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Leiden in der Parallelwelt

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Beschwerden und kein Befund möglich? Oft fühlen sich Menschen krank, Ursachen für die Leiden werden aber nicht gefunden.

Wer krank sein will, muss leiden. Das ist die übliche Vorstellung davon, wie es einem anständigen Patienten zu gehen hat. Doch immer häufiger kommt es in Kliniken wie Arztpraxen zu folgender Konstellation: Dem Patienten geht es schlecht, aber der Arzt kann keine Veränderung in Blut, Urin oder anderen Körpersäften feststellen, jedenfalls nichts, was die Beschwerden erklären könnte. Auch Röntgen, Kernspin, CT oder Endoskopie bringen keine Aufklärung. Der Kranke fühlt sich miserabel, der Arzt denkt: „Das kann doch gar nicht wehtun!“ Befund und Befinden passen nicht zusammen.

Der Umgang mit Leiden, bei denen keine körperlichen Ursachen festgestellt werden, ist nicht nur für Patienten, sondern auch für Ärzte schwierig: „Sage ich Patienten, sie haben nichts, sind sie enttäuscht, sage ich ihnen, sie haben etwas, sind sie auch enttäuscht. Deshalb sage ich: Wir finden keine Ursache, aber Sie haben trotzdem Beschwerden“, erklärt ein erfahrener Hausarzt das Dilemma. Denn wenig ist für Patienten schlimmer, als wenn ihnen die Legitimation für ihr Leiden abgesprochen wird. Wer leidet, will auch zu Recht krank sein – und sich nicht nur krank fühlen.

Häufiger ist allerdings der umgekehrte Fall: Mit Untersuchungsmethoden, die immer ausgefeilter werden, entdecken Ärzte Normabweichungen, auffällige Befunde und messen Details, denen sie Krankheitswert zuschreiben, obwohl sich der Patient pudelwohl fühlt. Sagt der Arzt dann, der Befund sollte künftig regelmäßig kontrolliert werden, fällt der Patient aus allen Wolken. Ihm geht es doch gut.

Viele Diagnosen sind nicht sinnlich, das heißt nicht körperlich erfahrbar, sondern abstrakt. Das gilt für Leiden wie Bluthochdruck oder erhöhte Cholesterinwerte. Aber auch, wenn während einer Gewebeprobe oder im Röntgenbild Krebsherde entdeckt werden, haben viele Menschen vorher nichts an sich bemerkt. Die Patienten spüren das nicht, sie riechen oder schmecken keine Veränderung, sie sind häufig auch nicht weniger leistungsfähig – gerade wenn der Tumor ein Zufallsbefund ist. Die erste Konfrontation spielt sich ja vor allem in der Vorstellungswelt der Kranken ab, die sich nicht krank fühlen, aber dennoch von einem Moment auf den anderen zu Patienten geworden sind.

Die kleinteilige Organisation der Medizin mit ihren vielen Unterdisziplinen trägt ebenfalls nicht dazu bei, dass sich Patienten mit ihrer subjektiven Körperwahrnehmung gut aufgehoben fühlen. Die Medizin unterteilt kranke Menschen in Körpersegmente oder Organsysteme, wie die Kardiologie, die Gynäkologie oder die Urologie. Ein Arzt fürs Herz, einer für untenrum. Manche Spötter sagen, es gebe heutzutage ja Ärzte, die können nur Ultraschall. Diese Aufteilung ist mit dem Erleben der meisten Kranken nicht vereinbar. Sie fühlen sich meist ganz krank (oder trotz einiger pathologischer Befunde ganz gesund) – und nicht allein krank an Herz, Niere, Hirn oder Leber. Das macht ihr Befremden im Krankenhaus oder in der Praxis noch größer.

Was ist da los? Hat die Medizin den falschen Werkzeugkasten, um zu erfassen, wie es den Menschen tatsächlich geht? Wollen die Patienten nur nicht wahrhaben, dass sie krank sind? Oder ist den Ärzten während des Siegeszugs der technischen Innovationen und des quantitativ-naturwissenschaftlichen Denkens in der Medizin das Gespür dafür abhanden gekommen, was die Patienten wirklich belastet? Wer das Krankheitsverständnis der Ärzte und die subjektive Wahrnehmung der Patienten betrachtet, könnte auf die Idee kommen, dass sich beider Erleben auf getrennten Umlaufbahnen befindet. Leiden findet in der Parallelwelt statt.

In der Medizin geht es eben nicht allein um die physikalisch oder biochemisch fassbaren Körpervorgänge, sondern um mehr. Das Messbare, etwa ein Laborwert, ist nicht ein Wert an sich, der über Wohl und Wehe, Krankheit oder Gesundheit entscheidet. Er muss angemessen sein für den Patienten und übereinstimmen mit dem Erleben des Einzelnen. Passt die Lebenswirklichkeit nicht, fühlt sich der Mensch krank, auch wenn seine Gerinnungsstoffe, Röntgenbilder, die Blutwerte oder das Immunsystem in Ordnung sind. Für Thure von Uexküll, der die Psychosomatik in Deutschland im 20. Jahrhundert entscheidend geprägt hat, war Krankheit deshalb eine „Passungsstörung“ – das eigene Befinden passt nicht zu dem Erleben von Umfeld und Umwelt. Und häufig eben auch nicht zu dem, was Ärzte messen und den Patienten als Diagnosen zuweisen.

Manche Menschen werden beispielsweise mit erhöhten Cholesterinwerten 90 Jahre alt, weil sie gelassen und ausgeglichen sind und ihr Körper genügend Schutzfunktionen entwickelt hat, sodass die vermehrten Blutfette ihnen nicht schaden. Andere Menschen mit normalen Blut- und Cholesterinwerten sterben hingegen mit 40 Jahren am Infarkt, ohne dass Ärzte eindeutig erklären können, warum die Koronarien so früh dichtmachen. Weil die Messwerte nur eingeschränkt etwas über die Widerstandskräfte und das Befinden der Menschen aussagen, überleben manche Krebspatienten die Diagnose acht Monate, andere hingegen 18 Jahre – obwohl beide ähnliche Röntgenbefunde und Laborwerte aufweisen.

Röntgenbilder der Wirbelsäule sehen bei manchen Menschen so aus, dass es jedem Arzt graust – trotzdem fühlt sich der Kandidat munter und hat keine Beschwerden. Andere haben hingegen ständig Rückenschmerzen, doch der Arzt sieht auf dem Bildschirm wunderschöne, gerade Wirbel, die nicht zu dem Leiden des Patienten passen wollen. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, flüchten sich Ärzte dann in die Verlegenheitsdiagnose: degenerative Veränderungen. Als „Konstruktion einer notwendigen Krankheitsursache“ hat der Medizinhistoriker Thomas Schlich von der McGill University in Montreal es bezeichnet, wenn Ärzte versuchen, das womöglich Unerklärliche doch noch naturwissenschaftlich erklären zu wollen.

Zwar wird oft betont, wie wichtig die Arzt-Patienten-Kommunikation ist, aber dennoch gibt es etliche Mediziner, die in Schilderungen der Patienten vor allem lästige Sozialgeräusche sehen. Der Brockhaus hat bereits vor 120 Jahren unter dem Stichwort „Diagnose“ diese Haltung notiert. 1892 heißt es in der Ausgabe, dass „Mitteilungen, die der Kranke über seinen Zustand macht, gewöhnlich nur Gefühle und subjektive Empfindungen der verschiedensten Art betreffen, die den Arzt nur selten zu einem sichern und begründeten Urteil über die vorliegende Krankheit befähigen“. Heute gibt es das Ärzte-Bonmot: Die Medizin ist eine schöne Disziplin, wenn nur die Patienten nicht wären.

Jenseits dieser ärztlichen Arroganz liegen die Gründe für die Unterschiede zwischen Befund und wahrgenommenem Befinden auch in der Mediziner-Ausbildung. Im Englischen gibt es „Disease“, „Sickness“ und „Illness“. Begriffe, die verschiedene Perspektiven für das beinhalten, was wir lediglich „Krankheit“ nennen und somit nur wenig Differenzierungen zulässt. „Disease“ meint das Konzept der Krankheit, wie es in Lehrbüchern steht – eben das, „was man Ärzte in ihrer Ausbildung zu sehen gelehrt hat“, sagt der Harvard-Psychiater und Anthropologe Arthur Kleinman. „Dieses Sehen erfolgt durch die Brille der theoretischen Sichtweisen ihrer speziellen Form klinischer Praxis. Das bedeutet, dass der Arzt die Probleme des Sich-krank-Fühlens seitens des Patienten und seiner Familie in abgeschlossene technische Sachverhalte umformt.“

Krankheit wird jedoch von den Leiden der Menschen bestimmt – und nicht durch Konzepte der Mediziner. Die Ängste der Patienten, die Bedeutung, die das Leiden für den Kranken und sein Umfeld hat, werden im Englischen durch „Illness“ erfasst, „Sickness“ beinhaltet zusätzlich die soziale Komponente, etwa die Abwesenheit am Arbeitsplatz.

Es liegt nicht nur an der Begrifflichkeit, wenn ärztliche Diagnosen und subjektives Leiden nicht zusammenpassen. Aber sollte man überhaupt von Krankheit sprechen, fragten Allgemeinmediziner aus Heidelberg und Erlangen kürzlich im Deutschen Ärzteblatt, wenn etwa von Bluthochdruck, Hypercholesterinämie oder Osteoporose die Rede ist? Eher handelt es sich hier um Risikofaktoren, denn der Patient spürt weder erhöhte Blutfette, noch den Druck in den Adern und erst recht nicht eine verminderte Knochendichte. Die Trennlinie ist unscharf, und „was als Krankheit und was als Risikofaktor für Krankheiten angesehen wird, unterliegt erheblichen Wandlungen im historischen Verlauf und kann dem Verdacht einer gewissen Willkür nicht entgehen“, schreiben Thomas Kühlein, Tobias Freund und Stefanie Joos im Ärzteblatt.

Neu ist diese Entwicklung nicht. Ärztlichen Diagnosen haben sich im 20. Jahrhundert immer weiter vom Erleben der Patienten weg hin zu technisch erzeugbaren Befunden entwickelt. Der Bakteriologe Ludwik Fleck beschrieb diese Veränderung in seinem Standardwerk über „die Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache“ schon 1935, in dem er nachzeichnete, wie die Syphilis nicht mehr nach den Symptomen der Patienten definiert wurde, sondern danach, ob die Geschlechtskrankheit mittels des 1906 entwickelten „Wassermann-Tests“ nachgewiesen werden konnte oder nicht.

Kühlein, Freund und Joos führen im Ärzteblatt etliche aktuelle Beispiele auf: Die Angina pectoris wurde lange Zeit ausschließlich klinisch – das heißt durch das Engegefühl in der Brust – diagnostiziert. Inzwischen ist die Diagnose nur „gesichert“, wenn sich eine Engstelle in der Koronarangiografie zeigt, die längst zum viel zu häufig praktizierten Routineeingriff geworden ist. Der scharfsichtige Bremer Gesundheitswissenschaftler Norbert Schmacke hat auf den „oculostenotischen Reflex“ der Kardiologen hingewiesen: Die Herzexperten sehen ein verengtes Kranzgefäß und sind vom Augenschein so beeindruckt, dass sie daraus zwangsläufig auf die Diagnose schließen – unabhängig davon, wie sich der Patient fühlt. Nach dem gleichen Prinzip wird aus der Angina pectoris erst ein Herzinfarkt, wenn der Troponintest einen erhöhten Wert anzeigt.

Anders als es die Patienten erleben, die sich meist gesund oder eben krank fühlen, werden Risikofaktoren, Frühformen von Krankheiten und manifeste Krankheiten in der Medizin gerne als zwangsläufige Entwicklung konzeptualisiert, als Stufenschema. Oft resultieren daraus Diagnosen ohne Nutzen. „Gesundheit, physiologische Alterungsprozesse, Risiken für Krankheit und eigentliche Krankheit verschwimmen zunehmend in Kontinuen“, wie Kühlein, Freund und Joos es ausdrücken. Auch deswegen ist Früherkennung unter Ärzten so populär. Jüngst zeigte eine elf Jahre andauernde Studie, dass 1055 Männer untersucht und 37 behandelt werden mussten, um einen Tod durch Prostatakrebs zu verhindern. Viel Medizin und viel Leid für etliche Männer, um einen zu retten. Doch selbst dieser Erfolg trog: Die Gesamtsterblichkeit blieb in der Gruppe aller gescreenten Männer genauso hoch wie in der Gruppe derer, die sich nicht per PSA-Test untersuchen ließen. Ein Vorteil der Reihenuntersuchung konnte nicht belegt werden.

Man muss es betonen: Infolge der ärztlichen Untersuchungen stieg die gemessene Krankheitshäufigkeit an, während die Sterblichkeit unverändert blieb. Die Allgemeinmediziner führt das im Ärzteblatt zu dem paradox anmutenden Fazit: „Mehr ärztliche Tätigkeit führt zu mehr Morbidität. Eigentlich müsste es umgekehrt sein.“ Ein anderer Schluss lautet: Die Medizin hat ein untaugliches Konzept von Krankheit – und damit ist auch der Maßstab falsch, nachdem Milliarden für Diagnostik und Behandlung zugeteilt werden.

Zwar gibt es schon länger den Ansatz, die Patientenperspektive in die Konzepte von Krankheit aufzunehmen und beispielsweise die Lebensqualität der Kranken zu erfassen und ihre Einschränkungen stärker zu berücksichtigen. Doch in der durchökonomisierten Medizin haben diese Initiativen wenig Platz, zudem lassen sie sich in dem einzig nach kodierbaren Diagnosen strukturierten Abrechnungssystem im ärztlichen Alltag kaum umsetzen.

Dieses System der Diagnosegläubigkeit hat Folgen. Es führt dazu, dass Patienten in Deutschland schnell einem Übermaß an Medizin ausgesetzt sind. Eine Untersuchung im Saarland zeigte kürzlich, dass bei Patienten mit unkomplizierten Rückenschmerzen schon die Hausärzte zu viel bildgebende Diagnostik verwendeten und zu oft invasiv tätig wurden. Bei niedergelassenen Orthopäden waren Überdiagnostik und Übertherapie noch ausgeprägter, obwohl sie damit wider die Leitlinien des eigenen Fachverbandes handelten. Da Fachärzte pro Patient mehr abrechnen können und ihr apparativer Aufwand zusätzlich vergütet wird, bekommen sie dieses Fehlverhalten auch noch belohnt und sehen vermutlich wenig Anreiz, es zu ändern.

Die Allgemeinmediziner appellieren im Ärzteblatt an ihre Kollegen, „diagnostische Unsicherheit auszuhalten“, um Patienten unnötige Diagnostik und Therapie zu ersparen. Es geht um die Kunst des Weglassens. „Dazu gehört, nach Ausschluss abwendbar gefährlicher Verläufe nicht primär nach Diagnosen zu suchen, sondern die Diagnose im Symptomhaften zu belassen und sich im aufmerksamen Abwarten zu gedulden.“ Gerade bei Patienten, die an mehreren Gebrechen leiden, ist es wichtig, medizinische Interventionen auf das Wesentliche zu beschränken. „Unterbleibt diese Begrenzung, auch dies ein merkwürdiges Paradox, droht der medizinische Fortschritt die Lebensqualität der Patienten erheblich zu senken.“

Rechter Udo gegen rechten Udo

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Obwohl Udo Pastörs erst kürzlich zum neuen Bundesvorsitzenden gewählt wurde, wird sein alter Rivale Udo Voigt die Spitzenliste für die Europawahl anführen.

Alles wirkt wie die Kulisse für die Wahl einer Weinkönigin: Von den Holzbalken der Scheune hinter dem Hotel „Historischer Fachwerkhof“ im thüringischen Kirchheim winden sich Ranken aus Plastik herunter, an der Decke hängen Wagenräder, mit künstlichen Tannenzweigen geschmückt. Doch dann steht da Udo Pastörs, den der Vorstand der NPD erst vor einer Woche zum neuen Bundesvorsitzenden ausgerufen hat. Nach den wochenlangen Querelen um den Rücktritt seines Vorgängers Holger Apfel stellt er sich bei diesem Bundesparteitag zum ersten Mal den Kameraden von der Parteibasis – und holt sich sogleich eine schwere Abfuhr.

