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Schulverweis

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Eine Mittelschule irgendwo in Bayern: Vier Jugendliche stehen im Halbkreis um einen Jungen. Sie haben ihn in eine Ecke gedrängt, es gibt keinen Ausweg. Die Vier schubsen den Buben immer wieder gegen die Wand. Der versucht noch zu grinsen und sich seine Angst nicht anmerken zu lassen. Dann schlagen die Jugendlichen zu. Einer nimmt alles mit seiner Handykamera auf. Kurze Zeit später ist die Szene weltweit auf Youtube zu sehen. „Das war krass“, sagt Burak Sahin, Landesschülersprecher für Berufliche Schulen in Bayern, der das Ganze damals miterlebt hat.

Vorfälle wie dieser waren der Grund für das Handyverbot, das seit Herbst 2006 an allen bayerischen Schulen gilt. „Im Schulgebäude und auf dem Schulgelände sind Mobilfunktelefone und sonstige digitale Speichermedien, die nicht zu Unterrichtszwecken verwendet werden, auszuschalten“, heißt es seitdem in Artikel 56 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen. Es dürfte das am häufigsten missachtete Verbot an bayerischen Schulen sein.



Störquelle: Das Smartphone. Über Programme wie WhatsApp kommunizieren viele Schüler im Unterricht - Verboten zum Trotz.

„Mindestens zwei Drittel der Schüler haben ihr Handy während des Unterrichts nicht ab-, sondern nur auf lautlos geschaltet“, schätzt Fabian Geyer. Er ist 26 und macht gerade auf der BOS sein Abitur. In jeder Unterrichtsstunde seien mindestens drei Schüler unter der Bank mit ihrem Handy beschäftigt. „Sie simsen oder schauen einfach nur, wie das Wetter wird“, sagt Geyer, der das Verbot zumindest für ältere Schüler für „völlig überzogen“ hält. Einige Lehrer machten sogar in den Pausen Kontrollgänge. „Wer mit Handy erwischt wird, bekommt sofort einen Verweis.“ Neulich hat Geyers Handy mitten im Unterricht geklingelt, weil er vergessen hatte, das Gerät auf stumm zu schalten. Der Lehrer nahm es ihm ab. Es war Mittwoch, am Freitag sollte er es zurückbekommen. Geyer drohte mit Polizei und Anwalt. Schließlich bekam er sein Handy noch am selben Tag zurück.

„Wenn es im Unterricht läutet, muss der Schüler sein Handy abgeben“, sagt Michael Fröhlich, der an einem Münchner Gymnasium Mathe und Physik unterrichtet und medienpädagogischer Berater für die Gymnasien in Oberbayern Ost ist. Reines Verbieten ist aus seiner Sicht aber zu wenig. Für ihn gilt das alte pädagogische Prinzip: Wer ein Verbot ausspricht, muss es auch durchsetzen können. Und genau das wird bei der Nutzung von Handys immer schwieriger. Immerhin besitzen mittlerweile 99 Prozent der Mädchen und 94 Prozent der Buben im Alter zwischen zwölf und 19 Jahren ein Mobiltelefon. Und nur die wenigsten vergessen, das Gerät auf lautlos zu schalten oder lassen aus Versehen den Vibrationsalarm an.

„Das Verbot löst die Probleme nicht“, sagt auch Johannes Philipp, Referent für Medienpädagogik an der Akademie für Lehrerfortbildung in Dillingen. Eines der größten ist nach wie vor Mobbing: Da wird ein Schüler, der ein Referat hält, heimlich mit der Handykamera fotografiert, das Foto so bearbeitet, dass das Gesicht zur Grimasse verzerrt ist und anonym über das Programm WhatsApp an zehn weitere Handys geschickt, von wo aus das Foto dann wieder weitergeleitet wird. Noch bevor der Betroffene seinen Vortrag beendet hat, lacht sich die ganze Schule über ihn schlapp. „Den Kindern muss klar gemacht werden, welchen Schaden sie mit so etwas anrichten“, sagt Fröhlich. Den meisten sei das nicht bewusst, auch weil sie die Reaktion ihres Opfers gar nicht mitbekommen.

Auch die alten Schülerstreiche wie etwa Kreide auf den Lieblingsplatz des Lehrers zu schmieren, bekommen durch die neue Technik größere Wucht: Innerhalb von Sekunden sieht nicht nur die Klasse, sondern die ganze Schule den Fleck auf der Hose. „Es wird alles angestellt, was geht, und sogar noch ein bisschen mehr“, sagt Philipp. Auch Spicken hat in Zeiten des Smartphones ganz neue Dimensionen bekommen: Hefteintrag oder Buchseiten fotografieren, „rechts einmal rüberwischen, das war’s schon“, sagt Sahin. Ihm selbst ist aber das Risiko zu groß, denn heute wie früher gilt: Wer erwischt wird, bekommt eine Sechs. Viele Lehrer sammeln die Handys ihrer Schüler vor Prüfungen deshalb ein und legen sie vorne aufs Pult. Allerdings kommt es nicht selten vor, dass Schüler brav ihr altes Tastenhandy abgeben und unter der Bank das internetfähige Smartphone liegt.

„Es ist schwierig, etwas zu verbieten, was aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken ist“, sagt Fröhlich. Es komme darauf an, Missbrauch zu unterbinden und das Gerät auf sinnvoller Ebene interessant zu machen. Seine Schüler dürfen ihr Handy zum Beispiel nutzen, um im Physikunterricht die Zeit zu stoppen, die Autos brauchen, um eine bestimmte Strecke zurückzulegen. Aus diesen Daten berechnen die Jugendlichen dann die Geschwindigkeit. In den Fremdsprachen können Handys benutzt werden, um Interviews oder Theaterstücke aufzuzeichnen und anschließend die eigene Aussprache zu kontrollieren. „Viele Lehrer wissen gar nicht, dass die Handys der Schüler im Unterricht genutzt werden dürfen“, sagt Philipp. Der zweite Teil des Handyverbot-Gesetzes lässt aber genau das zu: „Die unterrichtende oder die außerhalb des Unterrichts Aufsicht führende Lehrkraft kann Ausnahmen gestatten.“

Vorsicht, spielende Kinder!

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Der finanzielle Verlust mag nicht weiter ins Gewicht fallen, der Image-Schaden dafür umso mehr: 32,5 Millionen Dollar muss Apple einigen seiner US-Kunden erstatten – oder besser gesagt, den Eltern dieser Kunden. Denn der Konzern hat es Kindern nach Ansicht der US-Aufsichtsbehörden allzu leicht gemacht, unbemerkt auf Shopping-Tour zu gehen. In zunächst kostenlosen Spiele-Apps kauften die Kinder für jeweils ein paar Dollar Zusatzfunktionen: Virtuelle Möbel etwa, Haustiere oder mehr Zeit zum Erreichen eines Spiel-Ziels. Wie Eltern sich vor unangenehmen Überraschungen schützen können.



Erst umsonst, dann teuer: Haben Kinder mit einem Spiel begonnen, ist die Versuchung groß, Zusatzfunktionen zu kaufen.

Dürfen Kinder überhaupt im Internet Apps oder Waren einkaufen?

Für unter 18-Jährige ist es in Deutschland laut Gesetz nicht möglich, einen wirksamen Kaufvertrag zu schließen. Es sei denn, sie haben die Einwilligung ihrer Eltern oder sie bezahlen bar mit ihrem Taschengeld. Das heißt: Im Netz kommt ein wirksamer Vertrag nur bei Zahlung per Vorkasse zustande.

Warum verhindern die Internet-Händler dann nicht Käufe durch Kinder?

Viele Händler legen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen fest, dass Verkäufe an Minderjährige ausgeschlossen sind. Eltern müssen den Kauf genehmigen, sonst ist er unwirksam. Allerdings haben viele Online-Shops keine Alters-Verifizierungs-Verfahren, mit dem sie die Volljährigkeit ihrer Kunden prüfen – obwohl das Jugendschutzgesetz genau das den Händlern eigentlich vorschreibt. So wird es Kindern oft sehr leicht gemacht ein Kundenkonto bei einem Internethändler zu eröffnen. Zwar sind eine Kreditkarte oder ein Paypal-Konto erst mit 18 Jahren erlaubt, aber bereits ab zwölf Jahren dürfen Kinder mit Einwilligung der Eltern ein Girokonto mit einer Bezahlkarte eröffnen, ab 14 Jahren eine Prepaid-Kreditkarte ihr Eigen nennen.

Was können Eltern tun, wenn ihre Kinder Waren im Internet bestellt haben?

Da Kaufverträge mit Minderjährigen rechtlich unwirksam sind, trägt das Risiko immer der Internethändler. Das heißt, dass Eltern beispielsweise von Kindern bestellte Ware nicht zurückschicken müssen.

Gibt es eine Handhabe gehen Online-Händler, die Kindern Ware verkaufen?

Zwar können laut Gesetz Bußgelder von bis zu 50000 Euro verhängt werden. Doch wenn Händler überhaupt belangt werden, liegen die Strafen im lediglich drei- bis vierstelligen Bereich. Für die Einhaltung des Jugendschutzes sind die Bundesländer verantwortlich und jedes Land regelt dies unterschiedlich. Zudem klagen die betreffenden Ämter über fehlendes Personal für eine wirksame Kontrolle.

Wie kann ich technisch verhindern, dass mein Kind Geld in iPhone-Apps ausgibt?

Gerade Apple macht es seinen Kunden ziemlich einfach. So lässt sich einstellen, dass für jeden Kauf in einer App ein Kennwort eingegeben werden muss. Danach kann 15 Minuten lang beliebig eingekauft werden, ehe erneut das Kennwort fällig wird. Käufe lassen sich im iOS-Betriebssystem auch ganz deaktivieren. Dazu findet sich in den Einstellungen das Untermenü „Allgemein“ und darin der Menüpunkt „Einschränkungen“. Klickt man diesen an, findet sich ein Schalter, mit dem sich die Käufe in Apps deaktivieren lassen. Damit schützen sich auch Eltern selbst vor versehentlichen Klicks. Außerdem lässt sich über „Einschränkungen aktivieren“ ein Code vergeben, der bei Versuchen, diese Einstellung zu ändern, abgefragt wird.

Und wie funktioniert das mit Android-Telefonen und -Tablets?

Hier lassen sich In-App-Käufe nicht ganz ausschalten, allerdings ebenfalls mit einem Passwort schützen. Dazu öffnen Sie den „Play-Store“ auf dem Android-Gerät und gehen dort in die Einstellungen. Im Abschnitt „Nutzersteuerung“ findet sich die Option „Passwort zur Beschränkung von Käufen verwenden“. Ist diese aktiviert, wird in Zukunft vor jeder Zahlung das Google-Passwort abgefragt. Anschließend können Sie 30 Minuten einkaufen, ehe Sie das Passwort erneut eingeben müssen.

Im großen schwarzen Loch

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Polizisten erwiesen ihrer Kollegin Kiesewetter die letzte Ehre. Ihr Kollege Martin A. hat den Anschlag des NSU-Trios überlebt und steht nun als Zeuge vor Gericht.

Es ist ein ungewöhnlich warmer Apriltag, als die jungen Polizisten Martin A. und Michèle Kiesewetter eine Pause einlegen. Bei einer Bäckerei haben sie sich Snacks gekauft, dann fahren sie zur Theresienwiese in Heilbronn. Sie parken den Streifenwagen neben einem Trafohaus, hier wollen sie in Ruhe essen und rauchen. „Und dann hört es auch schon langsam auf“, sagt Martin A. am Donnerstag im NSU-Prozess. Er weiß nicht mehr, was passiert ist, es ist da nur ein schwarzes Loch in seiner Erinnerung.

Die Fenster des Streifenwagens waren heruntergekurbelt, auch die Türen standen wohl offen. So haben es die Ermittler rekonstruiert. Plötzlich müssen von hinten zwei Männer gekommen sein. Sie treten an die Beamten heran und schießen ihnen direkt in den Kopf. Michèle Kiesewetter, 22, ist tot, als die Notärztin eintrifft. Martin A., damals 24 Jahre alt, überlebt wie durch ein Wunder.

Wochenlang liegt er im Koma. Als er wieder zu Bewusstsein kommt, will man ihn zunächst schonen. Es gibt keinen Spiegel in seinem Zimmer, kein Radio, keinen Fernseher. Ihm wird gesagt, es habe einen Unfall gegeben. Doch was am 25. April 2007 geschah, war kein Unfall, sondern ein Mordanschlag, verübt vom NSU. Die Neonazis hassten den Staat, hasten die Polizei. Im Schlussbild ihres Bekennervideos zeigen sie als Trophäe die Dienstpistole, die sie dem niedergeschossenen Martin A. entrissen haben.

