ich habe immer viel zu wenig Zucker und Salz. Wenn ich etwas backen möchte, reicht das nicht. Vergangene Woche habe ich trotzdem drei Kilo Kekse gebacken und an die Kinder im Haus verteilt. Am schlimmsten ist die Auswahl. Mir fehlen Gewürze wie Knoblauch- und Currypulver oder Zimt. Wir bekommen in den Paketen nur Äpfel, Bananen und Kiwi, sonst kein Obst, ob im Sommer oder Winter, keine Wassermelone, keine Kirschen, keine Pfirsiche, keine Champignons oder sonstiges Gemüse, das ich gern mag.  

Christian Ritter, einer der Paketempfänger, hat im Interview erzählt, dass er Nudeln, aber keine Soße dazu hatte. Geht es dir auch oft so?
Das kann daran liegen, dass derjenige, mit dem er getauscht hat, das in dieser Liste nicht angekreuzt hat, sondern erst für das zweite Paket in der Woche. Wenn ich Nudeln machen will, muss ich auch manchmal warten, bis ich Hackfleisch, Ketchup oder Tomaten, Zwiebeln und Knoblauch zusammen habe.  



So wählen Asylsuchende aus, was in ihre Essenspakete kommt.


Auf den Zetteln sind zumindest Vegetarier irgendwie berücksichtigt, wie sieht es mit Menschen mit Allergien oder Unverträglichkeiten aus?
Wir tauschen untereinander ein bisschen. Ein Muslim aus dem Haus bringt mir oft sein Hühnchen, dafür gebe ich ihm Fischstäbchen. Wenn man Allergien hat, muss man Bescheid sagen, aber viele können kein oder kaum Deutsch und die, die uns beliefern, haben keine Geduld, wenn jemand etwas erklären will. Es gibt auch keinen Übersetzer.  

Sind die Lebensmittel denn frisch?
Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist meistens noch nicht überschritten. Das Brot ist aber oft nicht frisch, dabei muss es eine Woche lang halten. Tiefkühlpizzen waren ein paar Mal verdorben, vielleicht, weil sie zwischendurch aufgetaut sind, bis wir sie wieder eingefroren haben. Einer im Haus ist deshalb krank geworden, da musste der Arzt kommen. Geändert hat sich seitdem aber nichts.   

Woher bekommst du neue Kleidung?
Alle drei Monate kriegt jeder einen Gutschein vom Sozialamt im Wert von etwa 70 Euro. Dafür darf man sich Kleidung und Schuhe kaufen, aber nur in bestimmten, den billigen Geschäften. KIK und NKD nehmen gerne Gutscheine, weil die Sachen billig sind und schnell kaputt gehen. Man darf für den Gutschein keine Unterwäsche, keine Strümpfe oder mal einen Schal kaufen, und ich als Frau keine Männersachen. Als ich einmal eine Männerhose kaufen wollte, weil mir Frauensachen oft zu eng sind, durfte ich das nicht, weil die im Sozialamt Angst hatten, dass ich sie weiterverkaufen will. Das hat die Frau an der Kasse telefonisch geklärt, ich habe mich so geschämt vor den Leuten, die hinter mir in der Schlange gewartet haben.   

Und Toilettenartikel?
Shampoo, Duschgel und Zahnpasta muss ich von den 137 Euro Taschengeld kaufen, die ich jeden Monat bekomme. Das Geld reicht vielleicht zehn Tage. Ich muss davon auch die Busfahrkarte nach Bamberg zahlen, dort habe ich manchmal Termine, das Ticket kostet jedes Mal 8,10 Euro hin und zurück. Und Schmerzmittel für meinen Arm. 

Was ist mit deinem Arm passiert?
Im November habe ich es nicht mehr ausgehalten und habe mir die Pulsadern aufgeschnitten. Ich wollte nicht mehr leben, nicht so. Es sind nicht nur die Essenspakete. Wir sitzen hier im Wald fest, in einem ehemaligen Berghotel,was für eine Ironie. Es geht nur ein Bus früh morgens um sechs Uhr und einer am Abend zurück. Wenn ich einen Termin in Bamberg habe, muss ich den ganzen Tag dort bleiben und kann nichts tun, man braucht ja für alles Geld. Ich darf nicht arbeiten. Ich bin eigentlich Friseurin und würde gern arbeiten. Wir dürfen auch keine Sprachkurse machen. Wir dürfen uns nur innerhalb des Landkreises bewegen. Manche dürfen noch in den Landkreis Schweinfurt, allerdings nicht in der Stadt Schweinfurt, das heißt, wenn sie mit dem Zug durch die Stadt fahren, machen sie sich strafbar.   

Hast du das Gefühl, dass ihr euch hier nicht wohlfühlen sollt?
Ja, auf jeden Fall. Es sind so viele Schikanen, mit denen wir leben müssen. Mein Nachbar war drei Monate krank und konnte seinen Kleidungsgutschein in der Zeit nicht einlösen. Als er danach dafür etwas kaufen wollte, konnte er es nicht, weil er abgelaufen war. "Pech gehabt" sagte der Verkäufer. "Pech gehabt." Wenn jemand krank ist. Die Langeweile macht mich so müde. Ich kann nur essen, schlafen, fernsehen, lesen und Musik hören. Alles, was ich früher war, ist weg.

Wie schön, dass du geboren bist...

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... aber musste es ausgerechnet an diesem Datum sein? Fünf Geburtstagskinder erzählen von ihren äußerst ungünstig gelegenen Ehrentagen





Jessica, 29. Februar


„Machen wir’s kurz: Ich werde oft vergessen, und ich kann es den Leuten nicht mal verübeln. Als Schaltjahrkind nützt einem die Facebook-Erinnerungsfunktion recht wenig, und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich das alles nicht immer mal wieder total frustrierend finde. Der Arzt, der mich damals entband, schlug meinen Eltern vor, das Datum in der Geburtsurkunde zu ändern. Das wollten sie nicht. Ein bisschen kann ich das auch verstehen. Heute feiere ich immer am 1. März im Nichtschaltjahr, denn Vorfeiern – also am 28. – bringt ja Unglück. Wenn ich es mir aussuchen könnte, wäre ich lieber in einer wärmeren Jahreszeit geboren. Aber dann wäre der Tag natürlich auch irrelevant. Der ganze Gedankengang fühlt sich komisch an, schon daran merke ich, dass ich meinen Geburtstag doch nicht hergeben will. Auch wenn ich ihn nur alle vier Jahre am richtigen Tag feiern kann.“



Julia, 24. April

„Ende April ist es immer so weit. Ich bin kurz vorm Platzen. Eigentlich warte ich seit Jahren darauf, dass mir die Krankenkasse einen Brief schreibt und mir den Versicherungsschutz wegen maßlosen Kuchen- und Alkoholkonsums kündigt. Der Grund ist ein abartiger Geburtstagsmarathon: Meine Tante hat am 19.4. Geburtstag, mein Cousin am 20., mein Freund am 22., ich am 24., meine Cousine am 28. und meine beste Freundin am 29. Jedes Jahr verzweifle ich erneut an der Auswahl und den Kosten der Geschenke. Im Mai bin ich arm und so kreativ wie ein weißes Blatt Papier. Weil die ganze Familie so mit der Dauergratuliererei beschäftigt ist, leidet irgendwann die Aufmerksamkeit – sowohl meine als auch die der anderen. Deshalb freue ich mich besonders, wenn ich für jemanden mal kurz im Mittelpunkt stehe. Als ich einmal mit meinem Freund zusammen feierte, wurde ich völlig vergessen, obwohl wir zusammen eingeladen hatten. Das war ziemlich frustrierend. Dieses Jahr habe ich mich übrigens zum ersten Mal aus dem Wahnsinn ausgeklinkt: Mein Freund und ich sind in den Urlaub gefahren. Das war gut für uns, für unser Gewicht und unsere Leber. Ich glaube, das machen wir nächstes Jahr wieder."




Laura, 11. September

„Natürlich kann ich mich noch genau erinnern, wie mein Geburtstag am 11. September 2001 war: total surreal. Der Kaffee-Kuchen-Teil wurde durch einen Fernsehnachmittag ersetzt und ich war hin und hergerissen. Ich wollte feiern. Aber war das erlaubt, wenn auf der anderen Seite des Atlantiks so etwas Schlimmes passiert? Ich verzichtete an diesem Tag, später feierte ich natürlich trotzdem.
Vor einiger Zeit war ich zum ersten Mal in New York und besuchte auch die Gedenkstätte von 9/11. Erst da konnte ich einen Hauch davon nachempfinden, was dieses Unglück für die Stadt und ihre Bewohner bedeutete. Davor kannte ich nur die Bilder aus dem Fernsehen von eben jenem Nachmittag. Vor Ort ereilt einen da ein ganz anderer Schauer, der sich aus der Ferne kaum vorstellen lässt.
Mit dem Datum bin ich zwiegespalten. Einerseits können sich viele Leute meinen Geburtstag besonders gut merken, ich werde selten vergessen. Andererseits höre ich mir oft ziemlich geschmacklose Sprüche an wie: Oh, da hat man ja 2001 eine besonders tolle Geburtstagsshow inszeniert. Oder: Du scheinst das Chaos ja generell anzuziehen.“




Tanja, 17. Dezember

„Als Kind war ich oft enttäuscht. Meist hieß es: Das bekommst du dann zu Geburtstag und Weihnachten zusammen. Ich fühlte mich benachteiligt. Heute schlage ich mich mit einem viel banaleren Thema rum: Zu diesem Zeitpunkt haben die meisten Firmen Weihnachtsfeiern und meine Gäste kommen selten gleichzeitig. Oder können schlimmstenfalls gar nicht. Beim weihnachtlichen Umtrunk gilt Anwesenheitspflicht, keiner will eine schlechte Figur beim Chef machen. Das kann ich verstehen. Ich habe mir angewöhnt, schon wahnsinnig früh ein ,Save The Date’ zu verschicken und plane immer nur mit einer kleineren Runde und in Locations, wo die Leute auch nach und nach kommen können."




Maxi, 24. Dezember

„Meine Eltern haben mir von Anfang an meinen Geburtstag sehr phantasievoll schmackhaft gemacht. Als ich klein war, erzählten sie mir, wir hätten keinen Weihnachtsbaum, sondern ich als einziges Kind einen Geburtstagsbaum. Später genoss ich es vor allem, dass ich an meinem Geburtstag immer ausschlafen konnte und ein gutes Argument hatte, nicht mit in die Kirche unseres oberbayerischen Dorfes zu müssen. Der 24. Dezember war und ist bei uns immer zweigeteilt. Morgens mein Geburtstag, abends Weihnachten – für mich gab es immer zweimal Geschenke. Trotzdem musste ich mir immer genau überlegen, was ich mir wünschte. Ich hatte ja quasi nur einmal im Jahr Geschenke-Tag, und im Winter vergisst man recht schnell, dass man im Sommer vielleicht auch ein paar Dinge brauchen wird. Heute genieße ich meinen Geburtstag, denn ich weiß, an Weihnachten sind all meine alten Freunde da. Wir feiern immer in den 24. rein. Dementsprechend sind die Weihnachtskater bei meinen Eltern und denen meiner Freunde berüchtigt. Wenn jemand sich freut und sagt ,Das ist ja wie Geburtstag und Weihnachten zusammen’, denk ich mir: Ja, so ist das bei mir jedes Jahr!“

Ein bisschen NSA spielen

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Durch Edward Snowdens Enthüllungen erfahren Online-Spiele zum Thema Datenschutz zur Zeit große Aufmerksamkeit. So auch das kritische Browser Game "Data Dealer". Wer die Welt einmal durch die Augen der NSA und anderen Datengeiern sehen will, ist hier genau richtig.

