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Die jetzt.de-Kettengeschichte, Teil 33

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Was bisher geschah: Anna jobbt an der Tankstelle und haut mitten in der Nachtschicht ab, um ihren Schwarm Gerwin Gewinner zu treffen. Doch Gerwin entpuppt sich als Verbrecher und er und seine Komplizin, die alte Liesel Maier, sperren Anna auf einem Dachboden ein. Annas Chef Paul, der sie retten will, kennt die Entführer schon - die drei haben gemeinsam Kunstwerke gestohlen, die magische Kräfte haben.

In einer Parallelrealität hat Anna inzwischen einen Roman namens "Nachtschicht" gelesen und wurde in die Geschichte hineingesogen. Ihre Freundin Rana gerät in die Fänge der Entführer, Ranas Freundin Bernhard wird ermordet. Anna und Paul flüchten in die Tankstelle, werden von einer Zombie-Armee bedroht und von einem fliegenden Einhorn gerettet...

...und Anna erwacht in einer Redaktion als Autorin einer Kolumne namens "Nachtschicht", wird aber gefeuert. Vor dem Redaktionsgebäuse trifft sie auf einen geheimnisvollen Fremden und auf Gerwin - als Kapitän eines Raumschiffs. Anna wird ohnmächtig und wacht im Haus ihrer Urgroßtante auf. Dort bekommt sie die Möglichkeit, zu einem beliebigen Punkt der Erzählung zurückzuspringen und landet wieder in der Redaktion, die sie arbeitslos verlässt. Ihre nächste Mission: eine erfolgreiche Journalistin werden! Aber erst geht sie noch in einen Club. Dort angekommen bekommt sie eine SMS von ihrer Mitbewoherin Vera: „Anna, pass auf dich auf, dieser Club, in den du wolltest, ist angeblich verrufen als absoluter Drogenumschlagplatz…“

Alle vorigen Teile der Kettengeschichte kannst du hier nachlesen. Und hier kommt Teil 33 von jetzt-Userin nanajacobi.




Ob hier wirklich eine Story lauert? Anna nagt nervös an der Unterlippe. Sie hat ein schlechtes Gewissen wegen der vielen Anrufversuche von Steffi und diese Mitteilung von Vera – merkwürdig. Sie schüttelt den Kopf. Vera kennt doch den Club! Sie waren bestimmt schon fast hundert Mal zusammen hier. Und dann diese gestelzte Ausdrucksweise. Das passt alles gar nicht zu ihr, überlegt Anna und spürt, wie ihre Nervosität zunimmt. Irgendwas geht hier vor, das ist mal sicher.

Sie schaut noch einmal auf das Display, dann steckt sie das Handy ein und tritt aus dem Waschraum heraus zurück in den dunklen Gang. Für einen Moment hat sie erwartet, dass wieder einmal etwas völlig Abgefahrenes passiert, aber alles ist wie immer. Lichtröhren flackern an den Wänden, der Dreck darauf überzieht sie in wilden Mustern. Inzwischen ist es rappelvoll, mühsam bahnt sie sich ihren Weg zurück zur Tanzfläche. Der Boden vibriert im Takt der Bässe, Lichtblitze zucken auf und verlöschen wieder. Nein, sie mag nicht mehr tanzen. Irgendwie ist ihre Stimmung gekippt...

Nachdenklich geht sie weiter Richtung Theke, schnappt sich einen freien Barhocker und kneift die Augen zusammen. Sofort verschmelzen die Flaschen in dem beleuchteten Regal vor ihr mit der Umgebung zu einem Brei aus Farben. Vielleicht sollte sie nach Hause gehen. Getrunken hat sie sowieso genug. Sie sieht dem Barmann zu, wie er ein paar Drinks mixt und wartet, bis er sie bemerkt. Im nächsten Moment ist er da.
„Was trinken?“ überschreit er die Musik und zeigt auf eine Bierflasche.
Anna schüttelt den Kopf. Und schreit zurück: „Was war das da eben?“
Er zuckt mit den Schultern und legt den Kopf schief. „Geheimrezept“, sagt er ganz dicht vor ihrem Gesicht und lächelt dabei wie ein Sphinx. „Traust du dich?“
Anna nickt und kramt in ihrer Tasche nach dem Handy, ohne den Barkeeper weiter zu beachten. Schnell drückt sie auf die Wiederholungstaste. Soweit kommt es schon, dass ich mir wegen einer SMS Sorgen um Vera mache, denkt sie und spürt, wie trotzdem die Angst in ihr hochkriecht. Irgendwas ist faul an der SMS...

Sie nippt an dem Drink und lässt das Handy weiterläuten. Nichts. Jetzt nimmt Anna doch einen kräftigen Schluck.
„Na, schmeckt dir meine Kreation?“, schreit der Barmann.
Anna blickt hoch und zuckt zusammen. Der Typ hinter der Theke sieht aus wie Paul. Nein, das ist Paul.
„Cheers“, sagt eine Stimme von links und hält ihr das Glas hin.
Anna kann es kaum glauben. Es ist Rana.
„Wie bist du denn....“
Weiter kommt sie nicht, sie muss tief Luft holen. Rana lacht und beschreibt mit ihrer Hand einen weiten Bogen. „Schau dich mal um, liebe Anna. Alle sind hier. Alle.“
Anna reißt die Augen auf und kann es nicht glauben. Alle Figuren, die sie auf ihrer Reise durch Geschichten, Träume und Paralleluniversen geschaffen hat – sie alle sind hier, in diesem Club.
„Was ist mit Vera?“, fragt sie matt, „ich sehe sie nicht.“
Von rechts pufft sie jemand an. Auf das Schlimmste gefasst, dreht sie sich der Person zu. Wendy Wendepunkt.
„Kindchen“, beginnt diese das Gespräch mit strengem Unterton, „es reicht langsam. Diese Geschichte ufert aus, so wird das nie was mit einer Karriere als Autorin, Journalistin... was weiß ich.“
Anna blickt Wendy an, als sei sie ein Marsmensch.
„Ich habe mir erlaubt, diese SMS zu schreiben. Dein Gefühl war richtig, ich habe einen Logikfehler gemacht. Vera wusste doch gar nicht, in WELCHEN Club du gehst. Nun gut. Du hast dieses Zeug getrunken, das hat uns alle hergebracht. Und jetzt schau dir mal das wüste Durcheinander an Figuren an.“
Anna blickt sich um und schluckt. Da hat die gute Frau wohl recht.
„Und nun?“, will sie wissen und bestellt sich bei Paul noch einen Drink.
Wendy legt ihr mütterlich die Hand auf die Schulter.
„Wir müssen irgendwann doch mal zum Ende kommen, Anna. Oder willst du weiter mit Einhörnern und Raumschiffen umherschwirren, morgens die Welt retten und abends Mensch-ärgere-dich-nicht-Turniere besuchen? Du musst die Kurve kriegen, Anna, es wird Zeit.“

Du willst wissen, wie es weitergeht? Teil 34 (und damit der vorletzte Teil!) der Kettengeschichte erscheint am Donnerstag, den 11. Dezember.

Tagesblog - 5. Dezember

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17:10 Uhr: Und ich muss jetzt echt DRINGEND gehen, weil gleich der Nikolaus zu uns nach Hause kommt. Und den darf ich auf keinen Fall verpassen!!!!! Ich wünsche euch allen ein superduper Wochenende, viel Glühwein, Spaß und Dings. Es war mir wie immer eine einzige Freude!!!

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17:06 Uhr:
So, bevor ich gehe, verweise ich noch ganz schnell auf die Jungsfrage, die der Frage nachgeht: Was bedeutet es, wenn ein Mädchen einem Jungen Vaterqualitäten zuspricht? Ist das ein Codewort für langweiliger Tropf? Oder ein Lob? Die Antwort habe ich verzapft und bin sehr gespannt, was ihr dazu sagt. So aus den verschiedenen Lebensperspektiven gesehen.....

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16:19 Uhr:
Wir unterbrechen kurz für eine Quiz-Runde. Wer ist auf diesen Bildern eurer Meinung nach abgebildet: [plugin imagelink link="http://cdn77.sadanduseless.com/wp-content/uploads/2014/09/fan-art6.jpg" imagesrc="http://cdn77.sadanduseless.com/wp-content/uploads/2014/09/fan-art6.jpg"]

+++[plugin imagelink link="http://cdn77.sadanduseless.com/wp-content/uploads/2014/09/fan-art17.jpg" imagesrc="http://cdn77.sadanduseless.com/wp-content/uploads/2014/09/fan-art17.jpg"]


15:41 Uhr:
Endlich! Tut sich wieder etwas in den heiligen Hallen. Nadine, die eine unserer Toppraktikantinnen hat aufgeschrieben, warum sie sich nie traut, ein Band in ihre Haare zu flechten. Bei mir ist die Liste der von mir nicht tragbaren Klamotten unglücklicherweise extrem lang: Röcke, Strumhosen, Kleider, kurze Hosen, hohe Schuhe, Jogginghosen vor 20 Uhr und außer Haus, ausgeschnittene Tops, etc.pp. Ätz-end.

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14:44 Uhr:
Leute! Ich will mich ja nicht beklagen, aber warum hab ich eigentlich so wenige Herzen? Ich frag ja nur, vielleicht habe ich was falsch gemacht? [plugin imagelink link="http://cdn77.sadanduseless.com/wp-content/uploads/2014/11/animals-sad4.jpg" imagesrc="http://cdn77.sadanduseless.com/wp-content/uploads/2014/11/animals-sad4.jpg"]

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14:16 Uhr:
Kaum legt man sich kurz unter den Schreibtisch, schon sind wieder zwei Stunden vergangen. People, gerade geht hier alles etwas zäh voran, daran bin aber nicht ich schuld, sondern die Jahreszeit, der Wochentag und das fressinduzierte Koma, in dem sich die gesamte Spaghetti-Redaktion befindet. So sieht es gerade aus in der Redaktion, ich sag's euch... [plugin imagelink link="http://dailypicksandflicks.com/wp-content/uploads/2014/11/picdump-1250-24.jpg" imagesrc="http://dailypicksandflicks.com/wp-content/uploads/2014/11/picdump-1250-24.jpg"]

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12:08 Uhr:
So, ich gehe jetzt eine Riesenportion Spaghetti Carbonara verdrücken. Aber ich lasse euch natürlich nicht alleine. Sondern mit diesem sanften Hund zurück. Passt gut auf ihn auf, ich komme gleich wieder. [plugin imagelink link="http://dailypicksandflicks.com/wp-content/uploads/2014/12/picdump-1254-30.jpg" imagesrc="http://dailypicksandflicks.com/wp-content/uploads/2014/12/picdump-1254-30.jpg"]

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11:51 Uhr:
A propos Hund. Heute feiert der große Little Richard seinen 82. Geburtstag. Dafür spielen wir ihm jetzt eines seiner eigenen Ständchen. You Ain't Nothing But A Hound Dog (ein Song, den ich früher immer sehr intelligent übersetzte als "Du bist nichts weiter als ein Hund-Hund", oh Mann ey...)
http://www.youtube.com/watch?v=xbHC54c4AR4

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11:43 Uhr:
Oh, oh, ohhhhh! Jakob hat mir gerade einen Hot Dog geschickt. Ohhhhh




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11:28 Uhr:
Woahhh, so schnell kann's gehen: Bodo Ramelow ist der erste linke Ministerpräsident aller Zeiten. Hier die wichtigsten Fakten.

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11:14 Uhr:
Puh. Es kommt ja gar nicht so oft vor, dass man länger als zehn Minuten einen einzigen Text im Internet liest, ohne nervös zu werden. Aber bei dem hier musste ich bis zum Ende lesen und das hätte gerne auch noch etwas später kommen können. Juliane Schiemenz schreibt über den Umzug ihres Vaters in ein "Kompetenzzentrum" in München. "Alzheimer on the Road" (via reportagen.com)

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10:52 Uhr:
Juhu, endlich ist das neue Beyoncé-Video auch bei mir angekommen. Und wer ist schuld daran? Nadja mit ihren total schlauen Überlegungenüber die gif-Ästhetik, die in der Popkultur Einzug hält. Viel Spaß damit. Und damit natürlich auch:
http://vimeo.com/112562395 

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9:47 Uhr:
Charlotte sagt, ich soll noch mal voll Werbung für unser Vorzeigen-Label machen. Also: HEY!!!! Zeigt doch mal alle eure Adventskalender her! Die selbstgemachten, geschenkten, verschenkten, gekauften. Alle bitte in dieses Label schaufeln, dann haben wir eine super Kollektion und können uns in den nächsten Jahren davon inspirieren lassen....