Denn in einer Kampfabstimmung setzen die Delegierten nicht den Parteichef an die Spitze der Kandidatenliste für die Europawahl, sondern einen alten Rivalen: Udo Voigt, der 15 Jahre die NPD leitete, bis ihn Apfel im Verein mit Pastörs 2011 stürzte. Nun trat Pastörs nach seiner Niederlage im Ringen um den Europa-Spitzenplatz für die hinteren Plätze auf der Liste gar nicht mehr an.

Pastörs und Voigt nehmen sich nichts, was ihre rechtsextreme Einstellung angeht. Während Pastörs Deutschland auch mal als „Judenrepublik“ bezeichnete, nannte Voigt Hitler in einem Interview „einen großen deutschen Staatsmann“. Beide setzen schon lange darauf, radikale Neonazi-Kameradschaften an die NPD zu binden. Es trennt sie jedoch ihre langjährige Rivalität. Schon 2009 hatte Pastörs, damals wie heute Chef der NPD-Fraktion im Schweriner Landtag, vergeblich versucht, dem durch die Finanzaffären der Neonazis angeschlagenen Voigt aus dem Parteivorsitz zu kippen. Das gelang ihm erst zwei Jahre später im Bündnis mit Apfel.

Doch nun ist Voigt wieder da. Sein Comeback kam spät: Stunde um Stunde hatte sich die Wahl des Spitzenkandidaten verzögert. Zu groß war hinter verschlossenen Türen der Gesprächsbedarf darüber, wie es weitergehen sollte, nachdem Apfel mit Vorwürfen sexueller Belästigungen zum Abgang gedrängt wurde. Schließlich steckt die NPD nicht nur wegen des Verbotsverfahrens in Karlsruhe in einer Existenzkrise. Sie ist zerstritten, hat Schulden und könnte im Sommer bei der Wahl in Sachsen ihre einträglichen Landtagsmandate verlieren. Doch darüber verlor Pastörs in seiner Parteitagsrede kein Wort. Stattdessen erklärte er umständlich, warum die NPD ins Europa-Parlament gehöre: „Das gibt uns die Möglichkeit, uns mit anderen nationalistischen Kräften zu vereinen.“ Der Applaus war nur mäßig.

Begleitet wurde der Parteitag von Protesten versammelten sich 200 Menschen in Rufweite der Scheune in Kirchheim. Noch deutlich mehr Widerstand regte sich am Samstag gegen einen Aufmarsch von Neonazis in Magdeburg. In Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt versammelten sich 12000 Menschen, um gegen eine Kundgebung von 700 Rechtsextremen zu demonstrieren.

Wenn Frau Leithaus nicht mehr da ist

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Hausaufgaben müssen viele Schüler alleine machen. Sozialarbeiter an Schulen sind oft Mangelware.

Die Eltern sollen Kuchen mitbringen und auch ihre Sorgen und Nöte. So hat sich Christiane Leithaus das vorgestellt, als sie im November erstmals ins Elterncafé an der Wuppertaler Grundschule Mercklinghausstraße eingeladen hat. In der „muckeligen kleinen Mensa“, so erzählt die Sozialpädagogin, wird dann über alles geredet, was die Mütter und Väter im Viertel bewegt. Lernschwierigkeiten, mögliche Konflikte, Pläne für das Schulleben – oder auch Formalia, wie und wo etwa Zuschüsse für Klassenfahrten oder Nachhilfe zu beantragen sind. Von den knapp 320 Schülern im Wuppertaler Osten haben Dreiviertel einen Migrationshintergrund, Langzeitarbeitslosigkeit und HartzIV sind hier in der Gegend nicht gerade Fremdwörter. „Ich will da nicht als Entertainerin oder große Fachfrau auftreten“, sagt Leithaus. Den genauen Ablauf sollen die Eltern vorgeben, die Idee muss sich noch richtig etablieren. „Das Projekt steckt ja noch in den Kinderschuhen. Ich wusste vor ein paar Monaten nicht, was da genau kommt.“

Was da genau kam und zu einem Problem wurde für die Sozialarbeiterin, die Kommune, die Schulleitung, für Eltern und Kinder: Der Topf des Bundes, aus dem die Stelle der Mittfünfzigerin vor zwei Jahren geschaffen wurde, ist zum Jahreswechsel ausgelaufen. Am 31. Dezember endeten die Zuschüsse im Zuge des sogenannten Bildungs- und Teilhabepakets. Die Initiative hat Kommunen von 2011 bis Ende 2013 gut 400 Millionen Euro pro Jahr bereitgestellt, eben auch für Schulsozialarbeit. Eine Übergangslösung, zu der sich die ohnehin nicht mit Reichtum gesegnete Stadt Wuppertal entschieden hat, gilt zunächst bis Ende März. Danach wären Leithaus und fast 50 weitere Schulsozialarbeiter in der Kommune arbeitslos – und die Kinder an der Mercklinghausstraße hätten keine Sozialarbeiterin mehr. Niemanden mehr, dem sie sich anvertrauen können bei Problemen mit Eltern oder Lehrern; niemanden, der mit Müttern ins Gespräch kommt, und sei es mithilfe eines Dolmetschers; niemanden, der kreative Projekte lanciert. Ein Problem, das gerade nicht nur in Wuppertal Unruhe auslöst; sondern in ganz Nordrhein-Westfalen, ja fast bundesweit.

Durch das Programm war in Sachen Schulsozialarbeit ein Schub entstanden: Nach Schätzungen wurden 2000 zusätzliche Jobs bundesweit geschaffen, auch an Grundschulen, an denen zuvor oft keine Sozialarbeit vorgesehen war. Schon im vergangenen Jahr gerieten viele Kommunen in Sorge, dass ohne das Geld 2014 ein Kahlschlag drohe, weder Länder noch Städte könnten die Finanzierung übernehmen. Gewerkschafter vermuten, dass deutschlandweit ein Drittel der vor zwei Jahren geschaffenen Stellen wegfallen könnte.

Deswegen hat nun ein großer Basar begonnen: Bayern und Hamburg etwa wollen die Sozialarbeiterstellen aus eigenen Mitteln bezahlen; in Nordrhein-Westfalen plant man dies zunächst nicht, vielleicht von 2015 an könnte es ein Landesprogramm geben. Man sei in Gesprächen, mit dem Bund und mit den Kommunen, heißt es aus der Landesregierung in Düsseldorf. Etliche Städte und Gemeinden hätten auch noch „erhebliche“ Mittel aus dem Vorjahr übrig; einige Kommunen haben derweil die Jobs für das Jahr 2014 selbst finanziert, manche bis Ende des Schuljahres, andere nur für ein paar Monate. Andernorts, etwa in Rheinland-Pfalz, wird in jeder Kommune unterschiedlich verfahren, das Land kann nur für einen Teil der Stellen Zuschüsse geben. Gleiches gilt in Bremen, dort hat man bereits im vergangenen Jahr die Schulen nach sozialer Brisanz in Kategorien unterteilt, nicht jeder Sozialarbeiter bleibt. Nach einer Umfrage des Senders NDR Info in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern könnte dort jede zehnte Stelle wegfallen. Allerorten wird aktuell gerechnet, gefeilscht, nach neuen Töpfen Ausschau gehalten, manche Schulen streichen eine Lehrerstelle, um den Sozialarbeiter zu erhalten, andere setzen auf Tombolas, um Spenden zu bekommen. Ein bisschen regt sich noch die Hoffnung auf ein Engagement des Bundes. Im Koalitionsvertrag steht dazu allerdings nichts.

„Uns geht es nicht darum, woher das Geld kommt. Uns geht es darum, dass es weitergeht“, sagt Frank Gottsmann vom Aktionsbündnis Schulsozialarbeit in NRW. Er verweist auf eine Studie der Wuppertaler Uni über das örtliche Angebot. Diese zeigt, so wie andere, überregionale Untersuchungen dieser Art, dass Schulsozialarbeit wirkt. So vertrauen sich drei Mal so viele Schüler bei Ärger im Elternhaus dem Sozialarbeiter an als ihrem Lehrer. Die Autoren schreiben in der Studie: Schulsozialarbeit „scheint hier eine Lücke zu schließen“.

„Alle wollen unsere Arbeit“, sagt Christiane Leithaus. „Ich klammere mich an den Strohhalm, dass sich dann auch jemand finden wird, der sie bezahlt.“ Sie gibt die Zuversicht nicht auf, hat sich nicht für andere Stellen beworben. „Die Arbeit muss ganz normal weitergehen, und sei es bis zum letzten Tag.“ Die nächsten Termine für das Elterncafé sind eingeplant, dann wird sie wieder Kaffee kochen, zuhören, Rat geben. Alles geht weiter, trotz der drohenden Kündigung. Mit den Kindern der vierten Klasse macht sie gerade Improvisationstheater, aktuell üben sie Szenen, in denen ein Mitschüler körperlich zudringlich wird. Die Kinder bekämen die Debatte durchaus mit, viele wüssten, dass ihre Frau Leithaus womöglich bald nicht mehr da ist – und fragen sie ungeduldig, berichtet die Sozialarbeiterin: „Was ist denn jetzt?“

Das verzeih' ich mir nie!

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Die Beerdigung





Mit drei war mein Opa der wichtigste Mann in meinem Leben. Er war ein großer Russe mit riesigen Händen, die winzige Puppenschuhe schnitzen konnten, die aber auch – geballt zur Faust – oft auf den Tisch hauten. Er war laut und „kochte schnell über“, wie er es selbst nannte. Aber er hatte immer für mich Zeit und immer noch Antworten, wenn andere Erwachsene in der „Und-Warum“-Endlosschleife längst aufgegeben hatten. Wenn ich seine Schritte im Treppenhaus hörte, rannte ich vor der Tür im Kreis herum, wie ein Golden Retriever, der den ganzen Tag eingesperrt war. Mit der Zeit wurde Opa immer kleiner – er schrumpelte zusammen, sein Herz machte Stress. Ich wurde größer. Ich zog mit meiner Mutter nach Deutschland. Andere Männer wurden wichtig.

Als ich 17 war, attackierte Opas Herz ihn wieder – und diesmal gewann es. Die Beerdigung, sagte Oma am Telefon, sei in zwei Tagen. In zwei Tagen war auch DIE Party. DIE Party, auf der der aktuell wichtigste Mann meines Lebens eben diesen Fakt erfahren sollte. Strategien dafür hatte ich schon seit Wochen geschmiedet, Tickets gekauft und einen Push-up-BH. Ich weiß nicht, worüber ich nach dem Anruf mehr weinte: dass Opa gestorben war, oder weil ich mich selbst bemitleidete, weil er es ausgerechnet jetzt getan hatte.

Flugtickets nach Russland kosteten so kurzfristig ein Vermögen. Meine Familie bot an, den Flug zu zahlen. Aber ich konnte ihnen doch nicht zumuten, so viel Geld dafür auszugeben, dass ich mich von einem Mann verabschieden konnte, der es sowieso nicht merken würde, richtig? Auf die eine Person mehr oder weniger im Trauerzug käme es nicht an, sprach ich meinem Gewissen und meinen Eltern gut zu. Sie nickten widerwillig. Ich fühlte mich erleichtert. Ich fühlte mich schrecklich.
 
Die Party und der Push-up-BH waren ein voller Erfolg. Mit dem Mann meines Lebens war ich dann genau fünf Tage zusammen. Als ich ein paar Wochen später nach Russland flog, hatte Oma schon das Doppelbett weggeschmissen. Opas Lada rostete im Hof vor sich hin, in der Windschutzscheibe ein Zettel: zu Verkaufen.

Ich habe an diesem Tag zum ersten Mal richtig verstanden, was „tot“ bedeutet. Es heißt: nie wieder. Nie wieder streiten, nie wieder versöhnen, nie wieder schwere Schritte im Treppenhaus. Ich würde meinen Opa nie wieder sehen. Und meine Chance, es ein letztes Mal zu tun, hatte ich verpasst. Das kann ich mir bis heute nicht verzeihen.

Noch später kam die Erkenntnis, dass Beerdigungen mehr sind als ein Abschied zwischen zwei Menschen. Sie sind ein Weg, den Hinterbliebenen zu zeigen, dass jemand wichtig und geliebt war. Deshalb kommt es bei der Beerdigung auch auf die Cousine dritten Grades an, die nach Katzenklo riecht.

Mir war damals schon bewusst, dass ich etwas Falsches tat. Aber ich hätte auf mein Gewissen hören sollen. Es ist wie mit einer verschleppten Bronchitis: Wenn man sie ignoriert, wird sie chronisch.

wlada-kolosowa
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Die Peruanerin





„Bitte“, sagte sie und blickte mich aus großen, dunklen Augen an, „kann ich bei dir schlafen?“ Einen Augenblick haderte ich mit mir. „Sie wird dich ausrauben“, sagte eine Stimme, „völliger Quatsch“, sagte eine andere, „nimm sie einfach mit für diese Nacht, hab ein Herz.“ Immer hatte ich mir gewünscht, mal barmherzige Samariterin sein zu dürfen, mal beweisen zu können, dass ich mich von Klischees nicht beirren lasse. Dass sich mir die Gelegenheit dazu ausgerechnet während der ersten Wochen meines Erasmus-Jahres in Cordoba bieten würde, hatte ich allerdings nicht erwartet. Ich war auf andalusische Nächte und wilde Hauspartys in meiner total internationalen Sieben-Personen-WG eingestellt. Doch nun saß ich nach einem Wochenende in Madrid schläfrig im letzten Bus zurück nach Cordoba. Und hatte ein Problem.

Neben mich hatte sich eine winzige Frau gesetzt, vielleicht 30 Jahre alt. Sie trug einen Rucksack bei sich und sah sehr, sehr, traurig aus. Sie kam aus Peru, aus Lima, und erzählte mir, dass sie dort keine Arbeit habe, dass sie nicht wisse, wie sie ihre zwei Kinder versorgen solle, dass sie jetzt in Spanien ihr Glück versuchen würde. Ihre Kinder und ihren Mann hatte sie in Lima zurückgelassen, für ein Rückflugticket hatte ihr Geld nicht ausgereicht. Ob sie jemanden in Cordoba kenne? Ob sie wisse, wo sie schlafen könnte heute Nacht? Nein. Sie sagte, sie würde eine Kirche suchen, da gäbe es doch immer Menschen, die helfen. Ich war entsetzt angesichts so viel Naivität, sagte nichts und ließ mir stattdessen ein Foto ihrer kleinen Kinder zeigen.

Als wir uns Cordoba näherten – es war nach Mitternacht – wurden wir beide unruhiger. Ich wusste, worauf unser Gespräch hinauslaufen würde. Am Busbahnhof blieb sie stehen und fragte: „Bitte, kann ich heute Nacht bei dir schlafen?“ „Tut mir leid“, sagte eine Person, die definitiv nicht der barmherzige Samariter war, „die Vermieterin hat Gäste im Haus verboten.“ Das stimmte natürlich nicht. Die Wahrheit: Ich hatte einfach keine Lust, mich der Probleme dieser Frau anzunehmen. Ich hatte Sorge, dass sie mich um Geld anbetteln, dass sie meinen Computer klauen, dass sie, wenn sie erst mal in unserer Wohnung war, einfach nicht mehr gehen würde. Aber das konnte ich ihr ja nicht sagen. Die kleine Peruanerin nickte. Kein Vorwurf, kein Flehen. Aus lauter schlechtem Gewissen bezahlte ich uns ein Taxi in die menschenleere Altstadt und kaufte ihr eine selbst gestrickte bunte Peru-Mütze ab, gab ihr zehn Euro, obwohl sie fünf verlangt hatte. Ich wünschte ihr Glück und verabschiedete mich schnell. Sie ging die dunkle, leere Gasse hinunter, so langsam, wie jemand geht, der kein Ziel hat.

Bis heute bereue ich, sie nicht mitgenommen zu haben. Ihr nicht die Gästematratze herausgezerrt, all die verdammten Strickmützen abgekauft und am nächsten Tag bei der Zimmersuche geholfen zu haben. Ich fühlte mich, als hätte jemand meine Menschlichkeit testen wollen – und ich habe den Test nicht bestanden.

christiane-lutz



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Das Auto im Maisfeld






Um zwei Uhr morgens kamen J. und ich in die Straße, in der wir wohnten. Er war mein bester Freund und Nachbar, wir waren 16 und lebten in einem ruhigen Dorf am Ende einer noch viel ruhigeren Straße. In dieser Nacht hatten wir mehr als nur ein Bier getrunken, und weil der Himmel sternenklar war und der Wagen seiner Mutter in der Einfahrt besonders schön glänzte, kam J. auf eine Idee.