Wolfie Christl wirkt etwas mitgenommen. Die vergangenen zwei Tage waren für den Programmierer eine Achterbahnfahrt. Die Umsetzung der von ihm mit entwickelten Vollversion des Spiels "Data Dealer" stand kurz vor dem aus. Die 50.000 Dollar, die notwendig waren, um das Projekt zu realisieren, erschienen unerreichbar weit entfernt. Bisher war nur eine Demoversion des Spiels erhältlich. Über die Crowdfunding-Plattform kickstarter.com hatte das Team von "Data Dealer" mehrere Wochen lang versucht, Geld zusammenzukratzen, um im Oktober dann die Endversion veröffentlichen zu können. Das lief aber eher schleppend. Christl rechnete schon damit, dass das Spiel nicht mehr erscheinen würde. In den vergangenen zwei Tagen kamen dann aber plötzlich doch noch genug Spenden zusammen. Das Spiel ist gerettet. 





Mit dem Projekt "Data Dealer" will Christl zeigen, wo man überall seine Daten hinterlässt und was mit ihnen alles geschieht. Der Spieler schlüpft dafür in die Rolle des gierigen Datenhändlers. Gegen Geld bekommt man Daten – so die einfache Formel des Spiels. Im Laufe des Spiels entstehen so lukrative Deals, zum Beispiel mit und Bahnunternehmen, Versicherungsanstalten oder Burnout-gefährdeten Krankenschwestern. Der Datenhändler kann aber auch in Online-Singlebörsen, Kundenkarten von Supermärkten und Gewinnspiele investieren. All das sind gute Wege, um haufenweise sensible Daten, wie etwa politische Orientierung, Krankheiten oder Einkommen, zu sammeln. 

Für das Spiel haben die Entwickler lange recherchiert – die Beispiele darin kommen aus der Realität. Dem Team von "Data Dealer" ist Aufklärung wichtig, der Plan ist, dass Data Dealer irgendwann auch in Schulen zum Einsatz kommen soll. "Data Dealer" will aber nicht mit erhobenem Zeigefinger Datenmissbrauch ankreiden, sondern lieber auf humorvolle Weise ein kritisches Bewusstsein schaffen.  

Bisher konnte das Spiel über Kulturförderungen gesichert werden. Doch das knappe Budget war bald verbraucht, für die Spielentwickler selbst blieb dabei so gut wie nichts übrig. „Data Dealer" ist ein Vollzeitprojekt. Wir müssen alle irgendwie unsere Mieten zahlen“, schildert Christl die prekäre Situation der Spielemacher. „Allein schon eine Aktion auf kickstarter.com ist ein 24-Stundenprojekt, da muss man sich ein Monat lang ununterbrochen darum kümmern", so Christl.  

Wenn man das mediale Interesse an „Data Dealer“ beobachtet, kann man sich eigentlich schwer vorstellen, dass es bis zuletzt finanziell zu kämpfen hatte. Als die englische Demoversion des Spiels vor zwei Monaten online ging, flatterten auch prompt Anfragen unter anderem von Fox News, der New York Times und Washington Post herein und das Spiel gewann den renommierten Preis „Games for change“. „Das Feedback war extrem gut und kam aus allen möglichen Richtungen. Vom Bereich Datenschutz bis hin zur Medienpädagogik war alles dabei“, erzählt Christl.  

Für den internationalen Durchbruch von „Data Dealer“, spielte das Timing sicherlich eine wichtige Rolle: „Das war schon ein lustiger Zufall, dass die Skandale rund um die NSA drei Tage nach unserem internationalen Release aufgedeckt wurden“, schmunzelt Christl. Das habe dem Spiel zusätzlich genützt und für noch mehr mediale Beachtung gesorgt. „Es war aber auch eine Herausforderung, denn wir mussten in sehr kurzer Zeit vieles am Spiel ändern“ meint Christl. Von Beginn an war es nämlich Anspruch von "Data Dealer", möglichst nahe an der Realität zu bleiben. Aktuelle Entwicklungen, wie etwa eine neue dubiose Facebook-Policy oder eben die NSA-Überwachung, sollen wie in einem  Live-Ticker in das Spiel eingebaut werden. Jetzt spielen in „Data Dealer“ nicht mehr nur Unternehmen, sondern auch der Staat eine Rolle.

Foucault vs. ALF

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Wo sollte man diese Woche unbedingt hingehen? Welchen Film sehen und was auf keinen Fall verpassen? jetzt-Mitarbeiter planen ihre Woche. Heute mit einem Akademierundgang, Angelo Badalementi und einem Romanseminar.

Wichtigster Tag der Woche: Freitagabend findet die Eröffnung der Jahresausstellung der Akademie der Bildenden Künste in München statt. Wenige Sachen tue ich so gern, wie mit einem kühlen Bier in der Hand durch lichte, offene Werkstätten zu gehen und zu gucken, was die so machen, zu denen ich manchmal auch gern gehören würde.

Politisch interessiert mich... noch immer, wie es mit Snowden weitergeht und welche spektakulären neuen Informationen das wohl sind, die er angeblich an verschiedenen Orten deponiert hat und die bei Enthüllung den "schlimmsten Alptraum" Washingtons bedeuten könnten. Interessant finde ich gerade aber auch die Diskussion ums Impfen. In dem Öko-Haushalt meiner Kindheit galten Impfungen als etwas Gefährliches und ich war damit immer ziemlich einverstanden. Jetzt lese ich viel über das Thema und bin mir plötzlich gar nicht mehr so sicher.

Wochenlektüre: Wenn es so läuft, wie es sollte, arbeite ich für die Uni einige Werke Foucaults, Barthes und Giddens durch und schaffe es abends zusätzlich noch, mich endlich in Ruhe in Katharina Hartwells „Das fremde Meer" einzulesen, das ich von Nadja Schlüter ausgeliehen habe und bald zurückgeben möchte. Wenn es allerdings so läuft, wie es immer läuft, schaffe ich es gerade einmal die oben genannten Uni-Bücher in der Bibliothek ausfindig zu machen, anzublättern und abends noch ein paar alte ALF-Folgen anzugucken, bevor ich wegnicke.

Kinogang? Gestern Abend war ich in „Before Midnight", der leider so voller Weisheitsplattitüden und dämlicher Klischeeabnudelungen war, dass ich nicht nur beinahe frühzeitig abgehauen wäre, sondern auch ohne das schöne Ich-muss-bald-wieder-ins-Kino-Gefühl rausgegangen bin. Trotzdem weiß ich: Als nächstes möchte ich La Grande Bellezza sehen. Der läuft aber erst am 25.7 an. Es ist die Geschichte eines alternden Playboys in Rom und eine Hommage an Fellini. Hoffentlich intelligenter, ironischer und tragikkomischer als diese angestrengte Linklater-Delphy-Hawkes-Sache. Weil der deutsche Trailer längst nicht so schön ist wie der Italienische, muss ich hier leider den Italienischen posten.

http://www.youtube.com/watch?v=cJ8O-Y2CXk8

Soundtrack: Ich habe selten so richtige Tracklists oder freue mich auf ein bestimmtes neues Album. Ich verliebe mich eher zufällig in ein musikalisches Stück, bei dem es dann vor allem um die Geschichte geht, die es mir erzählt. Im Moment ist das eine Videosequenz, die ich letzte Woche auf einer Zugfahrt entdeckt habe. Auf langen Zugfahrten gibt es nämlich immer diesen Punkt, an dem ich anfange, Twin Peaks zu gucken, weil es die einzige Serie ist, die ich auf meinem Computer habe. Als ich mich dabei etwas gelangweilt durch ein bisher ungesehenes Hinter-den-Kulissen-Video spulte, blieb ich an der Stelle hängen, an der Angelo Badalamenti erzählt, wie er die Titelmusik zu Twin Peaks entwickelte. Seither muss ich es immer und immer wieder ansehen und ekstatisch seinen Text mitsprechen:

„Oh, oh, thats so beautiful, ANGELO, THATS TEARING MY HEART OUT, I LOVE THAT JUST KEEP THAT GOING..."

http://vimeo.com/18413925

Was ich diese Woche auf jeden Fall tun werde: Mittendrin einen kleinen Stressanfall kriegen. Ich muss viel arbeiten, viel für die Uni machen und will neben dem Abhaken einer dämlicher Sammlung verschiedener Arzttermine auch noch meinem kleinen Cousin, der in meiner winzigen Wohnung zu Besuch ist, eine coole, münchenkundige und aktivitätenfrohe Cousine sein.

Wenn ich diese Woche irgendwo anders sein könnte... wäre ich in einem Strandhaus an der ligurischen Küste und würde zwischen einigen erfrischenden Bädern im Meer über den nächsten Punkt nachdenken.

Schnell erledigen: Mir überlegen, ob ich bis zum 5. August noch was bei der Bayerischen Akademie des Schreibens zum Thema „Fallen lernen" einreichen will und wenn ja, was. Beim letzten Jahrgang habe ich die Bewerbungsfrist nämlich knapp verpasst und mir vorgenommen, dieses Jahr früh genug daran zu denken. Hat nicht so gut geklappt, aber immerhin: Ein paar Tage und Nächte habe ich ja noch. Das Romanseminar für bayerische Studierende ist einigen vielleicht noch unter seinem ehemaligen Titel Manuskriptum bekannt.

Stunden der Wahrheit

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Seit fast sechs Monaten ermittelt die Staatsanwaltschaft München gegen Uli Hoeneß. Es sieht ganz danach aus, dass der Präsident des FC Bayern im August angeklagt wird

Eigentlich kann Uli Hoeneß zufrieden sein an diesem Mittwoch, es ist der 16. Januar 2013: Zwei Tage vor Beginn der Rückrunde steht sein Verein, der FC Bayern, mit neun Punkten Vorsprung an der Tabellenspitze der 1.Bundesliga, in New York hat er Pep Guardiola als neuen Trainer gewonnen und am Vortag mit Angela Merkel in Berlin zu Mittag gegessen. Er mag die Gespräche mit der Kanzlerin über die Zeitläufte, und, wichtiger noch, die Kanzlerin schätzt ihn.

Und doch läuft nichts mehr rund. Sein Steuerberater schlägt Alarm; der ist morgens von München nach Zürich geflogen, um bei der Vontobel-Bank, wo Hoeneß seit mehr als zehn Jahren ein schwarzes Konto hat, Unterlagen für die geplante Selbstanzeige zu besorgen. Der Stern recherchiert. Ein Reporter hat bei der Bank Fragen wegen eines Kontos gestellt. Der Name Hoeneß ist nicht gefallen, aber wissen die nicht doch etwas? Man muss handeln. Der Berater fliegt zurück, ohne Unterlagen.





Aus seinem am Niederrhein gelegenen Büro reist am Nachmittag eilig noch ein Steueranwalt mit genügend Briefpapier seiner Kanzlei an, und ein Münchner Steuerfahnder, der in Altersteilzeit ist, kommt auch noch raus zu Hoeneß in dessen Anwesen in Bad Wiessee. Ein Steueranwalt, ein Steuerberater, ein Steuerfahnder brüten mit Uli Hoeneß und dessen Sohn Florian nachts ohne detaillierte Unterlagen über einer Selbstanzeige. Ist so etwas real? Nach Mitternacht soll die Bank noch Kontoauszüge auf den E-Mail-Account der Ehefrau von Hoeneß geschickt haben. Bis in den frühen Donnerstagmorgen dauern offenbar die Steuerbasteleien. Auf dem Briefpapier der Kanzlei wird dann die Selbstanzeige ausgedruckt und kurz nach acht Uhr beim Finanzamt eingereicht.

