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Die bösen Geschichten der Nacht

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Was in unserem Gehirn passiert, während wir schlafen, ist immer noch weitgehend unerforscht. Experten wollen jetzt Alpträume genauer unter die Lupe nehmen.

Es geht um Geschichten wie diese, sie geschehen immer in der Nacht: „Ich befinde mich in einer Kammer. Ein weißes Tuch zwingt mich in die Hocke. Da sind große und grotesk geformte, ausgestopfte Tiere wie Hunde und Katzen mit gebleckten Zähnen und hervortretenden Augen. Sie hängen herunter und wackeln in meine Richtung. Ich fühle mich gefangen und verängstigt.“

Klarer Fall: ein Albtraum.

Knapp 10 000 derartige Traumberichte haben die Psychologen Geneviève Robert und Antonio Zadra von der kanadischen Universität Montreal gesammelt, mal mehr, mal weniger detailliert. Entscheidend: Anders als in vielen anderen Untersuchungen wurden die 572 Studienteilnehmer gebeten, jeden Morgen unmittelbar nach dem Aufwachen zu notieren, was sie in der Nacht erlebt hatten, wobei die Forscher besonders an den Inhalten von Albträumen interessiert waren. Ein solches Verfahren verspricht deutlich bessere Ergebnisse, als wenn man Menschen mit Fragebögen ganz allgemein nach ihren Traumerfahrungen der letzten Zeit befragt. Denn Schlafforscher wissen seit Langem, dass man sich an Träume besonders schlecht erinnert.

Robert und Zadra kommen in ihrer Publikation im Fachmagazin Sleep (online) in der Tat zu einigen neuen Erkenntnissen. So betonen sie unter anderem, dass man wirkliche „Albträume“ von nur „schlechten Träumen“ unterscheiden müsse. Das Unterscheidungskriterium: Bei Albträumen sei die emotionale Erschütterung meist so groß, dass die Betroffenen davon aufwachten und kaum noch zurück in den Schlaf finden.

Ihre Analyse von 253 Albträumen und 431 schlechten Träumen zeigte zudem, dass auch gängige Vorstellungen über die typischen Inhalte von Träumen zumindest teilweise zu korrigieren seien: „Tod, Gesundheitsängste und Bedrohungen sind verbreitete Themen in Albträumen“, sagt Studienautorin Geneviève Robert, „aber sie charakterisieren keinesfalls alle Albträume.“ Ein Mythos sei es ebenfalls, dass der albträumende Schläfer besonders häufig gejagt werde, gelähmt sei oder in eine bodenlose Tiefe falle. Selbst das Gefühl konkreter Angst fehle immerhin in etwa einem Drittel der Albträume und in fast allen schlechten Träumen. Stattdessen erzählten die Studienteilnehmer häufig über die Wahrnehmung einer eher diffusen unheilvollen Stimmung, die sie aus dem Schlaf gerissen habe. „Ich erinnere mich an einen Bericht, in dem die Person bloß eine Eule auf einem Ast gesehen hatte, und dennoch vollkommen schockiert davon war“, erzählt Robert.

Bestätigt hat sich hingegen die Annahme, dass sich die Trauminhalte der Geschlechter unterscheiden. Männer träumen häufiger von Katastrophen, von Überflutungen, Erdbeben und Krieg sowie – keiner weiß warum – von Insekten. In den Träumen der Frauen hingegen spiegeln sich doppelt so häufig zwischenmenschliche Konflikte.

Nur am Rande behandeln die Studienautoren die Frage nach den Ursachen der Albträume, unter denen fünf bis sechs Prozent der Menschen leiden. Manchmal seien es traumatische Ereignisse im Wachleben, die einen Menschen auch in die Nacht hinein verfolgen. Bekannt sei auch, dass der Konsum und der Entzug von psychotropen Drogen und Alkohol sich auf das Traumgeschehen auswirken kann. Aber auch bei psychisch völlig unbelasteten Schläfern könnten Albträume eine Funktion haben: Sie simulierten böse Ereignisse, damit man ihnen im Wachzustand besser begegnen kann.

Emünchicons

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Clubs/Bars/Lokale






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1) Nage und Sauge
2) Pacha
3) Heart
4) Rote Sonne
5) Holy Home
6) Pasta e basta
7) Deutsche Eiche
8) P1
9) Filmcasino
10) Milchbar
11) Netzer und Overath
12) Schall & Rauch
13) Barschwein

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Promis






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1) Thomas Hitzlsperger
2) König Ludwig II.
3) Rainer Langhans
4) Franz Beckenbauer
5) Mehmet
6) Breno
7) Edmund Stoiber
8) Uli Hoeneß
9) Bastian Schweinsteiger
10) Franck Ribéry
11) Christian Ude
12) Rudolf Moshammer
13) Oli Kahn
14) Charles Schumann
15) Andreas Scheuer

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Stadtviertel/Orte







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1) Gärtnerplatz
2) Glockenbach
3) Au
4) Haidhausen
5) Grünwald
6) Hasenbergl
7) Westend
8) Rotkreuzplatz
9) Freimann
10) Thalkirchen
11) Ostbahnhof
12) Einsteinstraße

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Wahrzeichen







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1) Frauenkirche
2) Feierbanane
3) Englischer Garten
4) Eisbach
5) Allianz Arena
6) Maximilianstraße
7) Circus Krone
8) Friedensengel
9) Tollwood
10) Föhn
11) LMU
12) Weiße Rose

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Bands/Musiker






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1) Sportfreunde Stiller
2) Blumentopf
3) DJ Hell
4) Giorgio Moroder
5) Konstantin Wecker
6) Cat Sun Flower
7) Talking Pets
8) Münchner Freiheit
9) Schlachthofbronx

Meine Straße (10): Amalienstraße

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Ich wohne jetzt schon seit vier Jahren hier und liebe es noch immer. Mein Essensfavorit ist der asiatische Imbiss Minh, da fühle ich mich irgendwie wie in New York. Und wenn ich spüre, dass ich krank werde, bestelle ich mir die schärfste Suppe auf der Karte und bin einen Tag später wieder fit. Ich mag auch die Sehnsucht-Bar Richtung Oskar-von-Miller-Ring, erstens stehen davor immer tolle Autos, ein Ford Mustang und ein Cadillac zum Beispiel, und zweitens sind die Typen da alle so oldschool, mit weiten Dickies-Hosen und schiefen Zähnen. Der Chef erinnert sich immer an mich, seit ich das erste Mal da war, und gibt mir immer persönlich die Hand, sowas finde ich toll.



 
Ich find’s außerdem schön, dass es hier noch so viele Antiquitätenläden gibt, auch, wenn ich mich oft frage, wie die sich überhaupt halten. Ich meine: Ich habe auch schon mal überlegt, mir da so ein Tierbild zu kaufen und aufzuhängen – aber gemacht habe ich’s dann doch nicht. Ich stelle mir vor, dass das allen so geht.
 
Im El Gusto ist es immer sauber und riecht gut, und für mich ist es so etwas wie das bessere Dean&David. Ich liebe außerdem die Pommesboutique und empfehle die Saucen „Diesel“ und „Samurai“. Im Nudo gibt es nur wenige Gerichte. Aber die beiden Jungs, die das machen, sind sehr sympathisch, die grüßen immer freundlich. Hier kennt man sich eben. Im Café Schneller gibt es tolle Kuchen und dazu trotz Studentenansturm eine ganz traditionelle, würdige Atmosphäre.
 
Zum Verrückten Eismacher gehe ich aus Protest nicht, den finde ich total albern. Dann lieber ein paar Schritte weiter in die Bäckerei. Sie sieht völlig unspektakulär aus, trotzdem steht immer eine riesige Traube von Studenten davor. Der Inhaber ist nämlich einer der wenigen Bäcker Münchens, die noch Kirschtaschen machen. Ach so: Wenn man mal Longpapers braucht, geht man am besten zu Ali Baba. Kauzige Typen, die man hier immer wieder sieht, fallen mir eigentlich keine ein. Obwohl mein Vater hier ja seit Kurzem immer in Cowboystiefeln unterwegs ist. Ich habe ihn neulich auf der Straße fast nicht erkannt.

Vegetarier sind auch Mörder

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Angestrichen: 
"Der größte Irrtum vieler Vegetarier und Veganer ist, dass für ihre Ernährung niemand sterben müsse. (...) Pro Kilo nutzbaren Proteins aus Getreide werden 25 mal mehr fühlende Wesen getötet als durch nachhaltige Fleischproduktion."

Wo steht das denn? 
In einem Eintrag auf Urgeschmack.de, einem Blog für gesunde und nachhaltige Ernährung. Der Text trägt den Titel "Verursachen Vegetarier mehr Blutvergießen als Fleischesser?" – und hat so viel Wut unter Fleischgegnern ausgelöst, dass der Blogger Felix Olschewski nach zwei Tagen die Kommentare abschalten musste.  

Worum geht es? 
Um die Frage, wie wir uns ernähren sollten. Eine Frage, in der Vegetarier und Veganer sich für gewöhnlich in der Vorbildrolle fühlen. Sie essen kein Fleisch, ergo: Für sie werden keine Ställe errichtet, Hühner, Schweine oder Rinder mit Antibiotika gedopt, mit Kraftfutter gemästet, in Lastwagen gepfercht und industriell geschlachtet. Wer kein Fleisch isst, so das Selbstverständnis, lebt ökologisch und ethisch korrekter.  

Stimmt nicht, schreibt Felix Olschewski nun. Nur pflanzliche Lebensmittel zu essen, ist nicht besser - es ist vielleicht sogar schlimmer. Und zwar sowohl für die Tier- als auch für die Umwelt. Wer Vegetarier oder Veganer ist und glaubt, damit den Planeten zu retten, macht sich was vor.  

Eine nicht gerade flache These. Dabei ist Olschewski keineswegs ein ideologischer Steak-Apologet. Er stellt gleich zu Anfang fest, dass "konventionelle" Fleischproduktion, also Massentierhaltung, Ressourcen verschwendet und der Umwelt schadet. Das stehe außer Frage. Wer aber "Weidefleisch" esse, also Rindfleisch von Tieren, die sich von Gras ernährt haben statt von Kraftfutter, habe deutlich weniger tote Lebewesen zu verantworten als ein Veganer oder Vegetarier, der sich von normalem Gemüse ernährt.  



Auch hier klebt Blut dran: Die konventionelle Gemüseproduktion ist ein Tierkiller.

Denn wo Mais, Kartoffeln, Salat oder Soja – die wichtigste Alternative zu Fleisch – gepflanzt wird, geschieht das fast immer in Monokulturen. Und die sind nie ein gesunder Lebensraum. Insekten gehen ein, Mäusefamilien sterben qualvoll an Pestiziden und Herbiziden, Rehkitze werden von Erntemaschinen zerfetzt. Auch wer nie ein Stück totes Tier auf dem Teller hat, muss also tote Tiere verantworten. Und zwar, an dieser Stelle müssen die Veganer heftig geschluckt haben: ein vielfaches mehr als ein bewusster Steak-Esser.

Bei der Produktion pflanzlicher Lebensmittel sterben 25 mal mehr Lebewesen als bei der Produktion von Weidefleisch, schreibt Olschewski. Für das muss nämlich nichts gerodet und nichts angebaut werden: Die Rinder ernähren sich von einer natürlichen Ressource der Umwelt, die für den Menschen ohnehin nicht nutzbar wäre: Gras.

Olschewski behauptet das nicht nur – er belegt es auch mit allerlei wissenschaftlichenArtikeln. Die These, dass die Kollateralschäden von Gemüseanbau höher sind als die von nachhaltiger Tierzucht, ist nämlich nicht neu. Es hat sie nur noch niemand so zugespitzt aufgeschrieben. Das erklärt den Tsunami an Kommentaren von erbosten Veganern und Vegetariern, der sich vergangene Woche über Olschewskis Facebook-Seite ergoss. Die meisten davon hatten offenbar den Hinweis auf "Weidefleisch" überlesen – und dachten, Olschewski lobe die Massentierhaltung. Die ersten paar Dutzend Kommentare beantwortete Olschewski noch geduldig – als die Beleidigungen persönlich wurden, schaltete er die Kommentarfunktion ab und löschte den Facebook-Post.

"Beim Essen hat immer jemand das Nachsehen."


"Ich war selbst überrascht", sagt er heute, "wie viel Unzufriedenheit und Selbsthass offenbar in vielen besonders vegetarisch und vegan lebenden Menschen steckt."  

Denn die These seines Artikels ist ja keineswegs, dass Fleischessen besser sei als eine vegetarische Ernährung. Er schreibt bloß: Wir müssen akzeptieren, "dass beim Essen immer jemand das Nachsehen hat." Wer eine Beere pflückt, nimmt sie einem Vogel weg, wer einen Acker anlegt, zerstört einen Lebensraum für Tiere.  

