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Schaust du dir Gräuelvideos an?

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Vergangene Woche ging ein Youtube-Video um die Welt. Darin zu sehen: Der Fotojournalist James Foley, wie er von Terroristen der IS-Miliz geköpft wird. Ich habe es nicht gesehen, auch wenn ich vermute, dass es mit einer einzigen Suchanfrage zu finden wäre. Ich will mich vor den Bildern beschützen. Und ich will nicht Adressat der Propaganda von Terroristen sein. Denn die haben das Video ja zu einem bestimmten Zweck gepostet: um ihre Botschaft zu verbreiten.  

Zu jeder Nachricht von Kriegen, Unruhen, Unfällen oder Anschlägen gibt es Bilder. Bilder von Leichen, Verstümmelten, Versehrten. Wenn wir uns auf den normalen Wegen im Internet bewegen, begegnen uns diese brutalen Bilder selten, weil die meisten Medien davon absehen, die Nachrichten damit zu illustrieren. Um uns, die Leser zu schützen und davor zu bewahren, Fotos von Leichnamen oder Filme von Ermordungen für immer im Gedächtnis zu behalten.  

Aber dennoch existieren sie. Und manchmal stelle ich mir die Frage, ob es nicht auch feige von mir ist, solchen Bildern durchaus auch bewusst aus dem Weg zu gehen. Denn die Leichen gibt es ja. Und da stellt sich die Frage: Warum sollten wir nicht sehen, was auf der Welt passiert? Warum sollten wir nicht die Toten sehen, die unter einem Fabrikgebäude begraben sind, als sie in einem Sweatshop für ein paar Cent unsere Kleider genäht haben? Warum sollen wir nicht die Toten sehen, die bei all den Konflikten rund um die Welt ermordet werden? Sind wir nur egozentrisch, wenn wir uns selbst vor dem Anblick der Welt schützen? Oder wehren wir uns damit auch gegen Propaganda?

Schaust du dir alles an, was du sehen kannst? Kennst du deine eigene Grenze? Weißt du, wann es dir zu viel ist?

Schrei nach Freiheit

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Mit zahlreichen Gedenkfeiern und Kulturveranstaltungen haben die Bewohner Lettlands, Estlands und Litauens am Wochenende an den sogenannten Baltischen Weg erinnert, der dort vor 25 Jahren das Signal zur friedlichen Revolution gab. Circa zwei Millionen Beteiligte hatten am 23. August 1989 eine Menschenkette von rund 600 Kilometern Länge quer durch die drei Länder gebildet und damit für Freiheit und Unabhängigkeit von der damals noch existierenden Sowjetunion demonstriert. In den Ansprachen zur Erinnerung an das Ereignis wurden vielfach Parallelen zur heutigen Entwicklung in der Ukraine gezogen; das dortige Vorgehen Russlands wurde wiederholt verurteilt.



Litauens Premierminister Algirdas Butkevicius mit seinen Kollegen Laimdota Straujuma aus Litauen und Taavi Roivas aus Estland (von links nach rechts)

Zentraler Gedenkort war die lettische Hauptstadt Riga, wo sich die Ministerpräsidenten der drei Länder versammelten und mehrere Konzerte und Ausstellungen besuchten. In der neuen lettischen Nationalbibliothek nahmen sie an der Eröffnung eines Projekts teil, das die Erinnerungen Tausender Menschen an die historische Menschenkette sammelt. „Der baltische Weg war unser Weg zur Freiheit“, sagte die lettische Ministerpräsidentin Laimdota Straujuma. „Lettland, Litauen und Estland fassten damals einander an den Händen, um der Welt zu zeigen, dass sie freie und unabhängige Staaten sein wollen.“ Der estnische Premier Taavi Rõivas bezeichnete das Ereignis als „Schrei dreier verlassener Völker nach Freiheit“. Sein litauischer Amtskollege Algirdas Butkevičius sprach von einem „einzigartigen Symbol der Einheit“, das die drei Völker damals gesetzt hätten.