Vontobel hatte Mitte 2012 mal ausgerechnet, dass Hoeneß im Fall des Zustandekommens des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens 6,3 Millionen Euro nachzahlen müsse. Hoeneß hatte auf das Abkommen gesetzt, das dann nicht zustande kam. Am 17. Januar überweist er zehn Millionen Euro als Abschlagszahlung an das für ihn zuständige Finanzamt Miesbach. Die Zahl orientiert sich an der alten Schätzung der Bank und ist nach oben aufgerundet. In Wirklichkeit liegt die Steuerschuld bei knapp 3,2 Millionen Euro.

Was für ein seltsamer Vorgang.

Seit knapp sechs Monaten ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft München II gegen Hoeneß und wird in Kürze entscheiden, ob die Selbstanzeige wirksam war oder nicht. Aus Sicht der Strafverfolger ist sie das eher nicht. Zwar soll die Verteidigung von Hoeneß noch an einer Stellungnahme sitzen, die geprüft werden muss, aber die Umstände deuten darauf hin, dass angeklagt wird - möglicherweise schon Ende Juli, wahrscheinlich im August. Dann käme das Zwischenverfahren. Bis zum Prozessbeginn würde es dauern - ein Termin im November wäre realistisch. Vermutlich geht es dann nicht mehr um die 3,2 Millionen Euro Steuerschuld, sondern um eine deutlich niedrigere Summe, weil das Vontobel-Konto bereits 2001/2002 mit 20Millionen Euro gefüllt wurde - für den Fiskus verjährt Hinterziehung nach zehn Jahren, für den Staatsanwalt nach fünf Jahren.

Theoretisch ist immer noch eine Erledigung des Falles durch Strafbefehl möglich oder sogar durch Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer hohen Geldauflage. Diese Möglichkeiten sind derzeit aber ebenso unwahrscheinlich wie die Verhängung einer Haftstrafe ohne Bewährung im Fall des Prozesses. Der Spiegel berichtet, die Staatsanwaltschaft wolle zwei Jahre Haft mit Bewährung beantragen und eine Geldstrafe in Höhe von 720 Tagessätzen. Mehr geht nicht, wenn einer nicht in Haft kommen soll. In Wirtschaftsprozessen kommt diese Kombination häufiger vor. Aber vorher bräuchte es die Anklage, eine Zulassung durchs Gericht und eine entsprechende Hauptverhandlung.

Der Fall Hoeneß ist ziemlich kompliziert geblieben, und es kursieren viele Gerüchte. Angeblich gibt es eine zweite Selbstanzeige von Hoeneß, die eine andere Kanzlei angefertigt haben soll. Richtig ist, dass sein Steuerberater nach Einleitung des Verfahrens zwei-oder dreimal Unterlagen bei der Staatsanwaltschaft einreichte, bis dann Beamte am 20.März Hoeneß heimsuchten, ihn festnahmen und gegen Kaution in Höhe von fünf Millionen Euro wieder auf freien Fuß ließen. Dass der Haftbefehl nicht gelöscht wurde, deutet darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft ihrem alten Verdacht weiter anhängt.

Die Stern-Recherchen in Sachen Vontobel-Konto liegen wie ein Schatten über dem Fall. Die Staatsanwaltschaft ging früh davon aus, Hoeneß sei gewarnt worden, und habe nur deshalb überstürzt die dünne Selbstanzeige gemacht. Nach Paragraf 371 der Abgabenordnung zieht die Selbstanzeige nicht, wenn sie abgegeben wird, nachdem die Steuerstraftat bereits entdeckt ist, oder wenn der Steuerbetrüger mit der Entdeckung rechnen muss.

Wie die Süddeutsche erfuhr, macht das Telefonat eines Stern-Reporters mit der Münchner Steuerfahndung den Fall noch undurchsichtiger. Der Journalist soll am Nachmittag des 16. Januar bei der Steuerfahndung angerufen und erklärt haben, ein großer bayerischer Fußballverein habe bei Vontobel eine Riesensumme angelegt und ein Riesenguthaben sei auf das Konto einer Person übertragen worden.

Der Name Hoeneß fiel in dem Telefonat nicht, auch nicht der Name des FC Bayern. Zwar erschien am 17. Januar eine Stern-Geschichte über ein Konto bei Vontobel, aber darin finden sich weder der Name Hoeneß noch der Name des FC Bayern. Auch gab es damals keine Anfrage des Magazins bei dem Bayern-Präsidenten, und bei den Durchsuchungen und Ermittlungen wurde nichts gefunden, was den Schluss zulässt, Hoeneß sei durch den Stern aktiv gewarnt worden. Aber die Staatsanwaltschaft hält den zeitlichen Zusammenhang zwischen der Stern-Veröffentlichung und der Abgabe der Selbstanzeige offenbar nicht für einen Zufall.

Verschlüsselter Erfolg

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Peter Sunde wurde als Gründer der Seite The Pirate Bay berühmt. Jetzt entwickelt er eine App, mit der man sicher kommunizieren kann. Tausende unterstützen ihn

Der junge Mann trägt eine Baseballkappe und tippt nervös auf der Computermaus herum. Gerade hat er erfahren, dass er für ein Jahr ins Gefängnis soll. 'Das muss ein Witz sein', sagt er, nachdem seine entsetzten Augen die Urteilsbegründung auf dem Bildschirm gelesen haben. Wenige Minuten später - er hat kurz mit seiner Mutter telefoniert - sitzt Peter Sunde lachend vor einer Webcam, über die er jetzt eine Pressekonferenz ins Netz streamt. Er hat den Schirm seiner Kappe in den Nacken gedreht und erklärt, dass er das Urteil als Herausforderung annehmen will: 'Wenn das hier ein Film wäre, wären wir jetzt an dem Punkt, an dem der Held seine erste Herausforderung bewältigen muss.'

Peter Sunde, 34, hat im Lauf der Jahre also gelernt, was eine Herausforderung ist, und dass er jetzt eine App entwickelt, mit der man verschlüsselt Nachrichten austauschen kann, mag für viele Handybesitzer die Welt verändern. Für ihn ist es nur eine weitere Kerbe im Holz, ganz, wie es für einen Helden im Film wäre.

Die eingangs beschriebene Szene stammt tatsächlich aus einem Film, aus der Dokumentation The Pirate Bay - Away from Keyboard, die das Schicksal des schwedischen BitTorrent-Dienstes The Pirate Bay begleitet. Peter Sunde war einer der Sprecher des Angebots, das - so die Anklage - der Film- und Musikindustrie einen Schaden von mehreren Millionen Dollar zugefügt haben soll. Menschen konnten mit Hilfe von The Pirate Bay urheberrechtlich geschützte Filme, Videos, Bücher kostenlos aus dem Netz laden, auch wenn dieses nie auf Servern des Dienstes gespeichert wurde. Der Film begleitet Sunde und drei seiner Mitstreiter in ihrem juristischen Kampf, in dem es genau um diesen Widerspruch ging. Man kann mehrfach sehen wie der Mann, der im Netz unter dem Pseudonym 'brokep' bekannt ist, mit schlechten Nachrichten umgeht: Er schüttelt sich kurz, will dann erneut angreifen.

Das Muster nach dem ersten Urteil wiederholt sich als die Pirate-Bay-Macher auch in nächster Instanz verurteilt werden. Wieder telefoniert er kurz mit seiner Mutter und macht sich dann daran, die Internetverbindung in dem kargen Büro zu reparieren.

Machen, was geht: Diese Haltung zieht sich durch das Leben des 34-Jährigen, das tatsächlich Stoff für einen Hollywood-Film bieten würde. Denn nachdem er die Film- und Musikindustrie verärgerte (und sich eine Gefängnisstrafe einhandelte), entwickelte ausgerechnet der Vorkämpfer der vermeintlichen Kostenloskultur vor drei Jahren einen Bezahldienst fürs Web: 'Ich bin davon überzeugt, dass es ein Interesse daran gibt, zu bezahlen', sagte er zum Start des Unternehmens Flattr, eine Spitze gegen seine juristischen Gegner. Mittlerweile stellt sich heraus, dass er zumindest auf kleinem Level recht behalten hat. Mit Hilfe von Flattr können Menschen winzige Beträge direkt an Künstler und Kreative zahlen. Der Dienst wird weltweit genutzt.

Vor ein paar Wochen nun kündigte Peter Sunde an, er wolle ins Europaparlament. Bei der Wahl im kommenden Jahr will der Schwede mit finnischen Wurzeln für die finnische Piratenpartei kandidieren. Wenn er gewählt werde, wolle er für ein freies Internet kämpfen, erklärte er im Mai. Und nicht nur deshalb kann man sich vorstellen, wie es war, als Sunde wenig später von den Enthüllungen Edward Snowdens erfuhr. Vielleicht hat er entsetzt auf einen Bildschirm geblickt und 'das muss ein Witz sein' gesagt. Ganz sicher aber hat er gemacht, was geht, wieder mal.

In der vergangenen Woche hat Peter Sunde den Dienst Heml.is vorgestellt. Eine App für Smartphones, die abhörsichere Kommunikation ermöglichen soll. Innerhalb von drei Tagen sammelten Sunde und seine Freunde 150000 Dollar im Netz von über 10000 Interessenten, die die Entwicklung der App unterstützen möchten. Das sind 50000 Dollar mehr als sie als notwendig erachtet hatten. Es gibt vergleichbare Apps (Kasten), aber die Menschen im Netz vertrauen Peter Sunde, er steht glaubwürdig für Datenschutz. Seine Unterstützer teilen Sundes Ärger über den Überwachungsskandal, aber auch seine Haltung: Machen, was geht. So kann Heml.is nun programmiert werden. Der Name lehnt sich an das schwedische Wort für 'Geheimnis' an.

Den Erfolg von Heml.is kann man auch als politische Reaktion auf die Nachrichten der vergangenen Wochen sehen. Was früher nur für Unternehmen relevant war, wird nun auch für Privatpersonen bedeutsam: Verschlüsselung und abhörsichere Kanäle. Peter Sunde ist außer an der Idee eines abhörsicheren Messengers für Smartphones auch an dem Cloud-Speicherdienst Moln.is beteiligt sowie an IPredator, einem Dienst, der sicherere Datenübertragung beim Surfen ermöglicht. Dass aus dem Umfeld der Piratenbewegung nun die ersten Lösungen für die Welt nach Prism kommen, ist kein Zufall. Prism ist für Peter Sunde nicht nur ein Skandal, sondern eine Herausforderung. Die man bewältigt wie ein Filmheld, indem man macht, was geht.

Freispruch mit Zündstoff

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Der wegen Mordes an dem schwarzen Jugendlichen Trayvon Martin angeklagte George Zimmerman ist von einem Gericht in Florida für nicht schuldig befunden worden. Das Urteil löst eine neue Rassismus-Debatte in den USA aus

Manche hatten vorausgesagt, dass es landesweit zu Unruhen kommen werde nach einem Freispruch, aber die Jury ließ sich nicht beirren. Nachdem sie 16 Stunden und 20 Minuten beraten hatten, kehrten die Geschworenen in den Gerichtssaal zurück mit ihrem Urteil: Der Angeklagte George Zimmerman, der im Februar 2012 einen schwarzen Teenager erschossen hatte, ist nicht schuldig - weder des Mordes, wie von der Anklage behauptet, noch des Totschlags. Die sechs weiblichen Geschworenen wirkten ziemlich erschöpft, aber ihre Entscheidung war einstimmig.