Wie sollten wir uns also ernähren, um das Ökosystem möglichst wenig zu belasten? Olschewski schreibt: Die "Wir"-Form funktioniert nicht. Es gibt keine absolute Wahrheit. Jeder sollte sich so ernähren, wie es die eigene Umgebung am besten zulässt. Wer also in der Nähe von gutem Weideland lebt, für den kann Fleisch die nachhaltigere Ernährung sein als Gemüse. Wer in Küstennähe lebt, sollte Fisch essen. In den Tropen: Obst.  

Beim Thema Obst teilt Olschewski noch einen Seitenhieb aus: Sogar Frutarier, die sich ja von Obst ernähren, weil es von der Natur zum Verzehr vorgesehen ist, störten das Ökosystem. Nämlich dann, wenn sie eine Toilette benutzen. Und die Samen in den Früchten nicht in der Umwelt landen - sondern im Klärwerk.

Nippel-Jubiläum und getoastete Vulva

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Zehn Jahre Nippelgate 
Nach Handy-, Tweet- und Closer-Gate wird es Zeit, den Ursprung aller „Gates“ zu würdigen. Nein, nicht Watergate - Nipplegate! Beim Superbowl vor zehn Jahren riss Justin Timberlake Janet Jackson ihr stark an einen ledernen Still-BH erinnerndes Oberteil runter, das sonnenförmige Piercing in ihrer Brustwarze daraufhin als „nippleshield“ bekannt. ESPN, der Sender, der den Superbowl ausstrahlt, hat das Jubiläum zum Anlass für ein kleines datenjournalistisches Projekt genommen,  inklusive Infografiken und vage Interviews mit den damals Beteiligten („War die Entblößung der Brust geplant? Eventuell.“).  

Passend dazu..
 
geht wieder der Wettbewerb um die auffälligste Werbung beim diesjährigen Superbowl los. Gewinnen wird wohl Scarlett Johansson mit ihrem Spot für Sodastream – ja genau, diese oft leicht gelblich angelaufenen Dinger zum Sprudel-Selbermachen, die bei Oma oft in einer cognacfarbenen Küche stehen. Der Clip für dieses vermeintlich harmlose Produkt wurde nämlich bereits vorab für die Superbowl-Werbepausen verboten – und das nicht, weil Scarlett sich darin erotisch Dinge in den Mund schiebt, sondern weil sie Pepsi und Cola disst. Das verbietet das Regelwerk.  
http://www.youtube.com/watch?v=zxq4ziu-wrI 

Kondome wie aus der Nimm2-Werbung
 
Über versaute, peinliche oder testosteronstrotzende Werbung wurde an dieser Stelle ja schon häufiger geschrieben. Zeit für eine neue Kategorie: familienfreundliche Kondom-Werbung. Die Spots für „Trojan“ verwenden nämlich die gleiche Weichzeichnertechnik, wie man sie aus den Werbungen für Merci oder Nimm2 kennt. Nur, dass der Sohnemann dem graumelierten Papi halt kein Zitronenbonbon sondern ein Gummi ins Tweedjackett steckt.  




Bleiben wir beim Essen 
Einen St.-Pauli-Totenkopf, Spongebob-Schwammkopf  oder Herzchen – das alles kennen wir bereits als Icons auf Toasts. Irgendjemand musste das ja auf die Spitze treiben – in diesem Fall ein Toaster-Hersteller aus Vermont. Der lässt die Scheiben mit Vagina-Abdruck aus seinen Geräten springen. Des Weiteren im Programm: Toasts mit dem Davidstern, Barack Obama oder Jesus. Uns wundert’s nicht, wenn die Zahl der Pilgerreisen wegen einer Jesus-Erscheinung in einem Stück Brot bald in die Höhe schnellen.   




Die Amazon-Bewertungen unter dem Toaster kritisieren übrigens...

dass der Toast zwar sehr fluffig aus dem Toaster käme, strenggenommen allerdings gar keine Vagina, sondern eine Vulva zeige. Wie unkreativ! Einige Südkoreanerinnen zeigen da viel mehr Engagement: Immer öfter tauchen bei Klamotten-Produktbewertungen Bilder von jungen Frauen auf, die die Klamotten inklusive ihrer Brüste in Szene setzen. Manche behaupten nun, die Modelkörper wären von den Bekleidungsherstellern engagiert worden, um den Kaufanreiz zu steigern. Puh. Und wir dachten schon, der Standardsatz „Zu klein, zurückgeschickt“ müsste künftig immer mit einem Foto garniert werden.  




Neues aus unserer Liste "seltsame Unterwäsche"
ein japanischer Dessous-Hersteller will einen BH entwickelt haben, der automatisch aufgeht, wenn der Fummelnde auch verliebt ist in seine Trägerin. Gemessen werden soll das mit einem Sensor im BH, der die Herzschlagfrequenz des Gegenüber an eine App weiterleitet, die den BH dann öffnet. Im Video wird damit geworben, dass man so nur Männer an sich ranlassen müsste, die auch in einen verliebt seinen und das sei ja immer der tiefste Wunsch aller Frauen. Ahja. Peinlich nur, wenn man mal in der Öffentlichkeit kuscheln will und direkt der BH aufplatzt.




Wer jetzt Lust auf noch mehr halbnackte Körper hat...

Sollte auf keinen Fall die Sopranos gucken. Ein Autor der Seite Uproxx hat nämlich hochwissenschaftlich die Pilotfolgen der zwölf beliebtesten HBO-Serien geguckt und gestoppt, wann es das erste Mal zum Sex kommt. Bei den Sopranos dauert das laaange 157 Minuten, also mehrere Folgen. Einen Quickie bekommt man hingegen bei „True Blood“ – da werden bereits nach 20 Sekunden die Kleider vom Leib gerissen.    




Die gute Meldung zum Schluss

Im Disney-Kosmos gibt es jetzt auch ganz offiziell Lesben. In der Serie „Good Luck Charlie“ bekommt die junge Heldin Besuch von ihrer Freundin Taylor, die mit zwei Müttern aufwächst. Als Vater Bob irritiert feststellt, dass das ja zwei Frauen seien, sagt Mutter Amy nur „Bob, dir entgeht auch nichts.“ Richtige Reaktion.  
http://www.youtube.com/watch?v=Y1fYLt0CezA

Hilft beim Pupsen!

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Werbung ist dazu da, eine Marke und die Produkte, die sie verkaufen will, möglichst sympathisch, schön und hochwertig darzustellen. Und das schonungslos ausnahmslos. Im Marketing hat brutale Ehrlichkeit nichts verloren.



Fruit-Loops-Slogan, den wir nie in der Werbung sehen werden: Die Dinger haben zwar verschiedene Farben, aber alle denselben Geschmack!

Der Tumblr Honest Slogans spielt mit genau dieser Schere zwischen Scheinenwollen und Sein. Dort "werben" bekannte Marken mit dem, was man sich als Konsument eigentlich über sie denkt:  
Zum Beispiel die Bekleidungskette Urban Outfitters mit: "Gib Geld aus, um obdachlos auszusehen!" Die Konservenfirma Campbell’s mit: "Mmm mmm Salz." Vicks nyquil (das amerikanische Wick MediNait) mit: "Fall' für ein paar Stunden in ein angenehmes Koma." Und der Activia-Joghurt mit: "Hilft beim Pupsen!"

Die Eindrücke sind natürlich subjektiv, aber etwas Wahres ist bei allen dran - jedenfalls sind die bekannten Markenlogos zusammen mit den Slogans ein toller Spaß! Deswegen wollen wir das Spiel im Ticker fortsetzen: Für welche Firmen und Produkte hast du einen neuen Slogan? Und warum? Nerven dich die Werbeversprechen aus dem Fernsehen und von den Plakaten? Bist du schon mal stark enttäuscht worden oder bist du sowieso skeptisch gegenüber allem, was in der Werbung angepriesen wird?

China, wie es singt und lacht

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Vor allem junge Chinesen finden die Frühlingsgala langweilig und feiern lieber selbst ausgiebig.

Am Freitag beginnt in China ein neues Jahr, das Jahr des Pferdes. Am Donnerstag ist Silvesterabend, dann sitzt ganz China vor dem Fernseher. Wie jedes Jahr seit nun drei Jahrzehnten. Die Frühlingsfestgala des Staatssenders CCTV ist seit ihrem Start 1983 die meistgesehene Fernsehshow des Planeten. Eine Mischung aus „Wetten dass..?“, „Musikantenstadl“ und „Dinner for one“ plus Jackie Chan plus Minderheitenkarneval plus eine Prise getanzter Parteiverherrlichung. Peng Liyuan, die Ehefrau von Parteichef Xi Jinping, eine singende Generalmajorin der Kunsttruppen der Volksbefreiungsarmee, war öfter zu Gast. CCTV behauptet, neun von zehn chinesischen Familien schalteten ein. Es schauen bloß nicht alle hin. Die Gala hat ein Problem, seit ein paar Jahren schon: Die Jugend vor allem schaut weg. Zu altbacken, zu schmalzig, zu fade, die Show.

Abends um acht den Fernseher an und gucken, bis draußen die Böller krachen – für ganze Generationen ist das eine Silvestertradition wie Teigtäschchenessen und ‚Hongbao‘ (mit Geld gefüllte rote Umschläge) austauschen. Es gebe nur einen Brauch, der den Chinesen heute noch mehr Spaß macht, als die Gala zu schauen, schreibt Global Times-Chefredakteur Hu Xijin: „Über die Gala zu schimpfen“. Sind es noch 700 Millionen Zuschauer wie mancherorts kolportiert? Das glaubt längst keiner mehr. Nur mehr 400 Millionen? Für die Frühlingsfestgala ist das ein Absturz. Dabei ist sie der Geldesel des Staatssenders.

Im Jahr 2005 machten die Werbeeinnahmen rund um die Gala mehr als die Hälfte der Jahreseinnahmen des Senders aus; 2012 waren es 15,9 Milliarden Yuan, umgerechnet knapp zwei Milliarden Euro. Für Werbung in einer einzigen Sendung. Im vergangenen Jahr allerdings veröffentlichte CCTV zum ersten Mal die Zahlen nicht mehr. „Nicht einmal das Publikum selbst kann erklären, warum es die Show gleichzeitig ansieht und verdammt“, heißt es in der Magisterarbeit eines chinesischen Studenten aus dem Jahr 2012 über die Gala. Die Arbeit zitiert eine Umfrage, bei der die Leute gefragt wurden, warum sie anschalteten. Die häufigsten Antworten: Gewohnheit. Um mit der Familie zusammen zu sein. Als Berieselung beim Mahjongspiel. „Weil wir die Show mögen“, sagten genau 21,9 Prozent.

In diesem Jahr holten die Macher den Starregisseur Feng Xiaogang als kreativen Kopf. Feng ist bekannt für intelligente Komödien und gilt in manchen Kreisen als ziemlich cool. Kurz nach seiner Berufung flehte er in einer Pressekonferenz die Zensoren aber schon an, den Künstlern doch bitte „ein wenig Freiraum zu lassen“, und warnte zugleich vor zu hohen Erwartungen: Er könne jetzt schon sagen, dass die Gala ihn mehr verändert habe als er die Gala, verriet er der Jangtse Abendzeitung.

An diesem Donnerstagabend ist es also so weit. Prügel im Netz gab es schon vor der Veröffentlichung des Programms. „Wetten, dass sie den ,Chinesischen Traum’ besingen?“, maulte ein Nutzer in Anspielung an den neuen Slogan der KP-Führung. Dann kam das Programm heraus: die übliche Mischung aus Sketchen, Akrobatik, Zauberei, Gesang und Tanz. „Das rote Frauenbataillon“, ein Ballett aus der Kulturrevolution für die Nostalgiker, steht neben dem koreanischen Popstar Lee Min Ho für die Jungen. Sophie Marceau wird „La vie en rose“ singen, im Duett mit Liu Huan, einem chinesischem Roy Black.

Nicht singen wird Cui Jian, Chinas Rockikone, Idol vieler Studenten vom Tiananmenplatz 1989, denen er damals, kurz vor dem Massaker, sein Lied „Ich habe nichts“ widmete. Kurz war das der Aufreger im chinesischen Internet: Regisseur Feng hatte Cui Jian offenbar eingeladen. Aber dann funkte die Zensur dazwischen, Cui Jian sollte nur ein harmloses Liedchen spielen dürfen. Er sagte ab. Der Tenor im Netz war Erleichterung: „Ich habe tief durchgeatmet, als ich von Cui Jians Absage hörte“, schrieb ein Nutzer. „Für kurze Zeit war es, als wolle meine erste Liebe auf den Strich gehen.“

Nun sucht der Sender Zuflucht in der Vergangenheit: „Der angesagte Hongkonger Sänger Ming Man Cheung wird in die Show zurückkehren, 30 Jahre nachdem er ‚Mein chinesisches Herz‘ sang.“ Beliebt ist der Sänger höchstens in ergrauten Patriotenkränzchen. Diesmal singt er: „Mein chinesischer Traum“. Die Verjüngung ist wohl ein Langzeitprojekt. Regisseur Feng hat schon klargestellt: „Ein zweites Mal mache ich das nicht.“

Tochterrolle

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Selbstlos und bescheiden, so hat Zindzi Mandela ihren Vater in Erinnerung.

