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Da geht noch was

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Mehrere Hunderttausend koreanische Mütter steckten ihren Teenagern Donnerstag früh eine Gabel oder eine Pinzette in die Schultasche. Dazu Mochi, zähe Reiskuchen, und Taffy, Karamellbonbons, die hartnäckig an den Zähnen kleben bleiben. Die Straßen waren leerer als sonst, die meisten Unternehmen begannen eine Stunde später als sonst mit der Arbeit, damit es weniger Staus gibt. Auch die Börse öffnete später. Am frühen Nachmittag herrschte auf allen Flughäfen des Landes während 35 Minuten Start- und Landeverbot.

Jedes Jahr am zweiten Donnerstag im November ruft Südkorea den Ausnahmezustand aus: An diesem Tag machen alle Primaner des Landes gleichzeitig Suneung, die nationale Universitäts-Aufnahmeprüfung. Dieses Jahr waren es etwas mehr als 640000 etwa 18-Jährige. In den Schulen, in denen die Examen stattfinden, sperrt die Polizei die Straßen, damit niemand gestört wird. Jedes Jahr bringt sie einige Prüflinge mit Blaulicht hin, die im Verkehr stecken geblieben sind oder sich sonst verspäteten. Viele Taxifahrer bieten den Absolventen Fahrten umsonst an, um ihnen zu helfen. Ein Flugverbot gilt für die Zeit, in der das Hören und Verstehen englischer Vokabeln geprüft wird.




Akzeptierte Studenten für die renommierte Tokyo Universität.

Wenn irgendeine Berufsgruppe gerade streikt, was in Südkorea nicht selten vorkommt, dann unterbricht sie ihren Arbeitsausstand extra für diesen Tag. Die Medien machen die Aufnahmeprüfung zum Thema des Tages, Geschäfte verkaufen Glücksbringer: Kleine Gabeln zum Beispiel, ein Besteck, das für koreanisches Essen nicht benutzt wird. Die Gabel soll den Schülern eher bildlich dabei helfen, die richtige Antwort herauszupicken.


Geprüft wird Koreanisch und koreanische Literatur, Geografie und Geschichte, Englisch, Mathematik und Naturwissenschaften. Noch am Donnerstagabend wurden die richtigen Antworten veröffentlicht. Auf ihre Resultate müssen die Schüler und ihre Familien allerdings noch bis zum 3.Dezember warten. Die Punktzahl entscheidet mit, an welche Uni man kommt.


Bildung hat in der koreanischen Gesellschaft einen enorm hohen Stellenwert. Einerseits ist das Tradition in einer Kultur, die den Buchdruck bereits lange vor Gutenberg erfunden und sich schon im 15. Jahrhundert eine eigene – und wie Experten sagen, die weltweit logischste – Schrift geschaffen hat. Andererseits ist mit der Entscheidung, ob und wo man hier studiert, das Leben weitgehend vorgezeichnet. Viele Großkonzerne stellen nur Absolventen von Top-Universitäten ein.


Koreanische Familien machen die Ausbildung ihrer Kinder deshalb zur obersten oder sogar einzigen Priorität. Dazu schicken sie schon Kleinkinder in die Hagwon, kommerzielle Paukschulen, die den Kindern gezielt Examensstoff einhämmern. Von den 70000 solcher Abendschulen bietet die Hälfte Vorbereitungskurse für den Mittelschuleintritt an.


Viele Kinder gehen vier bis fünf Abende pro Woche in den Hagwon, oft bis spät in die Nacht. In der U-Bahn nicken sie dann über ihrem Schulranzen ein. Derweil managen die Mütter ihre Stundenpläne, damit nur keine Minute verloren geht. Der Erziehungsminister legte vor einigen Jahren fest, die Hagwon müssten spätestens um 22 Uhr schließen. Doch die Regionalverwaltungen halten sich nicht an diese Regel: Wo kämen wir denn hin, wenn die Polizei lernwillige Jugendliche am Studieren hindern würden, heißt es.


Auch in Japan besuchen die meisten Kinder abends Paukschulen, die hier „Juku” heißen. Viele bereits seit dem Kindergarten. Die Kleinsten üben monatelang die immer gleichen Multiplikationsreihen. Erklärt wird im Juku nicht, nur geübt. Dafür zahlen Eltern von Primarschülern mehrere Hundert Euro pro Monat, jene von Mittelschülern oft tausend. Nach Schätzung der Japan Times setzt Japans Nachhilfe-Industrie jährlich 10 Billionen Yen um, 70 Milliarden Euro. Die Juku-Industrie profitiere vom Versagen der öffentlichen Schulen, so das Blatt.


Am Tag der Universitäts-Aufnahmeprüfung mache er gar nicht auf, sagt Kim Dae Soo, der Wirt eines auf Seetang-Gerichte spezialisierten Restaurants im koreanischen Fernsehen. „Da kommt doch eh keiner.“ In Südkorea gibt es nämlich diese Weisheit: Seetang ist schlüpfrig, wer das am Prüfungstag isst, dem glitscht das Wissen davon. Isst der Südkoreaner hingegen die Süßigkeit Taffy oder Mochi-Reiskuchen, dann bleibt kleben, was man gelernt hat. Manche Mütter kleben deshalb Taffy ans Schultor. Wo viel Stress ist, da herrscht offenbar auch besonders viel Aberglauben: „Vor Suneung darf man sich die Haare nicht waschen”, lacht Schüler Ye Jun Nyoung. „Man könnte das Gelernte ja wegspülen.”

Fahr zur Hölle

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Wir wollten ja eigentlich mehr Kurven bauen“, erinnert sich Wolf Prix, „damit die Rampe in der Münchner BMW-Welt dynamischer wird. Aber die Manager hatten Angst.“

„Angst?“


„Vor Unfällen. Bei BMW dachte man, wenn die Kunden, die in München ihr Auto abholen, nach der ganzen Show drumherum endlich den Zündschlüssel in die Hand kriegen, dann sind die dermaßen aufgewühlt, dass sie nicht mehr geradeaus fahren können. Zu schweigen von Kurven.“




Das Auto könnte heute, der Erfolg der Hybrid-Modelle und der Elektromobilität bleibt ungewiss, an sein Ende gekommen sein.


Die Show also.

Prix lacht am Telefon. Er ist Chef des weltweit erfolgreichen Architekturbüros Coop Himmelb(l)au. Die Himmelblauen haben vor sieben Jahren die spektakuläre BMW-Welt erbaut. 70000 Quadratmeter voller Restaurants, Museum, Technologiepark – und Autoübergabestation samt Und-hier-nun-Ihr-Schlüssel-Show. Das Ensemble im Münchner Norden besteht aus Stahl, Glas und jenem veloziferischen Traum, der das 20. Jahrhundert illuminiert. Ein Leuchten ist das, als stamme es von gigantischen Xenonscheinwerfern.

Beziehungsweise: Ein Leuchten war es. Denn der Traum handelt vom Auto als Kulturträger und Objekt der Begierde. Das ist vorbei. Die BMW-Welt wollte ein, vielleicht sogar der letzte Tempel dieser Liebe zum Automobil sein. Er wurde allerdings erbaut, bevor die Liebe dann auch schon wieder am Erkalten war nach einem Jahrhundert der Raserei, der Sehnsucht nach dem Horizont, der Freude am großen Unterwegssein auf Straßen, die aus dem immobilisierten Gefangensein in Vorort-Doppelhaushälften ein aufregendes Roadmovie machen können. Theoretisch.

Es ist der alte, aber erst in der Moderne kraft ihrer individualisierten Mobilitätsversprechen greifbar gewordene Traum von Freiheit. Zugleich ist dies der Motor nicht nur einer ganzen Industrie, sondern insbesondere auch der von Deutschland. Doch dann brachen die Umsätze ein, europaweit. Im August vor einem Jahr ging die Zahl der Verkäufe auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Statistik vor einem Vierteljahrhundert zurück.


Auch die Autohäuser in Deutschland, die sich bald mit der Online-Konkurrenz herumschlagen müssen, verdienen möglicherweise bald mehr Geld mit Reifenwechsel und Luftfilteraustausch als mit dem Verkauf der durch allerlei Rabattaktionen künstlich gepushten Neuwagen. Alte Autos dagegen, Old- wie Youngtimer, sind begehrte Sammlerstücke. Nostalgie allein kann nicht der Grund für diesen boomenden Markt sein. Alte Autos werden gesammelt und geliebt wie alte Kunst. Warum? Weil sie Kunst sind, die man lieben kann. Neue Autos dagegen . . . aber genau darum geht es ja.

Welche Bedeutung kann ein Auto haben, mit dem man unentwegt im Stau der kollabierenden Infrastruktur steht? Welches Image besitzt das Auto, dessen Fürsprecher beim ADAC zu Lügen und gefälschten Zahlen wie zu Viagra greifen müssen, um ihrer alten Liebe noch etwas erotisierende Attraktivität abzugewinnen? Was bedeutet es, wenn die Fahrschulen melden, dass sich immer weniger Menschen für den Erwerb des Führerscheins interessieren? Und wie könnte man junge Städter für ein Auto begeistern, das sie schon längst nicht mehr besitzen müssen in der Sharing-Ökonomie? Die neuen Darlings der urbanen Bohème: Smartphones, Tablets und Fahrräder. Die zunehmend elektro-kommunikative Aufrüstung im Cockpit ist ein Indiz der Verzweiflung. In manchen Kreisen gelten Autos bereits als spritfressende, dickleibige Dinosaurier einer untergehenden Ära. Sie sind einfach unsmart – auch dann, wenn es sich um einen Smart handelt. Der einen ja auch nur ansieht wie ein trauriger Kurzhaardackel.

Das Auto könnte heute, der Erfolg der Hybrid-Modelle und der Elektromobilität bleibt ungewiss, an sein Ende gekommen sein – 128 Jahre nachdem Carl Benz den Benz Patent-Motorwagen Nummer 1 wie eine Kutsche aussehen ließ. Zu Ende ist jedenfalls die Faszination. Die Magie. Der Sex. Neuauflagen von Bildbänden wie „Cars & Girls“, auf denen sich Mädchen in delirierender Absicht auf der Motorhaube eines 280 SL oder eines 911ers winden, bezeugen die Erosion eines Zeitalters.

Das ist ja der Wahnsinn: Der SL wie der Porsche, sie sind so schön und von solch fassungslos machender Ästhetik, dass man eigentlich keine weitere Skulptur auf der Motorhaube bräuchte, um sich in das Auto zu verlieben. Um es als Objekt der Begierde begreifen zu können. Womit wir wieder bei der BMW-Rampe in München sind. Und bei der irren Vermutung, der Käufer eines neuen 3ers könne vor lauter Glück kaum laufen, wenn man ihm die Schlüssel übergibt und ihn auf die Rampe schickt, von der aus eher der Stadtstau als der Stadtverkehr zu erreichen ist.

Tatsächlich hat man sich bei BMW viel Mühe gegeben, um den Kunden bei den Gefühlen zu packen. Das beginnt mit einer Treppe, auf der er seinem neuen Auto wie einer Braut zugeführt wird. Von dort aus sieht er, an einer markierten Stelle, sein Auto aus einem exakt berechneten, durch Umfragen und Tests bestätigten Blickwinkel („Vorderrad eingeschlagen“), der dafür sorgen soll, „dass das Auto so sexy wie möglich rüberkommt“. Das Licht wird entsprechend gedimmt. Von all diesen Dingen berichtet ein BMW-Mitarbeiter, der hier lieber ungenannt bleiben möchte, was man ganz gut verstehen kann.


Die Kundenbetreuer sind geschult darin, dem Abholer zu einem emotionalen Kick zu verhelfen. Warum? Weil die Autos von heute das auch dringend brauchen. Sie sind nicht ansehnlich genug, um aus eigener Kraft zu überzeugen. Die lachhaften Tricks der Autohäuser sind so tragisch wie der Sprühglanz auf Felgen und Rädern, der so schnell verblasst. Tatsächlich steckt das Car-Design in seiner bisher tiefsten Sinnkrise. Gerade auch in Deutschland.


Die Autos der Gegenwart sind – in der großen Mehrzahl – so unförmig, disproportional und von solch verblüffender Hässlichkeit, dass der Futurist Marinetti, der vor einem Jahrhundert noch behauptete, ein Rennwagen sei schöner als die antike Skulptur der Nike von Samothrake, das entsprechende Manifest schleunigst zurückziehen und nicht mehr fordern würde, aus Museen Parkhäuser zu machen. Auch Roland Barthes würde ein Auto der Gegenwart nicht mehr mit dem Genie einer gotischen Kathedrale vergleichen – so wie der französische Philosoph es mit dem Citroën DS 19, Baujahr 1955, einst getan hat.


Was läuft schief auf dem Terrain der Auto-Gestaltung? Warum muss James Bond, der große Autofreak, nach einigen peinlichen Auftritten mit neueren Autos im letzten Bond wieder seinen alten, wunderschönen Aston Martin DB5 aus der Garage holen, um die Bandscheiben von Mauf der Fahrt nach Skyfall einer harten Belastungsprobe auszusetzen?


Hier kommt einiges zusammen. Zunächst: Am Können der Designer liegt es nicht. Jahr für Jahr kursieren unerhört inspirierte Entwürfe von Concept Cars. Die Skizzen und Modelle davon, die in den Designabteilungen zu besichtigen sind, demonstrieren, was für eine Ästhetik möglich wäre – hätten die Gestalter außer Gestaltungs- auch Wirkmacht in den von Bürokraten, Managern, Technikern und Marketing-Gläubigen besetzten Konzernen.


Als den Konzernen klar wurde, dass sich die technischen Standards der Autos weltweit immer mehr angleichen würden, beförderte man das Design, das im Wettbewerb der in einem ikonischen Zeitalter etablierten Aufmerksamkeitsökonomie allein von entscheidender, nämlich emotionalisierender Bedeutung ist, an die Spitze: angesiedelt knapp unterhalb vom Vorstand. Aber danach wurden die Gestalter unauffällig wieder entmachtet. Die Fragen, ob „so etwas“ (ein beliebiges ästhetisches Detail) auch in China oder in den USA verkäuflich sei, wurde zum Primat der Ästhetik. Auch so wurde in Deutschland das absolut zukunftstaugliche Erbe von Bauhaus und Ulmer Schule schnell verschleudert.                             

Dann kamen die Trendforscher ins Spiel. Vermeintlichen Trends lief man lieber hinterher – statt auf die Fähigkeit zu vertrauen, selbst welche zu setzen. Einen Trend markiert die Retrowelle. Wie bitte? BMW ist damit erfolgreich, aus dem Mini von damals ein Auto gemacht zu haben, das nun aussieht wie ein an Adipositas erkrankter Doppelwhopper? Das können wir auch: Nun sieht auch der Fiat Cinquecento, der als „Topolino“, als Mäuschen also, seine Karriere 1936 begann, der sich bis 1975 auf dem Höhepunkt seiner Ästhetik befand, aus wie ein Batzen Blechknetmasse. Geschuldet ist das nicht nur den Sicherheitsbestimmungen und elektronischen Helferleins, sondern auch dem Trend, sich nur scheinbar klein zu machen („urban“), um doch im Zweifel möglichst bequem und raumgreifend zu bleiben.