Ein paar Wochen vorher hatte uns seine Mutter angeboten, irgendwann mal mit uns auf einem Parkplatz Autofahren zu üben. J. hatte eine sehr lässige Mutter. Warum also das Angebot nicht annehmen – und zwar genau jetzt, und ohne die Mutter? Ich war noch nie in meinem Leben selbst Auto gefahren und wäre lieber ins Bett gegangen, sagte das aber nicht. Außerdem wollte J. fahren, ich sollte der Beifahrer sein. Das klang okay. Also holte er den Autoschlüssel aus dem Haus und setzte den Wagen aus der Einfahrt, während ich auf der Straße stand und ihn rauswinkte.

Als er mit dem Wagen quer auf der Straße stand, passierte etwas, das in unserem Dorf sonst nachts nie passierte: Ein Auto näherte sich. Ich erstarrte zu Eis. J. würgte den Motor ab, ließ ihn wieder an, würgte ihn gleich wieder ab. Das andere Auto gab Lichthupe. J. drehte den Zündschlüssel, gab Vollgas und ließ die Kupplung schnalzen. Der Wagen schoss nach vorne, das Auto seiner Mutter kratzte seitlich an dem anderen Wagen entlang, ein Rückspiegel riss ab, dann war es still. Beide Autos standen, ich sah, wie sich die Tür des anderen Autos öffnete. Dann gab J. Gas und raste im ersten Gang die Straße hinab um die nächste Kurve. Und ich rannte weg, so schnell ich konnte.

J. war am Ende unserer Straße in ein Maisfeld gefahren, um sich zu verstecken. Am Ende einer 50 Meter langen Schneise steckte er fest. Nach einer Stunde bekamen wir das Auto frei, J. fuhr es in Schrittgeschwindigkeit zurück in die Einfahrt. Der Wagen sah katastrophal aus, zerkratzt und vermatscht, noch schlimmer sah nur J. selbst aus: kreidebleich und immer noch leicht betrunken. Ich war halb erschrocken und halb sauer auf ihn und half nur noch kurz, Maiskolben und Blätter aus den Radkästen zu holen. Dann ging ich nach Hause.

J. schlief in dieser Nacht gar nicht, erfuhr ich später. Als es hell wurde, stoppte ein Streifenwagen vor seinem Haus. J. musste die Reparatur der beiden Autos zahlen und den Mais des Bauern. Er stotterte die Schulden über Jahre ab und durfte seinen Führerschein erst mit 20 machen. Und ich? Hatte nicht den Mut zu sagen, dass ich auch schuld war. Dass ich genau wie er Lust gehabt hatte auf diese Fahrt unter dem Sternenhimmel. Ich habe ihm nicht mal angeboten, einen Teil der Schulden zu zahlen. Nicht mal ein Achtel. Insgeheim war ich heilfroh, dass ich nicht im Auto gesessen war, sondern auf der Straße stand. Ich war gerne mitgegangen, aber dann nicht mitgehangen. Weil J. ein deutlich besserer Freund ist als ich es war, hat er mir daraus nie einen Vorwurf gemacht. Er war groß, und ich war ein mieser Feigling. 

jan-stremmel







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Die Wasserflasche



 



Ich stand vor dem Schrank auf einem Hocker und holte Schokolade aus dem obersten Fach. Neben meinem rechten Fuß stand eine dunkelblaue Plastikflasche. Sie war leer. „Schubs’ die Flasche runter!“, sagte eine meiner Zimmergenossinnen. „Ja, mach mal schnell“, sagte eine andere, die auch auf ihrem Bett lag. Die Flasche gehörte Grace, die gerade nicht im Zimmer war.

Ich war 12. Es war mein erstes Jahr im Internat in Sichuan, China. Grace hatte eigentlich einen chinesischen Namen, den Spitznamen hatte sie sich im Englischunterricht gegeben. Sie war meine Zimmergenossin, und die anderen Mädchen mobbten sie. Ich bekam davon nicht viel mit, weil ich weder mit ihr noch mit den anderen Mädchen viel zu tun hatte. Für mich war Grace ein ruhiges kleines Mädchen, das eines Tages sein Knie verletzt hatte und deshalb an manchen Tagen nicht laufen konnte. Da ich die Größte in der Klasse war, trug ich sie jeden Tag huckepack von unserem Zimmer zum Klassenzimmer. Ich fühlte mich gut, weil ich ihr half.

Warum wollten die Mädchen jetzt, dass ich diese Flasche runterstoße? „Weißt du nicht?“, sagte die eine, „sie hat uns Geld geklaut!“ Ich erinnerte mich, dass ich vor kurzem das Gefühl gehabt hatte, dass in meinem Geldbeutel etwas fehlte, nachdem er im Schrank lag. Aber das war so wenig gewesen, dass ich dachte, ich hätte falsch gezählt.

„Woher wisst ihr das?“, fragte ich. Ich stand immer noch auf dem Hocker. „Mach einfach schnell, sie kommt gleich zurück!“ In meinem Kopf wirbelten die Fragen durcheinander. War das mit dem Geld wirklich Grace gewesen? Warum wollten die beiden Mädchen mich da mit reinziehen? Und warum stand jetzt bloß diese blöde Flasche neben meinem Fuß?

Ich weiß nicht, woher der Impuls kam, aber mein Fuß bewegte sich ein Stück nach rechts. Die Flasche fiel runter, rollte aus meinem Sichtfeld und unter ein Bett. Kurz darauf kam Grace ins Zimmer gehumpelt. Sie fand natürlich ihre Wasserflasche nicht, suchte überall danach. Ich lag im Bett, mit einem tonnenschweren Gewissen. Warum hatte ich das gemacht? Warum hatte ich nachgegeben und das Mädchen mitgemobbt, dem ich sonst half?

Ein paar Tage später kam unsere Lehrerin mit Grace in unser Zimmer. Grace gestand, dass sie von uns Geld geklaut hatte. Ihre teure Uhr war ihr geklaut worden, sie wollte sich so das Geld wiederholen. Außerdem gab sie zu, die Sache mit dem Knie nur gespielt zu haben. Damit wollte sie uns ablenken. Sie gab mir ein Papiertütchen mit dem wenigen Geld, das sie aus meinem Geldbeutel genommen hatte: zwei Yuan, ungefähr 25 Cent, das reicht für ein Eis.

Die mobbenden Mädchen hatten also recht gehabt. Und ich hätte damit gute Gründe gehabt, böse zu sein auf Grace. Aber ich war nicht böse. Alles, woran ich denken konnte, war: Ich hatte mitgemacht. Aus Schwäche? Oder vielleicht wirklich aus Bosheit? Ich weiß es nicht, aber in dem Moment auf dem Hocker sah ich zum ersten Mal eine düstere Seite in mir.

Yinfinity hat die Geschichte von der Wasserflasche auch als Comic gezeichnet. Mehr Comics von Yinfinity findest du hier.

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yi-luo
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Die böse Schwester





Ich war in der siebten Klasse, als meine Schwester von der Grundschule aufs Gymnasium kam. Mit neuen Situationen konfrontiert war sie schon immer extrem ängstlich und verschüchtert gewesen. Umso mehr hatte sie sich darauf gefreut, in der neuen Schule gleich eine Verbündete zu haben. Ich leitete zu der Zeit die Schülervertretung für die Unterstufe, die SV, wir organisierten Partys und Videoabende. Sie trat mit einigen ihrer Freundinnen in die SV ein und war, glaube ich, sehr stolz, meine kleine Schwester zu sein.

Und ich? Fand das alles scheiße. War ein Arschloch. Schämte mich für sie. Einfach so, weil ich mich zwischen sechs und 16 generell immer für meine Familie geschämt habe. Ich wollte mit niemandem in Verbindung gebracht werden, dessen Wesen ich nicht bestimmen konnte. Ich fand die Existenz als Einzelkämpfer besser, sie machte mich weniger verletzlich. Also fand ich meine Schwester lieber selbst doof, bevor es jemand anderes tun konnte.

Von ihren Freundinnen aber wollte ich gemocht werden, ich verhielt mich ihnen gegenüber liebenswürdig, interessierte mich für sie, machte Witze und gab ihnen immer die coolen Aufgaben. Meine Schwester ignorierte ich. Lachte sie aus oder putzte sie vor allen herunter. Manchmal tat ich so, als gäbe es sie gar nicht. Ich war kalt, ließ sie stehen oder befahl ihr, irgendeine Drecksarbeit zu erledigen. Es war ekelhaft. Und total bescheuert. Irgendwann trat sie aus der SV aus. Etwas später klaute sie mein Tagebuch und las ihren Freundinnen daraus die für mich beschämendsten Stellen vor. Was mir natürlich einen Grund gab, noch fieser zu ihr zu sein. Dabei hatte ich es ja verdient. Ich hatte ihre Wut provoziert. Aus völlig anderen Gründen zog ich bald darauf zu meinem Vater, wir sahen uns kaum noch und die Zeit verging schnell. Irgendwie verjährte der Konflikt. Vor einigen Jahren entschuldigte ich mich bei ihr. Doch die Sache war schnell abgehandelt, sie wollte nicht viel drüber reden und tat so, als habe sie alles längst vergessen.

Für mich aber ist nichts vergessen. Ich muss mir oft vorstellen, wie niederträchtig behandelt und verletzt sie sich gefühlt haben muss, wie allein und ausgestoßen. Es reißt mir regelmäßig das Herz raus. Es hätte alles so anders kommen können. Bis heute sind wir nicht die harmonischsten Schwestern. Ihr Stil, ihr Geschmack und ihre Meinungen sind oft das komplette Gegenteil von meinen. Unbewusste Abgrenzung, denke ich. Vielleicht habe ich sie ja daran gehindert, der Mensch zu werden, der sie hätte sein wollen? Ich weiß es nicht. Aber an all den Problemen, Unglücken und kleinen Depressionen, die sie manchmal hat, fühle ich mich mitschuldig. Hätte ich mich damals hinter sie gestellt, wäre sie heute vielleicht ein stolzerer, weniger ängstlicher Mensch. Uns zu verbünden, hätte vielleicht uns beide stärker gemacht. Als Älteste habe ich immer davon geträumt, selbst eine tolle, große Schwester zu haben. Als die Chance kam, meiner kleinen Schwester eine zu sein, habe ich sie einfach versemmelt.

martina-holzapfl
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Der einfach Schlussstrich





Wir waren drei Jahre zusammen, als ich in eine andere Stadt zog. Und dann hat es nicht viel länger als drei Tage gedauert, bis mich die allabendlichen „Wie geht’s dir, wie war dein Tag?“-Anrufe mehr anstrengten als dass sie mich freuten. In dieser fremden Stadt wusste ich ganz plötzlich, was ich monatelang in meiner heimatlichen Routine verdrängt hatte: Das ist es nicht. Er ist es nicht. Manchmal muss man eben erst einen Schritt zurücktreten, um klar sehen zu können.

Die Entscheidung war eigentlich längst getroffen, schon bevor ich ihn das nächste Mal zu Hause besuchte. Aber ich wollte mir nichts anmerken lassen. Ich redete mir ein, dass ich ihn erst einmal sehen müsse, um abzuwarten, was ich fühlte, wenn ich ihm gegenüberstehe. Natürlich merkte er, dass etwas nicht stimmte. Die Menschen, die dir am nächsten stehen, merken das immer sofort.

Ich fuhr nach München, ging den Bahnsteig entlang, sah ihn und mein Gefühl sagte: nein. Ich werde wahrscheinlich nie vergessen, wie er da an diesem Bahnsteig stand. Nichts ahnend. Dann umarmte ich ihn ganz lange. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt, dass ich Schluss machen würde – und er wusste gar nichts.

Er fragte mich, ob wir zu ihm fahren. Doch alleine die Vorstellung, jetzt minutenlang mit ihm in einer Straßenbahn zu sitzen und dann bei ihm zu sein, überforderte mich komplett. Ich wollte einfach nur weg. So schnell wie möglich da raus. Wir schafften es noch vom Hauptbahnhof bis zur Frauenkirche. Das ganze Gespräch dauerte vielleicht ein paar Minuten. Er kämpfte, nahm mich in den Arm, ließ mich nicht mehr los, doch das machte mich nur noch sicherer. Ich wollte nicht, dass er mich anfasst. Ich war so abweisend, dass es mich selbst erschreckte. Wir tauschten unsere Schlüssel. Er ging.

Das Wochenende verbrachte ich damit, auf den Sonntag zu hoffen. Am Sonntag fuhr ich zurück in meine fremde Stadt. Das war das Beste, was mir nach dieser Trennung passieren konnte. In einer anderen Stadt, in einer anderen Wohnung sein. Beschäftigt sein, andere Gesichter sehen. Ich meldete mich nie mehr. Weil es einfach war und mir einredete, alles andere sei egoistisch.

Diese drei Jahre hätten ein anständiges Ende verdient. Natürlich: Schluss machen ist nie fair und meistens trifft einer die Entscheidung und überrumpelt den anderen damit, aber wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich es jetzt anders machen. Ich würde mir Zeit nehmen und nicht so feige sein.

Ich denke mir oft, dass wir noch einmal hätten reden sollen. Und es tut mir heute unfassbar leid, dass ich es mir so einfach gemacht habe. Einfach davon gelaufen bin. Ich kann mir nicht verzeihen, dass ich einem Menschen, der es so gut mit mir gemeint hat wie kein anderer, das Herz gebrochen habe. Und das auch noch auf diese unfaire Art und Weise.

anja-schauberger

Grießpudding und Hackfleischträume

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Diese Woche hat sich jetzt-Mitarbeiter Julian Schmitzberger die Mütze des Kosmoskochs aufgesetzt.

Montag:



Die Rolle des Kosmoskochs trifft mich unerwartet. Das kommt davon, wenn man am Montagmorgen noch so verschlafen ist, dass man sich in der Redaktionskonferenz nur mit einem Gähner bemerkbar machen kann. Weil der Kühlschrank nach der Arbeit genauso leer ist wie am Morgen, versuche ich mich bei der Nachbars-WG durchzuschnorren. Ich bin mäßig erfolgreich und ergattere einen Becher Grießpudding mit Zimtgeschmack. Ohne Aroma schmeckt mir der aber besser.

Dienstag:



Nach der Arbeit geht’s in die Favorit-Bar zu einem Vortrag über Instanbuls Musikszene – steht ja auch schon so in der Wochenvorschau. Im Anschluss fahre ich in meine Heimatstadt Dachau, da eine gute Freundin im gemütlichsten Laden der Gegend, dem Irish Pub „Muddy Boot“, ihren Geburtstag feiert. Ich erzähle dem aufgedrehten Kellner, dass ich Essen brauche, das möglichst gut aussieht. Zur Auswahl stellt er Chips mit Salz und Essig oder Chips mit Schinken und Käse. Ich entscheide mich für ein Strongbow und die Variante mit Salz und Essig. Statt einem Glas Cider bekomme ich einen Pitcher. Das Hähnchencurry, das ich nie bestellt hatte, folgt kurz darauf. Zum Glück bin ich weder besonders heikel noch geizig. Die Soße hat tatsächlich geschmeckt wie sie aussieht (exakt: Curry), die Ananasstückchen (im Kreis angeordnet) sind dem vorlauten Kellner zufolge nur für mich so sorgfältig platziert worden. Dafür hat er sogar noch Trinkgeld bekommen. Und den vollen Preis für Mahlzeit und Getränk. Mit genau solchen Tricks hält sich der Schuppen.

Mittwoch:



Zum Glück steht einer meiner Mitbewohner am Grill einer der zahlreichen hippen Burgerläden der Stadt. Da ich immer noch zu faul war, um in den Supermarkt zu rennen und auch sonst niemand aktiv geworden ist, lasse ich mir einen „Hotter“ mitbringen. Der geht so: Brötchen, Mayo, Salat, Tomate, Zwiebeln, Fleisch, Käse, Bacon, gegrillte Peperoni, Soße, Brötchen. Und schmeckt so: lecker!

