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Schauen mit Schnickschnack

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Es war schon mal einfacher, einen Fernseher zu kaufen. Aber was musste so ein altes Röhrengerät auch schon können? Die Programme kamen analog ins Haus, ansonsten gab es als Quelle höchstens Videorekorder. Und heute? Wollen die großen Flachbildgeräte sich andienen als Unterhaltungszentrale im Wohnzimmer, bringen Mails, Twitter- und Facebook-Einträge genauso auf den Schirm wie Youtube-Katzen-Videos oder US-Serien – und die Hersteller verwirren ihre Kunden mit mehr und mehr Fachbegriffen.



 
Besucher fotografieren auf der Elektronikmesse IFA in Berlin eine Wand mit 4K Fernsehern.


Aber wie viel Fernseher braucht man wirklich? Nachdem die meisten Haushalte inzwischen von ihrem Röhrengerät auf eines mit Flachbildschirm umgestiegen sind, stagniert der Markt. Die Hersteller mühen sich daher schon beinahe krampfhaft, in ihre neuen Geräte immer weitere Fähigkeiten einzubauen, wollen so die Kunden dazu verlocken, sich einen neuen Fernseher zu kaufen. Wenn sich auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas von diesem Dienstag an Ströme von Besuchern durch die Messehallen wälzen, werden die Kunden noch mehr solche neue Features bewundern dürfen.

Doch aus Konsumentensicht lohnt es sich kaum, besonders viel Geld für ein neues Fernsehgerät auszugeben. Als Redakteure der Fachzeitschrift c’t vor einigen Wochen große, aber günstige LCD-Fernseher testeten, lautete das Fazit: „Auch die günstigen Modelle sind alles andere als abgespeckte Rudimentär-Fernseher.“ Gute TV-Geräte mit 1,40 Meter (55Zoll) Diagonale für gut 700 Euro sind längst Realität, gut ausgestattete Fernseher der Ein-Meter-Klasse (40 Zoll) bekommt man bereits für um die 400 Euro.

Grund dafür ist der enorme Konkurrenzdruck auf diesem Sektor der Unterhaltungselektronik. Der Markt ist, besonders in den Industrieländern, nahezu gesättigt. In Deutschland zum Beispiel wurden dem Branchenverband Bitkom zufolge 2014 nur 1,1 Prozent mehr Fernseher verkauft als im Jahr davor, 7,9 Millionen statt 7,82 Millionen – und das trotz der Fußball-WM. Der Umsatz ging aber um drei Prozent zurück. 2012 waren noch fast neuneinhalb Millionen TV-Geräte verkauft worden, und der Umsatz lag noch fast 20 Prozent höher.

Zu schaffen macht der Branche auch, dass inzwischen zunehmend chinesische Unternehmen auf den Markt drängen, die – wie auch auf dem Handymarkt – die etablierten Firmen unter Druck setzen. Um dieser Misere zu entfliehen, die auch verbliebene deutsche Hersteller wie Loewe oder Metz in Schwierigkeiten gebracht hat, suchen die Markenhersteller nun nach Wegen, höhere Margen zu erzielen. Zum Beispiel, indem sie Premiumgeräte mit allerlei Schnickschnack anbieten.

3-D gehörte vor einigen Jahren dazu, doch davon redet inzwischen kaum mehr einer. Der zurzeit heißeste Trend ist 4K. Dahinter verbirgt sich ein Standard für ein besonders scharfes Fernsehbild mit knapp 4000 mal gut 2000 Bildpunkten. Doch Sender, die ein Programm dafür ausstrahlen, gibt es kaum. Und es wird auch noch einige Jahre dauern, bis sich das so umfassend ändert, dass sich der Kauf eines 4K-Gerätes für normale TV-Nutzer lohnt. Nur wer sich viele Filme auf Blu-Ray-DVDs ansieht oder Bilder aus einer guten Digitalkamera, profitiert schon jetzt davon.

„Mein Gott, es passiert wieder“

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1992 eskalierten Proteste gegen die zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber in Rostock-Lichtenhagen. Am 24. August wurde das "Sonnenblumenhaus", in dem vietnamesische Asylbewerber untergebracht waren, von rechtsradikalen Randalierern gestürmt und angezündet, mehr als 3000 Menschen sahen zu und spendeten Applaus. Die Bewohner konnten rechtzeitig fliehen. Die Ausschreitungen waren trauriger Höhepunkt einer Welle von Fremdenhass, die Anfang der Neunzigerjahre in Deutschland aufkam.  

Der Spielfilm 
"Wir sind jung. Wir sind stark" des Regisseur Burhan Qurbani zeigt den 24. August in Lichtenhagen aus verschiedenen Perspektiven: Die Protagonisten sind die Vietnamesin Lien, die im Sonnenblumenhaus wohnt, der Politiker Martin, der mit der Situation überfordert ist, und sein Sohn Stephan, eigentlich ein ganz normaler Jugendlicher, der zu den Randalierern gehört.

"Wir sind jung. Wir sind stark" kommt am 22. Januar in die Kinos. 


Burhan Qurbani, 34, hat an der Filmakademie Baden-Württemberg studiert. Seine Eltern stammen aus Afghanistan.

jetzt.de: Die Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen sind jetzt 14 Jahre her, damals warst du elf Jahre alt. Hast du das bewusst miterlebt?
Burhan Qurbani: Ja klar, das lief ja ununterbrochen im Fernsehen. Das hat sich total eingebrannt.

Was hat das in dir ausgelöst?
Ganz normale Deutsche, die aussahen wie meine Nachbarn oder Leute, mit denen ich rumhing, haben plötzlich Menschen angegriffen, die fremd aussahen. Menschen wie mich. Da wurde mir zum ersten Mal klar: Du gehörst hier nicht richtig hin, du bist hier unwillkommen. Als ich älter wurde, habe ich begriffen, wie sehr das meinen Traum von Heimat erschüttert hat.

Hast du deshalb beschlossen, diesen Film zu machen?
Der Grund war eher, dass ich mehr erfahren wollte über Rostock-Lichtenhagen. Als ich vor ein paar Jahren angefangen habe zu recherchieren, war ich echt schockiert, weil ich so wenig Material gefunden habe.

Einige der Hauptdarsteller in deinem Film sind erst Mitte Zwanzig. Was wussten die überhaupt noch?
Wir hatten mehrere Casting-Runden. Als die Darsteller zur ersten Runde kamen, wussten sie oft gar nichts. Beim zweiten Mal haben sie gesagt: "Ich hab mir das im Internet angeguckt, ist ja krass, was damals passiert ist." Das hat uns noch mal darin bestätigt, dass wir diesen Film machen müssen. Dass da 3000 Menschen ein Haus anzünden, war eine zivile Katastrophe. Und dann Mölln, Solingen, Hoyerswerda. . . Es gab einen unglaublichen Rechtsruck in Deutschland. Und wir haben das komplett aus den Augen verloren.



In "Wir sind jung. Wir sind stark" gehört auch Stephan (2. v. l.) zu den Randalierern - kein Neonazi, sondern ein jugendlicher Mitläufer.

Wie bist du die Recherche angegangen?
Zuerst habe ich mir einen Co-Autor gesucht, Martin Behnke, meinen Kommilitone von der Filmhochschule. Wir sind nach Rostock gefahren, haben Interviews geführt mit Leuten, die damals im Sonnenblumenhaus gewohnt haben. Dann haben wir die Politiker, die damals verantwortlich waren, angeschrieben und interviewt. Insgesamt hat es fast ein Jahr gedauert, bis wir dutzende Beteiligte, Täter und Opfer interviewt und damit genug Material hatten, um daraus unser Drehbuch zu schreiben.

Was hast du aus den Gesprächen mitgenommen?
Dass keiner richtig versteht, was damals schiefgelaufen ist. Die Polizei ist nach drei Tagen abgerückt und hat das Haus eine Stunde lang unbeschützt gelassen. In dem Moment ist die eigentliche Katastrophe losgegangen, es flogen Molotowcocktails, das Haus wurde angezündet und von Neonazis gestürmt. Man fragt sich bis heute: Was ist schief gelaufen, wer hatte Schuld?

Es gibt in deinem Film unter den Jugendlichen nur einen "richtigen" Neonazi, die anderen sind eher Mitläufer. Ist das realistisch?
Es gab auf jeden Fall überzeugte Neonazis, aber es war nicht die Mehrheit. Wir haben bei der Recherche auch mit Nazi-Aussteigern geredet, die haben gesagt: "Wir dachten, das ist die völkische Revolution." Die waren total drin, aber die meisten waren ganz "normale" Menschen. Das finde ich persönlich viel gefährlicher als Glatzen mit ihren Bomberjacken. Die kannst du identifizieren, auf die kannst du zeigen, die kannst du in eine Ecke schieben. Wir fanden es schockierend, dass ganz normale Jugendliche plötzlich etwas so Monströses machten.

Sind junge Menschen anfälliger dafür, einfach mitzulaufen, so wie die Jugendlichen in deinem Film?
Ich glaube, das hängt nicht vom Alter ab, sondern hat mit einer inneren Stabilität zu tun. In unserem Film zeigen wir Jugendliche, die verzweifelt nach Identität oder Aufmerksamkeit suchen. Die sind nicht rechtsradikal oder wirklich fremdenfeindlich, aber sie merken, dass kein Mensch sie ernst nimmt.

Das Thema Fremdenhass ist in Deutschland gerade wieder besonders aktuell. Im Dezember wurden in Mittelfranken Flüchtlingsunterkünfte angezündet.
Wir haben diesen Film nicht gemacht, weil wir Deutschland als fremdenfeindlich darstellen wollten. Was gerade in Deutschland hochschwappt, war, als wir 2010 angefangen haben, in anderen europäischen Ländern ja schon längst da. In Osteuropa, Frankreich, Schweden und Holland waren die Rechtspopulisten auf dem Vormarsch. In Deutschland hat das Thema keinen so wirklich interessiert. Erst 2011, 2012, als der NSU aufflog, haben die Leute realisiert, dass es auch hier rechte Kräfte gibt. Im Laufe der Zeit wurde das immer mehr. Was momentan in Deutschland passiert, ist einfach unfassbar.

Spielst du auf die Pegida-Demonstrationen an?
Ja, das Krasse ist doch, dass die Pegida-Leute sagen: "Wir sind das Volk". Das haben die Leute in Lichtenhagen auch gerufen. Ursprünglich war das der Slogan der Bürgerrechtsbewegung der DDR, eines Volkes, das sich befreien wollte. Jetzt nehmen die Leute dieses Motto und missbrauchen es, um ihre kleinbürgerlichen Ängste auf die Straße zu tragen. Und ich muss dann sagen: Meine Eltern kommen aus Afghanistan, aber ich bin hier geboren und aufgewachsen, ich bin einer von drei Millionen Migranten in Deutschland und ich bin auch Teil dieses Volkes. Da bin ich persönlich beleidigt und fühle mich vor den Kopf gestoßen.

Siehst du noch andere Parallelen zwischen der Situation von 1992 und der heutigen?
Pegida versteht sich als Protestbewegung und 1992 haben sie auch gesagt: "Das ist eine Protestaktion." In Rostock gingen Handzetteln rum, die zu einer "Protestaktion gegen die zentrale Aufnahmestelle für Asylsuchende in Lichtenhagen" aufgerufen haben. Außerdem gibt es noch Bilder aus Köln, als zum ersten Mal die "Hooligans gegen Salafisten" auf die Straße gingen. Am Tag darauf hatte die FAZ als Titelbild: zwei Jungs, die Arm in Arm den Polizisten den Mittelfinger gezeigt haben. Dieses Bild könnte genauso in meinem Film vorkommen. Ich habe nur gedacht "Mein Gott, es passiert wieder".  

Fünf Songs für die erste Januarwoche

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Broken Social Scene – Golden Facelift 

http://www.youtube.com/watch?v=7YFWxqnnmqE 

Die Natur ist dem Menschen in Sachen Schönheit, Reinheit und Weisheit weit überlegen – geschenkt. Das von Fans gemachte Video zu „Golden Facelift“ der kanadischen Indie-Rocker Broken Social Scene greift diese Kluft auf und stellt schön-kitschigen Naturaufnahmen einige Geschehnisse aus dem vergangenen Jahr gegenüber. Und, da brauchen wir uns überhaupt nichts vorzumachen: So gesehen war 2014 ein Griff ins Klo. BSC dazu auf Facebook: „2014 has not been without its beauty, but it has also been a year of incredible brutality and all of humanity has a great deal to answer for. This video asks some of those questions.“ Unklar nur, ob Toni Kroos‘ Treffer gegen Brasilien (1.35 Min.) für das Gute oder das Schlechte im Menschen steht.

Rihanna – World Peace (Demo)


http://www.youtube.com/watch?v=uwzr5Yl6Xec


Eigentlich sollte Rihanna nicht stattfinden. Zumindest nicht auf dieser Seite. In diesem Fall ist die Angelegenheit allerdings derart spooky, dass eine Ausnahme gemacht werden muss. Seit Donnerstag tingelt eine Demo-Version von „World Peace“ durchs Netz – verbunden mit etlichen Konjunktiven. „World Peace“ ist angeblich ein neues Lied von Rihanna. Es könnte auf ihrem neuen, achten Album sein. Das wiederum könnte 2015 erscheinen. Und „R8“ heißen. Rihanna meint: „In a perfect world / there would be no lonely ones“. Morrissey – ein letzter Konjunktiv sei erlaubt – könnte entgegnen: „World Peace is none of your business.“


MØ – New Year’s Eve

http://www.youtube.com/watch?v=ALFu4D5NGbg


Den New Year’s Eve haben schon viele besungen. Das schwedische Schwestern-Duo First Aid Kit zum Beispiel, vorher die New Yorker Band The Walkmen und zuletzt unser aller Lieblings-Grantler Tom Waits. Jetzt also die dänische Sängerin MØ. Die grantelt nicht, sondern geht den New Year’s Eve – im Gegensatz zu ihrem hochgelobten Debütalbum „No Mythologies To Follow“ aus 2014 – langsam und sentimental an. Dazu laufen knisternde Partybilder von vor Jahrzehnten.


Jens Lekman – Postcard #1

http://soundcloud.com/jens-lekman/postcard-1#t=1:01


Thema Neujahrsvorsätze: Der schwedische Singer/Songwriter Jens Lekman hat für 2015 angekündigt, während der Arbeit an seinem neuen Album einmal in der Woche seine Gedanken zu notieren und in einen Song zu gießen: Postkarten an seine Fans nennt er das. In „Postcard #1“ singt Lekman zur einfachen Piano-Melodie: „When you listen to this / it’s 2015 / even if you listen to this in 2016 / this Song is a time machine.“ Der Beweis dafür kann dann in zwölf Monaten angetreten werden.


Terror Pigeon! – The Internet

http://soundcloud.com/terrorpigeon/the-internet/


Terror-Tauben – eine Band, dessen Name Programm ist. Eigentlich. Nicht so bei „The Internet“, einem Song des kommenden B-Seiten-Albums „Yucksongs! 2014:(“. Anstelle des gewohnt krawalligen DIY-Indie-Pop (hat jemand Los Campesinos! gesagt?) aus Tennessee ist „The Internet“ eine gefühlige Ballade. Urteil: Steht ihnen gut, diese Zurückhaltung. Wohl dem, der solche B-Seiten hat.

Tagesblog am 7. Januar 2015

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12:28 Uhr: Schon mal den Gesichtsausdruck eines Menschen gesehen, der gerade realisiert, dass er mal von Nicole Kidman angemacht wurde ohne es zu merken?

Jetzt ist das möglich. Ist nämlich live im Fernsehen passiert.