Der zweite große Trend hat den Panic-Room auf vier Rädern hervorgebracht. Im Gefolge der SUVs setzten sich Autos durch, deren Blechkleider wie Panzerungen hochgezogen wurden. Die Fenster mutierten zu Sehschlitzen und die Frontpartien wurden so gestaltet, dass damit im Weg herumstehende Passanten weggeschaufelt werden. Man ist oft verblüfft, wenn aus einem solchen Fahrzeug kein Soldat steigt, sondern eine SUV-Mom auf dem Weg zur Kita.

Das Ökozeitalter könnte für das Auto-Design nun das bedeuten, was einst die Erfindung der selbsttragenden Karosserie am Anfang des 20. Jahrhunderts möglich machte: gestalterische Freiheit. Doch wird die nicht genutzt. Die ersten Elektromobile, die wegen ihrer Beschleunigungsmöglichkeiten bei gleichzeitig gutem Klimagewissen (sofern der Strom dafür aus regenerativen Quellen, also schon mal nicht aus Bayern stammt) wieder richtig Spaß machen könnten, sehen leider dennoch aus wie Erdkröten.

Wenn ein Auto wie der VW Sharan als „bestes Auto der Welt“ gelten darf (2011), dann hat man aufgehört, über Ästhetik nachzudenken und sich mit gotischen Kathedralen und antiken Skulpturen messen zu wollen. Erdkröten, Whopper, das Credo der Ingenieure und asiatische Marktstrategien definieren den aktuellen Ehrgeiz der Autokonzerne. Nichts, was man lieben könnte. Dafür meistern wir die Rampe in der BMW-Welt nun unfallfrei. Bald aber wird es eine Resterampe sein.

Tagesblog - 14. November 2014

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17:19 Uhr:
So, ich surfe jetzt in den Supermarkt und kaufe vier Liter Milch. Was ich damit vorhabe? DAS GEHT EUCH ÜBERHAUPT NICHTS AN!!!!! Anyway, ich schließe den Blog und schicke euch mit den weisen Worten von Lemmy Kilmister ins Wochenende:
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16:26 Uhr:
Och, irgendwie komme ich heute voll nicht in den Tagesblog-Groove rein. Woran es wohl liegt? Am Freitag? An einer gewissen Grundmüdigkeit? An den latent schlechten vibes, die hier herum wabern? Ich weiß es nicht, aber ich weiß, was ich jetzt brauche.
Eine Bildergeschichte! Und zwar über das bevorstehende Wochenende.
Wie der Freitagabend des durchschnittlichen Investmentbanker in meiner Fantasie so aussieht:
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Wie ich mir den Samstag meiner Kollegin Mercedes vorstelle:
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Mein Default-Gesichtsausdruck fürs Wochenende:
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Wie ich mir das Wochenende des Kollegen Stremmel vorstelle:
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Wie ich mir das Wochenende meiner Kollegin Charlotte vorstelle (sie geht auf Reisen):
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Wie ich mir das Wochenende des Kollegen Biazza vorstelle (rätselhaft):
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Wie ich mir das Wochenende der Kollegin Bitzl vorstelle (Kunst!):
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15:38 Uhr:
Nach der Wurstfrage von letzter Woche geht es heute um Eier - nächste Woche dann um Milch und die Woche darauf um Brot.



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14:32 Uhr:
Liebe Freundinnen und Freunde der gepflegten Gruppengespräche. Der Diskussion entnehme ich, dass ihr Interesse an sogenannten "Redaktionsinterna" habt. Aus diesem Grund präsentiere ich euch jetzt das Instrument, mit dem ich jeden Tag arbeite. Es ist nicht schön anzusehen, aber ich bin mittlerweile so daran gewöhnt, dass ich anders eigentlich gar nicht mehr arbeiten könnte. Nur die Kollegin, mit der ich mir den Arbeitsplatz teile, soll sich schon hinter meinem Rücken über mich beschwert haben. Aber da stehe ich natürlich total drüber.




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13:49 Uhr:
wollmops hat eine Hymne an den Tagesticker geschrieben. Sie ist wunderschön geworden und enthält den Satz "Es war der Beginn einer langen Liebesaffäre".

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13:15 Uhr:
YOOOOO! I'm back! Hab ich was verpasst?! Seid ihr jetzt so richtig sauer? Warum? Heyyyy, chillax! Und schaut euch diese wunderbare Herrenmode an, die bestimmt demnächst wieder "fashionable" wird, wie wir Moderedakteure zu sagen pflegen...
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12:19 Uhr:
Juhuuu! Endlich willigten die Kollegen ein, mit mir zum Mittagessen zu gehen. Ich lasse euch mit diesem sinnvollen Sinnspruch zurück und bin in zehn Minuten (max!) wieder da. Bis dahin bitte nichts anfassen!
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11:48 Uhr:
So, endlich tut sich auch was auf unserer Seite. Ein neuer Text ist da - Protokolle von Menschen, die in Dortmund leben und studieren. Und man glaubt es kaum: die erzählen so nett von der Stadt, dass man gleich mal nachschaut, wie lang der Zug dorthin braucht...



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11:18 Uhr:
Das ist soeben auf meinem Schreibtisch gelandet: Hat Kim Kardashians Riesen-Popo das Internet jetzt eigentlich zerbrochen? Wie hat sie "performt" im Vergleich zur Kometen-Landung? Diese Fragen habt ihr euch sicherlich auch schon gestellt, weshalb ich mich ganz besonders freue, sie in diesem Text beantwortet zu sehen.
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10:53 Uhr:
Ganz wichtig an einem Tag, wie diesem: Ein Motto. Meines an dem heutigen Freitag mitten in der Nebelsuppe lautet "Don't let them kill your vibe.", beziehungsweise "Big hair, don't care!" [plugin imagelink link="http://www.ufunk.net/wp-content/uploads/2014/11/selection-du-weekend-113-62.jpg" imagesrc="http://www.ufunk.net/wp-content/uploads/2014/11/selection-du-weekend-113-62.jpg"]

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10:38 Uhr:
Oh Mann ey, sorrysupersorry, wir haben uns gerade wieder durch eine längliche Konferenz gelängelt, deshalb die lange Funkpause...
Jedenfalls wollte ich allen Neuankömmlingen noch etwas sagen, nämlich: "Hallihallohallöhchen!"
[plugin imagelink link="http://www.pleated-jeans.com/wp-content/uploads/2014/11/pin-sloanisom-1.jpg" imagesrc="http://www.pleated-jeans.com/wp-content/uploads/2014/11/pin-sloanisom-1.jpg"]

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9:40 Uhr:
Woahhh! Thomas Middelhoff ist soeben zu drei Jahren Haft verurteilt worden.

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9:22 Uhr:
So, jetzt hab ich mich ein bisschen auseinanderdividiert. Los geht's mit der aktuellen Nachrichtenlage:

- Der Bundestag beschließt den ersten ausgeglichenen Haushalt seit 1969. Unumstritten ist das nicht.

- In Deutschland kam es von Januar 2012 bis März 2014 zu 78 antimuslimischen Vorfällen. Im Rahmen der "Recherche" hat Hakan Tanriverdi diese Vorfälle genauer untersucht.

- man könnte gerade das Gefühl bekommen, es seien gerade Geek-Wochen: Erst landet eine Raumsonde auf einem Kometen und alles rastet aus, und kaum ist die gelandet, regen sich alle über die Schach-WM auf. Was kommt morgen? Aufregung auf dem Panini-Bildchen-Tauschmarkt? Wir bleiben auf jeden Fall "dran".

+++

9:06 Uhr:
Guten Morgen, ihr Superschnallen! Bevor es so richtig losgeht im Tagesblog, muss ich noch alles auseinanderdividieren, die Handlungsstränge entwirren und wichtige Notizen übertragen. Deshalb habe ich in der Zwischenzeit eine Aufgabe für euch. Schaut euch doch bitte das Intro zu dieser Super-Sitcom an und zählt alle Darsteller:
http://www.youtube.com/watch?v=QrGrOK8oZG8
Danke.



Wie lebt es sich in ... Dortmund?

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Ursprünglich bin ich nach Dortmund gekommen,
um zu studieren. Mittlerweile lebe ich hier im dritten Jahr und habe mich damit abgefunden - schließlich gibt es ein paar lauschige Plätze zwischen Industriebrachen und Ruhrpott-Grau.
Am besten gefällt mir an Dortmund, dass man schnell weg ist. Die Stadt ist umringt von Autobahnen. Außerdem ist es ein bisschen Berlinig, aber es weiß keiner. Graffitis an Hauswänden, aber eben nicht als Individual-Alternativ hoch gehyped. Libanesische, pakistanische, türkische Supermärkte in der Münsterstraße – eine Multikulti-Stadt, aber niemand muss das betonen.
Immer noch nicht gewöhnt habe ich mich daran:„Hömma Kerr, wat dat denn? De Oppa umme Ecke anner Trinkhalle.“ Außerdem daran, dass Dortmund nur den Fußball hat. Und die Industriekultur, die bei jedem Event ausgekramt wird. Die Dortmunder hängen an ihrer Vergangenheit und erzählen gerne von Oppa, wie er unter Tage gearbeitet hat.

Im Sommer ist es dort in Dortmund am schönsten: Im Westpark mit vollem Picknickkorb. Oder im Wischlinger Park, auf einem Tretboot.
Im Winter sollte man besser: Honig einpacken und ins Solebad in Wischlingen gehen. Das hat elf Saunen, eine Salzgrotte, Dampfbad und Whirlpool. Ein ganzer Tag kostet am Wochenende 13,50 Euro und es gibt einen großen Raum, in dem man ganz legal seine eigenen Schnitten essen darf.
Bei Regen gehe ich am liebsten:
Ins Theater. Darauf gibt es jetzt eine Flatrate: Jeder Studi zahlt im Semesterbeitrag 1,50 Euro. Dafür dürfen wir so oft wir wollen umsonst ins Theater – sogar in die erste Reihe. Dafür gibt es jede Menge Reizüberflutung, denn die Macher lieben Videokunst zu schrillen Kostümen und Bühnenbildern.


Bestes Viertel der Stadt: Barop. Zwischen Uni und Feldern sind die Studentenwohnheime verteilt. Jedes hat seine eigene Kneipe, jede macht an einem anderen Tag in der Woche auf. Günstiger kommt ihr nicht weg, nirgendwo schneller an einen Plausch mit anderen Studis.
Zum Frühstücken gehe ich am liebsten: Ins Café Alex an der Reinoldikirche. Das ist stink normal eingerichtet, hat aber Croissants, Tomate-Mozarrella mit Pesto und Joghurt-Dessert mit Minze im Buffet für knapp acht Euro.


Bestes Café der Stadt: Das Kieztörtchen in der Essener Straße.
Mit Freunden gehe ich am liebsten dort essen: Kapadokya in der Brückstraße macht den besten Döner der Stadt. Mit viel Hähnchenfleisch!
Mit meinen Eltern gehe ich hingegen eher in den Kitchen Club in der Plauener Straße. Modern eingerichtet, mit  kreativen Mittagskombinationen.


Mein Lieblingskino: Die Schauburg mit ihren roten Polstersesseln und großer Ablage für Popcorn am Vodersitz. Das Lichtspieltheater ist ein Programmkino, zeigt aber auch Mainstream-Filme kurz nachdem die großen Kinos sie zeigen. Dienstag kostet das fünf Euro, ansonsten sieben.
Tipp für Kenner: Der Nachtflohmarkt im Depot. Regelmäßig unregelmäßig wird in der alten Fabrikhalle in der Nordstadt getrödelt. Das kostet drei Euro Eintritt, hat aber Charme – und oft tritt jemand dazu auf.


jetzt-Mitarbeiterin Julia-Neumann[seitenumbruch]


Ursprünglich bin ich nach Dortmund gekommen,
um zu studieren.
Ich lebe seit 25 Jahren in Witten, einer Nachbarstadt von Dortmund, aber wenn ich essen gehen, ins Kino will oder irgendetwas anderes unternehmen möchte, zieht es mich eigentlich immer in die Heimatstadt des BVB.
Am besten gefällt mir an Dortmund das Westfalenstadion und die vielen kleinen Kneipen, Restaurants und Bars im Kreuzviertel, wie zum Beispiel das Balke
Immer noch nicht gewöhnt habe ich mich an die vielen Tauben.

Im Sommer ist es dort in Dortmund am schönsten: Am Phönixsee, beim Grillen im Westpark oder im Herr Walter, ein Eventschiff im Hafen.
Im Winter sollte man besser auf den Weihnachtsmarkt gehen.
Bei Regen gehe ich am liebsten ins Schauspiel Dortmund.


Bestes Viertel der Stadt: Ganz klar das Kreuzviertel, wegen der tollen Häuser, der tollen Menschen und der tollen Kneipenszene.
Zum Frühstücken gehe ich am liebsten:Ins Alex an der Reinonldikirche, die haben einfach die größte Auswahl und es ist immer lecker. Aber unbedingt einen Tisch reservieren, wenn man am Wochenende hin möchte.

Bestes Café der Stadt:Hofcafe im Unionviertel oder ins Kieztörtchen... unbedingt die Spinattorte probieren, auch wenn es sich erstmal komisch anhört.
Mit Freunden gehe ich am liebsten dort essen: Entweder ins Monchi Fusion Kitchen, in den Kitchen Club oder ins Schönes Leben.


Mit meinen Eltern gehe ich hingegen eher ins Mongo's wegen der frischen Zutaten und leckeren Saucen oder ins Steakhouse Rodizio, wenn man mal ein richtig leckeres Steak essen möchte.


Mein Lieblingskino: definitiv das Roxy Kino, mit der großartigen Auswahl an Independentfilmen. Hier ist montags (außer an Feiertagen) Kinotag und der Eintritt kostet nur fünf Euro. Oder eben das Cinestar am Bahnhof, wenn man lieber die aktuellen Blockbuster schauen möchte. Hier ist montags für Studenten Kinotag und der Eintritt kostet ebenfalls nur fünf Euro.


jetzt-Leserin Sarah


[seitenumbruch]




Ursprünglich bin ich nach Dortmund gekommen,
weil meine Eltern sich getrennt haben, wir zu der Zeit im Ausland lebten und die Familie meiner Mutter aus Dortmund kommt.
Mittlerweile lebe ich hier seit 12 Jahren.
Am besten gefällt mir an Dortmund,
dass die Stadt im Ruhrgebiet liegt und man innerhalb kürzester Zeit viele andere Städte erreichen kann.
Immer noch nicht gewöhnt habe ich mich
an den „Jogginghosen-Style“ mancher Mitmenschen.


Im Sommer ist es in Dortmund beim Grillen im Westpark, im Westfalenpark oder am Dortmund-Ems Kanal am schönsten.
Im Winter sollte man besser: die Weihnachtsmärkte der Region besuchen oder Eislaufen gehen.
Bei Regen gehe ich am liebsten ins Kino wie zum Beispiel die Postkutsche in Aplerbeck.