Donnerstag:



Donnerstag ist Kochtag. Das bedeutet, dass sich jemand aus der Wohngemeinschaft ein Gericht ausdenkt und Freunde eingeladen werden. Eigentlich hatte ich Spaghetti mit Hackfleischbällchen vorgeschlagen, da wir noch Hack im Kühlschrank haben. Ich glaube, der latente Wunsch Pasta mit „Meatballs“ zu essen existiert, seit ich zum ersten Mal "Susi und Strolch" gesehen habe. Leider gab es schon am Vortag Pasta, die ich verpasst habe. Dann eben Fleischbällchen mit Kartoffelbrei. Keine italo-amerikanische Wunschfantasie, aber trotzdem sehr wohlschmeckend.

Freitag:



Von der Redaktion fahre ich direkt zu meinem Nebenjob. Da ich mittags in der Kantine schon ordentlich vorgelegt habe, trinke ich nur noch ein Spezi. Wenns was zu tun gibt, habe ich ohnehin selten Hunger. Kurz vor Mitternacht esse ich doch noch einen Toast, verzichte aber auf Dokumentation.

Samstag:



Ein guter Freund, der zu Besuch ist, will endlich diesen Döner probieren, von dem ich ihm begeistert erzählt habe. Drei Busstationen entfernt gibt’s bei "Hannys Ambiente" den besten Döner Sendlings – wenn nicht in der ganzen Stadt. Auf Bestellung frisch gebackenes Brot, die richtige Soße und netter Service. Jetzt weiß ich wieder, warum ich so oft von Döner rede. Wer einen besseren kennt, kann mich gerne kontaktieren.

Sonntag:



Heute habe ich Bandprobe in Dachau und habe mich deswegen zu Hause zum Mittagessen angemeldet. Wie immer daheim wird’s recht deftig: Sauerbraten mit Spätzle und Karottengemüse. „Gegessen wird, was auf den Tisch kommt“ ist mittlerweile eines meiner Argumente geworden.


Auf der nächsten Seite liest du den Kosmoskoch-Fragebogen von jetzt-Mitarbeiter Julian Schmitzberger.

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Welchen Stellenwert hat Essen in deinem Leben? 
Ich esse gerne und mehrmals täglich. Vielleicht sogar zu gerne und zu oft. Zum Kochen fehlt mir aber meistens die Muße, oder ich finde keine Mitesser. Deswegen steh ich täglich mehrere Male vor dem Kühlschrank und schmiere mir ein Brot.

Was ist dir beim Essen-Einkaufen besonders wichtig? 
Das Gleichgewicht zwischen Preis und Leistung muss stimmen. Immerhin bin ich ja auch noch Student. Deswegen versuche ich immer bei zwei Supermärkten einzukaufen. Der erste deckt die Grundnahrungsmittel ab und ist preiswert. Der zweite führt ausgefallenere Artikel und ist etwas teuer. Zum Glück sind die beiden direkt nebeneinander.

Erinnerst du dich, wann du zum ersten Mal für dich selbst gekocht hast und wer dir das Kochen beigebracht hat?  
An mein erstes Gericht kann ich mich leider nicht mehr erinnern. Ich vermute, es waren Nudeln mit dem, was der Kühlschrank gerade hergegeben hat. Im Moment lerne ich viel von meinem Mitbewohner, der vor hat ein Restaurant zu eröffnen. Das perfekte Rührei ist mir heute sogar schon gelungen. Ich habe aber noch viel zu lernen.

Was war dein Lieblingsessen als Kind? 
Die Kartoffelsuppe meiner Oma. In der schwimmen Würstchen, Teigteilchen und eben Kartoffeln. Etwas ordinär, aber ich liebe sie immer noch.   

Was ist dein aktuelles Lieblingsessen? 
Zur Zeit esse ich gerne Asiatisch. Besonders die Thai-Küche. Für ein Lieblingsgericht kann ich mich aber nicht entscheiden.

Was magst du gar nicht? 
Leber. Das liegt aber daran, dass meine Mutter mir als Kind ein Gulasch angedreht hat, in dem sie kleine Leberstückchen versteckt hat, um mich auf den Geschmack zu bringen. Ich habe es jedoch bemerkt und bin seitdem etwas beleidigt. Bis jetzt habe ich keine Leber mehr angefasst.

Mittags warm und abends kalt oder andersrum? 
Ich habe selten einen fixen Tagesrhythmus. Mein Essensplan passt sich dem an. Im Moment esse ich täglich eine warme Mahlzeit in der Kantine und abends nur eine Kleinigkeit. Für den Kosmoskoch musste ich natürlich für etwas Abwechslung sorgen.

Wo isst du am liebsten, am Tisch oder auf dem Sofa? 
Am Tisch ohne Ablenkung. Sonst kann ich mich nicht aufs Essen konzentrieren. Wenn ich mir nur ein Brot schmiere, esse ich das aber meistens schon im Stehen.

Was trinkst du zum Essen? 
Wasser oder Wein.Unser Wasser kommt neuerdings aus einem Wasserfilter, der das Wasser entkalkt und weicher macht.Der Unterschied ist meiner Meinung nach aber marginal.

Wie oft gehst du auswärts essen und hast du ein Lieblingsrestaurant? 
Ein bis zwei Mal im Monat gehe ich in ein Restaurant. Fast-Food gibt’s auch mal zwischendurch. Im Moment besuche ich gerne das Fei Scho in der Kolosseumstraße.

Was isst du, wenn es schnell gehen muss? 
Die Notfall-Breze. Bewährt sich seit Jahren.    

Was war das aufwändigste Gericht deines Lebens? 
Ich finde Reiberdatschi (Kartoffelpuffer) sind recht aufwändig. Die mache ich aber so selten, dass ich das immer wieder vergesse und mich dann von neuem ärgere, dass meine Arme müde werden.

Hast du ein Standard-Gericht, wenn Eltern oder Freunde zu Besuch kommen? 
Am Kochabend gibt es immer wechselnde Gerichte. Wenn meine Eltern kommen, gibt es aber meistens einen Schweinebraten. Den isst mein Vater sehr gern. Und weil es sonst selten Fleisch gibt, habe ich die letzten zwei Besuche einen Braten gemacht.

Welchen jetzt-User oder -Redakteur möchtest du als Kosmoskoch sehen?  
Jakob Biazza. Ich kenne mich noch nicht so gut im Kosmos aus, und er ist meines Wissens der Einzige aus der Redaktion, der sich bis jetzt davor gedrückt hat.

Sexy Sushi und Bigfoot-Porno

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Erste Male



Die Frage, ob man schon hat oder nicht, spielt ja für fast jeden irgendwann mal eine sehr wichtige Rolle. Weil die beste Freundin schon hat oder der beste Freund, weil die Schwester schon hatte, als sie so alt war wie man selbst, weil man ja gerne würde (aber auch Schiss hat). Das Thema „Erstes Mal“ bietet also eine Menge emotionalen Zündstoff, aus dem dann meistens auch eine emotionale Explosion hervorgeht. Wir gehen das Ganze heute aber mal ausschließlich datenjournalistisch an und verweisen auf obige Karte, die uns verrät, wie alt Menschen in verschiedenen Ländern durchschnittlich sind, wenn sie das erste Mal Sex haben. Besonders beliebt ist anscheinend die Zeit zwischen 17 und 19. In Indien und China ist das Entjungferungsalter ziemlich hoch, nämlich 22, in Singapur und Malaysia sogar 23. Auf der anderen Seite der Rangliste findet man die Skandinavier, die mit 15 das erste Mal Sex haben. Die sind ja auch auf allen Ranglisten immer am zufriedensten. Ob da ein Zusammenhang besteht?   

Wenn du rauchst, wird dein Sohn übrigens schwul!
Es wird ja viel darüber geforscht, welche Ereignisse während einer Schwangerschaft Einfluss auf das noch ungeborene Kind und seine spätere Entwicklung haben. Und dass Zigaretten, Drogen und Alkohol jetzt nicht das Gesündeste sind, was man zu sich nehmen kann, während man ein Kind austrägt, wussten wir schon. Darum ist der erste Teil einer neurobiologischen Studie aus Amsterdam (Alkohol und Drogen während der Schwangerschaft können den IQ des Kindes negativ beeinflussen) nicht gerade schockierend. Beim zweiten Teil haben wir dann aber schon gestutzt: künstliche Hormone und Rauchen erhöhen angeblich die Chance, dass das Kind später mal bisexuell, lesbisch oder schwul wird. Und Stress auch, weil das Stresshormon Cortisol die Produktion der Sexualhormone beeinflusst. Forschung hin oder her, komisch daran ist, dass Homosexualität da gleich wieder als irgendwas Pathologisches daherkommt, als eine Art Entwicklungsstörung, weil Mami permanent Stress hatte oder geraucht hat wie ein Schlot. Ist also eher eine dieser Studien, die wir nicht brauchen.     

Untendrunter Prinzessin



Was wir auch eher nicht brauchen: Disney-Prinzessinnen-Unterwäsche. Inspiriert von den gerüschten, glitzernden Kleidern, die die kulleräugigen Zeichentrickfräulein immer tragen. Die Zeiten, in denen man als Mädchen Prinzessin sein will, sollten schließlich aller-, allerspätestens in dem Alter vorbei sein, in dem man anfängt BHs zu tragen.  

Geiler Kiefer, Alter!



Während die Frauen also anscheinend Disney-Prinzessinnen sein wollen, trainieren die Männer ihre Muskeln, klaro. Übrigens auch die im Gesicht, ein ausgeprägter Kiefer ist nämlich megamännlich, you know? Darum gibt es jetzt auch dieses extrem attraktive Kieferband, das jede Kieferbewegung zu einem Workout macht und man so ganz nebenbei das gewünschte „Machoface“ bekommt. Und dann kann der Macho mit seinem starken Kiefer den zarten Verschluss des Disney-BHs aufbeißen. So ungefähr ist das sicher gedacht. Hilfe!  

Gummi-Vaginen
„Blau ist eine warme Farbe“ ist gerade einer der meistdiskutierten Filme, auch hier in der Redaktion. Da gibt es aber auch so viele Dinge, über die man sprechen kann! Ob man die Sexszenen jetzt zu lang findet und ob sie nun pornografisch sind oder nicht, wie doof es ist, dass so viele Menschen den Begriff „Lesbenporno“ verwenden, wenn sie darüber sprechen, obwohl es doch ein Liebesfilm ist, und wie sehr die Schauspielerinnen die Arbeit mit dem exzentrischen Regisseur Abdellatif Kechiche gehasst haben. Hier noch unsere liebste Detail-Info: Die beiden Hauptdarstellerinnen trugen während der Sexszenen Gummi-Nachbildungen ihrer Vaginen. Wohl, damit es eben keine Pornografie ist, immerhin wurden die Geschlechtsteile nicht wirklich stimuliert. Also: nix da Lesbenporno!  

Weiter im Porno-Text...



Lebensporno gibt’s jetzt erst mal nicht, sorry! Dafür haben wir ja neulich schon über Dinosaurier-Pornos berichtet (kurze Erinnerung: die, in denen der Tyrannosaurus dauergeil ist, weil er wegen seiner kurzen Arme nicht onanieren kann), heute folgt die nächste schöne Idee: Bigfoot-Pornos! Falls du Geld brauchst, könnte das eine Möglichkeit für dich sein, schnell an Geld zu kommen. Nein, nein, nicht, indem du in einem Bigfoot-Porno mitspielst, du musst dir nur einen ausdenken. Virginia Wade, die Erfinderin dieses Genres, verdient nämlich 30.000 Dollar pro Monat durch die Verkäufe ihrer erotischen e-Books aus der Reihe „Cum for Bigfoot“. Sie hat allerdings auch schon 16 Bände geschrieben. Muss man sich also ranhalten. Kann aber auch nicht so schwer sein, eigentlich. Lass dich einfach von folgende Assoziationen zu „Bigfoot“ leiten: viele Haare, große Füße, großer Rest. Fertig!  

...und noch weiter



Tut uns leid, falls das jetzt ein bisschen monothematisch wirkt, aber wir bleiben einfach beim Porno. Wir haben nämlich Sushi-Röllchen gefunden, die dem Begriff „Food Porn“ endlich die Bedeutung geben, die manche schon immer dahinter vermutet haben. Kreiert hat sie eine japanische Köchin namens Takayo Kiyota, Spezialistin für „Makizushi-Kunst“ (kunstvolles Sushi-Röllchen-Rollen). Guten Appetit!

Komplexe Kulturen

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"Breaking Bad" wird wegen seiner Komplexität gelobt - in Zeiten der "Klick-Mentalität".

Angestrichen 
"Dank den bereits etablierten Serien, kann man vielleicht darauf vertrauen, dass der Zuseher, der vor der einen Reizflut Zuflucht in einer anderen sucht, im Wissen um diese Serien vielleicht einen Moment lang dem impulsiven Verlangen nach extremer Reduktion widersteht und sich stattdessen in eine Welt flüchtet, in der er nicht wie ein unmündiges Kind sondern wie ein denkender Erwachsener behandelt wird – solange diese Welt nicht mit aufreibender Komplexität abschreckt, denn kulturelle Komplexität ist ein modernes Tabu und darf sich nur im Verborgenen entfalten."  

Wo steht das denn?  
In einem Artikel des Blogs netzwertig.com.

Um was geht es? 
Um den Widerspruch zwischen der Sehnsucht des Zuschauers nach einer vereinfachten Welt und seine Faszination für Komplexitäten, die unseren realen Alltag widerspiegeln sollen. Und um unser mangelnde Aufmerksamkeit.  

Soll heißen? 
Wir werden überflutet. Mit Reizen, Nachrichten, Schlagzeilen, Werbung. Die Informationen ähneln sich, nur wenige sind wirklich wichtig. Es entsteht ein undurchschaubares Gebilde materieller und digitaler Einflüsse. Überforderung ist so immer nur ein paar Mausklicks entfernt.

Diese künstlich-komplizierte Welt erzeugt in uns „einen mentalen Fluchtreflex, ein Fernweh nach einer reduzierten, überschaubaren Welt, in der uns eine alles umfassende Vereinfachung von der Zumutung der Wirklichkeit befreit“, schreibt Autor Alexander Lohninger. Einen Ausweg daraus bietet die Unterhaltungsindustrie. Sitcoms wie „The Big Bang Theory“ oder „Modern Family“ arbeiten mit Rollenklischees, mit einfachen Charakteren. Die Handlungen basieren einzig auf Humor. Kellnerin Penny und Computernerd Sheldon Cooper garantieren Lacher ebenso wie die patzige Latina Gloria oder das sterotype Homosexuellenpärchen. Denn „dann ist es auch für uns okay, ein semisoziopathischer Freak zu sein, eine durchschnittlich-anspruchslose aber dafür hübsche Kellnerin zu sein, denn wir lachen ja darüber und deswegen ist alles halb so wild,“ schreibt Lohninger.  

Wie in den Märchen fühlen wir uns so wieder in unsere Kindheit zurück versetzt, in der das Gute stets das Böse besiegt, in der die Welt klar strukturiert ist. Alles, was über dieses reduzierte Bild hinausgeht, wird weggeklickt. Was der Autor aber übersieht, ist das Verlangen nach Struktur und Konzepten, das dem Menschen von jeher innewohnt. Wir kategorisieren Objekte und abstrakte Einheiten nach gemeinsamen Eigenschaften. Dieses Kategorisieren erfolgt unbewusst, aber ohne diese Fähigkeit könnten wir in unserer sozialen Umgebung nicht handeln. Schubladendenken ist also kein neues Phänomen.  

Lohninger stellt dann dieser Art von Serien die zweite entgegen. Serien wie "Breaking Bad", "The Wire" oder "Mad Men". Die komplexen, die trotz der "Klick-Mentalität" und ihrer vielschichtigen Erzählweise Bestand haben. Doch gerade durch diese thematischer Tiefe versuchen die Produzenten, die Zuschauer an die Fernseher zu fesseln, „unsere Aufmerksamkeit über lange Zeit zu halten und uns zur Auseinandersetzung mit komplexen Inhalten zu zwingen“.