Nicole Kidman war am Dienstag zu Gast bei Jimmy Fallon. Die beiden unterhalten sich über ein früheres Treffen, das Gespräch beginnt ganz normal - bis Nicole Kidman nach etwa einer Minute sagt, dass sie damals auf Fallon stand. Dann merkt der Entertainer, dass ihm damals wohl etwas entgangen ist - im wahrsten Sinne des Wortes. Die Erkenntnis breitet sich langsam auf seinem Gesicht aus, bis da geschrieben steht: "Nicole Kidman wollte mal was von dir. Und du hast es nicht gecheckt. Du Depp!"

https://www.youtube.com/watch?v=qtsNbxgPngA#t=66

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11:42 Uhr:
Ich habe eine Schwäche für kurze Youtube-Videos, die wissenschaftlichen Kram kurz und einfach mit Hilfe von Zeichnungen erklären. Heute habe ich wieder so eines gesehen, dessen Kernaussage kurz zusammengefasst lautet: Mitgefühl ist in der Evolutionstheorie wichtiger, als wir bislang dachten. Und wohlhabende Menschen haben ein Defizit an Mitgefühl.

https://www.youtube.com/watch?v=SsWs6bf7tvI#t=16

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11:30 Uhr:
Drei Dinge, die wir festgestellt haben, als wir über die Meldung sprachen, dass Justin Bieber das neue Unterhosen-Model von Calvin Klein ist:
  • Keiner von uns kann einen Song von Justin Bieber aus dem Stegreif vorsingen.

  • Keiner von uns kann einen Song von Justin Bieber aus dem Stegreif nennen.

  • Calvin-Klein-Models sehen manchmal aus, als hätten sie einen Buckel. Muss eine Nebenwirkung des hochkonzentrierten Bauchmuskelanspannens sein.


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9:57 Uhr:
Musste gerade sehr schmunzeln über diesen Tumblr, den die Kollegen vom Phänomeme-Blog aufgestöbert haben: "Hipstory", eine Mischung aus History und Hipster, die zum Beispiel zeigt, wie Kennedy als Hipster ausgesehen hätte.
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9:17 Uhr:
Kleines politisches Orakeln am Morgen: Die AFD streitet derzeit darüber, wie sie mit Pegida umgehen soll. Die Ko-Parteichefin trifft sich mit den Organisatoren der Kundgebung, ihr Stellvertreter will auf Abstand bleiben. Außerdem zankt man sich in der Lucke-Partei mittlerweile heftig um die Führungsstruktur in der Partei. Ich frage mich: Beginnt da jetzt ein Selbstzerfleischungsprozess, wie man ihn auch bei den Piraten nach ihren ersten Erfolgen beobachten konnte? Schafft sich die AFD selbst wieder ab? Was meint ihr?

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8:30 Uhr:
Guten Morgen. Jetzt ist es soweit: Das Arbeitsjahr beginnt. So richtig. Alle zurück aus dem Winterurlaub, die Zipfelbobs wieder verstaut, die leeren Glühweinflaschen im Altglas. Wir sind voller Begeisterung.
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Zu viele Abgehängte

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Wenn Politiker etwas versprechen, bleiben sie gern im Ungefähren. Konkrete Ziele zu nennen, kann zum Bumerang werden, wenn das Angestrebte verfehlt wird. Insofern war es schon eine Ausnahme, als vor gut sechs Jahren in Dresden Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder die Bildungsrepublik Deutschland ausriefen und sich bis 2015 messbare, anspruchsvolle Ziele setzten. Doch nun steht fest: Ein Teil der bei diesem Bildungsgipfel ausgerufenen Zielmarken lässt sich bis Ende des Jahres nicht mehr erreichen. Dies geht aus einer Untersuchung des Essener Bildungsforschers Klaus Klemm für den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) hervor. In der Studie, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt, heißt es: „Die hohen Zahlen der Jugendlichen ohne Schulabschluss und der jungen Menschen ohne Berufsabschluss bleiben ein zentrales Problem in unserem Bildungswesen. Das deutsche Bildungssystem ist – auch im internationalen Vergleich – unterfinanziert.“



Vor sechs Jahren wurden Ziele festgesteckt, die bis 2015 erreicht werden sollten. Nach einer Untersuchung des DGB werden einige Punkte nicht eingehalten werden. Vor allem die hohe Zahl der Jugendlichen ohne Schulabschluss ist ein Problem.

Schon die erste Messlatte erweist sich jetzt als zu hoch: Anders als in Dresden vorgesehen, wird es nicht gelingen, die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss bis Ende des Jahres zu halbieren. 2013 verließen 5,7 Prozent der Jugendlichen allgemeinbildende Schulen ohne irgendeinen Abschluss. Das Ziel, die Quote von acht auf vier Prozent zu verringern, sei damit „bisher deutlich verfehlt“, stellt Klemm fest. Es sei kaum zu erwarten, dass diese Marke noch in diesem Jahr erreicht werde.

Der Bildungsexperte weist auch auf große Unterschiede zwischen den neuen Ländern und Flächenstaaten im alten Bundesgebiet hin: In Bayern hört nicht einmal jeder 20. Schüler ohne Zertifikat mit der Schule auf, in Mecklenburg-Vorpommern trifft dies auf gut jeden zehnten zu. Ähnliche Differenzen gibt es bei den sogenannten Mindeststandards in Mathematik: In Bremen scheitern daran 11,5 Prozent der Neuntklässler, in Sachsen nur 1,3 Prozent.

Weiterhin hoch ist die Zahl der jungen Erwachsenen ohne Ausbildung: 2013 hatten 1,4 Millionen im Alter von 20 bis 29 Jahren weder eine abgeschlossene Berufsausbildung noch waren sie dabei, eine solche zu erwerben. Das entspricht einem Anteil von 13,8 Prozent in dieser Altersgruppe. Das Ziel des Bildungsgipfels, den Wert von 17 auf 8,5 Prozent zu halbieren, sei damit „bis 2015 völlig ausgeschlossen“, heißt es in der Untersuchung. Besser sieht es bei den Krippenplätzen aus: Bundesweit sollte bis 1. August 2013 für 35 Prozent der unter Dreijährigen ein Betreuungsplatz zur Verfügung stehen. Bis 1. März 2014 lag die Betreuungsquote bei 32,3 Prozent. Vor allem die alten Bundesländer liegen allerdings noch häufig weit unter der Zielmarke.

Fortschritte gibt es bei der Weiterbildung: Bis 2015 sollte sich jeder Zweite zwischen 19 und 64 weitergebildet haben. 2012 lag die Quote bereits bei 49 Prozent. Das Erreichen des 50-Prozent-Ziels bis 2015 sei daher wahrscheinlich, stellt Klemm fest. Er sieht aber eine „soziale Schieflage“: Gerade Arbeitslose, gering Qualifizierte, Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung und aus Zuwandererfamilien nähmen deutlich seltener an Weiterbildung teil. Sie „bleiben somit abgehängt“, schreibt der Bildungsforscher. Diese soziale Chancenungleichheit kritisiert Klemm auch bei den Studienanfängern. Er wertet es als Erfolg, dass die Zahl der Studienanfänger auf weit mehr als die proklamierten 40 Prozent eines Jahrgangs gestiegen sei. Zahlen des Deutschen Studentenwerks belegten aber, dass „unter den Studierenden nur 27 Prozent aus Familien stammen, in denen die Eltern eine Lehre beziehungsweise Facharbeiterausbildung haben, während 50 Prozent aus Familien kommen, in denen die Eltern einen Hochschulabschluss erworben haben“.

Elke Hannack, stellvertretende DGB-Vorsitzende, fordert deshalb „einen neuen Bildungsgipfel noch in diesem Jahr. Bund, Länder und Kommunen müssen zusammen mit den Sozialpartnern eine neue gemeinsame Bildungsstrategie vereinbaren“. Das Bildungssystem produziere „zu viele Bildungsverlierer. Diesen Menschen droht ein Leben in prekären Verhältnissen, die meisten von ihnen werden kaum ihren eigenen Lebensunterhalt verdienen können“. Es seien nicht mehr nur „gute Ganztagsschulen“ nötig. „Wir müssen auch die zahllosen Warteschleifen im Übergang von der Schule in die Ausbildung abbauen und das Nachholen von Schul- und Berufsabschlüssen fördern.“

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) unterstützt die Forderung des DGB nach einem neuen Bildungsgipfel. „Es ist an der Zeit, über alle politischen Ebenen hinweg eine gemeinsame Strategie zu entwickeln“, sagt er. Die erzielten Fortschritte „reichen bei Weitem nicht aus“. Das Kooperationsverbot im Grundgesetz, das eine enge Zusammenarbeit von Bund und Ländern in der Bildung untersagt, sei „anachronistisch, es muss durch die Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen ersetzt werden“.

Auch die saarländische Regierungschefin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) spricht sich für eine gemeinsame Bildungsstrategie bis zum Jahr 2020 aus. Die Zahl der Jugendlichen ohne Schulabschluss sei immer noch „zu hoch“. Nach wie vor gebe es „zu viele junge Erwachsene ohne abgeschlossene Berufsausbildung. Deshalb sollten wir uns mit dem bisher Erreichten nicht einfach zufriedengeben“.

Irland, das islamischste Land der Welt

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Es hat keinen Sinn, gegen eine Islamisierung Europas zu protestieren, denn Europa ist bereits so islamisch, wie Saudi-Arabien es in naher Zukunft kaum werden kann.

Das ist ein Blick von außen, von der anderen Seite des Atlantiks. Professor Hossein Askari von der George Washington University erforscht seit Jahren, inwiefern Länder in ihrer Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik mit den Geboten des Koran in Einklang stehen. Ausgehend vom Ideal einer gerechten islamischen Gesellschaft, untersucht er, wie das Nationaleinkommen verteilt und die Armut bekämpft wird, ob Verträge eingehalten und Gesetze respektiert werden, wie viel Schmiergeld fließt, wie gut Schulen und Krankenhäuser ausgestattet sind.



Die St. Patricks Kathedrale in Dublin. Irland gilt eigentlich als katholisch. Laut Professor Hossein Askari von der George Washington University ist Irland das islamischste Land der Welt.

Ganz oben auf seinem „Islamicity“-Index stehen: Irland, Luxemburg und Dänemark. Kein einziges Land mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung findet sich unter den Top 25. Israel – das brachte Askari besonders viel Kritik in arabischen Ländern ein – liegt bei ihm auf Platz 27 und damit weit vor Saudi-Arabien (Platz 91).

„Der Kern des Islam besteht doch nicht darin, dass man nach Mekka pilgert oder fünfmal am Tag betet oder während des Ramadans fastet oder auf Alkohol verzichtet“, sagt Professor Askari, der aus Iran stammt. „Das ist alles sehr wichtig, aber im Wesentlichen geht es im Islam um Gerechtigkeit. Prophet Mohammed war gegen Armut und gegen Ignoranz. Aber die heutigen Herrscher in den sogenannten muslimischen Ländern setzen den Islam vor allem als Machtinstrument ein.“

Askari zitiert gerne den ägyptischen Großmufti Muhammad Abduh, einen wichtigen Reformer des Islam im 19. Jahrhundert, der sagte: „Ich ging in den Westen und sah Islam, aber keine Muslime. Ich kehrte in den Osten zurück und sah Muslime, aber keinen Islam.“

Askari stammt zwar aus Iran, er wuchs in England auf und ist kein Theologe (er promovierte in Wirtschaftswissenschaften am Massachusetts Institute of Technology), aber seine ökonomische Kompetenz wird auch in den arabischen Ländern hoch geschätzt. Ende der Siebzigerjahre vertrat er Saudi-Arabien in der Geschäftsführung des Internationalen Währungsfonds. Er verhandelte einen Zehn-Milliarden-Dollar-Kredit Saudi-Arabiens an den IWF. In den Neunzigerjahren vermittelte Askari zwischen Iran und seinen verfeindeten Nachbarn Saudi-Arabien und Kuwait.

Er erinnert sich an intelligente und höfliche saudische Bürokraten. „Privat gaben sie mir immer recht, wenn wir über das Wesen des Islam sprachen und über die Lebensbedingungen in den arabischen Ländern. Aber wenn du in diesen Ländern lebst, dann musst du meine Sichtweise offiziell als gefährlichen Quatsch bezeichnen.“

Deutschland belegt auf Askaris Islamicity-Index Platz 26, zwischen Tschechien und Israel. Demonstrationen gegen eine „Islamisierung des Abendlandes“ verfolgt er mit Sorge: „Sie verwischen Begriffe.“ Askari sucht Kollegen und Sponsoren, um eine regelmäßig aktualisierte Internetseite zu Islamicity einzurichten. Im Herbst 2013 eröffnete die Weltbank in Istanbul ein Global Center for Islamic Finance. „Ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt Askari.

Er interessiert sich dafür, wie Religion, egal welche, Wirtschaft beeinflusst. Schließlich schrieb bereits Adam Smith in der „Theorie der ethischen Gefühle“: „Das Glück der Menschheit (. . .) scheint der ursprüngliche Zweck des Autors der Natur gewesen zu sein, als er sie schuf.“

Der lange Kampf der Dame Steve

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Ein malerisches Städtchen unweit von London, angeschmiegt an die ruhig dahinfließende Themse. Viele Reiche residieren hier, auch der verstorbene Ex-Beatle George Harrison hatte sein Anwesen in Henley-on-Thames, wo jeden Sommer eine traditionsreiche Ruderregatta stattfindet. Dame Stephanie Shirley lebt in einem schicken Apartment in Ufernähe. Ihr Arbeitszimmer ist groß: weißer Teppich, ein gläserner Schreibtisch, moderne Gemälde an den Wänden. Durch das Fenster sieht sie die Schiffe auf dem Fluss – „wenn ich mich auf Zehenspitzen stelle“, sagt die 81-Jährige, die 20 Jahre jünger wirkt.

Das vornehme, gepflegte Henley-on-Thames ist so ziemlich das Gegenteil von dem Ort, an dem die gebürtige Dortmunderin in Großbritannien ankam. Stephanie Shirley – sie wurde 2000 von Prinz Charles zur Dame erhoben – stieg im Juli 1939 aus dem Waggon eines Kindertransport-Zugs an der Liverpool Street Station in London aus. Zusammen mit etwa 1000 anderen jüdischen Kindern. Ihre Eltern hatten sie auf eine zweieinhalbtägige Reise mit dem Zug nach Großbritannien geschickt, um sie vor dem Nazi-Terror zu retten. In ihrer Autobiografie schreibt Shirley, dass sie an einem grauen Juli-Tag ankam und dass die Bahnhofshalle, wo die Flüchtlinge auf ihre britischen Gasteltern warteten, nach ungewaschenen Kindern roch. Sie hieß damals noch Vera Stephanie Buchthal.

Dieses fünfjährige Flüchtlingskind sollte gut 23 Jahre später unter ihrem neuen Namen und als britische Staatsbürgerin eine der bemerkenswertesten Unternehmerkarrieren des Vereinigten Königreichs starten. Eine Karriere, die sie zu einer der reichsten Frauen des Landes machte. Bevor sie den Großteil ihres Vermögens spendete und so zu einer der bekanntesten Philanthropinnen wurde.

Shirley – den Nachnamen nahm sie von ihrem Gatten an – erklärt, ein wichtiger Antrieb für ihr unermüdliches Schaffen sei das Schicksal als Flüchtlingskind, als Überlebende gewesen: „Ich wollte immer beweisen, dass mein Leben es wert war, gerettet zu werden“, sagt sie heute. Ihre Eltern entkamen ebenfalls der Judenverfolgung, allerdings baute Shirley nach der frühen Trennung keine enge Beziehung mehr zu ihnen auf. Auch Deutsch verlernte sie.

Für ihren Aufstieg sucht sie sich ausgerechnet eine der Männer-dominiertesten Branchen der Wirtschaftswelt aus: die Software-Industrie. Sie gründet 1962 an ihrem Esszimmertisch mit sechs Pfund Startkapital und einem Telefonanschluss, den sie sich mit einem Nachbarn teilt, eine Software-Firma, die anfangs nur Frauen als Programmierer beschäftigt. Als das Unternehmen 2007 an einen Rivalen verkauft wird, hat es 8500 Mitarbeiter. Shirley wurde so zur Vorkämpferin für Frauen in der britischen Geschäftswelt. Später widmet sie ihr Engagement und viele ihrer Millionen dem Thema Autismus (siehe Text rechts). Ihr einziges Kind war Autist und verstarb 1998 mit 35 Jahren.