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9:41 Uhr:
Gerade stelle ich mir vor, was der Kollege Stremmel wohl heute an seinem freien Tag so macht. Ich glaube, es sieht ungefähr so aus: [plugin imagelink link="http://www.pleated-jeans.com/wp-content/uploads/2014/12/hIvZvOA-1.jpg" imagesrc="http://www.pleated-jeans.com/wp-content/uploads/2014/12/hIvZvOA-1.jpg"]

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9:33 Uhr:
Und hier der Verweis auf den Tagesticker, der heute mit einem überaus schweineigeligen Bild für sich und sein Thema wirbt, welches sich (glaube ich) in diesem Satz zusammenfassen lässt: In welchen Situationen darf über das berühmte Untenrum gesprochen werden?

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9:21 Uhr:
Sodann die Neuigkeiten des Tages, verkündet vom Herold von SZ.de:

- Heute wird möglicherweise der erste linke Ministerpräsident gewählt. Der Wessi Bodo Ramelow im Ossibundesland Thüringen. Spannend!

- Total schlimm für Menschen im Allgemeinen und Eltern im Besonderen: Jede fünfte Breze in Bayern ist schwer belastet. Und zwar mit Aluminium. Der Grund: Die Bäcker benutzen wegen der hohen Hitzeleitfähigkeit (ist das ein Begriff?) Alu-Bleche, die von der Brezen-Lauge angegriffen werden
.  
- Nachdem Bill Cosby von einer Frau in Kalifornien wegen Vergewaltigung verklagt wurde, hat er jetzt Gegenklage eingereicht. Diese ganze Geschichte deprimiert mich extrem. 

- Und dann ist da noch diese Angelegenheit, über die ich gar nicht länger schreiben kann, sonst schlafen mir die Füße eichrrr, chrrrrr, chrrrr...

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9:19 Uhr:
Oh Mann, Technik, ey!!!! Jedenfalls jetzt erst mal ein sehr sanftes Tier für pitz!
[plugin imagelink link="http://www.pleated-jeans.com/wp-content/uploads/2014/12/picdump-1253-17-1.jpg" imagesrc="http://www.pleated-jeans.com/wp-content/uploads/2014/12/picdump-1253-17-1.jpg"]

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8:36 Uhr:
Husch, husch! Bevor ich in die SZ.de-Konferenz gehe, noch schnell den tollen Gewinn für den heutigen Adventskalender verkünden: Klingt langweilig, ist aber super und praktisch: Heute gibt es zwei Festplatten zu gewinnen. Hier entlang bitte...




Wie in Ferguson, und doch ganz anders

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Das furchtbare Video ging um die Welt: Polizisten stellen Eric Garner, einen 43 Jahre alten übergewichtigen Schwarzen, zur Rede. Es kommt zum Handgemenge, die Polizisten werfen den Mann zu Boden, einer nimmt ihn in den Würgegriff. Minuten später ist Garner tot. Sein Vergehen: Er soll unversteuerte Zigaretten verkauft haben. Der Fall ereignete sich im Juli. Jetzt entschied eine Geschworenen-Jury im New Yorker Stadtbezirk Staten Island, dass der Polizist, der Garner getötet hat, der 29-jährige Daniel Pantaleo, straffrei ausgehen wird.



An den Protesten nahmen – vornehmlich junge – Menschen aller Hautfarben teil. Anders als in Ferguson steht hier nicht eine weiße Polizei einer mehrheitlich schwarzen Bevölkerung gegenüber.

Es ist wie zuvor in Ferguson im Bundesstaat Missouri: Wieder bleibt der Tod eines Schwarzen, verursacht durch einen weißen Polizisten, ungesühnt. In Ferguson war es der 18 Jahre alte Michael Brown. Diesmal war es ein Vater von sechs Kindern, der unter Asthma litt und wegen eines lächerlichen Vergehens sterben musste. Wie in Ferguson löste die Entscheidung der Jury eine Protestwelle aus. Die letzten Worte Garners – „Ich kriege keine Luft mehr“ – wurden zum Fanal für Hunderte von Demonstranten, die in der Nacht zum Donnerstag durch Manhattan zogen.

Und doch ist in New York alles ganz anders. Einerseits ist der Fall viel klarer. In Ferguson gab es widersprüchliche Aussagen zum Tathergang: Hat Michael Brown den Polizisten, der ihn erschoss, bedroht, oder hob er die Hände in einer Geste des Ergebens? In Staten Island gibt es dank des Videos keine Zweifel: Eric Garner bedrohte niemanden. Der Polizist Pantaleo wendete den Würgegriff an, der bei der New Yorker Polizei seit 1993 ausdrücklich verboten ist.

Auf der anderen Seite sind die Proteste in New York friedlich geblieben, anders als in Ferguson gab es keine Plünderungen, auch nicht in dem armen Viertel auf Staten Island, in dem Garner wohnte. An den Protesten nahmen – vornehmlich junge – Menschen aller Hautfarben teil. Die New Yorker zeigten, wie sehr sich das Klima zwischen den Rassen in den vergangenen Jahren entspannt hat. Anders als in Ferguson steht hier nicht eine weiße Polizei einer mehrheitlich schwarzen Bevölkerung gegenüber. Im vergangenen Jahr waren 16,7 Prozent der New Yorker Polizisten schwarz. Das entspricht zwar noch nicht ganz dem Anteil der Schwarzen an der Gesamtbevölkerung (22,6 Prozent), kommt ihm aber sehr nahe. Der Anteil der Polizisten mit lateinamerikanischem Hintergrund („Hispanics“) liegt fast genau im Bevölkerungsdurchschnitt (29,2 Prozent).

Umso heftiger diskutiert New York, warum es trotzdem immer wieder so krasse Fälle polizeilicher Inkompetenz gibt und warum ihnen fast immer junge schwarze Männer zum Opfer fallen. Der Polizeidezernent der Stadt, William Bratton, versprach, seine Behörde „von oben nach unten“ durchzuchecken. Für Bratton dürfte es ein schmerzhafter Prozess werden, denn es geht um sein Lebenswerk. Der heute 67-Jährige war es, der in den Neunzigerjahren die „Broken-Windows“-Strategie durchsetzte: Nach dieser Strategie verfolgten Polizisten auch Kleinstvergehen wie aggressives Betteln oder Urinieren auf der Straße, weil, so die Theorie, den kleinen Vergehen meist größere folgen: Junge Männer, die in U-Bahnhöfen die Sperren überspringen, haben oft auch Drogen bei sich. Also muss man sie sofort untersuchen.

Die Strategie war ein spektakulärer Erfolg, New York ist heute eine der sichersten Großstädte der USA. Als „Broken Windows“ begann, wurden 2000 Menschen im Jahr ermordet, heute sind es 330. Doch nach dem Tod Eric Garners fragen viele New Yorker, ob die Strategie noch notwendig ist. Kritiker wie der TV-Journalist Erroll Louis sehen Zigarettenhändler Garner als Opfer von Broken Windows: „Die Polizei sollte prüfen, wie viel Kraft sie in einer sicherer gewordenen Stadt noch in die Verfolgung von Kleinverbrechen legen sollte.“

Bratton erzielte seine Erfolge einst unter dem rabiaten Republikaner Rudy Giuliani. Als ihn New Yorks linker Bürgermeister Bill de Blasio zu Beginn des Jahres zurückholte, um die Polizei zu reformieren, galt dies als kluger Schachzug. Der Fall Garner hat Brattons Aufgabe nun viel brisanter gemacht, als er sich das vermutlich vorstellen konnte.

Im Schlund der Schlange

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Der Bergsteiger George Lowe reagierte einst recht trocken auf die Frage, warum er unbedingt den Mount Everest besteigen wolle: „Weil es ihn gibt.“ Der Mensch unternimmt bisweilen recht verrückte Dinge, nur weil sie möglich sind; und er informiert den Rest der Menschheit auch gern darüber in Dokumentationen und Reality Shows: Er verbringt ein ganzes Jahr an einem abgelegenen Ort (Utopia), er heiratet jemanden und lernt ihn erst danach kennen (Married at First Sight), er will bei einer Reise zum Mars ohne Rückflug teilnehmen (Mars One) – und er lässt sich von einer riesigen Schlange verspeisen.



Eine Boa Constrictor frisst eine Maus.Paul Rosolie ließ sich von einer Anakonda fressen.

Genau das sorgt nun in den USA für eine hitzige Debatte. Am Sonntagabend soll auf dem Discovery Channel die Dokumentation Eaten Alive ausgestrahlt werden. Sie ist Teil einer Woche voller skurriler Sendungen, die der Sender recht unbescheiden unter dem Titel „Mega Week“ vermarktet: Die Schauspieler James Franco und Seth Rogen wollen 21 Tage lang nackt in der Wildnis überleben, ein Ingenieur baut KITT aus der Serie Knight Rider nach, ein Mann wird irgendwo in Nicaragua ausgesetzt und hat 100 Stunden Zeit, in die Zivilisation zurückzufinden.

Ach ja, nochmal zur Erinnerung: Es gibt auch eine Sendung über jemanden, der sich von einer Schlange verschlingen ließ.

Paul Rosolie heißt der 27-Jährige, der sich selbst als Umweltschützer und Tierfreund bezeichnet. Seit beinahe zehn Jahren unternimmt er Expeditionen, vor allem in den westlichen Amazonas. Er wurde bereits von einer Schlange gebissen und derart gewürgt, dass er sich eine Rippe brach und das Schlüsselbein anknackste. Nun warf er sich offenbar einer acht Meter langen Anakonda zum Fraß vor, sein lapidarer Kommentar war zunächst: „Man muss mit dem Kopf zuerst reingehen.“

Es sorgt natürlich für Aufregung, wenn sich ein Mensch freiwillig von einer riesigen Schlange fressen lässt und ganz offensichtlich überlebt, schließlich bewirbt er sein Experiment gerade offensiv. Auch die Anakonda sei wohlauf, versichert der Sender in einer Erklärung – den Rest erfahre man dann am Sonntag um 21 Uhr. In Deutschland läuft Eaten Alive am 13. Dezember um 20.15 Uhr auf DMAX. Gefährlich für Rosolie sind derzeit weniger Würgeschlangen als vielmehr aufgebrachte Tierschützer, die seine Aktion für Tierquälerei halten mit dem einzigen Ziel, Einschaltquoten zu generieren – er habe sogar Todesdrohungen erhalten. Die Sendung soll dennoch ausgestrahlt werden.

Es gibt immer wieder Proteste gegen das Programm des Discovery Channel, zuletzt vor der „Shark Week“ im Juli – die Aufregung hatte grandiose Einschaltquoten für die Hai-Sendungen zur Folge. Wenn sich jemand auf eine selbstgebastelte Hai-Atrappe legt, um den Fünf-Meter-Hai Colossus anzulocken, ist das eben spannender als wenn ein Mann in einer Doku einem faulen Bären das Lachsfangen beibringen möchte.

Im vorigen Jahr sendete der Kanal eine Fake-Dokumentation über den ausgestorbenen Riesenhai Megalodon: Schauspieler verkörperten Wissenschaftler und taten so, als könne der Raubfisch auch heute noch leben. Produzent Michael Sorensen verteidigte den Film nach Protesten über die Glaubwürdigkeit wie folgt: „Es ist eine der kontroversesten Hai-Diskussionen aller Zeiten: Könnte Megalodon heute existieren?“ In den USA sahen 4,8 Millionen Menschen zu – Shark-Week-Rekord.

Wahrscheinlich haben sich die Verantwortlichen auch bei den aktuellen Protesten die Hände gerieben: Bessere Werbung gibt es kaum, zudem entpuppt sich Rosolie als wunderbarer Selbstvermarkter. Mit ruhiger und freundlicher Stimme erklärt er seine noblen Absichten: „Verzweifelte Zeiten, verzweifelte Maßnahmen. Ich wollte etwas machen, das die Menschen schockiert – um die Aufmerksamkeit auf den Notstand zu lenken. Ich bin der Typ, der wirklich da unten im Dschungel war und versucht, diese Dinge zu schützen.“

Rosolie stilisiert sich zum Opfer einer Kampagne der Uninformierten, die eine Hetzjagd starten, ohne den Film gesehen zu haben. Bislang wurden lediglich Trailer veröffentlicht, in denen effekthascherisch – wie mittlerweile charakteristisch für den Discovery Channel – die Gefahren des Dschungels gezeigt werden, das Einfangen einer großen Schlange und Rosolie mit diesem Anzug, in dem er aussieht, als würde er bei Ritterspielen mitmachen wollen. „Heutzutage leben die kultigsten und wichtigsten Spezies wie Tiger, Elefanten, Nashörner und Wale nur noch deshalb, weil sich Menschen für sie einsetzen“, sagt Rosolie: „Sie werden aussterben, wenn sich niemand darum kümmert.“ Wie eine Sendung, in der ein Mensch seinen Anzug mit Schweineblut beschmiert und sich verschlingen lässt, zum Überleben von Riesenschlangen beitragen kann, verrät er nicht.