Bestes Viertel der Stadt: Das Kreuzviertel mit seinen vielen Bars und Restaurants.
Zum Frühstücken gehe ich am liebsten: ins Turmrestaurant des Dortmunder Fernsehturms. Dort ist es zwar etwas teurer aber man hat einen wunderschönen Blick über Dortmund.
Bestes Café der Stadt:
Café Creme in der Innenstadt. In dem kleinen, rosa, Café gibt es leckeren Kuchen  und auch zum Mittagessen wird dort immer eine Kleinigkeit angeboten.
Mit Freunden gehe ich am liebsten dort essen:
Beim Spanier Tapas Factory in Dortmund- Hombruch. Dort gibt es super leckere Tapas zu verschiedenen Preisen.
Mit meinen Eltern gehe ich hingegen eher ins Fukuoka. Nette, ruhige Atmosphäre und super leckeres Sushi.


Mein Lieblingskino: Die Postkutsche in Dortmund -Aplerbeck. Mittwochs ist dort Kino-Tag und eine Karte kostet fünf Euro. Es gibt freie Platzwahl und eine Ablagefläche für Popcorn und Co.
Tipp für Kenner: Das Happy Happy Ding Dong in der Hohen Straße. Die ist ein bisschen rockig zurecht gemacht, günstig und man kann Fußball gucken und Karaoke singen.


jetzt-Leserin Karo

Jungs, was genau bedeuten eigentlich „Eier“ für euch?

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Die Mädchenfrage:
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Liebe Jungs,

ihr weint, ihr kocht, ihr bügelt, ihr chillt gern auf dem Spielplatz, ihr nehmt euch gegenseitig in den Arm und singt traurige Lieder auf der Gitarre. Ihr bewundert Frauen für ihre Führungsstärke, findet aber auch diese Frauen-gehen-durch-die-Stadt-Videos noch total wichtig für das soziale Miteinander, weil: Die Gleichberechtigung ist erst durch, wenn sich keine Frau mehr doof anmachen lassen muss. Und so weiter. Ist ja 2014 und wir sind alle total modern.

Jetzt gibt’s aber so Moves von euch, die überhaupt nicht dazu passen. Zum Beispiel: Manchmal, wenn ihr über irgendwas redet, das ihr peinlich und versagermäßig von euch selbst fandet, lacht ihr ganz traurig, macht mit den Finger so ein bestimmtes Symbol und das Geräusch "SchnippSchnapp" – ihr habt euch grad die Eier abgeschnitten, soll das heißen. Währenddessen sucht ihr nach den Blicken der anderen Jungs im Raum und wenn ihr sie habt, lacht ihr laut und dreckig mit ihnen über das Eier-verlieren, das offenbar unter Jungs auch 2014 noch ein total codierte Sache ist.

Wir checkens nicht. Verknüpft ihr euer Selbstbewusstsein tatsächlich noch über eine gewisse Idealform der Männlichkeit, so dass die "Eier" als Symbolbild total gut passen? Was genau sollen diese Eier sein, für was stehen die und wer hat euch das beigebracht und wie kommt es, dass ihr, die ihr doch so wahnsinnig reflektiert immer tut, da total tumb zurückfallt in so einen 50er Jahre-Kleine-Jungs-Humor?

Noch dazu kommt, dass wir den Reiz des Witzes nicht mal nachvollziehen können, weil wir so was einfach nicht haben, diese vollständige Identifikation über unsere Geschlechtsteile. Korrigiert mich, wenn ich falsch liege, aber mir fiele nichts als Pendant zu eurem Eiersymbolbild ein – wir würden uns ja nie in gemischter Runde zu den Frauen drehen, wenn wir von einer Peinlichkeit erzählen, und laut rausgackern: Oh oh, Schnipp schnapp, Titten abgeschnitten!

Und ich wüsste auch gar nicht, was das genau für ein speziell "weibliches" Selbstbild sein sollte, dem ich "als Frau" nicht untreu werden dürfte. Ich denk mir halt: Ich bin ich, ganz normal, und wenn ich was Blödes mache, das peinlich ist und mich vermeintlich als Loser oder Nichtchecker dastehen lässt, sag ich halt: "Oh Gott, peinlich ey" oder "ich Loser" oder "Ich Nichtchecker!". Aber ich sag doch nicht: Oh no, jetzt hab ich keine Weiblichkeit mehr!

Also, bitte Aufklärung: was genau hat das mit dieser Eierverlustangst zu bedeuten? Wer hat euch die beigebracht und wieso scheint sie euch trotz aller Geschlechterdiskurse noch so wahnsinnig selbstverständlich?

PS: Und jetzt bitte kein zuckersüßes Rechtfertigungsgerede hier, wir wollen schon gern tief reinschauen in die Abgründe eurer unterdrückten Machoträume!

Auf der nächsten Seite liest du die Jungsantwort von Jakob Biazza.
[seitenumbruch]Die Jungsantwort:
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Liebe Mädchen,

Mal geschwind reinschauen:

https://www.youtube.com/watch?v=z47DJEjVQbs

Das nicht.

Wobei ich in dem Ganzen aus einem sehr privaten Spleen heraus und begünstigt durch eine leichte Persönlichkeitsstörung viel Schönheit erblicke. Das nur zur "zuckersüßen Rechtfertigungsrede". Diese Leidenschaft ist aber nicht sehr repräsentativ.

Ich komme auf Kid Rock, weil ich vor vielen Jahren in einer Konzertkritik (für eine Zeitung, bei der man "Rezension" dazu sagt) die Phrase "hat der dicke Eier" benutzt habe. Und der zuständige Feuilleton-Redakteur – Theater-Kenner, Mozart-Experte und auf intelligent-sensible Art sehr vorsichtig bei Themen der political correctness – hat sie durchgewinkt. Weil: Es gibt sprachliche Codes, die die Welt derart auf den Punkt bringen, dass man ihnen ihre vordergründige Hässlichkeit verzeiht. Oder wenigstens verzeihen sollte. "Kack dir mal nicht die Waden voll!" – zum Beispiel. Glaube, die meisten von denen spielen irgendwo unterhalb der Gürtellinie.

Der Punkt ist nämlich, dass mindestens ein grundlegendes Missverständnis vorliegt: Bei uns geht es, wenn überhaupt, ums Eierhaben. Nicht ums Eierverlieren. Eierverlieren, das ist tatsächlich dieses Fünfzigerjahre "Der hat jetzt die Dings geheiratet und die hat ihm die Eier abgeschnitten"-Gefühl. Leute, die sowas sagen, sagen auch "Fotzenknecht". So meinen wir’s nicht. Bei uns geht es nicht um Entmannung. Wir meinen mit Eiern eine bestimmte Art, der Welt zu begegnen.

Auch bei der verstehe ich aber eure Irritation: Eierhaben und das zum Qualitätsmerkmal machen, das ist was für Oli Kahn auf dem Fußballplatz. Oder Oli Kahn im P1. Oder Oli Kahn als Fußballexperte. Gell? Falsch! Tatsächlich könnte es aber ziemlich genau Oli Kahn gewesen sein, der der Welt dieses – da will ich jetzt auch nicht herumdrucksen – ganz gewaltig gute Bild zurückgebracht hat, als er nach einem verlorenen Bayernspiel eben das Fehlen von "Eiern!" konstatierte.

https://www.youtube.com/watch?v=GMnBOQAxe4c
Wissen wir!

Damit hat der Torwart nämlich die Rehabilitation über den Umweg der Ironie ermöglicht. Wir haben Kahns Eier-Metapher erst eine zeitlang scherzhaft benutzt. Mit "Hi hi wir machen auf Prolet"-Gestus. Dann nur noch halbscherzhaft. Und irgendwann ist uns aufgefallen, dass sie funktioniert. Weil sie ein Gefühl verdichtet, für das es sonst viele Nebensätze gebraucht hat.

Also haben wir sie reanimiert und zwar mit einer für unsere Zwecke und die Zeit angemessenen Bedeutung. Etwas "mit Eiern" zu tun, ergo Eier zu haben, meint ungefähr, es konkret zu tun. Ein bisschen auch mit dem Habitus, den man früher, als wir alle noch naiver waren, cool genannt hätte, und zu dem wir heute vielleicht authentisch sagen, geradlinig oder souverän. Es können auch Spuren von Mut enthalten sein. Man nimmt sich was vor und setzt es auch genauso um. Bäm: Eier! Man steht für etwas ein, das gesellschaftlich möglicherweise etwas unbequem ist. Tschaka-Bumm: Eier!

Was das Pendant bei euch sein KÖNNTE, ist deshalb auch wahnsinnig egal. Ich wage nämlich eine Prognose: Gebt dieser herrlichen unter guten Phrasen noch ein bisschen Zeit, dann benutzt ihr sie auch. Eierhaben – wie wir es meinen – ist an sich nämlich unisex. Quasi Emanzipation durch die Hintertür. Die Gleichberechtigung ist nämlich nicht "erst durch, wenn sich keine Frau mehr doof anmachen lassen muss". Sie ist erst dann wirklich durch, wenn ihr auch mal sagt: "Krass langweilige Künstlerin – null Eier!"



PS: Was die Schnipp-Schnapp-Geste betrifft, auf die du anspielst: Da ging es um eine Situation, in der der Kollege ewas ganz besonders Konkretes tun wollte - und dann zurückgezogen hat. Das war im Eifer des Gefechts schlampig benutzt. Sprachlich und inhaltlich: Erstens, weil es eigentlich heißen sollte, dass er keine Eier gehabt hat. Und zweitens, weil das wiederum gar nicht stimmte. Zu sagen, "Ich wollte etwas unbedingt tun, habe aber gemerkt, dass das falsch wäre, also habe ich's gelassen", dafür braucht es ja nun mal wirklich: Eier!

Wir haben verstanden KW 46

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Morgens um fünf im Zug erscheint einem jedes Geräusch dreifach laut.

Tocotronic? Peter Licht? Sven Regener? Nope! Die poetischsten deutschen Texte schreibt iOS8.

Wenn einen an der Ampel ein Auto fast ummäht, bringt wütend aufs Dach hauen auch nichts mehr.





Für "Andalusisches Bergbauernbrot" gibt’s keine Übersetzung auf Englisch.

Wenn ein deutscher Filmproduzent bald mal wieder heißen Stoff sucht: Wir empfehlen die Biografie des Berliner Nilpferdes Knautschke. Alles drin – Weltkrieg, Inzest und Vatermord. Der Sohn hieß übrigens Schwabbel.

Fürchte dich Welt: AC/DC veröffentlichen ein neues Album. Das bedeutet, dass eine Wirtschaftskrise kommt!

Als Frau hat man in Darmstadt eine enorm große Männerauswahl.

Was man in den sieben Stunden zwischen 18 und 2 Uhr nachts noch alles schaffen kann, wenn man nicht feierabendgammelt, säuft oder schläft, ist fast ein bisschen gruselig.

Musikerwitze sind für sich genommen selten SEHR lustig. Wenn man aber erst mal 60 hintereinander wegliest, entwickeln sie eine ganz eigene Kraft!

Warum kann ein Gorilla niemals Lead-Trompeter in einer Big-Band werden? - Viel zu sensibel!

Wenn man einmal drin ist, kommt man nicht mehr wieder raus ausm Snowboardvideos angucken.

http://vimeo.com/31572650

Und ausm in Snowboard-Girls verknallt sein auch nicht (als selber Mädchen wohlgemerkt!).

Fango-Packungen bei der Physiotherapie sind auch nicht besser, als sich zuhause 'ne Wärmflasche machen.

Kindern für ihre Laternen zum Laternenumzug keine echten Kerzen sondern elektrisches Licht zu geben, grenzt an Kindesmisshandlung.

"muenchen ist wie die 'memet scholl szene' aus lammbock... man fuehlt sich wohl, entspannt, redet viel ueber fussball und denkt, ach wie herrlich , dass wir gar keine probleme haben... und zwei sekunden spaeter steht die polizei vor dir!"

In Wien gibt's sanierte Altbauwohnungen, da sind die Decken so hoch wie andernorts nur in Kirchen.

Und die Balkone so lang wie andernorts nur auf Sehenswürdigkeiten. Zum Heulen schön ist das.

Außerdem heißt die Aubergine in Wien viel süßer, als bei uns, weil sie da nämlich ihren italienischen Namen behält: Melanzani.

Google, warum ist Berlin so...?

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Fragen, die besonders oft gestellt werden, erscheinen bei Google als Vorschlag in der Suchzeile, bevor man zu Ende getippt hat. Die Autoergänzung eignet sich also auch, um herauszufinden, was die Deutschen eigentlich mit den einzelnen Bundesländern verbinden. Was denken die Deutschen zum Beispiel über Thüringen? Was wollen sie über Hessen wissen?



Was denkt Deutschland über Deutschland? Mit Hilfe von Google bekommt man einen kleinen Einblick.

Wir haben Google 16 Mal gefragt, „Warum ist Bundesland XY so....?“ und geguckt, was uns vorgeschlagen wurde. Herausgekommen ist eine Sammlung aus innerdeutschen Klischees, plausiblen Zuschreibungen und Dingen, die die Deutschen aneinander nicht verstehen.

Einige Male hat die Suchmaschine die gesamte Frage umgeschmissen und eine andere vorgeschlagen. In diesem Fall haben wir diese neu vorgeschlagene Frage aufgelistet. Und an ein Bundesland scheint das Internet zu wenig Fragen zu haben, als dass die Autergänzung funktionieren würde – mach dir nichts draus, Schleswig-Holstein!

Und hier die frisch aus der Suchzeile importierten Bundesländer-Fragen-Google-Such-Liste:

Warum ist Berlin so... arm?

Warum ist Berlin so... dreckig?

Warum ist Berlin so... billig?

Warum ist die npd in mecklenburg-vorpommern so stark?

Warum ist Hessen so... reich

Warum hat Niedersachsen so wenig feiertage

Warum ist das Saarland das kleinste bundesland

Warum ist Thüringen so... hügelig

Warum ist Hamburg so... blau

Warum ist Hamburg so... teuer

Warum ist Sachsen-Anhalt das land der frühaufsteher

Warum ist Hamburg so... beliebt

Warum ist Sachsen ein land der burgen und schlösser

Warum ist Sachsen ein autoland

Warum ist Bremen so... hoch verschuldet

Warum ist Bremen so... schlecht

Warum ist Düsseldorf die hauptstadt von nrw

Warum ist Nordrhein-westfalen so... verschuldet

Warum ist Bayern so... reich

Warum ist Bayern so... beliebt

Warum ist Bayern so... unbeliebt

Warum ist Rheinland-Pfalz so... reinland-pfalz

Warum ist Baden-württemberg so... reich

Warum ist Brandenburg so... berühmt

Warum ist Brandenburg so... wie es heißt

Wochenvorschau: So wird die KW 47

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Wichtigster Tag der Woche?


Der Kalender sagt: Am Donnerstag ist Horrortrashnacht mit Freund L., alte Tradition aus Zeiten, als wir gerade frisch in Filme ab 18 durften. Wir müssen jedenfalls endlich diesen Schocker anschauen über die Killerpuppe Annabelle und nachher bei drei Bier drüber fachsimpeln.

Kulturelles Highlight?


Am Dienstag spielt eine sehr nennenswerte Band im Münchner Atomic Café (am Donnerstag dann auch in Berlin): Sticky Fingers aus Australien. Klingen so, wie wenn Coldplay in ihrer Jugend ein bisschen mehr Sonne und gutes Gras abbekommen hätten.

http://www.youtube.com/watch?v=yMyz8xVp8-s#t=154

Soundtrack?