Eine Firma aufbauen, gegen Vorurteile in der Männerwelt der Computerbranche kämpfen – und dann zu Hause ein Kind pflegen, das mit seinen Wutausbrüchen eine Gefahr für sich und andere darstellt: Daran wäre nicht bloß die Ehe der Shirleys fast zerbrochen. In ihrer Autobiografie namens „Let It Go“, also „Lass los“, beschreibt die Managerin, wie sie und ihr Mann Mitte der Siebzigerjahre völlig erschöpft und verzweifelt darüber nachdenken, sich und ihren Sohn umzubringen.

Sie entscheiden sich dagegen – unter anderem, weil ihr Sohn nicht in der Lage war, seine Zustimmung zu so etwas zu geben, und sie nicht für ihn bestimmen wollten. Shirley sagt, damals sei es ungewöhnlich gewesen, dass Mütter arbeiteten, geschweige denn, dass Mütter Chefs waren. „Gerade weil ich arbeitete und Chef war, wollte ich auch für unseren Sohn die beste Mutter sein“, erklärt sie. Daher habe sie sich selbst um ihn gekümmert, statt ihn in ein Heim zu geben. „Das war vielleicht nicht die beste Entscheidung“, sagt sie heute.

Die beständige Überlastung fordert ihren Tribut. 1976 erleidet Shirley Panikattacken und letztlich einen Nervenzusammenbruch, sie liegt über Wochen im Krankenhaus. Die Gründerin zieht daraus Konsequenzen: Ihr Sohn geht nun doch in ein Heim, und sie nimmt von der Firma, die inzwischen 340 Beschäftigte hat, eine mehrmonatige Auszeit.

Nach ihrer Rückkehr gibt sie das Tagesgeschäft an eine andere Managerin ab und konzentriert sich auf Strategie und Innovationen. Außerdem vertritt sie ihr Unternehmen, das zu dem Zeitpunkt unter FInternational firmiert, stärker nach außen; sie engagiert sich in der Berufsvereinigung British Computer Society, deren erster weiblicher Präsident sie später wird, und arbeitet in Regierungskommissionen zum Thema Software mit.

Das Führungsgremium ihrer Firma verlässt sie 1993 mit 60 Jahren, profitiert aber als Großaktionärin vom Börsengang 1996. Und davon, dass im Jahr 2007 Steria, ein französischer Konkurrent, Xansa übernimmt, wie der Betrieb damals heißt. Zwischenzeitlich wird Shirley in der Rangliste der Sunday Times als elftreichste Frau des Landes geführt, drei Plätze hinter der Queen und mit einem geschätzten Vermögen von 140 Millionen Pfund. Sich in dieser Liste zu finden, habe sie „ziemlich überrascht“, sagt Shirley. „Ich hatte das Unternehmen gar nicht gegründet, um irgendwann reich zu werden, sondern um für mich und andere Frauen ein angenehmes Arbeitsumfeld zu schaffen“, sagt sie.

Das war auch nötig, denn in der Wirtschaftswelt der Nachkriegszeit hatten es Frauen schwer, die anspruchsvolle und wichtige Aufgaben übernehmen wollten.

Shirley fängt 1951 als Assistentin in einer Forschungsabteilung des Post Office an, der staatlichen Post- und Telefonbehörde. Die Entwickler dort nutzen die ersten so einfachen wie großen Computer für ihre Projekte. Abends studiert die wissbegierige Mitarbeiterin Mathematik, und sie beginnt sich für die Möglichkeiten zu begeistern, welche die exotischen Maschinen bieten – wenn sie nur mit den richtigen Programmen gefüttert werden.

Im Jahr 1957 gehört sie zu den ersten Mitgliedern der British Computer Society, in der heute gut 74000 Fachleute organisiert sind. Doch am Arbeitsplatz stößt die ehrgeizige Frau an Grenzen. Sie bewirbt sich auf eine Forscherstelle, wird aber nicht genommen und erfährt, dass die Führungskräfte – alles Männer – aus grundsätzlichen Erwägungen Frauen keine bedeutenden Posten geben wollen. Ihre Verbesserungsvorschläge werden abgebügelt.

Sie heiratet einen Kollegen, Derek Shirley. Sie sind immer noch zusammen, trotz all der schweren Jahre mit ihrem autistischen Sohn. „Es war nicht immer alles Honig, doch es ist eine gute Ehe“, sagt sie heute. Partnerschaft am Arbeitsplatz – das hieß damals, dass einer der beiden den Betrieb verlassen muss, in der Regel die Gattin. Deswegen kündigt die Braut, lässt sich die Betriebsrente auszahlen und investiert diese in die Flitterwochen. Sie fängt bei einer Software-Firma an, stößt dort aber als Frau an die gleiche gläserne Decke wie beim staatlichen Post Office.

Nachdem ihr bei einer Besprechung rüde über den Mund gefahren wird, trifft die 29-Jährige 1962 eine Entscheidung, die ihr Leben, das Schicksal Tausender Frauen und die junge britische Computer-Industrie für immer verändern wird: Sie will ein eigenes Unternehmen aufbauen, sie will ihr eigener Chef sein und talentierten Frauen bessere Arbeitsmöglichkeiten bieten.

Shirleys Idee: Viele qualifizierte Frauen mit Erfahrung in der Branche bleiben nach Hochzeit und Geburt zu Hause. Das gebieten die Konventionen, zudem gibt es keine Teilzeitstellen. Diesen Pool ungenutzten Talents zapft sie an. Die Programmiererinnen sollen von zu Hause aus arbeiten, damit sie nebenher die Kinder hüten können, und sie werden als Freiberufler über Honorare bezahlt. Shirleys Firma braucht daher kein Büro. Und die Frauen brauchen keine Computer – sie notieren den Code mit Bleistift und Papier; danach lässt die Chefin die Befehle auf Lochstreifen übertragen. „Die einzige technische Voraussetzung war, dass die Frauen Zugang zu einem Telefon haben mussten“, sagt sie.

Passenderweise nennt sie ihr Unternehmen Freelance Programmers, also freiberufliche Programmierer, doch die Firmenbezeichnung soll sich in den kommenden Jahrzehnten mehrfach ändern. Die ersten Jahre sind schwer; dem Betrieb droht zwischenzeitlich, das Geld auszugehen. „Ich hatte keine Erfahrung im Management und machte viele Fehler“, sagt Shirley rückblickend. Dazu kommt, dass zahlreiche Unternehmen nicht auf ihre Werbeschreiben reagieren. Ihr Gatte Derek vermutet, manche Männer nähmen eine neue Software-Firma, die von einer Frau geführt wird, nicht ernst. Sein Ratschlag: Sie solle Briefe statt mit „Stephanie“ lieber mit „Steve“ Shirley unterschreiben. Es funktioniert, auf einmal antworten potenzielle Kunden – seither tritt die Chefin nach außen hin unter ihrem Spitznamen Steve auf.

Frauenfeindlichkeit bekommt Shirley immer wieder zu spüren. „Ich wurde bei Verkaufsgesprächen von Kunden begrapscht. Das war alles sehr schwierig und unangenehm“, erinnert sie sich. Trotzdem wächst die Firma weiter; Shirley mietet Büroräume und beschäftigt nun auch Festangestellte, sogar Männer. Im Jahr 1975 führt Großbritannien ein Gleichstellungsgesetz ein. Ironischerweise zwingt dies die Chefin dazu, die Unternehmens-Grundsätze anders zu formulieren: Der offizielle Firmenzweck, Frauen Karrieren zu ermöglichen, diskriminiert Männer. Später gibt sie Jahr für Jahr Betriebsanteile an ihre Mitarbeiter ab, 1991 hält die Belegschaft schließlich die Mehrheit der Aktien.

Jetzt, 53 Jahre nach Gründung ihrer Firma, haben es Frauen im Berufsleben immer noch schwer – sie verdienen im Durchschnitt weniger als Männer, in den Chefetagen sind sie Exoten. Trotzdem sagt Shirley, sie verstehe nicht, „worüber sich die Frauen heutzutage beklagen“. Anders als früher benachteiligten die Gesetze sie nicht mehr. Es sei nun an den Arbeitnehmerinnen, daraus etwas zu machen und für ihren Platz im Wirtschaftsleben zu kämpfen. Allerdings räumt sie ein, dass die Rollenklischees und kulturellen Hürden, die Frauen heute weiter im Wege stehen, wohl hartnäckiger sind und nicht so leicht weggeräumt werden können wie die juristischen Fallstricke von einst. Einer dieser Fallstricke: Frauen benötigten damals die schriftliche Erlaubnis ihres Gatten, ein Bankkonto zu eröffnen. Auch Shirley brauchte diesen Schrieb, als sie eine Bankverbindung für ihr neues Unternehmen einrichten wollte.

Sie hatte einen verständnisvollen Ehemann, der ihre Pläne unterstützte. Ein Glück – für Shirley, für die Frauen, denen sie eine Karriere ermöglichte, und für die autistischen Menschen, deren Leben sie mit ihren Spenden leichter machte.

Ärztemangel in Osteuropa

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Sie sind zornig, und sie gehen – nicht nur des Geldes wegen. In Tschechien, Polen und anderen Ländern Mittel- und Osteuropas haben junge Ärzte in den vergangenen Jahren zu Tausenden ihre Heimat verlassen, und sie tun es immer noch. Sie wandern aus in westliche EU-Länder, vor allem nach Deutschland. Dort füllen sie in den Krankenhäusern die Lücken, die durch den Abmarsch deutscher Mediziner nach Skandinavien oder in die Schweiz entstehen.



Mediziner sind in Osteuropa unterbezahlt. Deswegen gehen viele von ihnen nach Westeuropa, vor allem nach Deutschland. Die Leidtragenden sind die Patienten in den Herkunftsländern.

Die Leidtragenden dieser Rotation sind die Patienten in den Herkunftsländern der Migranten. In Tschechien, Polen, der Slowakei, Ungarn, Bulgarien und Rumänien herrscht im Gesundheitswesen ein dramatischer Notstand, vor allem in ländlichen Gebieten. Kliniken sind hoffnungslos unterbesetzt, in den Praxen gibt es unmäßig lange Wartezeiten. Doch die Bemühungen der Regierungen um Verbesserungen kommen seit Jahren kaum voran. Bei den Beschäftigten im Gesundheitswesen verschärft dies nur den Frust – und treibt noch weitere Frauen und Männer zur Emigration, nicht nur Doktoren, sondern auch Pflegepersonal.

Dabei hatte die Entwicklung schon vor ein paar Jahren einen Siedepunkt erreicht, an dem die Politiker grundlegende Verbesserungen versprachen. In Tschechien, Polen, der Slowakei und Ungarn demonstrierten damals Zehntausende Mediziner und Krankenschwestern immer wieder für Gehaltserhöhungen sowie für eine Verbesserung der Ausbildung und der Arbeitsbedingungen. Unter dem Motto „Danke, wir gehen“ kam es in Tschechien zu einer spektakulären Protestaktion: Rund 4000 der 16000 Krankenhausärzte reichten am Jahresende 2010 ihre Kündigungen ein.

In erster Linie verlangten sie mehr Geld. Ihre Monatsgehälter lagen bei rund 2000 Euro, eine Unzahl Überstunden inklusive. In Deutschland bot man ihnen mehr als das Doppelte.

Der damalige tschechische Gesundheitsminister versprach spürbare Anhebungen, doch wurde dies bis heute nicht wirklich erfüllt. Vor drei Wochen immerhin beschloss das Parlament in Prag für 2015 für die Beschäftigten der Kliniken eine Gehalts-Aufstockung um fünf Prozent.

Nach den Worten von Milan Kubik, dem Präsidenten der tschechischen Ärztekammer, zählt neben der miserablen Entlohnung zu den Gründen für die Abwanderung auch das „sehr abschreckende System der medizinischen Facharztausbildung“. Junge Mediziner müssten viel zu lange auf eine Spezialisierung warten und würden derweil in den Unikliniken als billige Arbeitskräfte ausgenutzt.

Eine Umkehr des negativen Trends ist deshalb nicht gelungen. 2013 verließen erneut 330 Ärzte das Land, im ersten Halbjahr 2014 waren es wieder 239. Und die Deutschen lassen nicht nach mit ihren Lockungen. Erst am letzten November-Wochenende fand in Prag wieder eine Internationale Job-Messe für Medizin und Gesundheit statt, die sechste in Folge, bei der 31 Kliniken und andere Gesundheitseinrichtungen rund 500 freie Stellen an 120 Orten in ganz Deutschland offerierten.

In anderen Ländern ist die Lage nicht viel anders als in Tschechien. Aus Polen sind nach einem Bericht der Zeitschrift WSieci seit dem Ende des Kommunismus 1989 schon schätzungsweise 17000 bis 22000 Ärzte emigriert, vor allem nach Deutschland, Großbritannien, Irland oder Norwegen. Dort lägen die Gehälter um ein Fünf- oder Sechsfaches über dem polnischen Niveau, schrieb das Blatt. Diejenigen, die bleiben, führen zähe Kämpfe, bis heute. In den vergangenen Tagen kam es wieder zu Streiks und zur Schließung zahlreicher Polikliniken, weil ein Teil der niedergelassenen Ärzte das Angebot des Warschauer Gesundheitsministeriums für die Vergütung im Jahr 2015 nicht akzeptiert.

Auch Ungarn und die Slowakei haben medizinisches Personal in hellen Scharen verloren, ebenso Bulgarien. Besonders stark betroffen ist Rumänien, wo nach Angaben des dortigen Ärzteverbandes seit 1990 rund 21000 Ärzte die Flucht ergriffen, davon zwei Drittel, 14000, seit dem EU-Beitritt 2007. Wie Verbandspräsident Vasile Astãrãstoae im April 2014 erklärte, arbeiteten schon damals 4300 rumänische Ärzte in Frankreich, 4000 in Groß-Britannien und 3100 in Deutschland. Im Land selber ging die Zahl der Mediziner zwischen 2011 und 2014 um ein Drittel zurück, nämlich von 21400 auf 14100 zurück.
Auf europäischem Niveau führt dies zu Verzerrungen, die das ohnehin bestehende Ungleichgewicht zwischen reichen und armen Ländern in der EU noch verschärfen. Verbandspräsident Vasile Astãrãstoae weist darauf hin, dass Rumänien für die Ausbildung junger Ärzte, die jetzt im Ausland arbeiten, rund 3,5 Milliarden Euro ausgegeben habe – und es bekomme dafür keinen Euro zurück. Das Resultat: auf dem Land in Rumänien sei die Lage mittlerweile dramatisch.

Unter dem Elysium der Sumpf

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Es ist nun auch schon bald wieder ein halbes Jahrhundert her, dass an der Hamburger Universität von den Studenten ein Transparent mit der Aufschrift „Unter den Talaren Muff von 1000 Jahren“ enthüllt wurde. Gemeint war damit der ungute Geruch, der sich an den Universitäten gebildet hatte, weil diese es versäumten, das Verhältnis der Hochschulen zum Nationalsozialismus klärend aufzuarbeiten. Es handelte sich also eindeutig um ein politisches Müffeln.

Nun gibt es auch andere als akademische Talare, nämlich die der Geistlichkeit, und da sie länger als 1000 Jahre in der Welt sind, könnte sich unter ihnen – redlicherweise muss man sagen: unter einigen von ihnen – ebenfalls eine ziemliche Stickluft angesammelt haben. Wobei hier gut unterschieden werden muss. In einem österreichischen Chorherrenstift deutete einst ein Mönch auf einen entfernt stehenden anderen und sagte augenzwinkernd: „Das is der Herr X., der hat’s faustdick unter der Kuttn.“ Wir sind unter Männern, hieß das, und Chorherren sind eben auch welche.