Die wahre Dokumentation, das verdeutlicht das Beispiel dieses Tierquäler-Stunts, findet auf einer anderen Ebene statt. Es geht dem Discovery Channel längst nicht mehr darum, die Menschen zu informieren oder zu faszinieren. Es geht darum, sie vor den Bildschirm zu locken mit der Ankündigung, dass da einer von einer Schlange gefressen wird oder mit verbundenen Augen zwischen zwei Wolkenkratzern („Skyscraper live“) balanciert und dabei beinahe live sterben könnte - der Sender übertrug mit nur zehn Sekunden Puffer. Paul Rosolie mag hehre Ziele verfolgen und sich tatsächlich für den Erhalt dieser Spezies und des Regenwaldes einsetzen. Sich verschlingen lassen hat er jedoch offensichtlich nur aus einem Grund: Weil es geht.

„Ihr seid Juden, ihr habt Geld“

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Die drei maskierten Männer wussten genau, was sie wollten. Und exakt von wem. „Rück das Geld raus“, brüllte einer der Täter, „Ihr seid Juden, ihr habt Geld!“ Jonathan X.,21, eines der beiden Opfer des brutalen Überfalls, wähnte sich in einem Albtraum. Die Einbrecher hatten ihn und seine Freundin in der Wohnung seiner Eltern überwältigt, mit einer Flinte bedroht, dann an Stühle gefesselt. Verzweifelt und mit leiser Stimme, so erzählt der junge Mann hinterher, habe er zu erklären versucht, „dass wir unser Geld auf der Bank haben – wie alle Franzosen.“ Vergeblich, der Vermummte wusste es besser: „Ihr Juden, ihr habt euer Geld zu Hause!“ Die Männer durchsuchten alle Zimmer – und als sie nichts fanden, schleppten sie Jonathans Freundin nach nebenan. Und vergewaltigten die 19-jährige Frau.



Das Paar wohnt in dem Pariser Vorort Créteil.

Über eine Stunde lang hatte der Horror gedauert. Dann waren die Gewaltkriminellen mit ihrer Beute – ein bisschen Familienschmuck, ein Computer, zwei Handys – am Montagmittag davongestürmt aus der Neubausiedlung von Créteil, einer Vorstadt im Südosten von Paris. Nur vier Stunden später wurden zwei von ihnen verhaftet, der dritte ist flüchtig. Tathergang und bisherige Ermittlungen belegen eindeutig: Die drei mutmaßlichen Täter, laut Polizeiangaben zwei Männer aus Schwarzafrika und ein Komplize maghrebinischer Herkunft, trieb nicht nur Habgier. Sondern ebenso blanker Hass auf Juden.

Das offizielle Frankreich ist schockiert. Am Donnerstag sprach Präsident François Hollande von einem „Akt unerträglicher Gewalt“, Premierminister Manuel Valls mahnte, „die gesamte Gesellschaft muss sich erheben gegen Rassismus und Antisemitismus“. Sein Parteifreund Julien Dray, Abgeordneter aus dem Großraum Paris und selbst Jude, fürchtet sogar „einen Tabubruch“. Dray glaubt, in Frankreich seien mittlerweile „wieder Dinge möglich, die vor zehn oder 15 Jahren unvorstellbar waren.“ Zum Beispiel gelbe Judensterne, die auf Briefkästen geklebt würden. Oder Beschimpfungen von Passanten, die mit Kippa auf dem Kopf über die Straße gehen. „All das ist ein alltäglicher Antisemitismus“, dem zumindest ein Teil der jüdischen Gemeinschaft in seinem Land ausgesetzt sei. Analysen der Polizeistatistik zeigen, dass die Zahl antisemitischer Taten und Übergriffe in den ersten sieben Monaten 2014 sich gegenüber dem Vorjahreszeitraum fast verdoppelt haben. Die Täter vom Montag, zwischen 18 und 20 Jahre alt, hatten sich in den Wochen zuvor offenbar an die Fersen des Vater von Jonathan X., dem späteren Opfer, geheftet. Das Familienoberhaupt trägt regelmäßig eine Kippa.

Die Täter wussten außerdem, dass Jonathans jüngerer Bruder in einem Laden nebenan arbeitete. Für ihren Überfall hatten sich die Täter mit Gesichtsmasken, Handschuhen, einer halbautomatischen Pistole und einer abgesägten Schrotflinte ausstaffiert. Ein Vierter, offenbar nur ein jugendlicher Helfershelfer, hatte schon Anfang November an der Wohnungstür geklingelt und unter dem Vorwand, er brauche etwas Zucker, das Appartement ausgespäht. Bereits vor vier Wochen soll die Bande im selben Viertel einen 70-jährigen Rentner niedergeprügelt und ausgeraubt haben. Auch dieses Opfer war Jude.

Die Juden von Créteil beklagen seit Längerem antisemitische Übergriffe. Erst im Mai waren zwei Brüder nahe einer Synagoge von Unbekannten zusammengeschlagen worden. Albert Elharrar, der Präsident der örtlichen Jüdischen Gemeinde, hatte im Sommer gewarnt, der ungelöste Nahostkonflikt dürfe nicht in der Hunderttausend-Einwohner-Stadt ausgetragen werden, in der mehr als 20000 Bürger jüdischen Glaubens sind. Zuvor hatten propalästinensische Demonstranten bei Kundgebungen in Nachbarorten unter anderem „Tod den Juden!“ skandiert.

Eine im November veröffentlichte Studie der unabhängigen Stiftung „Fondapol“ hatte ergeben, dass Frankreichs Gesellschaft insgesamt zwar gegen Antisemitismus gefeit sei. Allerdings identifizierte Fondapol-Direktor Dominique Reynié zwei Gruppen, die zum Teil massive Vorbehalte gegenüber Juden hegten: Neben dem alten, rechtsextremen Rassismus unter Anhängern des Front National gäre ein neuer Antisemitismus in der muslimischen Bevölkerung. So hatte jeweils eine Mehrheit der befragten Muslime in einer Umfrage von Fondapol erklärt, Juden hätten zu viel Macht in Wirtschaft und Finanzen (74 Prozent), den Medien (58 Prozent) oder der Politik (49 Prozent). Sozialforscher Reynié hatte diese Ergebnisse als „sehr beunruhigend“ bewertet.

Mensch zu sein, bedarf es wenig

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Google schafft das Captcha ab, also die kleinen, verzerrten Buchstaben, die man an unterschiedlichsten Stellen im Netz eingeben muss. Wenn man einen Flug bucht oder eine CD kauft, tauchen sie auf. Auch, wenn man sich ein neues E-Mail-Konto einrichtet. Die Buchstaben nerven die allermeisten Nutzer, weil man sie zwar abtippen soll, sie aber sehr oft nur schwer zu erkennen sind. Gerade deshalb erfüllen sie aber ihren Zweck, den, dem Nutzer eine Aufgabe zu geben, die nur ein Mensch erledigen kann. Ein Computerprogramm, das durchs Netz geistert und nur so tut, als sei es ein Mensch, würde dagegen daran scheitern. So ein Programm nennt man Bot, die kurze Version des englischen „Robot“. Bots können großes Durcheinander anrichten, da sie schneller als Menschen tippen: Sie können Millionen E-Mail-Adressen registrieren, Flüge buchen oder CDs bestellen.



Künftig checkt Google auch zum Zweck der Mensch-Maschine-Unterscheidung, von welcher IP-Adresse der Besucher kommt und welche Cookies auf dem Rechner des Nutzers liegen.

Künftig wird es nun zumindest auf Google-Seiten reichen, einen kleinen Haken anzuklicken, hinter dem steht: „I’m not arobot“ (Ich bin kein Roboter). Eine Handlung, die jeder Bot problemlos bewältigen könnte, soll künftig ausreichen, um zu demonstrieren: Ich bin ein Mensch. Die neue Technik wird sich schnell im Netz verbreiten. Wie es für Google-Produkte typisch ist, wird es mit ihr einfacher und bequemer werden, sich im Netz zu bewegen.

Erstaunlich daran ist allerdings, wie lange es gedauert hat, bis sie eingeführt wurde. Denn Googles Trick ist einfach. Der Konzern stützt die Berechnung, ob sich ein Mensch oder ein Bot auf seiner Webseite herumtreibt, nicht länger nur auf das Captcha, sondern auf viele unterschiedliche Faktoren.

Künftig checkt Google auch zum Zweck der Mensch-Maschine-Unterscheidung, von welcher IP-Adresse der Besucher kommt und ob und welche Cookies auf dem Rechner des Nutzers liegen. Cookies sind kleine Dateien, die Webseiten auf den Computern ihrer Nutzer speichern, um sie beim nächsten Mal wiederzuerkennen. Warum dann noch der Haken, den jeder Nutzer nach wie vor setzen muss? Weil Google hier nach einem weiteren Merkmal der Menschen sucht, nämlich der Art und Weise, wie sie den Mauszeiger bewegen. Dazu reicht die klitzekleine Strecke aus, die man benötigt, um den Haken zu setzen. Zusätzlich verwendet Google nach Recherchen des Magazins Wired noch weitere technische Details, die der Konzern aber nicht verrät. Die deutsche Pressestelle war am Donnerstag nicht zu erreichen.

Auch für Mobilgeräte sollen Captchas deutlich einfacher werden, künftig wird es zum Beispiel ausreichen, wenn ein Handynutzer eine Katze auf einem Foto als Katze erkennt, dann ist wiederum er als Mensch erkannt, ganz ohne verzerrte Buchstaben tippen zu müssen.

Damit hat Google einmal wieder eine Variante des Turing-Tests gelöst, allerdings erneut andersrum, als ihn der britische Mathematiker Alan Turing 1950 konzipiert hat. Sein Test sieht vor, dass ein Mensch nach einer Unterhaltung mit einem unsichtbaren Gegenüber, sagen muss, ob er sich mit einem Menschen oder einer Maschine unterhielt. Ist er dazu nicht sicher in der Lage, hat die Maschine den Test bestanden. Bei Google nun besteht die Maschine den Test, wenn sie den Menschen identifiziert. Kein Wunder, dass ihr das gelingt. Längst wissen die Systeme so viel über uns, dass sie uns oft nicht nur unsere biologische, sondern auch unsere persönliche Identität feststellen. Personalisierte Werbung, mitgelesene E-Mails, überwachte Bewegungen, Geräte, Einkäufe sind längst Alltag. Auch deshalb ist es erstaunlich, wie lange es gedauert hat, bis Google soweit war.

Für Internetausdruckerinnen

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„Aber warum machen wir ein Blog-Magazin, wenn es die Geschichten doch alle im Internet gibt?“ stellt Redaktionsleiterin Marion Winnen-Martin eine sehr naheliegende Frage, um sie gleich zu beantworten: Man wolle „für einen Moment die Zeit anhalten“. Das pinklastige Magazin stellt sich der Flüchtigkeit des Digitalen entgegen („Hier ein Klick, da ein Klick und schon ist man wieder ganz woanders“) und baut auf gleichgesinnte Leserinnen, denen auch alles viel zu schnell geht (und die nicht wissen, wie man Bookmarks setzt). Winnen-Martin jedenfalls schreibt sich Webadressen in ihr Notizbuch, „damit ich den Link auch bloß nicht verliere“.



Der Burda-Verlag plant ein Heft mit Internet-Content auf den Markt zu bringen.

Von ihresgleichen scheint es so viele zu geben, dass der Burda-Verlag M.I.G. Medien Innovation GmbH in Offenburg genug Potenzial für ein solches Magazin für Internetausdruckerinnen gesehen hat. Die Auflage liegt bei 50.000 Exemplaren. Wer sich auf ilikeblogs.de verirrt, kann dort nur an einer Leserbefragung teilnehmen und durchs verspielt gestaltete Heft blättern.