Diese „kulturelle Komplexität“, wie Lohninger schreibt, ist allerdings nicht unbedingt ein modernes Tabu, nichts, das „sich nur im Verborgenen entfalten“ kann. Denn Kultur funktioniert seit langem nach diesem Prinzip, nach der Einteilung in eine Hoch- und eine Alltagskultur. Ein literarisches Meisterepos von Goethe bedient sich anderer Mittel, hat eine anderes Ziel als ein einfacher Frauen- oder Kriminalroman. Die amerikanischen Serien bilden da keine Ausnahme, sie folgen dieser Unterteilung. Mit "Klick-Mentalität" oder Schnelllebigkeit hat das wenig zu tun.

Zufallstreffer!

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Eine Bekannte von mir reiste einmal nach New York. Dort fuhr sie, wie die acht Millionen anderen New Yorker es halt auch tun, mit der U-Bahn. Und wer saß dort im selben Waggon? Ein Bekannter aus ihrer Schulzeit. Ein kurzer Moment der Verblüffung, dann natürlich freudiges "Hallo! Was für ein Zufall dich hier zu sehen! Was machst du hier?" und so weiter.

Nun muss man bei dieser Geschichte anmerken, dass die beiden beteiligten Personen aus dem Saarland kamen und zwei Saarländer sich bekanntermaßen überall auf der Welt wiederfinden. Das scheint eine Form des wissenschaftlich nicht nachweisbaren Magnetismus zu sein oder liegt vielleicht daran, dass sie alle eh über maximal zwei Personen miteinander befreundet sind.



Um die Magie dieser Geschichte nicht überzustrapazieren also noch ein paar Anekdoten von mir: Ich bin einmal während eines Dänemarkurlaubs in einem Souvenirladen in eine Grundschulfreundin reingerannt, habe an einer australischen Kinokasse zufällig einen Typen kennengelernt, der von zwei Straßen weiter aus meinem niedersächsischen Dorf kommt und habe am Wochenende in einem Berliner Café zufällig eine gute Freundin getroffen. Das war immer schön.

Unangenehm wird es hingegen, wenn man Zufallstreffen mit Menschen erlebt, die man eigentlich nicht leiden kann. Der Ex-Freund, der leider im gleichen spanischen Dorf urlaubt oder die nervige Schulfreundin, bei der man sich aus guten Gründen nie wieder gemeldet hatte. Denn der Nachteil an Zufallstreffen ist, dass man wie bei dem saarländischen Magnetismus sofort das Gefühl hat, nun auch miteinander Zeit verbringen zu müssen. Dabei war man diesen Urlaub ja mit dem Vorsatz angegangen, etwas Neues zu erleben und möglichst wenig Kontakt zum Alltag zu halten.

Welche kuriosen Erfahrungen hast du mit Zufallstreffen im Ausland gemacht? Und wie hast du dann reagiert? Seid ihr sofort etwas trinken gegangen? Oder war das Treffen nach einem peinlichen "Ach, du auch hier?" schnell wieder vorbei?

Explosive Mischung

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Die Lage in der Ukraine spitzt sich zu. Die Proteste werden gewalttätiger. Das bekommt auch Oppositionär Klitschko zu spüren.

In der Ukraine wächst die Angst vor einem Bürgerkrieg. Nach gewalttätigen Ausschreitungen in der Nacht zum Montag, bei denen sich Polizei und radikale Demonstranten Straßenschlachten geliefert hatten, bekämpften sich Sondereinheiten und einzelne Aktivisten auch am Tag danach. Noch am Montagnachmittag schwelten Feuer in den Straßen der Kiewer Innenstadt; die Polizei stand weiter mit Wasserwerfern und Tränengas bereit. Hunderte Aktivisten versammelten sich vor dem EU-Gebäude in Kiew und riefen: „Wir brauchen Hilfe!“

Die Justiz stufte am Montag die Straßenschlachten in Kiew als Landesverrat ein und warnte vor einer Bedrohung der nationalen Sicherheit. „Das ist nicht bloß Rowdytum. Das ist Landesverrat“, sagte Generalstaatsanwalt Viktor Pschonka. Teilnehmer von Demonstrationen gehen damit ein erhöhtes Risiko ein.

Über das vom Präsidenten noch in der Nacht angekündigte Krisengespräch zur Deeskalierung der Lage ist unterdessen ein heftiger Streit ausgebrochen. Laut Viktor Janukowitsch sollte am Montagmorgen erstmals eine Kommission unter Vorsitz des Sekretärs des Nationalen Sicherheitsrats zusammenkommen, Andrej Kljujew. Doch Oppositionsführer Vitali Klitschko, der diese Nachricht Stunden zuvor selbst bekanntgegeben hatte, fordert wie seine Mitstreiter die Anwesenheit des Präsidenten persönlich. Außerdem gilt Kljujew bei den demokratischen Aktivisten als Erfüllungsgehilfe von Janukowitsch; man traut ihm keine Befriedungspolitik zu und sieht in der Entscheidung für diesen Vertrauten des Präsidenten eine Provokation.

Klitschko rief die Ukrainer dazu auf, verstärkt nach Kiew zu kommen. „Die Regierung hat dem Volk den Krieg erklärt“, sagte der 42-jährige Ex-Boxweltmeister in einer verbreiteten Videoansprache. „Wir sind mehr. Ihr werdet hier gebraucht, damit die Ukraine gewinnt und nicht Janukowitsch.“

Gegen Klitschko und andere Oppositionspolitiker war es am Sonntag auf dem Maidan-Platz zu heftigen Unmutsäußerungen gekommen, weil sich die Regierungsgegner bisher nicht auf eine effektive Strategie im Kampf gegen die Regierung einigen konnten und bisher auch erfolglos geblieben sind in ihrem Versuch, die Regierung zu stürzen. Frust und Enttäuschung waren daher Teil jener explosiven Gefühlsmischung, die am Sonntag zu gewalttätigen Übergriffen von Seiten einiger Demonstranten beitrug.

Eskaliert war die Lage vor allem aufgrund der Parlamentsbeschlüsse vom vergangenen Donnerstag, mit denen die Partei der Regionen gegen den Protest der Opposition eine Reihe von Strafverschärfungen und Verboten durchgedrückt hatte. Dadurch sollten die Proteste der proeuropäischen Bewegung der vergangenen Wochen unterdrückt werden. Trotzdem hatten sich am Sonntag Hunderttausende auf dem Maidan versammelt und dem Demonstrationsverbot getrotzt, eine Weile hatte das Ganze den Charakter eines Happenings; Demonstranten trugen Faschingsmasken aus Protest gegen das Vermummungsverbot und Salatschüsseln auf dem Kopf als Protest gegen das Verbot, Helme zu tragen.

Als dann aber eine kleine Gruppe junger Männer versuchte, die Polizeiblockade vor dem Präsidentenpalast zu durchbrechen und auch Klitschko die Lage nicht beruhigen konnte, kam es zu Prügeleien mit der Polizei. Klitschko wurde mit einem Feuerlöscher besprüht, als er zur Ruhe aufrief, Dutzende Demonstranten und Journalisten, aber auch Polizeibeamte erlitten zum Teil schwere Verletzungen.

Am späten Abend folgte dann das Verhandlungsangebot aus dem Präsidentenpalast; Janukowitsch lud für den Montag zum Gespräch. Nur, wie so oft, sah die Sache am helllichten Tag dann anders aus: Der Präsident mochte sich nicht selbst mit seinen Gegnern an einen Tisch setzen. Ohnehin sind die Zweifel im Lager der Regierungsgegner gegenüber einem solchen Treffen groß, hatte doch Janukowitsch selbst nur einen Tag nach den antidemokratischen Beschlüssen vom Donnerstag die Gesetze unterzeichnet, die nun zur Eskalation der Lage geführt haben. Die Opposition fordert von der regierenden Partei der Regionen, diese solle die Gesetze umgehend zurücknehmen. Doch dafür gibt es bisher keine Indizien.

Ein Regierungssprecher beteuerte, man plane vorerst nicht, den Ausnahmezustand auszurufen. Stattdessen holte man sich Unterstützung von den Russen, für ihren harten Umgang mit Demonstranten bekannt. Die Lage in der Ukraine schreckte auch die Außenminister der Europäischen Union auf, die in Brüssel tagten. Sie forderten die Regierung in Kiew auf, das Gesetzespaket zur Beschneidung des Demonstrationsrechts zurückzunehmen. Diese Gesetze würden Grundrechte der ukrainischen Bürger wie Versammlungs- und Meinungsfreiheit sowie die Aktivitäten von Nichtregierungsorganisationen „bedeutend einschränken“.

Es sei das „umfassendste Repressionspaket, das in Jahrzehnten von einem europäischen Parlament beschlossen worden ist“, sagte Schwedens Außenminister Carl Bildt. Sein polnischer Kollege RadosÅ‚aw Sikorski erklärte, man werde Janukowitsch „nicht mehr nach seinen Worten und nur noch nach seinen Taten beurteilen“.

Kritik an Delfinjagd

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Das Wasser ist rot vom Blut der Delfine. Japanische Tierfänger sortieren die besten Delfine für Seaworld & Co aus, die restlichen töten sie.

Im November hat Tokio Caroline Kennedy wie eine Prinzessin empfangen. Mit ihr als der neuen US-Botschafterin würden die Beziehungen zwischen Japan und den USA noch viel besser, machte die Presse ihren Lesern weis und publizierte Fotos der fünf Jahre alten Caroline auf dem Arm ihres Vaters, John F. Kennedys. Die Tochter des vor 60 Jahren ermordeten US-Präsidenten liebe die japanische Küche; und sie werde Japans Frauen Mut machen, für sich wichtigere Rollen zu beanspruchen, hieß es. Am Wochenende aber ging die 56-Jährige auf Twitter in die Offensive: die Treibjagd und das Schlachten von Delfinen in Taiji auf der Kii-Halbinsel bezeichnete sie als „unmenschlich”; sie sei „tief beunruhigt”. Auch die US-Regierung, so Kennedy weiter, sei gegen das „Fischen per Treibjagd”.

Die Fischer von Taiji treiben jedes Jahr Delfinherden in eine Bucht. Dort sortieren sie erst die besten Tiere aus, um sie später an Delfinarien zu verkaufen. Die anderen metzeln sie mit Langspeeren Stich um Stich tot, ihr Sterben zieht sich über zehn bis 20 Minuten hin, und das Wasser der Bucht verfärbt sich blutrot. In Taiji wird das Fleisch der Delfine gegessen, allerdings geht die Nachfrage stetig zurück. Das hängt auch damit zusammen, dass im Fleisch von Delfinen und Walen zu hohe Dosen an Quecksilber festgestellt wurden. Vor vier Jahren machte ein Dokumentarfilm von National Geographic das Schlachten von Taiji weltweit bekannt. In Japan versuchten Rechtsnationalisten, die Vorführungen des Films zu verhindern. Die Regierung in Tokio wehrte sich damals wie heute gegen alle Vorwürfe mit dem immergleichen Argument, das sei eben eine japanische Tradition. Das Land verbitte sich Einmischungen in seine Kultur. In Europa werde schließlich auch Wild gejagt. Kabinettssekretär Yoshihide Suga wies Kennedys Vorwürfe am Montag zurück und verteidigte das Schlachten, es geschehe „ordnungsgemäß und im Rahmen des Gesetzes”. Seine Regierung werde Washington ihre Position erklären.

Die jüngste Kritik war indes nicht die erste umstrittene Amtshandlung Kennedys. Ende Dezember hatte sie Abes Besuch am Yasukuni-Schrein, dem umstrittenen Kriegerdenkmal, an dem nicht nur Gefallene, sondern auch einige verurteilte Kriegsverbrecher geehrt werden, für eine Diplomatin ungewöhnlich scharf verurteilt. Abe schickte deshalb vorige Woche einen Sondergesandten nach Washington, um sich bei Präsident Obama zu beschweren.

Dabei fing alles so ambitioniert an: Als Kennedy im November Abe ihre erste Aufwartung machte, hatte der extra die zwei einzigen Frauen seines Kabinetts einbestellt, als wollte er der Amerikanerin zeigen, wie offen er sei. Dass die Botschafterin sich nun öffentlich, emotional und spontan über die Tabus der japanischen Nationalisten auslässt, damit hatte er gewiss nicht gerechnet.

Angst und Spiele

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Islamisten kündigten Terror an. Russische Spezialeinheiten werden darauf vorbereitet.

Wladimir Putin hatte das Wochenende nutzen wollen, um gute Stimmung für Sotschi zu verbreiten. Erst traf er sich mit Freiwilligen, verriet ihnen, dass er sich besonders auf die Wettkämpfe in den Disziplinen Eishockey, Eiskunstlauf und Biathlon freue, scherzte und zwickte eine junge Frau, die zuvor erklärt hatte, sie könne es nicht glauben, dass der russische Präsident ihr nun leibhaftig gegenüberstehe. Dann gab er dem US-Sender ABC ein ausführliches Interview, versprach, Russland werde „alles Notwendige tun, um die Menschen bei den Olympischen Winterspielen zu schützen“ und versicherte zum wiederholten Mal, ungeachtet des international kritisierten Gesetztes gegen das Werben für Homosexualität seien alle Athleten willkommen, ganz gleich welcher sexueller Orientierung.

Doch auch die Sorgen bekamen weniger als drei Wochen vor Beginn der Winterspiele neue Nahrung: In einem Video, das am Sonntag auf einer Website kaukasischer Untergrundkämpfer erschien, bekennt sich eine radikale Gruppe unter dem Namen „Ansar Al-Sunna“ zu den zwei Anschlägen, die im Dezember in Wolgograd 34 Menschen getötet hatten, und kündigt neuen Terror an. „Wir haben ein Geschenk für Euch und alle Touristen vorbereitet, die herüberkommen“, sagen zwei russisch sprechende Männer in dem Video. „Wenn ihr die Olympischen Spiele abhaltet, werdet ihr ein Geschenk von uns bekommen für das Blut der Muslime, das vergossen wurde.“ Der Anfang der 49-minütigen Aufnahme zeigt angeblich den Bau der Selbstmord-Sprengsätze von Wolgograd. Die Botschaft schließt mit Bildern von den Explosionen.

Obwohl internationale Experten bezweifeln, dass die radikalen Islamisten im Kaukasus in der Lage sind, in der hoch gesicherte Festung rund um die Spielstätten zuzuschlagen, ist es den Terroristen zumindest gelungen, die Angst zu den Spielen zu tragen. Für eine groß angelegte Aktion seien die Untergrundkämpfer im Kaukasus zu wenig organisiert, glaubt Mark Galeotti, Professor an der New York University und Spezialist für russische Sicherheitsfragen. „Das sogenannte Kaukasus-Emirat ist eine Ansammlung kleiner Zellen, die mal zusammenarbeiten, mal unabhängig voneinander“, urteilt er. Ihr selbst ernannter Führer Doku Umarow habe in Wahrheit nur eingeschränkte Autorität.

Dass der tschetschenische Präsident Ramsan Kadyrow in der vergangenen Woche erklärte, er habe sichere Hinweise darauf, dass Umarow bei einer früheren Aktion russischer Spezialtruppen getötet worden sei, trug dagegen wenig zur Beruhigung bei. Kadyrow hatte den Terroristen in der Vergangenheit bereits wiederholt für tot erklärt, allerdings war der danach immer wieder aufgetaucht. Zuletzt hatte er im Sommer zu Anschlägen auf die Olympischen Spiele aufgerufen. In dem nun erschienenen Bekennervideo danken die beiden Sprecher Umarow, dass er das Moratorium für Anschläge auf Ziele in Zentralrussland aufgehoben habe.

Die US-Regierung hatte schon in der Vergangenheit zu erhöhter Wachsamkeit bei Reisen nach Sotschi gemahnt. Nun äußerte sich der Vorsitzende im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses, Mike Rogers, besorgt über die Zusammenarbeit mit den russischen Diensten. „Sie geben uns nicht alle Informationen darüber, woher die Bedrohung kommt und ob die Terroristen an weiteren Plänen arbeiten“, sagte er dem Sender CNN. Laut Berichten amerikanischer Experten hat das Team der USA eine private Sicherheitsfirma angeheuert, um die Sportler im Notfall zu befreien. Auch Deutschland schickt Polizisten als Begleitung für die Athleten in das Mannschaftslager in Sotschi, allerdings unbewaffnete.