Die Regensburger Domspatzen im Jahre 2014. Eine Dokumentation in der ARD beschäftigt sich jetzt mit früheren Missbrauchsskandalen im Internat.

Mit diesem Komplex beschäftigt sich Mona Botros in ihrer Dokumentation Sünden an den Sängerknaben, und sie tut das alles andere als augenzwinkernd. Die Filmemacherin hat zusammen mit drei ehemaligen Regensburger Domspatzen einen sehr weiten und für die Protagonisten extrem schmerzlichen Weg in die Vergangenheit zurückgelegt. Udo Kaiser, Alexander Probst und Georg Auer sind heute das, was man gern „gestandene Männer“ nennen würde, wäre da nicht in jedem von ihnen eine vor Zeiten gemordete, zumindest geschändete Kinderseele, die zu verbergen sie nicht länger Kraft und Lust haben. Das früh erfahrene Leid war lange Jahre in ihnen verschlossen, doch irgendwann erging es ihnen, mit Verlaub, wie dem Archibald Douglas aus der Ballade, der lieber tot sein wollte, als dass er den Schmerz länger ertragen hätte. Einer von ihnen, der immer wieder von Tränen und Schluchzen heimgesuchte Georg Auer, sagt es einmal ganz ähnlich wie Fontanes Held: Es wäre besser gewesen, tot zu sein.

Wovon bis vor einigen Jahren selbst unter jovialsten und weltfreudigsten Mönchen nie die Rede war, das waren Dinge, deren Antrieb gleichfalls unter den Talaren gesucht werden musste. Mittlerweile ist der sexuelle Missbrauch, der in den Internaten – in manchen, um auch hier gerecht zu sein – fast gewohnheitsrechtlich betrieben wurde, zu einem vielerorts beredeten Thema geworden, mit all den Folgen, die viel beredete Themen nach sich ziehen können: dass man’s „schön langsam nicht mehr hören kann“; dass geistliche Erzieher in Bausch und Bogen als Strolche oder jedenfalls Filous hingestellt werden; dass Internate als Stätten der Verderbnis gelten, in denen die Kinder zwar viel lernen, andererseits aber zu seelischen Krüppeln werden. Dabei gab es auch früher Internate genug, die sich das Wohl ihrer Zöglinge in jeder Hinsicht angelegen sein ließen. Noch heute erzählen alte Knaben, dass es auf ihrer Schule außer den damals von jedermann für legitim gehaltenen und stolz ertragenen körperlichen Züchtigungen keine Übergriffe gegeben habe.

Einen besonderen Geschmack erhalten Missbrauchsgeschichten, wenn der Ort der Untat ein renommiertes Institut ist wie das Musikgymnasium der Regensburger Domspatzen. Das Bild, das die Welt von diesem Knabenchor hat, ist von so exemplarischer Heiterkeit, Schönheit und Reinlichkeit, dass man an einen Sumpf unter diesem Elysium nicht glauben und von ihm auch nichts hören möchte. Es hat sich freilich erwiesen, dass die niederen Triebe ungefestigter Männer sich hier nicht weniger als anderswo Bahn zu brechen wussten, und das wohl umso leichter, als bei der Fülle hübscher und ahnungsloser Buben der Tisch ja gewissermaßen gedeckt war.

Die Dokumentation läuft auf zwei Schienen. Zum einen lässt Mona Botros ihre beschädigten Helden berichten, was ihnen im vermeintlichen Himmel der Domspatzen widerfuhr. Nicht alles, was man dabei an Schlimmem, Unglaublichem zu hören bekommt, erfüllt im strengen Sinn den Tatbestand des sexuellen Missbrauchs, und man kann, bei allem Widerwillen gegen die Täter im Priestergewand, nicht mit letzter Sicherheit sagen, ob sie ihre dürftige Befriedigung fanden, wenn sie den Kopf des Buben, dessen nackten Hintern sie versohlten, zwischen ihre Schenkel pressten. Die „Stellung“ als solche lässt indessen wenig Deutungsfreiheit.

Um der Opfer willen muss der Missbrauchsbegriff weit gefasst werden. Man kann ein Kind auch vergewaltigen, indem man es für die Bettnässerei, die schließlich aus der ständigen Angst resultiert, ebenso exemplarisch wie ruchlos abstraft. Es gab da einen Präfekten, der so einem Buben das feuchte Leintuch über den Kopf zog und ihn dem Spott der Kameraden überantwortete. Wer je in einem Internat war, weiß nur zu gut, mit welch schauriger und oft jauchzender Bereitwilligkeit die Meute derlei Lizenzen Folge leistet – eine seelische Verkrüppelung auch dies.

Die andere Schiene ist der Blick auf die Diözese Regensburg, die sich für eine genaue und „zeitnahe“ Aufklärung starkmacht, deren Jurisdiktion nichtsdestoweniger von merkwürdiger Steifigkeit ist. Natürlich müssen bei all diesen Fällen auch die berechtigten Interessen der mutmaßlichen Täter gewahrt bleiben, dürfen die Vertreter des Bistums den Mund nicht so weit öffnen, wie sie das möglicherweise gern täten. Die Dokumentation lässt jedoch wenn schon nicht den Schluss, so doch den Verdacht zu, dass man es zugunsten dieser Interessen in Kauf nimmt, dass die Opfer als Lügner und Verleumder dastehen.

Unter den grotesken Figuren, mit denen der Regensburger Dom geschmückt ist, befindet sich auch ein Affe im Talar, mit überdeutlich erigiertem Penis. Was immer der Bildhauer damit hatte sagen wollen: Als Vorbild war der Affe sicher nicht gedacht.

Sünden an den Sängerknaben, ARD, 23.30 Uhr.



Unterirdische Hoffnungen

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Dänemark, Deutschlands kleiner Nachbar, will weiter wachsen. Es erhebt Anspruch auf den Nordpol – als erstes Land, schreibt die dänische Presse stolz. Das stimmt nicht ganz, die Russen haben dasselbe auch bereits versucht. 2007 rammten sie sogar eine russische Flagge in den Meeresgrund am Pol, rostfrei aus Titan. Die Dänen nahmen die Aktion damals mit Humor, ihre Regierung nannte sie einen „bedeutungslosen Gag für die Medien“. Dänemark selbst meint es nun allerdings ernst. Mitte Dezember reichte es seinen Anspruch auf das Gebiet bei der zuständigen Kommission der Vereinten Nationen ein.



Ein Schiff im Eisfjord hinter dem grönländischen Städtchen Ilulissat, Grönland. Dänemark erhebt Anspruch auf den Nordpol. Um diesen Anspruch zu rechtfertigen, muss das Land nachweisen, dass der Festlandsockel vor Grönland unter Wasser in den sogenannten Lomonossow-Rücken übergeht.

Zwölf Jahre lang haben dänische Geologen dafür in der Arktis geforscht und Daten gesammelt, die belegen sollen, dass das Gebiet um den Nordpol zu Grönland gehört. Grönland selbst ist zwar weitgehend autonom, aber immer noch Teil des dänischen Königreiches. Ob irgendwann auch der Nordpol dazu gehört, hängt vom Festlandsockel vor Grönland ab – also dem Rand des Kontinents unter Wasser.

Die dänischen Forschungsergebnisse sollen zeigen, dass dieser in ein Gebirge unter dem Meeresspiegel übergeht, den sogenannten Lomonossow-Rücken. Dieser Kamm zieht sich quer durch das Eismeer, so dass auch Russland und Kanada Teile für sich beanspruchen könnten. Aus dänischer Sicht jedoch verschafft er dem Königreich ein zusätzliches Gebiet von mehr als 895000 Quadratkilometern – wesentlich kleiner also als Grönland, aber immer noch zwanzig Mal so groß wie das dänische Festland.

Es ist bereits das fünfte Unterwasser-Gebiet, das die Dänen bei der UN-Kommission zur Begrenzung des Festlandsockels für sich reklamieren. In den vergangenen Jahren haben sie bereits Anspruch auf je zwei Flächen um die Färöer-Inseln und um Grönland angemeldet. Die Hoffnung ist immer, dort wertvolle Ressourcen zu finden. Das Institut United States Geological Survey vermutet, dass 30 Prozent der unentdeckten weltweiten Gasvorkommen und 13 Prozent des unentdeckten Öls nördlich des Polarkreises schlummern – der größte Teil davon Offshore.

Weil das Eis der Arktis durch den Klimawandel schneller schmilzt als erwartet, wachsen die Begehrlichkeiten. Auch von den Rechten am Fischfang oder potenziell wichtigen neuen Schifffahrtsrouten ist immer wieder die Rede, wenn es darum geht, die Arktis aufzuteilen. Das Interesse am Arktischen Rat hat zugenommen, zuletzt stießen 2013 unter anderen China und Indien als Beobachter dazu.

Christian Marcussen, der Leiter des grönländischen Teils im dänischen Festlandsockel-Projekt, hat selbst drei Expeditionen durch das Polarmeer geführt. Er relativiert die Erwartungen an den arktischen Grundbesitz: „Die Chancen, in diesen Gebieten Erdöl und Gas zu finden, sind sehr gering“, sagt er. Laut US-Studie würden nur drei bis vier Prozent der Vorkommen in der Arktis außerhalb der 200-Meilen-Zonen erwartet – also den Gebieten, für die die Bohrungsrechte längst unter den Küstenstaaten aufgeteilt sind. Außerdem sei es heute noch zu aufwendig und mit großen Risiken verbunden, dort zu bohren. Auch der Fischfang kann laut Marcussen kein Grund sein, den Festlandsockel zu beanspruchen. Dieser sichert laut UN-Abkommen nur die Rechte an Rohstoffen auf dem Meeresboden und im Untergrund, nicht jedoch in der See darüber. „Die Fischfangrechte muss man anders regeln“, so Marcussen. Eine ganzjährliche Schifffahrtsroute über den Nordpol kann er sich auch nicht vorstellen, jedenfalls nicht mehr zu seinen Lebzeiten. „Da liegt schließlich immer noch sehr viel Eis.“

Welche Gründe hatte Dänemark dann, umgerechnet knapp 17 Millionen Euro für das Nordpol-Projekt auszugeben? „Es ist eine Investition in die Zukunft“, sagt Marcussen. „Niemand weiß schließlich, welche Ressourcen wir in 100 Jahren brauchen.“ Für den Antrag wurde es höchste Zeit. Die Frist dafür ist Ende 2014 abgelaufen, also zehn Jahre, nachdem Dänemark das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen ratifiziert hat. Auf dieses stützen sich auch die Ansprüche aller arktischen Nachbarn. Es legt fest, dass Staaten ein Anrecht auf eine 200 Seemeilen breite Zone vor ihrer Küste haben, in der sie zum Beispiel fischen und nach Öl bohren dürfen. Wenn ein Staat Gebiete beanspruchen möchte, die darüber hinaus reichen, muss er beweisen, dass sein Festland unter Wasser weiter geht – als Festlandsockel.

In der Arktis führt das dazu, dass nicht nur Dänemark, sondern auch die anderen Anrainerstaaten Norwegen, Kanada, die USA und Russland in den vergangenen Jahren kräftig geforscht haben – teilweise sogar gemeinsam. Allein die USA haben das Seerechtsübereinkommen bisher nicht ratifiziert und können bei den Vereinten Nationen keine Gebiete für sich reklamieren. Die Ansprüche der anderen werden sich wahrscheinlich überlappen. Die UN-Kommission nimmt zwar Stellung dazu, ob ein Anspruch gerechtfertigt ist – ob beispielsweise der Lomonossow-Rücken als Festlandsockel gelten kann. Sie wird aber letztendlich nicht darüber entscheiden, wem welches Gebiet gehört.

Russland, das den Lomonossow-Rücken als Verlängerung des russischen Festlandsockels betrachtet, hat seinen Antrag dazu bereits 2001 eingereicht. Damals riet die UN-Kommission den Russen nur, weitere Daten für einen neuen Antrag zu sammeln. Dieser lasse nun nicht mehr lange auf sich warten, sagt Marcussen, der ihn bereits in diesem Frühjahr erwartet. Die UN-Kommission dagegen wird für ihre Empfehlungen vermutlich noch Jahre brauchen. 76 Anträge haben sich laut Marcussen bei dem Gremium angestaut, erst zu etwa 20 davon hat es Stellung genommen.

Am Ende müssen sich die Staaten sowieso untereinander einigen. Der dänische Außenminister Martin Lidegaard möchte den dänischen Vorstoß keinesfalls als Provokation verstanden wissen und spricht von „sehr guter Kooperation“ mit den arktischen Nachbarn. Dennoch geht es ihm um viel: „Das Ziel dieses großen Projektes ist es, die äußeren Grenzen unseres Festlandsockels – und damit letztlich des Königreichs Dänemark – zu bestimmen.“

Was ist los mit Jack White?

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Wer hat dem Schlagerkomponisten Horst Nußbaum eigentlich erlaubt, sich den Künstlernamen Jack White zu geben? Bei Menschen wie uns, die bei dem Namen "Jack White" zuerst an die eine Hälfte der White Stripes denken, löst das nämlich regelmäßig Schockzustände aus. Zuletzt war es die Meldung, dass Jack White Helene Fischer vorwirft, bei ihm abgekupfert zu haben. Da dachten wir im ersten Moment: Was hat Jack White mit Helene Fischer zu tun? Klingt "Atemlos" an irgendeiner Stelle wie "Seven Nation Army", ohne dass wir es je bemerkt hätten?


Und es gab schon öfter Situationen, in denen wir uns White einfach nicht vorstellen konnten. Hier ein paar echte Meldungen der vergangenen Jahre - und die Bilder, die sie bei uns auslösten.


Die Meldung:
Jack White: Das letzte Lied bei Florian Silbereisen im Sommerfest am See!

Das Bild in unserem Kopf:




Die Meldung:
Hähähä, hohoho
Jack White wurde 60, die ARD feierte mit ihm und Herrn Blanco (SZ, 9.8.2000)

Das Bild in unserem Kopf:




Die Meldung:
Herr White sieht Rot
Jack White: Der Hitkönig rechnet in seinen Memoiren hart mit Schlagerkollegen ab (Bunte, 19.08.2010)


Das Bild in unserem Kopf:




Die Meldung:
Melodien einer Schlammschlacht
Thomas Stein, Chef der Musikfirma JWP, streitet mit Jack White (SZ, 16.08.2007)

Das Bild in unserem Kopf:




Vorfreunde

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Cosby, Band





. . . Am allermeisten freuen wir uns auf unser Album, an dem wir bereits fleißig schreiben und das Mitte des Jahres erscheint. Wir haben so viel erlebt im vergangenen Jahr, dass wir uns nach dem Release unserer ersten EP „Love and War“ jetzt gleich an unser Album setzen möchten, um all unsere Erlebnisse dort rein zu packen. Das bedeutet viel, viel Zeit im Studio, lange Nächte und noch längere Tage . . .
 
. . . Wir planen im Zuge dessen auch eine Reise nach New York, um dort einige Aufnahmen zu machen und noch weitere Inspiration zu sammeln.
 
. . . Ein weiters Highlight sind unsere legendären Grillabende in unserem Studio-Garten, die wir jeden Sommer ab fünf Grad Außentemperatur veranstalten.
 
 

Maxi Pongratz, Sänger bei Kofelgschroa





. . . Darauf, dass die Münchner auch in diesem Jahr zeigen, dass sie keine Lust auf Zäune haben.
 
. . . Auf unsere beiden Konzerte im Volkstheater.
 
. . . Auf eine Isarumleitung über Obergiesing.