Zur Begrüßung gibt’s darin eine Seite mit Sinnsprüchen („Lebe deinen Traum und teile deine Leidenschaft“), es folgen, auf 148 Seiten zum Preis von 4,80 Euro, die Ressorts „Kind & Kegel“ (Familienleben), „Zucker & Salz“ (Ernährung), „Herz & Seele (Leben und Liebe), „Schein & Sein (Do it yourself) sowie „Hier & Da“ (Reise). Da werden Polentaherzen zubereitet, Hotels empfohlen und Handtaschen aufgehübscht – der ganz gewöhnlich-eklektische Frauenzeitschriftsmix also.

Mit einem Unterschied: Die Expertise ist outgesourct, an die Blogger, das spart Personal und freut den Controller. Man kann nur hoffen, dass Gruner + Jahr davon nicht Wind bekommt.

„A Journey of Inspiration“ verspricht das Heft auf dem Cover – und meint das Beschwören einer Bio-Spießer-Heimeligkeit, die mit Inspiration so viel zu tun hat wie Malen nach Zahlen mit Picasso.

Mich gibt’s auch in billig

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Ihre Namen sprechen oft für sich, doch ihre Verpackungen sind deprimierend unaufregend: „Gut und günstig“ oder „Attraktiv und preiswert“, aber auch „Sanft und sicher“ – unter diesen Namen verkaufen Supermärkte und vor allem Discounterketten Produkte. Bei Lebensmitteln und bei Kosmetikartikeln sind die sogenannten Eigenmarken ein fester Bestandteil des Einkaufsalltags, nahezu jede Kette hat mehrere. Meist entstehen die Produkte in Kooperation mit Herstellern, die mit der Produktion Maschinen zu Zeiten auslasten, in denen sie sonst Leerlauf hätten. Deshalb duftet das Shampoo von der Billigmarke oft sehr ähnlich wie das des Markenherstellers zwei Regale darüber.



Nicht nur Lebensmitteldiscounter verkaufen billige Eigenmarken. Die Lufthansa will mit "Eurowings" günstigere Flüge anbieten.

Wie die Lufthansa, die künftig unter dem Namen Eurowings günstigere Flüge anbieten will, wollen viele Konzerne mit Billigablegern neue Kundenschichten erreichen, die sonst zur Discountkonkurrenz abwandern würden. Deswegen akzeptieren die Firmen niedrigere Margen. Doch nicht immer klappt diese Strategie.

Im Einzelhandel haben Eigenmarken mehrere Vorteile. Die Produktion ist mitunter günstiger, die teure Werbung fällt weg. Zudem können sie die Preise selbst gestalten und im Idealfall eine eigene Markenwelt gestalten: Wenn der Kundin die günstigen Brezeln gut schmecken, probiert sie vielleicht auch andere Produkte mit dem Billiglogo. Allerdings bleibt ein Risiko: Ein Skandal im Lebensmittelsektor kann auf den gesamten Supermarkt abfärben, wenn er für die betroffene Billigmarke steht.

In der Bankenszene ist der ganz große Hype um die zweite Marke dagegen vorbei. Noch haben die meisten großen Häuser zwar Töchter, die nicht auf den ersten Blick mit ihnen in Verbindung stehen, meist Direktbanken wie die mehrheitlich zur Commerzbank gehörende Comdirect. Allerdings stehen die Zeichen in der Branche hier eher auf Rückzug: die Deutsche Bank etwa stutzte ihre zunächst als günstigen Anbieter mit Filialen positionierte Tochter Norisbank bereits 2012 zur reinen Direktbank. Und gerade ist die Hypo-Vereinsbank dabei, ihre Direkt-Tochter DAB Bank an den unter französischer Führung stehenden Rivalen Cortal Consors abzugeben.

Die Großbanken haben vor allem nach der Finanzkrise ihre Strukturen ohnehin umgebaut – und dabei gleich die Kosten im Stammhaus gesenkt, anstatt sich mit Billigtöchtern selbst Konkurrenz zu machen. Die Finanzinstitute sind in den Augen vieler Kunden aber auch austauschbar geworden. Es zählen nur Leistungen wie das kostenlose Girokonto, die Gratis-Kreditkarte oder der beste Zins.

Auch beim Handyvertrag schauen viele Deutsche mehr auf den Preis als auf die Marke. Etwa jeder Dritte ist Kunde einer der mehr als 50 Billigmarken. Tendenz steigend. Dahinter stehen oft genug die drei etablierten Konzerne: Die Deutsche Telekom hat Congstar, Vodafone Otelo. Telefónica Deutschland lockte bislang vor allem mit Fonic und sortiert gerade die Discount-Marken des jüngst übernommenen Anbieters E-Plus. Denn die Sache kann sich für die Unternehmen durchaus rechnen. Wo sich die billigen Tarife nur im Internet buchen lassen, wird auch der Vertrieb billiger. Die Firmen setzen die Billigmarken bunter in Szene und hoffen, so die Kunden der Zukunft zu gewinnen. Jene, die sich ohnehin im Netz informieren, die etablierten Anbieter für Abzocker oder zumindest für reichlich angestaubt halten.

Wackel, wackel!

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Seit zwei Wochen haben wir alle Lust auf eine Pyjama-Party. Oder noch mehr Lust als sonst. Weil es nämlich jetzt dieses neue Beyoncé-Video zu ihrem Song „7/11“ gibt und sie darin mit einem Haufen Freundinnen in Unterwäsche tanzt, ihre Haare in der Fönluft flattern lässt und ihren Fuß als Telefon benutzt. Was man halt so macht auf einer „Slumber Party“. Das Besondere an dem Video sind aber gar nicht (oder nicht nur) die vielen Übernachtungsmädchen. Sondern es ist die Art, wie es gemacht ist.

http://vimeo.com/112562395

Schon einen Tag nach Veröffentlichung des Videos hat MTV eine Liste mit den „27 Most Mind-Blowing GIFs from Beyoncé’s New ‚7/11’ Video“ gepostet. Auf denen sieht man Beyoncé tanzen und wieder tanzen, ihr Körper springt wie in Stop Motion im Türrahmen hin und her oder aufs Bett, ihr Outfit wechselt von einer Millisekunde zur nächsten und noch mal und noch mal. „Okay“, denkt man, „da hat jemand GIFs aus einem Musikvideo gemacht, kenne ich schon, danke.“ Aber es ist eben genau andersherum: Da hat jemand ein Musikvideo aus GIFs gemacht. Das „7/11“-Video ist eigentlich eine Ansammlung vieler Wackelbildchen. Alles ist ständig in Bewegung, Momente springen zurück, wiederholen sich, laufen im Kreis. Das ästhetische Merkmal des Videos ist das, was der Autor eines Artikels aus dem „Slate Magazine“ die „Loopability“ nennt – die Möglichkeit, es auf Dauerschleife laufen zu lassen. „If you’ve watched ‚7/11’ once, you’ve watched it at least twice“, heißt es im Artikel.

[plugin imagelink link=" http://mtv.mtvnimages.com/uri/mgid:file:http:shared:public.articles.mtv.com/wp-content/uploads/2014/11/runningman-1416677607.gif" imagesrc=" http://mtv.mtvnimages.com/uri/mgid:file:http:shared:public.articles.mtv.com/wp-content/uploads/2014/11/runningman-1416677607.gif"]
Das GIF, das bewegte Bild als Endlosschleife, ist einer der wichtigsten Online-Trends der 2010er Jahre. Und die GIF-Ästhetik hat sich in den letzten Jahren in die Popmusik geschlichen. „7/11“ ist der bisherige Höhepunkte dieser Entwicklung. Ein Video, das perfekt an das Internet und die sozialen Medien angepasst ist, die Musiker und ihre Musik ja heute groß und bekannt machen. Es ist ein großes Konstrukt aus kleinen Loops, die man wieder auseinanderschneiden und den Menschen vor den Bildschirmen in Häppchen verfüttern kann. Beyoncés Video verbreitet sich dadurch ungefähr so wie die „Schwarze Spinne“ aus der gleichnamigen Novelle: Der dicke Körper der Spinne platzt auf und viele kleine, schwarze Spinnen strömen heraus und in alle Richtungen. Das ist ein kluger Marketingtrick, weil so die Reichweite extrem erhöht wird.

Die Entwicklung bis zu dem Moment, in dem die GIF-Ästhetik so tief in die Popkultur eingedrungen ist, dass man sie zu Marketingzwecken nutzt, zeichnet Mike Rugnetta nach. Er ist das Gesicht des „PBS Idea Channel“ auf YouTube, einem Videokanal, der ausleuchten will, wie Popkultur, Technologie und Kunst zusammenhängen. Rugnetta hat eine Playlist mit Videos zusammengestellt, die „GIF-artig“ sind und sie kommentiert. Der US-Künstler Evan Roth zum Beispiel hat vor vier Jahren ein Video zu „C.R.E.A.M.“ vom Wu-Tang Clan nur aus GIFs gebastelt, die er online gefunden hat (und es dann, haha, „Cache Rules Everything Around Me“ genannt). Das war ein Experiment, die Musik war da, das Video wurde drübergelegt. Zum „Round Round Song“ (2013) des Schweizer Musikers Adrian Sieber hingegen wurde eigens ein Video gedreht, das aus vielen kurzen Sequenzen besteht, die jeweils einige Male wiederholt werden. Dabei werden bekannte GIF-Formen zitiert – zum Beispiel das „Cinemagraph“ (eine bekannte Filmszene) oder der „Perspective Trick“ (ein Mann springt von einer Mauer und scheinbar in eine Tasse). Außerdem passen die Loops zum Liedtext, der die Kreisform zum Thema hat: „I’m going round round / In a circle / Round, round / Always coming back to you.“ Extrem auffällig in seiner GIF-Ästhetik ist ein Video, das in Rugnettas Playlist nicht auftaucht: „Double Bubble Trouble“ von M.I.A. Die Musik selbst ist repetitiv und unruhig wie ein Wackelbildchen, das Video sieht aus wie eine ausgeflippte Buzzfeed-Liste (mit Elementen aus Nuller-Jahre-Beepworld-Seiten).

http://www.youtube.com/watch?v=v9AKH16--VE

Was macht das mit den Videos, wenn sie sich auf einmal an einer so kleinteiligen Form orientieren? Die Antwort liegt vielleicht in der Erklärung, warum GIFs an sich so beliebt sind. Eigentlich sind die sehr altmodisch, es gibt sie seit Ende der 80er Jahre. Aber sie sind eben einfach zu erzeugen und werden technisch von eigentlich allen Browsern und Betriebssystemen unterstützt. Das erklärt ihre Verbreitung im Internet, nicht aber ihren Einzug in die Musikvideos. GIF-Experte Mike Rugnetta erklärt die Faszination der Wackelbildchen so: "GIFs enthalten eindeutige Momente, eine komplette Handlung, einen kompletten Gedanken." Sie sind damit ein extrem einfaches Mittel, eine Emotion oder eine Meinung auszudrücken, ohne viele Worte machen zu müssen. Und sie sind die kürzeste Art, eine Geschichte zu erzählen – sie bestehen ja nur aus der Pointe. Viele GIFs oder GIF-artige Sequenzen in einem Musikvideo zu verwenden, das bedeutet also, viele kleine Geschichten zu erzählen und einzelne Emotionen wiederzugeben – die zusammen zu einem großen Ganzen, einer eigenen Geschichte werden.

Am Ende ist das wohl das Erzählen des digitalen Zeitalters. Linearität war gestern, Geschichten sind heute fragmentierter oder werden zumindest so von uns wahrgenommen, weil wir immer und überall den Zugang zu unzähligen von ihnen haben. Alles ist immer in Bewegung und abrufbar, alles wurde schon gesagt und gefühlt – und jede neue Geschichte setzt sich aus verschiedenen schon dagewesenen Handlungen und Gefühlen zusammen. Zur Popmusik, in der vieles Zitat, Referenz oder Wiederholung ist, passt das natürlich sehr gut. Nur logisch also, dass es sich nun auch in der dazugehörigen Bildsprache wiederfindet.

Auch die Slumber Party im „7/11“-Video ist eine Collage aus vielen kleinen Momenten und Geschichten. Und erzählt doch von einem großen, ganzen, schönen Moment, der immer wieder von vorne beginnt. Unter der Buzzfeed-Liste "This Is How You Throw Your Own Beyoncé 7/11 Underwear Dance Party" steht darum auch: „For more inspiration, just watch the video in repeat for the rest of your life.“

Die mit dem roten Haarband

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An manchen Tagen wäre ich gern jemand anderes, also rein optisch gesehen. Ich liebe Haarbänder, die man sich um den Kopf knoten kann. Oder weite Hosen aus fließendem Stoff, die man auf der Taille trägt. Und am liebsten hätte ich an jedem Finger einen kleinen goldenen Ring - heimgebracht von meinen Reisen in die Welt.