So endet ein Kriminalfall, der gewöhnlich begann, aber schnell zum Symbol wurde: für die Diskriminierung der Schwarzen in Amerika, für Selbstjustiz, für Waffengewalt. Das Opfer, der damals 17 Jahre alte schwarze Schüler Trayvon Martin, ging in der Tatnacht friedlich die Straße entlang, er besuchte eine Bekannte in dem umzäunten Wohnviertel in Sanford, Florida, und hatte gerade Süßigkeiten gekauft. Es regnete, er hatte die Kapuze seines Pullovers hochgezogen. Er war unbewaffnet.





Zimmerman, damals 28, Sohn eines Weißen und einer Latina, war Mitglied der Bürgerwehr und hielt Martin ohne weitere Anhaltspunkte für verdächtig. Obwohl ihm die Polizei am Telefon davon abriet, folgte er Martin und stellte ihn. Es folgte eine Schlägerei, an deren Ende Zimmerman seinem Gegner mit einer Neun-Millimeter-Pistole ins Herz schoss.

Die Staatsanwaltschaft hatte Zimmerman als Möchtegern-Sheriff beschrieben, der süchtig gewesen sei nach Anerkennung und jene gehasst habe, die er für kriminelle Eindringlinge hielt. Er habe nicht aus Notwehr gehandelt, sondern Martin töten wollen. Aber es ist nicht gelungen, die Jury von der Mord-Anklage zu überzeugen.

Trotz aufwendiger Versuche den Ablauf der Tat vor Gericht zu rekonstruieren, blieben wichtige Fragen unbeantwortet. Unklar war zum Beispiel, wer beim Faustkampf über wem kniete, wer also in der körperlichen Auseinandersetzung überlegen war. Zimmerman behauptete, er sei am Boden gelegen, während Martin ihn misshandelt habe; nur mit seiner Waffe habe er größere Gefahr für Leben und Gesundheit abwenden können. Der Anklage gelang es nicht, diese Version jenseits aller vernünftigen Zweifel zu widerlegen. Die meisten Prozessbeobachter hatten deswegen einen Freispruch Zimmermans vorausgesagt. Die Jury, die während der drei Prozesswochen von der Außenwelt isoliert war, sah das schließlich genauso.

Das Urteil sorgte umgehend für Proteste im ganzen Land. Vor dem Gerichtsgebäude in Sanford sammelten sich hundert Demonstranten, die ihre Fäuste reckten und Plakate zeigten, auf denen zum Beispiel 'Keine Gerechtigkeit, kein Friede' stand. Auch in der US-Hauptstadt Washington gingen mehrere Hundert, überwiegend junge Menschen auf die Straße - unter ihnen etliche Weiße. Auf ihren Plakaten stand 'Hört auf, schwarze Männer zu kriminalisieren' oder 'Nur das Leben der Weißen ist in Amerika geschützt'. Ein junger Schwarzer fragte, wie man sich denn kleiden müsse, um nicht als Krimineller verdächtigt zu werden. Eine weiße Frau verlangte, dass Touristen den Staat Florida boykottieren.

In Großstädten wie Los Angeles war die Polizei in Alarmbereitschaft, weil sie mit Unruhen rechnete. In Los Angeles war es 1992 zu schweren Ausschreitungen gekommen, als Polizisten freigesprochen wurden, die einen Schwarzen misshandelt hatten. In der Nacht zum Sonntag aber blieben die Proteste in den Vereinigten Staaten weitgehend friedlich, obwohl aus einzelnen Städten wie dem kalifornischen Oakland Vandalismus gemeldet wurde. Dort zerstörten Demonstranten einen Polizeiwagen, schlugen Fenster ein und besprühten Gebäude.

Der Fall hatte Amerikas Schwarze, aber auch viele Weiße von Beginn an empört. Erstens wegen dem, was die Amerikaner 'racial profiling' nennen: Jemand wird von Polizei oder Bürgerwehr nur deswegen verdächtigt, weil er schwarz ist und einen Kapuzenpullover trägt. Zweitens reagierte die Polizei in Sanford scheinbar desinteressiert auf den Tod Martins; auch Wochen nach der Tat hatte sie Zimmerman nicht festgenommen. Kritiker werfen der Staatsanwaltschaft vor, dass sie daraufhin - womöglich auch aus politischen Gründen - überreagiert habe. Sie habe Zimmerman wegen Mordes angeklagt, obwohl die Beweislage dies nie hergegeben habe. Gleichwohl fürchtete die Verteidigung, dass sich die Jury von der Stimmung im Land werde beeinflussen lassen. In ihrem Schlussplädoyer bat sie die Geschworenen, alle Emotionen beiseitezulassen.

Zimmerman, der Vergeltung fürchtet und deswegen eine schusssichere Weste trägt, verließ das Gericht als freier Mann. Die Staatsanwältin Angela Cory wies den Vorwurf zurück, sie habe sich übernommen. 'Wir waren überzeugt, dass Zimmermans Geisteshaltung den Mord-Vorwurf rechtfertigte', sagte sie.

Die Eltern Trayvon Martins waren nicht zur Urteilsverkündung erschienen; ihr Anwalt Benjamin Crump richtete nach dem Urteil aus, ihre Herzen seien gebrochen. Er stellte Trayvon Martin in eine Reihe mit den Opfern der schwarzen Bürgerrechtsbewegung. Er dankte allen Unterstützern und bat sie darum, friedlich zu bleiben. Crump las eine Twitter-Botschaft von Bernice King vor, der Tochter Martin Luther Kings: 'Wie auch immer der Zimmerman-Prozess ausgeht, wir müssen unseren Kampf nach den Worten meines Vaters stets auf der hohen Ebene der Würde und Disziplin führen.'

Wann wirst du zum Hamster?

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Helmut Schmidt bunkert 200 Stangen Mentholzigaretten, Peer Steinbrück hat 100 französische Glühbirnen in seinem Keller liegen. Welche Vorräte hast du angelegt?

200 Stangen (!) Mentholzigaretten, das muss man sich erst einmal räumlich vorstellen. Wenn man die alle stapelt, ergibt das einen etwa 30 Zentimeter breiten, fast 18 Meter hohen Zigarettenstangenturm. Etwas geschickter arrangiert füllen die Stangen immerhin einen stattlichen Schrank.
Der Altkanzler Helmut Schmidt hat bei sich zu Hause anscheinend so viel Platz übrig. Angeblich soll er 200 Stangen Mentholzigaretten bunkern, weil er befürchtet, die Verbotspläne der EU könnten eines Tages Realität werden. Erzählt hat das der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück bei einer Wahlkampfveranstaltung in Karlsruhe, die er nutzte, um gegen die Regelungswut der EU zu schimpfen. Steinbrück selbst bunkert auch was. In seinem Keller hat er 100 spezielle französische Glühbirnen liegen, weil er nicht weiß, ob es die für seine französische Lampe in ein paar Jahren noch gibt.

Eine redaktionsinterne Umfrage zeigte: Bei uns wird auch gebunkert. Traubensaft zum Beispiel. Aber nicht aus der Angst heraus, dass es irgendwann keine Trauben mehr gibt, sondern aus Sorge, der Saft könnte frühzeitig ausgehen. Beliebte Bunkersachen sind (neben Traube-Nuss-Schokolade allgemein) Sommer-Schokoladensorten, die es immer nur ein paar Wochen oder Monate gibt, von denen der Vorrat aber das ganze Jahr über reichen muss.    

Wovon hast du Vorräte angelegt? Wo bewahrst du das Ganze auf und warum hast du damit angefangen? Hast du Angst, dass es eines Tages verboten oder nicht mehr hergestellt wird? Oder hast du einfach gern Vorräte zu Hause? Bei welcher Sache würdest du sofort mit dem Bunkern beginnen, wenn du wüsstest, dass die Produktion eingestellt wird?

Drogenkrieg im Auslandssemester

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Schüsse in der Nacht, Angst auf dem Weg zum Bäcker: Unsere Autorin macht ein Auslandssemester in Brasilien und wohnte friedlich in einer Vorstadt von Rio, bis die Drogengangs begannen, ihre Kämpfe dort auszutragen. Denn vor der Fußball-WM und Olympia werden sie aus der touristischen Südzone der Stadt vertrieben.

In der ersten Nacht halte ich die Schüsse noch für ein Feuerwerk. Der ohrenbetäubende Knall, der mich gegen drei Uhr nachts aus dem Schlaf reißt, klingt wie ein sehr lauter Böller. Es kracht weiter, ich stecke mir Stöpsel in die Ohren und schlafe wieder ein. Trotzdem wache ich bis zum Morgengrauen mehrmals von den Explosionsgeräuschen auf. 

Am nächsten Morgen erfahre ich: Es gab Schießereien in dem Armenviertel, das ich von meinem kleinen Balkon aus sehen kann. In der folgenden Nacht weiß ich nicht, was ich tun soll: das Bett vom Balkon wegrücken? Auf dem Boden schlafen? Ich tue nichts von beidem. Die Vorstellung, dass mich wirklich eine Kugel treffen könnte, ist einfach zu unwirklich. Auch, wenn ich die Schüsse hören kann.  

Ich studiere für ein Semester an der Universität von Niterói, einer Stadt mit Blick auf Christusstatue und Zuckerhut, am anderen Ende der Bucht von Rio de Janeiro. Dass Rio nicht nur Copacabana, Samba und Caipirinha bedeutet, sondern auch Gewalt und Kriminalität, das wusste ich natürlich. Dass ich in einen regelrechten Straßenkrieg geraten könnte, habe ich dennoch nicht gedacht.  

Es sind wohl rivalisierende Drogengangs, die um das Kommando in den Favelas des Bezirks kämpfen. Seit Beginn der 80er Jahre operieren die Rauschgifthändler von den illegal errichteten Armensiedlungen aus, die sich in die vielen steilen Hügel in Rio und Umgebungs schmiegen. Denn der brasilianische Staat gab sich lange Zeit geschlagen gegenüber dem dort herrschenden sozialen Elend und überließ die Viertel sich selbst – eine optimale Bedingung für die Kriminellen. Erst kürzlich hat eine Drogengang eine dieser Favelas „erobert“. Sehr zum Missfallen eines konkurrierenden Kommandos. Seither fliegen Kugeln.  



Auch Rocinha, Rios größte Favela, ist Teil des Befriedungsprojektes des Staates. Wegen der Befriedung weichen Kriminelle Gruppen auf die Nordzone Rios und in die Vorstädte aus - auch nach Niterói, wo unsere Autorin zur Zeit studiert.

In der Zeitung lese ich, dass es sich um Anhänger der Kartelle „Amigos dos Amigos“ (Freunde der Freunde) und „Comando Vermelho“ (Rotes Kommando) handelt. Das rote Kommando hätte bisher die Favela in der Nähe des Hauses beherrscht, in dem ich bei einer Gastfamilie untergekommen bin. Die Konkurrenz versuche jetzt, die Macht zu übernehmen. Wenn das stimmt, habe ich zwei der schlimmsten Verbrecherbanden Rios als Nachbarn. Da beruhigt es mich auch nicht, dass in dem Artikel steht, die Kämpfe würden innerhalb einer Favela stattfinden – während meine Vermieterin mir erzählt, die Gangs würden sich zwischen zwei Hügeln beschießen und das Haus, in dem wir wohnen, liege direkt dazwischen.  