Sie ist ganz in Schwarz gekleidet, selbst die Fingernägel sind schwarz lackiert. Es ist eine Frau in Trauer, die einem an diesem Wintertag im Berliner Hotel Waldorf Astoria entgegentritt. Ihr Vater ist im Dezember gestorben, Zindzi Mandela, die Tochter Nelson Mandelas, nennt ihn „Dad“. Sie scrollt durch ihr Handy, um Familienfotos zu zeigen. Man sieht Vater und Tochter, einmal stehen sie gemeinsam vor dem Brandenburger Tor. Bei einem Staatsbesuch war das, erzählt Zindzi Mandela, sieben Jahre nach dem Fall der Mauer, und ihr Dad, der Freiheitskämpfer, habe gesagt: „Das ist symbolisch, dass wir da jetzt durchgehen.“

Zindzi Mandela spricht Englisch, man meint dasselbe rollende „R“ zu erkennen, für das ihr Vater berühmt wurde. Sie ist die jüngere von zwei Töchtern, die Mandela mit seiner Ehefrau Winnie hatte. 1960 geboren, war sie vier, als ihr Vater für 26 Jahre ins Gefängnis kam. Sie sagt, ihre einschneidendste Kindheitserinnerung sei, „wie die Leute reagierten, wenn sie meinen Namen hörten“. Ob sie Bewunderung äußerten oder voller Hass waren – der Name habe jedenfalls immer etwas ausgelöst.

Dienstagnachmittag, in einem Konferenzzimmer im zweiten Stock des Waldorf Astoria. Zindzi Mandela sucht sich einen Sessel in der Ecke, als fürchte sie, den viel zu großen Raum nicht ausfüllen zu können. Sie blickt aus dem Fenster ins Berliner Schneetreiben. Gegenüber liegt das Kino „Zoopalast“, wo gerade die Absperrungen rund um den roten Teppich aufgebaut werden. Die letzten Vorbereitungen für die Premiere des Films „Mandela – Der lange Weg zur Freiheit“, der auf Nelson Mandelas gleichnamiger Autobiografie beruht.Die Tochter ist zum Filmstart aus Johannesburg angereist.

Wie ist es, eine Ikone als Vater zu haben? Nelson Mandela sei ein Mensch gewesen, „kein messianischer Charakter“, sagt Zindzi Mandela. Sie ist ohne ihn aufgewachsen, die erste Erinnerung an ihn ist, dass sie mit ihrer Schwester im Auto warten musste, während ihm die Mutter Essen auf die Polizeistation brachte. Nicht einmal in der Pubertät habe sie Gelegenheit gehabt, den abwesenden Vater zu idealisieren. Wenn von Nelson Mandela die Rede war, hieß es: dieser Terrorist, sie sollten ihn hängen. „Ich hatte nie die Möglichkeit, mich im Kunstunterricht dem Tagtraum hinzugeben, dass er eines Tages als Held wiederkommt und mich rettet“. Denn Zindzi Mandelas Jugend – das war Apartheid, das waren Repression und Gewalt, das war die Polizei, die immer dann die Mutter verhaftete, wenn die Töchter aus dem Internat wiederkamen.

Zindzi Mandela wurde mit Verwandten und ANC-Kameraden des Vaters groß. In einem Alter, in dem andere Mädchen ihren ersten Freund hatten, lernte sie, wie man eine Kalaschnikow bedient, und ließ sich auf dem Land heimlich zur Kämpferin ausbilden. Mit 15 hat sie den Vater endlich wiedergesehen – bei einem Gefängnisbesuch. Sie habe geweint vor Aufregung, und er habe gesagt, sie solle sich einfach vorstellen, sie sitze mit ihm zu Hause am Kamin.

Zindzi Mandelas Stimme wird weich, als sie das erzählt. Überhaupt gehe es ihr darum, die Erinnerung an die „Selbstlosigkeit und Bescheidenheit“ des Vaters wachzuhalten. Dass er sich als „Teil eines Kollektivs“ verstanden habe, immer an andere gedacht habe. Als er einmal auf Besuch in den USA war zum Beispiel, und eine Frau vor Aufregung kollabierte. Er sei den ganzen Abend still gewesen, und irgendwann habe er gesagt: „Ich denke an die Frau, was wohl mit ihr los war.“

Zindzi Mandela spricht schnell und gestikuliert viel. Oft wird sie energisch, sagt, sie wolle etwas richtigstellen. Über ihre Mutter Winnie etwa, von der Nelson Mandela sich 1992 trennte. Winnie Mandela sei mehr gewesen als die verrufene Kämpferin, als die sie dargestellt werde, nämlich „Sozialarbeiterin, Mutter, Ernährerin“. „Sie war es, die den Namen meines Vaters vor dem Vergessen bewahrt hat.“

Überhaupt der Platz in der Geschichte.864 Seiten hat Mandelas Autobiografie, Tochter Zindzi kommt an zwei, drei Stellen ausführlicher vor. Einmal verlas sie als junge Frau in einem Stadion in Soweto einen Brief ihres Vaters. Darin lehnte er es ab, zu den Bedingungen des Apartheid-Regimes aus dem Gefängnis entlassen zu werden. Zindzi Mandela erinnert sich an einen „bittersüßen Moment“. „Einerseits war ich stolz auf ihn. Dass er seine Integrität wahrte. Andererseits war mein Herz gebrochen. Ich wollte ja, dass er nach Hause kommt.“

In den Büchern oder Filmen über ihren Vater sei immer die Rede davon, was er aushalten musste, um sich zum verzeihenden Staatsmann zu entwickeln, der mit dem Friedensnobelpreis geehrt wurde, sagt Zindzi Mandela. „Aber das ganze Bild hat man nur, wenn man auch von den Entbehrungen seines Umfelds erzählt.“ Deswegen sei sie hier, und deswegen habe sie die Produzenten des Films über ihren Vater beraten. Sie hat sich mit dem Regisseur und den Schauspielern getroffen, hat von sich und ihrer Jugend erzählt. Um die Leerstellen in der Geschichte Mandelas zu füllen. „Er darf nicht nur eine Ikone sein, ein einzelner Stamm ohne Blätter. Er ist ein Baum mit Ästen und Verzweigungen, er hatte Familie, Kinder, eine Gemeinschaft“, sagt Zindzi Mandela.

Sie hat selbst vier Kinder, drei von ihnen studieren in den USA. Wie nimmt sie Südafrikas Jugend wahr, von der oft als „Generation Mandela“ die Rede ist? Es sei eine unpolitische Generation, mit einer eigenen Identität, wie in so vielen Ländern, in denen eine Revolution stattgefunden habe, sagt Zindzi Mandela. Das sei nichts Schlechtes, aber „man muss die Erinnerung lebendig erhalten“. Oft passiere es Freundinnen, dass die Kinder aus der Schule kommen und fragen: „Ma, ich habe gehört, du warst eingesperrt, wie kam es eigentlich dazu?“

Und wie sieht sie die Zukunft ihres Landes? Zindzi Mandela sagt, sie sei hoffnungsvoll. „Sicher, wir haben Probleme, vor allem die Regierung. Aber das, was wir jetzt haben, ist immer noch besser als alles, was früher war. “

Zindzi Mandela guckt aus dem Fenster, hinüber zum Kino. In wenigen Stunden wird sie in einem schwarzen Kleid über den roten Teppich laufen, Hände schütteln, sich fotografieren lassen. So wie sie es bei der Filmpremiere in London getan hat, am 5. Dezember. Während der Abspann lief, kam die Nachricht vom Tod Nelson Mandelas. Sie sei traurig und habe große Schuldgefühle deswegen, sagt Zindzi Mandela. Dass sie sich nicht von ihrem Vater verabschieden konnte. Andererseits sei es in seinem Sinne, dass sie sein Erbe vertrete, seine Werte aufrechterhalte. Und ihre ganz persönliche Sicht darauf – dass große Staatsmänner nämlich auch Mütter, Ehefrauen und Töchter haben.

Ein Land am Pranger

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Jeder in Schweden kann sich über Lexbase über Vorstrafen seiner Nachbarn informieren. Doch die Seite aktualisiert sich nicht, etwa nach einem Umzug.

Die Straße draußen vor dem Fenster sieht friedlich aus, kaum Verkehr, ein Friseursalon, ein Café, gutbürgerlich in Nähe des Stockholmer Rathauses. Doch sieht man sich die Straße auf dem interaktiven Stadtplan im Netz an, prangen dort zwei rote Punkte. Sie markieren die beiden Häuser nebenan. Die Punkte stehen für verurteilte Personen, Verbrecher in der Nachbarschaft. Gegen eine Gebühr verspricht die Internetseite Lexbase, die diesen Service bereitstellt, weitere Informationen: Namen, Gerichtsurteil, Strafmaß.

Es sind Informationen, die in Schweden jeder einsehen kann, wenn er bei den Gerichten danach fragt. Die Betreiber von Lexbase haben sie in großem Stil gesammelt und mehrere Millionen Dokumente ausgewertet. Seit vergangenem Montag ist ihre Seite im Netz. Jeder kann dort nun die kriminelle Vergangenheit seiner Nachbarn und Geschäftspartner einsehen oder prüfen, wo der nächste Sexualstraftäter lebt. Er muss nur Namen oder Adresse eingeben, oder einen der roten Punkte anklicken.

„Wir haben diese Woche viele Anrufe bekommen. Die Menschen sind aufgeregt, manche weinen“, sagt Martin Brinnen, Anwalt bei der schwedischen Datenschutzbehörde. Es seien Menschen, die irgendwie in den Lexbase-Listen auftauchen. Sie müssten deswegen keine verurteilten Verbrecher sein. Es reiche, wenn sie in einem Haus leben, in dem zuvor ein Straftäter gewohnt hat, erklärt Brinnen. Die Seite aktualisiere die Adressen nicht, wenn einer nach seinem Urteil umzieht. Das sei kein Problem bei Mietskasernen, wohl aber bei Einfamilienhäusern. Doch wehren könne man sich dagegen kaum.

Den Datenschützern sind die Hände gebunden. Die Seite wird von der schwedischen Verfassung geschützt, die ihr das Recht auf Meinungsfreiheit garantiert. Auf dieses können sich in Schweden alle Internetseiten mit einem entsprechenden Zertifikat berufen, das sie auf eine Stufe mit Zeitungen und Rundfunkanstalten stellt. „Es gibt ihnen das Recht, die Daten zu veröffentlichen. Praktisch jede Internetseite kann es bekommen“, sagt Anne Ramberg, die Generalsekretärin des Anwaltsvereins. Die Meinungsfreiheit stehe in Schweden über dem Recht auf Privatsphäre. Und diese Internetseite sei ein „zynischer Missbrauch der Verfassung“.

Die Kammer habe den juristischen Sprecher von Lexbase, Pontus Ljunggren, um eine Stellungnahme gebeten. Der hat sich jedoch inzwischen von Lexbase getrennt, es war von Morddrohungen gegen ihn und seine Familie die Rede. Man könnte sagen: Er ist das erste Opfer seiner eigenen Schöpfung.

Die könnte Folgen haben: Die Chefin der Datenschutzbehörde, Kristina Svahn Starrsjö, hat gefordert, die schwedische Verfassung zu ändern. In der Tageszeitung Dagens Nyheter schrieb sie, wie schwierig es für ihre Mitarbeiter sei, all den Menschen am Telefon immer wieder dasselbe zu sagen: dass sie machtlos sind. Einzige Lösung sei, die Verfassung zu ändern. Doch das dauert ein paar Jahre.

Derweil versuchen die Medien Lexbase mit eigenen Mitteln zu schlagen. Sie berichteten, der Hauptanteilseigner habe seit Jahren keine Steuern gezahlt und mit Kriminellen in Verbindung gestanden. Lexbase war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Jugend horcht

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Als der Percussionist Claudio Estay Gonzalez den Wernicke-Proben-Saal in der Bayerischen Staatsoper verlässt, ruft ihm einer der Jugendlichen ein herzhaftes „Yo, peace“ hinterher. Estay Gonzalez grinst und eilt weiter. Er ist erster Schlagzeuger im Bayerischen Staatsorchester und hat gerade den 22 Schülern der achten Klassen der Anni-Braun-Sprach-Schule in Johanneskirchen einen mächtigen Rhythmus aus Puccinis Turandot beigebracht. Es ist der letzte Workshop für die Schüler der Sprachförderschule im Rahmen des Projekts „Oper.Über.Leben“. An diesem Donnerstag wird ihre Version der Geschichte um die mordende Prinzessin im Königssaal des Nationaltheaters zur Aufführung gebracht.