Nun sitzt der Beamte als Zeuge vor Gericht, er ist jetzt 31 Jahre alt, ein bescheidener, etwas schüchterner Mann, der wenig Aufhebens um sich und sein Schicksal macht. Dabei wurde ihm der Schädel geöffnet, wurden Muskeln vom Schenkel in den Kopf verpflanzt. Was er überstanden hat, kann sich niemand vorstellen. Und dann der seelische Schmerz: Der Dienst bei der Polizei war sein Traum von Kindheit an. Dann hatte er die Kugel im Kopf. Er kann nur noch im Innendienst arbeiten. Vor Gericht sagt Martin A.: „Mir hat es mein Herz zerrissen.“

Dennoch wirkt er gefasst, berichtet von seiner Leidensgeschichte in klaren Sätzen, ohne einen Ton des Jammerns. Er sei wohl eher ein „Tiefstapler“, sagt er. Und: „Ich hatte noch nicht wirklich Zeit zu trauern.“

Nur wenige Meter entfernt von dem Beamten sitzt die Angeklagte Beate Zschäpe und hört aufmerksam zu. Ihren Laptop hat sie zugeklappt, die Hände unter dem Tisch verborgen. Ihre Freunde Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt sollen die Schüsse abgefeuert haben, die Anklage hält Zschäpe für eine Mittäterin.

Martin A. hat noch immer keine Erklärung für den Anschlag. „Das Motiv fehlt bis heute“, sagt er. Er hat versucht, sein Leben irgendwie weiter zu führen. Er ist wieder zur Arbeit gegangen, hat sogar an der Polizeihochschule studiert, um in den gehobenen Dienst zu kommen. Aber es ist nicht das, was er sein wollte: ein Polizist, draußen bei den Leuten.

Immer wieder haben Ermittler ihren Kollegen befragt, einmal sogar unter Hypnose. Ein Nervenarzt kam jedoch zu dem Ergebnis, dass die Angaben von Martin A. zum Tatgeschehen wegen der schweren Verletzungen nicht verwertbar sind. Zuvor hatte die Polizei aber nach seinen Angaben ein Phantombild erstellen lassen. Es wurde nie veröffentlicht. Vor Gericht sagt Martin A., er könne sich an nichts mehr erinnern. „Es ist ein riesengroßes schwarzes Loch gewesen, und ich musste es irgendwie füllen.“

Zuletzt war, unter anderem im NSU-Untersuchungsausschuss, darüber spekuliert worden, weshalb das vor Jahren mit Hilfe von Martin A. erstellte Phantombild keine Ähnlichkeit mit den Terroristen hat. Dass die Neonazis für den Anschlag in Heilbronn verantwortlich sind, schließen die Ankläger nicht nur aus dem Bekennervideo und den Polizeipistolen, die im Wohnmobil der Terroristen gefunden wurden. An einer Hose, die Mundlos gehörte, haftete noch Blut von Kiesewetter. Und am Tag des Mordes wurde ein Wohnmobil in der Nähe von Heilbronn registriert. Dieses Wohnmobil war, wie sich später herausstellte, vom NSU angemietet worden.

Die Anklage geht davon aus, dass die beiden Beamten ebenso wie die neun, vom NSU ermordeten Migranten, willkürlich ausgewählte Opfer waren. Weil aber Michèle Kiesewetter in Thüringen aufwuchs, in einem kleinen Dorf, in dem zeitweise auch ein Mann aus dem NSU-Umfeld lebte, hält sich bis heute der Verdacht, die Täter könnten es gezielt auf die Polizistin abgesehen haben. Die Bundesanwaltschaft sagt, sie habe dafür keinerlei Anhaltspunkte.

Kiesewetter war öfter im Einsatz bei Fußballspielen und bei Demonstrationen von Rechtsradikalen. Ihre Einsätze waren nicht auf den Raum Heilbronn beschränkt, sondern liefen im gesamten Bundesgebiet. Ein Beamter aus Heilbronn wird am Donnerstag gefragt, ob die rechten Demonstrationen, die Kiesewetter dienstlich begleitete, näher überprüft worden sind? Der Polizist weiß nichts darüber.

Martin A. und Kiesewetter kannten sich noch nicht lange, Martin A. war damals neu in der Einheit. Er beschreibt seine Kollegin als lebenslustig, offen und sehr freundlich: „Ich hab keinen traurigen Moment bei ihr gesehen.“ Die beiden gehörten zu einer Einsatzgruppe aus Böblingen, die hin und wieder in Heilbronn auf Streife ging. Erst wenige Tage vor dem Anschlag hatten sich die beiden Beamten, die eigentlich Urlaub hatten, für den Dienst gemeldet. Es war das erste Mal, das sie zusammen fuhren. Martin A. überließ Kiesewetter das Steuer, in Heilbronn kannte sie sich bereits aus. Bis zum Mord soll der Einsatz ruhig verlaufen sein. Einem Kollegen schickte Kiesewetter eine SMS: Es sei ziemlich langweilig in Heilbronn.

Im Gericht werden Fotos der blutgetränkten Diensthemden gezeigt. Man sieht auch die Holster, in denen die vom NSU geraubten Polizeipistolen gesteckt hatten. Martin A. sagt: Der Einsatz in Heilbronn sei der letzte Tag gewesen, an dem er eine Waffe getragen habe. „Ich habe danach keine mehr bekommen, ich will’s auch nicht mehr.“

Das große Abrissparty-ABC

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"Aber... das ist gar keine Abrissparty !"
Hysterisch ausgesprochener Satz, der an diesem Abend noch sehr oft fallen wird. Oft verbunden mit Tränen, wenn die erste Person trotzdem zum Wand einschlagen ansetzt. Bei den meisten Abrisspartys handelt es sich nämlich um ein phänomenales Missverständnis: Eigentlich zieht nur jemand um, was die Gäste zum Anlass nehmen, die Wand einzuschlagen. Man darf ja sonst so selten ausrasten. Der Gastgeber bleibt bei all dem der Leidtragende -  am Ende hat er leider weder Fenster noch Geschirr mehr.





Bushaltestellen-Bekanntschaft, die
Phänomen, das in der Umgebung von Abrisspartys besonders häufig auftritt. Grund: Die Informationen über Ort und Location sind meist spärlich, die Angereisten oft ortsunkundig. Sie werden also gehäuft nach dem Weg fragen müssen. Weißt du nix von der Party, solltest du dringend zwei Dinge tun: Möglichst selbstbewusst das Codewort verlangen und dann mitgehen. Weißt du von der Party und hegst Sympathie für den Veranstalter: abwimmeln! Je loser sie mit dem Gastgeber bekannt sind, desto eher werden sie zu Xenoglossie, Unfall oder Wand einschlagen neigen.

Codewort, das
Weil eine Abrissparty nie eine professionell organisierte Party ist, gibt es natürlich auch keine Türsteher. Damit man sich trotzdem ein exklusives Gefühl geben kann, hat sich irgendwer ein albernes Codewort wie „Ding, dong, die Hexe ist tot“ ausgedacht, das alle an der Tür aufsagen müssen. Wer es nicht kennt, darf  trotzdem rein.

Drinnen Rauchen
Ist natürlich erlaubt. Auch unter der Dusche, wenn’s jemand schafft.





Edding, der
Wird zu später Stunde von einem meist gut angetrunkenen Partygast hervorgezogen, der in die Runde brüllt „jetzt taggen wir“. Am Ende des Abends sind dann alle Wände mit Smileys, Liebesschwüren oder einem besoffenen „wir wahren hier“ verziert. Weint der Gastgeber am nächsten Tag das legendäre Aber das ist doch keine Abrissparty -Geweine kann sich natürlich keiner mehr daran erinnern, „Egal wie dicht du bist, Goethe war Dichter“ an die Wand geschmiert zu haben.

Ferantwortlicher
Wie der Verantwortliche, nur viel, viel betrunkener.

Gedenkstein, der
Abriss bedeutet auch Abschied. Dementsprechend ist die Party auch Anlass, um sentimental zu werden. Das Ganze gipfelt darin, dass irgendjemand auf die Idee kommt, den beim Wand einschlagen entstandenen Schutt mit nach Hause zu nehmen – „zur Erinnerung“.
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Handy, das
Das wichtigste Kommunikationsmittel an diesem Abend. Da die Party entweder illegal ist oder man nur mit Codewort reinkommt, rufen einen andauernd verzweifelte Menschen an, die fragen „Wo genau ist das jetzt?“. Da es über die genaue Adresse der Location auch nur Gerüchte gibt, hängt jemand also den ganzen Abend am Telefon und navigiert Fremde durch die halbe Stadt, die es am Ende aber trotzdem nicht finden.

Illegal
Der Reiz an jeder Abrissparty. Meist gehört das Gebäude keinem der Anwesenden, man zerstört also Fremdeigentum. Oder aber, das Gebäude wird gar nicht abgerissen und in irgendeiner Facebook-Gulliparty-Gruppe hat jemand den Ort für eine Pseudo-Spontansause vorgeschlagen. Es ist somit relativ wahrscheinlich, dass an diesem Abend noch die Ordnungshüter auftauchen werden und du unauffällig verschwinden solltest.




"Jaja, wir regeln das schon!"
Standardsatz, wenn die Ordnungshüter auftauchen, meist ausgesprochen von einem...

Klugscheißer, der
Person, die eigentlich nichts mit der Party zu tun hat, aber mal ein Semester Jura studiert hat und deshalb die Polizei gerne noch über ihre Rechte belehrt ("Sie dürfen die Anlage gar nicht mitnehmen" oder "Weisen Sie sich erst mal aus"). Mit gestiegenem Alkoholpegel gibt er sich auch gerne als Anwalt des Veranstalters aus.

Lokus, der
Ort, an dem du dich bei einer Abrissfeier auf keinen Fall aufhalten solltest. Zum einen, weil dieses Gebäude eh den Bach runtergehen wird, dementsprechend hat hier auch seit Wochen niemand mehr geputzt. Zum anderen, weil, wenn dies keine Abrissparty ist, der Gastgeber oder die Gastgeberin sich hier weinend verkriechen wird. Wenn du mit ihm/ihr Freundschaft schließt, wirst du später ziemlich sicher als Zeuge für den ganzen Vandalismus rangezogen und musst vielleicht auch noch einen Meineid leisten, weil du verschweigst, dass du eigentlich den Computer aus dem Fenster geschmissen hast.

Mist, der Alkohol ist leer
Die mangelnde Organisation der Party macht sich spätestens bei der Alkoholbeschaffung bemerkbar. An das gestreute Motto „Jeder bringt was mit“ hat sich natürlich niemand gehalten und somit sitzen alle kurz vor Mitternacht auf dem Trocknen oder begnügen sich mit ekeligen Mischungen wie „Wodka-Leitungswasser“. Am Ende kommt jemand auf die Idee, noch zwei Sixpacks von der Tanke zu holen, die dann aber leider vom Gepäckträger fallen und einen Großteil der Gruppe dazu bewegen, frustriert in eine Kneipe umzuziehen.
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Nachbarn, die
Vereinzelte Bewohner der umringenden Häuser, die mit großer Wahrscheinlichkeit kurz vor Mitternacht...

Ordnungshüter, die
...rufen werden. Wenn diese kommen, bloß nicht auf die Klugscheißer hören, sondern lieber die Anweisungen der Polizei befolgen und ruhig das Gebäude räumen. Geht's härter zur Sache, am besten nochmal das Lexikon des guten Lebens zum Thema "Wie verhalte ich mich während einer Polizeikontrolle?" lesen.




Polnischer
Abrisspartys sind immer, unbedingt und ausnahmslos mit einem Polnischen zu verlassen. Niemals: Den Gastgeber zum Abschied innig umarmen. Er wird sich nach dieser herzlichen Geste an dein (und nur dein) Gesicht erinnern und zack: bist du der Verantwortliche für alles, was von A-Z passiert ist. Das willst du nicht.

Quarkspeise
Wird es auf dieser Party nicht geben. Oder hattest du ernsthaft erwartet, wenn schon kein Alkohol gestellt wird, gibt es zumindest was zu Essen?

Rebellion, die
Der eigentliche Grund, warum Abrisspartys trotz nachweislich wenig aufregenden Ereignissen immer noch einen verschwörerisch-gefährlichen Ruf haben: Hier geht man nicht topgestylt in einen frischgewischten Club und bezahlt zehn Euro für einen Gin-Tonic. Hier ist es dreckig und chaotisch, die Gäste sind eine kleine verschworene Gemeinschaft. Irgendein Klugscheißer wird im Verlauf des Abends sagen, hier könnte man noch "authentisch" feiern und wenn alle sich darüber lustig machen: So ein bisschen nach Rock 'n' Roll fühlt es sich halt doch an, mit dem Vorschlaghammer eine Wand einzuschlagen.
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Sentimental werden
Die viel zu warmen Dachgeschosszimmer waren auf einmal „doch auch ganz kuschlig“, den Schimmel in der Wand „hätte man ja auch mit mehr Lüften bekämpfen können.“ Irgendwann wird jemand auf dieser Party anfangen zu weinen und (fiktive?) Erinnerungen an die gute alte Zeit beschwören. Am besten dieser Person einen Gedenkstein schenken. Oder sie ignorieren.





Trinkspiele, die
Das Gute an echten Abrisspartys: Wenn keine Möbel mehr drin sind, hat man jede Menge Platz für Trinkspiele wie "Flunkyball". Und nach dem vierten Wodka-Wasser wird es ehrlich gesagt auch egal, wenn noch Möbel vorhanden sind.