Verlagerung der Gewalt

Eigentlich liest, hört und sieht man in deutschen Medien momentan ja vor allem viel darüber, dass sich die Sicherheitslage in Brasilien verbessert. Das stimmt: Seit Ende des Jahres 2008 räumt die Militärpolizei für Fußball-Weltmeisterschaft und Olympische Spiele in den Slums auf, vertreibt die Drogenbosse. Und anders als früher bleibt sie danach dort, sorgt für Ruhe und Ordnung und schützt soziale Projekte für die benachteiligten Bewohner. Pazifizierung nennt der Staat das Programm.  

In Niterói scheinen die Pazifizierungen Kriminalität und Gewalt nur zu verschlimmern. Denn die Drogenbosse, die von den Favelahügeln der reichen Südzone vertrieben wurden, fliehen nun in unbefriedete Favelas in Rios Nordzone und in die Nachbarorte der Stadt. Nachbarorte wie Niteròi. Die liegen nicht in strategischer Nähe zu Stadien und Sehenswürdigkeiten. Touristen werden sich zur WM 2014 und Olympia 2016 hierher eher nicht verlaufen, weswegen diese Gegenden nicht befriedet werden. Seit 2009 nimmt die Gewalt dort rapide zu, die lokalen Medien berichten von Überfällen, Entführungen und Morden– und nachts wird geschossen. Die Befriedung ist wohl eher eine Verlagerung.

Doch trotz des Gewaltausbruchs in der Stadt und in meinem Viertel will ich mich nicht einschränken und fahre nachmittags mit einer Freundin an den Strand. Als ich das Haus verlasse, gehen die Schüsse wieder los. Ich zucke zusammen. Die Menschen vor mir beginnen zu rennen.  

In der Vorlesung am folgenden Tag klopft mein Herz schneller als gewöhnlich. Ich drehe mich auf der Straße ständig um, beeile mich, vor Einbruch der Dunkelheit nach Hause zu kommen. Bei der Bäckerei an der Ecke fragt mich eine Frau, ob ich in die gleiche Richtung müsse wie sie – sie wolle nicht alleine zu ihrer Wohnung laufen. Zu Hause angekommen schrecken endlose Schusssalven meine Gastfamilie und mich beim gemeinsamen Abendessen auf. Und spätestens als der Vater den Sohn ermahnt, sich nicht zu nah am Fenster aufzuhalten, wird mir klar, dass die Gefahr echt ist. So unwirklich sie mir auch erscheint. Ich verbringe diese Nacht noch in meinem Zimmer, dann ziehe ich zu Freundinnen nach Rio und schlafe dort auf dem Sofa. Ich kann das. Die anderen Menschen, die hier wohnen, nicht.  

Warum schießen die Menschen aufeinander? Ist das Viertel jetzt auch außerhalb der Favelas unsicherer als zuvor? Unternimmt der Staat irgendetwas? Das alles wollen meine Freundinnen wissen. Ich kann ihre Fragen kaum beantworten.  

Denn es ist schwierig, herauszufinden, was wirklich geschieht. Die Polizei leugnet zunächst die Schießereien gegenüber der Presse. Dann marschiert sie doch in eine der Favelas ein, es wird der Tod eines „bandidos“ gemeldet. Laut Polizeiangaben starb er im Gefecht. Durch einen Kopfschuss, was eher für eine Exekution als einen Tod im Kampf spricht – Polizeiarbeit, wie sie vor dem Pazifizierungsprogramm in den Favelas üblich war.  

Danach gehen die Schießereien weiter. Ob die Polizei an ihnen beteiligt ist, wissen die Anwohner nicht.

Meine Vermieterin schreibt eine Petition an die Sicherheitsbehörden. Sie will mehr Polizisten in Niterói, am besten die Pazifizierungs-Soldaten, die Rios Favelas besetzen. Wie die meisten Anwohner, mit denen ich gesprochen habe, fühlt sie sich im Stich gelassen, schimpft, dass Niterói dafür bestraft wird, kein Austragungsort von Wettkämpfen bei der WM und bei Olympia zu sein.  

In Rio erreicht mich eine Nachricht von ihr. Tatsächlich sind jetzt in Niterói mehr Polizisten im Einsatz. Die Schüsse seien nur noch manchmal nachts zu hören und es patrouilliere abends Polizei auf der Straße. Auch seien weitere Kriminelle verhaftet worden.  

Umzug ins "verlorene Viertel"

Ich ziehe trotzdem um, in das Univiertel von Niteròi, nach Ingá. Zunächst schrecke ich jedes Mal zusammen, wenn ich ein lautes Geräusch höre. Mit der Zeit aber entspanne ich mich immer mehr, die Erfahrung erscheint mir wie ein böser Traum. In Ingá wirkt es ruhig, auch wenn wieder – wie überall in der Stadt – eine Favela in meiner unmittelbaren Nachbarschaft liegt.  

Dann aber erfahre ich, dass ein Straßenzug bei mir um die Ecke „verlorenes Viertel“ heißt. Der Grund: Gangster, die hier regelmäßig Studenten überfallen, rufen „verloren, verloren“, wenn sie eine Waffe auf ihr Opfer richten. Auch wenig beruhigend ist der Grund, weshalb die Uni im Herbst 2012 Busse eingerichtet hat, die die verschiedenen Fakultäten miteinander verbinden: damit die Studenten sich so wenig wie möglich zu Fuß auf den Straßen um den Campus herum bewegen müssen.

Kurz darauf höre ich im Morgengrauen Schüsse. Sie kommen von der Favela nebenan. Was mir als Ausnahmezustand erschien, ist jetzt vielleicht einfach Alltag in Rios Nordzone und den Vorstädten der Stadt.

Jay-Zs Probleme

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Dass die "Bitch" ihm keine Sorgen bereitet, verrät Jay-Z in seinem "99 Problems". Aber was denn dann? Der Illustrator Ali Graham hat in den Songs des Rappers nachgehört - und zeichnet jeden Tag ein neues Problem auf.

Ein wenig rechnet man ja noch immer mit Inhalt. Mit Wahrheit, dem echten Leben: Straße, Unterdrückung, Rassenkampf, Politik. Mag sein, dass dieses umfassend totzitierte Klischee vom Rap als CNN der Schwarzen, das Chuck D einst ausgab, als es vielleicht noch Sinn ergab, da noch immer herumwabert. Aber wenn man genauer hinhört: raumgreifend viel kommt meist nicht mehr. Kaum Ghetto, wenig Obdachlosigkeit. Stattdessen eher etwas wie: „So many watches I need eight arms!“ (Jay-Z).  




Ob man sich noch an früher erinnere, als der Rap noch „conscious“, also politisch und gesellschaftlich ambitioniert war, fragt Chilly Gonzales im Song „Rap Race“ in seiner nie ganz geklärten Ironie: „It’s better now, they talk about watches“, fährt er fort. Witzig. Aber auch Klug, analytisch bestechend fast, weil es den vermeintlichen Straßenhabitus, den Hip Hop für manch einen noch immer hat, wegwischt und den Blick frei räumt auf die eigentliche Logik hinter der Musik (wenigstens in der kommerziellen amerikanischen Variante): Kapitalismus! In Reinkultur! Uhren, Autos, Villen – das sind die Insignien der eigenen Größe. Und später, mit wachsendem Erfolg: Yachten, Gemäldesammlungen und Multimillionen-Dollar-Unternehmen.  

Später, das ist Jay-Z. Auch in Reinkultur. Dieser Baumlange Rapper hat sich erst als MC, dann als gesellschaftlicher Emporkömmling (vom Klein-Dealer zum Großverdiener) und letztlich als Multimillionen-Dollar-Unternehmer derart selbst etabliert, derart zum Standard der Dinge erhoben, dass ihm noch immer der Gestus des Realen anhaftet. Will sagen: Jay-Z erscheint noch immer so, als hätte er etwas zu sagen.  




Wie wenig das stimmt, zeigt sein aktuelles Album – und der wunderbar nicklige Tumblr „probs99“: Der Betreiber, Illustrator Ali Graham, hat sich Jay-Zs „99 Problems“ genauer angehört: Resultat: Die „Bitch“ bereitet dem Rapper dem zugegebenermaßen ziemlich fetten, aber auch ziemlich blöden Song zufolge keine schlaflosen Nächte. Aber was dann? 99 Probleme bleiben ja, die der Text aber nicht erschöpfend benennt. Deshalb hat Graham sich auch noch andere Jay-Z-Stücke angehört – und die markantesten Aussprüche aufgezeichnet:  

Von „I’m about to go ham“über „Radio don’t play my hits“, „Picasso Baby“ und „Bad tailoring“ bis hin zu „With great power comes great responsibility“. Jeden Tag kommt ein neues Bild hinzu. Am Ende könnte vielleicht ein neues Klischee stehen: Der Tumblr als CNN der oberen Zehntausend der Welt?!


Kaiserschmarrn und Kaffeeklatsch

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Gegessen wird immer, aber jeder macht es anders. In der Kolumne Kosmoskoch dokumentieren jetzt-User und jetzt-Redakteure jeweils eine Woche lang, was am Abend bei ihnen auf den Tisch kommt, und schreiben auf, warum. Heute: jetzt-Mitarbeiterin Michaela Maget.

Diese Woche hat sich jetzt-Mitarbeiterin Michaela Maget die Mütze des Kosmoskochs aufgesetzt.

Montag:




Am ersten Tag habe ich mich ziemlich verausgabt und Nudeln mit Tomatensoße gekocht – gekocht ist vielleicht eher ein gewagter Ausdruck dafür. Sagen wir: zubereitet. Auf dem Balkon bei bestem Wetter haben meine Mitbewohner und ich den Abend mit Nudeln und Bier genossen.

Dienstag:



Kaiserschmarrn. Sehr lecker. Aber ich will mich jetzt nicht mit fremden Lorbeeren schmücken – gekocht hat dies eine Freundin und ich habe es gegessen. Gut gemacht Freundin!

Mittwoch:



Heute war wieder so geniales Wetter und mein Obst schrie nach Obstsalat. Darum gab es Mittwochabend Obstsalat.

Donnerstag:



Heute geht das Lob wieder an mich. Vegetarische Lasagne mit Tofu, mmmh.

Freitag:



Spargelcremsuppe. Ohje, schon wieder nicht von mir! Mitbewohner Steffen hat's aber gut gemacht.

Samstag:



Eier mit Kartoffeln und Spinat. Als Kind hab ich Spinat gehasst und heute könnte ich Eimerweise davon essen.

Sonntag:



Eierlikörkuchen. Kaffeeklatsch bei einer befreundeten WG. Lecker, lustig und ein perfekter Sonntagnachmittag.




Abends einen Hugo auf dem Balkon. Einen guten Wochenstart euch allen!

Auf der nächsten Seite liest du Michaelas Antworten auf den Fragebogen zur Kochwoche.

Welchen Stellenwert hat Essen in deinem Leben?  
Ehrlich gesagt mal so, mal so. Ich esse gerne und am liebsten in Gesellschaft, aber wenn die Zeit an manchen Tagen hinten und vorne nicht reicht, bestehe ich nicht auf ein perfektes und wunderschön hergerichtetes Essen.     

Was ist dir beim Essen und Einkaufen besonders wichtig?
 
Ohje, nachdem ich eher vorbelastet bin – meine Mama ist Köchin – schau ich zwar darauf, dass Obst und Gemüse von hier oder bio sind, aber ganz so konsequent bin ich leider doch nicht.    