Trotzdem bin ich fast nie derart angezogen, weil ich nicht auffallen will. Meine Umwelt hat schon ein bestimmtes Bild von mir - jedenfalls denke ich das. Und wenn ich anders als sonst auftrete, ist das ungefähr so, als wenn ich ihr auf einmal einen dreibeinigen Stuhl hinstellen würde. Oder eine Tasse ohne Henkel. Irgendetwas stimmt hier nicht, sagt das Gehirn dann. Es würden Bemerkungen kommen, Fragen, neugierige Blicke. Letztendlich geht es mir also um Erwartungen an mich und um Feedback. Um Feedback, auf das ich keine Lust und vor dem ich ein bisschen Angst habe.

Dabei bietet einem das Leben ja durchaus Chancen, sich neu zu erfinden: Studienbeginn, Umzüge in andere Städte oder ein neuer Job. Aber irgendwie habe ich sie alle verpasst. Und dann auf einmal mittendrin damit anzufangen und plötzlich auf hohen Absätzen zur Arbeit zu klackern kommt mir komisch vor. Schließlich hat man da auch schon ein festes Bild von mir. Änderungen sind erst wieder beim nächsten Umzug möglich.

Meine Liebe zu Wallehose und Haarband habe ich deswegen diesen Sommer im Urlaub ausgelebt. Der Campingplatz war mein Laufsteg, die vier alten Schweden und die belgische Familie, die neben unserem Bus gecampt haben, mein Publikum. Keine irritierten Blicke, keine Kommentare. Drei Wochen lang war ich die kopfumwickelte Hippie-Ikone der österreichischen Alpen und kroatischen Adria. Dann ging es heim, ich hängte das Haarband an den Spiegel in meinem Zimmer und hab es bis heute nicht mehr in die Hand genommen.

Neben der Anonymität des Urlaubs bieten auch Verkleidungspartys die perfekte Gelegenheit, um einmal ganz legitim seine geheimen Stylingwünsche auszuleben. Den letzten Beweis dafür lieferte ein Freund, der sich verdächtig oft durch seine Dreadlocks-Perücke fuhr. Auf meinen Kommentar, dass die Frisur ihm irgendwie stehe, erwiderte er atemlos: „Findest du?“. Fand ich. Und ich hätte wahrscheinlich auch nichts dazu gesagt, wenn er angefangen hätte, sich welche wachsen zu lassen.

Bei ihm hätte es mich nicht gestört. Warum denke ich dann, dass eine Welle des Staunens losbricht, wenn ich an mir etwas ändere? Spätestens nachdem ich das dritte Mal in Folge mit Kopfband, hohen Schuhen oder was auch immer zur Arbeit gekommen wäre, hätte wahrscheinlich niemand mehr etwas gesagt. Das Bild von mir wäre eben um die Kategorie „Haarband“ erweitert worden.

Ich sollte es vom Spiegel herholen.



Mädchen, wann sind wir "Vatermaterial"?

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Die Jungsfrage:


Liebe Mädchen,


Es geht heute einen Ausspruch den wir lang falsch verstanden haben: „Der ist der Vater meiner zukünftigen Kinder“. Wir dachten eigentlich immer, der sei ein halb niedlicher halb beängstigender Code für „Mit dem will ich für immer zusammen sein“. In unserer Wunschvorstellung von der Welt ging das mit der Familienplanung nämlich so: Junge trifft Mädchen (oder umgekehrt), Junge und Mädchen verlieben sich ineinander, Junge und Mädchen finden sich auch nach ein paar Jahren und einem Asienurlaub mit paarintern ausgetauschter Magendarm-Grippe noch toll – und dann eben Familie.
 
Mit der Zeit habe wir dann aber gemerkt, dass es dazu auch noch einen ganz abstrakten Kinderwunsch gibt: kleine Finger, kleine Zehen, kleine Füßchen, kleine Socken. Will ich! Der ist bestimmt grundsätzlich unisex, hat wenigstens in meinem Umfeld aber doch eine deutliche Schlagseite Richtung Frauen. Und damit bekommt der Ausspruch vom Vater der zukünftigen Kinder doch eher eine sehr buchstäbliche Bedeutung. Oder?


Und die müsst ihr hier bitte mal erklären. Und deshalb ganz viele Fragen beantworten - und ja, auch Sorgen zerstreuen: Was heißt „Das ist der Vater meiner zukünftigen Kinder“ nun genau? Und wenn es tatsächlich heißt, der Typ ist Vatermaterial: Wodurch zeichnet sich jemand aus, über den ihr so etwas sagt? Verantwortungsgefühl? Charakter? Geiles Aussehen? Geborgenheit? Bankkonto? Doch Ernährung? Und noch wichtiger: Gibt es einen Punkt, an dem ihr Typen hauptsächlich nach diesen Kriterien aussucht? Haben wir, wenn wir nicht als Vatermaterial durchgehen, dann keine Chance mehr bei euch?


 
Und damit fast am wichtigsten: Können wir uns irgendwie geehrt fühlen, wenn ihr uns als Vatermaterial auserkoren habt? Oder heißt das: Ist halt ein solider Typ. Musst du dir keine Gedanken machen, dass er irgendwann wegrennt. Gibt es also einen Unterschied zwischen zukünftigen Vätern, professionellen Hirnrausvöglern, coolen Boyfriends und Typen, mit denen man einfach so für immer zusammenbleiben will? Sagt mal.


Auf der nächsten Seite liest du die Mädchenantwort von christina-waechter.


[seitenumbruch]
Die Mädchenantwort:



Na klar könnt ihr euch durchaus geehrt fühlen, wenn ein Mädchen euch dieses Etikett anklebt. Dann heißt das nämlich: Ihr seid das absolute Komplettpaket aus Hirnrausvögler, coolem Boyfriend und solidem Typ. Und das kleben wir ja nicht allen Jungs an.


Denn natürlich verlieben wir uns im Laufe unseres Lebens auch Hals über Kopf in die verkehrtesten Typen, die die Stadt so zu bieten hat: Böse Jungs mit schlechten Gewohnheiten zum Beispiel, Jungs mit so vielen psychischen Knacksen, dass sie sich ausschließlich mit sich selbst beschäftigen können. Jungs, deren Aktivitäten vor allem danach ausgerichtet sind, ob sie „ne coole Zeit“ haben können. Oder Männer, die es akzeptabel finden, auch abseits von Studentenpartys von Papptellern zu essen.


In solchen Typen verlieben wir uns durchaus. Und wenn diese Verliebtheit dann vorbei ist, dann schlagen wir drei Kreuze, dass wir immer verhütet haben und jetzt kein lebendiges Souvenir zuhause sitzen haben, das uns den Rest unseres Lebens an die kurzzeitige geistige Umnachtung erinnern wird, die uns damals offensichtlich beschlich. Diese Jungs sind also definitiv keine Kandidaten für geplante Vermehrung.


Damit einer das Etikett „Vater meiner zukünftigen Kinder“ verpasst bekommt, muss er einige Kriterien erfüllen. Ich habe da mal in einer Liste zum Ausdrucken zusammengestellt.


  • Er sollte lieb sein. Also jetzt nicht doof lieb. Aber er sollte einen positiven Ausblick aufs Leben haben und 80 Prozent der Zeit freundlich zu seinen Mitmenschen sein. Jähzorn, Depressionen, Weltverdruss mögen bei der Produktion von Weltliteratur von Nutzen sein, bei der Aufzucht von Kindern sind sie nicht angebracht.

  • Er sollte zumindest grundsätzlich Bock darauf haben, regelmäßig zu arbeiten. Es ist gar nicht unbedingt nötig, dass er einen festen Job hat. Aber wenn der Junge mir erzählt, dass er es niemals aushalten könnten, einen Chef zu haben, der ihm sagt, was er tun soll, und der davon faselt, immer nur das zu tun, worauf er Lust hat und wenn das bedeutet, die nächsten zwei Jahre in der Hängematte zu liegen, dann tut er das auch... also, dann wird’s schwierig.

  • Ebenfalls sollte derjenige keinen Kotzanfall bei der Aussicht bekommen, die nächsten Jahre an ein und demselben Ort wohnen zu bleiben. Ihr kennt diesen Typ Mensch, der noch unbedingt nach Berlin, Vancouver und Paris ziehen muss, bevor er 30 ist? Schwierig. Wobei ich Umzüge nicht grundsätzlich ausschließen möchte, aber eine gewisse Sesshaftigkeit ist vonnöten, Stichwort Schulpflicht, etc.  

  • Er muss zuverlässig sein. Zumindest bei den wichtigen Dingen. Wenn er ausgemacht hat, mich zum langweiligen Tanten-Essen zu begleiten, kann er nicht 15 Minuten vorher per SMS absagen, weil er sich aus Versehen mit seinem Kumpel aus Shanghai einen angesoffen hat.

  • Er sollte so viel Humor haben, die absurden Situationen zu erkennen und sich daran zu erfreuen.

  • Ich muss ihn so sehr schätzen als Mensch, dass ich mir sicher bin, ihn auch dann noch okay zu finden, wenn wir uns dann doch nicht mehr lieben und uns nur noch treffen, weil mit den Kindern wieder irgend welche Kinder-Krisen anstehen – Kindergarten-Beef mit Freunden, Beinbruch, Pubertät, Studienfachwahl Video-Kunst....

  • Ich muss mich darauf verlassen können, dass er geduldig genug ist, mehrere Nächte hintereinander mit einem tobenden Kleinkind wach zu verbringen und ihm nichts antut.

  • Ich muss mir vorstellen können, in seinem Beisein zu gebären. Und so eine Geburt ist sehr viel langwieriger und sehr viel reicher an Körperflüssigkeiten, als es einem Hollywood weismachen will.

  • Geiles Aussehen ist dagegen nach meiner Erfahrung eher nebensächlich, beziehungsweise Definitionssache. Aber wir sind definitiv nicht auf der Suche nach dem heißesten Genpool, wenn wir einen Vater für unsere künftigen Kinder suchen. 

 


Jetzt, bei der Durchsicht der Liste erkenne ich, warum ihr vielleicht denken könntet, dass "der zukünftige Vater meiner Kinder" ein Synonym für den größten Schnarchzapfen aller Zeiten ist. Aber ich kann euch versichern, dass dem nicht so ist. Ab einem gewissen Alter gewinnen eure solideren Eigenschaften nur einfach sehr an Attraktivität, besonders wenn wir darüber nachdenken, diesen Riesen-Schritt zu tun und uns tatsächlich für den Rest unseres Lebens so ein Kind anzuschaffen. Die Fähigkeit, aus zwei Schnapsflaschen eine Bowle zu basteln, fällt dagegen in diesem Zusammenhang im Ranking ein paar Punkte nach unten. Aber das ist, ganz ehrlich, kein allzugroßer Verlust. Oder?


 

Wir haben verstanden: KW 49

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Wenn man jemandem einen Korb geben will, der es aber nicht checkt, ist es irgendwann legitim, die"ich habe einen Freund”-Karte zu spielen.

Auf "alternativen Weihnachtsmärkten" gibt es immer Sachen aus Filz.

Das Atomic Café wird einfach nie zumachen.

Der Glaube, Spätis seien in München irgendwie verboten, ist: falsch! Einfallstor ist §7 im Gaststättengesetz. Und den gibt es seit 1970! 

Absolut nicht verstanden: Warum, zum Teufel, gibt es dann so wenige?!

Und die paar, die es gibt, liegen IMMER nur ein paar hundert Meter auseinander.

Wenn Planung das halbe Leben ist und die andere Hälfte damit verplant, was bleibt denn dann noch?!

Es ist sehr komisch, wenn man aus einer Dienstmail erfährt, dass ein guter Bekannter Vater wird.

Wenn man sich doch mal traut, jemand Fremdem zu helfen, dann kann die Dankbarkeit des anderen Menschen einen sehr, sehr glücklich machen, aber auch wirklich, wirklich das Herz brechen.

In der Bibliothek wird viel geschlafen und wenig geschnarcht.