[plugin imagelink link="http://cdn2.pitchfork.com/albums/21257/homepage_large.d58494a4.jpg" imagesrc="http://cdn2.pitchfork.com/albums/21257/homepage_large.d58494a4.jpg"]

Seit Freitag gibt’s ein neues Album von Röyksopp. Die waren für mich ja schon jahrelang der Handlauf, an dem entlang ich mich in Richtung Elektromusik getastet habe. Was man so liest, klingt die neue Platte leider eher wie eine bocklose Pflichtübung - mal vorsichtig reinhören.

Ein etwas geheimerer Tipp: Die Salzburger Band Olympique macht, wie ich finde, ziemlich bockstarken, foofightenden Großpop. Das Debütalbum gibt’s seit Freitag. Und ein lustiges Video auch:

http://www.youtube.com/watch?v=H8YS3fQM8Dg

Kinogang?


Unbedingt. Abgesehen vom Horrorabend muss ich dringendst "Interstellar" anschauen und schauen ob diese fantastisch geschriebene Hymne auf den Film stimmt. Ich glaube: ja! Und wenn drei Mal Kino pro Woche nicht eindeutig zu viel wären, würde ich auch noch "Nightcrawler" hinterher schieben. Aber der muss noch warten.

Geht gut diese  Woche:


An zu heiß geschluckten Maroni die Speiseröhre verbrennen.  

Keine Chance hat diese Woche: 


Sonne und gutes Gras. (Leider.)

Männer im Sexstreik

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Es klingt zunächst wie ein Scherz: Kenias Männer sind in einen Sex-Streik getreten. Ein landesweit bekannter Männer-Aktivist hatte seine Geschlechtsgenossen dazu aufgerufen, von Dienstag bis Sonntag jegliche Zärtlichkeit gegenüber ihren Frauen zu unterlassen.



Kenias Männer haben Angst vor starken Frauen.


Es ist nicht der erste Sex-Boykott in Kenia. Schon 2009 haben Frauenorganisationen zu diesem Mittel gegriffen, um ihre zerstrittene (männliche) politische Elite zur Räson zu bringen. Nun hat sich Männerrechtler Nderitu Njoka den Trick abgeschaut. Allerdings geht es ihm nicht um die Lösung von Regierungskrisen, sondern um die Stellung des Mannes in Kenias Gesellschaft. Männer würden in dem ostafrikanischen Land zunehmend „entthront“, erklärte Njoka, Vorsitzender der Organisation Maendeleo ya Wanaume (Entwicklung für Männer), kenianischen Medien. Ziel des Boykotts ist es, die angebliche Diskriminierung der Männer durch Frauen und die Regierung zu beenden. Außerdem wolle man auf die wachsende Zahl misshandelter Männer aufmerksam machen. Njoka belegt seine Kampagne mit Zahlen: 2011 hätten bei einer Umfrage in zwei kenianischen Provinzen 460 000 Männer von häuslicher Gewalt berichtet; 2014 seien bisher 300 Männer von Frauen attackiert worden – 100 von ihnen seien sogar die Geschlechtsteile abgeschnitten worden.


Doch die Angaben Njokas lassen sich nirgendwo bestätigen. Die Stiftung Gender Violence Recovery Center (GVRC) aus Nairobi, die sich um Opfer sexueller und häuslicher Gewalt kümmert, registriert nur sehr wenige männliche Fälle. Zwischen 2001 und 2012 seien drei Prozent der von ihnen betreuten Opfer Männer gewesen – und auch die berichten meist von männlichen Tätern. Insgesamt 90 Prozent der Gewalttaten würden von Männern verübt, meldet das GVRC. Auch sonst läuft an Kenias Geschlechterfront offenbar vieles falsch. Gewalt gehört zum Alltag kenianischer Frauen. Studien belegen außerdem, dass sie in den meisten Gesellschaftsbereichen stark benachteiligt sind. Armut trifft Frauen stärker als Männer, weniger Frauen als Männer können lesen und schreiben, nur ein Viertel der Frauen erhält eine höhere Schulbildung – bei Männern ist es ein Drittel. Frauen schultern den Großteil landwirtschaftlicher Arbeit, besitzen aber nur einen Bruchteil des Ackerlandes: Ein Prozent gehört weiblichen Landbesitzern allein, fünf Prozent gehört Frauen und Männern gemeinsam.


Hinter diesen Zahlen steckt eine Gesellschaft, die höchst patriarchal funktioniert. Was oft auf vermeintliche afrikanische Traditionen geschoben wird, ist in Wahrheit die Folge einer Allianz aus Kolonialzeiten: Nicht alle Gesellschaften Afrikas waren männerdominiert, doch die europäischen Fremdherrscher, selbst patriarchal geprägt, stärkten eben jene Kräfte, die ihnen am ehesten entsprachen. So verwoben sich europäische und afrikanische Vorstellungen zu einer ungleichen Ordnung, die sich hartnäckig hält.


In der Politik sind Frauen auch im Jahr 2014 unterrepräsentiert: Nur knapp 22 Prozent der Parlamentsabgeordneten sind weiblich. Und so gelingt es den männlichen Abgeordneten, Gesetze durchzuboxen, die ihre Kolleginnen wutentbrannt aus dem Saal stürmen lassen: das Gesetz zum gemeinsamen Besitz von Eheleuten zum Beispiel, das 2013 durch das Parlament ging und dazu führt, dass Ehefrauen im Falle von Scheidung oder Tod des Partners den Zugang zum Ackerland der Familie verlieren. Oder das Gesetz, das die Vielehe regelt: Polygamie ist in Kenia erlaubt und verbreitet. Doch die männlichen Abgeordneten strichen im Frühjahr das Vetorecht aus dem Gesetzentwurf, das die Erstfrauen bekommen sollten, wenn ihr Mann sich eine weitere Frau nehmen möchte.



In Interviews wird deutlich, was die Männerrechtler vor allem stört: dass ihre Position zunehmend bedroht wird. „Frauen denken plötzlich, sie könnten die Rolle des Familienvorstands einnehmen“, sagte Njoka einem TV-Sender. „Und das ist vollkommen falsch.“

Filmriss

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Die Chance, Ehrenbürger Gibraltars zu werden, war groß wie nie zuvor, das wusste Joachim Löw, und er ahnte auch, dass diese Chance nie wiederkommt. Die Wucht dieses historischen Moments war in seinem Gesicht abzulesen, es ruckte und zuckte, aber dann entschied er sich gegen die Ehrenbürger-Würde. Er entschied sich für eine ehrliche Antwort.



„Eines Weltmeisters würdig“ werde man spielen, so hatte Löw es vorher angekündigt – nun musste er sich fühlen wie einer, der die Latte auf mittlere Höhe hängt und mitansehen muss, wie seine Elf sie nicht mal reißt.

Ob die Elf aus Gibraltar ihn auch so beeindruckt hätte, diese Frage hatte ein Reporter aus Gibraltar nach dem 4:0 im EM-Qualifikationsspiel gerade gestellt. Der Reporter schaute sehr siegessicher. Er ahnte, dass er jetzt gleich der Mann sein würde, der den Menschen in Gibraltar das Lob des Weltmeistertrainers übermittelt. 

Aber dann zuckte es eben in Löws Gesicht, und Löw sagte bedächtig: „Ich bin jetzt nicht so beeindruckt von Gibraltar.“ Pause. Und dann, noch einmal und mit mehr Nachdruck: „Das bin ich nicht.“


Löw ist ein höflicher Mensch, und in seiner charakterlichen Grundausstattung ist es eigentlich nicht enthalten, Menschen oder gar ganze Regionen zu quälen. Aber das war zu viel verlangt. Gibraltar zu loben, hätte bedeutet, alles zu verleugnen, woran dieser Trainer glaubt. „Das Ergebnis hatte weniger mit Gibraltar, sondern mehr mit uns zu tun“, sagte Löw, „hätten wir unser Spiel mit aller Konsequenz durchgezogen, hätte Gibraltar sicher mehr Tore kassiert.“


Vier Tore hat seine Elf am Ende zustande gebracht gegen einen wackeren Winzling, dessen Niveau kaum ausreicht, um in der deutschen dritten Liga eine glaubwürdige Chance auf den Klassenerhalt zu besitzen. In Löws charakterlicher Grundausstattung ist es auch nicht enthalten, seine Elf öffentlich zu tadeln, aber an diesem Abend hatte er gleich doppelt das Gefühl, dass er seinen Charakter vorübergehend ignorieren muss.


Zum einen wollte Löw nach außen dokumentieren, dass der Weltmeistertrainer hier nichts schönredet; zum anderen wollte er schon auch nach innen ausrichten, dass er sich vom Team gerade nicht sehr unterstützt fühlt. „Eines Weltmeisters würdig“ werde man spielen, so hatte Löw es vorher angekündigt – nun musste er sich fühlen wie einer, der die Latte auf mittlere Höhe hängt und mitansehen muss, wie seine Elf sie nicht mal reißt. Sie ist einfach drunter durch spaziert.


 


Tatsächlich gab es Spieler, die sich mitunter bewegten, als hätten sie Thomas Müllers Dirndl an. Der große Toni Kroos etwa dirigierte mit einem gesetzlich gerade noch zulässigen Mindestmaß an Engagement, der auf seine Art ebenfalls große Lukas Podolski verwechselte manchmal Lauf- und Stehwege, aber auch Spielern wie Max Kruse oder Erik Durm gelang es allenfalls, auf ihre Entbehrlichkeit hinzuweisen. Solche Bilder waren es, die Löw in einen Gefühlszwiespalt stürzten; er wollte das Spiel schon ein bisschen übel nehmen, aber er hatte auch Verständnis. Löw kennt ja den Weg, den diese Elf hinter sich hat.



Das Spiel gegen Gibraltar lag am Ende eines langen roten Teppichs. Die Spieler kommen gerade aus einem Film, in dem sie sich selbst bewundert haben, und Löw weiß ja, dass das Spiel als solches schnell erklärt ist. Zum Filmriss gegen Gibraltar trugen bei (in beliebiger Reihenfolge): mangelnde Körperspannung bei Spielern mit Spielpraxis; mangelnde Körperspannung bei Spielern mit wenig Spielpraxis; fehlende Automatismen aufgrund fehlenden gemeinsamen Trainings; fehlende Automatismen aufgrund einer Aufstellung, die es so noch nie gab. Nach den Rücktritten von Lahm, Klose, Mertesacker und dem Ausfall von Schweinsteiger fehlt es auf dem Platz an Führung; und nach den Verletzungen von Özil, Reus oder Draxler fehlt es an Spielern, denen Lösungen auf engstem Raum einfallen. Karim Bellarabi war der einzige, der ab und zu herumdribbelte um den Affenfelsen, den die Gäste vor ihr Tor montiert hatten. Aber auch er startete seine Dribblings oft aus dem Stand, das reichte, um einen Gegenspieler durcheinanderzubringen; aber es reichte nicht, um eine ganze Abwehr in den Wahnsinn zu treiben.



Am Dienstag begegnen die Deutschen zum Abschluss ihres Weltmeisterjahres jener Elf, die sie viele Jahre als Vorbild verehrt haben. Das Spiel gegen die Spanier, die Löw die Spannnier nennt, lenkt den Blick in eine Zukunft, die Löw etwas unruhig macht. Das war wohl der wahre Grund für seine Grummeligkeit nach dem Spiel: Löw weiß nicht mehr so genau, ob es tatsächlich nur die roten Teppiche sind, die seine Weltmeister etwas vom Weg abgebracht haben – oder ob der personelle Umbruch sein Team doch anfälliger gemacht hat als erhofft. Die ersten Etappen der Qualifikationstour haben Löw jedenfalls gezeigt, dass die Elf sich und ihre Hierarchien erst wieder finden muss. Auch Kroos muss jetzt führen, auch Boateng muss jetzt führen, und Khedira muss erst Spielpraxis sammeln, um wieder führen zu können.



Diese kleineren Unsicherheiten beschäftigen Löw derart, dass er sie bereits in einen größeren Zusammenhang stellt. Er hat „Anpassungen und Änderungen im Spielstil“ angekündigt, eine „Kurskorrektur“; das klingt so vage, wie es vorerst auch noch ist. Insider gehen aber davon aus, dass Löw seine Elf noch mehr in Richtung FC Bayern umzumodellieren versucht, mit einer Dreier-Abwehr und einem radikal flexiblen Mittelfeld, in dem alle vieles und viele alles können. Ob Löw die Spieler dafür hat, ist eine jener interessanten Fragen, die im Jahr 2015 auf eine Antwort warten.



In Spanien wird Löw aber mit weniger Bayern denn je auskommen, Torwart Manuel Neuer (Beschwerden im Kniegelenk) und Abwehrchef Jérôme Boateng (muskuläre Probleme in der Wade) haben die Reise stornieren dürfen. Löw hat den Verteidiger Robin Knoche nachnominiert, es ist ein Spieler, der immerhin mit einem Wettbewerbsvorteil anreist: Er kommt nicht vom roten Teppich. Er kommt aus Wolfsburg.


 



Bayreuth muss geschmackloser werden

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Es ist es zum werbewirksamen Ritual geworden: Die Bayreuther Richard-Wagner-Festspiele engagieren für eine Neuproduktion einen hochkarätigen zeitkritischen Künstler, um ihn später ebenso öffentlichkeitswirksam loszuwerden. Mal kündigt der Künstler, weil er sich, wie Lars von Trier, dem Anspruch des Wagnerschen Werkes doch nicht gewachsen sieht, mal trennt man sich in gegenseitigem Dissenz, wie beim geplatzten Jubiläums-„Ring“ mit Wim Wenders. Meist aber entscheidet die Führung in Bayreuth ex cathedra.




Enfant terrible der Kunst: Jonathan Meese.

2003 zog man Martin Kušej von „Parsifal“ ab, jetzt setzte man Jonathan Meese vor die Tür, der für 2016 einen neuen „Parsifal“ inszenieren sollte. Begründung: eine „erhebliche Überschreitung des zur Verfügung stehenden Budgets“. Das klingt sehr routiniert bürokratisch und ist gängige, juristisch stabile Begründung für solcherlei Kündigungen. Meese wehrt sich vehement. Der „Rausschmiss vom Festspielhügel“ sei „ausschließlich politisch-ideologischer Natur“. Es habe keine sachlichen Gründe gegeben. Meese verweist auf die berühmten Kollegen, denen die Regie ebenfalls entzogen wurde: „Am Ende hieß es immer, die Künstler seien überfordert gewesen. Das stimmt nicht, Bayreuth ist heute von der Kunst überfordert.“


Christoph Schlingensief hat einmal in einem ZDF-Interview mit einem staunend stummen Gregor Gysi den Prozess einer Regie-Geburt in Bayreuth anhand seines „Parsifal“ zum Brüllen tragikomisch geschildert. Meese fehlt da der Humor, er kritisiert, dass Wagner in Bayreuth weichgespült werde. Nicht er sei an Wagner gescheitert, sondern Bayreuth an ihm.