Josie Bürkle, Sängerin bei Claire





 . . . Aufs Reisen. Ich versuche, mir jedes Jahr eine Liste zu machen mit Städten, die ich noch nicht gesehen habe, aber unbedingt noch sehen will. Und bei denen es nicht zu viel Geld und Vorbereitungszeit braucht, um hinzukommen. Meine Mama ist aus Neuseeland und hat mir, seit ich ganz klein bin, erklärt, dass ich es immer schätzen soll, wie schön es ist, in ein paar Stunden in einer ganz anderen Kultur zu sein. Da ist München für einige Ausflüge doch gar nicht so schlecht gelegen. Dieses Jahr auf der Liste: Lissabon, Florenz, Prag.

. . . Auf mehr Studiozeit und das, was sich dann daraus entwickelt. Die vergangenen zwei Jahre waren der absolute Hammer, jetzt ist es an der Zeit, Neues zu erschaffen und darauf zu hoffen, dass nicht nur wir am Ende damit zufrieden und glücklich sind.

. . . Ich wohne jetzt seit fast sechs Jahren in München und kenne mich immer noch kaum aus. Worauf ich mich also riesig freue, ist, mir eine gute Playlist zusammenzustellen. Kopfhörer auf und einfach durch die Stadt schlendern, so entdeckt man so viele schöne kleine Plätzchen, Cafés und Läden und man sieht, wie schön man es hier hat, was im Alltagsstress leider immer untergeht. Ich glaube, das ist meine liebste Beschäftigung, also freu ich mich darauf, was ich dieses Jahr alles in München noch so entdecke.
 
 

Keno, Sänger bei Moop Mama





. . . Auf ein neues Zuhause. Im vergangenen Jahr war ich ständig auf Tour und hatte keine eigene Wohnung. 2015 schmeiß ich meinen Koffer weg und wohne ausgiebig.
 
. . . Auf das Release meiner Platte „Paradajz Lost“, die ich mit dem Produzenten Flying Pussyfoot aus München gebastelt habe.
 
. . . Und auf das „Bellevue di Monaco“, ein Welcome-Center für Flüchtlinge, das in der Müllerstraße entstehen soll und München für mich zu einer noch liebenswerteren Stadt machen würde.
 
 

Impala Ray, Musiker





. . . Auf den Sommer: Wir möchten wieder mal eine Radltour quer durch München machen und an den schönsten Plätzen der Stadt spielen.

. . . Wieder ins Studio zu gehen für das zweite Album. Wir sind fleißig am Songsschreiben und planen für Sommer den ersten Studiobesuch.
 
. . . Ansonsten werden wir im Sommer viel Zeit in den Bergen und an Seen verbringen!

Auf der kommenden Seite findest du unter anderem die Band Der Englische Garten, den Mitinhaber des Atomic Café - Roland Schunk und Sänger Jesper Munk.
 
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 Der Englische Garten, Band





. . . Als allererstes müssen wir noch unser alljährliches Weihnachtsessen nachholen. Traditionsgemäß kocht Bernd ein hervorragendes Gumbo und wir treffen uns, ausnahmsweise mal ohne Instrumente, nur zum Essen und Ratschen. Wir schätzen einander alle sehr und in den vergangenen Jahren ist es nie ausgefallen. 
. . . Dann nehmen wir unser drittes Album auf. Dieses Mal werden wir einen anderen Produktionsweg als bei den ersten beiden Alben einschlagen. Wir wollen unsere Vision von guter Popmusik möglichst auf den Punkt bringen. Das wird mit Sicherheit sehr spannend!
 
. . . Unser Trompeter Robert war im vergangenen Jahr nur selten dabei – nicht nur, weil er ein so begehrter Musiker ist, sondern auch, weil ihm alles mögliche Ungemach zustieß. Eine Hiobsbotschaft jagte die andere. Das muss jetzt endlich aufhören! Hoffentlich hat er 2015 mehr Glück und wir bekommen ihn wieder häufiger zu Gesicht.
 
 

Bianca Kennedy, Künstlerin


. . . Mein persönliches Highlight wird 2015 eine Reise nach Teneriffa sein, um dort Wal-Sound-Aufnahmen für die Vertonung eines neuen Videos zu machen.
 
. . . Außerdem findet zum zweiten Mal das Festival „Kino der Kunst“ in München statt, auf dessen Filmauswahl ich mich riesig freue.
 
. . . Ab September ist ein Jahr San Francisco geplant. Zusammen mit Felix Kraus werde ich an einem Episodenfilm arbeiten, bei dem diese einzigartige, goldene Stadt im Zentrum steht.


Roland Schunk, Mitinhaber Atomic Café


. . . darauf, mich mehr meiner Freundin und meinem Kleinen widmen zu können. 2014 war toll, turbulent, aber auch sauanstrengend.
 
. . . darauf, wieder mehr all die Leute und Orte besuchen zu können, die ich die vergangenen Jahre sträflich vernachlässigt habe, weil gestern Atomic, heute Abend Atomic und übermorgen eh auch wieder Atomic . . .
 
. . . und vor allem darauf, mal nicht drei Monate vorher zu wissen, worauf ich mich freue, sondern von Woche zu Woche zu stolpern, solange die Kohle für das Sabbat-Jahr reicht . . .

 

Alexandra Fenzl, Designerin (A.design collective)





. . . Als Designerin freue ich mich auf die Munich Fabric Start Anfang Februar. Der Besuch dieser Fachmesse bildet jedes Jahr eine der Grundlagen in der Material- und Trendrecherche für meine Projekte.
 
. . . Außerdem freue ich mich auf spannende Vorträge über Design und Typographie in der Black Box im Gasteig.
 
. . . Privat wird für mich besonders der Juni wichtig, den ich gemeinsam mit meinem Partner in St. Petersburg verbringen werde. Diese Reise ist etwas nostalgisch mit München, genauer mit dem Flughafen, verbunden. Ich war 2006 dort und habe ihn nach der Rückreise am Gepäckband kennengelernt. Wir beide kommen aus Passau, haben uns aber da zum ersten mal getroffen. Dieses Jahr reisen wir gemeinsam hin.

 

Meike Harms, bayerische Poetry-Slam-Meisterin





. . . Aktuell freue ich mich mit meiner Tochter schon sehr auf den Frühling, weil sie dann „groß“ ist und ich ihr das Fahrradfahren beibringen kann.

. . . Ich freue mich darauf, in diesem Jahr endlich mein eigenes Buch in den Händen halten zu können, damit meine Texte nicht nur auf der Slambühne gehört, sondern auch nachgelesen werden können.
 
. . . Außerdem freue ich mich nicht nur 2015, sondern auch darüber hinaus, auf viele ernstgemeinte Gesten und Taten der Solidarität mit den in München lebenden Flüchtlingen.
 
 

Jesper Munk, Sänger





. . . Ich freue mich sehr darauf, dass ich erst mal in den Urlaub fahren kann, bevor das Jahr so richtig anfängt.
 
. . . Ich freue mich auf viele Konzerte von Münchner Kollegen, wie AMI, Manel Rodriguez, Mateo Navarro, Nick & the Roundabouts und Impala Ray.
 
. . . Ich bin sehr glücklich darüber, dass wir in diesem Jahr das neue Album veröffentlichen können. Im April sind wir dann auf Tour, unter anderem auch in der schönen Muffathalle in München.

Auf der kommenden Seite unter anderem: Katharina Schulze, Landtagsabgeordnete der Grünen in Bayern, der Inhaber der Goldenen Bar, Klaus St. Rainer, und das DJ-Duo Rhode & Brown.
 
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David Blake Walker, Inhaber Registratur


. . . Das neue Album von Pollyesters. It’s gonna be a hit!

. . . Weitere tolle Abende in der Registratur Bar mit großartigen Künstlern und Gästen.
 
. . . Mich wieder mehr auf das Projekt Boonian konzentrieren und zusammen mit meinem neuen Partnern von „Das Kulinariat“ weitere vegane Produkte entwickeln zu können.
 
 

Katharina Schulze, Landtagsabgeordnete der Grünen in Bayern





. . . Da ich ein Sommermensch bin, freue ich mich schon sehr, wenn die Temperaturen wieder steigen. Im Sommer ist München ein noch größerer Traum: Mit dem Radl an die Isar fahren, im Biergarten sitzen, im Park lesen, bis spät nachts durch die Straßen schlendern – und dabei Unmengen Eis essen! Perfekt!
 
. . . Bei mir um die Ecke findet im Backstage vom 22. Juli bis zum 8. August wieder das „Free & Easy Festival“ mit tollen Bands in entspannter Atmosphäre statt. Ich werde da sicher vorbeischauen.
 
. . . Politisch gibt es einige Punkte, die ich mir für 2015 vorgenommen habe – angefangen damit, mit vielen anderen Menschen dafür zu sorgen, dass München bunt bleibt: Die rassistischen Pegida-Demonstrationen sollen im schönen München erst gar keinen Fuß auf den Boden bekommen. Und im Sommer steht dann ein Jubiläum an, auf das ich mich freue: zehn Jahre Widerstand gegen die dritte Startbahn.
 

Robinson Kuhlmann, Inhaber Robinson Bar



. . . Vor allem darauf, mal wieder eine inspirierende Stadt zu entdecken, um ein paar neue Trends nach München bringen zu können. Ich denke, es wird dieses Jahr Lissabon sein.
 
. . . Auf einen wunderbaren Sommer in meiner Bar am Gärtnerplatz, wo wir gerade ein neues Unter-Der-Woche-Konzept planen. Das soll im Frühjahr losgehen und wird sicher ziemlich interessant.
 
. . . Auf viele neue Gesichter in München. Irgendwie hab ich das Gefühl, dass München gerade großstädtischer wird und mehr Leute dazustoßen werden. Cheers Leute!

 

Rhode & Brown, DJ-Duo





Friedrich Trede freut sich auf . . . :

. . . die Open-Air Saison. Vor allem auf die Festivals „Back To The Woods“ und das „Organic Dance Music Festival“ unserer Freunde von Kellerkind und dem Kongress.
 
. . . Zeit und Muße im Studio und viele lustige und inspirierende DJ-Gigs.
 
. . . Schnitzel essen und sommerlich kaltes Bier trinken im Restaurant Ennsthaler Stubn unter unserer Wohnung im Schlachthofviertel.

Stephan Braun freut sich auf . . . :
. . . frisch gezapftes Bier im Bräustüberl am Tegernsee trinken.
 
. . . neue Rhode & Brown Releases.
 
. . . mehr Zeit für die wichtigen Dinge im Leben.
 
 

Florian Kettemer, Verteidiger beim EHC München


. . . Ende April noch beim letzten Eishockey-Spiel der Saison mit meiner Mannschaft auf dem Eis zu stehen. Dann findet das Finale der Playoffs statt . . .
 
. . . auf ein Jahr, in dem das Wetter in München so wird, dass man in der Stadt jeweils das genießen kann, was sie so schön macht: im Sommer Sonne für die Isar, den Englischen Garten und die Seen im Süden, im Winter richtige Kälte und Schnee.
 
. . . auf neue Erfahrungen: darauf, neue Leute und neue Gegenden kennenzulernen – in München und außerhalb.
 
 

Dominik Markoč, Bassart-Initiator


. . . Auf einen langen Münchner Sommer!
 
. . . Auf mehr integrative Projekte mit Flüchtlingen. Und dabei vor allem auf weniger Gerede und mehr konkrete Aktion. Bassart steht für ein Musik-/Kunstprojekt mit unseren Gästen zur Verfügung! Aber die Stadt soll mitmachen! Die Politik muss auf die Zivilcourage der Bürger reagieren.
 
. . . Auf Sponsoren und Förderer für das Bassart-Festival, damit es wieder stattfinden kann.
 

Klaus St. Rainer, Inhaber Goldene Bar





. . . Endlich mal für nen Job nach China oder Japan. Oder beides
 
. . . Wieder mehr Zeit in Küche und Labor verbringen
 
. . . Einen weiteren Kindheitstraum verwirklichen.
 

Veronika Wagner und Svenja Weimann, Modedesignerinnen: Vanook


. . . die Designschau in der Milla am 8. Februar.
 
. . . unsere Dachterrasse über dem Vanook-Store im Münchner Sommer
 
. . . Nils Frahm has lost his mind in der Muffathalle
 
 

Mauricio Marin, Shooting Guard bei den Basketballern des FC Bayern


... Sportlich freue ich mich auf die kommenden Spiele mit unserer zweiten Mannschaft. Denn nach einem schlechten Start haben wir uns stark verbessert und noch die Chance, in die Pro B aufzusteigen. Die Spiele werden eng werden, und solche Herausforderungen gefallen mir.

... Meine Familie lebt noch in Berlin. Ich freue mich auf den Besuch von meiner Mutter und meinem Vater; es gibt leider nicht so oft die Möglichkeit, dass sie hier sein können.

... In der Regel bin ich täglich zweimal in der Halle, viel Freizeit bleibt da natürlich nicht. Basketball ist mein Leben, aber auf den Sommer, wenn mal frei ist, freue ich mich schon: Dann habe ich Zeit, einfach mal durch die Stadt zu schlendern und mit meinen Freunden einen Kaffee trinken zu gehen.

Mein Flixbus

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Die beiden größten deutschen Fernbusanbieter, Meinfernbus und Flixbus, wollen künftig nicht mehr gegeneinander um Kunden kämpfen, sondern miteinander. Sie würden „eins“, teilten die beiden Unternehmen am Mittwoch in Berlin mit, die zusammen drei Viertel des Marktes abdecken. Zugleich steigt die amerikanische Beteiligungsgesellschaft General Atlantic ein. Details sollen am Freitag während einer Pressekonferenz bekannt gegeben werden. Die Fahrgäste würden auf jeden Fall profitieren, versprach Torben Greve, Gründer von Meinfernbus. Die Busse des fusionierten Unternehmens würden „demnächst noch öfter, noch schneller und genauso günstig wie bisher“ fahren.



Die beiden größten Fernbusanbieter, Flixbus und Meinfernbus, fusionieren. Details werden am kommenden Freitag bekannt gegeben.

Für Experten war es nur eine Frage der Zeit, bis es auf dem Markt für Fernbusse zu ersten Zusammenschlüssen kommen würde – ja, kommen musste. Seit dieser Markt Anfang 2013 freigegeben wurde, hat er sich rasant entwickelt. Immer neue Anbieter gingen an den Start und versuchten, Kunden zu gewinnen, indem sie billiger als die Konkurrenz fuhren. Die Fahrgäste freute das, denn plötzlich konnten sie zum Teil für weniger als zehn Euro quer durch Deutschland reisen. Für die Anbieter allerdings ist der Preiskampf hart, teilweise sogar ruinös. Im vergangenen November hatte bereits der Fernbus-Pionier Deinbus wegen des starken Wettbewerbs und des Kostendrucks Insolvenzantrag gestellt. Der Automobilclub ADAC zog sich wieder aus dem Markt zurück und stieg aus dem gemeinsam mit der Deutschen Post betriebenen Unternehmen ADAC-Postbus aus. Mit dem jetzt angekündigten Zusammenschluss von Flixbus und Meinfernbus setzt sich die Konsolidierung am Markt weiter fort.

Wie das neue Unternehmen genau heißt, soll erst am Freitag verraten werden. Auf den Bussen würden aber in Zukunft auf jeden Fall beide Namen stehen, also sowohl Meinfernbus als auch Flixbus, sagte eine Flixbus-Sprecherin am Mittwoch. „Schon allein, um unsere treuen Kunden nicht zu verwirren.“ Das fusionierte Unternehmen wird auch in Zukunft keine eigenen Busse besitzen, sondern mit Mittelständlern kooperieren, die für den Fernbusanbieter fahren. Derzeit fährt Meinfernbus täglich mit 320 Bussen zu 241 Zielen und Flixbus mit 240 Bussen zu 148 Zielen. Keines der beiden Unternehmen hatte bislang Gewinn erzielt, wobei Meinfernbus kürzlich ankündigte, wenigstens für das vergangene Jahr mit schwarzen Zahlen zu rechnen. Branchenbeobachter sind denn auch skeptisch, was den Zusammenschluss anbelangt. Offenbar sei der wirtschaftliche Druck so groß, dass nur die Fusion bleibe, meint ein Insider, der in der Branche tätig war. „Die Synergien sind minimal“, gleichzeitig gebe es jedoch „ein riesiges überschneidendes Angebot“ zwischen Meinfernbus und Flixbus.