Morgens vor acht Uhr hat das, was die Stimme aus dem Lautsprecher am Bahnsteig sagt, keinerlei Zusammenhang mit dem, was passieren wird. Der Zug kommt - keiner weiß genau, wann, aber er kommt. Egal, was angekündigt wird.

Vermieter sind völlig unberechenbar.

Man ist zum Glück nie, nie, nie zu alt für einen Adventskalender von Mama.

Mindestlohngesetz = Chaos in der Praktikantenwelt.

Zu zweit unter Biber-Bettwäsche zu schlafen ist reiner Selbstmord.

Schon jetzt fast alle Weihnachtsgeschenke beisammen zu haben, ist anscheinend nicht gesellschaftlich anerkannt. Behalt's lieber für dich.

Kaiserschnitte gibt es auch bei Haien. Sogar bei toten Haien!

Übrigens: lieber Kaiserschmarrn als Kaiserschnitt.

Extrem weihnachtlich: Jonglage mit Mandarinen!

Der Sonntag mit...Sophie Krauß

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Name: Sophie Krauß
Alter: 24
Geburtsort: Hamburg
Wohnort: Hannover
So erkläre ich meinen Job meiner Oma: Der brauche ich nichts zu erklären, die weiß ganz gut bescheid.
Mein Liebster Wochentag: Ich kann mich nicht entscheiden. Samstag? Sonntag? Donnerstag?
Aktuelles Projekt: Ich probe Shakespeares „Maß für Maß“ am Schauspiel Hannover.



00:18 Uhr: Schauspiel Hannover/Kantine: Nach der Vorstellung von „Atlas der Abgelegenen Inseln“ gönnen wir uns in der Kantine ein bisschen Alkohol. Zu sehen sind Menschen der Dramaturgie und der Beleuchtung und ein Bekannter. Der auch einen Beruf hat. Aber keinen am Theater.



02:42 Uhr: Ihmerauschen (eine schöne Bar mit gutem Wein): Von der Kantine aus ziehen wir weiter Richtung Linden (einem schönen Stadtteil von Hannover) und enden im Ihmerauschen. Wir treffen auf Kollegen.



05:10 Uhr: Ihmezentrum: Der Barkeeper wollte zumachen und hat uns rausgeschmissen. Wir wissen erstmal nicht wohin und entscheiden uns dann für das Ihmezentrum - ein riesiger Plattenbau aus den 70ern. Es war als ein Gebäude geplant, das man nie mehr verlassen muss, wenn man es bewohnt. Hier sollte alles im Umkreis von 500 Metern erhältlich sein. Hier sollte man wohnen, arbeiten und einkaufen. Leider sehnt sich der Mensch aber nach Ortswechseln und das Projekt scheiterte. Umgeben von den noch bewohnten Ihmezentrumtürmen befindet sich eine Art verlassene Markthalle. Ein Einstieg in diesen abgesperrten Bereich lohnt sich. (Das klingt nach Reiseführer, egal!)



05:11 Uhr: Ihmezentrum.



06:42 Uhr: Am Schwarzen Bär: Am anderen Ende des Ihmezentrums angekommen, treffen wir auf einen großen blonden Mann. Er trägt eine Jeansweste und eine Plastiktüte mit Bier und sagt: „Kommt mit! Da drüben gibt’s eine Party.“ Die Wohnung ist überfüllt. Hier quetschen sich 150 Leute auf 100 Quadratmetern. Während des Tanzens gehe ich fest davon aus, dass der Fußboden nicht stabil ist und gleich nachgibt.



08:05 Uhr: Zuhause: Es gibt Pasta und ich schaue auf die Uhr. Wie kann es denn jetzt schon … Hä?!



16:05 Uhr: Zuhause: Aufgestanden bin ich schon um 15 Uhr. Da kein Essen mehr im Haus war, wollte ich schnell zum Bäcker gegenüber, leider war das Portemonnaie leer. Also mit dem Fahrrad zur Bank. Vor der Tür: kein Fahrrad. Also Fahrrad suchen! Vor lauter Suchen keine Fotos machen. Einmal ums Ihmezentrum rumlaufen. Kein Fahrrad. Zum Ihmerauschen! Da war’s dann. Zur Bank, zum Bäcker and finally Frühstücken. Und zwar mit „Sanft&Sorgfältig“.



17:10 Uhr: Zuhause: Nicht mehr lange bis zur „Tigermilch“-Vorstellung. Das letzte Mal ist schon drei Wochen her. Lieber noch mal durch den Text gehen.



18:40 Uhr: Junges Schauspiel Hannover/Außenansicht: Ich auf einem Riesenplakat. Und: Bald ist Weihnachten.



18:45 Uhr: Junges Schauspiel Hannover/Garderobe: So sieht es aus, wenn ich meine Garderobe betrete. Mein Kostüm und meine Requisiten sind schon schön ordentlich bereitgelegt. Auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht, ich trage nicht nur Unterwäsche und Socken, der Rest hängt auf dem Stuhl. Im Hintergrund meine Kollegin mit einer Dose, in der Energie drin ist.



19:10 Uhr: Junges Schauspiel Hannover/Maske: Es gibt für jeden Spieler extra Maskenzeiten. Meine Maskenzeit bei „Tigermilch“ ist 40 Minuten vor Vorstellungsbeginn. D.h. jetzt bin ich schon geschminkt. In 20 Minute beginnt die Vorstellung.



19:20 Uhr: Junges Schauspiel Hannover (Ballhof 2/Bühne): 10 Minuten bis zum Beginn.



23:10 Uhr: Zuhause: Nach der Arbeit spiele ich mit meinem fernen Freund per Skype noch ein bisschen Alltag. Abendessen, (klischeehaftes) Textabfragen und bettfein machen.

P.S.: Das war aber kein gewöhnlicher Sonntag. An solchen liege ich den ganzen Tag (von 00:00-23:59 h) im Bett, schaue Filme und esse.

Wochenvorschau: So wird die KW 50

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Wichtigster Tag der Woche?
Samstag. Alle Tage, an denen ich ausschlafen kann, sind schon mal prinzipiell wichtig und gut. Außerdem werde ich mich todesmutig mit all den anderen in die Fußgängerzone stürzen, um Weihnachtsgeschenke für meine Lieben zu ergattern. Es muss an diesem Tag passieren, denn unter der Woche bin ich abends einfach viel zu müde und länger halte ich diesen psychischen Stress („Ich hab noch GAR nichts!") nicht mehr aus.

Kulturelles Highlight?

Eigentlich finde ich, dass in die Vorweihnachtszeit ein Weihnachtsballett gehört. In Berlin führen sie zum Beispiel diese Woche den „Nussknacker" auf. Außerdem findet dort auch noch bis Mittwoch die Französische Filmwoche statt – was kann man bei dem Wetter Besseres tun, als sich einen Film nach dem anderen reinzuziehen?
Leider wohne ich nicht in Berlin, sondern (vorübergehend) in München. Aber da ist auch einiges geboten, zum Beispiel am Sonntag ein spanisches Maskentheater auf dem Winter-Tollwood.

Was mich politisch interessiert:
Auch wenn es viele schon bald nicht mehr hören können – mich beschäftigt die Flüchtlingsdebatte immer noch total. Immer wieder lese ich Artikel über die Schicksale von Flüchtlingen, die ich gar nicht fassen kann. Irgendwie muss man doch da bessere Lösungen finden können.

Soundtrack:

http://www.youtube.com/watch?v=lkFP0VwpPRY


Während ich morgens mit all den mürrischen Geschäftsleuten im Zug sitze oder durch den Hauptbahnhof hetze oder wenn ich durch die nasskalte, neblige Stadt laufe, höre ich mir das an und versuche mir die winterlich-heile Welt aus dem Song nach München zu holen. Wie freundlich alle Menschen sind. Wie hübsch die Schneeflöckchen vom Himmel fallen...


Wochenlektüre:
Ich lese gerade „Der Meister und Margarita" von Michail Bulgakow. Das hat mir mein Freund empfohlen. Ich kann leider noch nicht genau sagen, worum es geht, denn momentan schaffe ich nicht mehr als eine Seite am Stück. Was ich aber definitiv sagen kann: Es eignet sich ganz wunderbar dafür, meine Monatskarte für die Bahn sicher zu verwahren.


Kinogang:
Diese Woche erscheint der letzte Teil der Hobbit-„Trilogie" – wenn man sich den Trailer so ansieht, scheint es, als würde da nicht allzu viel passieren.

http://www.youtube.com/watch?v=QrXRx2HpT1Y

Trotzdem werde ich mir das noch eher anschauen als diesen Film, der am Donnerstag in die Kinos kommt.

http://www.youtube.com/watch?v=aDpnAT0_IIw

„Blue ruin" wurde mit Filmpreisen überschüttet, aber für meine zarte Seele ist das einfach zu brutal.


Geht gut diese Woche:
Glühwein trinken – hab ich dieses Jahr noch nicht überstrapaziert.


Geht gar nicht:
„Und? Hast du schon alle Weihnachtsgeschenke?" 

Krumme Dinger

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Möglichst glatte Haut, nicht zu viele Rundungen, Normalgröße – der Schönheitswahn macht auch vor Gemüse keinen Halt. Für Normabweichler hat das drastische Konsequenzen: Zu kleine Kartoffeln werden untergepflügt, krumme Gurken aussortiert, mehrbeinige Karotten in Biogasanlagen verheizt. In München setzen sich derzeit zwei Projekte intensiv mit diesem Thema auseinander – auf ganz unterschiedliche Weise: Ugly Fruits gründet einen gemeinnützigen Verein, um Aufklärungsarbeit zu betreiben, Etepetete hingegen macht als GmbH unförmig gewachsenes Gemüse zum Geschäftsmodell.



Bei Ugly Fruits wird Obst und Gemüse verkauft, das nicht "schön" genug für den Supermarkt ist, dafür aber besonders.

Stefan Kukla, 23, hat bei seiner Recherche für Ugly Fruits mit vielen gesprochen: mit Groß- und Kleinbauern, Verbänden, Handelsvertretern und Konsumenten. Ursprünglich führte der Student diese Recherchearbeit durch, um ein funktionierendes Geschäftsmodell zu entwerfen, wie die „hässlichen Früchte“ doch ihren Weg in die Supermarktregale finden könnten. Stefan Kukla und Linda Martin, seine Kommilitonin im Fach „Management nachhaltiger Innovationen“, knüpfen damit an das Projekt dreier Berliner Designer an, die als Diplomarbeit medienwirksame Kampagnen gegen die Verschwendung der Ernte entworfen hatten – diese dann jedoch zugunsten der Gründung einer eigenen Agentur in der Schublade verschwinden ließen.

Nach vielen Gesprächen rund um das Problemgemüse steht für Stefan jedoch fest: „Es lohnt sich nicht, etwas auf den Markt zu schmeißen, ehe das Bewusstsein dafür gebildet ist.“ Die meisten Menschen, mit denen er gesprochen hat, fänden diese Art von Lebensmittelverschwendung zwar „irrsinnig“, sobald man sie ihnen darlege. Von sich aus hätten sie jedoch wenig Problembewusstsein. Stattdessen werde der Schwarze Peter hin- und hergeschoben: Verbraucher verweisen auf EU-Normen gegen krumme Gurken, die bereits 2009 abgeschafft wurden. Supermärkte berufen sich auf die Ansprüche der Kunden. „Bei den Handelsvertretern kam ich mir immer vor wie ein Zeuge Jehovas, der ihnen einen Wachturm andrehen wollte“, erzählt Stefan – und das, obwohl eine französische Supermarktkette gerade mit der Kampagne „inglorious fruits and vegetables“ Erfolg hat. Kreative Marketingkampagnen und Rabatte sorgten dafür, dass das zum Antihelden stilisierte Abweichler-Gemüse in manchen Märkten sogar ausverkauft war. Bis sich solche Szenen hierzulande abspielen, sieht Ugly Fruits noch Aufklärungsbedarf.

Auf der Abschlussveranstaltung der Startrampe, einem Förderprogramm für gemeinwohlorientierte Projekte, das auch Ugly Fruits unterstützt, verkündet Stefan schließlich der versammelten nachhaltigen Szene Münchens die Kehrtwende: „Warum machen wir eigentlich eigenbrötlerisch unser Ding? Gründen wir doch einen Verein!“ Statt selbst Gemüse zu vertreiben, soll nun Ziel sein, Aufklärungsarbeit zu leisten und bestehende Initiativen besser zu vernetzen.