Wie vor 25 Jahren standen auch die aktuellen Gedenkveranstaltungen im Zeichen der Geschichte des Zweiten Weltkriegs und des besonderen Verlaufs, den er im Baltikum genommen hatte. Der Fokus lag auf dem 23. August 1939, als in Moskau von den Außenministern Nazi-Deutschlands und der Sowjetunion der sogenannte Hitler-Stalin-Pakt unterzeichnet worden war. Er sah in einem geheimen Zusatzprotokoll die Zuordnung der zwischen beiden Mächten gelegenen Länder zur jeweiligen Interessenssphäre Hitlers oder Stalins vor. Die Folge war, dass Stalin nicht nur stillhielt, als Hitler am 1. September 1939 mit dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen den Zweiten Weltkrieg eröffnete. Am 17. September 1939 marschierte vielmehr auch die Rote Armee in Polen ein und besetzte den Ostteil des Landes, zu dem damals weite Gebiete der heutigen Ukraine und Weißrusslands gehörten. Gezielt brachten sowohl die Deutschen als auch die Sowjets Zehntausende Angehörige der polnischen Elite um.

Für die drei baltischen Länder, die erst nach dem Ersten Weltkrieg ihre Unabhängigkeit vom russischen Zarenreich erlangt hatten, war der Hitler-Stalin-Pakt die Vor-stufe zur Besatzung durch Stalins Truppen und zur Eingliederung in die Sowjetunion 1940. Als Hitler 1941 seinen Partner Stalin verriet und den Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion begann, geriet das Baltikum unter deutsche Herrschaft.
Vielfach wurde die Wehrmacht aufgrund der Schrecken von Stalins Deportationen und seines Terror-Regimes als Befreier begrüßt, was sich als tragischer Irrtum erwies. Hunderttausende Letten, Esten und Litauer kamen durch die Deutschen um, darunter fast alle Juden.

1944 kehrten die Sowjets zurück, die drei Länder wurden nun endgültig Teil der Sowjetunion bis zu deren Kollaps im Gefolge der Umwälzungen von 1989, die im Baltikum als „Singende Revolution“ erinnert werden. Bei ihren Demonstrationen hatten die Menschen, einer alten Tradition folgend, immer wieder massenhaft einheimische Volkslieder gesungen.

Zu den Jahrestagen fanden auch mehrere wissenschaftliche Kongresse statt, bei denen der Umgang mit der komplizierten Geschichte im Fokus stand. Experten aus Polen und den baltischen Ländern beklagten dabei, in den westlichen EU-Ländern werde den Spezifika ihrer Region zu wenig Beachtung geschenkt. Und in Russland habe eine kritische Aufarbeitung der Stalin-Zeit und eine Entbolschewisierung bis heute nicht stattgefunden. Dies sei ein wichtiger Grund für die unterschiedliche Sicht auf das aktuelle Geschehen in der Ukraine.

„Wir, die baltischen Länder, verstehen vielleicht am besten von allen, was in der Ukraine passiert“, sagte die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaitė. Es gehe um die Frage, „ob die Ukraine frei ist und frei bleiben darf oder ob der Aggressor immer noch versucht, brutal zu diktieren“.

In Frankfurt regnet es Geld

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Am Samstag hat es in Frankfurt am Main Geld geregnet. Insgesamt fielen 6000 Euro aus Säcken, die an Trauben von Luftballons über der Stadt schwebten. Auf Bildern sieht man, wie Passanten die Hände zum Himmel recken, um einige der fliegenden Fünf- und Zehn-Euro-Scheine zu erhaschen. Hinter der eigenartigen Aktion stecken die niederländische Künstlerin Daniela Tiben, 45, und Joachim Ackva. Der 49-Jährige, nach eigenen Angaben seit zwei Jahrzehnten selbständiger Finanzplaner und Vermögensberater, will zeigen, „wie schön es ist zu teilen“. Der „Geldregen“ in Frankfurt war nicht der erste. Am 9. August gab es bereits einen Testlauf in Berlin. Weitere Säcke mit Geld in weiteren Städten sollen folgen. Tiben und Ackva, das kann man so sagen, haben Großes vor.