Erinnerst du dich, wann du zum ersten Mal für dich selbst gekocht hast und wer dir das Kochen beigebracht hat? 
 
Beigebracht hat es mir natürlich meine Mama, aber wir haben ziemlich schnell festgestellt, dass ich keine geborene Köchin bin. Das erste Mal für mich gekocht, hm, ganz genau kann ich das nicht sagen – vielleicht Spiegeleier im Grundschulalter?!  

Was war dein Lieblingsessen als Kind?
 
Ganz definitiv: Pommes!

Was ist dein aktuelles Lieblingsessen?  
Das wechselst sich schon fast wöchentlich ab. Aber momentan mag ich Sojaschnitzel mit Nudeln ziemlich gerne!  

Was magst du gar nicht?
 
Da ich ein Veggie bin: Fleisch!

Mittags warm und abends kalt oder andersrum? 
Das ändert sich auch ständig, aber die Tendenz geht zu mittags warm und abends kalt.    

Wo isst du am liebsten, am Tisch oder auf dem Sofa?
 
Bitte verurteilt mich nicht, aber ich bevorzuge eindeutig das Sofa.
 
Was trinkst du zum Essen? 
 
Das, was da ist.  

Wie oft gehst du auswärts essen und hast du ein Lieblingsrestaurant?   
Leider gehe ich nicht besonders oft auswärts essen, vielleicht wenn meine Eltern zu Besuch sind oder ich anderweitigen Besuch habe. Aber wenn, dann gerne zum Preysinggarten in München-Haidhausen.  

Was isst du, wenn es schnell gehen muss?   
Ein Brot mit dem, was im Kühlschrank ist, oder ich hol mir schnell unterwegs etwas.

Was war das aufwändigste Gericht deines Lebens? 
Mit dem Backen kann ich mehr prahlen: Einen Autokuchen mit aller Art Verzierung für meinen kleinen Bruder zum Geburtstag.  

Hast du ein Standard-Gericht, wenn Eltern oder Freunde zu Besuch kommen?   
Da passt ein Zitat von meinem Papa ganz gut: „Michaela, immer wenn wir bei Dir zu Besuch sind, gibt’s entweder Pizza oder Nudeln.“

"Zu zehn Prozent braucht es Hirn"

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Soul ist auch nach 50 Jahren nicht tot zu kriegen. Einer der Gründe dafür: Mayer Hawthorne. Der 34-Jährige aus Detroit gilt als Fackelträger des Vermächtnisses von Motown und hält dessen Erbe auch auf seinem neuen Album stilecht am Leben. Ein Interview über die Arbeit als Dachdecker, Snoop Dogg und Autofahrten mit seinem Vater.

jetzt.de: Du spielst verschiedene Instrumente. Das Bass-Spielen hat dir dein Vater beigebracht. Ist er mit deinen Fertigkeiten zufrieden?
Mayer Hawthorne: Ja. Er hält mich sogar für besser als sich selbst, aber das ist Quatsch. Außerdem haben wir grundverschiedene Spielstile.  

Dann ist er mit dem bisherigen Verlauf deiner Karriere vermutlich zufrieden, oder?
Mein Vater war immer sehr skeptisch bezüglich meines Entschlusses, Berufsmusiker zu werden. Er spielt selbst seit Ewigkeiten in einer Band und weiß daher, wie schwer es ist, als Berufsmusiker Fuß zu fassen. Daher hat er immer sehr viel Wert darauf gelegt, dass ich in der Schule aufpasse und meinen Abschluss mache. Aber klar: Mein Vater ist mein größter Fan.  

Welcher Beruf hat ihm denn für dich vorgeschwebt?

Er wollte immer, dass ich Chinesisch lerne. Er war der Meinung, das würde mir auf ewig einen Job garantieren. Ich hatte aber keinen Bock darauf. Stattdessen habe ich Informatik gelernt. Fand er auch okay.  

Gab es einen Punkt, an dem seine Skepsis plötzlich zu Stolz wurde?

Diesen Punkt gab es bisher noch nicht, fürchte ich. Der Stolz ist zwar da, aber seine Nervosität wird er wohl nie ganz ablegen können. Ich bin ja genauso und habe Angst, dass morgen alles vorbei sein könnte.  



Hat als Kind für Frisörbesuche Platten bekommen: Mayer Hawthorne.

Wir kritisch ist dein Vater, wenn du ihm neue Sachen vorspielst?
Mein Vater ist mein größter Kritiker. Aber dafür liebe ich ihn auch. Sobald ich einen neuen Song fertig habe, schicke ich den immer sofort zu meinen Eltern. Manchmal ist das schmerzhaft. Eins meiner Lieblingsstücke vom neuen Album ist "Allie Jones" und das habe ich meinem Vater voller Stolz zugeschickt. Sein Kommentar dazu war: "Find ich irgendwie komisch. Gefällt mir nicht." Da war ich platt.  

Und?
Zwei Tage später schrieb er mir erneut und meinte: "Ich hab mir den Song noch mal angehört. So schlecht ist er doch nicht. Er wächst mit der Zeit."  

Änderst du denn manchmal etwas an deinen Songs auf Anraten deiner Eltern – oder packst sie gar nicht erst auf ein Album?
Nein. Aber ihre Meinung ist mir wichtig. Es gibt höchstens 15 Leute auf der Welt, deren Meinung mir wirklich etwas bedeutet.  

Wessen Meinung ist dir denn wichtiger – die von deinen Eltern oder die von Leuten wie Snoop Dogg oder Justin Timberlake, die bekanntermaßen deine Fans sind?

Die Meinung meiner Familie und enger Freunde bedeutet mir mehr. Obwohl ich sagen muss, dass Snoop mittlerweile ein guter Freund von mir ist – dadurch ist mir auch seine Einschätzung wichtiger geworden. Aber nur, weil jemand berühmt ist, interessiert mich nicht automatisch dessen Meinung. Es gibt schließlich eine ganze Menge Celebrities mit furchtbarem Musikgeschmack.  

Wie heißt denn eigentlich die Band deines Vaters?
The Breakers. Die spielen aber keine eigenen Songs, sondern konzentrieren sich auf Coverversionen von Classic-Rock-Songs.  

Profitieren sie von deinem Ruhm?

Klar - neulich war ein Foto meines Vaters in der Entertainment Weekly. Er ist jetzt auch berühmt!  

Wenn du auf Spotify registriert bist, kannst du hier das neue Album "Where Does This Door Go" hören:
Mayer Hawthorne – Where Does This Door Go

Stimmt es eigentlich, dass dich deine Eltern früher immer mit Platten bestochen haben, wenn sie wollten, dass du etwas tust?
Manchmal, ja. Ich habe es als Kind gehasst, zum Friseur zu gehen, und habe regelmäßig Wutanfälle bekommen. Um mich zu beschwichtigen, habe ich von meinen Eltern dann immer eine Platte gekriegt. Daher stammt auch mein DJ-Name "Haircut". 

Andere
Kinder hätten Spielzeug vielleicht besser gefunden...
Aber Platten haben mich fasziniert. Das waren die Spielzeuge, die ich haben wollte. Ich war besessen davon. Natürlich hatte ich auch ein paar Transformers und G.I.-Joe-Figuren – fand ich aber langweilig im Vergleich zu Platten.  

Das hast du dir vermutlich bei deinen Eltern abgeguckt, oder?

Ja, meine Eltern hatten eine große Plattensammlung und haben immer viel Musik aufgelegt. Sie haben mir auch viel über Musik beigebracht. Mein Vater hatte damals einen Laden für gebrauchte Autoteile, zu dem sind wir morgens immer in seinem alten Ford Bronco gefahren und haben dabei Radio gehört. Und mein Vater konnte mir zu jeder Gruppe etwas erzählen: wie der Leadsänger heißt, wann die letzte Platte rauskam oder wie das Konzert war. Dadurch habe ich eine tolle musikalische Allgemeinbildung bekommen.  

Du hast mal gesagt, ein perfekter Sonntag bedeute für dich zuhause Musik zu hören und Platten zu sortieren. Wann hattest du das letzte Mal einen solchen Sonntag?
Ach, das ist noch gar nicht so lange her. Ich achte sehr darauf, dass ich mir ausreichend Zeit dafür nehme. Das finde ich wichtig. Und das genieße ich auch entsprechend.  

Gibt es denn eine bestimmte Platte, die alles für dich bedeutet und die du nicht für eine Million Dollar verkaufen würdest?

Ja, es gibt ein paar Platten, die einen sentimentalen Wert für mich haben, der in Geld kaum aufzuwiegen ist. Es gibt zum Beispiel eine Platte der Band Shorty’s Portion, von der ich auch den Song "Fantasy" für meine "Impressions"-EP gecovert habe. Die habe ich von meinem guten Freund und Förderer Peanut Butter Wolf geschenkt bekommen. Ich habe nie ein weiteres Exemplar dieser Platte gesehen, vermutlich gibt es davon auf der ganzen Welt nur noch 50 Stück. Aber der Wert, den sie für mich hat, liegt noch nicht einmal in ihrer Seltenheit, sondern in dem Umstand, dass ich sie von Peanut Butter Wolf geschenkt bekommen habe, einem meiner allerbesten Freunde. Diese Platte würde ich nie verkaufen.  

Bevor du mit der Musik durchgestartet bist, hast du eine ganze Reihe verschiedener Jobs gemacht. Welches war der schlimmste von allen?
Oje, ich habe so viele Scheißjobs gemacht... Aber am schlimmsten war es wahrscheinlich als Dachdecker. Ich musste bei über 40 Grad auf schwarzen Teerdächern in Detroit herumrobben und alte Dachplatten abnehmen. Dann musste ich die neuen Dachplatten, jede wog so um die 60 Kilo, die Leiter rauftragen und auf dem Dach festnageln. Das war echt hart, aber ich hab’s ein paar Sommer lang durchgezogen.  

Was hat dir der Job rückblickend gebracht?

Dieser Job hat einen Mann aus mir gemacht und mir den Wert von harter Arbeit gelehrt. Ich komme ja aus Detroit, einer Arbeiterstadt, und dort lernt man, dass man hart arbeiten muss, um etwas zu erreichen. Meine Eltern haben immer gesagt: "Zu zehn Prozent braucht es Hirn, zu 90 Prozent Schweiß" – und diese Erkenntnis hat mir wahnsinnig geholfen, als ich vor ein paar Jahren nach Los Angeles gezogen bin. In L.A. sind ja alle wahnsinnig relaxt, jeden Tag scheint die Sonne, es herrscht eine entspannte Atmosphäre. Deswegen sind die Leute da wahrscheinlich auch etwas fauler. Als wir dort hingezogen sind, haben wir natürlich weiterhin so hart an unseren Songs gearbeitet, wie wir es von zuhause kannten – und das hat uns letztlich den Erfolg gebracht. Wir haben unsere Konkurrenz regelrecht an die Wand gearbeitet.

Wo bleiben die Frankenberger?

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Junge Leute für politische Ämter zu begeistern, ist hierzulande nicht so leicht.