Unfall, der
Passiert zumeist bei Trinkspielen oder beim Wand einschlagen und bezieht sich meistens auf den Fuß: Entweder, jemandem fällt ein Stein drauf, er knickt um oder tritt in Glasscherben. Heroisch wird dann meistens trotzdem weitergetrunken, weil niemand einen Arzt rufen will - das könnte ja zu einem Party ist vorbei führen.

Verantwortlichen, die
Wird im Nebel dieser Nacht niemand finden.
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Wand einschlagen
Es soll ja nicht umsonst "Abrissparty" heißen: Irgendjemand hat sicher ein kleines bis großes Hämmerchen dabei, mit dem dann ein paar Minuten auf einer Wand rumgehackt wird. Einfach nur, damit man sich an diesem Abend auch mal produktiv fühlt - die Vorarbeit freut ja auch sicher das Abrissunternehmen.




Xenoglossie, die
Laut Duden das unbewusste Reden in einer unbekannten Sprache. Gelegentlich beobachtetes Phänomen nach Trinkspielen, zu vielen Wodka-Wasser oder - noch seltener - einem Unfall.

Yolo
Saudämlicher Tag, den auch irgendein Trottel mit Edding an die Wand geschmiert hat, weil ihm gerade nichts Besseres einfiel.

Zähne
Werden an diesem Abend in Mitleidenschaft gezogen, weil keiner daran gedacht hat, einen Flaschenöffner zu organisieren. Aber natürlich erst, nachdem diverse Pfosten und Pfeiler bereits zackige Rände aufweisen, weil jeder an ihnen sein Bier aufgehauen hat.

Bildervergleich: Alcopops vs. Britpop

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War vorher da und ist besser




War vorher da, ist aber ganz und gar nicht besser




[seitenumbruch]In den Schlagzeilen wegen




Den Mund zu voll genommen



[seitenumbruch]Verwandt, aber mit mehr Wumms




Kann damit garantiert nichts anfangen



[seitenumbruch]Dazu passendes Gericht




Fan aus der Fußballwelt




Mädchen, Thema Performance-Rückmeldung?

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Im Rückblick durchaus verwunderlich: Auf diesen ersten Sex folgte eine jahrelange Beziehung mit viel weiterem Sex. Wenigstens für den Moment war die Situation nämlich schon saublöd: Ein Typischer Post-Fünf-Whisky-Cola-Beischlaf, viel Rums und viel Bums und viel Herumgewälze – alles nicht außerordentlich koordiniert. Ganz schön lang ist es mir auch vorgekommen und gekannt hat man sich ja quasi noch gar nicht. Plötzlich dann jedenfalls so ein langgezogenes "Aaahhh!" aus einem irgendwie schon ekstatischen Gesicht, mit Luft durch die Schneidezähne ziehen und aufbäumen und ins Laken krallen und so. Und deshalb eben die Frage: "Bist du gekommen?"  

Gemeint war das eigentlich sehr rücksichtsvoll – für den Fall der Bejahung wäre da unter Umständen schließlich etliches empfindlich gewesen und eine Pause vielleicht angebracht. Rüber kam’s aber freilich premium-tumb: Tatsächlich handelte es sich nämlich um einen Wadenkrampf. Und das nachgeschobene "Frag mich das nie wieder!" hatte die Wucht einer Nackenschelle mit Anlauf. Und seither habe ich eine gewisse Scheu vor jeder Frage, die in eine auch nur ansatzweise ähnliche Richtung zielt.  

Und diese Fragen sind ja auch sackschwierig zu stellen. Weil sie sich so unmöglich von der Motivation dahinter trennen lassen. Und weil die unklar ist. Mir jedenfalls. Wenigstens manchmal. So eine Frage kann ja sehr altruistisch gemeint sein: Findet ihr schön, was wir mit euch und wir alle miteinander machen? En gros? Und en detail? Wollt ihr hiervon also vielleicht mehr oder davon weniger? Sie kann aber auch in ihr gruseliges Gegenteil abgleiten: Sind wir eigentlich gut? Gut im Sinne von Premiumstecher, der’s allem besorgt, was bei drei noch immer vor seiner Flinte herumläuft. Und eine Grauzone dazwischen, die gibt es auch. In der bewegen wir uns jetzt mal:  

Wir wissen grundsätzlich natürlich auch, dass gut im Bett sein nicht ist wie schnell Kopfrechnen oder weit werfen können. Eher wie Synchronschwimmen (womit wir dann auch im Souterrain der Bildhaftigkeit angekommen wären), oder irgendwas anderes, zu dem eben zwei (oder mehr) Menschen gehören. Harmonieren und im Einklang sein. Chemie bestimmt auch. Und Schwingungen! Aber Himmel, mit einem lahmenden Gaul gewinnst du halt selbst ein Trabrennen nicht – egal, wie gut sich Jockey und Tier verstehen. Will sagen: Man kann beim Sex ja schon auch einiges falsch/schlecht/unbeholfen/zu grob/zu sanft/zu weit links/zu weit rechts machen. Und: Ich glaube auch, dass bei euch das ganze Erregungssystem noch etwas fragiler und komplexer ist als bei uns.  

Und deshalb wollen wir eben manchmal ein Feedback über – na ja – unsere Performance eben, auch wenn das schon ein etwas blöder Begriff ist. Ob’s schön ist, was wir mit euch tun, und ob wir uns dabei nicht allzu blöd anstellen oder vielleicht sogar sehr gut. Die besseren unter uns meinen das grundsätzlich ehrlich uneigennützig. Wahrscheinlich können aber auch die's nicht immer trennscharf von diesem letzten Tick Selbstbestätigung unterscheiden. Und genau für diesen (hell)grauen Bereich würde ich jetzt gerne wissen, ob es eigentlich einen eleganten Weg gibt, sophisticated am Ende gar, auf dem wir euch fragen können, wie’s denn war? Gar nicht so sehr als Grundsatzurteil. Nicht: "Hat die allgemeine Hochschulreife erworben." Vielleicht eher wie ein Zwischenzeugnis, an dem wir uns für die restliche Zeit orientieren können: "Der aufmerksame Liebhaber ...", " ... fiel beim GV durch rege Mitarbeit positiv auf ...", "... Stärken im Mündlichen ...",  "... ansonsten stets bemüht, ließ es aber deutlich an ... mangeln."  

Geht das? Und wenn ja: Wie? Und wann? Gibt es Situationen, die besonders geeignet sind? Und solche, in denen wir in Gottes Namen die Schnauze halten sollten, um nicht alles noch schlimmer zu machen? Und welche Rolle spielt, wie gut wir einander schon kennen?    

Auf der nächsten Seite liest du die Mädchenantwort von valerie-dewitt.

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Die schlimmste Situation, die wir uns diesbezüglich vorstellen können, sieht ungefähr so aus: Ein Mann und eine Frau, die sich erst ganz (ganz, ganz) kurz kennen, haben Sex. Danach rollt der Mann sich schnaufend auf den Rücken und fragt: "Wie war’s?" Oder, noch schlimmer: "Wie war ich?" Das, da sind wir uns wohl einig, ist die uneleganteste Art, nach der Performance zu fragen, und in Wirklichkeit kommt sie bestimmt sowieso nur in sehr (sehr, sehr) schlechten Filmen vor. Zumindest wünschen wir uns das.  

In der beschriebenen Situation steckt aber ein Detail, das für die Beantwortung der Frage wichtig ist. Nämlich die Tatsache, dass sich die beiden erst ganz (ganz, ganz) kurz kennen. Wie ihr nach eurer Performance fragen könnt/dürft/sollt, hat sehr viel damit zu tun, welches Verhältnis man zueinander hat. Ich möchte das gerne an drei Beispiel-Verhältnissen erklären:  

Verhältnis 1: Der One-Night-Stand
Man hat sich einmalig zusammengetan, um Sex zu haben. Man hat das vor allem getan, weil man selbst Lust drauf hatte und eher nicht, um dem anderen einen Gefallen zu tun. In diesem Fall gibt es überhaupt keine elegante Möglichkeit für euch, eine Bewertung einzufordern. Wenn’s gut gelaufen ist, wirkt das nämlich so, als würdet ihr euch eine Trophäe abholen wollen. Wenn’s schlecht gelaufen ist, wollen wir sowieso lieber unsere Ruhe und finden jede Frage nach dem, was grade war, ziemlich unpassend. Was soll man auch sagen? War halt blöd, machen wir nicht wieder, tschö.  

Verhältnis 2: Die Affäre
Auch hier hat man sich ja vor allem für Sex zusammengetan und wenn jemand sich mit jemand anderem für regelmäßigen Sex zusammentut, kann man davon ausgehen, dass ihm der auch gefällt. Es besteht also eigentlich gar kein richtiger Grund, nachzufragen. Andererseits ist es in diesem Verhältnis schon viel okayer als beim One-Night-Stand, über den Sex zu reden, immerhin hat man ja die Gelegenheit, sich noch zu verbessern und vielleicht das Maximum an Vergnügen für beide rauszuholen. Ich würde also raten: Erstmal eine Zeit abwarten und rumprobieren, was währenddessen am besten zu funktionieren scheint, und dann vielleicht hinterher mal so was sagen wie "Das war schön." Damit ist dann ein Gesprächsstein ins Rollen gebracht, der am Ende vielleicht irgendwo landet, wo ihr ein "Ich fand’s super" oder ein "Ich fand’s nicht so" erahnen könnt.  

Verhältnis 3: Die Beziehung
Hier ist der endlich, der Freifahrtschein! Naja, fast. Aber wenn man sich länger kennt und sehr vertraut ist, ist die Analyse nach dem Sex tausend Mal einfacher als unter Nicht- und Halbbekanntem und meistens total in Ordnung. Trotzdem ist es auch dann nicht gerade die feine Art, uns mit den Worten "War’s gut?" eine generelle Bewertung abzuverlangen. Besser ist es, nach Details zu fragen, ob man dies oder das mochte. Eigentlich könnt ihr aber sowieso davon ausgehen, dass wir zufrieden brummen und uns ankuscheln oder eher ein bisschen enttäuscht aussehen (was dann oft auch bedeutet: bitte nachlegen!), und ihr eure Bewertung daran sehr eindeutig ablesen könnt, man kennt sich ja, so unter Partnern. Und genauso könnt ihr davon ausgehen, dass wir sogar ganz von selbst mit euch drüber reden, ob wir’s mochten oder nicht, was schön ist und was wir nicht so sehr mögen.  

Und jetzt noch Folgendes: Am allerschönsten wäre es, wenn ihr euch noch ein bisschen weniger Gedanken über eure Performance machen würdet. Es hat ja auch immer mit unserer eigenen Performance zu tun, ob es gut läuft oder nicht. Und auch mit unserer Tagesform, dem entsprechenden Zyklusabschnitt und unserem Kopf. Immerhin sind wir beim Sex doch zu zweit und es ist ja nicht so, als wärt ihr die reinen Geber und wir die reinen Nehmer.  

Und überhaupt, wieso reden wir hier eigentlich die ganze Zeit von "Performance"? Ein Bett ist doch keine Castingshow und Noten sind was für Eislaufkünstler! Darum lautet die Antwort am Ende vielleicht doch: Nein, so einen richtig eleganten Weg gibt es eigentlich nicht, um nach dem Sex eine Bewertung einzufordern. Tschuldigung.

"Ich bin da eine Ameise"

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Die Studentinnen Lisa (li.) und Theresa haben sich Gedanken zum Thema Rente gemacht.

Lisa (22,li.), Studentin: "Mich interessiert das Thema Rente weniger. Allerdings hat mir jemand erst kürzlich ans Herz gelegt, mich mit dem Thema Altersvorsorge und Rente zu beschäftigen. Also am Arsch geht es mir nicht vorbei."  

Theresa (22), Studentin: "Ich habe mir schon Gedanken darüber gemacht. Gekümmert habe ich mich bis jetzt aber nicht. Das liegt aber auch daran, dass ich noch studiere. Wenn ich mal einen Job habe, würde ich mir überlegen, ob ich einen Bausparvertrag oder eine Rentenversicherung brauche."  



Unterschiedlicher geht es nicht: Sonja (li.) ist eher eine Grille, während ihre Freundin Tamara wie eine Ameise fleißig vorgesorgt hat.

Tamara (33, re.), Personalleiterin: "Ich traue der gesetzlichen Vorsorge nicht und sichere mich deswegen lieber privat ab. Ich bin da eine Ameise, wie in dieser Fabel. Verträge sind schon alle geschlossen, vorgesorgt habe ich."  

Sonja (29), Vertriebsmitarbeiterin: "Ich bin leider eine Grille. Ich verspiele bisher alles, sitze im Sommer mit der Gitarre da und hoffe, dass bis zum Winter jemand anderes für mich vorgesorgt hat. Die gesetzliche Rente wird nicht viel hergeben. Ich weiß auch, dass ich mich um meine Rente kümmern möchte. Ich hoffe immer, dass am Monatsende genug übrig ist, das ich zur Seite legen kann. Bisher ist das aber noch nicht so."  



Lassen sich mit der Altersvorsorge noch Zeit: Moritz und Merle.

Merle (18), macht gerade ein Freiwilliges Wissenschaftliches Jahr: "Ich mache gerade Bundesfreiwilligendienst. Da wird Rentenvorsorge auch unterstützt. Aber bisher habe ich mir nicht wirklich groß Gedanken darüber gemacht. Es ist noch so weit weg. Aber arm sterben möchte ich auch nicht."