Die russische Gaststudentin an der ESB in Oestrich-Winkel, Kate (20), freut sich am 23.08.2014 auf dem Römerberg in Frankfurt am Main über 20 Euro.

SZ: Warum verschenken Sie Geld, Herr Ackva?
Joachim Ackva: Weil alle fünf Sekunden ein Kind stirbt. Unnötig.

Wenn Sie das ändern wollen, können Sie an Ärzte ohne Grenzen spenden.
Mach’ ich. Ärzte ohne Grenzen sind prima. Aber uns fehlt etwas zum globalen Kooperieren. Wenn wir uns die Anstrengungen der vergangenen Jahrzehnte anschauen, etwas gegen Dinge wie Armut, Umweltzerstörung oder Krieg zu tun, dann müssen wir sagen: Es hat nicht viel gebracht, oder? Das funktioniert so nicht.

Und es funktioniert, indem Sie über einer deutschen Großstadt Geld abwerfen?
Das ist ein Symbol. Und dieses Symbol hat zwei Aspekte. Erstens: Es macht großen Spaß zu teilen. Zweitens: Es gibt so viel Geld auf dem Planeten wie nie zuvor. Wenn wir Bürger diese Finanzkraft zusammenlegen, dann können wir zusammen superwirksam sein.

Glauben Sie wirklich, dass die Leute, die in Frankfurt das Geld eingesteckt haben, danach über den Welthunger nachgedacht haben? Die haben sich eine Wurst gekauft oder sind zu H&M gegangen.
Völlig richtig. Auch völlig in Ordnung.

Sie sind kein Antikapitalist?
Ach, auf keinen Fall. Geld ist ein neutrales Tauschmedium. Die Frage ist, was wir damit anstellen. Wissen Sie, was wir bei unserer Aktion auch gesehen haben? Die Leute wurden locker. Durch das Teilen entsteht ein Gemeinschaftsgefühl. Wir haben Menschen gesehen, die Geld weitergegeben haben an Leute, die nichts gefangen haben. Andere sind zu uns gekommen, haben sich bedankt und gesagt: „Sie wollen jetzt wohl, dass wir darüber nachdenken, was wir mit unserem Geld anstellen, oder?“ Wieder andere sind direkt zu McDonald’s, um sich einen Burger zu kaufen. Na und? Jeder Mensch ist anders. Wir wollen nur zeigen, dass genug Geld da ist – und da wäre, um andere Dinge damit anzustellen.

Wem gehört das Geld, das Sie abwerfen?
Die bisherigen Abwürfe stammen aus meinem Privatvermögen.

Steht noch jemand hinter Ihnen? Eine religiöse Gruppe, ein Satire-Magazin, ein Konzern, irgendwer, der im Hintergrund die Fäden zieht?
(Lacht) Da zieht niemand Fäden. Wir sind unabhängig, und das werden wir bleiben.

Sie sagen „wir“. Wie groß ist Ihre Bewegung?
Die ist klein. Aber das macht nichts. Wir wollen ein Symbol setzen und nicht wie das Kaninchen vor der Schlange vor den Horrornachrichten in der Zeitung sitzen.

Aber außer Ihnen haben nur wenige Menschen Geld zu verschenken. Auch in einem relativ reichen Land wie Deutschland machen sich die meisten Leute mehr Sorgen um steigende Mieten und Armut im Alter als um den Welthunger.
Lassen Sie es mich so sagen: Ein Prozent der Weltbevölkerung besitzt etwa 50 Prozent des Vermögens. Wenn dieses eine Prozent zwei Tausendstel seines Vermögens auf ein Konto überweisen würde, dann hätten wir etwa 270 Milliarden US-Dollar. Das entspräche dem Hundertfachen des regulären UN-Jahresbudgets. Unsere Zielgruppe sind die Wohlhabenden, die eben nicht auf die Miete schauen müssen. Die wollen wir ermutigen, etwas Geld auf ein zentrales Konto zu überweisen: das Weltkonto. Wissen Sie, es gibt unzählige wunderbare philanthropische Projekte auf der Welt, die nebeneinanderher existieren. Wenn es zusätzlich gelingt, eine globale Kooperation zu schaffen, können wir die Welt zu einem Fest machen. Momentan agieren wir zerstreut. Als würde man eine Handvoll Sand auf eine Dartscheibe werfen: ineffizient.