Wenn junge und sehr junge Menschen einer Bundestagsdebatte zuschauen oder einen Abgeordneten befragen, heißt es hinterher ganz oft: Von wegen, die jungen Leute sind politikverdrossen. Die stellen doch ganz viele Fragen, sind neugierig, wollen alles wissen. Die haben verstanden, dass dieses Land wache junge Geister braucht, solche, die nicht alles hinnehmen, sondern die Politik beim Wort nehmen möchten. Politik bedeutet Teilhabe, das wissen die wie sonst keiner, und wenn irgendetwas schiefläuft in diesem Land, dann zeigen sie mit dem Finger auf die Stelle, von der das Schieflaufen ausgeht. Junge Menschen sind nicht politikverdrossen, sie haben nur ein anderes Verständnis von Politik, so könnte man es auch sagen. Für sie ist es zum Beispiel nicht mehr so wichtig, was in Ägypten geschieht; dafür setzen sie sich vehement für ein besseres Leben hierzulande ein und fordern ein allgemeines Rauchverbot, Trinkverbot, Schimpfverbot, Was-auch-immer-Verbot. Was sie aber ganz selten tun, ist: selbst in die Politik gehen, ein Amt anstreben, mitgestalten wie der junge Rebell Sebastian Frankenberger, der jetzt bald bayerischer Landtagsabgeordneter werden will, damit er endlich einen anständigen Beruf hat.



Sebastian Frankenberger senkt mit seinen 31 Jahren den Altersdurchschnitt im deutschen Politikbetrieb erheblich. 

In den USA sitzen die jungen Leute nicht in hipsterbräsigen Debattierclubs rum wie in Berlin; sie weisen nicht auf Bruchstellen hin und stellen keinen Abgeordneten in Parlamentskantinen nach. Sie nehmen ohne Wenn und Aber, manchmal sogar ohne vorhergegangene Schulausbildung, herausragende politische Ämter an. Und das schon sehr früh. Robert Tufts zum Beispiel ist im Alter von vier Jahren Bürgermeister seines Heimatorts Dorset geworden. Er hat kraft seines Amtes bereits im vergangenen Jahr die Fischerei-Saison eröffnet und begrüßt regelmäßig die Gäste in den örtlichen Restaurants, von denen es in Dorset ungefähr fünf gibt - Dorset gilt deshalb auch als Restaurant-Metropole, aber das nur nebenbei. Viel wichtiger ist, dass sich Tufts derzeit auf seine zweite Amtszeit vorbereitet. Kontinuität ist nämlich wichtig in einer Gemeinde wie Dorset, die keine eigene Verwaltung besitzt und in welcher die professionelle Lokalpolitik gewissermaßen noch in den Kinderschuhen steckt.

Warum ist es in Deutschland so viel schwerer, sehr junge Menschen an politische Ämter heranzuführen? Erstens natürlich wegen des Wahlgesetzes, das Kandidaten ein bestimmtes Mindestalter vorschreibt. Zum Zweiten bietet der deutsche Wahlkampf wenig Anreize für die Jungen, sich für ein politisches Amt zu bewerben. Peer Steinbrück, der Kanzlerkandidat der SPD, ist jetzt der Erste, der ein ausgeklügelte Lock-Programm für den sehr jungen Politiknachwuchs angekündigt hat. Beim großen Deutschland-Fest im August wird er Märchen vorlesen. Welche, weiß er noch nicht, aber es sollen angeblich nicht dieselben sein, die im Parteiprogramm stehen.

Wie tief wirst du stürzen?

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Die zweite Staffel der HBO-Serie 'The Newsroom' gewährt Einblicke in die Ängste, Lügen und Süchte einer Branche, die sich für unantastbar hält

Seit Wochen starrt der Mann mittleren Alters auf diesem Plakat am Sunset Boulevard in einen kaputten Fernseher. Beide - der Mann und der Fernseher - sehen aus, als ob ihre Zeit bald abgelaufen ist. Das Plakat bewirbt die neue Staffel von Newsroom. Amerika, Politik, State of the Art, betrachtet aus der Sicht eines Nachrichtensenders.

Doch im Prinzip geht es um den Umgang mit Adrenalin - einer Nation und des Einzelnen. Den Umgang damit, wenn man live spricht, wenn in Ägypten live geschossen wird. Nachrichten, CNN-Gefühl. Herzinfarktgefahr, ständig. Der Sender, um den es in der HBO-Serie geht, trägt den Fantasiename ACN und bildet die ganze Welt in der Größe eines Newsrooms ab. The Newsroom, geschrieben von Starautor Aaron Sorkin (The Social Network, The West Wing), erzählt von der Fabrikation von Realität, davon, welchen Einfluss republikanische Milliardäre auf die 'Wahrheit' haben, all diese harten Themen. Das könnte sehr schnell sehr beschwerlich sein.

Doch ACN verfügt über ein herzinfarktgefährdetes Gesicht, einen Anchorman, der alles rausreißt und alles beleidigt. Will McAvoy (Jeff Daniels) moderiert jeden Abend die News und findet sich Wahnsinn. Will gehört zu der Generation, die mit Internet nicht viel am Hut hat und das Fernsehen noch für eine starke Waffe hält. Er schläft nachts schlecht, ist jähzornig und hört mit Zigarre in der Hand traurigen Rock auf seiner Dachterrasse in Manhattan. Mitleid hat man nicht mit ihm. Will ist das Gesicht, die Stimmung im Sender.



Die Schauspieler Alison Pill und John Gallagher bei der Premiere der 2. Staffel von "The Newsroom"

Sein Umfeld: junge, ehrgeizige Männer auf der Suche nach Geschichte, die 'Karrieren machen und Präsidentschaften beenden', wie man das bei ACN sagt. Und Frauen. Da ist MacKenzie McHale (Emily Mortimer) die Chef-Produzentin, englische Kodderschnauze und eine Frau, die 'alles reparieren will, was ihr in den Weg kommt', sagt die Schauspielerin bei der Staffelpräsentation in Los Angeles. Da ist Sloan Sabbith (Olivia Munn), hammerharte TV-Ökonomin mit Stahlwangenknochen, die von MacKenzie wegen ihres Gehirns und ihrer Wahnsinnsbeine eingestellt wird.

Da ist Maggie Jordan (Alison Pill), Kindergesicht, Bambiaugen, die gleich zwei Jungs an den Schreibtischen neben sich verrückt macht und so ist, wie man als Anfängerin in den Medien eben ist: Sie will es wissen, alles richtig machen. Das 'Richtige' gibt es aber nicht, beziehungsweise es wird von jedem anders ausgelegt. Sorkin hat eine gute Crew. Jeder Charakter spielt mindestens eine Lüge aus der Medienwelt.

Für die erste Newsroom-Staffel im vergangenen Jahr musste Sorkin eine Menge Prügel einstecken. Zu viele liberale Reden, der konservative Sender Fox News schimpft die Serie eine 'liberale Fiktion', was Sorkin nicht als Kompliment begriff. Und das, obwohl 'es wahrscheinlich eine liberale Fiktion ist', wie Sorkin zugibt. Außerdem: zu lange Reden von einem Mann. Und dann die Sexismusvorwürfe wegen der Frauenrollen, worüber sich die Frauen in der Serie am meisten wunderten. Sorkins Newsroom besteht sogar die Bechdel-Prüfung, einen Kurztest, der in Hollywood besagt, wann ein Film oder eine Serie feministisch ist: Erstens müssen zwei Frauen namentlich vorkommen. Zweitens müssen sie miteinander reden. Drittens über ein Thema, das nichts mit 'Mann' zu tun hat. All das schafft Newsroom locker. Frauen reden hier über Drohnen, nicht über Strümpfe, oder eben Männer.

Für die neue Staffel, die seit Sonntag in den USA läuft und in Deutschland im On-Demand-Angebot von Sky, nahm sich Sorkin die Sache wirklich zu Herzen und schrieb vergangenes Jahr dreiviertel der neuen Folgen um. 'Er wünschte uns schöne Weihnachten, und dann verschwand er', sagt Jeff Daniels in Los Angeles. Dann ging es sofort los. Proben kennt Aaron Sorkin nicht, alle sollen auf Adrenalin sein, genauso wie er, sein Ziel: die Schauspieler in eine ähnliche Stimmung bringen, in der er selber ist, quasi co-abhängig.

Sorkin gilt laut Hollywood Reporter als 'angsty', besessen. Er dusche sechsmal am Tag, jedes Mal, bevor er eine neue Szene schreibt. Früher habe er seine Angst mit Kokain bekämpft, doch seit einer Festnahme 2001 auf dem Flughafen Burbank wegen des Angstkillers hat er seine Angst lieber wieder ins Schreiben gelegt. Jeff Daniels schwärmt: 'Es ist, als hätte ein Jazzpianist die zweite Staffel geschrieben.' Für die hat sich Sorkin sogar die Nase gebrochen, als er eine Szene vor seinem Badezimmer ein wenig zu heftig spielte. Das muss ihn anschließend zu den richtigen Fragen für die zweite Staffel geführt haben: Was ist, wenn du glaubst, dein Job in den Medien macht dich unantastbar, doch in Wahrheit wird er dich tiefer stürzen als du je geahnt hast?

Wir befinden uns im Jahr 2012, im Wahlkampf zwischen Barack Obama und seinem republikanischen Herausforderer Mitt Romney. Will behauptet on air 'die Tea Party sind die Taliban der USA', woraufhin ihm der Senderchef die 9/11-Sondersendung entzieht und Will eine Kettenreaktion im Sender auslöst. In Wills Augen ist sein Kommentar eine salontaugliche Provokation, eine, die er sich verdient habe nach all den Jahren der Zurückhaltung. Er ist doch wer. Will ist die Art Mann, die Provokationen immer ohne Konsequenzen vermutet. Um Will steht es nicht gut.

'Er fängt an, sich nachts zu googeln und mehr zu trinken. Ich kenne Wills Angst des Versagens. In jedem fünften Auto in Los Angeles sitzt ein arbeitsloser Schauspieler in meinem Alter', sagt Daniels. Als nächstes wird der Sohn der Senderbesitzerin (gespielt von einer genial machohaften Jane Fonda) aus der Aufsichtsratssitzung ausgeladen, Anwälte müssen Überstunden machen, um den Sender zu retten. Natürlich wird das Newsroom-Gefüge davon betroffen, die Belegschaft sucht nach neuem Adrenalin, das mit der alten Ordnung verloren gegangen ist. Am härtesten trifft es Maggie. Sie kehrt mit roten, kurzen Haaren und Psychoblick aus Afrika zurück.

Von der Anwältin auf die roten, extrem unvorteilhaften Haare angesprochen sagt Will diesen Will-Satz: 'Frauen probieren Dinge aus.' Doch wir wissen, dass Maggies Suche nach Adrenalin ihren Angsthaushalt für immer zerstört hat. Sie wird süchtig bleiben, nach Erlebnissen, die sie umbringen könnten. Das ist Sorkins eigentliches Talent in der zweiten Staffel: zeigen, wie aus Journalisten irgendwann Junkies werden, die ihren Adrenalinhaushalt nicht mehr kontrollieren können und alles tun, um sich das Zeug zu besorgen.

Man muss sich klarmachen, dass diese Leute versuchen, uns die Welt zu erklären. Doch Aaron Sorkin weiß, dass Entzug von einem bestimmten Punkt an nicht mehr möglich ist.

Deutsche haben wenig Gemeinsinn

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Im internationalen Vergleich liegt die Bundesrepublik nur im Mittelfeld. Viele haben Vorbehalte gegen Zuwanderer.