Diese Jugendarbeit ist offenbar dringend notwendig. Mitte Januar schockierte eine Forsa-Studie der Körber-Stiftung über das Interesse an klassischer Musik mit drastischen Zahlen, gerade in Bezug auf jüngere Menschen: Die Gruppe der 18- bis 29-Jährigen befindet zwar fast gänzlich die klassische Musik für ein wichtiges kulturelles Erbe, doch nur knapp 50 Prozent der Befragten meinen, dass die Konzerthäuser weiterhin subventioniert werden sollten, und nur zehn Prozent gaben an, im vergangenen Jahr ein klassisches Konzert besucht zu haben. Drastisch ausgedrückt ist die Klassik für die unter 30-Jährigen also ein Denkmal, das ruhig in der kulturellen Landschaft herumstehen kann, das aber mit ihrer persönlichen Lebensrealität nicht mehr viel zu tun hat.



Eine junge Studie sagt, dass sich junge Menschen kaum noch für klassische Musik interessieren. Viele Konzerthäuser versuchen dies zu ändern, indem sie spezielle Veranstaltungen an ein junges Publikum adressieren.

Doch in einer Stadt wie München trifft dieser Fatalismus nicht zu. Münchens Konzert- und Opernhauslandschaft wirkt quicklebendig und vor allem auch jung: Es gibt drei Spitzenorchester, zwei große Häuser für Musiktheater und unzählige Programme, die sich direkt an ein jüngeres Publikum richten. Die Konzerthäuser müssten mehr tun, um klassische Musik mehr Menschen zugänglich zu machen – diesem Vorwurf stimmen laut der Studie 65 Prozent der Befragten aller Altersgruppen zu. Doch zumindest in München sind die Angebote äußerst vielfältig. Allein die Bayerische Staatsoper öffnet in einer Vielzahl von Projekten ihre Türen und erlaubt den Blick hinter die Kulissen. Das Image vom elitären Musentempel ist längst passé, jedenfalls sieht man das innerhalb des Hauses so. Das Projekt „Oper.Über.Leben“ findet etwa drei- bis viermal pro Spielzeit statt, bewerben können sich alle Mittelschulen im S-Bahn-Einzugsbereich München, erklärt Ursula Gessat, die Musiktheaterpädagogin des Hauses. Je nach dem, was gerade auf dem Spielplan steht, erarbeitet sie zusammen mit Musikern des Orchesters und den Kindern und Jugendlichen einen eigenen Zugang zu dem Stück. Sie schreiben eigene Monologe, greifen einfache musikalische Motive aus der Komposition auf, um ihre Texte zu vertonen, und besuchen nach ihrer eigenen Vorstellung die Aufführung des Stücks in der Oper. „Und das sind Plätze erster Kategorie“, betont Gessat, also Sitzplätze im Parkett.

Die Resonanz auf die verschiedenen Projekte der Oper ist groß. 20000 Schüler- und Studentenkarten sind laut dem Jahresbericht im Jahr 2012 verkauft worden, es gab mehr als 13 000 Teilnehmer aller Altersgruppen an den verschiedenen Projekten – vom Sitzkissenkonzert für Zuschauer ab vier Jahren über verschiedene Tanzworkshops an Gymnasien bis zu einem Seminar an der Fachhochschule Jena und dem Patenschaftsprojekt, das nun Anfang Februar erneut beginnt: Dabei wird jeweils ein erfahrener Opernbesucher mit einem jungen Menschen unter 30 Jahren zusammengebracht, um gemeinsam Opern anzusehen und sich darüber auszutauschen. Und natürlich ist nicht nur die Oper aktiv, auch die Kammeroper oder die Philharmoniker veranstalten Jugendprogramme, das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks lädt gemeinsam mit dem SZ-Adventskalender zweimal jährlich zum Kinderkonzert ein.

Doch bei all der positiven Resonanz bei den Jüngeren sind die Befragten der Körber-Studie eben nicht Kinder und Jugendliche, sondern Menschen ab 18 Jahren. Zwar wirken die Aussagen der Studie – etwa, dass klassische Konzerte zu teuer seien oder die Zeit für den Besuch fehle – angesichts verbilligter Karten-Angebote sowie der großen Auslastung diverser Clubs der Poplandschaft etwas fadenscheinig, doch es ist wenig sinnvoll, Popkultur und Klassik immer wieder gegeneinander auszuspielen. Interesse an Popmusik und an Klassik ist längst kein Gegensatz mehr. So gehört es in manchen Kreisen ab einem gewissen Alter durchaus zum guten Ton, etwa Anne-Sophie Mutter einmal gesehen zu haben, doch ist dieses Erlebnis bei Jüngeren von ähnlicher gesellschaftlicher Relevanz wie der Auftritt des einen oder anderen DJs. Die klassische Musik hat im vergangenen Jahrhundert mit Popmusik und Jazz eben Konkurrenz bekommen. Im biedermeierlichen 19. Jahrhundert waren diese Klänge gesellschaftlich noch ganz anders verankert, als die Hausmusik boomte und vielköpfige Familien ganze Kammermusikensembles bildeten.

Dass die heutige Jugend mehr Pop- als Klassikkonzerte besucht, muss nicht heißen, dass die Klassik in absehbarer Zeit aus der Konzertlandschaft verschwindet. Abgesehen von Musikhochschulen und Institutionen wie dem Landesjugendorchester, die konstant Nachwuchs generieren, werden die Kreise, in denen klassische Konzerte zum Prestige gehören, diese Musik und die Konzertbesuche als gesellschaftliches Ereignis an nachfolgende Generationen vererben. Zum anderen werden auch diejenigen, die zwischen den Generationen und musikalischen Vorlieben stehen, in München bedient: So spielten innerhalb der Reihe „Classical Next Level“ Musiker der Philharmoniker 2013 im Elektroclub Harry Klein, und die Staatsoper lud im Zuge der letztjährigen Opernfestspiele den Techno-DJ Paul van Dyk ein: Auf der Bühne des Nationaltheaters würzten die jungen Sänger des Opernstudios und Stars wie René Pape das DJ-Set mit Verdi-Arien.

Ausgaben für Bafög erreichen Rekordhöhe

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Studierende, Schüler und ihre Eltern können auf mehr Bafög hoffen. Die Bundesregierung werde noch in diesem Jahr einen Gesetzentwurf vorlegen, der mehr Geld und höhere Einkommensgrenzen der Eltern vorsehe, heißt es im Bafög-Bericht, den am Mittwoch Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) dem Kabinett in Berlin vorlegte. Demnach will der Bund auch den Kreis der Unterstützten ändern, um das Bafög veränderten Studiergewohnheiten und Abschlüssen anzupassen. Eine Weiterentwicklung des BAföG muss kommen, sagte Wanka. Sie werde sofort Gespräche aufnehmen, um zügig eine Novelle vorzulegen.

Nach Wankas Vorstellung könnten künftig weitere Gruppen leichter profitieren, etwa junge Eltern, die in Teilzeit studieren, oder Studierwillige, die bereits eine Ausbildung abgeschlossen haben. Zudem sei sie bereit, über Altersgrenzen zu sprechen, hatte Wanka in der Vergangenheit gesagt. Dies würde den Kreis der Berechtigten ausweiten und wahrscheinlich die Kosten weiter nach oben treiben. Denn auch das geht aus dem neuen Bafög-Bericht hervor: Noch nie hat der Staat so viel Geld für die Studienhilfe ausgegeben wie 2012. Bund und Länder zahlten 3,34 Milliarden Euro, fast 18 Prozent mehr als im Vergleichsjahr 2010. Fast zwei Drittel davon stemmt der Bund, der Rest kommt von den Ländern. Im Jahr 2000 waren es noch knapp 1,5 Milliarden Euro gewesen.

Auch die Zahl der Geförderten ist auf Rekordniveau: Im Schnitt 630000 Menschen kamen 2012 in den Genuss von Bafög, das ist gut jeder vierte Studierende in Deutschland. Der Anstieg geht auch auf die Zahl der Studierenden zurück, die seit Jahren wächst. Die Bafög-Empfänger erhalten im Schnitt monatlich 448 Euro vom Staat, Schüler konnten 401 Euro verbuchen. Schüler müssen Bafög später nicht zurückzahlen. Studierende erhalten Bafög in der Regel zur Hälfte als Zuschuss und zur Hälfte als zinsloses Staatsdarlehen.

Die jüngsten Bafög-Reformen von 2008 und 2010 hatten bereits eine Erhöhung gebracht. Auch konnten seitdem mehr Jungakademiker Unterstützung beantragen. So wurde die Altersgrenze für Masterstudierende auf 35 Jahre bei Studienbeginn angehoben und der Zugang für ausländische Studierende erleichtert. Dies schlägt sich ebenfalls in Zahlen nieder: So förderten Bund und Länder fast 67000 ausländische Staatsangehörige, darunter viele, die in Deutschland aufgewachsen sind.



Viele Höhrsäle an deutschen Universitäten sind voll ausgelastet. Auch die Zahl der Stundenten, die eine staatliche Förderung erhalten, ist auf Rekordniveau.

Zuletzt war unklar, ob sich die große Koalition zu einer Bafög-Reform durchringen kann. Im Koalitionsvertrag war sie ursprünglich aufgenommen, in der Endphase jedoch wieder aus dem Text gestrichen worden. Grundsätzlich sind sich Union und SPD zwar einig, dass die Hilfen den neuen Umständen in Elternhaus und Hochschulen angepasst werden müssen. Allein wegen der gestiegenen Preise ist eine Anhebung der Hilfen geboten. Inwiefern die Reform darüber hinausgeht, ist allerdings umstritten. Die SPD will, dass der Bund das Bafög künftig alleine schultert, Wanka lehnt dies ab. Das Bafög müsse familienfreundlicher werden und flexibler in den Altersgrenzen, sagte der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Ernst Rossmann. Wie stark eine Erhöhung ausfallen werde, könne man noch nicht sagen. Man müsse zunächst die Entwicklung des Haushaltes abwarten.

Das Deutsche Studentenwerk wurde da konkreter. Es forderte allein für die Jahre 2013 und 2014 eine Erhöhung der Bafög-Sätze um mindestens 10 Prozent und der Elternfreibeträge um 7,5 Prozent. Vier von fünf der Empfänger sagen laut Studentenwerk, sie könnten ohne das Bafög gar nicht studieren.

Tochterrolle

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Sie ist ganz in Schwarz gekleidet, selbst die Fingernägel sind schwarz lackiert. Es ist eine Frau in Trauer, die einem an diesem Wintertag im Berliner Hotel Waldorf Astoria entgegentritt. Ihr Vater ist im Dezember gestorben, Zindzi Mandela, die Tochter Nelson Mandelas, nennt ihn „Dad“. Sie scrollt durch ihr Handy, um Familienfotos zu zeigen. Man sieht Vater und Tochter, einmal stehen sie gemeinsam vor dem Brandenburger Tor. Bei einem Staatsbesuch war das, erzählt Zindzi Mandela, sieben Jahre nach dem Fall der Mauer, und ihr Dad, der Freiheitskämpfer, habe gesagt: „Das ist symbolisch, dass wir da jetzt durchgehen.“

Zindzi Mandela spricht Englisch, man meint dasselbe rollende „R“ zu erkennen, für das ihr Vater berühmt wurde. Sie ist die jüngere von zwei Töchtern, die Mandela mit seiner Ehefrau Winnie hatte. 1960 geboren, war sie vier, als ihr Vater für 26 Jahre ins Gefängnis kam. Sie sagt, ihre einschneidendste Kindheitserinnerung sei, „wie die Leute reagierten, wenn sie meinen Namen hörten“. Ob sie Bewunderung äußerten oder voller Hass waren – der Name habe jedenfalls immer etwas ausgelöst.



Zindzi Mandela, Tochter des verstorbenen ehemaligen Präsidenten von Südafrika, bei der Deutschlandpremiere des Kinofilms über ihren Vater in Berlin.

Dienstagnachmittag, in einem Konferenzzimmer im zweiten Stock des Waldorf Astoria. Zindzi Mandela sucht sich einen Sessel in der Ecke, als fürchte sie, den viel zu großen Raum nicht ausfüllen zu können. Sie blickt aus dem Fenster ins Berliner Schneetreiben. Gegenüber liegt das Kino „Zoopalast“, wo gerade die Absperrungen rund um den roten Teppich aufgebaut werden. Die letzten Vorbereitungen für die Premiere des Films „Mandela – Der lange Weg zur Freiheit“, der auf Nelson Mandelas gleichnamiger Autobiografie beruht.Die Tochter ist zum Filmstart aus Johannesburg angereist.