Die Flixbus-Sprecherin sieht das anders. Es sei nicht geplant, das Angebot zu reduzieren, sagte sie, „aber die Abfahrtszeiten können künftig besser auf einander abgestimmt werden“. So könne man beispielsweise mehr Umsteigeverbindungen anbieten. Zudem könnten zwei Busse parallel auf einer Linie fahren: „Der eine hält dann beispielsweise zwischendrin fünfmal, während der andere als Expressbus ohne Halt durchfährt“, erklärte die Sprecherin. Dadurch könnten in Zukunft nicht nur mehr, sondern auch schnellere Verbindungen angeboten werden.

Zudem will das Unternehmen „Kurs auf Europa“ nehmen, kündigte Jochen Engert, Gründer von Flixbus an. Die geplante Europa-Expansion wird von dem neuen Anteilseigner General Atlantic unterstützt. „Der Fernbus-Linienverkehr ist eine dynamische Branche mit einem enormen Wachstumspotenzial in Europa“, sagte Jörn Nikolay, Deutschlandchef von General Atlantic.

Mit welchem Betrag die Gesellschaft bei dem fusionierten Unternehmen einsteigen will, wurde am Mittwoch noch nicht bekannt gegeben. Hauptanteilseigner werden aber die fünf Gründer von Meinfernbus und Flixbus bleiben. General Atlantic wird nur als Minderheitsanteilseigner einsteigen.

Nach Angaben des Marktforschungsinstituts Iges sind in Deutschland derzeit 28 Fernbus-Betreiber aktiv, die insgesamt 249 Linien und etwa 7100 wöchentliche Fahrten anbieten. Mit einem Marktanteil von 46 Prozent ist Meinfernbus bislang der größte Anbieter, gefolgt von Flixbus mit 29Prozent und der Deutschen Bahn, die mit ihren Töchtern Berlinlinienbus und IC-Bus immerhin noch auf einen Marktanteil von zehn Prozent kommt. Nach dem Zusammenschluss der beiden Unternehmen wird die Deutsche Bahn also die Nummer zwei am Markt sein. Nach allem, was bisher von dem Konzern zu hören war, hat er nicht vor, das Geschäft in diesem Bereich in großem Stil auszubauen. Aus einem einfachen Grund: Es sei kaum Geld damit zu verdienen. Das sieht die US-Beteiligungsgesellschaft General Atlantic allerdings ganz anders. „Wir sind fest überzeugt davon, dass man in diesem Markt Geld verdienen kann“, sagte ein Sprecher von General Atlantic am Mittwoch.

Auch wenn Meinfernbus und Flixbus zusammen einen Marktanteil von 75 Prozent erreichen, ist offen, ob das Bundeskartellamt die Fusion noch stoppen kann. Ein Sprecher der Behörde sagte, bisher läge „keine Anmeldung zu diesem Vorgang“ vor. Allerdings müssen Fusionen auch erst bei gewissen Mindestumsätzen angemeldet werden, was womöglich bei Flixbus und Meinfernbus nicht der Fall ist. Denn insgesamt betrachtet, ist der Fernbusmarkt nach wie vor sehr klein. Zum Vergleich: Während 2014 geschätzt zwischen 15 und 20 Millionen Menschen Fernbus gefahren sind, dürften etwa 130 Millionen mit Fernzügen der Bahn gereist sein.

Finger weg vom Ölhahn

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Es ist eine Weltkarte des Verzichts, des verweigerten Wohlstands, der entzogenen Chancen. So dürften es jene Regionen der Erde sehen, bei denen auf dieser Karte die größten Zahlen stehen. Sie beziffern Bodenschätze, Milliarden Barrel Erdöl, Billionen Kubikmeter Erdgas, Gigatonnen Kohle, die im Boden belassen werden sollten, um die heftigsten Folgen des Klimawandels zu vermeiden.



Die Welt müsste auf einen Großteil ihrer Rohstoffe wie Öl, Gas und Kohle verzichten, um den Klimawandel in Grenzen halten zu können. Das haben zwei Londoner Wissenschaftler errechnet.

Die Zahlen auf der Karte stammen von zwei Wissenschaftlern aus London, Christophe McGlade und Paul Ekins vom University College (Nature, Bd.517, S.187, 2015). Sie reichern eine Aussage des Weltklimarats IPCC aus dem vergangenen Jahr mit Details an. Das von den Vereinten Nationen eingesetzte Forschergremium hatte – unter Zustimmung der Regierungen der Welt – festgestellt, dass alle Fabriken und Kraftwerke zusammen bis zum Jahr 2050 nur noch etwa 1000 Milliarden Tonnen Kohlendioxid ausstoßen dürfen. Sonst lasse sich das Ziel, die Erwärmung des Planeten auf zwei Grad Celsius zu begrenzen, kaum noch einhalten.

Es war schnell klar, dass das Verzicht bedeutet. Allein in den sogenannten Reserven von Öl, Gas und Kohle, die kaum genug Energie für die kommenden 35 Jahre liefern, steckt Kohlenstoff für 2900 Milliarden Tonnen CO2 . „Reserven“ ist ein Fachbegriff aus der Energiebranche, der jene Teilmenge der Rohstoffe meint, von der man weiß, dass sie sich zu heutigen Preisen fördern lässt. In den weniger genau bestimmten fossilen „Ressourcen“ steckt zudem ein Vielfaches an Kohlendioxid.

McGlade und Ekins quantifizieren nun den Verzicht. Schon die globalen Zahlen sind enorm: Die Welt müsste auf sämtliche der angenommenen Ressourcen verzichten, auf Rohstoffe der Arktis, auf Schiefergas und Ölsand. Und zusätzlich auf 35 Prozent der Öl-Reserven, 52 Prozent des Erdgases und 88 Prozent der Kohle. Es sind Mengen, die Energiefirmen bereits als Vermögenswerte in ihren Bilanzen ausweisen.

Als Nächstes haben die englischen Forscher berechnet, wer wie viel von seinen Vorräten im Boden lassen sollte. Das Programm, das die Quoten kalkulierte, suchte dabei wie eine rein rationale Weltregierung ohne Rücksicht auf regionale Empfindlichkeiten die global wirtschaftlichste Lösung. Das trifft am härtesten die jetzigen Öl- und Gaslieferanten im Nahen Osten und der ehemaligen Sowjetunion. Und diejenigen, die sich Chancen ausrechnen, wie Kanada: Das Land müsste auf 75 Prozent der eher kleinen Ölreserven verzichten. Berücksichtigt man aber auch Ölsand, erreicht der Verlust sogar 98 Prozent.

Die Amerikaner hingegen kommen bei Öl und Gas gut weg, weil sie relativ preisgünstig vor allem für den eigenen Markt produzieren. Dafür müssten sie 95 Prozent ihrer Kohlereserven abschreiben. Schwierig wäre die Situation auch für Afrika, dessen Staaten Energierohstoffe nutzen könnten, um die Armut zu bekämpfen.

All die Zahlen sind dabei ohne die CCS-Technik gerechnet, die CO₂ aus Kohle-Kraftwerken einfangen und dann im Untergrund verpressen soll. Der Effekt wäre den Rechnungen aus London zufolge gering: Die aufwendige Methode würde es lediglich erlauben, weltweit sechs Prozentpunkte mehr Kohle zu nutzen.

„Die Resultate erfordern ein deutliches Umdenken, was Verfügbarkeit fossiler Brennstoffe eigentlich bedeutet“, fassen die Autoren zusammen. Und sie wecken Zweifel an der Ökonomie der Rohstoffe, ergänzen Michael Jakob und Jérôme Hilaire vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung in einem Kommentar in Nature. Die Reserven seien zurzeit etwa 27 Billionen Dollar wert, ihr Preis könnte aber schnell verfallen, wenn klar wird, wie wenig davon noch nutzbar ist. Stattdessen planen Wirtschaftswissenschaftler wie Ottmar Edenhofer, der eine Arbeitsgruppe des IPCC geleitet hat, die Rechte am Ausstoß jener tausend Milliarden Tonnen CO2 zu Geld zu machen. Damit könne man auch die jetzigen Besitzer der Rohstoffe für ihren Verzicht entschädigen.

Tagesblog - 8. Januar 2015

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13:00 Uhr: Drei Minuten Zeit zum Lesen? Dann ist hier ein ziemlich kluger Text, in dem der Titanic-Chefredakteur erklärt, warum sich Religion und Satire immer missverstehen müssen.

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11:30 Uhr:
Auf Sri Lanka sind heute übrigens Präsidentschaftswahlen. Was nicht gerade Topthema ist bei der politischen Großwetterlage in Europa - aber ich war bis vor zwei Tagen da im Urlaub und habe jeden Tag 49 Mal dieses Gesicht auf Plakaten, Aufklebern, Pappaufstellern, Flyern und Wimpeln gesehen.

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Das ist der amtierende Präsident Mahinda Rajapaksa, dem man neben ziemlich vielen anderen Dingen Korruption, Vetternwirtschaft und Zensur vorwirft.

Hm, woran erinnert mich das Foto gleich wieder?

Ach ja.

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11:00 Uhr:
Das ist übrigens mein Lieblingscartoon der Woche, der nichts mit Charlie Hebdo zu tun hat:

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10:00 Uhr:
Warum schreiben zur Zeit so viele deutsche Musiker über ihre Heimat? Und warum kommen norddeutsche Städte dabei so auffallend schlecht weg - während im Süden alle von ihrer Heimat schwärmen? Charlotte hat sich darüber mal mit einem Experten unterhalten. Und ganz schön spannende Gedanken zusammengetragen.

Jetzt online!


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9:15 Uhr:
Guten Morgen, liebe jetzt-Leser und -Leserinnen. Es ist Donnerstag und ich bin immer noch benommen von dem Attentat in Paris.

Was seit gestern Abend geschah: In der Nacht gab es mehrere Festnahmen in Frankreich, der jüngste der Verdächtigen hat sich der Polizei gestellt. Die zwei Hauptverdächtigen sind offenbar immer noch auf der Flucht.

Und so sehen heute die Titelseiten von Zeitungen aus der ganzen Welt aus.

Jung und begehrt

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Mehr als 1000 Möglichkeiten, das scheinbar Profane raffiniert zu verpacken, werden auf der Bastler-Plattform Dawanda angeboten: Wer Bares schenken will, findet dort von der schicken Karte über die Papierhochzeitstorte mit Fächern bis zum Sparschwein viele Varianten. Geld ist offenbar ein beliebtes Geschenk. Vor allem junge Menschen lassen sich im Zweifelsfall von der Oma lieber Scheine geben.



Viele Kunden bleiben ihr Leben lang bei der gleichen Bank. Gerade deswegen sind Jugendliche für Kreditinstitute eine wichtige Zielgruppe.

Den Kreditinstituten kann das nur recht sein. Junge Menschen zwischen zwölf und 18 Jahren sind für sie eine wichtige Zielgruppe. 80 Prozent von ihnen bekommen Taschengeld, viele haben ab 14 Jahren den ersten Nebenjob und spätestens, wenn sie mit 16 Jahren eine Ausbildung beginnen, befassen sich viele mehr oder minder freiwillig mit Geldthemen. Und da viele Kunden oft lebenslang bei der Bank bleiben, sind einmal gewonnene Jungkunden lebenslange Stammkunden.

Verständlich also, dass die Kreditinstitute mit einfallsreichen Methoden um junge Kunden werben. Zwar tun die Häuser es noch nicht den britischen Kollegen nach, die teils sogar Vergünstigungen auf Fahrstunden anbieten. Aber auch deutsche Banken lassen sich einiges einfallen: Es gibt Kinogutscheine, verbilligte Sporttickets und Konzertkarten. Junge Kunden bei der Münchner Stadtsparkasse bekommen sogar vergünstigten Eintritt in so manchen Club. Die Volks- und Raiffeisenbank Mannheim hat eine eigene Jugendfiliale eingerichtet: „Banking and fun“, zu Deutsch also „Bankgeschäfte und Spaß“ heißt sie. Dort kann man zwar weder ein Konto eröffnen noch Geld überweisen, aber es gibt einen Berufsnavigator, an dem junge Menschen herausfinden können, in welchem Bereich sie später einmal arbeiten möchten, und Computer, an denen man kostenlos im Internet surfen kann.

Doch wie ticken sie, die jungen, begehrten Kunden? „Sie sind erstaunlich konservativ“, sagt Bettina Kutscha von der Sparkasse Nürnberg, „das ist eine sehr bewusst lebende Generation.“ Die meisten Jugendlichen, so die Beraterin, wollten sichere Anlagen. Dabei haben viele in diesem Alter bereits ein beträchtliches Vermögen: Geschenke von Eltern, Onkels und Omas, dazu die durchschnittlichen 60 bis 75 Euro Taschengeld. Manche tragen dazu Zeitungen aus oder arbeiten als Babysitter, zudem stellen viele Eltern ihren Kindern einen Fixbetrag zur Verfügung, um etwa Kleidung selbst zu kaufen – diese Summen sind besser auf der Bank aufgehoben als im Sparschwein.

Doch dürfen Minderjährige überhaupt einfach zur Bank gehen und ein eigenes Konto eröffnen? Nein. Zwar sind Kinder ab dem siebten Lebensjahr bedingt geschäftsfähig. Ein Konto eröffnen können sie bis zum 18. Lebensjahr aber nur mit dem Einverständnis und in Anwesenheit der Eltern, formell sogar beider. „In der Praxis reicht es aber oft, wenn ein Elternteil zustimmt“, sagt Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Die Banken setzen deshalb auch bei den Eltern an. „Wir bieten beispielsweise unseren Kunden mit Kindern im Teenageralter an, ihren Nachwuchs zu einem Beratungsgespräch mitzubringen“, sagt Kutscha. Zum anderen setzen die Kreditinstitute auf jugendspezifische Produkte von der Prepaid-Kreditkarte bis zum Führerscheinkonto mit speziellen Zinskonditionen. Ab dem zwölften Geburtstag gibt es bei den meisten Banken EC-Karten. Spätestens ab dem 16. Lebensjahr sollte die auch Standard sein, rät Annabel Oelmann. Viele Banken haben deshalb ein sogenanntes mitwachsendes Konto – solange die Kinder klein sind, ist es ein Ansparkonto, dann gibt es die erste Karte ohne Dispokredit, später eine Kreditkarte.

Günstige Tickets, vergleichsweise stabile Zinsen, Geschenke zum Geburtstag – trotz all dieser Angebote rät Verbraucherschützerin zunächst zum Gang zur bisherigen Hausbank. „Bankgeschäfte sind Vertrauenssache“, sagt die Verbraucherschützerin. „Lockangebote wie Gutscheine, Bälle oder 50 Euro sollten keinen Einfluss auf die Entscheidung für diese Bank haben.“ Zu besonderer Vorsicht rät sie auch bei der Auswahl des Kontos. Die gern als sicher beworbene Variante einer Prepaid-Kreditkarte ist nicht so harmlos, wie die Anbieter gern vermitteln. „Viele Vertragsbedingungen von Prepaid-Kreditkarten gestatten durchaus das Schuldenmachen“, sagt Oelmann. „Das böse Erwachen der Kartennutzer sowie von Eltern, die ihre Kinder in Sicherheit wähnen, ist vorprogrammiert.“

Die Kreditinstitute locken unterdessen junge Kunden nicht nur mit spezifischen Produkten. Längst ist auch die Beratung orientiert an einer Generation, die den Alltag über ihr Smartphone organisiert. Die Nürnberger Sparkassenkunden bekommen Infos zum Kontostand nach Wunsch per SMS, die Münchner Stadtsparkasse bietet Videoberatung an, „das passt einfach besser zur online-affinen Zielgruppe“, sagt Daniel Nemec vom Vertriebsmarketing des Kreditinstituts. Darüber hinaus können sich die Teenager Ratschläge per Chat holen und mit einer eigens entwickelten App mit wenigen Klicks Geld vom Konto aufs Sparbuch übertragen. „Die spielerische Annäherung ist sehr wichtig“, sagt Nemec. Und natürlich spielen die sozialen Netzwerke eine Rolle. „Wir bekommen schon mal per Facebook die Frage, wann und wie man seine EC-Karte sperren kann“, erzählt er.