Moritz (22), Masterstudent: "Für mich spielt das Thema Rente schon eine große Rolle. Ich bin zwar noch nicht berufstätig, aber wenn ich in ein bis zwei Jahren mit meinem Master fertig bin, werde ich ich mich auf jeden Fall damit auseinandersetzen."

Stundenlange Musikvideos, Holocaust-Witze und „schwule Comics“

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Ohne Clip klappt’s nicht
Werden wir Musik bald nur noch sehen statt sie zu hören? Zugegeben: Diese Frage hat sich unser Autor nicht gestellt. Wenn man aber bedenkt, dass Songs ohne außergewöhnliches Begleitvideo heute gar nicht erst wahrgenommen werden, ist diese Überlegung nicht absolut abwegig. Bevor sich Musikvideos also endgültig von ihrer ursprünglichen Bestimmung emanzipieren, analysiert Jan Stremmel in „Willkommen in der Zukunft“ aktuelle Video-Trends, wie das tagesfüllende „Happy“ von Pharrell Williams.
   
Flugfeld im Fokus
Damals: Ein Maler setzt sich an einen Seerosenteich und malt Studien von gleichbleibenden Motiven – impressionistisch. Heute: Junge Fotografen begeben sich auf das Tempfelhofer Feld und schießen Fotos von gleichbleibenden Motiven – mit dem „Earlybird“-Filter. Unsere Studie stellt die beliebtesten Instagram-Bildthemen auf der ehemaligen Rollbahn in Berlin vor.
   
Immer freundlich lächeln?
Die Regel „Der hat mehr Angst vor dir als du vor ihm“ gilt wohl nur in der freien Wildnis – wenn überhaupt. Wer in der Öffentlichkeit einem Polizisten begegnet und unbegründet kontrolliert wird, sollte sich passende Merksätze aneignen. Unser „Lexikon des guten Lebens“ hält ab jetzt ein paar Ratschläge für solche Situationen bereit.
   
Unter der Gürtellinie
In Entenhausen sind die Familienverhältnisse weitgehend ungeklärt. Das lässt zwar Raum für Spekulationen, spricht aber nicht für die Akzeptanz von Homosexualität in der Comic-Szene. Der Journalist Markus Pfalzgraf, der in seinem Buch „Stripped“ die Geschichte von „schwulen Comics“ aufgearbeitet hat, sprach mit unsüber Baden-Württemberg, Profifußball und Queerness in Comicstrips. Ein weiteres Tabuthema hat der Autor Yascha Mounk mit uns besprochen: den Holocaust-Witz. Yascha hat ein Buch darüber geschrieben, wie es ist, als Jude in Deutschland aufzuwachsen. Warum er Judenwitze an sich nicht problematisch findet und was an der Vergangenheitsbewältigung deutscher Geschichte schief läuft, erfährst du hier.
   
„Das System zu ficken, ist nicht die Hauptmotivation“
Straßenkunst erfährt seit einigen Jahren einen Wandel. Wer heute „Urban Art“ macht, muss sich nicht zwingend vermummen und die Polizei fürchten. Ein neues Projekt will es nun möglich machen, direkt auf der Straße für ein Kunstwerk zu spenden. Verrät die Street Art jetzt ihre eigenen Ideale? Jetzt.de sprach mit Vertretern aus der Szeneüber Kriminalität und Kredibilität.
   
Münchens Dorfdisco
Das anlässlich zu den Sommerspielen 1972 errichtete Olympische Dorf im Norden Münchens hat mehr als man von einer gewöhnlichen Siedlung erwartet: Viele Grünflächen, bemalte Studentenbungalows (Bilderrätsel hier) und eine Disco. Letztere steht jetzt jedoch kurz vor der Schließung. Mercedes Lauenstein hat den Studentenclub für uns portraitiert.
 
Das Video der Woche
Du wolltest schon immer mal Beatboxen lernen? Müsste eigentlich ganz einfach gehen, wenn man es langsam angehen lässt. Dieses Video zeigt zwar Lippenakrobatik in Zeitlupe, ob man daraus etwas lernen kann, bleibt jedoch fraglich.
 
http://www.youtube.com/watch?v=e4sJa1usbns
   
Der Tumblr der Woche
Für Hans-Peter Friedrich gab es während seiner letzten Amtszeit Wichtigeres, als sich mit der NSA-Affäre auseinanderzusetzen. Das hat er zumindest in einem seiner letzten Interviews behauptet. Die gerechtigkeitsbewusste Netzgemeinde lässt bei so einer Aussage nicht lange auf sich warten und holt für einen Anschlusstreffer nach „Pofalla beendet Dinge“ aus:  friedrichtutwichtigedinge.tumblr.com macht deutlich, dass Herr Friedrich auch als Landwirtschaftsminister sehr damit beschäftigt ist, nicht seinem Amt nachzugehen.

Das Ding der Woche
Der Weg zur Schule wird gerne mit dem Weg zum Schafott verglichen. Lehrer gerne mit Henkern. Was ein Galgen jetzt mit dem Lernen zu tun hat, kann dir eine chinesische Studentin erklären. Sie hat unser neues „Ding der Woche“ erfunden. Sicherlich gesünder als Ritalin!

Der lustige Proll mit den grammatikalisch nicht ganz korrekten Sprüchen

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Wenn Elyas M’Barek in einem Film mitspielt, interessiert seine Fans auch, wie oft er darin halb ausgezogen zu sehen ist. Hübsche Vorstellung also, dass der Grimme-Preisträger in Unterhosen Interviews gibt. Allerdings nur am Telefon. Zu Filmpremieren kommt er dann schon im Anzug. Und keinesfalls in Picaldi-Hosen: „Das sind die, die an den Beinen weit sind und an den Knöcheln eng.“ In dieser Kiezmode ist M’Barek bekannt geworden, als lernschwacher Oberprolltürke Cem – seit 2006 spielte er den in der Fernsehserie, im Frühjahr 2012 im Kinofilm „Türkisch für Anfänger“. Der war mit 2,5 Millionen Besuchern ein deutscher Blockbuster. Für seinen aktuellen Film „Fack ju Göhte“ haben die Kinobetreiber in elf Wochen 6,2 Millionen Tickets verkauft. Der Film steht auf Platz drei der Kinocharts. Am Freitag nahm er bei der Gala des Bayerischen Filmpreises in München den Publikums-Pierrot entgegen.



Elyas M'Barek

In dem Film, der im Moment die Kinocharts anführt, „Der Medicus“, spielt M’Barek auch mit – einen Perser mit Schnurrbart. Laut Pass ist der 31-Jährige Österreicher wie seine Mutter, sein Vater kommt aus Tunesien. Aufgewachsen ist er in München, wo er seit knapp zwei Jahren auch wieder lebt, weil er es hier ruhiger findet als in Berlin. Als Ex-Sträfling und Aushilfslehrer in „Fack ju Göhte“ heißt M’Barek Zeki Müller. Neutraler Name, kein Anzeichen irgendeiner bestimmten Herkunft. Ihm sei es nicht so wichtig, woher seine Figur komme, „die Leute interessiert das immer“. Andererseits sei es doch ganz schön, wenn man „seine Ecke gefunden“ habe.

Das ist in seinem Fall – egal ob Müller oder Öztürk – der lustige Proll mit den grammatikalisch nicht ganz korrekten Sprüchen („Kanack mich nicht an hier!“). Eine Rolle, die der Einser-Abiturient auch auf Twitter und Facebook pflegt. Und es sind ja gerade die sozialen Medien, mit denen er sich eine so große Anhängerschaft erobert hat. Mehr als 1,6 Millionen folgen ihm auf Facebook, fast 112000 bei Twitter. Für die Fans postet er Neujahrs-Videos und Selfies, schreibt frech, bleibt sympathisch. So nimmt er den Filmproduzenten ziemlich viel PR-Arbeit ab.

Wenn die Fans vor ihm stehen und kreischen, erschrickt M’Barek manchmal noch. M’Barek ist vom Erfolg mittlerweile nicht nur verwöhnt – er gewann einen Bambi und den Deutschen Fernsehpreis – sondern offenbar auch überrascht. Im Gespräch zeigt er dann aber, dass er zu mehr fähig ist als nur zu Zweiwortsätzen, auch wenn seine Agenturen gern das streichen, was zweiflerisch oder rollenfremd klingt.

Zwischen Klischee und Popularität hat er jetzt vielleicht die Chance, einen neuen Typus zu generieren. „Ich bin mir sicher, dass es irgendwann egal sein wird, woher meine Figuren kommen“, sagte er nachdem „Türkisch für Anfänger“ es am Startwochenende auf Platz eins geschafft hatte. Cem, Zeki oder Can – seinen Fans ist es tatsächlich egal. Und das ist nicht nur für Elyas M’Barek eine gute Nachricht.

Lehren aus Lampedusa

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Berlin – Es ist die erste Bundestagsrede von Luise Amtsberg, 29, Grünen-Abgeordnete aus Kiel. Sie verspricht sich häufig, aber nicht so sehr, weil sie nervös ist. Sie ärgert sich, das merkt man deutlich. Der Redner vor ihr, Thomas Silberhorn aus der Unionsfraktion, hatte von Mitgefühl, nachvollziehbaren Fluchtgründen und einer „Tragödie“ gesprochen, die sich ereignet habe. Amtsberg will von Mitgefühl nichts mehr hören. Ihre Stimme wird immer schneller, als sie von ihrer Reise nach Italien und den Bedingungen, unter denen Flüchtlinge dort leben, spricht: „Von diesem Mitgefühl haben zynischerweise nicht die Überlebenden profitiert.“  





Doch die Empathie und Sensibilität der Bundestagsabgeordneten wird an diesem Vormittag häufig thematisiert. Die Fraktion der Linken hat die Bundesregierung in einem Antrag aufgefordert, sich für eine offenere, humanere Flüchtlingspolitik einzusetzen, das „Massensterben an den EU-Außengrenzen zu beenden“, die Grenzschutzagentur Frontex abzuschaffen, die Dublin-Verordnung gleich mit. Dass dieser Antrag keine Chance haben wird, ist von Vornherein klar; aber es ist auch klar, dass die europäische Politik handeln muss, nachdem im Oktober vergangenen Jahres mehr als 300 Menschen vor der italienischen Insel Lampedusa ertrunken sind.  

Und so betonen die Redner der unterschiedlichen Fraktionen zunächst stets die Erschütterung, die sie nach dem Schiffsunglück gepackt hat. Sabine Bätzing-Lichtenthäler von der SPD erzählt, wie schwer es ihr fallen würde, aus ihrer Heimat, dem Westerwald, zu fliehen. Fast jeder hat ein kleines Zitat oder eine kurze Geschichte von einem Flüchtling mitgebracht, den er persönlich kennen lernen durfte. Die Geschichten der Unionspolitiker erkennt man allerdings daran, dass ihre Flüchtlinge häufig beschlossen haben, doch besser in ihrem Heimatland zu bleiben.  

Eine Debatte, in der es vor allem darum geht, den Ton abzustecken, der in den nächsten Jahren beim Thema Flüchtlingspolitik herrschen wird. Die Redner von CDU und CSU, die sich als Vertreter der stärksten Fraktion in der Mehrheit befinden, betonen vor allem eines: Deutschland habe im Vergleich mit anderen europäischen Ländern schon sehr viel getan, allein 2013 wurden mehr als 100000 Asylanträge in Deutschland gestellt. Zahlen schwirren durch den Saal, Asylbewerber pro Kopf – da sind die Italiener ganz schlecht, der Libanon zu bewundern –, 2600 eingeflogene Flüchtlinge aus Syrien, die Frage, ob das nun viel oder wenig ist. Den Schulklassen, die oben in den Glaskästen sitzen, fällt es zunehmend schwer zuzuhören.  

Etwas später kommt es im Parlament zu einer interessanten Verbindung. Stephan Mayer, CSU-Abgeordneter aus Altötting, ist dabei, der Linken vorzuwerfen, dass sie immer nur Deutschland und nie die anderen EU-Länder in die Zange nehme. Das italienische Bossi-Fini-Gesetz, das Beihilfe zur illegalen Einwanderung unter Strafe stellt – also auch Fischer, die jemand aus dem Meer retten – hätten die Linken wieder nicht kritisiert. Die Antwort kommt prompt: Man werde eine entsprechende Initiative nach Italien schicken, heißt es aus der Linken. Ob man mit der Unterstützung der Union rechnen dürfe? Mayer druckst herum, sagt aber eher ja als nein.   Rüdiger Veit, SPD-Experte für Menschenrechte, rechnet Zuschauern und Unionskollegen dann noch schnell vor, dass die Italiener gar nicht so wenige Flüchtlinge aufnehmen: Die Anerkennungsquote Deutschlands liegt deutlich niedriger als die Italiens. Das heißt: Auch wenn bei uns viele Anträge gestellt werden, bleiben auf lange Sicht gar nicht so viele Menschen.   Neuling Luise Amtsberg ist zufrieden. In der Flüchtlingsfrage zeichnet sich ein sachlicher, empathischer Ton ab. Dass die Union Italien auffordert, menschenwürdige Bedingungen in den Lagern zu schaffen, aber selbst nicht helfen will, findet sie genauso falsch wie die Konzentration auf die Heimatländer der Flüchtlinge. „Bis sich die Lage dort verändert, dauert es Jahrzehnte. Und so lange werden die Menschen weiter fliehen“, sagt sie. Trotzdem freut sich Amtsberg jetzt auf die Zusammenarbeit in den Ausschüssen. Es sei zwar „gut zu wissen, dass jemand einen schlechten Tag hatte“ wegen der Ereignisse vor Lampedusa; politische Folgen hat das allerdings noch nicht. 