Während Ugly Fruits sich – zumindest vorerst – der Aufgabe widmet, die Gesellschaft für die Problematik zu sensibilisieren, sind die Gründer von Etepetete überzeugt, dass bereits jetzt der richtige Zeitpunkt ist, das Thema von der wirtschaftlichen Seite anzugehen. Die jungen Männer wollen Ausschussobst und -gemüse von Höfen aufkaufen und als Abo-Öko-Kiste sowie weiterverarbeitet als vegane Soßen und Suppen an den Kunden bringen. Auch sie sind überzeugt: „Wenn man wirklich etwas bewegen will, muss man beim Gemüsegärtner ansetzen.“ Anfang nächsten Jahres sollen ihre Produkte auf den Markt kommen. Bis dahin werden die drei Teammitglieder unzählige Gespräche geführt und viele Nachtschichten beim Gemüseschälen in der angemieteten Großküche geschoben haben.

Die Unternehmensgründer von Etepetete selbst passen in so gar keine Öko-Kiste: Carsten Wille und Chris Hallhuber, 25, studieren BWL, Georg Lindermair, 24, ist Immobilienkaufmann. Noch verfolgen die drei ihre Pläne nebenbei. Langfristig wollen sie das krumme Gemüse zum Beruf machen, einem, der „Sinn, Lust und Spaß macht“, wie Georg es ausdrückt. Damit knüpfen Georg und Carsten an einen Plan an, der bis in die gemeinsame Schulzeit zurückreicht: „Wir wollten schon immer etwas zusammen auf die Beine stellen“, erzählt Carsten. Durch eine Dokumentation seien sie auf das Thema Lebensmittelverschwendung aufmerksam geworden und hätten nach einigen Überlegungen die Geschäftsidee entwickelt.

In erster Linie sind die jungen Männer Unternehmer. In der GmbH steckt schließlich viel Erspartes, Geld von Freunden und Familie und – so hoffen die Gründer – bald auch Investitionen durch eine Crowdfunding-Aktion. Dennoch wirken Georg und Carsten unsicher, wo sie sich auf der Skala zwischen Überzeugung und Profit positionieren sollen, um erfolgreich zu sein. Hin und wieder rudern sie bei Aussagen zurück, sind besonders wachsam, nicht aufgrund ihres kaufmännischen und betriebswirtschaftlichen Hintergrunds in eine Schublade gesteckt zu werden. Fest stehe jedoch für sie, dass ein solides Geschäftsmodell die Basis dafür sei, etwas zu bewegen: „Wenn wir wirklich der tonnenweisen Verschwendung entgegentreten wollen, macht das nur Sinn, wenn wir uns das Ziel setzen, im großen Stil zu wirtschaften. Und natürlich langfristig als Firma bestehen“, erklärt Carsten.

Peter Sutor, Leiter des „Instituts für Ernährungswirtschaft und Märkte“ in der Bayrischen Landesanstalt für Landwirtschaft, begrüßt die Verwendung von Gemüse mit Schönheitsfehlern. „Die Verbraucher wissen oft nicht, wie naturbelassene Ware ausschaut und lehnen sie in der großen Masse ab“, sagt der Diplom-Agraringenieur. Er sieht in der Arbeit von Ugly Fruits und Etepetete daher eine Erziehungsmaßnahme zu einer größeren Wertschätzung von Nahrungsmitteln. Das Hauptproblem im Bezug auf Lebensmittelverschwendung verortet er jedoch in Privathaushalten, nicht auf dem Feld. Um die Vergeudung zu reduzieren, müssten, so Sutor, vor allem die Verbraucher weniger Obst und Gemüse wegwerfen – es macht laut einer Forsa-Umfrage in Deutschland mehr als 40 Prozent der Haushaltsabfälle aus, die sich zumindest teilweise vermeiden ließen.

Rettung benötigen nicht nur die dreibeinige Karotte auf dem Feld, sondern vor allem die überreifen Tomaten zu Hause im Schrank. Gerade die Arbeiten der Designer von Ugly Fruits zeigen jedoch: Als Galionsfigur einer Bewegung für weniger Verschwendung eignen sich exzentrisch geformte Rüben weit besser als angedrückte Norm-Tomaten.

„Bloß keine Aquarell- und Basteltanten“

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Die Lage ist dramatisch: Dass Mathe- und Physiklehrer fehlen, ist bekannt. Doch auch Kunstlehrer will kaum jemand mehr werden. Nur 14 Lehramtsstudenten meldeten sich in Bayern im Februar 2014 zum Referendariat an. Deshalb fällt an vielen Schulen der Kunstunterricht aus. Die Kultusministerien stellen verzweifelt Quereinsteiger ein: „Hobbykünstler oder die Sekretärin des Direktors versuchen sich in Farblehre, Grundschullehrer malen mit Gymnasiasten, per diskreter Sondergenehmigung der Kultusministerien kommen sogar Quereinsteiger ohne Abitur oder Akademiestudenten ohne Abschluss unter“, sagt Martin Klinkner, Bundesvorsitzender des Fachverbandes für Kunstpädagogik (BDK e.V.). Ist es keine Kunst mehr, Kunst zu unterrichten?



Kunstlehrer sind an bayerischen Schulen derzeit Mangelware. An manchen Schulen findet der Unterricht deshalb mit nicht ausgebildeten Lehrern statt.

Das Fach wird jedenfalls nicht sehr geschätzt in einer Zeit, in der Internetunternehmer mehr bewundert werden als begabte Künstler. Vergangenes Jahr warnte bereits der damalige Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Stephan Dorgerloh (SPD), vor einem Mangel an Kunst- und Musiklehrern. Die Kultusminister forderten die Hochschulen auf, bei ihren Aufnahmeprüfungen neben dem künstlerischen Können die pädagogischen Fähigkeiten stärker zu berücksichtigen – und so viele Studenten aufzunehmen wie möglich. Der Staat muss inzwischen enorme Anstrengungen unternehmen, um noch gute Lehramtsstudenten zu gewinnen.

Zum Beispiel Moritz Dometshauser: Kritiker und Akademieprofessoren sagten Moritz Dometshauser bereits während seines Studiums eine vielversprechende Künstlerkarriere voraus. Er nahm sich nach seinem ersten Staatsexamen an der Münchner Akademie zunächst ein Jahr Zeit, um sich in Ateliers in Hamburg und Dresden voll auf die Malerei konzentrieren zu können. Die Option Lehramt zu haben, gab ihm jedoch eine gewisse Sicherheit. Die Entscheidung, irgendwann in die Schule zu gehen, hatte Dometshauser schon zu Beginn des Studiums getroffen. Oft malte er wie ein Besessener bis in die Morgenstunden an großformatigen Ölbildern, die etwas an Neo Rauchs Surrealismus erinnern. „Ich bin oft mit einem Gefühl tiefster Zufriedenheit heimgekommen, habe mir noch einmal jedes Detail meines aktuellen Werkes in Erinnerung gerufen und überlegt, wo ich am nächsten Tag weitermachen werde“, erinnert er sich. Während des Studiums und im Jahr danach lebte er von extrem wenig Geld. In Hamburg wohnte der 28-Jährige in einem Künstlerhaus in seinem Atelier.

Viele Kunststudenten entscheiden sich für das Lehramt, damit ihre Eltern ruhig schlafen können. Und sie brauchen oft einen Plan B, sollte es mit der freien Kunst nicht klappen. Nicht selten wechseln sie in eine Klasse der Akademie für freie Künstler, wenn sich ihnen die Chance bietet. Denn Lehramtsstudenten gelten an den Akademien oft noch als Künstler zweiter Klasse. „Das Image und die Arbeitsbedingungen müssen besser werden“, fordert Klinkner. Er sprach immer wieder mit Professoren verschiedener Akademien. Die sollen nun mehr für die Lehrämtler tun. Bei der Aufnahmeprüfung drücken sogar die Münchner inzwischen oft ein Auge zu und nehmen mehr Studenten auf. In Nürnberg sind die Pädagogen auf das Akademiegelände gezogen, es gibt keine getrennten Klassen mehr.

Auch Dometshauser hatte Gelegenheiten, einen Platz in der freien Klasse eines berühmten Malers zu bekommen. Doch er entschied sich jedes Mal dagegen, „wegen meines guten Atelierplatzes mit Blick auf das Siegestor, der liebgewonnenen Kommilitonen und der Chance zu Auslandsaufenthalten zum Beispiel am renommierten Goldsmiths College in London“, sagt er. Heute ist Dometshauser Referendar am Tassilo-Gymnasium in der 9600-Einwohner-Kleinstadt Simbach am Inn. „Mein Alltag ist ein vollkommen anderer als früher.“ Sein Wecker klingelt um sechs Uhr, seine schärfsten Kritiker sind nun Achtklässler. Weil seine ganze Zeit für die Unterrichtsvorbereitung draufgeht, findet er nur in den Ferien Ruhe zum Malen. „Doch als Lehrer habe ich etwas wiederentdeckt, was ich als Student und Künstler so nicht mehr kannte: Das Wochenende.“

Er mag die Arbeit mit den Schülern. „Es ist toll, wenn man es schafft, dass sich eine ganze Klasse in die Malerei vertieft.“ Jahrelang hat Dometshauser kunstgeschichtliche Werke verschlungen, heute zehrt er von seinem Wissensschatz. Er kennt die modernsten Strömungen, weiß, wie das Geschäft mit der Kunst funktioniert. „Genau solche Lehrer braucht der Kunstunterricht, um die Jugendlichen zu begeistern – und bloß keine Aquarell- und Basteltanten“, sagt Kunstpädagoge Klinkner.

Bei Florian Haller war es genau diese Geringschätzung des Fachs Kunst, die ihn aus der Schule trieb. Auch er hatte an der Münchner Akademie studiert. Gleich nach seinem Abschluss meldete er sich für das Referendariat an. „Kunstlehrer sind der Typ Mensch, die der Schule guttun“, sagt der inzwischen 38-Jährige. „Ich startete mit dem hehren Ziel, die Schüler für aktuelle Kunst zu interessieren.“ Doch dann kam Haller an ein Münchner Elitegymnasium, an dem das Fach Kunst nicht ernst genommen wurde. Die Schüler, teils aus adeligem Elternhaus, kamen im Anzug, den sie bloß nicht schmutzig machen wollten. Auf Malen hätten sie keine Lust gehabt. „Zudem widerspricht das enge Korsett der 45-Minuten-Stunden jeder Kreativität“, sagt Haller. „Das ist reine Beschäftigungstherapie, der Lehrer dabei der Motivator.“

Auch für Verbandschef Klinkner sind die 45 Minuten das Hauptproblem: „Nur Kunst und Musik werden in der Mittelstufe auf eine Stunde pro Woche reduziert“, klagt er. „Da ist der Zusammenhang klar, warum die allermeisten Jugendlichen mit 14 aufhören zu zeichnen.“ Dabei ist künstlerisches, ungewöhnliches Denken das ganze Leben lang wichtig: Gestalterische Berufe sind gefragt, auch Wirtschaftsunternehmen wie Daimler oder Roland Berger schätzen kreative Köpfe. „Selbst wenn man die Kunst später nur zum Hobby macht, tut das der Seele gut“, sagt Klinkner.

Florian Haller machte sein zweites Staatsexamen, als einer der Besten in Bayern. Doch als er das Angebot einer künstlerischen Assistenz bekam, ging er zurück an die Akademie. Für seine Bilder gewann Haller wichtige Preise. Zwar ist er der Schule verloren gegangen, doch zwei Schüler hat er mit seiner Leidenschaft angesteckt. Sie studieren inzwischen selbst an der Akademie.

Tagesblog - 8. Dezember 2014

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10:00 Uhr: Bevor ich meinen Tageschefsessel in die Konferenz rolle: Hier kommt ein Text! Und zwar die neue Folge "Woher der Hass?".

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Diesmal? Der Hass der Saison. Nämlich der auf "Materielles".

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9.30 Uhr:
Wie wär's mit was zum Lesen? Ich such euch mal was raus.

Als Cover nehmen wir das der taz von heute.

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Dann:

- Das Wowereit-Abschieds-Interview von Stuckrad-Barre in der Welt
- Das vierseitige Joko-Klaas-Porträt von der Zeit, von dem ich allerdings erst zwei Seiten geschafft habe

Dann was Spannend-Schönes gegen die Kälte - mit geilem Mixtape-Sound:

http://vimeo.com/113511186

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Das war's! Jetzt aber los in den Tag!

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9:25 Uhr:
Während ich hier nebenher beflissen die Aktenstapel umsortiere - guckt doch mal hinter unser Adventstürche Nummer acht!