Möglicherweise ist die Sache auch banaler. Vielleicht will man in Bayreuth einen zweiten Nazi-Aufreger vermeiden. Vor zwei Jahren entließ man den russischen Bass-Bariton Evgeny Nikitin wegen einer Hakenkreuztätowierung. Und Meese war wegen seiner Performances mit Hitlergruß angeklagt. Allerdings wurde er freigesprochen, weil das Gericht den Kunstzusammenhang anerkannte. Meese sagte damals, er sei „geschmacklos“ und habe das Recht dazu.


Auch dies könnte ein Grund sein. Denn bei aller routinemäßigen Aufregung um avantgardistisch angehauchte Neuinszenierungen in Bayreuth: Es sind doch nur Skandale des routinierten Geschmacks. Die Skandale des Denkens beginnen aber erst jenseits des Schmeckens, eigentlich erst jenseits des Schreckens, des Vorstellbaren. Sie sind aber bitter nötig für die Psychohygiene einer kulturellen Gemeinschaft und können nur von tatsächlichen Außenseitern inszeniert werden, kaum von Salon-Revolutionären, wie man sie in Bayreuth gerne ausstellt als Zeichen des geistesgeschichtlichen Adabeis. Daran hat sich seit Wolfgang Wagner wenig, zu wenig verändert.

Die Härte

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Als ihre Tochter neun Monate alt war und sie selbst 27 Jahre, entschied Stefanie Ebert, dass sie Lehrerin werden wollte. Sie engagierte eine Tagesmutter und begann zu studieren – immer zwischen 10 und 14 Uhr. In der Woche vor der Geburt ihres zweiten Kindes war Prüfungsphase an der Kölner Universität. Ebert, die ihren echten Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, hatte für die Klausuren gelernt und sagte sie trotzdem ab. Es bahnten sich Komplikationen bei der Geburt an. Im Wochenbett lag sie während der Semesterferien, glücklicherweise. Anschließend durfte sie nachschreiben. Ihre Professoren verstanden. Die Landesregierung tut das nicht.



Angehende Lehrer in auslaufenden Studiengängen stehen durch die Bologna-Reform unter Zeitdruck.

Nordrhein-Westfalen billigt Studenten von auslaufenden Studiengängen, die durch ihre Familie oder ihre Gesundheit besonders belastet sind, keinerlei Ausnahmen zu. Sie alle wüssten schließlich lange genug über die Umstellung der Hochschule auf Bachelor- und Masterabschlüsse Bescheid, heißt es aus dem Wissenschaftsministerium von Svenja Schulze (SPD). Für Lehramtsstudenten wie Ebert, die sich derzeit noch um eines der letzten Staatsexamen bemühen, reichten Regelstudienzeit und vier zusätzliche Semester locker aus, sagt eine Ministeriumssprecherin: „Insoweit ist nicht von einer ausgleichsbedürftigen Härte auszugehen.“ Aus dem Schulministerium, das für die Lehrerausbildung mitverantwortlich ist, heißt es lediglich, man prüfe Ausnahmen für „eng begrenzte Sonderfälle“.

An der Freien Universität Berlin regelt man das ganz anders. Dort haben Studentenvertreter mit der Hochschulleitung einheitliche Härtefallregeln für Studenten aller auslaufenden Diplom- und Magisterstudiengänge vereinbart. Wer chronisch erkrankt ist, einen Angehörigen pflegt oder wie Stefanie Ebert Kinder betreut, darf die Abschlussprüfung aufschieben oder wiederholen. Wenn Ebert dagegen in Köln ihre Prüfung nicht schafft, dann hat sie umsonst studiert. Sie hat mittlerweile drei Kinder zur Welt gebracht, ihr fehlen noch zwei schriftliche und zwei mündliche Prüfungen und eine Examensarbeit. Dies alles muss sie vor Oktober 2015 schaffen, denn dann endet die allerletzte Frist, um sich für die Abschlussprüfung ihres Studiengangs anzumelden. Der Druck ist hoch. Wenn Ebert im kommenden Jahr versagt, bleibt ihr nur, sich in einen der neuen Bachelorstudiengänge einzuschreiben – und in vielen Bereichen wieder von vorn zu beginnen. Auf die finanzielle Sicherheit des Lehrerberufs müssten sie und ihre Familie dann noch lange warten.

In nahezu allen nordrhein-westfälischen Hochschulen laufen zurzeit alte Studiengänge aus und überall gibt es Probleme. Studentenvertreter aus Münster klagen über Zulassungsbeschränkungen, an denen Studenten, die in neue Studiengänge wechseln wollen, scheitern. Die Fachschaft Lehramt der Uni Paderborn hat Ministerin Schulze einen Brief geschrieben. Studierende mit Nebenjobs kämen während des neuerdings vorgeschriebenen Praxissemesters an Schulen in Einkommensnöte. Doch Schulze winkt ab: Praxisphasen ohne Vergütung seien „üblich“.

Während in Nordrhein-Westfalen die angehenden Lehrer so schnell wie möglich zu Bachelor-Studenten werden sollen, hat die sächsische Landesregierung die neuen Studiengänge vor zwei Jahren wieder abgeschafft. Die wichtigste Änderung, die das neue alte Staatsexamen in Sachsen mit sich brachte, waren kürzere Studienzeiten. So wirkt es als Maßnahme gegen den Lehrermangel im Land. Für die betroffenen Studenten vollzieht sich das Wechsel-Drama nun zum zweiten Mal, bloß umgekehrt.

Die Lehramtsstudenten, die es nicht schaffen, bis zum kommenden März ihre Bachelorarbeit einzureichen, haben keine Chance mehr auf Verlängerung. Sie müssen dann zur Staatsexamen-Laufbahn wechseln und verlören dadurch häufig ihren Anspruch auf Bafög-Leistungen, sagt der Referent für Lehramt des Studentinnenrats der Universität Leipzig, Christoph Genzel. Er spricht von „blanken Existenzängsten“, die Studierende ereilten. Die sächsische Landesregierung möchte dies wegen der aktuellen Kabinettsumbildung nicht kommentieren.

An der Uni Köln haben Studierende Ende Oktober sogar eine Vollversammlung zum Thema einberufen. Rund 7000 Pädagogikstudenten hätten ihr Staatsexamen noch nicht abgeschlossen, sagt Michael Schema vom Allgemeinen Studierendenausschuss. Angesichts des nahen Fristendes fürchteten viele von ihnen Geldnot und eine Verlängerung ihrer Studienzeit. Stefanie Ebert war nicht bei der Versammlung, dazu hatte sie keine Zeit. Ihr Leben ist seit fünf Jahren straff organisiert. Den Kleinsten, fünf Monate alt, nimmt sie jetzt mit zu Seminaren. „Ich habe so viel Kraft investiert“, sagt Ebert. Sie bräuchte nur ein oder zwei Semester mehr. Dann würde sie fertig werden.

Tagesblog - 17. November 2014

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17:30 Uhr: So, jetzt ist auch unser schöner Studentenatlas zu Tübingen online (die interaktive Karte gibts bei den Kollegen von sueddeutsche.de mit, wie immer, ganz toller bitzelscher Grafik). Ich kenne Tübingen ja tatsächlich ganz gut, da gibt es sehr gutes Eis! Da ich morgen um neun Uhr wieder hier am Tagesblog sitze, sage ich allerdings sehr pünktlich "tschüss!". Bis morgen!




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16:40 Uhr:
Jeder Mensch hat ja Währungen, in die er Gegenstände umrechnet. Wenn ich Geld für eine Versicherung ausgebe, überlege ich mir zum Beispiel oft, wieviele Hosen ich mir davon kaufen kann (aber jeden Monat braucht man ja zum Glück nicht eine neue Hose). Kalorien rechne ich wiederum in Bolognesenudeln um - 200 Kalorien wären so 1/3 bis 1/4 Portion Bolognese. Die Bolognese-Währung haben die vom Atlantic bei der 200-Kalorien-Fotografierei zwar missachtet, aber dafür haben sie andere gute Sachen fotografiert. Apfelkuchen zum Beispiel. Die pädagogischen Ambitionen des Textes haben bei mir allerdings nicht so gut funktioniert - habe mich eher gefreut, wieviel Apfelkuchen 200 Kalorien doch sind.
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16:00 Uhr: Als Jakob heute morgen von "Wunsiedel" sprach, kam uns das direkt bekannt vor - ja, genau, da war gerade diese großartige Anti-Rechts-Aktion "Rechts gegen Rechts", bei der ein Naziaufmarsch Spendengelder für die Aussteigerorganisation "Exit" sammelte. Zufälligerweise hat unsere Autorin Nicola nun zwei Jungs interviewt, die einen Film über Wunsiedel gemacht haben - nämlich über das Leben in der dortigen Provinz. Der Film „Hinterwelten“ von Jonas Heldt, Lion Bischof und Felicitas Sonvilla läuft am Samstag, 22. November um 13:30 Uhr auf dem Münchner Internationalen Filmfest der Filmhochschulen als HFF-Special.




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15:30 Uhr:
So ist es sonst in der Redaktion (Chris ist der kleine Otter mit dem Ball):
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Jetzt sind allerdings Simon und Jakob weg. Nadja und ich fühlen uns eher so (gerade, weil das Hochhaus heute so im Nebel liegt):
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(Charlotte)

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15:00 Uhr:
Gute Aktion: Der australische Nachrichten-Moderator Karl Stefanovic hat ein Jahr lang in seiner Sendung stets den gleichen Anzug getragen - und keiner hat's gemerkt. Stattdessen haben sich viele über die Kleidung seiner Co-Moderatorin aufgeregt. Stefanovics Fazit: "Women are judged much more harshly and keenly for what they do, what they say and what they wear."
https://www.youtube.com/watch?v=pBU4JCOKpyM

(Charlotte)

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13:55 Uhr:
Da ich jetzt schon schmollend darauf hingewiesen wurde: Es gibt natürlich auch wieder eine neue Kochwoche! Heute von cascalar und darin sind (neben Bolo) etwas ziemlich tolles: Serviettenfaltkünste. Habe ich früher bei langweiligen Familienfeiern auch mit Leidenschaft gemacht, heute kommt's halt ein bisschen komisch bei seriösen Essen allen die Serviette Typ "Bischofsmütze" zu falten und aufzusetzen. Aber mit neuen Tricks kann man mich immer noch beeindrucken.
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(Charlotte)

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13:40 Uhr: Hu, da Simon kurz weg ist, übernehme ich mal eben (und morgen dann nochmal den ganzen Tag, wo soll das hinführen?). Darauf war ich jetzt mental nicht so direkt eingestellt, deshalb hier mal zwei Texte, die wir heute in der Redaktion diskutieren:

- Bei SPON gibt es die Rubrik "Das erste Mal", in der junge Menschen zum ersten Mal etwas erleben. Bungeejumping, Piercing stechen lassen, sowas war bisher die Fallhöhe. Und nun heute: Moritz, 16, kauft eine Zeitschrift. Manche hier behaupten, das sei eine Glosse, ich vermute dahinter Realsatire.

- In der heutigen Wahrheit der taz: Ein fiktives Interview von Tilo Jung mit dem Chef des IS. Abseits allen Tilo-Jung-Bashings - das ist einfach nur unfassbar lustig.

Tilo Jung: Erklär doch bitte der Crowd in Germany: Wer bist du?
Abu Bakr al-Baghdadi:
Ich bin Kalif Abu Bakr al-Baghdadi, Nachfolger des Propheten, Herrscher des Islamischen Staates und damit auch legitimer Anführer aller Muslime der Welt.
Krass! Was macht ihr denn so hier im Islamischen Staat?
(...)

(Charlotte)

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11:59 Uhr:
Wenn ihr heute unsere Seite in der gedruckten SZ (ja, das gibt's noch - richtig aus Papier und so) gelesen habt, dann kennt ihr diesen Text schon. Falls nicht, dann solltet ihr das jetzt nachholen. Die Reportage über ein lesbisches Paar, das sich ein Kind wünscht, ist nämlich richtig, richtig gut. Echt jetzt.

Und sie geht auch deutlich über das normale "gleischgeschlechtliches Paar mit Kindeswunsch"-Portrait hinaus, das man gefühlt schon mindestens fünfmal gelesen hat. Das Besondere an Nadja und Kirsten ist nämlich: Sie suchen nicht nur einen Samenspender, sondern einen richtigen Vater. Und das ist schwierig.

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11:50 Uhr:
Jetzt erbärme sich doch einer und mache den Caféhaus-Ticker endlich zweistellig!

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10:45 Uhr:
Das zu dieser Uhrzeit übliche Klagelied über die mal wieder allerlängste Konferenz ever stimme gar nicht erst an, tatsächlich haben wir nämlich höchstens mittellang konferiert. Wenn Charlotte am Ende nicht noch vier Themenvorschläge rausgeballert hätte, wäre es sogar eine ausgesprochen kurze Konferenz geworden.

Viel wichtiger als die Dauer unseres Stuhlkreises: selbst ist der User! Wenn die Redaktion nicht mehr für die tägliche Tickerdosis sorgt, springt eben Der_Tagesticker ein und schreibt seinen ersten Ticker seit März. Über hundert Kommentare und rekordverdächtige neun Herzen - und das schon vor dem Mittagessen, Respekt!

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09:35 Uhr:
Vielleicht kann ich euch ja ein kleines Bisschen gnädiger stimmen, wenn ich euch noch vor unserer Konferenz eine sehr launige Kolumne von Nadja zu lesen gebe? Ausgangspunkt ist dieses Foto von Leonardo di Caprio:

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Er trägt nicht nur die geschmacklich eher zweifelhafte Kombination aus Schirmmütze und violettem Jogginganzug - sondern obendrein ausgesprochen scheußliche Stiefel. Das nimmt Nadja zum Anlass, über das Für und Wieder von "Ugg Boots" nachzudenken, die "abseits aller Geschlechterklischees und ganz objektiv betrachtet" einfach "hässlich" sind. Meint sie (ich übrigens auch - wobei ich, ehrlich gesagt, bis vor fünf Minuten nicht einmal wusste, was "Ugg Boots" überhaupt sind).

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09:25 Uhr:
Da denkt man, dass man wenigstens von verständnissvollen Usern getröstet wird - und dann legt vaus gleich im ersten Kommentar den Finger in die Wunde. Au weia, das hatte ich ganz vergessen: Ich bin heute ja der erste Tagesblogger, der die frustrierten Tagestickerer bespaßen muss.

Bitte seid etwas gnädiger mit mir als dieser knuffige Pandabär, ja?

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08:52 Uhr:
Na das hab ich ja mal wieder ganz großartig gemacht: Heute hätte eigentlich meine zweite sueddeutsche.de-Konferenz sein sollen, und prompt findet sie ohne mich statt. Erst kommt die S-Bahn zu spät, und ich muss rennen. Dann komme ich abgehetzt, aber immerhin pünktlich an - aber sehe nur eine große Baustelle.

Anscheinend wird schon seit letzter Woche im 22. Stock umgebaut, dummerweise habe ich davon nichts mitbekommen. Vermutlich findet sich in den Tiefen meines Posteingangs irgendwo eine Mail, die mich hätte vorwarnen und mir den neuen Ort verraten sollen. Aber dafür ist es jetzt zu spät: Bevor ich mitten in die Konferenz platze, tauche ich lieber gar nicht auf.