Wie ist es, eine Ikone als Vater zu haben? Nelson Mandela sei ein Mensch gewesen, „kein messianischer Charakter“, sagt Zindzi Mandela. Sie ist ohne ihn aufgewachsen, die erste Erinnerung an ihn ist, dass sie mit ihrer Schwester im Auto warten musste, während ihm die Mutter Essen auf die Polizeistation brachte. Nicht einmal in der Pubertät habe sie Gelegenheit gehabt, den abwesenden Vater zu idealisieren. Wenn von Nelson Mandela die Rede war, hieß es: dieser Terrorist, sie sollten ihn hängen. „Ich hatte nie die Möglichkeit, mich im Kunstunterricht dem Tagtraum hinzugeben, dass er eines Tages als Held wiederkommt und mich rettet“. Denn Zindzi Mandelas Jugend – das war Apartheid, das waren Repression und Gewalt, das war die Polizei, die immer dann die Mutter verhaftete, wenn die Töchter aus dem Internat wiederkamen.

Zindzi Mandela wurde mit Verwandten und ANC-Kameraden des Vaters groß. In einem Alter, in dem andere Mädchen ihren ersten Freund hatten, lernte sie, wie man eine Kalaschnikow bedient, und ließ sich auf dem Land heimlich zur Kämpferin ausbilden. Mit 15 hat sie den Vater endlich wiedergesehen – bei einem Gefängnisbesuch. Sie habe geweint vor Aufregung, und er habe gesagt, sie solle sich einfach vorstellen, sie sitze mit ihm zu Hause am Kamin.

Zindzi Mandelas Stimme wird weich, als sie das erzählt. Überhaupt gehe es ihr darum, die Erinnerung an die „Selbstlosigkeit und Bescheidenheit“ des Vaters wachzuhalten. Dass er sich als „Teil eines Kollektivs“ verstanden habe, immer an andere gedacht habe. Als er einmal auf Besuch in den USA war zum Beispiel, und eine Frau vor Aufregung kollabierte. Er sei den ganzen Abend still gewesen, und irgendwann habe er gesagt: „Ich denke an die Frau, was wohl mit ihr los war.“

Zindzi Mandela spricht schnell und gestikuliert viel. Oft wird sie energisch, sagt, sie wolle etwas richtigstellen. Über ihre Mutter Winnie etwa, von der Nelson Mandela sich 1992 trennte. Winnie Mandela sei mehr gewesen als die verrufene Kämpferin, als die sie dargestellt werde, nämlich „Sozialarbeiterin, Mutter, Ernährerin“. „Sie war es, die den Namen meines Vaters vor dem Vergessen bewahrt hat.“

Überhaupt der Platz in der Geschichte.864 Seiten hat Mandelas Autobiografie, Tochter Zindzi kommt an zwei, drei Stellen ausführlicher vor. Einmal verlas sie als junge Frau in einem Stadion in Soweto einen Brief ihres Vaters. Darin lehnte er es ab, zu den Bedingungen des Apartheid-Regimes aus dem Gefängnis entlassen zu werden. Zindzi Mandela erinnert sich an einen „bittersüßen Moment“. „Einerseits war ich stolz auf ihn. Dass er seine Integrität wahrte. Andererseits war mein Herz gebrochen. Ich wollte ja, dass er nach Hause kommt.“

In den Büchern oder Filmen über ihren Vater sei immer die Rede davon, was er aushalten musste, um sich zum verzeihenden Staatsmann zu entwickeln, der mit dem Friedensnobelpreis geehrt wurde, sagt Zindzi Mandela. „Aber das ganze Bild hat man nur, wenn man auch von den Entbehrungen seines Umfelds erzählt.“ Deswegen sei sie hier, und deswegen habe sie die Produzenten des Films über ihren Vater beraten. Sie hat sich mit dem Regisseur und den Schauspielern getroffen, hat von sich und ihrer Jugend erzählt. Um die Leerstellen in der Geschichte Mandelas zu füllen. „Er darf nicht nur eine Ikone sein, ein einzelner Stamm ohne Blätter. Er ist ein Baum mit Ästen und Verzweigungen, er hatte Familie, Kinder, eine Gemeinschaft“, sagt Zindzi Mandela.

Sie hat selbst vier Kinder, drei von ihnen studieren in den USA. Wie nimmt sie Südafrikas Jugend wahr, von der oft als „Generation Mandela“ die Rede ist? Es sei eine unpolitische Generation, mit einer eigenen Identität, wie in so vielen Ländern, in denen eine Revolution stattgefunden habe, sagt Zindzi Mandela. Das sei nichts Schlechtes, aber „man muss die Erinnerung lebendig erhalten“. Oft passiere es Freundinnen, dass die Kinder aus der Schule kommen und fragen: „Ma, ich habe gehört, du warst eingesperrt, wie kam es eigentlich dazu?“

Und wie sieht sie die Zukunft ihres Landes? Zindzi Mandela sagt, sie sei hoffnungsvoll. „Sicher, wir haben Probleme, vor allem die Regierung. Aber das, was wir jetzt haben, ist immer noch besser als alles, was früher war. “

Zindzi Mandela guckt aus dem Fenster, hinüber zum Kino. In wenigen Stunden wird sie in einem schwarzen Kleid über den roten Teppich laufen, Hände schütteln, sich fotografieren lassen. So wie sie es bei der Filmpremiere in London getan hat, am 5. Dezember. Während der Abspann lief, kam die Nachricht vom Tod Nelson Mandelas. Sie sei traurig und habe große Schuldgefühle deswegen, sagt Zindzi Mandela. Dass sie sich nicht von ihrem Vater verabschieden konnte. Andererseits sei es in seinem Sinne, dass sie sein Erbe vertrete, seine Werte aufrechterhalte. Und ihre ganz persönliche Sicht darauf – dass große Staatsmänner nämlich auch Mütter, Ehefrauen und Töchter haben.

Wie das Internet... verbrannte Zungen heilt

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Das Problem:

Trifft einen immer so heimtückisch, wie eine Kuh vom Brandeisen getroffen wird – und mit vergleichbaren Reaktionen. Jeder, der gerne Kaffee trinkt, solange er noch heiß ist, oder beim Abschmecken von Suppen das Pusten vergisst, wurde schon einmal dazu genötigt, durch folgenden Satz seinen von Schmerz durchzogenen Gesichtsausdruck zu rechtfertigen: „Iff hab mia die Sssunge verbannt.“ Selbst der kleine Cousin des Zungenbrands, der Backenbiss, kann einem den Tag nicht so versauen, wie es eine geschmacksgelähmte und pulsierende Zunge tut. Ein Augenblick der Gier gepaart mit Leichtsinn sorgt für einen halben Tag eingeschränkte Sinneswahrnehmung – oder auch: Brandmarkung.

Die Lösung:

Ist so weiß wie die Zunge heiß: Zucker! Der schmeckt nicht nur gut, sondern sorgt für einen erhöhten Speichelfluss. Die Mundhöhle wird so mit der nötigen Feuchtigkeit versorgt und das Schmerzgefühl gelindert. Funktioniert auch mit Honig oder Bonbons. Wer das so einfach nicht glauben will, vertraut sicher der Expertin Cindie, „the foodie“, die einen solchen Vorfall dokumentiert hat. Vielleicht tut sie auch nur so. Um das zu beurteilen bräuchten wir aber einen weiteren Experten. Und die trinken gerade alle Kaffee. Kalt, versteht sich.

http://www.youtube.com/watch?v=I8dyqYb1CyM

Baby, Baby

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Seit Sebi und ich zusammengezogen sind, sind Babys ein Thema. Genaugenommen waren sie auch schon einige Monate vorher ein Thema, als Sebi das Zusammenziehen zur notwendigen, aber (wie ich später erfuhr) nicht hinreichenden Bedingung für Babys erklärte.

Ich war ein ungeplantes Baby, Sebi war ein ungeplantes Baby. Und so kommt es, dass wir beide zwar schon stramm auf die 30 zumarschieren, unsere Eltern aber gerade mal 50 sind. Das ist super, denn mit Papa kann man noch gut den Kühlschrank ins Haus tragen und mit Mama Klamotten tauschen.  

Meine Eltern sind vermutlich ein Extrembeispiel, bei denen waren drei von fünf Kindern ungeplant. Aber auch sonst höre ich schon mein ganzes Leben von Babys, die „dazwischenkamen“, „einfach so passiert sind“ oder sogar reichlich unhöflich als „Unfälle“ bezeichnet werden. In der Jugend war dementsprechend große Panik angesagt, die dazu führte, dass meine Freundinnen und ich in der Drogerie Stammgast waren, verschämt Schwangerschafstests und irgendwelchen anderen Quatsch (damit der Test nicht so auffiel) kauften und ein ums andere Mal Angst vor dem zweiten Strich hatten – der am Ende nie erschien. Logischerweise. Denn Schwangerschaftstests (zwei hintereinander, doppelt hält besser) wurden bereits anberaumt, wenn eines der drei Verhütungsmittel versagt hatte: Zum Beispiel, wenn man ein Kondom benutzt hatte und absolut sicher außerhalb der fruchtbaren Tage lag – aber die Pille vergessen hatte.  





Dass wir jetzt im besten Alter für Nachwuchs sind, müsste eigentlich auch Sebi aufgefallen sein. Bei den Familienfesten, die ja immer so schön anzeigen, in welcher Phase des Lebens man sich gerade befindet, gab es nämlich einen markanten Führungswechsel von Konfirmation und Firmung hin zu Hochzeit und Taufe.  

Sebi hat keine Eile, sich dieser Massenbewegung anzuschließen, weil er Massenbewegungen grundsätzlich verachtet. Genau das hatte ich in den letzten Jahren schon befürchtet: dass aus einem „Jetzt ist es noch zu früh“ ganz schnell ein „Jetzt ist es zu Mainstream“ werden könnte und das minimale Zeitfenster dazwischen außerhalb meiner fruchtbaren Tage liegen würde. Da wir uns darüber, dass wir generell Kinder haben wollen, ja schon einig sind, bliebe dann nur noch eines übrig – meine Horrorvorstellung vom Kinderkriegen: Eine 40-jährige Latte-Macchiato-Mutter zu werden. Es tut mir Leid, dass ich dieses Klischee hier bemühen muss, aber ich habe in Berlin gewohnt und: Ja, es gibt sie wirklich!  

Ich weiß, wir haben nicht sonderlich viel Geld und ein Kinderzimmer fehlt in der momentanen Wohnung auch noch, aber bedingt durch meine eigene Sozialisation mit Studenten-Eltern, deren Freunden und Nachbarn, Urlaub bei Oma und Opa und einem Zimmer gemeinsam mit meiner Schwester kann ich nur sagen: Für mich darf Kinderhaben ruhig ein bisschen Rock’n’Roll sein! Yo!  

Für Rock’n’Roll ist Sebi dann auf einmal auch zu haben. Und deshalb sagt er, seit wir zusammenwohnen: „Man muss ja nichts planen. Aber wenn etwas Ungeplantes passieren würde, wäre das schon okay. Yo!“ Einige Jahre nach der Phase mit den doppelten Schwangerschaftstests gab es bei mir jedoch einen weiteren markanten Führungswechsel von der Frage „Hilfe! Bekomme ich jetzt ein ungeplantes Baby?“ hin zu „Äääh... ein ungeplantes Baby? Wie bekommt man das überhaupt?“  

Alle Jugendlichen auf dieser Jugendseite bitte mal weghören, aber schwanger zu werden ist doch wirklich ziemlich unwahrscheinlich! Ich meine, Verhüten ist nicht schwer. Es passiert mir nicht, die Verhütung aus Versehen zu vergessen, ich muss sie schon mit Absicht vergessen. Es passiert mir auch nicht, mich aus Versehen zu verrechnen, ich muss mich schon mit Absicht verrechnen. Beides würde ich eher zur Kategorie „Planung“ als zur Kategorie „Nicht-Planung“ zählen. Obendrauf kommt dann auch noch eine völlig unkalkulierbare Variable von Spermium-Geschwindigkeiten, Schleim-Zuständen und reinem Zufall. Also, da kann mir doch keiner erzählen, dass er ständig ungeplante Babys in die Welt setzen würde!  

Lieber Sebi, ich find dich gut! Ich will gerne wissen, wie unsere Babys aussehen, ich habe Lust, in unserer Wohnung eine Wiege aufzubauen, im Garten zu spielen und für immer auf jemanden aufzupassen. Wir gehören zu einer Generation, die immer dreifach verhütet und zweifach Schwangerschaftstests gekauft hat; wir müssen wahrscheinlich auch unsere ungeplanten Babys planen! 