München - Der Gemeinsinn der Deutschen ist im Vergleich zu anderen Industriestaaten nur mittelmäßig ausgeprägt. Doch hat die Bundesrepublik seit Ausbruch der globalen Finanzkrise einer neuen Studie zufolge gegenüber anderen Nationen aufgeholt, wenn es um den gesellschaftlichen Zusammenhalt des Landes geht. Skandinavier, Australier und Nordamerikaner halten allerdings deutlich besser zusammen als die Deutschen. Das geht aus einer umfangreichen Vergleichsstudie hervor, die an diesem Dienstag von der Bertelsmann-Stiftung vorgestellt wird und die der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Die Bundesrepublik steht nach den von 2009 bis 2012 erhobenen Zahlen unter

34 Ländern auf Rang 14. Für den Fünf-Jahres-Zeitraum davor errechneten die Sozialwissenschaftler der privaten Jacobs University Bremen in ihrem 'Radar gesellschaftlicher Zusammenhalt' lediglich Platz 18. Für 'bedenklich' halten die Forscher dabei jedoch die laut ihren Werten im Nationenvergleich sinkende Bereitschaft der Deutschen, Vielfalt in ihrem Land zu akzeptieren. Vor allem in wachsenden Vorbehalten gegenüber Einwanderern sehen sie ein 'Risiko für den Zusammenhalt' der deutschen Gesellschaft.



Das Wir-Gefühl der Deutschen ist im Vergleich zu anderen Industriestaaten nur mittelmäßig ausgeprägt.

In Dänemark hält die Gesellschaft nach diesen Berechnungen am engsten zusammen, ähnlich stark ist der Gemeinsinn in Norwegen, Finnland und Schweden. Auf den nächsten Plätzen folgen klassische Einwanderungsländer angelsächsischer Prägung wie Neuseeland, Australien, Kanada und die USA. In Rumänien, Griechenland und Bulgarien dagegen driften die Menschen am weitesten auseinander.

Für ihre Studie haben die Bremer Forscher Daten aus zwölf internationalen Erhebungen für einen Zeitraum von fast

25 Jahren ausgewertet. Dabei haben sie versucht, den gesellschaftlichen Zusammenhalt anhand von 58 Einzelpunkten zu messen. Dazu gehören Zahlen wie Wahlbeteiligung oder Korruptionsrate, vor allem aber Umfragen. In den in Bremen errechneten Zusammenhalts-Index gehen dabei die Antworten auf Fragen ein wie: Kann man den meisten Menschen trauen? Wie stehen Sie zu Menschen anderer Hautfarbe als Nachbarn? Wie groß ist das Vertrauen etwa in Politik oder Polizei? Haben Sie in diesem Monat einem Unbekannten geholfen oder Geld gespendet?

Mithilfe der daraus errechneten Kennzahlen will die Bertelsmann-Stiftung künftig regelmäßig internationale wie innerdeutsche Vergleichstabellen zum Stand des gesellschaftlichen Zusammenhalts veröffentlichen. Bereits jetzt erkennen die Forscher in ihren Zahlen klare Muster: Reichtum und eine gleichmäßige Verteilung der Einkommen stärken demnach den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Er ist in Staaten mit hohem Bruttoinlandsprodukt deutlich gefestigter als in ärmeren Ländern. Zuwanderung behindert den Zusammenhalt laut dieser Studie nicht: Etliche Länder, in denen viele Einwanderer leben, wie Australien oder die Schweiz, stehen in der Tabelle des Gemeinsinns weit oben, viele Staaten mit geringem Migrantenanteil weit unten.

Tupperware 2.0

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Ob Haushaltsgeräte, Schmuck, Kosmetik oder Sexartikel - immer mehr Firmen vertreiben ihre Produkte auf privaten Verkaufspartys.

Reiner Strecker weiß, wo es sich als Haustürverkäufer am besten arbeiten lässt: 'In Italien kommen Vertriebskräfte besonders schnell in Kontakt mit Kunden. Und wenn sie abends nach Hause kommen, haben sie ein gutes Dutzend Tassen Espresso getrunken', meint der geschäftsführende Gesellschafter der Vorwerk-Gruppe. Das Familienunternehmen aus Wuppertal, vor allem bekannt für seine Staubsauger, gehört zu den Pionieren im Direktvertrieb. So heißt die Art des Verkaufs, bei der Firmen ihre Produkte beim Kunden zuhause präsentieren. Die Zeiten, in denen die Verkäufer tagsüber unangemeldet von Haus zu Haus gingen, sind allerdings vorbei. Heute, so sagt Strecker, treffe ein Kundenberater zwischen neun und 18 Uhr kaum noch jemand zu Hause an, weil beide Partner arbeiteten.

Dennoch ist der Direktvertrieb nicht tot. Im Gegenteil. Nach einer Studie der Universität Mannheim erwirtschafteten Direktvertriebsunternehmen im vergangenen Jahr einen Umsatz von mehr als 17 Milliarden Euro. Seit 2007 sind die Erlöse um durchschnittlich elf Prozent pro Jahr gestiegen. Für das vergangene Jahr nennt der Bundesverband Direktvertrieb Deutschland (BDD) für seine Mitglieder sogar ein Umsatzplus von knapp 25 Prozent. Die Branche hat sich umgestellt: Statt wie früher auf gut Glück an der Tür zu klingeln, stimmen Direktvertriebler heute Termine mit Interessenten im Vorfeld ab. Zudem übergeben die Firmen ihren Mitarbeitern inzwischen oft einen festen Kundenstamm. Seitdem fällt es Vorwerk und anderen auch wieder leichter, neue Mitarbeiter für den Vertrieb zu gewinnen.



So sah sie aus, die klassische Tupperparty - mittlerweile gibt es auch Verkaufspartys für Kosmetik oder Sexartikel.

Rückenwind verspürt der Direktvertrieb jedoch vor allem, weil eine Verkaufsmethode boomt, die noch vor ein paar Jahren mausetot schien: die Shoppingparty im heimischen Wohnzimmer. Ganz so, wie es Tupperware, der amerikanische Hersteller von Frischhalteboxen, schon seit mehr als 60 Jahren macht: eine Gastgeberin lädt Freunde und Familie zu sich nach Hause. Dazu kommt eine Beraterin - drei Viertel der Direktverkäufer sind Frauen - und preist ihre Produkte an. Mal sind das Küchengeräte oder Putzartikel. Es können aber auch Schmuckstücke oder Sexartikel sein. Gemeinsam ist den Produkten meist nur eins: Sie sind eher im Premium- als im Discountbereich angesiedelt.

Je nach Höhe des Umsatzes bei der Heimvorführung erhält die Gastgeberin ein Geschenk. Die Verkäuferin, die den Job meist nebenberuflich macht, bekommt eine Provision. Es besteht kein Kaufzwang. Aber Verkaufspsychologen weisen darauf hin, dass sich viele Gäste gegenüber der Gastgeberin verpflichtet fühlen und deshalb zumindest eine Kleinigkeit erwerben. Auch, wenn sie den Artikel nicht brauchen oder die Schränke bereits überquellen.

'Gemeinsam mit Freunden werden Shoppingpartys immer mehr zu einem sozialen Ereignis, das über das bloße Verkaufen hinausgeht', sagt Jochen Acker, Vorstandsvorsitzender des BDD. Mehr als zwei Drittel der etwa zwölf Millionen Bestellungen, die 2012 bei den Mitgliedsunternehmen des Verbandes eingingen, wurden auf solchen Verkaufspartys getätigt. Die Branche setzt darauf, dass der Boom weitergeht und sucht händeringend nach neuen Beratern. 'Die meisten Direktvertriebsunternehmen wollen in Zukunft weiter expandieren und neue Vertriebspartner beschäftigen', beobachtet Studienautor Florian Kraus von der Universität Mannheim.

Im vergangenen Jahr beschäftigten die BDD-Unternehmen etwa 180 000 Außendienst-Mitarbeiter. Sie schätzen vor allem die freie Zeiteinteilung. Wirtschaftlich ist der Job für sie nicht immer lohnend. Wenn der eigene Freundeskreis 'abgegrast' ist, fällt es oft schwer, neue Interessenten für Verkaufspartys zu gewinnen. Die Firmen dagegen schwärmen von den Vertriebserfolgen der Shoppingpartys. So hat Vorwerk auf diesem Weg 2012 weltweit mehr als 750 000 Exemplare seiner Küchenmaschine Thermomix abgesetzt. Die erwirbt man nicht so im Vorbeigehen; das Gerät kostet knapp 1000 Euro.

Rücklichtslos

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"The Call" ist eine Kinomörderjagd auf Distanz mit Halle Berry in der Hauptrolle. Und ein Stück unaufgeregter Feminismus.

Es ist ein Spiel, eine energische Katz-und-Maus-Variante, bei der die Katz, weil mit gewaltigem Hightech ausgerüstet, dominiert - nämlich die Cops in der Notrufzentrale von Los Angeles. Konzentriert fragen sie dem bedrohten Opfer, dessen 911-Notruf sie angenommen haben, die wesentlichen Angaben ab, die Art der Bedrohung, Verfolgung oder Überfall, den Ort und seine möglichen Fluchtwege. Ein Einsatzwagen ist selbstverständlich schon zum Tatort unterwegs. Sie beruhigen und machen Vorschläge, wie man den Angreifer ruhigstellen oder ablenken könnte - das Fenster öffnen und dem Mörder im Haus suggerieren, man hätte das Weite gesucht, unterm Bett versteckt abwarten, bis er frustriert abzieht. Dazu werten sie alle Angaben, die sie kriegen, in ihrem großen Datencomputer aus - da macht der Film konkret erfahrbar, was der aktuelle US-Abhör- und Überwachungsskandal in der Praxis eigentlich bedeuten mag.



Halle Berry als Officer Jordan in "The Call"

Eines Tages ist Casey dran (Abigail Breslin), ein Mann hat sie in der Parkgarage einer Mall überfallen und in den Kofferraum seines Wagens gesteckt - aber das Mobilphon übersehen, das sie bei sich hat. Officer Jordan (Halle Berry) übernimmt, man kann das Gerät nicht orten, also muss man tricksen, um den Weg des Autos herauszufinden, die Identität des Fahrers und sein Ziel. Thriller wie diesen hat es in den Fünfzigern und Sechzigern dutzendweise gegeben, kleine B- oder C-Kammerspiele, die zusammen mit den großen Filmen im Kino liefen, später dann im Fernsehen.

Versuch das Rücklicht von innen herauszuschlagen, rät Jordan Casey, dann versuch mit der Hand durch das Loch nach draußen zu langen. Der Suspense wird ganz cool und pragmatisch in diesen Momenten, er verliert alle Hitzigkeit, konzentriert sich auf die klare Schönheit von Aktion und Reaktion. Wird das Mädchen es schaffen, das Rücklicht rauszuschlagen und mit der Hand zu winken? Wie werden die anderen Fahrer auf dem Highway darauf reagieren, und was wird der mörderische Fahrer tun auf diese Reaktionen? Und was ist mit dem Eimer weißer Farbe oder dem Tankwart, der das gefangene Mädchen entdeckt ... Erst am Ende, wenn Jordan und Casey sich im unterirdischen Reich des perversen Mörders und seiner Phantasmen finden, kommt die alte Hitzigkeit wieder und eine triste Genremonotonie. Es ist in einem aufregendem Genre ein Stück unaufgeregter Feminismus, das Regisseur Brad Anderson - 'The Machinist', 'Transsiberian' - zelebriert, zwei Frauen, die auf große Distanz eng miteinander kommunizieren. Der Thriller ist ganz dokumentarisch geworden.

The Call, USA 2013 - Regie: Brad Anderson. Buch: Richard D"Ovidio. Kamera: Tom Yatsko. Schnitt: Avi Youabian. Musik: John Debney. Mit: Halle Berry, Abigail Breslin, Morris Chestnut, Michael Eklund, David Otunga, Michael Imperioli, Justina Machado, José Zúniga, Roma Maffia. Universum, 95 Minuten.
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