Mein Start in die Woche ist also schon mal gründlich daneben gegangen? Und eurer?

Ach, guten Morgen übrigens!

Erfolgreich abgeschreckt

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Eine Geste hat gereicht, und plötzlich ist ein Sturm da, in dem man besser den Kopf einzieht. In der Einkaufspassage des Hauptbahnhofs von Hannover haben ein Rastamann mit Anti-Nazi-Fahne und sein Freund die Wut der Rechtsradikalen auf der anderen Seite der Absperrung auf sich gezogen. Wie eine wilde Meute springen die Gewaltbereiten auf den Stahlzaun, der die Passage in zwei Korridore teilt, sie brüllen, sie drohen. „Deutschland-Hooligans!“, „Deutschland-Hooligans!“, tönt es dumpf durch die Halle, ein Wurfgeschoss knallt gegen eine Wand.

Schon eilen die Polizisten in ihren schwarzen Rüstungen herbei und greifen sich mit stiller Kraft die aggressiven Männer. In den Blicken der normalen Bahnhofspassanten liegt eine Mischung aus Schauder und Schaulust. Der Tumult dauert nur ein paar Minuten, aber er zeigt schon, wie explosiv die Stimmung ist an diesem Samstag in Hannover, den die Organisation Hooligans gegen Salafisten (HoGeSa) zu ihrem Tag machen wollte.




Vergangenen Sonntag in Hannover: 3000 Holligans stehen 5000 Polizisten gegenüber. 


Nachmittags geben Hannovers Polizeipräsident Volker Kluwe und Einsatzleiter Thomas Rochell eine Pressekonferenz zu den Vorkommnissen rund um die Kundgebung der HoGeSa mit Rechtsextremen aus dem ganzen Land. Sie sind zufrieden. Es hat noch ein paar weitere Scharmützel gegeben am Samstagnachmittag außer dem in der Einkaufspassage im Bahnhof, nachdem die HoGeSa-Demonstration und die sechs genehmigten Gegen-Demonstrationen gegen drei Uhr zu Ende waren. Sonst ist nicht viel passiert. Nach den Erfahrungen in Köln vor drei Wochen, als eine HoGeSa-Demonstration mit 4800 zum Teil gewaltbereiten Teilnehmern Ausgangspunkt für Krawalle mit Verletzten war, muss sich die Polizei diesmal nicht vorwerfen lassen, sie habe die Situation nicht im Griff gehabt. Mit 5000 Beamten aus dem ganzen Bundesgebiet kontrollierte sie die Szene, nachdem das Verwaltungsgericht Hannover ein Verbot der HoGeSa-Demonstration am Donnerstag kassiert hatte. Es gab strenge Auflagen. Der Zentrale Omnibus-Bahnhof (ZOB) hinter dem Bahnhof, vor dem die HoGeSa ihre Kundgebung veranstalten durften, war weiträumig abgeriegelt. Ein Polizeisprecher nannte die Aktion „den größten Polizeieinsatz, den Hannover je gesehen hat“.


Die Strategie der Polizei ist aufgegangen. Etwa 3000 HoGeSa-Sympathisanten kamen nach Hannover, 2000 weniger als befürchtet. Es heißt, viele Hooligans hätten sich gelangweilt auf dem abgesperrten Versammlungsplatz. Sie konnten nicht als Menschenmasse in der Innenstadt auftreten und für Unruhe sorgen wie noch in Köln. Wer sich am Samstag als Normalbürger in Hannovers City aufhielt, bekam von den Parolen der Rechtsextremen nichts mit. Und die Stadt Hannover setzte ein Zeichen gegen rechts mit einer eigenen Kundgebung und eigens angefertigten Fahnen.


Unterschätzen sollte man die Veranstaltung und ihre Wirkung trotzdem nicht. Schon deshalb nicht, weil sie das Leben der Stadt nachhaltig störte: Die Geschäfte, Kinos und Hotels rund um den ZOB waren während der Kundgebung geschlossen. Die Innenstadt war leerer als sonst. Die Atmosphäre am Hauptbahnhof war angespannt. Vor allem aber zeigte der Tag, wie kompliziert es ist, eine Minderheit aufzuhalten, die sich vorgenommen hat, ihre kranken Phantasien als Massenbewegung zu inszenieren. Unter gewissen Gesichtspunkten haben die HoGeSa nämlich doch auch ein bisschen etwas erreicht.


Szene-Kenner beunruhigt die Organisation, weil sie verschiedene rechtsextreme Gruppierungen unter einem Motto zusammenzieht und ihrem Auftreten eine Art bürgerlichen Anstrich verleiht. Beides haben die HoGeSa in Hannover wieder getan bei ihrer Demonstration, bei der sie rechtsextreme Einstellungen mit dem scheinbar harmlosen Titel „Europa gegen den Terror des Islamismus“ tarnten. Und die 16 polizeilichen Beschränkungen, die auch den Eilanträgen der HoGeSa vor dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg standhielten, nutzte die Organisation zur Stimmungsmache für ihre Klientel. „Willkommen in der neuen BRD-Diktatur“, kommentierten die HoGeSa am Donnerstag auf ihrer Homepage Auflagen wie Alkoholverbot oder Verbote fremdenfeindlicher Sprechchöre und deuteten sie als „deutliches Signal an die wehrhafte Demokratie und aufrechte Bürger: Wehret den Anfängen“.


Am Samstag konnten die HoGeSa vor laufenden Kameras den Anschein erwecken, es gehe ihren Anhängern nur darum, friedlich einer Meinung Ausdruck zu verleihen. Ein smarter Sprecher mit hochgeschobener Sonnenbrille lehnte im grauen Licht dieses Wolkentages lässig neben der kleinen Bühne auf dem ZOB am Absperrgitter und bediente die Reporter mit glatten Sätzen. „Wir sehen HoGeSa eher als Dachverband“, sagte der Mann, spielte die Vorkommnisse in Köln herunter („Da war gar nichts“) und gab sich demonstrativ harmlos: „Wenn wir eine Veranstaltung machen, dann stehen wir da als deutsche Bürger aus der Mitte der Gesellschaft und tun unsere Meinung kund.“ Unter den strengen Blicken der Polizei blieben die Hooligans tatsächlich halbwegs ruhig. Die Reden auf der Bühne allerdings waren wieder dazu geeignet, die Menschenfeindlichkeit verirrter Menschen ins Recht zu setzen. „Ihr, die ihr hier seid, seid mutige Verteidiger unseres Vaterlandes“, krakeelte etwa Michael Stürzenberger, Vorsitzender der rechtspopulistischen Partei „Die Freiheit“, und streute Hetz-Klischees von Wirtschaftsflüchtlingen und einem bösen Islam.



Die HoGeSa bekamen eine Bühne in der Polizei-Wagenburg und konnten sich unter ihresgleichen als Märtyrer aufspielen. „Für die ist das die Erfüllung eines Traumes“, sagt der Extremismus-Experte Sascha Thon, „es wird gezeigt, dass sie einer Übermacht gegenüber stehen.“ Selbst aus der Ruhe, welche die Polizei herstellte, konnten die Rechtspopulisten eine Art PR-Erfolg ziehen. Es blieb ein beklemmendes Gefühl zurück nach diesem trüben Samstag in Hannover.

Woher der Hass? Ugg-Boots

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Wah! Leonardo DiCaprio in einem samtigen, violetten Jogginganzug, mit Schirmmütze auf dem Kopf, Plastiktüte überm Arm und Kaffeebecher in der Hand! Und: Doppelwah! Dazu trägt er Ugg Boots!
 
Ich habe mir das nicht ausgedacht. Es gibt ein Foto davon. Leonardo DiCaprio sieht darauf so stillos aus (und hat eine so schlechte Körperhaltung), dass es eigentlich auch nicht mehr als sympathisch-gedankenloses Slackertum durchgeht. Die Hersteller samtiger, violetter Jogginganzüge haben das wohl eingesehen und nicht weiter verbreitet, dass Leonardo DiCaprio sie trägt. Der Hersteller von Ugg Boots allerdings schon. Und dann sind die Stiefel auf einmal modern geworden und wurden auf die Straßen unserer Städte gespült. 

Ugg Boots, das kann man nachlesen, werden aus Lamm- oder Schaffell gefertigt und kommen ursprünglich aus Australien oder Neuseeland, so ganz genau weiß man das nicht. Lange wurden sie vor allem von Surfern getragen, die darin nach dem langen Aufenthalt im kalten Wasser ihre Füße wärmten. Und von „Dags“ – so nennt man auf der anderen Seite der Erde Menschen, die unmodisch, exzentrisch und ein bisschen trottelig sind.
 
Es hatte dann viel mit „Surfer sind überall auf der Welt zu Hause“ und einer klugen Marketingstrategie zu tun, dass sich auf einmal auch Münchner Jurastudentinnen an grauen Februarmorgen in der Prüfungsphase Leggins und Ugg Boots überzogen und damit in die Bayerischen Staatsbibliothek watschelten. Bald darauf erklärten uns die ersten Frauenzeitschriften, dass Frauen Ugg Boots lieben und Männer sie hassen, weil sie ja so klobig und elefantenfußmäßig seien, „dabei sind sie doch so warm und kuschlig!“ Und dann die zweiten. Und dann die dritten. Und dann gab es auf einmal ein (Herren-)T-Shirt, auf dem „Zieh deine Ugg Boots aus, wenn du mit mir redest!“ stand.
 
Mit dem Hass auf Ugg Boots, das wird daran deutlich, bewegt man sich immer hart an der Grenze zur Misogynie. Seit Ugg Boots in Mode sind, haben sie sich von Surferschuhen zu Damenstiefeln gewandelt trotz Leonardo DiCaprio als Träger-Vorbild. Obwohl sie als Unisex-Modelle gedacht sind, tragen Männer sie eher selten. Das ist einfach so passiert und an sich ja auch völlig egal. Allerdings hat sich daraus ein affektierter Streit zwischen pseudo-emanzipierten Frauen und Anti-Feministinnen entzündet, in dem von Folgendem ausgegangen wird: 
1. Männer finden, ein Damenschuh solle sich irgendwo zwischen Aschenputtels mit Seide und Silber bestickten Pantöffelchen und „Sex and the City“-Pumps abspielen, unbequem hin oder her, das haben die Damen bitte auszuhalten.
2. Frauen können sich (angeblich) am besten gegen das maskuline Diktat wehren, indem sie die unförmigsten Treter tragen, die sie finden können, und deren Bequemlichkeit betonen.
 
Das ist zwar ziemlicher Blödsinn, aber leider sind genau jene „Debatten“, die einen „Frauen so und Männer so“-Fächer aufspannen, besonders mehrheitsfähig. Die schaukeln sich erfahrungsgemäß sehr schnell hoch, nutzen Mario Barth und seine Fans als Multiplikatoren und schon haben sie die ganze Gesellschaft durchseucht. Daher der Hass.
 
Aber nicht nur. Auch viele Frauen und viele Männer ohne von Aschenputtel geprägtes Schuhbild hassen Ugg Boots. Vielleicht, weil sie instinktiv gegen Pseudo-Emanzipation sind. Vielleicht aber auch aus dem einfachsten aller Gründe. Denn Ugg Boots sind, das kann wohl niemand leugnen, abseits aller Geschlechterklischees und ganz objektiv betrachtet: hässlich. Die Legende will, dass der Name „Ugg Boots“ folgenden Ursprung hat: Die Ehefrau des Mannes, der die ersten Ugg Boots zusammengenäht hat, sagte bei deren Anblick, sie seien „ugly“. Wenn das stimmt, dann heißen Ugg Boots übersetzt „Hässliche Stiefel“. Es ist so offensichtlich. Und trotzdem hat keiner was dagegen getan.

Anschluss gesucht

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„Da klappt schon vieles gut, aber es gibt Luft nach oben“, sagt Maria Böhmer, Staatsministerin im Auswärtigen Amt. Viele der 300.000 Fremden an den Hochschulen wünschten sich intensiveren Kontakt zu Deutschen, außerdem sei die Zahl der Studienabbrecher ausländischer Herkunft – 40 Prozent in der Bachelor-Phase – deutlich zu hoch. An konkreten Problemen nennen die sogenannten Bildungsausländer (deren Pass und Schulabschluss aus einem anderen Land kommen) zu 53 Prozent Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche, 38 Prozent beim Erhalt des Visums und 26 Prozent beim Umgang mit deutschen Behörden.



Jeder dritte Student aus dem Ausland wünscht sich mehr Starthilfe bei sozialen Kontakten und Freizeitaktivitäten.

Die Zahlen stammen aus einer Online-Umfrage unter gut 11.000 ausländischen Studenten, die vor wenigen Tagen in Berlin vorgestellt wurde. Mit der Studie sollte unter anderem ein Förderprogramm des Außenministeriums evaluiert werden. Es überweist seit 2002 jährlich 7,5Millionen Euro an den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), der damit das Stipendien- und Betreuungsprogramm (Stibet) finanziert. Es erlaubt vielen Hochschulen, ihre Ausgaben in Sachen Willkommenskultur zu erhöhen. Für ein Drittel der Universitäten macht der Zuschuss sogar mehr als 80Prozent der eingesetzten Mittel aus. Sie organisieren damit zum Beispiel Mentoren-Programme. An vier Fakultäten der Humboldt-Universität in Berlin etwa hat jeder ausländische Student zwei feste Ansprechpartner: einen Kommilitonen für persönliche und einen wissenschaftlichen Mitarbeiter für akademische Fragen. Andere Hochschulen, etwa in Nürnberg, organisieren Kontakte zu Familien in der Kommune, die mit den internationalen Studenten Ausflüge unternehmen oder sie zum Essen einladen.

„Ausländische Studierende sind eine Bereicherung für unser Land“, sagt die DAAD-Präsidentin Margret Wintermantel. „Sie kommen vor allem wegen der hohen Qualität der deutschen Hochschulen, das sagen 89 Prozent der Befragten.“ Viele fühlten sich während ihres Studiums gut betreut. Die speziellen Angebote der Hochschulen nimmt jedoch nur jeder zweite der befragten Studenten in Anspruch. Drei von vier der Teilnehmer regen Verbesserungen an, vor allem bei der anfänglichen Wohnungssuche und der Jobvermittlung.

Jeder dritte der Ausländer wünscht sich zudem Starthilfe bei sozialen Kontakten und Freizeitaktivitäten. Die Befragten berichten nämlich, dass sie sich häufiger mit anderen Ausländern treffen als mit Deutschen. „Es bringt uns nichts, nach Deutschland zu kommen, aber uns immer nur mit der eigenen Kultur zu beschäftigen“, sagt dazu die aus Kamerun stammende Ysaline Mbassi Lele. Sie ist als Vorsitzende eines internationalen Studentenverbands an der Universität Köln vom Auswärtigen Amt für die exzellente Betreuung ausländischer Studierender ausgezeichnet worden.