Luise Amtsberg, 29, ist seit kurzem flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag. Die Debatte war für sie ein Vorgeschmack auf die Verhandlungen mit der Regierung. 

Elektrolinse

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Nur wenige Tage nach der Übernahme einer Firma für intelligente Haushaltselektronik veröffentlicht der Internet-Konzern Google eine weitere Neuigkeit: die Entwicklung einer elektronischen Kontaktlinse. Das Gerät befindet sich einem Google-Blogpost zufolge zwar noch in der Entwicklungsphase, wenn es aber einmal fertig ist, dann soll es das Leben von Millionen Diabetikern erleichtern. Die intelligente Kontaktlinse soll den Blutzuckerspiegel messen. Dazu haben die Google-Tüftler einen Sensor, eine Antenne, einen Kondensator und einen Rechen-Chip in einer Kontaktlinse verbaut. Durch ein kleines Loch an der Seite gelangt Tränenflüssigkeit zum Gerät, womit die Glucose-Konzentration in der Tränenflüssigkeit gemessen wird. Weicht diese vom gewünschten Level ab, soll das Gerät in der Lage sein, Alarm zu schlagen – über ein LED-Signal beispielsweise.  



Googles neueste Entwicklung: eine intelligente Kontaktlinse

Ziel der Apparatur ist, das ständige persönliche Messen des Blutzuckerspiegels überflüssig zu machen. Bis das System im Alltag der Diabetiker ankommt, dürfte allerdings noch einige Zeit vergehen. Derzeit tausche man sich in der Angelegenheit mit der Food and Drug Administration (FDA) aus, schreibt Google. Das ist die amerikanische Bundesbehörde, die unter anderem für die Arzneimittelzulassung zuständig ist.

Obama setzt der NSA ein paar Schranken

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Washington – Der amerikanische Präsident Barack Obama hat im Zuge einer Geheimdienstreform das Abhören von Staats- und Regierungschefs der engsten Verbündeten untersagt. Dies gab Obama am Freitagabend in einer mit Spannung erwarteten Grundsatzrede bekannt. Allerdings würden die Vereinigten Staaten weiter Informationen über die Absichten fremder Regierungen sammeln, schränkte er ein. Bereits kurz vor der Rede hatten Regierungsbeamte gesagt, die Überwachung Dutzender Staats- und Regierungschefs werde nicht weitergeführt. Mit Blick auf die Kritik aus dem Ausland etwa nach dem Abhören des Handys von Kanzlerin Angela Merkel sagte Obama aber auch, die USA würden sich nicht entschuldigen, nur weil die US-Dienste effektiver arbeiteten.  



 Obama stellte Reformvorschläge für die US-Geheimdienste vor.

Zugleich erlaubt der Präsident dem Geheimdienst NSA nur noch nach einem richterlichen Beschluss den Zugriff auf Telefondaten. Dies gelte mit sofortiger Wirkung, sagte Obama in seiner Rede über die Konsequenzen aus der NSA-Affäre. Langfristig soll zudem der größte Teil dieser sogenannten Meta-Daten von US-Bürgern – beispielsweise wer mit wem wie lange telefoniert hat – nicht mehr in Datenbanken der Regierung gespeichert werden. Gegenwärtig werden die Informationen von der NSA erfasst und fünf Jahre lang aufbewahrt. Wo sie künftig stattdessen gespeichert werden, dazu sollen Justizminister Eric Holder und die Geheimdienste bis zum 28.März Vorschläge ausarbeiten.  

Der Reformvorschlag bezieht sich auf das nach den Terroranschlägen vom 11.September 2001 geschaffene Programm Section 215 aus dem Heimatschutzgesetz Patriot Act. Wie der Präsident sagte, soll es „in seiner jetzigen Form“ gestoppt werden. Obama hatte nach den Enthüllungen des früheren NSA-Mitarbeiters Edward Snowden zuerst erklärt, das Programm habe die richtige Balance zwischen Informationsgewinnung und Schutz der Privatsphäre.  

Grundsätzlich betonte der amerikanische Präsident am Freitag, die Spähprogramme seien unerlässlich im Anti-Terror-Kampf und dürften nicht aufgegeben werden. Sie hätten Anschläge und Tote auch im Ausland verhindert. „Wir können unsere Geheimdienste nicht einseitig entwaffnen“, sagte Obama, versprach aber auch einen stärkeren Schutz der Privatsphäre ausländischer Bürger. „Unterm Strich bedeutet das, dass Menschen rund um die Welt ungeachtet ihrer Nationalität wissen sollten, dass die Vereinigten Staaten nicht normale Leute ausspionieren, die unsere nationale Sicherheit nicht gefährden.“  

Nach einem Bericht der britischen Zeitung Guardian sammelte die NSA mit dem Programm „Dishfire“ weltweit täglich nahezu 200 Millionen SMS. Darunter seien Informationen über Reisepläne, Kontakte und Finanztransaktionen, berichtete das Blatt unter Berufung auf Enthüllungen Snowdens. Betroffen seien auch Personen, gegen die kein Verdacht bestanden habe. Es werde „so ziemlich alles gesammelt, was geht“. Die NSA erklärte, die Andeutung, man sammle willkürlich Daten, sei falsch. SZ Seite4

Die Suche nach dem Wow-Effekt

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Ein Abend in Schöneberg, der Wind pfeift ungemütlich über den Nollendorfplatz, aber innen im Foyer des ehemaligen Metropol-Theaters hat sich jemand richtig Mühe gegeben. Weiße Streublüten sind über den Holztresen verteilt, auf goldenen Luftballons steht „Ever lasting love since 2004“, und an der Treppe warten die ersten Gäste darauf, hineingelassen zu werden. Ein mitteljunges Paar in Schwarz, er trägt feines Tuch und neonblaue Laufschuhe, sie die Schnürsenkel ihrer Boots offen, betrachtet das Geburtstagsarrangement und schweigt erstmal. Dann sagt er: „Ich find’s gerade nicht so wow.“ Dann geben sie ihre Mäntel ab und gehen nach oben zur Show von Kaviar Gauche. Welche natürlich, das kann im Jubiläumsjahr des erfolgreichen Labels nicht anders sein, gefeiert wird.  



 

Es ist wieder Fashionweek in Berlin, die Stadt ist satt, überfüllt und jeder in Eile. Vom belagerten Hauptquartier am Brandenburger Tor schwärmt die Schar der Modemacher, Stylisten, Berichterstatter stoßweise aus zu den „Offsite“-Schauen. Renommierte Marken wie ehrgeizige Talente zeigen die Entwürfe für Herbst 2014 nicht einfach im Zelt an der Straße des 17.Juni, sondern an speziellen Plätzen. Diesmal kamen zu Ehren: eine Eisenwarenhandlung und ein Stummfilmkino, der Glaskuppel-Salon des Hotel de Rome gehört zum Repertoire, neu waren Theatersäle verschiedener Epochen. Mehr als 50 Schauen bei der Mercedes Benz Fashion Week: Wer den ehrgeizigen Plan nur annähernder Vollständigkeit ins Auge fasst, schaltet unweigerlich auf Grobscan-Modus. Hinkommen, Location checken, Mode sehen, weiter.  

Das schafft einen seltsamen Mix aus Sättigung und Euphorie. Irgendwann kommt es jedem im Publikum so vor, als hätte er die abgefahrenste Fabrikhalle, die schönste Art Deco-Bühne schon ermüdend oft gesehen. Das ist insofern bemerkenswert, als Berlin ja stolz ist auf Authentizität in der Party- und Eventszene, die wohl immer schon ein Trugbild war. Nicht so protzig aufgeföhnt wie Düsseldorf, nicht so routiniert wie München – Berliner Luft eben, aber bei der Fashionweek regiert der schnelle Konsum. Sensationell und „nicht so wow“ liegen nahe beieinander.  

Bei allem Aufwand um Orte und neuerdings begehrte Livebands – das Zentrum der Schauen bleiben die Kollektionen. Und da gab es einen Wettkampf zu sehen, der angeblich keiner war. Nicht nur Kaviar Gauche, die Marke von Alexandra Fischer-Roehler und Johanna Kühl, feierte Zehnjähriges, auch Lala Berlin wurde 2004 gegründet. Konkurrenz? Davon will keiner etwas wissen. „Ist doch toll, beide stehen für Berlin“, sagt strahlend Schauspielerin Bettina Zimmermann, und Heike Makatsch ist ganz diplomatisch Gast beider Präsentationen im jeweils angepassten Outfit.  

Kaviar Gauche ließ sich für elegant fließende Schwarz-Weiß-Modelle mit Einsprengseln in Koralle bejubeln. In freizügige Blusen verwandelte Smoking-Elemente, Hüte, Federkleider: eine Edel-Hippie-Kollektion, passend inszeniert unter Murano-Lüstern zu schwermütiger Rockmusik. Auch Lala Berlin macht sich immer feiner, und vielleicht war der Applaus im lichten Palazzo Italia noch etwas stürmischer – schließlich hatte Leyla Piedayesh mal mit Schals angefangen. Sie zeigte bodenlange Wollmäntel, schmale Kleider mit Blockstreifen aus Spitze, Strick und Seide in Dunkelblau oder Orange mit gewohnt sicherem Blick für effektvolle Muster. Zwei starke Auftritte, und solange diese Aushängemarken Gäste und Einkäufer begeistern, muss den Machern der Modemesse wohl nicht bang sein. Dass Esther Perbandt mit ihrem androgynen Minimalismus eine dritte, ganz andere Zehn-Jahre-Schau aufzog, dürfte wiederum denen gefallen haben, die in den arrivierten Geburtstagskindern kaum noch die jungen Wilden erkennen.  

Trotz dieser doppelten Selbstversicherung, als Experimentierfeld und Modestandort: Natürlich bleibt es beim großen Branchentreff ein Thema, dass die Fashionweek international klangvolle Namen wie Boss und Escada verloren hat. Dass Nachwuchsmarken wie Mongrels in Common von verschwanden und weitere Designer wie das italienische Label Dimitri abwandern. Der Designer Dimitrios Panagiotopoulos brachte als Publikumsliebling tragbare Luxusmode mit globalem Anspruch nach Berlin – ein Feld, das nun das Mannheimer Label Schumacher als Spezialist für Klasse und Stil fast alleine bespielt, wenn man von den deutlich gediegeneren Entwürfen der Häuser Laurèl, Marc Cain oder Blacky Dress absieht.  

Dorothee Schumacher, europaweit auf Expansionskurs, erlaubte sich auch in der Kollektion für Herbst/Winter 2014 keinen Ausrutscher. Ihre Show ist ein Magnet für die Prominenz – und der nette Herr am Laufstegrand im Großeinsatz: Als eine Art Runway-Zerberus , allerdings der sanften Sorte, muss der Mann im dunklen Anzug bei zu großer Verspätung den Teppich freiräumen und schnatternde Schauspielerinnen auf ihre Plätze treiben. „Gut jetzt!“ ruft er dann und klatscht in die Hände. Schumacher nutzte die Bühne für ungewohnt rau Kantiges wie Oversize-Jacken in Blau und olivfarbenem Craquelé-Lack oder die Gegensätze von weichem Strick und mehrlagigem Tüll. Manche Mannequins trugen sogar flache Schuhe, eine Rarität bei Schumacher als Tribut an veredelten Grunge.  

Berlin ist die erste Station im Modemarathon zum Jahresauftakt und wird gern als Trendbarometer gesehen. Solche Vorhersagen sind mit Vorsicht zu genießen, aber bei den Farben können sich Frauen im kommenden Herbst demnach auf eine gedeckte Palette einstellen. Gedämpfte Grüntöne, Burgunder und Schwarz samt jeder Schattierung von Grau, die Dawid Tomaszewksi in einer als Herbstblätter-Landschaft inszenierten Schau virtuos zeigte, mit strengen Military-Mänteln oder einem Twinset aus Tüll, Wolle und Kristallsteinen.  

Die Modeblogger schicken nach den Präsentationen hastig Prognosen um die Welt, in der Lobby des Zelts, wo jeder Reporter mit Stift auffällt unter den Nutzern papierflacher Geräte („Interessant, Sie schreiben mit der Hand, für wen arbeiten Sie?“). Als eine Haupttendenz für die Saison 2014/15 wurde Leder ausgemacht: Kaum ein Designer, der in Berlin nicht mindestens ein Stück aus dem Naturmaterial zeigte. Ob als weich fallender Rock wie in der schönen Auftaktshow von Hien Le, oder sperriger verarbeitet bei Achtland und Kilian Kerner. Das Duo Augustin Teboul mixte die Haut mit Netz-Geweben, Malaika Raiss, neuer Liebling der Berliner Szene, setzte auf Färbungen in Pastell und Metallic.  