Russische Medien kritisierten, dass die Bedrohung vor allem dazu genutzt werde, die Kompetenzen des Geheimdienstes auszuweiten. Am Mittwoch berät die Staatsduma über ein Paket von Gesetzesänderungen, das unter anderem die Strafen für „Angriffe auf den Staat“ drastisch erhöht und Mitarbeitern des FSB erlaubt, Autos zu kontrollieren und Personen zu durchsuchen. Bisher war ihnen das nur in Ausnahmen während Anti-Terror-Einsätzen erlaubt. Internetdienste müssen Nutzerdaten künftig ein halbes Jahr lang speichern und über Bezahldienste wie Paypal dürfen nur noch maximal 2200 Euro im Monat überwiesen werden.

Rausch und Risiko

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Als mächtigster Mann der Welt darf man so ziemlich alles sagen. Da Barack Obama aber auch für die Kraft seiner Worte geschätzt wird, haben seine Aussagen zusätzliches Gewicht. Eine erhitzte Debatte hat der US-Präsident gerade mit seiner Äußerung ausgelöst, die Auswirkungen des Konsums von Marihuana seien „nicht gefährlicher als die von Alkohol“. Dabei hat er ja recht. Dass Obama Haschisch-Rauchen trotzdem für „eine schlechte Idee“ und „ein Laster“ hält, wird vermutlich bald in den Hintergrund geraten.

Wie fast immer in der Medizin, macht die Dosis das Gift aus. Nun gibt es zwar weder für Alkohol noch für Nikotin oder die Substanz Tetrahydrocannabinol (THC) eine Menge, die unbedenklich konsumiert werden kann. THC ist der psychoaktive Bestandteil des aus der Hanfsorte Cannabis gewonnenen Harzes. Jede noch so kleine Dosis einer Droge ist potenziell schädlich. So kann schon das Nikotin weniger Zigaretten die Mutation auslösen, die nach Jahren zum Krebs führt. Bereits ein Glas Alkohol in der Schwangerschaft kann den Fötus dauerhaft schädigen. Und das Pot-Rauchen unter Jugendlichen kann schon beim ersten Mal im schizophrenen Schub enden. Aber für alle Drogen gilt eben auch: Je höher die Dosis und je häufiger der Gebrauch, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit für bleibende Schäden.



Ähnlich wie bei Spirituosen gibt es auch bei Cannabis verschiedene Sorten. Doch ist deren Hauptwirkstoff THC gefährlicher als Alkohol?

Mit Alkohol kann man sich verlässlich seine grauen Zellen wegsaufen. Auch Beeinträchtigungen und Krankheiten von Leber, Magen, Speiseröhre und anderen Organen sind bei ausreichender Menge und chronischer Zufuhr häufiger. Dass Alkohol in geringer Dosis und regelmäßig genossen die Gefäße geschmeidig hält und das Herz schützt, stimmt zwar auch und wird von Zechern gern zitiert. Trotzdem können schon wenige Tropfen Hirn und Leber empfindlich schädigen.

Mit Cannabis-Produkten verhält es sich ähnlich. Da sie meistens geraucht werden, wissen Forscher von Schäden der Atmungsorgane und einem erhöhten Risiko für Bronchitis und Lungenkrebs. Unklar ist noch, ob psychische Abhängigkeit droht. Der Einstieg in den Konsum härterer Drogen wird durch Haschisch und Co. zwar erleichtert, ist aber nicht zwangsläufig. Psychotische Leiden wie Schizophrenie kommen häufiger vor, wenn die Cannabis-Konsumenten Jugendliche sind und mindestens einmal pro Woche das Rauschmittel nehmen. Wer mit 18 oder später beginnt, hat jüngsten Forschungen zufolge kein erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen.

Einige US-Bundesstaaten legalisieren Cannabis gerade. Das liegt auch an der therapeutischen Verwendung der Droge. Als Arzneimittel werden Zubereitungen bei Krebspatienten gegen Übelkeit und Auszehrung eingesetzt. Aber auch in der Schmerztherapie, bei Multipler Sklerose, Depressionen und anderen Leiden gibt es klare Hinweise auf die lindernde und krampflösende Wirkung der psychoaktiven Pflanzenextrakte.

Dass Marihuana die Intelligenz beeinträchtigt, wurde nie eindeutig belegt. Möglich ist es. Vielleicht wären aus den Präsidenten Obama, Bush und Clinton, die später ihren Haschisch-Konsum zu Studienzeiten gebeichtet haben, Physiknobelpreisträger geworden, wenn sie auf die bewusstseinserweiternden Drogen verzichtet hätten.

„Zucker ist Gift“

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Alle lieben Süßes. Morgens Zucker im Kaffee, nachmittags Kuchen. Oft packt uns dann das schlechte Gewissen. 33 Stückchen Würfelzucker oder knapp 100 Gramm: So viel Zucker isst jeder Deutsche im Schnitt pro Tag. Zu viel Zucker ist ungesund, das weiß jeder. Dass sich aber der größte Teil der Tagesration – 83 Prozent – in verarbeiteten Produkten verbirgt, wissen die wenigsten. Zucker steckt nicht nur in Süßigkeiten und Softdrinks, sondern auch in unverdächtigen Lebensmitteln wie Joghurt, Krautsalat und Brot.



Oft erkennt man Zucker nicht so einfach wie an diesem Beispiel - er versteckt sich in vielen Lebensmitteln und kann bei zu hohem Konsum krank machen.

Vor allem dieser unbewusste Zuckerkonsum sei schädlich, warnen Wissenschaftler wie Professor Robert Lustig von der University of California in San Francisco. Der Amerikaner ist ein bekannter Experte für Hormonstörungen und Übergewicht bei Kindern. Er sagt: „Unser jetziges Ernährungssystem bringt uns um. Und die Lebensmittelindustrie hat keine Anreize, das zu ändern, weil sie gut damit verdient.“ Dabei sind die Zahlen alarmierend. Nach aktuellen Angaben des Overseas Development Institute (ODI) ist jeder dritte Erwachsene auf der Welt zu dick, in Deutschland ist es sogar jeder zweite. Zucker gilt dabei neben Fett als größter Dickmacher. Wissenschaftler finden immer mehr Hinweise, dass zu viel Zucker nicht nur dick, sondern ernsthaft krank macht: Fettsucht, Diabetes, Herzerkrankungen, Bluthochdruck, Krebs und sogar Alzheimer werden damit in Verbindung gebracht.

Bekannt ist etwa, dass Tumorzellen zur Vermehrung sehr viel Zucker brauchen. Der amerikanische Biochemiker Professor Lewis Cantley hält es sogar für wahrscheinlich, dass Zucker in vielen Fällen Krebs überhaupt erst entstehen lässt. Die Zuckerindustrie weist all diese Vorwürfe weit von sich, schließlich sei Zucker als Energiequelle unverzichtbar. Zudem sei Übergewicht die Folge eines Ungleichgewichts von Kalorienaufnahme und -verbrauch.

Die Weltgesundheitsbehörde (WHO) warnt wegen der vielen Übergewichtigen bereits vor einer „weltweiten Epidemie“, die sich nicht nur in Industriestaaten, sondern zunehmend auch in ärmeren Teilen der Erde ausbreitet. Dem übermäßigen Konsum an zugesetztem Zucker will die WHO nun den Kampf ansagen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung plant sie, die maximal empfohlene Menge für die tägliche Zuckerration um mindestens die Hälfte zu senken. Der Richtwert für Zucker soll nicht mehr wie bisher bei maximal zehn, sondern bei fünf Prozent der täglichen Kalorienmenge liegen. Ein WHO-Sprecher bestätigte, dass die Organisation an neuen Richtlinien arbeitet, wollte sich aber zu Details noch nicht äußern.

Tatsache ist, dass der Mensch diese Extraladung Süßes, die in vielen Lebensmitteln versteckt ist, gar nicht braucht. Aus Kohlehydraten, die sich etwa in Getreide befinden, kann der Körper selbst Zucker herstellen. Warum also die großen Mengen an verstecktem Zucker? Ganz einfach: weil die Industrie guten Gewinn damit erzielt. Laut Statistik isst jeder Deutsche etwa 36 Kilo Zucker pro Jahr, das ist doppelt so viel, wie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt.

Trotzdem sieht die Lebensmittelindustrie keinen Handlungsbedarf. Sie verweist darauf, dass der Zuckerverbrauch seit Jahren konstant sei. Dass es sich dabei um eine verzerrte Statistik handelt, sagt sie nicht, denn sie enthält nicht alle Formen des süßen Stoffs. Maltodextrin, Glucose-Fructose-Gemische und andere Zuckerarten werden gar nicht erst erfasst, wie das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) bestätigt. Doch genau diese meist billigeren Varianten von Zucker sind immer häufiger in verarbeiteten Lebensmitteln zu finden.

„Zucker ist Gift“, meint der US-Wissenschaftler Lustig. Und Verbraucher hätten kaum eine Wahl, ihm aus dem Weg zu gehen. 600000 verschiedene Lebensmittelprodukte liegen in den Regalen amerikanischer Supermärkte, bei 80 Prozent von ihnen sei Zucker zugesetzt, rechnet der amerikanische Wissenschaftler vor.

Für Deutschland wurden bisher keine Daten erhoben. Doch sie dürften ähnlich hoch ausfallen. Das könnte dramatische Folgen haben. Lustig schließt nicht aus, dass das staatliche amerikanische Gesundheitssystem bereits in zehn Jahren wegen der hohen Kosten zusammenbrechen könnte. Als Hauptgrund nennt er durch Zucker ausgelöste Krankheiten. Auch in Deutschland haben diese Erkrankungen weitreichende ökonomische Konsequenzen. Der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zufolge belasten allein die Fettsucht und deren Begleiterkrankungen das Gesundheitssystem in Deutschland pro Jahr mit 17 Milliarden Euro.

Lustig hat 2013 gemeinsam mit Kollegen eine Studie veröffentlicht, die einen Zusammenhang zwischen Zuckerkonsum und Diabetes verdeutlicht. Dabei stellten die Forscher die Zuckermenge im Essen der Häufigkeit von Diabetes gegenüber und zwar in 175 Ländern weltweit über das vergangene Jahrzehnt hinweg. Das Ergebnis: Mehr Zucker in der Ernährung führte überall zu höheren Diabetes-Raten. Andere Wissenschaftler stellten fest, dass Zucker wie eine Droge wirkt, denn er regt im Gehirn dieselben Gegenden an wie Alkohol und Nikotin. Manche Forscher bezeichnen die Gier nach Süßem sogar als echte Sucht. Doch diese These ist umstritten.

Die Verbindung von Karies und Zucker hingegen ist nicht von der Hand zu weisen. Das zeigt unter anderem eine neue Übersichtsarbeit der Wissenschaftlerinnen Paula Moynihan und Sarah Kelly von der britischen Newcastle University. In der Studie wiesen sie nach, dass bei einer Halbierung von Zucker in der Nahrung wesentlich weniger Karies auftritt. Der deutsche Zuckerverband stellt die Aussagekraft der Untersuchung jedoch infrage. Die Studienlage zum Einfluss eines geringeren Zuckergehalts in Lebensmitteln sei dürftig, heißt es dort. Die Forderung, den Konsum von Zucker einzuschränken, widerspreche der Faktenlage. Der Verband verweist darauf, dass insbesondere Deutschland im Vergleich mit anderen Ländern bei der Zahngesundheit einen Spitzenplatz einnehme.

Verbraucherschützer halten solche Argumente für Augenwischerei. Sie fordern seit Jahren strengere Richtlinien. „Die tägliche Zuckermenge im Essen zu reduzieren, wäre eine gesundheitspolitische Weichenstellung, die schon längst überfällig ist“, findet Silke Schwartau von der Verbraucherzentrale Hamburg. Ihr geht es vor allem darum, den hohen Zuckergehalt auf den ersten Blick zu verdeutlichen, etwa über die Ampelkennzeichnung auf Verpackungen. „Die Bundesregierung muss endlich handeln und insbesondere Kinder vor den Folgen von zu hohem Zuckerkonsum schützen“, fordert auch die Verbraucherorganisation Foodwatch. In Deutschland sei jedes fünfte Kind übergewichtig.

„Eines Tages, Baby, werden wir alt sein"

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Ich bin Studentin, sagt die blonde junge Frau, als sie vor das Mikrofon getreten ist. Psychologie, erläutert sie dann. Auf ihrer Stirn glänzt Schweiß. Ein nervöses Lachen, ein paar fahrige Handbewegungen, als müsste sie Spuren einer Unruhe wegwischen, eines Lampenfiebers. So beginnt der Auftritt von Julia Engelmann beim 5.Bielefelder Hörsaalslam, einer Poesie-Veranstaltung im Mai 2013. Seit ein paar Tagen ist der Mitschnitt eines der meistgeklickten Youtube-Videos im Internet. Fast 2,5 Millionen Mal. Auch die Presse teilt inzwischen diese Begeisterung. Wahrhaftigkeit und Lebensweisheit wird ihr attestiert, Leidenschaft und Lebensfreude. Julia Engelmann macht Mut. Julia Engelmann spricht aus, was alle denken.



Julia Engelmann ist die Protagonistin eines der meistgeklickten Youtube-Videos

Keine sechs Minuten dauert der Auftritt. Julia Engelmann geht aus von einem Song, den der israelische Sänger Asaf Avidan sang, „One Day/Reckoning Song“. Der Refrain, ins Deutsche übertragen: „Eines Tages, Baby, werden wir alt sein, oh Baby, werden wir alt sein, und an all die Geschichten denken, die wir hätten erzählen können.“ Ein Mädchen – Julia Engelmann ist Jahrgang 1992 – bezichtigt sich und ihre Generation der Lethargie, der mangelnden Energie, der fehlenden Initiative, des Selbstbetrugs. Aber das mit aller poetischen Dynamik, in einem sagenhaften Tempo. „Ich bin ein entschleunigtes Teilchen ... Das mach ich später, ist die Baseline meines Alltags ... Ich bin so furchtbar faul wie ein Kieselstein am Meeresgrund ... Mein Leben ist ein Wartezimmer, niemand ruft mich auf. Mein Dopamin, das spar ich immer, falls ich’s noch mal brauch ...“ Ein Leben im Konjunktiv, lauter aufgeschobene, nicht verwirklichte Projekte, einmal einen Marathonlauf machen, die Buddenbrooks lesen. Das ist faul und feige, erklärt Julia Engelmann, „lass uns doch Geschichten schreiben, die wir später gern erzählen ... Mut ist auch nur ein Anagramm von Glück.“

Poetry-Slams sind Wettbewerbe, es herrscht dort stärkste Konkurrenz. Niemand geht da spontan hin, in aller Naivität. Julia Engelmann hat zwischen 2006 und 2010 am Theater Bremen geschauspielert, hat in den vergangenen Jahren bereits diverse Poetry-Slam-Wettbewerbe für sich entschieden. Vom Oktober 2010 bis Oktober 2012 spielte sie in der RTL-Soap-Serie „Alles was zählt“ die Eishockeyspielerin Franziska Steinkamp.

Julia Engelmann ist ein Profi auf der Bühne, ihre „Reckoning“-Nummer perfekt einstudiert, die Stimme, der Rhythmus, die Handbewegungen. Die Bedeutung, die sie ausstrahlt, ist exakt kalkuliert. Die neue Starpower des Internet unterscheidet sich nicht sehr von der alten. Und auch der virale Effekt, mit dem das Video sich innerhalb weniger Tage so massenhaft verbreitete, von immer mehr Teilnehmern angeklickt und weitergeleitet wurde, verdankt sich nicht der natürlichen Spontaneität von Julia Engelmann. Ihr Video wirkt durch die Ästhetik, nicht durch die Wahrhaftigkeit.

Jamaikas Bobteam fährt mit Spaßgeld nach Sotschi

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Eigentlich sollte das alles nur ein blöder Witz sein. Ein Webwitz unter Programmierern und Internetmenschen. Momentan sieht es aber danach aus, als würde dieser Witz entscheidend dazu beitragen, dass bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi wieder eine Bobmannschaft aus Jamaika an den Start geht. Eine Neuauflage von "Cool Runnings", sponsored by Internet.  

Doch von vorne. Im vergangenen Jahr wurde ziemlich viel über die Internetwährung Bitcoin gesprochen. Der Kurs des virtuellen Geldes stieg bisweilen enorm, in den USA zum Beispiel ist es mittlerweile als Währung anerkannt, in manchen Bars kann man damit Getränke kaufen, im Netz auch schon einiges mehr. Bitcoins erlebten einen Hype.  