Von offener Ausländerfeindlichkeit berichteten acht Prozent der Befragten, vor allem Afrikaner und Asiaten. Drei Prozent hatten sogar körperliche Angriffe erlebt. Immerhin 22 Prozent sahen sich nach eigener Einschätzung Vorurteilen oder Diskriminierung wegen ihrer Herkunft ausgesetzt. Gut 300.000 Studenten deutscher Hochschulen stammen aus anderen Ländern, etwa jeder neunte. Die meisten stammen laut Statistik aus China (13Prozent der Bildungsausländer), Russland (fünf Prozent), Österreich und Indien (jeweils vier Prozent). Die Bundesregierung möchte die Zahl bis zum Jahr 2020 auf 350.000 steigern.

Mutter, Mutter, Vater, Kind

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Paul hätte es sein können, der Arbeitskollege. Er fand die Vorstellung, der Vater ihrer Kinder zu werden, spannend. Dann kam Jan, der Cafébesitzer. Er wollte ihnen helfen, obwohl er schon zwei Kinder hat. Auf Nadja und Kirsten wirkten beide wie gute Väter. Aber der eine konnte sich nie endgültig entscheiden, der andere machte einen Rückzieher. Und dann gab es noch Jerome.

Kirsten sitzt mit angewinkelten Beinen am Küchentisch ihrer Wohnung in Berlin-Mitte, Nadja lehnt an der Spüle. Es ist Mai, seit acht Monaten ist das lesbische Paar auf der Suche nach einem Vater für ihre Kinder. Allerdings wollen sie nicht nur einen Samenspender, sondern eben auch: einen Vater. Einen Mann, der für das Kind da ist. Ihre Kinder sollen zwei Mütter und einen Vater haben. Und das ist das Problem.

Nadja ist 29, beginnt ihr Studium in Gebärdensprachdolmetschen. Kirsten promoviert in Geschichte. Sie sind ungeschminkt, tragen locker sitzende Kleidung und wirken trotzdem auf eine feminine Weise elegant. Sie wollen je ein Kind, möglichst vom gleichen Vater.



Der aktuelle "Daddy": Jerome hat eine Freundin, die will aber noch keine Kinder. Er könnte sich vorstellen, der Vater von Nadjas und Kirstens Nachwuchs zu werden. Aber was passiert, wenn er dann selbst mal Kinder hat?

Im November 2013 glauben sie zum ersten Mal, den Richtigen gefunden zu haben: Paul. Nadja lernt ihn bei der Arbeit kennen. Auf den ersten Blick ist er nicht der Typ, den sie sich als Vater vorstellt. Boots, Leder- oder auch mal Lackhosen, kahlrasierter Schädel. Sie gehen öfter gemeinsam rauchen und dabei erzählt Nadja, dass Kirsten und sie einen Vater suchen und dafür einen Flyer entworfen haben. Sie schickt Paul den Text per Mail, damit er einen prüfenden Blick drauf wirft, bevor sie die Zettel aushängen. Aber Paul sagt, dass er sich von der Idee angesprochen fühlt. Er ist Ende 30, Single und wünscht sich Kinder.

Nadja und Kirsten hängen Zettel auf; "Biologischer Daddy gesucht." Niemand reagiert


Nadja und Kirsten sind seit 2011 zusammen. Kurz nach ihrem Kennenlernen sitzen sie zusammen im Auto. Sie rauchen und sprechen darüber, dass sie sich gemeinsame Kinder wünschen. Damals ahnen sie noch nicht, wie intensiv dieser Wunsch ihre Beziehung in den nächsten Jahren begleiten wird.

Kirstens Eltern brauchten Zeit, als Kirsten ihnen mit Anfang 20 eröffnete, dass sie lesbisch ist. Sie hatten sich immer gewünscht, dass Kirsten mit ihrer Familie eines Tages das Haus übernehmen würde. Als Kirsten nun erzählt, dass sie mit ihrer neuen Freundin Kinder haben möchte, freuen sie sich. Nadjas Eltern sind da reservierter, was sie überrascht, weil ihre Eltern immer sehr tolerant mit ihrer Homosexualität umgegangen sind. Nadjas Mutter findet die Vorstellung schwierig, dass ein Kind mit zwei Müttern aufwächst und einem Vater, der nicht richtig dazugehört. Vielleicht ist es eine Vorstellung, an die man sich eine Weile gewöhnen muss, bis sie schön ist, wie ein Modetrend, der auch erst nach längerem Hingucken ästhetisch wird.

Paul also. Nadja und Kirsten sind aufgeregt. Zum ersten Mal scheint die Idee, Kinder zu bekommen, überhaupt umsetzbar. Sie treffen sich zu dritt. Alle mögen einander. „Da fing die Warterei an“, sagt Nadja.

Der Schwebezustand hält bis heute, Paul hat sich nie entschieden. Vielleicht war das Gefühl auch für ihn zu fremd, der Vater eines Kindes zu sein, das in erster Linie mit zwei Müttern aufwächst.

Deshalb hängen Kirsten und Nadja im Januar Zettel in Berliner Cafés: „Biologischer Daddy gesucht“. Meist hängen sie sie aufs Klo. Dort ist jeder für sich allein und kann nachdenken. „Ich hätte schwören können, da kommen 100 Mails“, sagt Kirsten. „80 Mal wüste Beschimpfungen und 15 Mal Sex-Angebote.“ Aber sie irrt . Im ersten Monat meldet sich niemand. Im Februar gehen Nadja und Kirsten in ein kleines Kellercafé. Diesmal ist es anders als in allen anderen: Ihnen gefällt der Kellner. Sie ringen mit sich, aber dann fragen sie ihn: „Hängst du einen Flyer für uns in die Toilettenkabine? Oder möchtest du der Vater unserer Kinder werden?“ Sie haben Erfolg. Jan hängt den Flyer nicht auf. Er will sich am nächsten Tag selbst mit ihnen treffen.


"Biologischer Daddy gesucht..." Mit diesem Zettel suchen Nadja und Kirsten nach einem Kindsvater

Nadja und Kirsten kommen zu früh und stellen sich in einen Hauseingang neben das Café, damit ihre Zigaretten in den starken Februarböen nicht zu schnell runterbrennen. Ihre Suche nach einem Vater dauert nun schon vier Monate. Das Treffen mit Jan ist erst ihr zweites mit jemandem, der potenziell bereit ist. Etwa 50 Flyer haben sie bislang aufgehängt. Es ist wie ein erstes Date. Was sagt man, wenn man entscheiden muss, ob man einen Wildfremden für immer ins eigene Leben einladen möchte? Wie castet man einen Teil der engsten Familie? Sex werden sie mit dem Vater ihrer Kinder nie haben. Die Befruchtung wollen sie bei sich zu Hause mit Becher und Spritze durchführen. Die Utensilien wollen sie im Internet bestellen.

Jan ist dünn, seine Augen sind schattiert. Es ist doch gar nicht wie bei einem ersten Date. Sondern eher so, als würde man eine Beziehung von hinten her aufrollen: Über Hobbys und Musikgeschmack kann man später reden, erst mal geht es ums Tiefste, um Gefühle. Darum, mögliche Schattenseiten zu entdecken. „Warum wolltest du dich überhaupt mit uns treffen?“, fragt Nadja. „Ich hab schon zwei Kinder“, sagt Jan. „Meine Frau hat mich vor sechs Wochen verlassen. Ich war deswegen kurz in einer Klinik. Ich kiffe ziemlich viel.“ Nadja und Kirsten stocken. Einen Moment scheint es, als würde die Stimmung kippen. „Meine Kinder haben mich aber noch nie rauchen sehen“, schiebt Jan hinterher, und das ist für die beiden der ausschlaggebende Punkt. Sie sprechen weiter.

Und dann ist da auch die Frage, ob Jan in ein paar Jahren noch mal einspringen würde. Für das zweite Kind. Jan lächelt. „Eine große Kommune mit allen zusammen kann ich mir nicht vorstellen“, sagt er, „aber ich hab Platz für viele Kinder in meinem Leben.“ Entscheidend für ihn ist aber nicht, dass er noch mehr Kinder haben will. Es ist eher so, dass er Nadja und Kirsten helfen möchte: „Wie ihr da gestern ewig miteinander gekichert und getuschelt habt, bevor ihr mich angesprochen habt – das sah für mich nach Liebe aus.“

Nur reicht Liebe bei gleichgeschlechtlichen Paaren nicht aus, um sich den Familienwunsch zu erfüllen. Nadja und Kirsten sind darauf angewiesen, jemanden zu finden, der ihnen hilft. Während in der gängigen Mutter-Vater-Kind-Familie die Rollen klar verteilt sind, müssen Nadja und Kirsten und der Vater ihrer Kinder im Vorfeld klären, wer welche Rolle in der Familie übernimmt, auch rechtlich.

Im vergangenen Jahr hatten etwa 7000 gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland ein Kind, so verzeichnet es das Statistische Bundesamt. Oft stammt das Kind aus einer vorangegangenen Hetero-Beziehung, doch immer mehr homosexuelle Paare wollen sich ihren leiblichen Kinderwunsch erfüllen. Einige davon per Samenspende, andere wollen, wie Nadja und Kirsten, keinen anonymen Vater, sondern suchen in ihrem Bekanntenkreis. Constanze Körner, Leiterin des Lesben- und Schwulenverbands Berlin (LSVD) meint, dass die erhobenen Zahlen über Regenbogenfamilien nicht die Realität widerspiegeln. Sie seien zu gering. Viele gleichgeschlechtliche Paare haben ein Kind, ohne in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft zu leben.

Wenn Körner gleichgeschlechtliche Paare berät, die mit einem Bekannten ihren Kinderwunsch gemeinsam realisieren wollen, empfiehlt sie, vorher die entscheidenden Fragen zu klären: Wer soll die Elternverantwortung tragen? Und: Darf es nur zwei Eltern geben?
 
Nadja und Kirsten hat der LSVD geraten, dass die nicht leibliche Mutter das Kind der anderen adoptiert. Nur so können beide Partnerinnen im Alltag Verantwortung für das Kind übernehmen. „Wenn wir das nicht tun und ich mit Kirstens Kind zum Arzt will, bräuchte ich jedes Mal einen Muttizettel“, sagt Nadja. „Und wenn Kirsten was passiert, kann ich nichts machen.“ Deshalb muss der Vater seine Vaterschaft rechtlich aberkennen, damit eine sogenannte Stiefkind-Adoption möglich ist.
Diese Art der Adoption für gleichgeschlechtliche, eingetragene Lebenspartner ist seit 2005 in Deutschland zugelassen, was zu einem Umdenken vieler homosexueller Paare geführt hat. Da sie rechtlich gesehen mehr Spielraum haben, fragen sich seither viel mehr gleichgeschlechtliche Paare, ob nicht doch ein Kind für sie zum Lebenstraum gehört.

Nach dem Treffen mit Jan hat Nadja Bedenken. Vielleicht ist er wegen der Trennung von seiner Frau in einer labilen Phase? Eine Woche später gibt er ihnen zu verstehen, dass sie da nicht falsch liegt. Dass sie sich nicht auf ihn verlassen sollen. Ein paar SMS später bricht er den Kontakt ab.

Mit Paul geht die Sache derweil weder in die eine, noch in die andere Richtung voran. Es ist ein bisschen so, als hätten sie ihm einen Heiratsantrag gemacht und er sagt weder „Ja“ noch „Nein“. Die drei gehen ins Café oder spielen Billard. Manchmal sprechen sie ihn auf das Thema an, dann steigern Nadja und Kirsten ihre Aufmerksamkeit, um jedes Wort ganz genau zu hören. Nach solchen Treffen reden sie stundenlang darüber, was er gesagt hat und was er damit meinen könnte. Konkret wird er nie.

Kirsten soll zuerst schwanger werden. Nadja macht das Angst. Welche Rolle hat sie dann noch?


Mittlerweile ist es April, die Flyer hängen seit vier Monaten. Keine Rückmeldung. Nadja und Kirsten reden jetzt fast täglich über ihren Wunsch. Sie überlegen, wie sie ihre Kinder erziehen wollen, wie viel Fernsehen okay wäre. Kirsten strickt an einem Paar Kindersocken. „Ein Heteropaar kann einfach die Verhütungsmittel weglassen und gucken, was passiert“, sagt Nadja, „wir müssen viel mehr planen“.

Im Internet gucken sie, ob jemand günstig Kinderklamotten anbietet. So haben sie zumindest ein bisschen das Gefühl, ihrem Wunsch näher zu kommen. Die Möglichkeit einer Samenspende schließen sie noch immer aus. Wenn ihr Kind mit zwei Müttern aufwächst, dann soll es auch einen Vater haben, finden sie.

Und dann bekommen sie eine Mail. „Ich könnte mir vorstellen Bio-Daddy zu werden“, steht darin. Sie kommt von Jerome, 27, Lehramtstudent.

Zwei Tage später trinken sie mit Jerome einen Mango-Lassi beim Inder. Er und seine Freundin Anna sind seit neun Jahren ein Paar, er will unbedingt Kinder haben, sie erst später. Nadja und Kirsten wollen Anna kennenlernen, sie wollen keine Entscheidungen ohne sie treffen. Anna hat einige lesbische Freundinnen und weiß, wie schwer für sie der Umgang mit dem Kinderwunsch ist. Und noch bevor sie viel voneinander wissen, beschließen die vier, eine Familie zu gründen.
Jerome und Anna wollen die Kinder ein Mal die Woche sehen und mit ihnen in den Urlaub fahren. Sie wünschen sich, dass Nadja und Kirsten mal auf ihre Kinder aufpassen, wenn sie selbst welche haben. „Eine erweiterte Familie, in der man sich gegenseitig entlastet“, so nennt Jerome das.

Sofort merken Nadja und Kirsten, dass Jerome anders ist als die Männer davor. Er ergreift Initiative. Einmal googelt er die Herkunft aller Namen, die sie sich für das Kind überlegt haben. Ein anderes Mal bringt er seine Bluttest-Ergebnisse mit.

Kirsten wird die erste sein, die sich befruchten lässt. Sie ist 33. Das hat für Nadja auch eine Schattenseite. Jerome ist dann Vater, Kirsten Mutter. „Ihr habt dann eine Bindung, die wir nie haben können“, sagt sie zu Kirsten. Es macht ihr Angst. Wann sie heiraten, die letzte Zigarette rauchen, den ersten Versuch wagen – das sind Dinge, die können sie planen. Planen hat ihnen immer Ruhe gegeben. Jetzt kommt vieles auf sie zu, was nicht vorhersehbar ist. Die Gefühle, die Nadja haben wird. Wie viele Versuche es braucht, bis Kirsten schwanger ist. Ob es überhaupt klappt.

Anna und Jerome sitzen in Nadjas Küche auf der Couch. In ein paar Wochen wollen sie den ersten Befruchtungsversuch starten. Sie sind hier, um ausrangierte Kinderklamotten von der Nachbarin anzuschauen – Dinge, die Familien eben tun, wenn sie sich auf Kinder vorbereiten. Nadja und Kirsten hocken auf dem Boden, ziehen Kleidungsstücke aus einer Kiste hervor. Vieles davon ist nicht für Babys, sondern für Kleinkinder. Aber Nadja und Kirsten sind es gewohnt, die Dinge weit im Voraus zu planen. Als Nadja ein pink gestricktes Jäckchen hochhält, schütteln alle vier den Kopf. Rosa wird ihr Kind nicht tragen.