Auf der nächsten Seite: Sebastian über das endgültige Ende der eigenen Kindheit und das Ende der Argumente gegen das Kinderkriegen.
[seitenumbruch]
Zum Thema Kinder und Zusammenziehen schreibt Sebastian:
Dass unsere Generation keine Kinder mehr bekommt, schreibt man ja gern der weiblichen Emanzipation zu. Dass die Frauen jetzt studieren dürfen und nicht mehr auf ihr Dasein als Hausfrau und Mutter beschränkt sind, das habe man sich eben mit dem Untergang unserer Gesellschaft erkauft, hört man es süffisant an der Theke tuscheln. Die Damenecke erwidert dann, dass es genau umgekehrt sei: Dass die heutige Generation von Männern eben alle unter Bindungsängsten litten und sich erst zum Kinderkriegen entscheiden würden, wenn die weiblichen Eier alt oder gleich ganz verbraucht wären.  

Wer und ob überhaupt jemand in diesem Streit recht hat, ist schwer zu sagen. Es ist aber ohnehin müßig darüber zu streiten. Denn Fakt ist, dass es eh längst zu spät ist: Der Mangel an Kindern wird sich nicht mehr umkehren lassen und das bedeutet, dass wir aussterben werden. Finde ich eigentlich auch nicht so schlimm, wäre da nicht diese ärgerliche Übergangszeit von kollabierenden Sozialsystemen und Fernsehprogrammen, die für einen Durchschnittszuschauer von 64 Jahren gemacht werden.  

So oder so ähnlich sehen dann meist die Gespräche aus, die Nadine und ich mit einer eigentlich ganz privat begonnenen Frage nach den eigenen Familienplänen führen. Typisch postmodernes Meta-Gehabe eben. Vielleicht ganz insgeheim aber auch ein klein bisschen Schutz vor den eigentlichen Fragen...  

Und zugegeben: Mir fällt es nicht ganz leicht, darüber nachzudenken. Natürlich stand für mich schon immer fest, dass ich irgendwann mal Kinder will. Und natürlich werde ich traurig, wenn ich auf dem fünfzigsten Geburtstag meiner Mutter mit meinem Bruder über meinen bevorstehenden dreißigsten spreche und merke, dass meine Kinder auf meinem fünfzigsten im besten Fall über ihren Führerschein und im schlechtesten über ihre Einschulung reden können. Ich genieße es ja selbst, junge Eltern zu haben, und hielt mich auch immer für einen Kandidaten, der dieses Modell mal leben würde. Unter einem der letzten Texte warf mir Userin chrinamu vor, ich würde meiner längst vergangenen Kindheit nachtrauern. Es ging zwar um ein völlig anderes Thema (ich glaube ums Essen), aber ganz Unrecht hatte sie damit natürlich nicht und ich fühlte mich schon ein bisschen ertappt. Es gibt eben kein definitiveres Ende der eigenen Kindheit als selbst Kinder zu bekommen. Sorry! Da kriegt man halt Angst!  

Als Nadine vor einigen Jahren damit begann, über eigene Kinder zu sprechen, dachte ich, es sei nur eine Laune. Als die Laune zur Regel wurde, vermutete ich, dass sie einem Trend ihres Umfelds nachliefe. Aber nachdem die "Trendkinder" sprechen konnten und damit begannen, sich morgens alleine auf den Weg zum Kindergarten zu machen, sprach Nadine noch immer von nichts anderem. Unsere Lebenssituation erstreckte sich über viele hundert Kilometer und ich führte an, dass das nicht gerade das geeignete Umfeld für Nachwuchs sei – aber seitdem Nadine und ich zusammen wohnen, gehen mir und meinen Ängsten natürlich langsam die Argumente aus.    

Und ja, vielleicht würde es uns Generation-Y-Yuppies, die sich ständig um sich selbst drehen, einfach mal gut tun, sich auch noch um was anderes kümmern zu müssen. Vielleicht würden wir aufhören, Lebenspläne zu machen und anfangen zu leben. Vielleicht würden wir das alles schon irgendwie hinbekommen, trotz der finanziellen Sorgen und der eigenen gefühlten charakterlichen Unfertigkeit. Denn wenn wir ehrlich sind: Es hat doch immer genauso funktioniert. Nadine und ich wurden selbst von bitterarmen Eltern großgezogen, die noch studierten und irgendwie sind wir auch groß geworden. Als ich meinen Vater mal gefragt habe, wie es eigentlich damals zu mir gekommen sei und wie der Plan dazu ausgesehen habe, da hat er gesagt: "Du warst ziemlich ungeplant, aber nicht unwillkommen." Irgendwie schön, so was als Kind zu hören. Vielleicht können wir später mal was Ähnliches erzählen! Yo!

sebastian-hilger

Dinner für Tausende

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Park Seo-yeon sitzt vor vier großen Schalen mit Suppe, Nudeln, Gemüse und Fleisch. Sie beginnt, mit zwei Stäbchen in einer Aluschale mit Nudeln und Soße herumzurühren. Sie zieht die Nudeln immer wieder hoch. Sie legt die Stäbchen wieder hin. Es dauert, bis sie den ersten Bissen nimmt. Auch, weil sie dabei fast ununterbrochen spricht.

Szenen wie diese streamt Park Seo-yeon jeden Tag für wildfremde Leute ins Internet. Die Filmchen sind - bis auf die Tatsache, dass man sich als Zuschauer immer wieder wundert, wie viel sie da essen will - ziemlich langweilig. Trotzdem sehen ihr bei einer Mahlzeit im Stream Tausende live und danach noch einmal Hunderttausende auf YouTube zu. Park Seo-yeon verdient pro Essen mehr als 700 Euro.

Die 34-Jährige aus Seoul hat das Ganze vor drei Jahren als Hobby begonnen. Inzwischen hat sie ihren Job in einer Consulting-Firma aufgegeben, ihr Geld verdient sie heute damit, dass sie sich beim Essen filmt, das Ganze ins Netz streamt und mit ihren Fans chattet.  

http://www.youtube.com/watch?v=MCYXshvLHYk 

"Meok-bang", Essen auf Sendung, nennt sich der Trend, den man seit ein paar Monaten beobachten kann, "gastronomic voyeurism" haben ihn englischsprachige Medien getauft. In Südkorea machen etwa 3.500 Menschen solche Shows, manche werden von Restaurants gesponsert.

Das Abendessen im Stream ist eine neue Facette der Darstellung von Essen im Netz. Es unterscheidet sich von dem Teilen von Essensfotos auf Instagram oder Facebook, und es unterscheidet sich auch von den gerne als "Food Porn" bezeichneten Blogs, bei denen es nur um die Ästhetik der Gerichte geht. Bei den Filmen aus Korea scheint das Essen nämlich gar nicht so wichtig zu sein. Es geht hier um den Verzehrenden.

Park Seo-yeon ist so etwas wie der Star in der Szene. Unter ihren Fans sind auch ein paar Food-Fetischisten, aber die meisten sehen sie als Familienersatz. Alleine mittagzuessen ist schon nicht schön, das zeigen die einsamen Schreibtischfotos vom Tumblr Sad desk lunch. Aber abends, wenn man heimkommt und beim Essen von seinem Tag erzählen möchte, sich mit jemandem freuen oder vor jemandem schimpfen will, ist es für viele kaum auszuhalten, wenn da niemand ist.

In Südkorea ist diese Einsamkeit für viele alltäglich. Zwölf Millionen Menschen leben dort in Single-Haushalten. Und es werden immer mehr. Fremden beim Essen zuzusehen macht die Einsamkeit anscheinend leichter zu ertragen. Es vermittelt so etwas wie Gemeinschaftsgefühl, es macht die Einsamkeit beim Abendessen weniger unangenehm. Aus demselben Grund setzen sich viele Singles abends mit ihrem Teller vor den Fernseher. Mit "Meok-bang" bekommen sie gleich eine Art virtuelle Familie an den Tisch.

Park Seo-yeon trifft ihre "Familie" auf der Plattform Afreeca TV, einem Peer-to-Peer Videonetzwerk, auf dem man Videos hochladen oder live streamen und ansehen kann. Geld verdient sie über eine virtuelle Währung namens "Star Balloons", die ähnlich wie der Social-Payment-Service Flattr funktioniert. Man verschenkt meist ein paar Cents – wenn viele das tun, kommt einiges zusammen. Fast 7.000 Euro verdient Park Seo-yeon jeden Monat, und das für täglich drei Stunden Essen vor der Kamera. Fast 2.500 Euro gibt sie jeden Monat für gute Zutaten aus.

Die Kunst vor der Kamera zu essen


In einem Interview mit der britischen Tageszeitung "The Independent" erklärte Park Seo-yeon ihren Erfolg auch damit, dass Menschen, die nicht so viel essen können, spätabends nichts essen wollen oder auf Diät sind, es als "stellvertretenden Genuss" empfinden, wenn sie ihr dabei zusehen. Da ist dann doch eine Gemeinsamkeit mit "Food Porn" - es ist eine Art Ersatzbefriedigung. In Südkorea ist die Lust daran, anderen beim Essen zuzusehen, aber auch gar nicht so ungewöhnlich. Laut der Tageszeitung The Korea Herald loben südkoreanische Zuschauer Schauspieler oft dafür, dass sie vor der Kamera besonders appetitlich essen. Dort wird auf ein YouTube-Video verlinkt, in dem nur Filmszenen zusammengetragen sind, in denen der Schauspieler Jung Woo Ha isst.

Bleibt noch die Frage, was Park Seo-yeon eigentlich mit dem vielen Essen macht, das übrig bleibt. Sie beteuert zwar immer wieder, sie habe einfach den großen Appetit ihrer Familie geerbt und einen ungewöhnlich hohen Stoffwechselumsatz, sie habe keine Essstörung. Um das zu beweisen bleibt sie nach den Shows auch noch oft im Chat. Aber irgendwann ist die Kamera trotzdem aus. 

"Jeder Satz haut einen um"

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jetzt.de: In "Staudamm" spielst du Roman, einen einsilbigen Typen, der für einen Staatsanwalt Gerichtsakten auf Tonband aufnimmt. Der Staatsanwalt ist ein Freund seiner Eltern, ansonsten erfährt man kaum etwas über Roman. Wer ist dieser Typ?
Friedrich Mücke: Roman ist eigentlich eine sehr moderne Figur. Er macht diesen Job, um Geld zu verdienen. Er sitzt in seiner Wohnung und spricht die grauenhaften Dinge in ein Mikrofon, ganz kühl und unbeteiligt, die die Zeugen vor Gericht ausgesagt haben. Nebenbei spielt er Xbox und behandelt seine Freundin schlecht. Ein total isolierter Typ. Ihm fehlt was in seinem Leben.  

Bis er dann in das Dorf muss, in dem der Amoklauf stattgefunden hat, um weitere Akten zu holen...

...und dort ändert sich was für ihn: Plötzlich trifft er Laura, eine Überlebende des Massakers. Sie ist traumatisiert, er kennt ihre Geschichte schon aus den Akten. Sie haben beide auf ihre eigene Art Schwierigkeiten damit, weiter zu leben. Und irgendwie erkennen sie, dass der jeweils andere ihnen eine Hilfe sein kann – eine Chance, etwas abzulegen.  

Roman will eigentlich gleich wieder fahren, muss dann aber tagelang im Dorf bleiben, bis er die Akten bekommt.
Und plötzlich ist er eben nicht mehr unbeteiligt. Erst ist es das Schicksal, dass ihn dort festhält, aber am Ende will er auch selbst bleiben. Er dockt da irgendwie an.  



Roman, gespielt von Friedrich Mücke, entdeckt das Tagebuch des Amokläufers. Der Text darin besteht aus echten Tagebuch-Ausschnitten.


Der Amokläufer selbst ist tot, es gibt keine Rückblenden, man hört von seinen Taten nur indirekt. Ist es nicht seltsam, um so ein Phantom herumzuspielen?

Ich hatte mich auch am Anfang gefragt: Sollte der Täter nicht irgendwann mal auftreten? Aber gerade diese Abwesenheit ist eine der spannendsten Säulen des Films, und auch als Schauspieler ist es interessant, diesen Geist plastisch werden zu lassen.  

Zum Beispiel, wenn deine Figur über verschneite Wiesen joggt, während man aus dem Off die Zeugenaussagen hört?

Da wird diese Figur des Amokläufers ganz groß. Für diese Szenen bin ich zwei Tage lang durch den Schnee gejoggt – aber dass es am Ende wirklich so gut aufgeht, mit dem Text aus dem Off, habe ich erst am Schluss gesehen, als der Film fertig war. Beim Joggen kannst du ja nicht viel spielen, höchstens mit dem Gesicht.  

Am Ende liest du nicht nur die Zeugenaussagen, sondern aus dem Tagebuch des Täters. Der Text stammt aus realen Tagebüchern von Amokschützen. Wie sehr hat dich das mitgenommen?

Das ist schon heftig, jeder Satz, den ich da spreche, haut einen um. Vor diesem Film war ich ja immer gelähmt, wenn ich Schlagzeilen von einem Amoklauf gesehen habe... Aber dieses Thema über einen Film greifbar und irgendwie nachvollziehbar zu machen, ist eine tolle Sache.