Dieser Hype rief die Witzbolde auf den Plan. Billy Markus, Programmierer aus den USA, und der australische Marketingexperte Jackson Palmer dachten sich eine Parodie auf die In-Währung aus. Sie nannten sie Dogecoin, in Anlehnung an ein leicht beknacktes, aber gerade deshalb auch irgendwie lustiges Meme namens Doge. Es besteht – vereinfacht gesagt – aus Bildern, die eine bestimmte japanische Hunderasse zeigen, die treudoof dreinschaut. Die Bilder sind mit Satzfetzen angereichert, innere Monologe, die meistens die Begeisterung des Hundes für irgendwas ausdrücken und sich damit über etwas lustig machen, sei es Nicolas Cage, Wladimir Putin oder Fahrer protziger Geländewagen. Wichtig dabei: bunte Schriftfarben, die Wörtchen „Wow“, „Very“ und „Much“ sowie ein paar Schreib- oder Ausdrucksfehler.  





Das Gesicht dieses (netz-)weltberühmten Hundes wanderte also auf eine Münze, die Dogecoin. Natürlich nicht, ohne in der für das Meme typischen Manier die große Begeisterung auszudrücken: „Wow!“ „Very Currency!“ „Much Coin!“  

Das fanden ziemlich viele Menschen lustig, noch mehr Menschen wollten diese Witzwährung haben und investierten. So kam es, dass die Dogecoin rasant an Wert gewann, bisweilen sogar zulegte, als der Bitcoin-Kurs fiel. Im Dezember verübten Hacker eine Art virtuellen Einbruch und verschafften sich Zugang zu den digitalen Geldbörsen von Dogecoin-Nutzern – ein deutlicher Hinweis, dass die Währung inzwischen tatsächlich ernst genommen werden musste.  

Wie groß die Dogecoin-Community mittlerweile ist und wie stark ihre Durchschlagskraft, zeigte sich aber erst seit diesem Sonntag. Da wurde bekannt, dass sich erstmals seit 12 Jahren wieder eine jamaikanische Bobmannschaft für die olympischen Winterspiele qualifiziert hatte – ein Traum für Freunde von Außenseitergeschichten wie "Cool Runnings", dem Film, der auf der Geschichte des ersten jamaikanischen Olympia-Bobteams von 1988 basiert. Nur ist Sotschi ziemlich weit von Kingston entfernt und den Rodlern fehlte das Geld für die Reise. Es sah aus, als wäre der Traum von der Cool-Runnings-Neuauflage vorbei, bevor er so richtig begonnen hatte. Und hier kommt Dogecoin ins Spiel.  

Denn Liam Butler, Leiter der Dogecoin Foundation, hat neben seiner Vorliebe für seltsame Meme auch ein großes Faible für "Cool Runnings". Für jemanden wie ihn, der in den Neunzigern aufgewachsen sei, sei der Film die ultimative Geschichte über Underdogs, die ihren Traum verwirklichen, sagte er dem Guardian. Er rief also eine kleine Kampagne zur Unterstützung der Jamaikaner ins Leben: „Dogsled“ rief dazu auf, die Sportler mit Spenden zu unterstützen.





Die Dogecoin-Besitzer fühlten sich davon offenbar angesprochen: Binnen weniger Stunden kamen 26 Millionen Dogecoins zusammen. Das Bobteam, so wird berichtet, kann dadurch mit einer Spende von 25.000 US-Dollar rechnen. Momentan sieht es so aus, als sei damit – und mit anderen Crowdfunding- und Spendenaktionen – der nötige Betrag zusammen. Jamaika kann sein Team zu Olympia schicken. Der Doge würde wohl sagen: "Wow! Very success!"


"Fight Club", schlüpfrige Untertitel und Julia Böhmermann

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Wie „Fight Club" auch hätte aussehen können
http://vimeo.com/84546365
Als ich das erste Mal „Fight Club“ gesehen habe, war ich ungefähr 16 Jahre alt. Eine Freundin, die den Film mit mir gemeinsam ansah, war von der Handlung sichtlich verwirrt. Nach der entscheidenden Szene im Hotelzimmer fragte sie sehr vorsichtig „Ist der unsichtbar?“ in den Raum hinein. Lustige Frage – aber irgendwie hatte sie ja sogar Recht. Hier mal eine Vorstellung davon, wie der Film ausgesehen hätte, wenn der Point of View nicht der unseres geliebten Antihelden, sondern der eines nüchternen Passanten gewesen wäre. So, und wer hat jetzt alles Lust, sofort mal wieder „Fight Club“ zu gucken? Ich ja schon.  

"Kennst du den Ausdruck Bumsmäuschen? "
http://www.youtube.com/watch?v=Q8Ujii16aQw#t=119
Seit vergangenem Samstag haben der Film "Jungfrau (40), männlich, sucht..." und die Schweizer Sportsendung „Sport Aktuell“ eine Gemeinsamkeit: die Untertitel. Während der Sport-Moderator über Wintersport sprach und man Skiabfahrten sah, liefen dazu die Untertitel für Hörgeschädigte, die eigentlich zur genannten alternde-Jungfrau-will-entjungfert-werden-Komödie gehören. Sah dann so aus, als ginge es beim Skifahren ums „Vögeln“, um „Nippel“ und um „Bumsmäuschen“. Bloß eine Verwechslung, ein technisches Problem, sagt der Sender. Das schönste an diesem Nachrichtenbeitrag, der den Fall nacherzählt, ist allerdings gar nicht die Geschichte selbst, sondern die Art, wie der „Bereichsleiter Untertitelung“ darauf reagiert. Der ist nämlich weder peinlich berührt noch kreuzunglücklich, sondern findet das alles ziemlich witzig. Sympathisch. (Und falls hier jemand Schwizerdütsch spricht: Untertitel zu diesem Video wären auch ganz schön!)  

Viral, viral, wie geh'n alle viral
http://www.youtube.com/watch?v=R0UIZ5gaKsM
Na, Vorschaubild erkannt? Klar! Das ist Julia Engelmann und die kennen wir alle. Allerdings spricht sie hier mit der Stimme von Jan Böhmermann, der sehr schnell war und die erste Engelmann-Parodie geliefert hat. Denn nach dem Hype kommt die Memisierung. Wahrscheinlich werden in den kommenden Wochen haufenweise „One Day / A Reckoning Text“-Parodien aufploppen und dann noch ein paar und dann immer weniger und dann ist wieder Ruhe im Karton. Aber erstmal, Freunde, müssen wir (und auch Julia Engelmann, die ja am wenigstens dafür kann) jetzt eben noch durch die Meme-Phase, komme, was wolle, das ist das Gesetz des Internets, kann man nicht aufhalten. Also tief durchatmen und los geht’s!  

Peng! Peng! Peng!

http://vimeo.com/83514724
Diese drei Worte lösen in der jetzt.de-Redaktion seit Tagen einen hartnäckigen Marteria-Ohrwurm aus – passen aber auch zum folgenden Video. In dem nämlich was explodiert! Wir sehen hier eine Art synästhetisches Experiment mit dem Namen „The Sound of Taste“, in dem Gewürze in die Luft gejagt und mit Tönen verbunden werden. So, sagen die Macher, hört sich Geschmack an. Und so sieht er aus. Gewürze sprengen – kann Marteria vielleicht auch mal machen, wenn er wieder Langeweile hat, weil alle arbeiten.
 
Buh!
http://www.youtube.com/watch?v=g-KIcQSWSmQ
Hier noch das obligatorische Tiervideo. Diesmal: Die gruselige Katze, die gruselig guckt und sehr geheim aussieht. Wir glauben ja: Wenn sie uns ihr Geheimnis verraten würde, dann wäre es vermutlich dieses.

"Die Welt muss Stellung nehmen können"

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Wenn sich, wie jeden Januar, in einem Schweizer Bergdorf die mächtigsten Unternehmen der Welt hinter verschlossenen Türen treffen, verleiht eine Jury aus Wirtschaftsethikern den Preis für das "übelste Unternehmen des Jahres". In diesem Jahr haben Gazprom, BASF und die Fifa gute Chancen. Michael Baumgartner von Greenpeace organisiert die Preisverleihung mit. Im Interview erklärt er, warum das Weltwirtschaftsforum undemokratisch und gefährlich ist - und weshalb beim Umgang mit Großkonzernen Schimpfen sinnvoller ist als Loben.



"Es ist ja peinlich, wenn man erwachsene Menschen dafür belohnen muss, keine Kinderarbeit zuzulassen und die Umwelt zu respektieren."



jetzt.de: Beim Weltwirtschaftsforum, kurz WEF, treffen sich die Chefs der tausend weltweit größten Unternehmen mit Staatschefs. Was ist daran eigentlich so schlimm?
 
Michael Baumgartner: Dass es dort nicht nur um Firmengeschäfte geht, sondern um Weltpolitik. Darum, was Staaten tun können, um Firmen ihre Geschäfte zu erleichtern. Wenn diese Dinge auch für den Rest der Welt gut wären, hätten wir dagegen natürlich nichts einzuwenden. Aber die Interessen der internationalen Konzerne decken sich leider nicht mit denen von uns allen und der Umwelt. Es ist doch bezeichnend, dass einige der heute größten Konzerne mehr Geld zur Verfügung haben als mancher Staat.

Wo ist das Problem?
 
Dass die Firmen dadurch zum Teil viel mehr Macht haben als viele Länder. Dabei sind sie aber keine demokratischen Organisationen: Die CEOs werden nicht vom Volk gewählt, sondern angestellt, um Gewinn zu machen. In Davos treten die dann direkt an Staatschefs heran und bieten Investitionen im Gegenzug zu Gesetzen - die dann zum Beispiel das Abholzen von Regenwaldgebieten erlauben oder das Demonstrationsrecht von Umweltschützern beschneiden.

Die Regierungsvertreter sind aber doch demokratisch gewählt. Vertreten die das Volk nicht ausreichend?

Nicht unbedingt. Wenn Entscheidungen getroffen werden, die für sehr viele Menschen Folgen haben - warum nicht auch diese Menschen dabei haben, um das zu bezeugen und zu kommentieren, was dort besprochen wird? Warum nicht überhaupt das ganze WEF öffnen? Wir sollten doch gelernt haben: Die Welt muss Stellung nehmen können zu Dingen, die sie betreffen.

Immerhin gibt es im Rahmen des WEF das sogenannte "Open Forum", eine Art Bürgerveranstaltung für Kritiker...
 
...und wenn man sich deren Programm mal anschaut, muss man schmunzeln! Es kann nicht sein, dass eine so alte Organisation wie das WEF...

...das es seit 1971 gibt...
...nur die Sonnenseite seiner Mitglieder beleuchtet. Und nicht die Schattenseite, die immer größer wird: Die Schäden, die die Mitglieder des WEF auf der ganzen Welt hinterlassen, müssten angegangen werden. Vom WEF selbst, nicht als ausgelagerte Alibi-Veranstaltung.  




Michael Baumgartner ist bei Greenpreace Schweiz zuständig für Unternehmensverantwortung. Und damit auch für den "Public Eye Award".


Ihre Plattform verleiht deshalb seit 2005 den Preis für das "übelste Unternehmen des Jahres"...

...der mittlerweile der bekannteste internationale Schmähpreis ist, sozusagen das, was die Goldene Himbeere für die Filmwelt ist.  

Bewirkt der Preis etwas?  
Und ob: 2012 hat die britische Großbank Barclays den Jurypreis für seine Lebensmittelspekulationen bekommen. Ein paar Monate danach gab sie bekannt, dass sie sich aus dem Bereich zurückzieht. Natürlich nicht nur wegen unseres Awards, aber doch wohl auch, weil die Kampagne gegen die Bank durch den Preis große Aufmerksamkeit bekam.  

Vergangenes Jahr hat Shell gewonnen.
 
Da konnten wir leider keinen Erfolg verbuchen, Shell lässt immer noch nicht von der Arktis ab.  

Der Ölkonzern hat schon zweimal gewonnen, 2005 das erste Mal. Müssten die Preisträger nicht eigentlich jedes Jahr dieselben zehn Großunternehmen sein?

Nicht unbedingt, in unserer "Hall of Shame" tauchen aber immer wieder dieselben Namen auf. Und unsere Shortlist wird jedes Jahr etwas länger. Wir nominieren grundsätzlich nur Firmen, gegen die es schon Kampagnen gibt – die Preise helfen also den Kampagnen. Und die wiederum wenden sich ja nicht immer gegen Vorkommnisse aus dem laufenden Jahr: Wenn ein Konzern einen Berg abträgt, um Bodenschätze zu gewinnen, ist das ein jahrelanges Projekt.    

Es gibt einen Jury- und einen Publikumspreis. Worin unterscheidet sich die Meinung der Laien von dem, was die Experten für das "übelste Unternehmen" halten?
 
Das Publikum stimmt mehr spontan ab. Da kommt es vor allem darauf an, wie viele Unterstützer die einzelnen Kampagnen in den Sozialen Medien haben. In der Jury sitzen Fachleute für Wirtschaftsethik, die sehen alle Dokumente durch und entscheiden sehr fundiert, was in welchem Kontext ethisch besonders bedenklich ist.

Die offene Abstimmung läuft noch bis Mittwoch. Aktuell liegt Gazprom vorne, nominiert wegen seiner Ölbohrungen in der Arktis. Auf Platz zwei folgen Syngenta, Bayer und BASF für ihre "Bienenkiller"-Pestizide. Die Fifa ist auf Platz drei. Warum gerade diese Reihenfolge?

Die Verhaftung der Greenpeace-Aktivisten in der Arktis war überall in den Medien und ist immer noch aktuell. Gazprom hat ja seine Bohrungen in der Arktis im Dezember aufgenommen. Die Vorwürfe gegen die Fifa indes sind nicht neu.

Wird sich die Jury auch für Gazprom entscheiden?

Das wissen wir am Mittwoch.

Ich nehme an, die Konzerne nehmen den Preis nicht selbst entgegen?
Fast nie. Viel wichtiger ist aber, dass die Kampagnen erfolgreich sind. Mittlerweile werden die Preise von den meisten Unternehmen nicht mehr ignoriert, sie reagieren darauf, indem sie Gegendarstellungen schreiben.

Bis vor fünf Jahren gab es noch einen Positivpreis für besonders vorbildliche Konzerne. Ist Loben pädagogisch nicht sinnvoller als Schimpfen? 
Schon, aber was, wenn ein Unternehmen zum Beispiel seine Ölbohrungen aus Klimaschutzgründen aufgibt, den Preis bekommt, und ein Jahr später weiterbohrt? Der Hauptgrund ist aber: Die Wirtschaft gibt sich genug positive Preise. Ob die das Plakettchen wert sind, auf das sie gedruckt sind, möchte ich bezweifeln. Und es ist ja auch ein bisschen peinlich, wenn man erwachsene Menschen dafür belohnen muss, Mitarbeiter anständig zu entlohnen, keine Kinderarbeit zuzulassen, die Menschenrechte und die Umwelt zu respektieren. Das müsste eigentlich selbstverständlich sein.

Smarties schnupfen

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Ob Popeln oder Smarties schnupfen, beides macht Spaß.

Man kann ja viel durch die Nase ziehen. Kondome, Kokain, Erbsen oder Fruchtgummi-Schnüre. Das amerikanische Nachrichtennetzwerk CBS meldet nun, dass Schüler in Portsmouth, Rhode Island diese Range um eine Idee erweitert haben: Smarties.  

Nun drücken sich die amerikanischen Kids keine Schokolinse in die Nase. Smarties sind in den Staaten Brausetabletten mit verschiedenen Geschmacksrichtungen. Wahrscheinlich mit genauso viel Zucker wie der Namensvetter. Deswegen haben die Eltern der Kinder, die die Teilchen zerkleinert und durch die Nase gezogen haben, eine Benachrichtigung der Schule erhalten. Denn: Der Konsum kann Nasennebenhöhlen und Lungen entzünden oder Allergien hervorrufen, wie dieses Video eindrücklich erklärt. 