Ein echter Hype, da mag Stella McCartney noch so für biologisch abbaubare Imitate plädieren. Wie passend, dass das Leder auch einige der geförderten Jungdesigner in Christiane Arps „Vogue Salon“ beschäftigt. Und dass ein schwarzes Ledertop prompt auf dem Titel der neuen Harper’s Bazaar prangt. Den Berliner Ableger des US-Magazins feierte der Burda-Verlag mit einer sehr langen Partynacht im Grill Royal. Chefredakteurin Margit J. Mayer durchschritt mit Grandezza das Gedränge und ließ wissen, wie sehr sie Diana Vreeland bewundere. Die legendär exzentrische Bazaar-Modechefin der 50er Jahre sei „ völlig verrückt, aber super, super smart“ gewesen. Und, ergänzt Mayer, „ein Medium“. Schwingungen zu erspüren, Stimmungen, die in der Luft liegen, ist wichtig für die Mode. In ganz seltenen Berliner Momenten geschieht genau das.

40 Fakten über den 40-jährigen Kim Dotcom

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1. Geboren wurde Kim Dotcom am 21. Januar 1974 unter dem Namen Kim Schmitz in Kiel.

2. Heute lebt er (in zweiter Ehe) mit seiner 14 Jahre jüngeren Frau Mona und fünf Kindern in Coatesville in Neuseeland.

3. Zu Hause ist Dotcom in einem Haus in der Nähe von Auckland, das RTL Ende 2013 als "30 Millionen Villa" beschrieb, im Spiegel wurde es ein "25-Millionen-Dollar-Anwesen" genannt.





4. Neuseeländische Medien nannten das Haus die teuerste Privatimmobilie des Landes.

5. In jedem Fall ist das Grundstück sehr groß, in zahlreichen Porträts spielt ein schwarzes Golfmobil eine große Rolle, mit dem Kim Dotcom sich auf dem Gelände fortbewegt.

6. Während des Besuchs des RTL-Reporters Jenke von Wilmsdorf ließ sich Dotcom beim Schwänefüttern filmen und gestand, in seiner Frühphase die private Kommunikation des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl gehackt zu haben.

7. Nach dieser Frühphase war der "sympathische Multimillionär" (Harald Schmidt) u.a. als "Kimble" unterwegs.

8. Später nannte sich der Mann, der die deutsche und finnische Staatsbürgerschaft hat, "Kim Tim Jim Vestor" und "Kimvestor".

9. Außer Wortspielen mit seinem Namen, mag Kim/Kimble/Kimvester auch Wortspiele mit Mega.

10. Megaupload war der Name des Sharehosters, der Dotcom im Jahr 2012 Ärger und anschließend großen Ärger einbrachte.

11. Mega heißt auch der Nachfolger der Site, der auf Verschlüsselung setzt.

12. Nach den Terror-Anschlägen vom 11. September setzte Kim Dotcom ein Kopfgeld von zehn Millionen Dollar für die Ergreifung von Osama bin Laden aus.

13. Das FBI (mit dem er zehn Jahre später in Kontakt kommen sollte) hatte eine Summe von fünf Millionen US-Dollar ausgeschrieben.

14. Etwa zur gleichen Zeit war der gebürtiger Kieler mit Meldungen über eine Pleite seiner Firmen in den Medien. Die Terror-PR passte also gar nicht schlecht.

15. Zu Beginn der Nullerjahre tauchte Kim häufiger im Zusammenhang mit juristischen Problemen in den Medien auf. Damals nannte er sich "Royal Highness Kimble the First".

16. Nach seiner Bewährungsstrafe wegen Untreue im Jahr 2003 wurde er vom Stern so beschrieben: "Noch bei seinem Prozess im Mai vergangenen Jahres spielte der damals aus der Untersuchungshaft vorgeführte Schmitz den lockeren Lebemann und plauderte über seine "Erfahrungen" mit den Töchtern des Gefängnisdirektors."

17. Auslöser für diesen marketingwirksamen Lebensstil war ein Autounfall, den Kim Dotcom vor zwanzig Jahren auf dem Weg von München nach Berlin hatte. Seitdem habe sich sein Blick aufs Leben verändert: "Ich mache, was mir gefällt, das Leben ist kurz und man weiß nicht, wie viel Zeit man hat. Ich will einfach ein tolles Leben."

18. Zu diesem Lebensstil zählten häufige Auftritte in der Klatschpresse, große Yachten und Kontakte zu Frauen, die zum Beispiel auch mit Dieter Bohlen bekannt waren.

19. Seit Kim Dotcom in Asien lebte, hat er sich nach eigenen Angaben komplett verändert. 2007 habe er in einem Nachtclub in Manila seine heutige Frau Mona kennengelernt.

20. Die beiden haben heute fünf Kinder - "alle durch künstliche Befruchtung", erklärt Kim Dotcom in einer Biografie, die 2013 in Neuseeland erschien.

21. Das Buch heißt "The Secret Life of Kim Dotcom" und  lieferte einige Details, die 2013 in den deutschen Medien aufgenommen wurden.

22. Kim Dotcom hatte demnach eine schwere Kindheit. Sein Vater war Alkoholiker und habe die Mutter oft geschlagen.

23. Heute ist Kim Dotcom ein begeisterter Computerspieler, besonders erfolgreich ist er in "Call of Duty".

24. Ende 2011 war er der weltweit beste Call-of-Duty-Spieler. Laut Guardian sagt der Gamer Dotcom über sich selber: "I have a really good kill: death ratio."

25. Zur gleichen Zeit sorgte er auch als Musiker für Aufsehen. Anfang des Jahres erscheint sein zweites Album namens "Good Times".

26. Für seinen Megaupload-Song gewann er im Jahr 2011 zahlreiche prominente Musiker, die ihn unterstützten.

27. Im Sommer 2012 begann er dann selber zu singen. Zunächst erschien sein John-Banks-Song, mit dem er sich in eine neuseeländische Politiker-Debatte einschaltete.

28. In "Mr. President" machte Kim Dotcom dann seinen weltpolitischen Anspruch deutlich.

29. Zu Bildern von Martin Luther King und Anonymous singt Dotcom: "The War for the internet has begun". Der Song war als Antwort auf seine Verhaftung vor zwei Jahren gemeint.

30. Im Januar 2012 war Kim Dotcom in Neuseeland verhaftet worden. Die US-Bundespolizei FBI hatte die Aktion gemeinsam mit Behörden in Deutschland und Neuseeland gestartet. Seitdem ist sein Vermögen eingefroren. Monatlich bleiben ihm - nach Medienberichten - 30.000 Euro.

31. Der Vorwurf gegen den Betreiber des Sharehosters Megaupload, der Streamingplattform Megavideo und ähnlicher Angebote lautet: "massive weltweite Urheberrechtsverletzungen". Laut US-Justizministerium geht es um einen Schaden für die Rechteinhaber von mehr als 500 Millionen US-Dollar.

32. Dass Dotcoms Zeilen aus "Mr President" zwei Jahre später eine andere Bedeutung bekommen könnten, hat vermutlich niemand erwartet. Diesen Krieg ums Internet will Dotcom jedenfalls nicht mehr nur als Musiker, sondern jetzt auch als Politiker führen.





33. Bei den neuseeländischen Parlamentswahlen wird eine von Dotcom gegründete Partei antreten, deren Logo er via Twitter verbreitete.





34. Kim Dotcom selber kann nicht kandidieren, weil er nicht neuseeländischer Staatsbürger ist.

35. Dass er die Fähigkeit zum Politiker allerdings hat, zeigte er im Sommer 2013 bei einer Auseinandersetzung mit dem neuseeländischen Premierminister.

36. Eigentlich sollten die Parteigründung und der Geburtstag mit einer großen Party gefeiert werden. Aus Sorge um negative Folgen für die Wahl wurde die Party aber abgesagt.

37. Politsch will sich Dotcoms Internetpartei für das Netz und gegen Überwachung einsetzen.

38. Wie glaubwürdig das ist, werden die neuseeländischen Wähler entscheiden. In dem Buch No Copy von Jan Krömer und Evrim Sen gibt es aber ein in diesem Zusammenhang interessantes Porträt des noch jungen Hackers Kimble. Man kann den Text hier online nachlesen. Darin kommt es zu folgendem Dialog:

»Da meine Mailbox für viele Computerfreaks die erste Anlaufstelle war, konnte ich von dem Insiderwissen der Leute profitieren. Ich selbst brauchte nicht viel zu tun. Ich habe einfach die Hardware zur Verfügung gestellt und alles am Monitor beobachtet.«

»Sie konnten die Mails von anderen lesen?«

»Na klar, ich war doch der Verwalter meines eigenen Systems. Jeder Systemoperator hat höchste Privilegien, die kein anderer Benutzer im System hat. Ich konnte Mails lesen, User rausschmeißen, Accounts sperren. Du warst Systemgott, wenn du Op warst.«

»Dann wussten die Leute, dass Sie ihre Mails lasen?«

»Natürlich nicht, sonst hätten die kein Vertrauen mehr in die Box gehabt. Es war damals so, dass man dem Sysop vertraut hat. Das war eine Art Ehrencodex, dass der Sysop die Mails der anderen nicht liest. Die Leute waren eben bescheuert.«


39. Seine musikalische Karriere ist ihm ebenfalls wichtig. Im Interview mit dem Guardian berichtet er davon, mehrmals bei den Aufnahmen zu seinem Album geweint zu haben. Der kreative Prozess des Musizierens sei emontional sehr aufwühlend.

40. Das Ergebnis namens "Good Times" erscheint rund um Geburtstag und Parteigründung am 20. Januar. Herzlichen Glückwunsch!

Der Sonntag mit... Hervé Salters von Burning House

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Name: Hervé Salters
Alter: 43
Geburtsort/Wohnort: Ich komme aus Paris, bin im vergangenen Jahr nach Berlin gezogen.
So erkläre ich meinen Job meiner Oma: Ich bin Musiker. Ich spiele Keyboard und singe. Außerdem produziere ich Alben. In der Regel beinhaltet meine Arbeit ein bisschen Funk.
Mein liebster Wochentag: Ich mag sie alle. Wenn man sein Geld mit etwas verdient, was man liebt, ist jeder Tag ein guter Tag.
Aktuelle Projekte: Burning House, eine neue Band, bestehend aus Chief Xcel von der HipHop-Gruppe Blackalicious aus San Francisco und mir. Wir haben gerade unser erstes Album „Walk Into A Burning House“ veröffentlicht. Das Video zur Single gibt’s hier:
 



9:00 Uhr: Wir beginnen Sonntage meistens mit etwas Besonderem zum Frühstück. Heute hat meine Frau Sarah Chouquettes gemacht, das ist französisches Gebäck. Und Sarahs Chouquettes sind die besten, die es gibt. Ehrlich!
 



Ich kann keinen Tag starten ohne gute Musik. Sonntags fühlt sich Soulmusik immer gut an. Heute: Curtis Mayfields „Sweet Exorcist“-Album. Chouquettes und Curtis Mayfield – wundervoll!
 



11:30 Uhr: Ich gehe jeden Tag in mein Tonstudio, auch sonntags. Allein um zu checken, ob das Feuchtigkeitslevel noch gut für die Keyboards ist. Das Studio ist in einem Keller, und manchmal muss ich dort unten einen Luftentfeuchter anstellen.
 



Das Feuchtigkeitslevel ist heute knapp über 50, was perfekt ist.
 



Unser Mixer hat uns gerade eine alternative Version unseres Songs „Post Party Stress Disorder“ geschickt. Ich höre sie mir an und mache Notizen für Änderungen.
 



13:30 Uhr: Ich komme nach Hause und sehe meinen Sohn Jules, wie er einen Kürbiskuchen mit seiner Mutter backt. Bevor wir nach Berlin kamen, haben wir sechs Jahre in San Francisco gelebt, weshalb wir immer noch einige typisch amerikanische Desserts auftischen.
 



Jules hat einen kleinen Pilgerhut gemacht, um den Kuchen zu dekorieren.
 


 
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15:30 Uhr:
Wir lassen den Kuchen abkühlen und gehen ein bisschen spazieren.
 



Wir schlendern durch diesen tollen Park in der Nähe unserer Wohnung. Er liegt zwischen einem Friedhof und dem alten Flughafen Tempelhof. Es ist alles noch sehr unberührt und wild bewachsen hier.
 



16:30 Uhr: Wir erreichen den Flugplatz und gehen auf der Start- und Landebahn spazieren. In meinen Augen ist das hier einer der schönsten Orte in Berlin. Unglaublich viel Platz und Freiheit, die man hier hat.
 



Sarah, Adèle und Jules auf dem Flugplatz.
 



17:30 Uhr: Zu Hause gibt es Abendessen.
 



19:30 Uhr: Weil es noch früh ist, haben wir noch genug Zeit, uns einen Film anzusehen, bevor die Kinder ins Bett gehen. Wir entscheiden uns für „The Hidden Fortress” von Akira Kurosawa.
 