Irgendwann brechen Roman und Laura in die Schule ein, in der das Massaker stattgefunden hat. Und Roman bewegt sich plötzlich wie der Amokläufer durch die Schule und imitiert die Schüsse. Was passiert da?
In diesem Moment wird alles für ihn haptisch erlebbar, was er zuvor passiv gelesen hat. Er hat das ja nicht so geplant, es geht einfach mit ihm durch. Die imaginäre Waffe, mit der er da durchläuft, hilft ihm, das nachzufühlen, was in den Akten steht. Die Szene verändert plötzlich alles. Einfach so Schießerei zu spielen, das machen ja Kinder – aber an diesem Ort, mit dem Wissen, was dort passiert ist, in den leeren Klassenzimmern rumzuballern, das ist kein Spiel mehr.  

Wie war es, das zu drehen?
Sehr merkwürdig. Die Szene veränderte schlagartig die Stimmung am Set. Wir haben das ja zwei, drei Mal wiederholt, da fühlt man das richtig intensiv.  

Seit vergangenem Jahr spielst du einen "Tatort"-Kommissar in Erfurt - auch eine Stadt, in der ein Schulmassaker passiert ist. Gab es zwischen den Rollen einen Zusammenhang?

Nein, wir hatten "Staudamm" schon abgedreht, als das Angebot für den "Tatort" kam. Aber dort hat mein Filmpartner ein Trauma von dem Amoklauf. Es gibt bisher ja nur eine Folge, in der haben wir das Thema nur angekratzt, vielleicht wird das noch vertieft.  

Ihr habt den Film speziell in Erfurt und Winnenden schon vor der offiziellen Premiere gezeigt. Wie war das?

Ich war bisher bei drei Vorführungen, und jedes Mal war die Stimmung sehr ruhig, nachdenklich. Ein paar Leute sind zwischendurch rausgegangen. Man braucht schon Geduld dafür. Der Film wirft mehr Fragen auf, als er Antworten gibt. Das ist das Moderne daran. Er sagt: Augen auf, hingucken statt weggucken.  




"Staudamm" läuft seit Donnerstag im Kino.

Lanz, Bieber, raus!

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Bei Online-Petitionen gab es bisher zwei Kategorien: Die erfolgreichen Massenpetitionen („Keine Indizierung und Sperrung von Internetseiten“, „Kein Lehrplan unter der Ideologie des Regenbogens“ und die entsprechende Gegenpetition) und Winz-Petitionen zu den Empfindsamkeiten von Kleingruppen und Privatpersonen („Ausbau der Internetleitung nach Nalbach bei Saarlouis“, 34 Unterschriften, „Felix Magath muss zum HSV“, 96 Unterschriften). 

Nun hat sich seit ein paar Tagen allerdings eine dritte Kategorie dazugeschlichen: Petitionen zu den Empfindsamkeiten von Privatpersonen, die zu Massenbewegungen werden. So geschehen in den Fällen Markus Lanz und Justin Bieber. Beim Fernsehmoderator Lanz fühlte sich eine Leipzigerin von Lanz’ Umgang mit der Linken-Vorsitzenden Sahra Wagenknecht gestört und forderte „Raus mit Markus Lanz aus meiner Rundfunkgebühr“. 230.000 Menschen sahen das genauso, mittlerweile hat Markus Lanz sich entschuldigt.  

Zeitgleich gibt es gerade eine Petition, in der mittlerweile 180.000 Amerikaner die die Ausweisung des Kanadiers Justin Bieber aus ihrem Land verlangen. Als Begründung wird angeführt: „We the people of the United States feel that we are being wrongly represented in the world of pop culture. We would like to see the dangerous, reckless, destructive, and drug abusing, Justin Bieber deported and his green card revoked.“ Da die amerikanische Regierung zu Petitionen mit über 100.000 Unterschriften öffentlich Stellung beziehen muss, wird wohl auch Barack Obama um das Thema nicht rumkommen. Bieber selbst hat sich mittlerweile zumindest der kanadischen Polizei gestellt, die ihn wegen des Vorwurfs der Körperverletzung suchte. Dass er ins Gefängnis kommt und die Petition sich deshalb von alleine erledigt, ist allerdings unwahrscheinlich.


Bye bye Bieber?

Nun kann man argumentieren, dass diese Petitionen ja ihre Berechtigung haben müssen, wenn so viele Menschen sich von Markus Lanz und Justin Bieber maßgeblich in ihrem Leben gestört fühlen. Andererseits sind diese Personen, auch wenn sie natürlich bewusst im Rampenlicht stehen und damit viel Geld verdienen, keine Unterhaltungsroboter. Und es ist sicher nicht lustig, zu wissen, dass rund 200.000 Menschen einen zum Kotzen finden. Und entwerten derartige Hass-Petitionen nicht auch ein wenig den Wert von relevanten politischen Anliegen, für die Petionen ja ursprünglich gedacht waren?  

Was ist deine Meinung zu dem Thema? Hast du als großer Lanz-Bieber-Hasser vielleicht schon unterschrieben? Dümpelt deine Petition für vegetarische Gerichte in der Mensa gerade nur noch vor sich hin, weil alle nur auf Lanz schielen? Oder glaubst du eh nicht an die Wirkung von Online-Unterschriftenaktionen und ignorierst deshalb die ganze Aktion?

Herzschmerz für 89 Cent

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Immer mehr Autoren verkaufen ihre selbst publizierten Werke auf Amazon.

Alle zehn Spitzenreiter stammen von Autorinnen, jedenfalls werden sie unter weiblichen Autorennamen angeboten. Sie tragen Titel wie „Beim zweiten Mal küsst es sich besser“, „Mad about you – erotische Novelle“ oder „Kalter Zwilling: Thriller“, und manchmal bündeln sie die Genres wie „der erotische Liebeskrimi“ von Greta Schneider unter dem Titel „Herzgefängnis“. Sie kosten zwischen 89Cent und 3,99 Euro.

Niedrigpreis-Segment plus Herz-Schmerz-Softporno-Thriller, das klingt, als sei die Amazon-Liste ein Beleg für eine besondere Nähe von Selfpublishing und Trash. Es gibt aber diesen Trash längst in den Taschenbuchprogrammen der Print-Verlage. Und umgekehrt ist das Selfpublishing nicht auf den Trash-Sektor beschränkt. Der Erfolg der „Fifty Shades of Grey“-Trilogie der britischen Autorin E.L. James, gerade in der E-Book-Version, wurde gelegentlich als Zeichen einer besonderen Nähe des E-Book zum Trash gedeutet, aber längst bildet sich im E-Book-Sektor das gesamte Qualitätsspektrum der Bücherwelt ab.

Das Selfpublishing erscheint auf den ersten Blick als Do-it-yourself-Bewegung. An der Grenze zum Markt wird das „Selbst“ aber häufig ein Mischwesen aus Individuum und großen Konzernen. Über das „Kindle Direct Publishing“ (KDP) bietet Amazon Autoren an, ihre E-Books kostenfrei als Downloads zu vertreiben. Auch der Holtzbrinck-Konzern hat inzwischen eine Selfpublishing-Plattform. Die Autoren können 70 Prozent der Nettoeinnahmen erhalten, das ist deutlich mehr als die zehn Prozent, die Autoren in der Regel bei einem Vertrag für ein gedrucktes Buch bekommen. Aber die Kosten haben die Autoren vorher. Denn die E-Books müssen, was Cover, Layout und dergleichen betrifft, in vermarktungsreifem Zustand angeboten werden.

Die reine Digitalisierung ist nicht der Hauptkostenfaktor, für Lektorat und Korrektur sind 800 bis 1200 Euro einzukalkulieren, für das Cover 50 bis 300 Euro. Das heißt: Elemente der Verlagsarbeit wandern in das Selfpublishing ein. Die Lektoren und Buchgestalter der „Selfpublisher“ sind nicht selten entlassene Profis aus der Verlagsbranche.

Früh haben Autoren wie Rainald Goetz erkannt, wie gut sich eine Wechselwirtschaft von Schreiben im Netz und Publikation gedruckter Bücher betreiben lässt: Sein Blog „Abfall für alle“ war erst im Netz, dann als Buch erfolgreich. Noch ist das öffentliche Prestige des Autors stark vom gedruckten Buch abhängig. Aber ökonomisch kann das Selfpublishing schon attraktiv sein, ehe man sich damit einen Namen als Autor macht.

Nicht erst seit den jüngsten Buchmessen ist das Selfpublishing auch in der öffentlichen Wahrnehmung auf dem Weg zur Professionalisierung. Amazon als Vermarkter ist gewiss nicht die Einlösung der alten Idee vom Selbstverlag. Noch feiert das Selfpublishing mit dem erotischen Liebeskrimi Erfolge. Dabei muss es nicht bleiben. Es kann auch besser werden.

Klotzbrocken

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Am Sonntag wird der Uni-Turm Geschichte sein. An der frei werdenden Stelle sollen neue Türme gebaut werden.

Wäre der Beton-Turm in der Mitte von Frankfurt ein Stück kürzer, würde sich das Interesse an seinem Schicksal in Grenzen halten. Aber der Klotz ist nun einmal 116 Meter hoch. Er ist keine Augenweide, beileibe nicht, sondern verschrien bei den Einheimischen, aber auch bei Abertausenden junger Leute, die seit Anfang der 70er Jahre dort vor allem Gesellschaftswissenschaften, Pädagogik und Psychologie studierten. Am Sonntag soll der Brutalismus-Bau in die Luft gejagt werden. Zum Ende seiner Existenz schreibt der AfE-Turm (AfE ist die Abkürzung für Abteilung für Erziehungswissenschaften) sogar Geschichte: Nie zuvor wurde in Europa ein höheres Gebäude gesprengt.

Tausende Schaulustige werden zu dem Spektakel erwartet; Spreng-Touristen, sozusagen, die manchmal lange Wege in Kauf nehmen, um Augenzeuge einer Zerstörung zu sein. Die interessiert die Geschichte des Bauwerks weniger, viel mehr schon die Frage, ob man anständig zuschauen und fotografieren kann. Dabei wird vor ihren Augen eines der, wenn man so will, größten inoffiziellen Graffiti-Archive der Bundesrepublik Deutschlands verschwinden.

Denn der Turm mit seinen 38 Stockwerken wurde von Studentengenerationen bemalt, verziert und ja, beschmiert. Die Foyers, die Toiletten, Wände, Spinde, alles übersät mit Parolen und Kritzeleien, manche künstlerisch, viele belanglos, etliche politisch, andere amüsant, daneben natürlich auch viel dummes Zeug. Schon die ersten Studenten, die 1972 einzogen, hinterließen an den Wänden ihre Spuren, die junge Leute heutzutage kaum noch deuten können. „Keinen Pfennig für das Thieu-Regime“, steht in roten Lettern an einer Wand. Thieu? War der Präsident des mit den USA verbündeten damaligen Südvietnams, der um keinen Preis Frieden mit dem Norden des Landes schließen wollte. Er verließ sein Land 1975.

Später kamen die Solidaritätsbekundungen für die Mitglieder der Terrorgruppe RAF hinzu, Grüße an die damals Hungerstreikenden, Kapitalismuskritik in allen Formen. Und einige der Kritzler waren auch witzig, zumindest nicht bierernst. Der Mahnung eines Vegetariers: „Esst kein Fleisch“, fügte ein anonymer Schreiber hinzu: „Ohne Barbecue-Sauce.“ Und vor gut einem Jahr, als das Ende des Turms schon beschlossene Sache war und der Umzug der Studenten auf den neuen Campus der Wolfgang-von-Goethe-Universität ins Frankfurter Westend besiegelt, erhielt der Klotz eine geradezu poetische Widmung. In einer nächtlichen Aktion schleppten Studenten Farbtöpfe die Treppen hoch und malten in weißen Lettern das Wort „Elfenbein“ auf die Fassade.

Freiheit für die Wissenschaft, jenseits ökonomischer Zwänge – das war die eine Botschaft. Die zweite Botschaft: Scheußliches Gebäude, aber eben doch unser Elfenbeinturm.

Ansonsten kann man dem Bau keine großen Komplimente machen. Konzipiert wurde er für 2500 Menschen, schon in den ersten Jahren war er überfüllt und genaugenommen eine Zumutung. Sieben Fahrstühle sollten Studenten und Lehrende in die Höhe bringen, wobei nicht jeder Aufzug jedes Stockwerk anfuhr. Mindestens zwei Lifte waren stets defekt oder wurden repariert, lange Schlangen vor den Türen gehörten zur alltäglichen Qual der Studenten. Eine Uni-Mitarbeiterin verlor im Jahr 2005 ihr Leben in den Schreckens-Aufzügen. Ihr Lift blieb stecken, sie geriet in Panik, versuchte, zwischen zwei Stockwerken aus der Kabine zu klettern und stürzte in den Schacht.