Dass Jugendliche sich gern diverse Lebensmittel in Körperöffnungen einführen, ist nicht neu. Früher gab es dafür Puderzucker oder Ahoi-Brause. Ebenso wenig überraschend ist, dass Jugendliche gern Dummheiten anstellen. Dinge ausprobieren. Ekel überwinden (Regenwürmer schlucken) oder Schmerzgrenzen austesten. Zum Beispiel Brandings: brennende Zigaretten auf der Haut ausdrücken. Eine beliebte Mutprobe in meiner Jugend, die ich bestanden habe. War nicht so schön. Ist auch nicht sonderlich gut für die Haut, die Narben habe ich heute noch.

Welchen Blödsinn hast du in deiner Schulzeit angestellt? Und welche Auswirkungen hatten deine Dummheiten? Welche Mutproben hast du bestanden, welche Süßigkeit durch die Nase gezogen? Hast du heute noch Narben davon oder verspürst einen Ekel vor Erdbeergummi-Schnüren? 

Tüftler fürs Sinnliche

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Da sitzt er also und wirkt so unscheinbar wie ein Familienvater, der zum Elternabend geht. Das Hemd unter einem grünen Pulli verborgen, dunkle Hose, bequeme Schuhe. Tony Fadell, der Mann, der seine Idee von Thermostaten und Rauchmeldern, die nicht nur smart, sondern auch noch schön sind, gerade für 3,2 Milliarden Dollar an Google verkauft hat.

Er könnte stolz sein, dass sich eines der erfolgreichsten Technologieunternehmen der Welt ausgerechnet für ihn interessiert. Er könnte wehmütig sein, weil er nun nicht mehr Herr über eine wendige Mannschaft von 300 Mitarbeitern ist, sondern nur noch einer von mehr als 50000 Angestellten in einem Konzern, in dem andere Spielregeln gelten.

Und was denkt er nun, eine knappe Woche nachdem der Deal verkündet wurde?

„So viel hat sich gar nicht geändert.“

Es gibt Firmen, die Google geschluckt und groß gemacht hat. Und es gibt Firmen, die Google geschluckt und plattgemacht hat. Fadell, 44, weiß noch nicht, zu welcher Sorte seine vor gut drei Jahren gegründete Firma Nest gehören wird. Er habe, so sagt er, dieses Vertrauen, dass er nun Dinge erschaffen kann, die die Welt verändern.

Die Übernahme durch Google sei wie eine Hochzeit, sagt er. „Die Unterschrift unter dem Deal, das ist nur ein Dokument.“ Aber ob man wirklich gemeinsam durch dick und dünn gehen will, das überlege man sich doch vorher. Und zwar gründlich. Es sei ihm nicht um das Geld gegangen, sondern um die Beziehung. „Am Ende ist Geld eben doch nur Geld. Es kommt darauf an, was man damit macht.“ Risikokapitalgeber, die sein Unternehmen bislang unterstützt haben, die könnten ihm nicht den Zutritt zu Fabriken verschaffen, nicht zu Rechenzentren in allen Ecken der Erde, argumentiert er. Sie könnten nicht den guten Draht zu Politikern vermitteln und auch keine talentierten Entwickler. Google schon, das will er sagen, auch wenn er es nicht offen ausspricht. „Wenn man nur des Geldes wegen heiratet, wird man in der Regel nicht sehr glücklich.“



Tony Fadell, der Gründer von Nest, hat seine Firma gerade an Google verkauft und hofft nun,  jenseits der USA zu expandieren.

Mit Dingen, die die Welt verändern, kennt sich Fadell aus. Und auch damit, die Menschen von diesen Dingen zu überzeugen, wenn noch gar nicht zu erkennen ist, wie mächtig das, woran er da tüftelt, einmal werden kann. Vielleicht wirkt er auch deshalb so gelassen. Das Leben hat es bislang recht gut mit ihm gemeint. Seit Anfang der Neunzigerjahre ist er im Silicon Valley, dem Tal der technologischen Innovationen. Vorhin auf der Bühne der Konferenz DLD in München hat er gesagt, dass er diesen Milliardendeal eigentlich verdient habe. Die Moderatorin hat gelacht. Im Publikum haben manche laut geklatscht, manche fanden das aber auch eine Spur zu arrogant. Dabei ist Fadell keiner, der daran glauben würde, dass es eine höhere Gerechtigkeit gibt, die dafür sorgt, dass jeder irgendwann mal dran ist. Er glaubt an den Kapitalismus. Daran, dass man hart arbeiten muss für seinen Erfolg. Der Erfolg von Nest, der „basiert nicht auf Glück, nicht auf ...“ Er reißt die Arme empor und posaunt ein „Ooooh!“ heraus, um die Aufregung nachzuäffen, für die der Milliardendeal in der vergangenen Woche gesorgt hat. „Unser Erfolg basiert auf harter Arbeit.“

Seinen Sinn für Tüfteleien hat Tony Fadell von seinem Großvater. Der Leiter eines Schulbezirks im US-Bundesstaat Michigan, unweit der Großen Seen, ermunterte seinen Enkel, alle möglichen Dinge zu basteln bis hin zu ferngesteuerten Autos. Einen Computer benutzte der alte Mann zwar nie, Tony Fadell ziehen sie in ihren Bann. Sein erstes Patent meldet er als Teenager an – einen neuen Prozessor für den Apple-II-Computer. Noch während er an der University of Michigan Computerwissenschaften studiert, tüftelt er nebenbei an einigen Unternehmen. Mal geht es um Lernsoftware, mal um einen tragbaren Computer im Taschenformat.

Nach dem Studium heuert Fadell bei einigen Technologiefirmen an. Er arbeitet lange bei Philips. Und irgendwann um die Jahrtausendwende hat er diese Idee von einem tragbaren Musikspieler – und dem dazu passenden Internetladen, in dem man seine Lieblingsstücke als einzelne Dateien kaufen könnte. In mehreren Unternehmen stellt er seine Idee vor. Alle winken ab. Dann klingelt mitten im Skiurlaub sein Handy: Apple ist interessiert. Fadell geht also mit Anfang 30 zu dem Konzern, der damals tief in der Krise steckt. Und er macht innerhalb von sechs Monaten aus seiner Idee ein Produkt, das die Unterhaltungsindustrie umkrempelt: den iPod.

Steve Jobs, so hat Fadell einmal gesagt, habe ihn gelehrt, wie wichtig es ist, sich ganz genau anzusehen, wie die Menschen mit einem Gerät umgehen – und dabei auch auf die vermeintlich kleinen Dinge wie die Verpackung zu achten. Und noch etwas hat Fadell von dem Gründer und langjährigen Apple-Chef gelernt: dass es einen Menschen geben muss, eine Art Richter, der letztlich entscheidet, wie ein Produkt auszusehen hat – kein Team mit mehreren gleichrangigen Mitgliedern. Vielleicht ist er auch deshalb weitergezogen. Weil er der oberste Richter sein wollte, was er bei Apple nicht so einfach hätte werden können. Zwar leitete Fadell die iPod-Sparte, verantwortete dort 18 Versionen des Musikspielers. Doch es lief nicht gut zwischen ihm und der Führungsriege des Konzerns. Und so verabschiedete er sich, um eineinhalb Jahre später gemeinsam mit Matt Rogers in einer Garage in Palo Alto Nest zu gründen. Auch Rogers kommt von Apple. So wie etwa jeder Dritte bei Nest. Man sieht das den Thermostaten an ebenso wie dem Rauchmelder, der im vergangenen Herbst folgte: Die Geräte sind von einer schlichten Schönheit, intuitiv bedienbar. Das Thermostat von Nest ist eine etwas dickere Scheibe und verfügt über zwei Funktionen: drehen, um die Temperatur nach oben und unten zu regulieren, und drücken, um in ein Menü zu gelangen.

Fadell nennt sich selbst einen „studierten Ingenieur und selbst ernannten Designer“. Wenn er jemanden besucht, endet das schnell mal in einem Verkaufsgespräch, denn Fadell hat oft etwas auszusetzen. „Ich war kürzlich im Büro von jemandem“, erzählt er, „das sah wunderschön aus. Die Vertäfelung, ein Traum. Hier ein Bild von Matisse, da eines von Picasso – alles ganz fabelhaft. Aber dann, direkt neben diesem Bild ...“, Fadell tut jetzt so, als ob er sich persönlich gekränkt fühlt und deutet mehrfach auf eine Wand, als ob er direkt davor stünde, „... ist dieses hässliche beige Thermostat.“ Fadells Hand hängt in der Luft, jederzeit bereit, das Ding aus der Wand zu reißen. Wie kann es sein, fragt er, dass Thermostate, die für den Energieverbrauch so zentral sind, derart schnöde und unbedienbar seien? Fadell spricht den Mann im Büro darauf an, der findet das Thermostat auch hässlich – und zack, ein Kunde mehr.

In jungen Jahren ist Fadell mit seiner aufbrausenden, auch belehrenden Art bei älteren Kollegen auch angeeckt. „Ich musste erst lernen, meine Emotionen zu kontrollieren“, gibt er später zu. Aber manchmal gewinnen die Gefühle doch. Die Leidenschaft ebenso wie die Wut. Wenn er eine Frage für abwegig hält, dann zeigt er das. Zum Beispiel, wenn man von ihm wissen will, ob das wirklich eine gute Idee ist, ausgerechnet mit Google, jenem Datenkraken, vor dem sich die Deutschen gruseln, die Hoheit über die hiesigen Heizungen erobern zu wollen.

Frage: Werden die Daten, die Nest sammelt, an Google weitergegeben? Das Thermostat passt sich schließlich den Gewohnheiten der Menschen an, und das funktioniert nur, wenn es viele Daten sammelt. Google seinerseits macht sein Geld praktisch ausschließlich damit, Daten zu sammeln – und so sein Werbegeschäft zu optimieren. Die Frage, was mit den Daten passiert, ist also zentral.

Sein erstes Patent meldete er schon als Teenager an – für einen Prozessor

Fadell beteuert, dass er die Sorgen verstehe. Und dass er sie ernst nehme. Aber sein Gesicht sagt etwas anderes. Er legt die Stirn in Falten, kräuselt die Lippen – und formt damit dann ein spöttisches Grinsen. Die Menschen, so formuliert er es schließlich, fürchten sich nicht vor etwas, das passiert, sondern vor etwas, das passieren könnte. „Aber in dieser Welt könnte nun einmal eine ganze Menge passieren.“

Immerhin, auf der DLD-Konferenz gibt Fadell nun ein Versprechen: Sollte es Änderungen in den Nutzungsbestimmungen von Nest geben, dann würden diese transparent kommuniziert und nur dann umgesetzt, wenn die Nutzer sich dazu bereit erklären. Das ist wenig. Denn die Frage, ob es möglich sein wird, das Thermostat oder den Rauchmelder auch dann ohne Einbußen nutzen zu können, wenn man der Änderung nicht zustimmt, bleibt unbeantwortet.

Nest steht damit nicht allein da: Immer mehr Menschen misstrauen Technologieunternehmen – und zwar zu Recht. Die Firmen versprechen regelmäßig, nichts Böses zu tun. Später aber, wenn der eigene Dienst dann populär wird, wollen sie von ihren Kunden doch immer mehr Daten. Sie sind in der besseren Verhandlungsposition, schließlich besitzen sie das Produkt, an das sich die Kunden in all den Jahren gewöhnt haben. Gebt uns eure Daten – und wir machen euer Leben leichter. Das ist der Deal. Auch Fadell ist sich dieses Misstrauens bewusst. Er sagt: „Ich weiß nicht, was ich machen könnte, außer alles transparent zu kommunizieren.“ Vertrauen brauche nun einmal Zeit. Und diese Zeit beginnt jetzt.

Das Folterschiff

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Der Angeklagte soll im Jahr 2010 vor der somalischen Küste einer der Hauptverantwortlichen für die Entführung des Chemietankers 'Marida Marguerite' gewesen sein. Jetzt steht er in Osnabrück vor Gericht.

Die Fleischkammer bleibt in Erinnerung, von der ein Seemann nach seinem Martyrium erzählte, dieser gekühlte kleine Raum, wo das Fleisch für die Mahlzeiten an Bord lagert. Sie zogen ihm das T-Shirt aus, die Hose herunter, sie fesselten ihm die Hände hinter dem Rücken mit Kabelbindern. Dann stießen ihn die Piraten hinein. Als er herumhüpfte bei minus 17 Grad, um nicht zu erfrieren, öffneten sie noch einmal die Tür und fesselten ihn an einen Fleischhaken, eine halbe Stunde lang vielleicht. So erzählt es der ukrainische Chefingenieur der Marida Marguerite, dem Tanker einer Reederei aus Haren an der Ems, der 2010 für 234 Tage in den Händen somalischer Piraten war. Seither nennt man ihn: das Folterschiff.

Und dieser Mann nun soll der Anführer sein? Eine unscheinbare Person im Kapuzenpullover tritt am Dienstag ins Osnabrücker Landgericht, schüchtern lächelnd, Brillenträger. Einen Oberpiraten stellt man sich furchteinflößender vor. Der Somalier versteht kein Wort von der Anklage, die Oberstaatsanwalt Hubert Feldkamp verliest, Grausamkeiten in Kurzform: Die Scheinhinrichtung des Kapitäns; der Chefingenieur, kopfüber über die Reling gehängt; „mit Kabelbindern abgebundene Genitalien.“

Der Somalier sei dabei der Investor gewesen, sagt der Ankläger. Er habe die Entführung finanziert, die Kalaschnikows und Panzerfäuste, die kleinen Boote, die Kaudroge Kath, was man so braucht als Kidnapper. Er sei regelmäßig auf der Marida Marguerite gewesen „und führte in dieser Zeit das Kommando über die übrigen Kommandeure und Piraten“. Kurz: Er war der Chef. Jetzt ist er angeklagt wegen Angriffs auf den Seeverkehr, erpresserischen Menschenraubs, Erpressung und gefährlicher Körperverletzung. Ihm drohen fünf bis 15Jahre Haft, falls er verurteilt wird.

Falls. Schon als der Vorsitzende Richter Dieter Temming den Angeklagten nach seinem Namen fragt, wird es kompliziert. Salaax heiße er, so lässt es der Somalier den Übersetzer buchstabieren. Einen Nachnamen bleibt er schuldig, auch dann, als ihm das Gericht Strafe androht. In der Anklageschrift finden sich gleich vier mögliche Namen von ihm. Das Gespinst aus Ungewissheiten beginnt schon bei der Frage, wie dieser Mann eigentlich heißt.

In Gießen nahm ihn die Polizei vergangenen Mai fest, nachdem er Asyl beantragt hatte. Er kam als Flüchtling und ahnte nicht, dass seine Fingerabdrücke gespeichert waren, dass Ermittler des niedersächsischen LKA sie in penibler Arbeit gesammelt hatten, als sie das höllisch stinkende Schiff absuchten. Seine Fingerabdrücke fanden sie mehrmals an Bord. Auch auf einem Notizbuch, in dem die Geiselnehmer das Lösegeld von fünf Millionen Dollar aufgeteilt hatten. Nur – was beweist das?

Zuerst stritt der Somalier alles ab. Dann behauptete er, er sei nur kurz als Friseur und Hilfskoch auf dem Schiff gewesen. „Wer er wirklich ist, ist so unklar wie eh und je“, sagt sein Verteidiger Jens Meggers. Er forderte zum Prozessauftakt die Einstellung des Verfahrens. Die Anklage stütze sich auf unzulässige Quellen, auf ein Foto zum Beispiel, vom niedersächsischen Landeskriminalamt in verdeckter Informationsgewinnung beschafft. Das LKA habe kein Recht, seine „dubiosen Quellen“ zu verschweigen, sagt der Anwalt, so könne er seinen Mandanten nicht verteidigen. „Wir können uns nicht vorstellen, dass das LKA Niedersachsen über einen V-Mann bei den somalischen Piraten verfügt“, spottet er. Eher stammten die Erkenntnisse von US-Geheimdiensten. So kommen womöglich noch CIA und NSA ins Spiel.

Wenn der Prozess nicht gleich zu Beginn platzen sollte, wird es ein langwieriger. Die wichtigsten Belastungszeugen, die den Somalier als Commander beschuldigten, fahren als Seemänner um die Erde. Oder sie sitzen als verurteilte Piraten in US-Gefängnissen. Ob das Gericht sie anhören kann, weiß niemand. Und keiner kann sagen, ob Chefingenieur Oleg D. noch einmal von der Fleischkammer erzählen will und davon, wie sie ihn über die Reling abseilten, dem Wasser entgegen.
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