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9:00 Uhr:
Guten Tag, es ist neun Uhr, zwei Tage nach Nikolaus! Wie war euer Wochenende?

Schnelles Internet in ganz Deutschland

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Deutschland will sich mit Projekten im Wert von 89 Milliarden Euro an der geplanten Investitionsoffensive der EU beteiligen. Das ergibt sich aus der Liste aller europäischer Vorhaben, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Wichtigster Punkt ist der landesweite Ausbau schneller Internetverbindungen. Privatunternehmen sollen hierfür mithilfe öffentlicher Anreize 24Milliarden Euro investieren. 13,5 Milliarden sollen in die Windkraft, weitere zehn Milliarden in die Erweiterung von Autobahnen fließen. Die EU-Finanzminister wollen sich am Dienstag mit der Liste befassen.



Das Breitbandnetz in Deutschland soll ausgebaut werden.

Die 58 deutschen Projekte sollen Teil jenes 315-Milliarden-Euro-Pakets werden, mit dem EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker die Investitionsschwäche in Europa überwinden und die Wirtschaftskraft dauerhaft stärken will. Die EU reagiert damit auch auf Vorhaltungen der USA und anderer Partner, die den Europäern vorwerfen, zu wenig für eine stabile Weltkonjunktur zu tun. Nach Junckers Plänen soll allein die Europäische Investitionsbank (EIB) gut 60 Milliarden Euro an Krediten vergeben. Weitere 250 Milliarden sollen von privaten Unternehmen und Anlagegesellschaften kommen. Sie will Juncker damit ködern, dass ihnen die EU gegen eine Gebühr einen Teil des Verlustrisikos abnimmt.

Ob das Programm tatsächlich das Wachstum belebt, ist unter Experten umstritten. Befürworter halten es schon für einen Wert, dass die EU-Staaten überhaupt erstmals eine gemeinsame Investitionsoffensive starten. Kritiker bemängeln dagegen, dass sich die Vorhaben teilweise über Zeiträume von zehn und mehr Jahren erstreckten, wodurch sich die großen Zahlen deutlich relativierten. Auch listeten vor allem die reicheren EU-Staaten vorzugsweise Projekte auf, die ohnehin längst in Planung seien und damit keinen neuen, zusätzlichen Wachstumsimpuls lieferten.

Tatsächlich sind es in Deutschland zuvorderst solche Vorhaben. Auf der Liste findet sich etwa das Hochwasserschutzpaket im Umfang von 5,4 Milliarden Euro, das die Länder jüngst vereinbart hatten. Fünf Milliarden sollen in den Anschluss von Meereswindparks ans Stromnetz, 4,9 Milliarden in die Sanierung von Krankenhäusern fließen. Aber auch kleine Projekte werden aufgeführt, etwa der Bau neuer Polizeistationen in Aachen und Südosthessen oder die Vertiefung von Elbe und Weser. Als Gründe dafür, dass diese Projekte bisher nicht angegangen wurden, nennt die Bundesregierung unter anderem bürokratische Hemmnisse, drohende Klagen oder – beim Breitbandausbau – mangelhafte Renditeaussichten für Privatinvestoren.

Sehr viel forscher als die deutsche geht die französische Regierung an das Thema heran. Paris listet Vorhaben im Wert von 145 Milliarden Euro auf, von denen allein 40 Milliarden in den Ausbau des Schienennetzes und 25 Milliarden in die Sanierung alter Stadtviertel fließen sollen. Italien, das auf 82 Milliarden Euro kommt, plant einen 30 Milliarden Euro umfassenden Garantiefonds, der Kredite an kleine und mittlere Betriebe absichert. Griechenland hat 174 Projekte im Volumen von fast 42 Milliarden Euro gemeldet. Die meisten von ihnen tragen den Vermerk „fehlende Finanzierung“.

Schrecken und Zerstörung

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Erdbeben, Vulkanausbrüche, Wirbelstürme: Die Philippinen werden besonders oft von Naturkatastrophen heimgesucht. Allein mit 20 schweren Stürmen müssen die Bewohner pro Jahr rechnen. Seit Samstagabend, 9.15 Uhr Ortszeit, zieht wieder ein Taifun namens Hagupit eine Spur der Zerstörung über die Tropeninseln im Pazifik. Doch diesmal hat der Staat offenbar bessere Vorbereitungen getroffen; auch traf Hagupit, obwohl es sich um den stärksten Sturm dieses Jahres handelte, nur mit rund 150 Kilometern pro Stunde auf Land. Vor 13 Monaten hatte der Taifun Haiyan die Philippinen noch mit den schnellsten jemals gemessenen Böen von bis zu 315 Kilometern pro Stunde erreicht. So kamen die Menschen diesmal glimpflicher davon als bei Haiyan, der mehr als 7000 Menschenleben gefordert hatte.



Im November 2013 verursachte der Taifun Haiyan verheerende Verwüstungen auf den Philippinen. Taifun Hagupit hat das Land nicht so schwer getroffen.

Am Wochenende wurden zunächst nur zwei Todesopfer von Hagupit bekannt, beide aus dem Norden der Insel Samar. Die Behörden hatten allerdings Schwierigkeiten damit, sich einen Überblick über die Folgen des Taifuns zu verschaffen. Telefonnetze waren teils zusammengebrochen, vielerorts gab es keinen Strom. Die psychische Belastung war für viele Philippiner massiv. Der Sturm rüttelte Traumata wach, zum Beispiel in Tacloban, der Hafenstadt auf Leyte, die im November 2013 von meterhohen Wellen verschluckt worden war.

Hagupit traf Samstagnacht etwas weiter nördlich auf die Küsten als Haiyan. So gab es in Tacloban zwar Überschwemmungen, aber keine riesige Flutwelle. Bilder von der Insel Samar zeigten am Sonntag Menschen, die durch überflutete Straßen wateten, geknickte Strommasten waren zu sehen, peitschende Wellen und zertrümmerte Häuser. Nach UN-Angaben sind mindestens zehn Millionen Menschen den Gefahren von Hochwasser und Wind ausgesetzt. Montag soll der Sturm südlich der Metropole Manila durchziehen. Mit jeder Stunde verliert er weiter an Kraft. Katastrophenschützer fürchten jedoch, dass die Regenfälle Erdrutsche auslösen könnten.

Insgesamt waren etwa eine Million Menschen auf der Flucht. Die Armee hat Truppen als Helfer stationiert, aber auch, um mögliche Plünderungen zu verhindern, wie sie 2013 in Tacloban zu beobachten waren. Seelischer Beistand kam derweil aus dem All: Nasa-Astronaut Terry Virts von der Raumstation ISS twitterte Fotos vom Taifun und schrieb: „Dieser Sturm sieht unglaublich gefährlich aus. Bete für die Menschen der Philippinen. “

Man spricht Deutsch

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Yalla, das heißt im Arabischen so viel wie „Vorwärts!“ oder „Los jetzt“. Das Wort ist auf deutschen Schulhöfen so heimisch wie in den Wüstenlandschaften des Maghreb, wo es beim Antreiben von Dromedaren helfen kann. Und auch der CSU dürfte ein „Yalla!“ in den Ohren klingen, wenn sie sich zum Parteitag in Nürnberg trifft. Denn unter dem Stichwort „YallaCSU“ ergießt sich seit Freitag so viel Hohn über die Partei wie lange nicht. Der Grund ist im Leitantrag des CSU-Parteitags zu finden. Unter der Überschrift „Integration durch Sprache“ steht dort: „Wer dauerhaft hier leben will, soll dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie Deutsch zu sprechen.“



Zuwanderer nehmen an einem 'Integrationskurs Deutsch' teil. Die CSU hält gegen alle Kritik an ihrer Forderung fest, dass Zuwanderer daheim in der Familie deutsch sprechen sollen.

Nicht nur aus der Bundestagsopposition kam am Wochenende ätzende Kritik am Vorstoß der CSU, den viele als Versuch werteten, sprachliche Vielfalt in Familien als Problem abzuqualifizieren. Viele Kommentare waren aber auch eher ironischer Natur. „Es fällt ja schon vielen Deutschen in Deutschland schwer, verständliches Deutsch zu sprechen“, sagte Linken-Fraktionschef Gregor Gysi der Süddeutschen Zeitung. „Wir sollten weder andere noch uns überfordern. Ich jedenfalls berlinere einfach weiter. Grüß Gott.“ Linken-Chef Bernd Riexinger sprach von den „politischen Quartalsirren aus München“, die mal wieder zugeschlagen hätten. „Allein, dass eine Regierungspartei solch einen rechtspopulistischen Schwachsinn verbreitet, ist ein Gefahr für den Standort Deutschland“, sagt er. Wer Investoren anlocken wolle, müsse auf Weltoffenheit setzen.

Auch Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt äußerte Unverständnis. „Wer nach der CSU-Ausländermaut dachte, dümmer geht’s nimmer, der sieht sich getäuscht. Die CSU macht sich lächerlich“, sagte sie der SZ. Gebraucht würden Deutschkurse für Flüchtlinge und Zuwanderer, keine Deutsch-Pflicht. Welche Sprache am Küchentisch gesprochen werde, gehe „nur die dort Sitzenden“ etwas an.

So ging es quer durch Parteien und Zeitungen. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi sprach in der Bild am Sonntag von einem „komplett bescheuerten Vorschlag“. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte der Welt, die Idee eigne sich „für den Satiregipfel“. Aber auch in der Union wird darüber diskutiert, wie viel Einfluss der Staat auf familiäre Sprachgewohnheiten nehmen sollte. „Ich finde ja, es geht die Politik nichts an, ob ich zu Hause Lateinisch, Klingonisch oder Hessisch rede“, twitterte CDU-Generalsekretär Peter Tauber. CDU-Innenexperten Wolfgang Bosbach hielt dagegen. Sprachkenntnisse seien für die Integration „von überragender Bedeutung“, sagte er Bild am Sonntag. „Deshalb ist es wichtig, dass mit Kindern auch zu Hause Deutsch gesprochen wird“.

Die Antwort aus dem Netz kam prompt. Um die Idee umzusetzen, müsse ein „V-Leute-System zur Überwachung“ her, twitterte die Thüringer Linken-Abgeordnete Katharina König. „Wir lenken die Sprachpolizei gerade mit einer Lübke-Schallplatte ab“, schrieb einer. Oder: „Liebe CSU, meine Frau spricht zu Hause sogar mit unseren Kindern Italienisch! Sollte man uns nicht das Kindergeld streichen?“ Die preisgekrönte Zeit-Redakteurin Özlem Topçu twitterte: „Sum Gülük mein Mutta haben sprechen imma imma doiç mit mich suhause.“

Der scharfe Ton der Debatte ging auch an der CSU-Spitze nicht vorbei. „Ich schaue mir das an. Für unsere Grundlinie lautet meine Vorgabe: eine integrationsfreundliche Politik“, sagte CSU-Chef Horst Seehofer dem Münchner Merkur. CSU-Landegruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte dem Blatt, die Grundidee des Leitantrags sei in Ordnung. „Die Reaktion zeigt aber: Das kann missverstanden werden.“ Unter Berufung auf Parteikreise hieß es, die strittige Passage könnte noch ergänzt werden. Generalsekretär Andreas Scheuer kündigte an, das Thema werde im Parteivorstand am Montag „intensiv beraten.“

Im CSU-Vorstand halten manche den Vorstoß für unvereinbar mit Parteigrundsätzen. In der Debatte ums Betreuungsgeld etwa hatten CSU-Sozialpolitiker stets betont, der Staat habe sich herauszuhalten aus Familien, die selbst wüssten, was gut für sie sei. Es sei zwar „für die Migranten und die gesamte Gesellschaft von Nutzen, wenn Sprache in allen Lebensbereichen praktiziert wird“, sagte der Sozialexperte im CSU-Vorstand, Joachim Unterländer. Dies müsse aber durch Bewusstseinswandel und „ohne Kontrolle“ geschehen. Andere erinnerten daran, dass die CSU für die Pflege regionaler Kultur stehe. „Haben wir die Donauschwaben nicht so gelobt, dass sie Deutsch über Jahrhunderte bewahrt haben?“, fragte ein führendes Parteimitglied. Victor Fuchs, der in der Münchner CSU in diversen Arbeitskreisen sitzt, drohte mit Parteiaustritt, wenn es bei der Passage bleibe. „Ich schäme mich heute, CSU-Mitglied zu sein“, schrieb er.
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