Was im Fall eines Brandes im Turm passiert wäre, mag sich niemand ausmalen. Stimmt, von den oberen Etagen war der Ausblick wunderbar. Aber die Fenster ließen sich, wie sich ehemalige Studenten erinnern, nicht öffnen. Dankenswerterweise. Sonst hätte man sich, wie sie schauernd sagen, herausgestürzt. Trauer? Nein, keine Trauer. Sondern Erleichterung.

Seit vergangenem Jahr steht der Turm leer, die Fakultäten sind umgesiedelt. Erst sollte er Stück für Stück abgetragen werden, doch die Anwohner protestierten ob des Lärms. Also wird nun gesprengt, am Sonntag um 10 Uhr soll es soweit sein.

Der Sprengmeister kommt aus Bayern, ein Meister seines Fachs, Eduard Reisch, der schon viele Gebäude zum Einsturz brachte, in seiner Heimat auch bekannt als „Krater-Edi“. Vom Dach des nahegelegenen Marriott-Hotels wird Reisch mit einem elektronischen Funksignal die Sprengladungen zünden. Etwa 950 Kilogramm Sprengstoff haben Experten in den vergangenen Tagen in mehr als 1400 Bohrlöcher im Gebäude gestopft. Der Turm soll in zwei Stufen fallen: Erst die Pfeiler, dann der Kern des Gebäudes. Angeblich wird man keine Detonationen spüren. In einem nahegelegenen Labor, so hat es der Sprengmeister versprochen, wird, wenn alles gut geht, nicht ein einziges Gläschen umfallen.

Auch dem Senckenberg-Museum, den umliegenden Wohnhäusern und den U-Bahn-Röhren soll nichts passieren, sagen die Experten. Ganz aus der Nähe wird kaum ein Schaulustiger die Aktion beobachten können. Um den Turm herum wird eine Schutzzone von 250 Metern errichtet. Logenplätze der besonderen Art bot das Marriott-Hotel an – Zimmer mit direktem Blick auf den Turm, für knapp 200 Euro für die Nacht zum Sonntag. Alle längst ausgebucht. Für den letzten Blick auf den Frankfurter Elfenbeinturm.

Zwei Bücher, ein Autor

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Nora Gomringer, geboren 1980, ist Schweizerin und Deutsche. Sie lebte u.a. vier Jahre in den USA, wo sie enge Kontakte zur Performance-Poesie-Szene pflegte, und war Gast zahlreicher Poesiefestivals im In- und Ausland (zuletzt Mexiko, Buenos Aires, Zürich). Nora Gomringer veröffentlichte mehrere Gedichtbände bei Voland & Quist, außerdem erschienen ihre Texte in Anthologien, Schulbüchern und Zeitschriften, einzelne Lyrikbände sind auch in verschiedene Sprachen übertragen worden. Seit 2010 leitet sie das Internationale Künstlerhaus Villa Concordia in Bamberg im Auftrag des Freistaates Bayern als Direktorin. Nach zahlreichen Auszeichnungen für ihr Werk, wurde ihr im Herbst 2011 der Kulturpreis Deutsche Sprache  „Jacob Grimm“ zugesprochen. 2012 folgte der Joachim-Ringelnatz-Preis für Lyrik. Im Frühjahr 2013 erschien ihr illustrierter Lyrikband mit CD »Monster Poems«, kurze Zeit später erhielt sie den Poesiepreis des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft im BDI e.V. und den August-Graf-von-Platen-Preis für Literatur. 2014 ist sie offizielle Stadtschreiberin von Helsinki und wird in Erlangen mit dem Otto-Grau-Preis für Kunst geehrt.

Teil 1: Die Neuerscheinung


Stephen King: Joyland

jetzt.de: Ich war überrascht, dass du ein Buch von Stephen King für dieses Gespräch ausgewählt hast.
Nora Gomringer: Stephen King ist für mich einer der verblüffendsten Autoren. Ich will gar keine Kategorisierung vornehmen, weil so viel Verschiedenes von ihm vorliegt, dass man den Verdacht bekommen könnte, die Thriller- und Horrorthematik sind nur zwei weitere Spielarten seines Könnens, die er eben auch gut beherrscht. Mir hat immer gut gefallen, dass er in jedem neuen Buch mit überraschender Tiefe Situationen erschafft und auf Personen blickt. Ich glaube, die Elemente des Übersinnlichen und Übernatürlichen hängen bei ihm vor allem damit zusammen, dass er sich gut wundern kann über Welt und Menschen.

Findest du das auch so in "Joyland" wieder?
Ja, das Buch kommt mit ganz wenig storyformenden, übersinnlichen Elementen aus. Dafür findet man sehr gute Personenbeschreibungen. Außerdem ist Stephen King einer der wenigen männlichen Autoren, der Fraueninnenleben gut ausfüllt.

Ich fand das alles unglaublich amerikanisch.
Ja, Stephen King wird immer mehr zum Vertreter des "Americana", zum großen Darsteller kleiner amerikanischer Verhältnisse.

Auch in diesem Roman?
Wir haben es in "Joyland" mit einem jungen Collagestudenten zu tun, Devin Jones, dessen Herz gebrochen wurde. Er heuert für einen Sommer in einem Vergnügungspark an. Er trifft natürlich verschiedene Menschen, mit denen er arbeitet, manche sympathisch, manche unsympathisch. Er lernt aber auch einen kleinen Jungen, Mike, und seine Mutter, Annie, kennen. Sie ist offensichtlich alleinerziehend und der Kleine ist schwer krank und hat die Gabe des Sehens. Irgendwie kann er bestimmte Dinge voraussehen und bis zu einem gewissen Grad Gedanken lesen. Und in dem Vergnügungspark gibt es schon ganz lange eine Spukgeschichte. Irgendwie ist im "haunted house" eine junge Frau umgebracht worden und ihr Geist schwebt noch immer in dieser Geisterbahn. Es ist eine mysteriöse Kriminalgeschichte, die auch Devin in Gefahr bringt. Die meiste Zeit erlebt der Leser aber einen ausgedehnten und ruhigen Sommer. Das ist das Schönste.

Und all das ist aus der Perspektive von Devin Jones als gealtertem Mann erzählt. Für mich entsteht keine glaubhafte Dringlichkeit dafür, dass dieser ungefähr sechzigjährige Erzähler diese Geschehnisse schildert.
Man muss dabei beachten: Ein Sechzigjähriger ist in den USA schon fast tot. Mit sechzig steht man, im Gegensatz zu Europa, zwischen den Leben. Es ist also der typische Zeitpunkt für die Retrospektive. Und das wiederum ist typisch für den Americana und Stephen King. Er ist nämlich mittlerweile auch so ein Opa, der nur noch schöne Geschichten erzählen will. Und dann hängt er sie eben irgendwo dran auf.

Was du schöne Geschichte nennst, ist vor allem unglaublich prüde.
Ja, aber das hat auch mit der Zeit zu tun, es spielt irgendwann in den Siebzigern. Das hallt Stephen King als Kindheitsecho nach. Und natürlich sind diese Geschichten alle total prüde, sie sind aufgehoben in dieser Prüderie, sie kommen aus ihr heraus und bleiben auch in ihr drin, es ist die Atmosphäre, die sie atmen.

Und das gilt nicht nur für den Inhalt. Sie sind sprachlich und formal gleich prüde, es gibt nicht ein einziges Wagnis.
Es gibt keinen Firlefanz, das stimmt, und ich finde das mal wieder ganz entspannend. Das regt mich sonst auch immer an der Deutschen Prosa sehr auf. Ich verbinde sprachliches Wagnis mit Lyrik, in der Prosa nervt mich das meistens. Ich habe mich mit diesem Buch auch nicht aus meiner Komfortzone bewegt, das kann man mir vorwerfen.

Ja, genau, das tut man nicht, man bleibt die ganze Zeit in der Komfortzone. Ich finde, dieses Buch ist im schlimmsten Sinne "well made".
Das stimmt, aber mich erstaunt Stephen King trotzdem immer wieder. Er sagt: Ich mache hier kein Erdbeben, keinen Vulkanausbruch, aber ich erzähle eine schöne Geschichte. Diese Harmlosigkeit finde ich faszinierend.

Stephen King: Joyland, Heyne Verlag, München 2013, 352 Seiten, 19,90 Euro.

Auf der nächsten Seite: Nora Gomringer über ihr Lieblingsbuch, "The Basketball Diaries" von Jim Carroll - und was das mit "Mad Men" zu tun hat.
[seitenumbruch]

Teil 2: Das Lieblingsbuch


Jim Carroll: The Basketball Diaries

Ich vermute einen persönlichen Bezug, der zu deiner Wahl dieses Buches geführt hat, nämlich den zu New York, wo du einige Zeit gelebt hast.
Ja, aber ich habe jetzt beim zweiten Lesen gedacht: Moment mal, das spielt ja alles vor dem gleichen zeitlichen Tableau wie die Fernsehserie "Mad Men" und größere Gegensätze in der Darstellung kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Auch zu Stephen King nicht übrigens. Die Prüderie ist hier zwar ebenso Atmosphäre, aber hier ist einer, der dagegen schwimmt wie ein Spermium in einer prüden Gebärmutter und alles anbounct, was geht. Ich wollte mal wieder ein Buch lesen über einen ganz wilden Charakter, jetzt denke ich, eigentlich ist er ein ganz erwachsener Wildspieler.

Ja, das ist das Erstaunliche. Dieses Buch basiert auf Aufzeichnungen, die Jim Carroll zwischen seinem zwölften und sechzehnten Lebensjahr gemacht hat.
Ich habe zwischendurch gedacht: So einen Jungen will ich persönlich gar nicht kennenlernen. Wenn ich es lese, finde ich es lustig und denke: Ach, der ist ja wie ein wilder Sancho Panza oder ein wilder Don Quijote, der mit seinen Kumpels rumrennt und mit einer Nadel alles in seinen Körper reindrückt, was geht. Das hat zu meinem eigenen Leben eine Entfernung wie drei Mal zum Mond. Und insgeheim hoffe ich, dass er das alles gar nicht wirklich erlebt hat, dass er ein Angeber ist, dann hätte ich das Gefühl, es ist nicht alles kaputt.

Das Entscheidende ist auch hier wieder die Form, all das wird in kürzesten Tagebuchnotizen erzählt.
Ich habe das Gefühl, er hat auch gar nicht den Atem für länger. Weder die erzählerische Kraft, noch die Lust. So wie er sich selbst schildert, ist er die große Wurstigkeit in Person, nur manche Dinge sind wichtig: In dem Moment diese Frau, in dem Moment diese Droge und dann noch in dem Moment dieses Spiel. Diese drei markanten Dinge im Leben zwischen zwölf und sechzehn scheinen ihn zu interessieren.

Vor diesem Buch hat Carroll vor allem Lyrik geschrieben und veröffentlich. Hast du einen Widerklang davon in seiner Prosa gefunden?
Ja, vielleicht in dieser Roughness, in dieser Attitüde: "Ich will nicht gefallen!" Das kann einem auch beim Lesen der Gedichte auf den Keks gehen, weil es nicht gelingt. Er hat sehr schöne, sehr kluge Beobachtungen, die ihn für zärtlich erklären und zärtlich findet er furchtbar.

Das gilt für sein ganzes Werk.
Ja, um in diesem Spermium-Bild zu bleiben: Jim Carroll ist ein Gegen-den-Strom-Schwimmer und zwar wie bekloppt. Man möchte ihm zurufen: Zur Selbsterhaltung, zum Selbstschutz, sei doch mal ein bisschen konformer! Aber Jim Carroll in konform gibt es nicht.

Aber, um weiter im Bild zu bleiben, ein Spermium, das auf dem Weg zu einer Eizelle ist, schwimmt vielleicht gegen einen Strom an, aber es hat ja ein Ziel. Und Carroll strebt der absoluten Leere, der totalen Selbstzerstörung zu.
Vielleicht nehmen wir auch eine Kaulquappe, die hektische und ausladende Schwimmbewegungen macht, die wild zappelt.

Wir haben das Buch in der Originalausgabe gelesen, weil es auf Deutsch momentan nicht vorliegt. Würdest du dem Verlag raten, es schnell wieder aufzulegen? Oder allen, die jetzt Lust haben die Diaries zu lesen, empfehlen, es unbedingt und auf jeden Fall im Original zu lesen?
Wer ein Gefühl bekommen möchte für diesen brodelnden und damals noch sehr spannenden Kessel New York, der darf sich jede Staffel "Mad Men" angucken, sollte aber, um die Version "Don Draper's kids gone bad!" nicht zu verpassen, die Diaries unbedingt im Original lesen. Man kann, wenn man dieses Buch gelesen hat, begreifen, was zum "March on Washington", was zur Rede "I have a Dream" geführt hat. Die Diaries sind die Untermusik davon. Das ist ein historisches Buch!

Jim Carroll: The Baskeball Diaries, Penguin Books 1987, 224 Seiten, 10,90 Euro.
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