Auch wenn praktische Probleme wichtig sind: In Kundengesprächen mit Teenagern geht es oft ums große Ganze. Denn neben Zinsen und Dispokredit sprechen die Berater ab dem 16. Lebensjahr oft über Lebensentwürfe, Berufswünsche und Träume. „Ganzheitliche Beratung“ heißt dieser Ansatz bei den Kreditinstituten. „Manchmal muss man den Jugendlichen erst bewusst machen, dass manche Träume mit unserer Hilfe wahr gemacht werden können“, sagt Kutscha. In Nürnberg gibt es ebenso wie in den Münchner Filialen deshalb Jugendberater. Die müssen nicht zwangsläufig im Zielgruppenalter sein. „Interessanterweise wünschen die sich oft einen älteren, erfahrenen Kollegen, der mit ihnen auf Augenhöhe kommuniziert, und nicht jemanden mit Piercings, der so alt ist wie sie selbst“, sagt Kutscha.

In die Filiale selbst kommen die Jugendlichen oft erst, wenn es ernst wird – wenn ein neues Konto eröffnet wird oder der Schüleraustausch ansteht und die Kreditkarte nötig wird. Dann sind meist Mutter oder Vater dabei, denn die spielen, neben den Beratern, selbst bei Teenagern eine wichtige Rolle. Vor allem gerade erst volljährig Gewordene bringen Vater oder Mutter oft zum Gespräch mit. „Bei Vorschlägen sagen sie dann gar nicht gleich ihre Meinung, sondern fragen erst mal: ,Mama, wie findest du das‘“, erzählt Kutscha.

Gleichzeitig geht es in solchen Gesprächen oft um Schuldenfallen. Vor allem die Eltern haben Bedenken, dass ihre Zöglinge beim Einkaufen im Internet schneller Schulden machen, als sie die Sache begreifen. „Wir weisen in den Gesprächen zum Beispiel auch immer wieder darauf hin, welche Verantwortung mit Krediten einhergeht – und welche Folgen eine schlechte Bonität haben kann, das ist vielen Jugendlichen nicht klar“, sagt Nemec.

Tatsächliche Schuldenfallen drohen jedoch seltener bei den klassischen Banken – und viel öfter bei der reinen Online-Konkurrenz. „Schnell zu bekommende Kredite, Null-Prozent-Finanzierungen und intransparente Vertragsbedingungen tun ihr übriges, dass gerade junge Menschen ab 18 Jahren besonders gefährdet sind“, sagt Verbraucherschützerin Oelmann. Sie rät deshalb den Eltern, nicht nur einmal mit zum Banktermin zu gehen, sondern im Alltag das Thema Geld offen in der Familie zu besprechen.

Und noch einen Tipp hat die Verbraucherschützerin: Die Jugendlichen sollten einen Teil des Taschengeldes bar erhalten. „Wer bargeldlos zahlt, kann schwerer den Wert des Geldes einschätzen“, sagt sie. „Und lernt dadurch den Wert des Geldes im Zweifel gar nicht mehr kennen.“

Kafkaesker Apparat

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Peking – Dass ausländische Journalisten in China einen zwar spannenden, aber nicht einfachen Job haben, ist bekannt. Dass die Staatssicherheit ihre Telefone abhört, ihre Mails liest und ihre Wohnungen besucht, das nehmen die meisten Berichterstatter achselzuckend hin. Schon schwerer gewöhnt man sich daran, dass chinesische Assistenten regelmäßig verhört und manchmal bedroht und potenzielle Interviewpartner weggesperrt werden. Ganze Landesteile sind tabu. Mancherorts bedrängen einen bei der Recherche Zivilbeamte und Schläger. Aber auch das ist für viele Teil des Alltags. Nun aber kommt es zu Übergriffen, die es so früher nicht gegeben hat.

Ein Bericht des Auslandskorrespondentenvereins FCCC vom Dezember listet eine Reihe solcher Fälle auf, darunter den eines Agenturreporters, den Polizisten stundenlang an einen Metallstuhl ketteten, nachdem er versucht hatte, beim Pekinger Petitionsamt Bittsteller zu interviewen. Aktuellstes Beispiel ist der Fall der China-Korrespondentin der Zeit, Angela Köckritz, und ihrer Assistentin Zhang Miao.



Peking im Februar 2014: Hier lebte die Zeit-Korrespondentin Angela Köckitz, bis sie im November fluchtartig die Stadt verließ


Korrekt muss es nun heißen: der ehemalige China-Korrespondentin. Angela Köckritz ist nicht mehr in Peking. Sie reiste im November Hals über Kopf nach Deutschland, verließ ihr Hofhaus im Glockenturm-Viertel, die Habe in ein halbes Dutzend Koffer gepackt, die Möbel schnell an ein paar Freunde verschenkt. Die Journalistin wollte weg aus China, so schnell wie möglich. Sie fühlte sich nach der Rückkehr von einer Hongkong-Recherche bedroht durch Chinas Sicherheitsbehörden. Die hatten zuvor schon ihre Assistentin Zhang Miao festgenommen, als sie – in ihrer Freizeit – unterwegs war zu einer Pekinger Dichterlesung für Hongkongs demonstrierende Studenten.

Die Zeit erscheint an diesem Donnerstag mit einem mehrseitigen Protokoll des Falls. Zuvor hatte Herausgeber Helmut Schmidt hinter den Kulissen wochenlang versucht, sich für die inhaftierte Assistentin stark zu machen. Vergebens. Angela Köckritz’ Bericht trägt selbstkritische Züge, wenn sie etwa berichtet, dass die Zeit ihre Assistentin Zhang Miao nie offiziell beim chinesischen Außenministerium angemeldet hatte, auch, weil das so billiger war. Sie fühle sich schuldig, schreibt sie.

Vor allem aber gewährt er neue Einblicke ins Innenleben eines kafkaesken Rechtssystems. Etwa, wenn sie den Wachmann am Tor des Pekinger Gefängnisses schildert, von dem sich die verzweifelten Angehörigen Auskunft erhoffen, ob die verschwundene Zhang Miao sich dort befindet: „Ich könnte nachschauen, ob sie da ist“, sagt er. „Doch es sind Ferien.“ Und das Tor schließt sich. Erstmals wird nun öffentlich, wie sehr die Staatssicherheit der Korrespondentin selbst zusetzte. Vier Tage lang wurde sie verhört. Am Anfang trug das noch Züge einer Posse: Plaudern über Philosophie und Reiterei; das bekannte Theater nach dem Prinzip „böser Bulle, guter Bulle“; die fürsorgliche Mahnung des Beamten, sie möge sich etwas Warmes anziehen: „Es gibt einen Wetterumschwung.“

Schnell aber wurde es bedrohlich: Du bist nicht nur eine Journalistin, sondern „mehr“, hieß es nun. „Du selbst hast subversive Aktivitäten organisiert. Wir finden dich überall. Glaub ja nicht, dass du mir entkommen kannst.“ Mit einem Mal sieht sich Köckritz gar mit dem Vorwurf konfrontiert, sie arbeite an der Spaltung Chinas, in Hongkong, in Xinjiang. Als Belege dienen Interviews, die die Zeit-Journalistin mit kritischen Geistern geführt hatte, mit dem uigurischen Professor Ilham Tohti etwa. Solche Interviews hat praktisch jeder Pekinger Korrespondent einmal gemacht. Die Agenten insinuieren, sie sei vielleicht eine Spionin, ein Agent Provocateur. Absurd? Absurd. Aber deshalb kaum weniger bedrohlich.

Die Verhaftung, die Verhöre, sie finden statt, während die „Occupy Central“-Bewegung in Hongkong demonstriert. Chinas Propagandablätter verbreiten Paranoia. Peking macht überall „feindliche ausländische Mächte“ und „schwarze Hände“ aus. Am Ende mag sogar der betreuende Diplomat von der deutschen Botschaft eine Festnahme der Journalistin nicht ausschließen. Angela Köckritz, die noch bis Mitte 2015 in China hatte bleiben wollen, möchte nur noch weg. Als Phoenix TV – ein Hongkonger Sender mit besten Pekinger Kontakten – meldet, in Hongkong sei „ein deutscher Pressevertreter“ als Provokateur unterwegs gewesen, da ist Angela Köckritz schon am Pekinger Flughafen. Deutsche Diplomaten begleiten sie. Keiner hält sie auf. Zurück bleibt ihre Assistentin Zhang Miao. Sie sitzt noch im Gefängnis. Weil sie an einer Dichterlesung teilnehmen wollte, die am Ende nicht mal stattfand.

Aufbruch ins Gestern

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Mit der Zukunft ist das so eine Sache, wenn sie in die Jahre kommt. Nicht etwa weil sie ergraut wie ihre Erfinder. Nein, es sind vielmehr die Bezugspunkte, die unweigerlich durcheinandergeraten, wenn die Musik von Kraftwerk, die vor ziemlich genau 40 Jahren das Aufregendste, Futuristischste, Modernste war, was man sich im Wirtschaftswunder-Deutschland vorstellen konnte, im Museum Einzug in den Kanon hält.



Beim Konzert in Berlin werden legendäre Kraftwerk-Songs medial inszeniert. Zum Song "Roboter" stehen Puppen auf der Bühne in der Neuen Natinoalgalerie.

Unter dem Titel „Der Katalog – 1 2 3 4 5 6 7 8“ spielen die Synthesizer-Pioniere gerade in der Neuen Nationalgalerie an acht aufeinanderfolgenden Abenden ihre acht zentralen Alben. Am Dienstagabend war der Auftakt mit „Autobahn“. Das Album markierte 1974 den Scheitelpunkt zwischen der avantgardistischen Krautrock-orientierten Anfangsphase der Band und dem Aufbruch zu dem, was sie später selbst „Techno Pop“ betitelten. Es waren nicht mehr die improvisierten Jam Sessions, die damals gerade den musikalischen Standard bestimmten, es war kühle, distanzierte Elektro-Musik, abenteuerlustig genug jedoch – und das war die eigentliche Sensation – das Pop-Potenzial dieser künstlich erzeugten Töne freizulegen.

Das Absurde an diesem Abend in Berlin: Damals entlockten sie die flirrenden, auf- und abschwellenden Töne mühevoll den kompliziert verkabelten Geräten, die Synthesizer Anfang der Siebzigerjahre noch waren. Heute können sie von jedermann erzeugt werden, notfalls mit winzigen Mobiltelefonen.

Ralf Hütter, letztes Originalmitglied von Kraftwerk, weiß um die vielen Hundert Smartphones-Displays, über die Fetzen der Show beim Filmen und Knipsen flimmern. Er weiß um die in die Luft gestreckten, leuchtenden Rechtecke, die Teil der Multimediashow werden. Es sind Spiegel – Rückspiegel, um genau zu sein, ähnlich wie die des VW-Käfers, der auf der Leinwand gerade durch eine heile Autobahn-Hügellandschaft braust, Rückspiegel, in denen eben auch 40 Jahre Technologie-Entwicklung sichtbar werden. Und wie durch ein Wunder schimmern die Displays im Blick durch die 3-D-Brillen auch noch wie wunderliche, regenbogenfarbene Wackelbilder.

Überhaupt die Brillen und dieses ganze dreidimensionale Bilderspektakel: Diese Technik ist sogar noch älter, mehr als ein halbes Jahrhundert. Zufall ist das natürlich keiner. Hütter, der Lenker und Planer, schickt das Publikum ganz bewusst durch die Jahrzehnte. Nach einer halben Stunde „Autobahn“ schließt sich ein Best-of-Teil mit allen wichtigen Stücken bis zu „Tour de France“ von 2003 an. Kraftwerk zum Schwelgen. Durch die Brillen blicken die Zuschauer dann auf animierte Bilder der alten Bundesrepublik: Da leuchten etwa die Neon-Schriftzüge „Nachtcafé“, „Klosterfrau Melissengeist“ und „Hölle“ nebeneinander. Und Ralf Hütter säuselt dazu mit seiner ebenso wehmütigen wie sachlich-unterkühlten Stimme die erste Strophe von „Neonlicht“ und lächelt.

Freilich sind solche Ambivalenzen zwischen Fortschrittsglauben, Konsum und Spektakel für Kraftwerk, die schon in den Siebzigern mehr Kunstprojekt als Band waren, nichts Neues. Seltsam mutet es trotzdem an, wie 1700 Zuschauer mit den 3-D-Brillen auf der Nase zur wunderbar gesichtslosen Menschenmenge eines Science-Fiction-Films verschmelzen, ausgerechnet in Ludwig Mies van der Rohes Neuer Nationalgalerie, Berlins Glastempel der Klassischen Moderne, und dass sie dann vier älteren Herren in engen Raumschiff-Anzügen dabei zusehen, wie sie hinter retrofuturistischen Schaltpulten Knöpfe bedienen, von denen man nie weiß, ob sie nur unsichtbar bleiben oder gar nicht existieren. Was sie da eigentlich machen, ob sie überhaupt was machen, bleibt ein großes Geheimnis. Klar, Musik gibt es natürlich auch. Aber woher sie kommen, diese künstlichen Töne und Rhythmen – bei keiner Band ist das wohl so egal wie bei Kraftwerk. Was die Düsseldorfer Elektrogarde um Ralf Hütter hier aufführt, ist ohnehin kein Konzert mehr. Es ist eine Werkschau als Multimedia-Performance.

Um das Live-Erlebnis geht es Hütter wohl nur am Rande. In Berlin treibt er voran, was im Münchner Lenbachhaus 2011 mit einer Ausstellung und ersten 3-D-Konzerten in der Alten Kongresshalle begann und von 2012 an mit der Konzertreihe vom New Yorker Museum of Modern Art nach Düsseldorf, Karlsruhe, London und Tokio reiste: die Kultivierung des eigenen Mythos.

Was das angeht, überließen Kraftwerk schon in den Siebzigern nichts dem Zufall. Die starren Roboterpuppen, das Streben nach absoluter Perfektion, das Zurücktreten des Individuums hinter die Systemstruktur der „Mensch-Maschine“ – das alles war immer Teil des Gesamtkunstwerks, das sich weniger um Fanbindung als um ein penibel geschliffenes Konzept bemühte. Es scheint, als solle die gründlich geplante Überführung in die Unsterblichkeit der Pop- oder besser Kunstgeschichte lieber auch nicht in fremde, unkontrollierbare Hände gegeben werden. Nur eines gibt er den Menschen, die in der Zukunft leben, die er so oder so ähnlich vor vier Jahrzehnten beschwor, am Ende als Mantra mit auf den Weg: „Es wird immer weitergehen / Musik als Träger von Ideen“, singt er in „Music Non Stop“. Die Kunst von Kraftwerk ist nicht mehr als das und nicht weniger.

Kraftwerk, „Der Katalog – 1 2 3 4 5 6 7 8“, Neue Nationalgalerie, Berlin. 8.1. „Trans Europa Express“, 9.1. „Die Mensch-Maschine“, 10.1. „Computerwelt“, 11.1. „Techno Pop“, 12.1. „The Mix“, 13.1. „Tour de France“. Alle Vorstellungen sind ausverkauft.