22:30 Uhr: Ein bisschen lesen, bevor die Lichter ausgehen. Ich habe mir kürzlich ein paar Klassiker vorgenommen, die ich noch nicht gelesen habe. Im Moment ist es Dostojewskis „The Idiot“. 

Weiterfressen und aufs Wasser glotzen - die Wochenvorschau

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Wichtigster Tag der Woche: Mittwoch, denn da bespreche ich mittags ein interessantes Projekt und gehe abends hoffentlich aufs EgoFM-Marteria-Konzert in der Tonhalle.  

Politisch interessiert mich: Im Moment mal wieder überhaupt nichts richtig. Bin, wie so oft, ziemlich angefadet und verdrossen von der sogenannten Politik. Oder gleich mit Marteria gesagt: "Ist mir egal, es ist all egal, ich hab neue Nikes."

Schnell erledigen: Mal wieder einige Ausstellungen. Ich denke ja nämlich immer erst: Ach, die geht ja noch ewig, und dann: Hä, warum isn die jetzt schon wieder vorbei? Deshalb: Bis Ende Januar stehen dringend auf meiner Liste: die Bernd-Eichinger-Ausstellung Alles Kino im Kunstfoyer der Versicherungskammer Bayern (Ja, der Ausstellungstitel ist so anziehend wie eine Media-Markt-Werbung - aber davon darf man sich nicht abschrecken lassen wurde mir zugetragen), Richard Artschwager im Haus der Kunst und den sogenannten Atlas von Gerhard Richter im Kunstbau. Über den kann man natürlich streiten: Muss man wirklich jede noch so staubige Krimskrams-Schublade eines Künstlers zum Kunstwerk erheben und das Ganze dann noch so weltformelmäßig benennen? Andererseits sammle ich selbst so gern irgendwelche Postkarten und Schnipsel und fühl mich dabei so analog-tumblr-künstlerisch - also, was soll ich groß sagen, ich wills sehen. Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich beim Rausgehen wahnsinnig drüber aufregen muss.



Robert Redford in "All Is Lost".

Kinogang? Ich muss dringend noch die "Tribute von Panem - Catching Fire" sehen. Normalerweise rutschen ja Filme mit Namen, bei denen mir sofort blaue Figuren, Panflöten und Wanderhuren vorm inneren Auge aufploppen, konsequent an meinem Aufmerksamkeitshorizont vorbei. Aber nachdem meine kleine Schwester mich neulich an den ersten Teil herangeführt hat, kann ich es nicht erwarten die Fortsetzung zu sehen. 

Ansonsten natürlich: All is lost wegen Meer-, Naturgewalten- Katastrophen- und Melodramasehnsucht.

http://www.youtube.com/watch?v=Lk_R04LfUQU

Wochenlektüre: Am Flughafen habe ich letztens das neue Galore-Magazin mit den besten Gesprächen aus fünf Jahren vor Einstellung des Hefts im Jahr 2009 gekauft. Unbedingt lesenswert! Neuerdings erscheint das Heft ja sogar wieder regelmäßig, nur eben als App. Auch die will ich mir jetzt unbedingt besorgen. Ansonsten habe ich mir vorgenommen, mal mit dem Lesen von Haruki Murakami anzufangen. Ich bin bisher aus irgendwelchen Gründen nie über seine Kurzgeschichten (die ich sehr mochte) hinaus gekommen.

Geht diese Woche gut: Weiterfressen.

Geht diese Woche gar nicht: Wieder mit Sport anfangen.

Soundtrack der Woche? Ich erhebe ja immer keinen Anspruch auf Aktualität was Songs angeht, deshalb ist meine derzeitige Lieder-Top 5 oll wie eh und je (aber geil!):  "Space Oddity" von Bowie, "See you all" von Koudlam, "Amsterdam" von Jaques Brel und in der Kitscho-Mainstream-Abteilung: "Wrecking Ball" von Miley Cyrus und "Diamonds" von Rihanna. Zu letzterem Song ist ja mein Lieblingsvideo dieses hier (vor allem Minute 3:50 bis 5:00 - yesssss, BÜHNENREGEN!):

http://www.youtube.com/watch?v=_S1hCYgsmCk

Wenn ich irgendwo anders sein könnte… würde ich mich für ein paar Tage im von Rem Koolhaas entworfenen und gerade erst eröffneten nhow-Hotel in Rotterdam einmieten und den ganzen Tag auf den Hafen glotzen.

Die Unbeschriebenen

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Immer, wenn ich „abgefahren“ sage oder wenn ich „hart“ als verstärkendes Adjektiv vor andere Adjektive stelle, also: „hart geil“, „hart scheiße“ oder „hart lustig“, wird mir wieder einmal klar, dass ich leider auch ein bisschen jemand bin, der ich eigentlich auf keinen Fall sein möchte. Nämlich ein Mitläufer. Ich habe mir die Worte bei irgendjemandem abgeguckt, wahrscheinlich in der Uni. Wenn ich „hart geil“ sage, klingt das ziemlich teeniemäßig, pubertär und nach Jugendwortlexikon, und ich finde, dass das eigentlich alles gar nicht so gut zu mir passt. Aber ich habe wie so oft keinen großen Einfluss auf meine Adaptionsangewohnheiten, es passiert mir einfach.





Und so geht es, glaube ich, 98 Prozent meiner Freunde und Bekannten. Immer wieder schleichen sich bei ihnen so Universalverhaltensweisen und Sprachgewohnheiten ein, die mich befremden, weil ich sofort weiß: Das hat die jetzt von ihrer Mutter und ihren Kaffeefreunden übernommen. Oder: So sind die gerade alle in ihrem neuen Dunstkreis aus der Arbeit. Oder: Das hat die doch aus ihrem Auslandsjahr mitgebracht. Die allermeisten aber imitieren regel- bis mittelregelmäßig das, was sie in amerikanischen Filmen und Serien sehen. Sie kultivieren „Uptalk“, das Hochziehen des Tons am Ende des Satzes, so dass jede Aussage wie eine Frage klingt. Oder formen ihre Lippen zu einem „Oh my god“ und reißen dabei affektiert die Augen auf wie Reese Witherspoon, Oprah Winfrey oder meinetwegen Will Farrell. Es gibt dann immer diejenigen, bei denen so eine Imitation ganz okay wirkt, weil die entsprechenden Personen vielleicht musikalisch sind oder gute Schauspieler, aber bei vielen klingt die Adaption sehr hölzern und unecht. Das ist dann immer ein bisschen beschämend, weil die Hilfosigkeit des Auch-so-sein-Wollens so deutlich wird. Oft denkt man sich: Du wärst viel schöner und interessanter, wenn du einfach du selbst wärest und deine eigenen Ausdrücke finden würdest.  


Dabei sollte ja an dieser gegenseitigen Imitation nichts besonders schlimm sein, immerhin ist das Nachahmen und Aneinanderanpassen die Grundlage unserer Kommunikation. Im Kleinen, auf Cliquenebene oder im Berufsleben nennt man einen gemeinsamen Slang auch „Soziolekt“. Man entwickelt eine gemeinsame Sprachtonleiter, bedient sich an einem gemeinsamen Wortschatz, lacht über einen gemeinsamen Humor und imitiert sogar Gestik und Mimik.

Ich kenne vielleicht vier, fünf Menschen, denen es gelingt, einfach nur sie selbst zu sein. Ich nenne sie in meinem Kopf immer die „Unbeschriebenen“. In einem Kreis von 25 Leuten ist vielleicht eine Person eine solche unbeschriebene Person. Sie entzieht sich dem ganzen Aneinanderanpassen auf mysteröse Art. Wie durch eine unsichtbare Hülle ist sie vor den übergreifenden Verhaltensweisen der anderen geschützt. Sie benutzt keine Saisonworte, guckt sich keine Gestiken ab und plappert einem nie nach dem Mund. 

Eine von ihnen ist eine meiner Schwestern. Als wir nach Bayern zogen, war sie vielleicht fünf Jahre alt. Während meine anderen Geschwister, die älter waren, meine Mutter und ich ziemlich schnell anfingen, mehr oder weniger glaubwürdig eine bayerische Farbe in unsere Sprache zu integrieren, geschah es bei ihr einfach nicht. Dabei hätte sie als eine der jüngsten die allererste sein müssen, die den Dialekt des neuen Umfeldes adaptiert. Bis heute aber sagt sie am Ende einer Frage "ne?", statt "ge?" - während ich, die damals zehn war, schon nach drei Monaten nur noch "ge?" sagte.

Ich beneide sie immer wieder für diese Souveränität. Sie zieht sich durch ihr gesamtes Wesen. Alles, was sie tut, tut sie mit Bedacht. Obwohl sie immer stilvoll gekleidet ist und sich von weitem nicht besonders von Mädchen in ihrem Alter unterscheidet, sind es vor allem die winzigen Sachen, die sie eben doch sehr von diesen anderen unterscheiden. Sie würde sich nie die Haare zu einer Mitte-Zwiebel auf den Kopf knödeln, weil es gerade cool ist. Nie würde sie trinken, nur weil sich gerade alle ein Bier aufmachen. Nie essen, nur weil gerade alle essen, nie Slangworte benutzen, nur weil andere sie benutzen. Und trotzdem ist sie kein Spießer, Spielverderber oder nerviger Kontrollfreak. Sie findet einfach nur in jeder Hinsicht ihre eigene Sprache. Sie hat auch ihr ganz eigenes Erstaunt-Sein-Gesicht, während ja die meisten anderen, wie bereits erwähnt, nur noch auf eine einzige Weise erstaunt gucken, und zwar auf diese All-American-Reese-Witherspoon-Art. 
 
Die Unbeschriebenen sind keine auffälligen „Freaks“. Es sind nicht die himmelschreienden Exzentriker, die zwar gern „individuell“ und „authentisch“ wären, deren Lautstärke aber meistens doch nur große Anerkennungssucht unterm Deckmantel der Unantastbarkeit ist. Die Unabhängigen, die ich meine, sind die sehr bestimmten, klugen und unaufgeregten Menschen, still, reduziert und sehr konkret in ihrem gesamten Auftreten. In ihrer Nicht-Durchlässigkeit sind sie für mich geheimnisvoll, ich beneide sie. Ich denke, dass sie sich ihrer Sache stets sehr sicher sein müssen. Dass sie relativ angstlos sein müssen. Denn Anpassung ist ja immer auch ein Versuch zu gefallen und einer eventuellen Ablehnung vorzubeugen. Ich glaube leider, dass man sich nicht so sehr dafür entscheiden kann, so jemand zu sein.

Fragt man den Sozialpsychologen Dieter Frey von der LMU München, wieso einige Menschen weniger anfällig für die Imitation ihrer Mitmenschen sind, sagt er zuerst, das habe viel mit dem inneren Halt zu tun. Die Undurchlässigeren hätten meist ein größeres Selbstvertrauen als andere, wahrscheinlich weil ihnen schon früh durch glaubwürdige Personen in ihrem Umfeld Halt vermittelt wurde, oder ein ganz klares Wertesystem. Außerdem, sagt er, seien diese Menschen oft reflektierter. Sie setzten sich ganz einfach mehr mit der Frage auseinander, wer sie sind, was sie können und wer sie sein wollen. Sie beobachten sich genauer. Und erkennen früher, was sie für sich als stimmig und was als künstlich empfinden. Andere wiederum nehmen diese Personen dann auch als gefestigte Persönlichkeit wahr, schenken ihren Worten mehr Gewicht, weil sie auch glaubwürdiger rüberkommen.  

Sehe ich mir meine Schwester an, denke ich: Naja. Ich weiß nicht so richtig, ob ihr wirklich so viel mehr Halt vermittelt wurde als all uns anderen Geschwistern. Freys zweites Argument kommt mir da schon schlüssiger vor. Tatsächlich ist meine Schwester sehr viel zurückhaltender und ruhiger, und daher vielleicht auch reflektierter als ich. Sie sieht sehr genau hin, durchschaut, wie die Menschen funktionieren, weil sie sich selbst gar nicht so sehr in den Mittelpunkt stellt. Sie ist Betrachterin, nicht Darstellerin. Denke ich an die anderen Unbeschriebenen, die ich kenne, stelle ich bei allen von ihnen diese eine Gemeinsamkeit fest: Sie sind Betrachter.

Ich hingegen, mit meiner schnellen Anfälligkeit, irgendwo herum zu kumpeln, bin öfter mitten im Geschehen als am Rande, und sehe die Welt in so einem Moment sehr subjektiv. Ich nehme mich immer erst später heraus und betrachte das Vergangene aus einer allumfassenderen, rationaleren, objektiveren Warte. Es gefällt mir nicht, dass ich wahrscheinlich eher auf der anderen Seite stehe, selbstdarstellerischer und egomaner unterwegs bin. Es macht mir Angst. Bin ich jemand, den ich selbst doof fände? Bin ich zu laut und zu aufdringlich, zu naiv-unreflektiert?   

Gern würde ich lernen, ein bisschen mehr so zu sein wie die Unbeschriebenen. Oft wache ich nach Abenden mit viel Wein und Menschen auf und schäme mich, schon wieder so viel und laut gequatscht zu haben, von hier nach da geschwirrt zu sein, aufgedreht gewesen zu sein. Abende, an denen die anwesenden Unbeschriebenen in irgendwelchen Ecken standen und bei sich geblieben sind. Nicht so viel getrunken haben. Früher gegangen sind. Sie selbst geblieben sind.