Wo man noch ein Bürgerschreck sein kann

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jetzt.de: Wunsiedel ist eine Stadt mit etwas mehr als 9000 Einwohnern. Wieso habt ihr denn ausgerechnet da einen Film gedreht?
Jonas: Wir wollten eine Gegend zeigen, in der Welten aufeinandertreffen. Wunsiedel liegt in einem Dreiländereck: Es gibt Osteuropa mit Tschechien, die neuen Bundesländer Richtung Norden und das reiche Bayern. Die alten Grenzen sind offen, bestehen aber in der Gesellschaft trotzdem noch weiter.
Lion: Die drei Städte Wunsiedel, Selb und Marktredwitz waren bis zur Wende das Zentrum der Porzellanindustrie. Nach 1989 ist die wirtschaftlich kaputtgegangen. Früher hatte jeder Ort sein Porzellanwerk, mittlerweile ist nur noch die Firma Rosenthal da. Seit mehr als zwanzig Jahren gibt es einen Abschwung, die jungen Leute sind weggegangen, es ist total entvölkert, es gibt keine Arbeit mehr. Auch die Politik hat nichts dagegen getan.
Jonas: Wunsiedel spiegelt sehr genau wider, was in dieser Gegend stattfindet: Die Industrie wandert seit Jahren ab, die jungen Menschen gehen in die Stadt und niemand weiß so genau, wie man damit umgehen soll.  




Lion und Jonas (v.l.)

Man kann das etwas verstehen. Schließlich ecken die Protagonisten ständig an, weil ihnen das normale Leben in Wunsiedel nicht reicht.
Jonas: Wunsiedel war mal der Ort mit der höchsten Kneipendichte Bayerns, jetzt gibt es noch zwei. Das soziale Leben und der materielle Besitz sind sehr viel weniger geworden. Und wenn du immer hörst, hier ist alles Käse und schwierig, dann sagst du nicht: Ich bin hier am richtigen Ort. Dann wird Berlin vielleicht zu einem Platzhalter für das Streben nach Glück. So war es zumindest bei Marge.  

Ihr größter Wunsch war es, nach Berlin zu ziehen.
Lion: Die Großstadt wird zum Sehnsuchtsort, auch unsere Protagonistin Edita wollte weg: nach Leipzig. Allerdings haben wir beim Filmen gemerkt: Vielen fehlt das Selbstbewusstsein, um einfach wegzugehen. Weil sie nicht genau wissen: Was erwartet sie in der Großstadt? Da ist eine große Hemmschwelle. Es schlägt sich auf das Selbstbewusstsein nieder, wenn du in einer Gegend lebst, die wirtschaftlich so schwach ist und eigentlich immer vergessen wurde. Es ist ein Teufelskreis.
Jonas: Obwohl Marge ein Studienplatzangebot für Berlin hatte, arbeitet sie jetzt in einem Callcenter. In Berlin, sagt sie, wäre es aber wahrscheinlich auch nicht anders. Sie hat Angst, mit den Leuten dort nicht so viel anfangen zu können. Und plötzlich hat sich Berlin für sie gewandelt – die Stadt steht für sie auch für ein Verlorengehen.  

Den Menschen kam der Mut abhanden, wegzugehen?
Jonas: Marge hat sich auch für ihren Lifestyle entschieden: das Abhängen, das auf Stunk gepolt sein gegen alles, dieses Außenseiterdasein als Lebensgefühl und Lebensentwurf. Sie ist die Provinz-Prinzessin. In Wunsiedel hat sie eine Sicherheit: Da kann sie etwas verändern, da kann sie anders sein und eine Position vertreten. Bei Keksi verhält es sich ähnlich: Er kämpft gegen Windmühlen. Er versucht noch härter, noch krasser, noch extremer in alle möglichen Richtungen unterwegs zu sein, nur um ja nicht so gelangweilt oder langweilig zu sein wie alle anderen. Wäre er in der Großstadt, würde er nicht auffallen, wie er es in Wunsiedel tut. In der Kleinstadt hat er die Möglichkeit, ein Bürgerschreck zu sein.  

Gerade aufgrund der Einöde bietet Wunsiedel eine Möglichkeit für Querdenker, sich selbst zu verwirklichen?
Lion: Ja. Man sieht das Gut an der Geschichte von Flo: Er hat sich ein eigenes Haus gebaut, schmeißt Techno-Partys. Er ist der einzige, der so etwas macht. Deshalb ist er einerseits darauf angewiesen, dass immer neue Generationen von Leuten, die noch da sind, ihn besuchen und Zeit mit ihm verbringen. Auf der anderen Seite ist er dafür der Lokalheld. An ihm kommt man nicht vorbei, wenn man in Wunsiedel ist.
Jonas: Wenn er seine Partys feiert, kommen mehrere tausend Leute. Die kommen aus allen Ecken und Winkeln, die fahren aus Berlin nach Wunsiedel, um auf dieser Party zu sein.  

Ist der Kampf gegen Widerstände eurer Meinung nach typisch für Wunsiedel oder für die Provinz an sich?
Jonas: Ich weiß nicht, ob das spezifisch für Wunsiedel ist. Auch anderswo wollen Jugendliche ihren Platz in der Gesellschaft finden, aber aufgrund irgendwelcher Umstände klappt es nicht.
Lion: Die Mühe, die du dir auf dem Dorf geben musst, etwas Ungewöhnliches durchzusetzen, ist ungleich größer, als wenn du Ansprechpartner in der Stadt hast. Du bist ein Einzelkämpfer, der aber auch schneller Aufmerksamkeit bekommt.  

Wie war es für euch persönlich, in Wunsiedel zu sein?
Jonas: Ich fahre bis heute eigentlich gerne wieder hin.
Lion: Trotzdem fand ich es manchmal frustrierend, weil die Leute teilweise so viel Potential haben. Diese Kreativität von Flo zum Beispiel. Man sieht: Da sind Leute, die wollen was, die haben einen starken Lebenswillen. Das Gefühl, wenn man die Menschen kennenlernt ist, dass sie nicht trostlos sind, doch der Ort verhindert ihr Aufblühen, weil es immer einen Widerstand gibt.
Jonas: Die Leute, die wir begleitet haben, sind Kämpfernaturen, aber trotzdem fast alle im Scheitern begriffen: Sie nehmen Drogen oder trinken zu viel. Man hat in Wunsiedel einen Zusammenhalt gefühlt, aber natürlich waren wir auch froh, dass wir selbst andere Möglichkeiten haben. Für mich bleibt der Landstrich ein Rätsel. Es ist ein Kosmos für sich. Die Gegend hat etwas Magisches: Manchmal ist es bezaubernd, dann wieder herrscht eine große Tristesse – das muss man erst mal unter eine Kappe kriegen. Für uns war es so, dass wir weggefahren sind und erst mal verdauen mussten.  

„Hinterwelten“ von Jonas Heldt, Lion Bischof und Felicitas Sonvilla läuft am Samstag, 22. November um 13:30 Uhr auf dem Münchner Internationalen Filmfest der Filmhochschulen als HFF-Special.

Viertelkunde: Tübingen

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Dieser Text erscheint im "Studentenatlas", ein Projekt von jetzt.de und SZ.de. Mehr Infos dazu findest du hier. Eine interaktive Tübingen-Karte für Studenten findest du hier.

Innenstadt/Altstadt


Das bekommst du hier: Altstadtkulisse mit verwinkelten Gassen; uralte Fachwerkhäuser und flanierende Touristen; winzige inhabergeführte Geschäfte, die alles von Filzmode bis indische Gewürzmischungen verkaufen; skurrile Second-Hand-Shops und viele Bio-Märkte; die gefühlt höchste Antiquariats-Dichte Deutschlands; zahlreiche Cafés, Eisdielen und Restaurants; viele Kneipen und Kellerclubs wie den Jazzkeller, die Tangente Night oder die Butterbrezel; kleine Theater und Programmkinos; dreimal wöchentlich Markt auf dem Rathausplatz; den schönsten Blick über Tübingen vom Schlossberg


Das bekommst du hier nicht: ein WG-Zimmer nach weniger als zehn Besichtigungen; Parkplätze, Bekleidungsgeschäfte großer Ketten (Ausnahme ist der obligatorische H&M in der Kirchgasse); Straßen ohne Steigung; Straßen, die keine Einbahnstraßen sind


Der durchschnittliche Mietpreis liegt im Tübinger Stadtgebiet (Preise für einzelne Viertel werden  hier nicht ausgewiesen) bei 10,28 Euro pro Quadratmeter. (Quelle: wohnungsboerse.net, Stand: November 2014)


Waldhäuser Ost (WHO)


Das bekommst du hier: den größten Wohnheimkomplex der Stadt; trotz Hochhausflair einen recht kuscheligen studentischen Mikrokosmos; eine eigene studentische Infrastruktur: Supermarkt, Grillplatz, Gemeinschafts- und Musikräume samt der Studentenkneipe Kuckuck; Jugendherbergsfeeling auch dank vieler feierfreudiger Erasmus-Mitbewohner; ein Schwimmbad und Sportplätze; Schweißausbrüche beim Versuch, den Nordring zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu erklimmen; daher zum Glück: hervorragende Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr; nach kurzem Fußweg: Felder, Wald und Bauernhöfe


Das bekommst du hier nicht: ein organisch gewachsenes Stadtviertel; Kontakt zur schwäbischen Basis; das Gefühl, wirklich in Tübingen zu leben


Französisches Viertel


Das bekommst du hier: ein ehemaliges französisches Militärquartier, das sich in ein preisgekröntes Ökoviertel verwandelt hat; Studentenwohnungen in umgebauten Kasernen; alte Gebäude neben schicken Neubauten mit Solaranlagen auf dem Dach; eine alternative Wohnwagensiedlung; viele junge Familien, Spielstraßen und verkehrsberuhigte Zonen; grünes Bildungsbürgertum, das die Revoluzzerphase hinter sich gelassen hat; Kleidertausch-Börsen und Reparatur-Werkstätten; im Sommer Stadtviertel- und Straßenfeste; Yoga-Studios; Nähe zum Ortsrand und damit zur freien Natur


Das bekommst du hier nicht: CDU-Wähler; Stuttgart 21-Anhänger; illegale Kneipen und anarchische Künstler-WGs - die wilden Zeiten des "Franzviertels" sind passé


Südstadt


Das bekommst du hier: ein ruhiges Wohnviertel mit einer bunten Mischung aus alteingesessenen Schwaben, jungen Familien und Studenten; vereinzelt: Gründerzeitgebäude mit Stuckdecke; Tübingens einzige Großraumdisko, das Top 10; Theatersport im Harlekin Theater; die höchste Supermarktdichte der Stadt; sehr kurze und fahrradtaugliche Wege zum Bahnhof und in die Innenstadt; im Sommer Grillage an der Steinlach; einen tollen Ausblick vom Galgenberg


Das bekommst du hier nicht: Kneipenkultur, hippe Bars, schmucke Inhabergeschäft


Lan statt Lego

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Kleine Computerfrage: Einige Mitarbeiter der Abteilung Rechnungswesen sollen über ein Symbol auf dem Startbildschirm auf ein geschütztes Programm zugreifen können, das auf einem Server läuft. Das entsprechende Programmsymbol soll nur bei neuen Mitarbeitern erscheinen. Welchen Ordner auf dem Server muss man dafür verändern? Keine Ahnung? Na, warum auch, dafür gibt es schließlich die IT-Fuzzis. Die haben das studiert oder wenigstens eine Prüfung gemacht wie etwa die zum Microsoft Certified Professional (MCP). Die ist ganz schön happig, wie das obige Beispiel aus diesem Test zeigt.




Der fünfjährige Ayan Qureshi hat den MCP-Test bestanden.

Das fand auch Ayan Qureshi: „Die Prüfung war schwer, aber es hat trotzdem Spaß gemacht.“ Anders als mit viel Begeisterung hätte er sie wohl auch nicht geschafft, denn Ayan war erst fünf Jahre und elf Monate alt, als er in der Universität von Birmingham die Prüfung zum MCP ablegte – und bestand. Der Sohn pakistanischer Einwanderer ist damit der bisher jüngste erfolgreiche Absolvent


„Das Schwierigste war“, erzählte sein Vater Asim Qureshi der BBC, „die Sprache des Tests einem Fünfjährigen zu erklären. Aber er hat es anscheinend begriffen und er hat ein sehr gutes Gedächtnis.“ Das muss wohl so sein, denn der Junge war sogar früher fertig als die zwei Stunden, die er für die Prüfung Zeit gehabt hätte.


Der kleine Ayan wuchs mit Computern auf, sein Vater ist IT-Berater und arbeitete viel von zu Hause aus. Und Ayan saß dabei oft daneben. Bald durfte er selbst mit Geräten herumspielen, die der Vater nicht mehr brauchte. Baute selber Platinen und Festplatten ein und aus. „Was immer ich ihm gesagt habe“, so Vater Qureshi, „am nächsten Tag wusste er noch immer alles, also habe ich ihn mit noch mehr Informationen versorgt.“


Als die Prüfer der Birmingham City University den kleinen Ayan sahen, wollten sie ihn zuerst gar nicht zu dem Test zulassen. Erst als man sich telefonisch bei Microsoft rückversichert hatte, durfte er antreten. Zwar machen die meisten Bewerber die Prüfung erst, wenn sie mit der Schule oder sogar mit dem Studium fertig sind. Bei dem IT-Konzern haben allerdings schon öfter sehr junge Teilnehmer den Test erfolgreich hinter sich gebracht. Der bisherige Rekordhalter Mehroz Yawar – auch er aus Pakistan stammend – war dabei erst sechseinhalb.


Dass zu viel Beschäftigung mit Computern in einem so jungen Alter auch seine Schattenseiten haben kann, ist Ayans Eltern durchaus bewusst. Zwar hat er mittlerweile im Haus der Eltern in Walsgrave bei Coventry in den West Midlands ein eigenes Computerlabor – dessen Netz (Lan) er natürlich selbst eingerichtet hat. Pro Tag beschäftigt er sich den Eltern zufolge aber nicht mehr als zwei Stunden mit Computertechnik. „Zuviel Computer in diesem Alter kann negative Auswirkungen haben“, sagt sein Vater, „aber Ayan hat eben einfach seine Chance ergriffen.“


„Ich bin sehr glücklich und sehr stolz“, sagt seine Mutter, die eine Ausbildung zur Allgemeinmedizinerin macht, „er muss jetzt nicht jeden Tag einen neuen Weltrekord aufstellen. Aber bei dem, was er tut, sollte er schon immer sein Bestes geben.“ Das scheint Ayan auch vorzuhaben. Zwar planen er und seine Eltern in der unmittelbaren Zukunft keine neuen Herausforderung, auf die er sich vorbereiten müsste. Denn jetzt steht erst einmal die Schule im Vordergrund, finden die Qureshis. Ayan wolle aber bald auch Prüfungen für Fortgeschrittene ablegen. „Er ist wirklich unglaublich“, sagt sein stolzer Vater über ihn.


Und wenn er erwachsen sei, das sagte der Kleine selbst der BBC, wolle er einmal ein Technikzentrum gründen ähnlich dem Silicon Valley. Einen Namen dafür hat er schon: E-Valley.
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