Der schwierige Gefangene

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Endlich war es etwas ruhiger geworden um Anders Breivik. Norwegens Massenmörder hat es in den vergangenen Monaten nicht mehr so häufig in die Presse geschafft. Immer wieder hatten die Journalisten über seine zahlreichen Beschwerden geschrieben, die veraltete Playstation in seiner Zelle, den kalten Kaffee, den Mangel an Butter auf seinem Brot. Zuletzt beschwerte er sich über die Isolationshaft, in der er seit mehr als 40 Monaten sitzt. Dort langweilt er sich offenbar. Im Herbst 2013 wollte der 35 Jahre alte Breivik ein Fernstudium in Politikwissenschaften beginnen. Im Herbst 2014 verkündete er, eine Partei zu gründen. Vor allem aber will er Aufmerksamkeit. Die Norweger hingegen möchten ihn einfach nur vergessen.



Massenmörder Anders Behring Breivik im August 2012, als er den Gerichtssaal in Oslo betritt.


Diesen Winter aber kommen die Klagen von der anderen Seite der Hochsicherheitstüren. Gefängnismitarbeiter sprachen anonym mit der Zeitung Verdens Gang über den Häftling. Sie seien „erschöpft“ von der Arbeit mit ihm, hieß es in dem Artikel. Jeden Tag dem Menschen zu begegnen, der 77 Menschen in Oslo und auf der Insel Utøya getötet hat, zehrt offenbar an den Nerven. Besonders schwierig: Breivik bereut nicht. Der Rechtsextremist versucht vielmehr, seine Aufseher von seiner kruden Weltsicht zu überzeugen.
Mit Vergessen ist es also nicht getan. Der Gefangene verschwindet dadurch nicht einfach aus seiner Zelle im Hochsicherheitstrakt von Skien, zwei Stunden südlich von Oslo. 21 Jahre muss er absitzen, Höchststrafe. Anschließend ist Sicherungsverwahrung möglich. Dem Strafvollzug bleibt er also noch eine Weile erhalten.

Zwei Dinge machten den Umgang mit Breivik für die Gefängniswärter besonders schwierig, sagt Terrorismusexperte Franck Orban. Erstens, dass er Norweger sei, norwegisch aussehe und norwegisch spreche. Zweitens, dass er ziemlich freundlich sein könne und sich im nächsten Moment wieder über alles beschwere. „Das erhöht die Gefahr von Manipulation“, sagt Orban, der früher an der Norwegischen Akademie für Strafvollzugsdienst geforscht hat, mit Schwerpunkt Terrorismus und Radikalisierung. Heute lehrt er an der Østfold Universität. Für Breivik gilt eine besondere Hochsicherheitsstufe, die laut Orban in Norwegen derzeit nur für ihn verwendet wird. Jeden Tag beschäftige der Terrorist mindestens 20 der besten Gefängnismitarbeiter, koste sein Aufenthalt den Staat umgerechnet 3500 Euro. Allein der enorme Schriftverkehr des Häftlings ist eine Last, denn jeder Brief muss kontrolliert werden. Breivik schreibt an Journalisten, Behörden, Rechtsextreme. Seinem Vater schrieb er, er wolle ihn nicht sehen, solange dieser nicht seine „faschistische“ Ideologie übernehme. Kurz vor Weihnachten wurde bekannt, dass die Justizbehörde bisher 220 von Breiviks Briefen abgefangen hat. Sie möchte verhindern, dass sich der Gefangene ein terroristisches Netzwerk aufbaut.

Ein ähnliches Argument gilt für seine Isolationshaft: Breivik hat keinerlei Kontakt zu anderen Gefangenen, damit er sie nicht ideologisch kontaminiert. Außerdem muss er selbst offenbar vor Angriffen geschützt werden. Norwegens Gefängnisse mussten dafür extra umbauen, zwei können ihn nun beherbergen: Skien und Ila bei Oslo. Er ist mehrfach zwischen diesen beiden verlegt worden, aus Sicherheitsgründen. Aber auch, um das Personal zu entlasten, bestätigt Karl Hillesland, Gefängnisdirektor in Skien. Weder er noch der Direktor von Ila möchte Fragen zu einzelnen Gefangen beantworten. Seine Mitarbeiter seien „hochqualifiziert und sehr professionell“, so Hillesland. Allerdings müssten sie auch mal „etwas Pause haben“, deswegen werde das Team regelmäßig ausgetauscht.

Knut Are Svenkerud, Sprecher des Verbandes der Gefängnismitarbeiter, erklärt das etwas ausführlicher. Er spricht von Routinen, die gefährlich werden können. Ein Gefangener dieser Sicherheitsstufe soll weder seine Umgebung noch seine Wärter zu gut kennenlernen und womöglich Einfluss auf sie gewinnen. Auch Svenkerud möchte nicht näher auf Breivik eingehen. Die Wärter in Norwegens sichersten Zellentrakten seien es jedoch gewohnt, Schwerverbrecher ins Gefängnis kommen zu sehen, Menschen, „die fürchterliche Dinge getan haben“ und „sehr hart“ seien. Nach ein paar Tagen im Knast ließen sie jedoch alle menschliche Gefühle erkennen, und Reue, für das was sie getan haben. Nicht aber Breivik. „Es ist schwer für die Mitarbeiter, wenn da jemand ist, der nichts von alledem zeigt.“

Die Norweger sperren niemanden länger als 21 Jahre ein, weil sie an Resozialisierung glauben. Gilt das auch für einen uneinsichtigen Massenmörder? Norwegen ist ein kleines Land. Nahezu jeder kennt jemanden, der von Breiviks Anschlägen betroffen war. Viele halten seine Rückkehr in die Gesellschaft für utopisch. Die Sozialanthropologin Erika Fatland gehört dazu. Sie hat ein Buch über Utøya geschrieben. „Ich war ziemlich erschrocken, als eine Diskussion in den Medien begann, ob wir nun anfangen sollten, Breivik als normalen Gefangenen zu behandeln“, sagt sie. Ihr fielen sofort zwei Dinge ein: Breivik, der sich im Gericht dafür entschuldigt, dass er es nicht geschafft hat, noch mehr Menschen zu töten. Und sein Manifest, in dem er beschreibt, wie er seine Zeit im Gefängnis nutzen möchte, um andere zu rekrutierten und eine „Bonus-Attacke“ zu planen. „Haben wir das schon vergessen?“, fragt sie. „Das hat mich einfach geschockt – als unglaublich naiv.“

Die Diskussion um Breiviks Zukunft begann vergangenes Frühjahr. Der Gefangene hatte angekündigt, gegen seine Isolationshaft klagen zu wollen. Die Tageszeitung Aftenposten zitierte damals Breiviks Anwalt Tord Jordet, der von „zusätzlicher Bestrafung“ sprach. Der Artikel zitierte dann noch einige Rechtsexperten, die Breiviks Isolation „fragwürdig“, bis „nicht zu rechtfertigen“ nannten.

Die Behörden betonen derweil, Breivik würde den Regeln entsprechend behandelt. Außer seiner Freiheit hat er seine Grundrechte nicht verloren und testet nun offenbar deren Grenzen aus, etwa mit dem Studiumswunsch oder der Parteigründung. Beides stellte sich als schwierig heraus, sagt Terrorismusexperte Orban. Eine Partei muss angemeldet werden, 5000 wahlberechtigte Norweger müssen sich für die Registrierung aussprechen, und dann ist da noch die Gründungssitzung, die wohl schlecht in Isolationshaft stattfinden kann. Was das Studium angeht, darf Breivik zwar seit Herbst 2013 Kurse im Fernstudium belegen. Studieren alleine und ohne Internetzugang sei aber offenbar nicht das gewesen, was Breivik sich vorgestellt hatte, so Orban.


Schöne Heimat, scheußliche Heimat

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Im Jahr 2008 gab es im Zeit-Magazin eine Deutschlandkarteüber Städte, die in Liedern besungen wurden und es damit in die Charts geschafft haben. Wenig überraschend ist Berlin dabei (From Paris to Berlin von Infernal zum Beispiel), und auch Hamburg wurde schon häufig besungen (In Hamburg sind die Nächte lang von Leinemann). Wenn man auf der Zeit-Magazin-Karte allerdings nach kleineren Städten sucht, wird es dünn. Einzig Delmenhorst taucht auf (wegen des gleichnamigen Songs von Element of Crime), außerdem Erlangen (Wissenswertes über Erlangen). Dann gibt es noch zwei Songs über Heidelberg. Und damit ist Schluss.

Eigentlich müsste man diese Karte mal aktualisieren. Denn als ich am Neujahrstag während einer sehr langen Autofahrt von Berlin nach München so ziemlich jede "Das tut sich in der deutschen Musikszene"-Sendung hörte, die die Radiostationen auf dem Weg hergaben, hatte ich das Gefühl, dass gerade dieses Thema aktuell deutsche Bands beschäftigt: Das Leben in der Provinz, oder zumindest der Kleinstadt. Um nur ein paar Beispiele zu nennen: Thees Uhlmann besang in "Lat:53.7 Lon:9.11667" seine niedersächsische Heimatstadt Hemmoor mit "Hier kommt ein Supermarkt auf zehn Personen, Die in kaputten Ehen in zwanzig Häusern wohnen. Hier gibt es Restaurants, in die niemand geht (...)". Casper rappte über Bielefeld (Ich bin raus (...) Vielleicht weit hinter den Bergen / Vielleicht nur Bielefeld, doch dort, wo noch Grinsen was wert ist). Und OK Kid nennen Gießen ihre Graue Stadt ohne Meer. Der Tenor war jedes Mal ähnlich: Es ist dort überall alles andere als super, aber halt irgendwie auch Heimat, und die muss man auch lieb haben. Die genannten Künstler leben mittlerweile übrigens alle in Berlin oder Köln.



Trister Norden, schöner Süden? Klingt manchmal fast so.

Je weiter die Reise allerdings Richtung Süden ging, umso mehr änderte sich die Einstellung der Songs zur Heimat. Cro ist ja sowieso immer bestens gelaunt und besang das Mädchen, das er theoretisch auch im Stuttgarter Rotlichtviertel besuchen würde ("Hey Girl"). Aber auch LaBrassBanda vom Chiemsee fanden ihre Heimat auf dieser Autofahrt prima (in am scheena kloana dorf am see do wohn i) und die zahlreichen Bands, die beim bayerischen Heimatsound-Festival auf dieser Autofahrt vorgestellt wurden, fanden allesamt ihr Zuhause richtig gut. Niemand sang da von der Langeweile Straubings oder der schlechten Verkehrsanbidnung in Passau.

Ebenfalls auffällig: Cro lebt immer noch in Stuttgart, die LaBrassBanda-Jungs sind ebenfalls nicht in Berlin. Was ist da los? Stimmt der Eindruck meiner Radioreise durch Deutschland? Werden die Bands wirklich provinzpatriotischer, je weiter man nach Süden kommt? Und warum? Sind norddeutsche Kleinstädte schlimmer als die süddeutsche? Oder schlägt sich das Klischee des heimatverbundenen Süddeutschen einfach mittlerweile auch in der Popmusik nieder?

Prof. Udo Dahmen ist Professor für Popmusik an der Popakademie Baden-Württemberg und gleichzeitig auch deren Geschäftsführer und künstlerischer Leiter. Auch wenn eine sechsstündige Autofahrt natürlich nur mäßig empirisch belastbar ist, befrage ich ihn zu meiner Theorie vom Heimat-Riss, der sich musikalisch durch Deutschland zieht.

In einer Stadt wie Hamburg ist es nicht nötig, sich von anderen Städten abzugrenzen - man denkt da in Kiezen



Tatsächlich hat Dahmen selber 20 Jahre in Hamburg gelebt, bevor er nach Mannheim zog. Und findet, am Umgang der verschiedenen Städte mit ihrer Musikszene könne man bereits viel ablesen: "Mein Eindruck ist, dass Bands im Süden sich mit den Songs, die etwas Positives über ihre Heimat erzählen, von den Metropolen im Norden, also von Hamburg oder Berlin, abgrenzen möchten. Sie wollen zeigen: Wir können das hier genauso!", sagt Dahmen. In Hamburg sei man selbstbewusst gewesen, habe sich nur zwischen den verschiedenen Kiezen duelliert. Songs wie "Hamburg, meine Perle" verfestigen dieses Selbstbild. Sich von anderen Städten abzugrenzen, sei bei der Größe nicht notwendig. Außerdem merkt er an, dass man natürlich mit so einer These auch die verschiedenen Genres beachten müsste - im Hip-Hop spielte die eigene "Hood" schon immer eine starke Rolle. Dort über die Heimat und die Homies zu rappen, dass sie total öde seien - unvorstellbar. Und ein Zentrum für Hip-Hop war nunmal immer neben Hamburg Stuttgart - damit wäre also zumindest schonmal das schwäbische Selbstbewusstsein geklärt.

Dadurch, dass es im Süden viele mittelgroße, lebenswerte Städte gebe, die von den großen Metropolen im Norden allerdings eher belächelt werden, habe man angefangen zusammenzuhalten, erklärt Dahmen. Man grenzt sich dort innerhalb einer Stadt weniger gegeneinander ab, sondern sieht die Heimat als etwas, das man nach außen hin gemeinsam verteidigt. Hier im Südwesten sind das zum Beispiel Mannheim, Heidelberg und Ludwigshafen, die musikalisch vieles zusammen organisieren. Zwischen diesen Städten herrscht ein Verbundenheitsgefühl, das man auch nach außen vertritt.

Tatsächlich gibt es auch in Bayern, neben der Metropolregion München, zahlreiche mittelgroße Städte dicht beieinander - Regensburg, Nürnberg, Erlangen, Bayreuth, Würzburg, um nur einige zu nennen. Die Zivilisation ist von den eher licht bebauten Flecken dazwischen meist irgendwie erreichbar. In Niedersachsen oder Mecklenburg-Vorpommern ist das oft schwieriger, in Magdeburg hält nicht mal der ICE.

"Junge Musiker aus der Provinz wollen heute nicht mehr in die Großstadt"


Vielleicht ersetzen im Süden diese vielen Klein- bis Mittelstädte die Sehnsucht nach der Flucht vor der Provinz, wie sie die norddeutschen Bands immer wieder besingen. Nicht umsonst singt Thees Uhlmann von den 100 Kilometern, die es von seinem Heimatkaff bis zur nächsten Autobahn dauert.

Für eine weitere, positivere Wahrnehmung der Heimat im Süden, spricht aus Dahmens Sicht auch der Umgang mit Mundart: Bands wie Kofelgschroa oder LaBrassBanda sind damit erfolgreich. Das letzte bekannte norddeutsche Lied in Mundart, an das ich mich erinnern kann, war "Nordish by Nature" von Fettes Brot. Das war 1995 und die Band kam auch aus Hamburg - neben Berlin eben die einzige Großstadt im Norden. Dahmen spricht noch die Lieder von Wolfgang Niedecken und BAP an, Kölschrock nennt man das. Allerdings haben die 1976 angefangen.

Bleibt noch eine Frage offen - wie kommt es, dass momentan viele Bands so ein Bedürfnis verspüren, ihre Heimat in Songs zu thematisieren? Dahmen hat dafür eine gute Erklärung: "Früher war es so, dass viele Musiker in einer Kleinstadt groß wurden und dann in einem zweiten oder dritten Schritt in eine Metropole gingen, um sich weiterzuentwickeln. Ich beobachte immer mehr die Tendenz, dass junge Musiker aus der sogenannten Provinz heute gar nicht mehr so sehr in die Großstadt wollen. Die ist aus ihrer Sicht überlaufen und dieser Schritt ist dank des Internets auch nicht mehr zwingend notwendig." Früher sei man auch in die Großstadt gefahren, um neue Musik zu entdecken und Kontakte zu knüpfen, heute gehe das online. Und Inspiration für Songs lasse sich auch in der Provinz finden - ganz egal, ob diese Songs dann eher Liebe oder Hass gegenüber der Heimat ausdrücken.
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