Andererseits: Bin ich nicht auch einfach ich, nur eben nicht so kontrolliert? Kann das nicht auch eine Gabe sein?
Frey zum Beispiel sagt: klar. Die Anpasser seien nicht automatisch die blöderen oder schlechteren. Oft hätten sie durch ihre Anpassungsfähigkeit auch einen Vorteil: Sie sind offener, weniger befangen, können sich schnell auf Menschen einlassen, sie eben ankumpeln und sich in einem neuen System viel schneller einleben. Auch: schneller umswitchen. Ihre fehlende Verwurzelung ist in dieser Hinsicht auch eine Bereicherung. Sie stecken nicht so schnell irgendwo fest und kommen viel eher raus aus ihrer Haut. 
 
Ergibt es also überhaupt Sinn für mich, eine Unbeschriebene werden zu wollen? Offenbar bin ich ja nicht so. Wahrscheinlich ist das einzige, was mir übrig bleibt, mich ab und zu daran zu erinnern, nicht zu viel zu adaptieren. Meinen Slang, meine Angewohnheiten zu reflektieren: Fühlen die sich wirklich richtig an? Oder hab ich mir die jetzt nur angeklebt, um jemand anderem zu gefallen?

Mir hat mal jemand gesagt, ein gutes Rezept gegen zu viel unreflektierte Verausgabung (die den Unbeschrieben seltener passiert, weil sie besser bei sich bleiben) sei mal darauf zu achten, zu 70 Prozent die anderen Menschen reden zu lassen, und nur zu 30 selbst.

Zuhören lernen also. Dann stellt sich die Selbstreflektion vielleicht von selbst ein, jedenfalls ein bisschen. Und es bleibt ein bisschen mehr Zeit sich zu fragen, ob all das, was man da gerade selbst erzählen wollte, wirklich erzählenswert ist. Und ob die Art, wie man es tut, wirklich so gut zu einem passt. Oder ob es auch einfach reicht, mal kurz an den Rand zu treten, durchzuatmen und einen eigenen Ton zu finden. Mit dem man auch am nächsten Tag noch glücklich ist.

Einmal und nie wieder

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Vor zwei Wochen stand ich am Rande eines Vulkans auf einer Insel im Südpazifik. Genauer: Am Rande eines aktiven Vulkans. Man konnte direkt in den circa 80 Meter entfernten Krater schauen, aus dem der Vulkan alle zwei Minuten ein bisschen und alle zehn Minuten eine Familienpackung Lava hustete. Die Lavabrocken wurden ungefähr 60 Meter in die Luft geschleudert, die Erde unter meinen Füßen bebte, es rummste und knallte, bei besonders heftigen Eruptionen konnte man die Druckwelle aus dem Krater schießen sehen. Das Ganze war das beeindruckendste Naturschauspiel, das ich bisher in meinem Leben gesehen habe.  

Und es wird das einzige Mal bleiben, dass ich einen derart aktiven Vulkan besteige.  



Mount Yasur und eine seiner wilderen Eruptionen an diesem Tag.

Einmal reicht. Ich habe gesehen, was ich sehen wollte. Und der Vulkan war so freundlich, keine Lava über den Kraterrand und zum Beispiel durch meinen Bauch zu schießen. Ich möchte ihn (oder seine Genossen) nicht unnötig herausfordern.  





Wenn man drüber nachdenkt, gibt es viele Dinge, die Menschen nur einmal in ihrem Leben tun, und dann beschließen, es fortan bleiben zu lassen. Ein Bungeesprung ist für viele ein „Einmal und nie wieder“-Ding. Andere gehen nie mehr chinesisch essen, weil sie einmal einen Mordsdurchfall bekommen haben. Es gibt neugierige Menschen, die zum Beispiel unbedingt eine bestimmte Droge probieren wollen, um zu wissen, wie es sich anfühlt. Und dann gefällt sie ihnen so gut, dass sie vernünftigerweise sofort beschließen, für immer die Finger davon zu lassen.  

Hattest du auch schon solche Erlebnisse? Gibt es Dinge, die du einmal getan hast und nach deren Erledigung sofort wusstest, dass es keine Wiederkehr und keine Wiederholung gibt? Wenn ja, warum? Aus Angst, Ekel oder Selbstschutz? Um die Einzigartigkeit des Moments zu bewahren?

Der Wert der Wissenschaft

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Wenn es um die eigene Leistung geht, wollen Dozenten von der Meinung ihrer Studenten oft nichts wissen. Das sagt viel über den Stellenwert von Lehre.

Niemand bekommt die Qualität wissenschaftlicher Lehre so sehr zu spüren wie die Studenten. Am Ende sind sie es ja, die in Seminaren und Vorlesungen täglich vom grantigen Professor, der viel lieber forschen als lehren würde, bis hin zum inspirierenden Dozenten alles erleben, was die Hochschule zu bieten hat. Warum also nicht nach deren Meinung fragen, wenn es um die Leistung von Professoren geht? Und womöglich sogar, wenn die Frage nach deren Bezahlung gestellt wird?

Seit die Bundesregierung 2005 die Professoren-Besoldung reformiert hat, ist die Frage nach der Messung von Leistung an Universitäten in den Fokus gerückt. Damals sanken die Grundgehälter der Professoren, zum Ausgleich können sie sich leistungsabhängige Zulagen dazuverdienen. Damit sollte, so wurde hinter vorgehaltener Hand argumentiert, der Faulheit einiger Hochschullehrer vorgebeugt werden. Fachverbände hatten nach der Reform beklagt, dass Zulagen oft „nach Gutsherrenart vergeben“ werden. Vor zwei Jahren hat das Bundesverfassungsgericht der Klage eines Professors stattgegeben. Entweder müssten alle Grundgehälter steigen – oder aber es gibt verlässliche und transparente Zulagensysteme, befand Karlsruhe. Einige Länder arbeiten noch immer die Folgen des Urteils auf.

Und sie mühen sich dabei mit der Kernfrage ab: Wie lässt sich Leistung in der Wissenschaft feststellen? Durch die Anzahl der Publikationen, oder durch den Platz in einem Fach-Ranking? Dieser Frage ist vergangene Woche die Technische Universität München (TUM) auf einer Tagung mit Wissenschaftlern aus ganz Deutschland nachgegangen. Denn besonders wenn es um eine leistungsabhängige Besoldung geht, sind nach Ansicht der Wissenschaft verlässliche Messmethoden rar.

Nur auf die Zahl der publizierten Aufsätze zu schauen, reicht offenbar nicht. Die Teilnehmer schlagen andere, weniger greifbare Ansätze vor. Zahlenmäßige Kriterien in der Forschung sollten um inhaltliche Aspekte ergänzt werden. Zu den inhaltlichen Aspekten zählt Isabell Welpe, Lehrstuhlinhaberin für Strategie und Organisation an der TUM, den „wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn“. Kürzlich hat sie Kollegen befragt, welche Kriterien sie sich wünschen. Das Ergebnis ist dasselbe wie die Quintessenz der Tagung: mehr Augenmerk auf die Innovation der Forschung. Wie kann man die aber wiederum verlässlich messen? Eine eindeutige Antwort blieben die Tagungsteilnehmer schuldig.

Beispiel Lehre: „Welche Indikatoren sind belastbar? Dass der Dozent überhaupt kommt?“, fragte TUM-Präsident Wolfgang Herrmann während der Tagung. Vielmehr sei die Persönlichkeit wichtig für die Motivation von Dozent und Studenten.

Ein Argument also, die Erfahrung der Studenten zu berücksichtigen? Evaluierungen durch Studenten sind an vielen Hochschulen bereits üblich. An der Universität Mannheim und fünf weiteren Unis gibt es beispielsweise seit 2003 ein Online-Evaluierungssystem für Lehrveranstaltungen und Dozenten. Studenten können hier anonym das Auftreten ihrer Hochschullehrer bewerten. Die Fachkompetenz wird ebenso berücksichtigt wie der Umgangston. Doch gibt es ein Problem: Die Auswertung bekommt am Ende nur der Dozent. Ob er sie mit den Studenten bespricht oder ignoriert, bleibt ihm überlassen. Nur wenn sich schlechte Noten häufen, kann es Gespräche mit dem Studiendekan geben. Laut Hochschulrektorenkonferenz spielen an keiner Uni solche Studentenurteile für die Besoldung eine Rolle. „Evaluierungen durch Studenten fließen generell zu wenig in gängige Bewertungsmethoden ein“, sagt Jan Cloppenburg vom Vorstand des studentischen Dachverbands fzs. „Ich habe das Gefühl, dass diese Meinungen allgemein nicht sehr ernst genommen werden.“

Studenten, die über den Gehaltszettel ihres Professors mitentscheiden – auf diesen kühnen Gedanken wollten sich die Wissenschaftler auf der Münchner Tagung ohnehin nicht einlassen.

Böses Gemüse

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Vorsicht vor der gemeinen Kartoffel. In Sambia kann das Wort eine Beleidung sein.

Vorsicht mit dem Wort Süßkartoffel. In Sambia hat ein Oppositionspolitiker es im Radio verwendet, um den Präsidenten zu beschreiben. Nun ist er in Haft, unter dem Vorwurf der Beleidigung. Falls er verurteilt wird, drohen Frank Bwalya bis zu fünf Jahren Gefängnis. Dabei handelt es sich auch im Original, in der Sprache Bemba, um ein eher mäßig pikantes Wort: „Chumbu mushololwa“ meint eine Knolle, die dafür bekannt ist, unbiegsam zu sein. Ein Gemüse, das eher zersplittern und zerbröseln würde, als unter Druck seine Form zu verändern. So wie ein starrköpfiger Mensch.

Dass offener Spott gegen Machthaber überhaupt gewagt wird, ist noch eine recht junge Entwicklung in der Region. Nicht nur wegen der traditionell eisernen Faust der Autokraten. Auch die Hochachtung, die in Afrika den Alten entgegengebracht wird, schützt Politiker wie den 76-jährigen sambischen Präsidenten Michael Sata. Einen „Mzee“, wie ein alter Mann etwa in Kenia ehrfurchtsvoll genannt wird, verspottet man nicht. Aber Sambia ist einer der wenigen Staaten im südlichen Afrika, in denen regelmäßig gewählt wird und sich Machtwechsel einigermaßen ruhig vollziehen. Ein Hauch von demokratischer Kultur – dafür sind schmutzige Wörter dann vielleicht der schönste Indikator, wie auch für eine reiche, vom Landleben geprägte Beleidigungskultur.

Schon der Vorvorgänger des sambischen Präsidenten wurde mit einem Wort aus dem Gemüsegarten belegt: Als einen „Kohl“ hatte ein Journalist 2002 Levy Mwanawasa bezeichnet. Ein scharfer Ausdruck, der Autor kam zunächst in Haft, später wurde das Verfahren eingestellt. Eine zweite berühmte Spitze stammte aus der Welt der Tiere: Ein schwerfälliger Elefant sei der Präsident, hatte 2004 ein Brite namens Roy Clarke geschrieben, der mit einer Sambierin verheiratet war und für eine örtliche Zeitung schrieb. Der Artikel spielte auf den Roman „Farm der Tiere“ von George Orwell an, andere Regierungsmitglieder wurden als Schlangen, Giraffen oder Krokodile bezeichnet. 24 Stunden gab der Innenminister dem Briten, um das Land zu verlassen.

Konkurrenzlos oft beleidigt ist in der Region freilich weiter der Machthaber Simbabwes, Robert Mugabe, der im kommenden Monat seinen 90. Geburtstag feiern will (während die durchschnittliche Lebenserwartung seiner Landsleute im Laufe seiner Amtszeit von 54 auf 44 Jahre gesunken ist). Wie zum Geschenk für Karikaturisten trägt er ein Hitlerbärtchen, sorgt aber mit einem maßgeschneiderten Gesetz dafür, dass Witze darüber unterbleiben. Das Gesetz gegen die Beleidigung des Präsidenten ist in den vergangenen Jahren Dutzende Male angewandt worden. Erst im Mai wurde der Aktivist Solomon Madzore verhaftet, weil er Mugabe einen „lahmen Esel“ genannt habe. „Dhongi rinokamina“, ein Lasttier, das altersbedingt in den Ruhestand entlassen werden muss.

Erst vor zwei Monaten hat sich ein mutiger Richter in Simbabwe für das freie, auch das schmutzige Wort starkgemacht. Mugabes Anti-Beleidigungsgesetz sei verfassungswidrig. Jedenfalls sollten die Staatsanwälte es nicht mehr so übereifrig gegen Leute anwenden, die „in Trinkhallen und an anderen sozialen Orten“ über den Diktator sprechen. Ob aber im benachbarten Sambia künftig mit weniger Angst geflucht werden darf, das wird sich erst von Dienstag an zeigen: Da wird im Süßkartoffel-Fall die gerichtliche Hauptverhandlung eröffnet. Bei einer ersten Anhörung hat der Oppositionspolitiker Frank Bwalya auf „nicht schuldig“ plädiert. Es war ein Auftritt vor vollgepacktem Saal, wie die Lusaka Times berichtete.
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