Und das wäre Ihr „Weltkonto“ nicht?
Im Gegenteil.

Das Schaubild auf Ihrer Website sieht ganz schön kompliziert aus. Die 193 Regierungen, die in der UN-Generalversammlung repräsentiert sind, sollen zusammen mit 193 per Los bestimmten Bürgern und 193 vom Nobelkomitee ernannten Experten über das Konto und die Investition des Guthabens bestimmen.
Unser Modell unterscheidet sich nicht groß von den bekannten repräsentativen Systemen. Gewählte Vertreter erarbeiten Vorlagen und entscheiden per Mehrheit. Das kann man auch international so machen.

Mit Bürgern, die das Los bestimmt?
Aber sicher. Demokratie gibt es in den unterschiedlichsten Ausprägungen. Die Wahl per Los ist eine der ältesten Formen, die gab es schon im antiken Griechenland.

Bei Platon wird aus der Demokratie am Ende eine Tyrannenherrschaft. Was wird aus Ihnen, wenn es Ihr Weltkonto gibt? Weltkontochef?
Die Frage ist lieb. Aber ich persönlich spiele überhaupt keine Rolle. Wenn wir eine Diskussion auslösen können, dann haben wir viel erreicht.

Für wie viele Geldregen reicht Ihr Privatvermögen eigentlich noch aus?
Das ist eine gute Frage.

Kommen Sie doch mal nach München.
Wir sehen uns in München, versprochen.

An der Hultschiner Straße steht ein Verlagshochhaus. Da können Sie Ihre Säcke jederzeit abwerfen.
Wir sind für Vorschläge immer dankbar.

Asyl-Politik spaltet deutsche Regierung

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Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hat eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen angeregt – und erntet heftigen Widerspruch von SPD und Grünen. „Ich halte die Debatte über die Frage, wie viele Flüchtlinge Deutschland auch als reiches Land aufnehmen kann, für notwendig“, sagte de Maizière der Bild am Sonntag.Er verwies darauf, dass 2013 knapp 435000 Menschen einen Asylantrag in Europa gestellt hätten, davon fast 30 Prozent in Deutschland. Für 2014 rechne er mit 200000 Anträgen in Deutschland, das wären noch einmal 70000 mehr.



Zelte in Duisburg auf einem ehemaligen Fußballplatz - als Notunterkunft für Asylbewerber

De Maizière plädierte dafür, konsequenter zu handeln: „Wer politisch verfolgt ist und Flüchtlingsschutz genießt, ist in Deutschland willkommen.“ Wer diese Kriterien jedoch nicht erfülle, müsse das Land wieder verlassen. Er hob damit vor allem auf Asylbewerber vom westlichen Balkan ab. Sie dürften „das Asylsystem nicht weiter belasten“. Er bedauerte, dass die Novelle des Asylrechts, mit der Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt würden, was die Abschiebung dorthin erleichterte, im Bundesrat noch nicht verabschiedet wurde.

SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi wies de Maizières Vorstoß zurück. „Ich halte es nicht für besonders glücklich, jetzt darüber zu diskutieren, wie viele Flüchtlinge Deutschland noch aufnehmen kann“, sagte sie der Süddeutschen Zeitung. „Es geht nicht um abstrakte Zahlen, sondern um das konkrete Schicksal der Betroffenen.“ Auch Fahimi betonte: „Menschen, die vor Bürgerkrieg und politischer Verfolgung flüchten, müssen und wollen wir helfen.“

Sie forderte jedoch zusätzliche Hilfe: „Wir dürfen jetzt die betroffenen Städte und Gemeinden nicht allein lassen, sondern müssen ihnen konkrete Unterstützung bei der Unterbringung der Flüchtlinge anbieten“, so die SPD-Generalsekretärin. Regional sei die Lage sehr unterschiedlich: „Die Situation für Hamburg und Duisburg mit ihren hohen Flüchtlingszahlen ist kaum zu vergleichen mit der Lage in Stuttgart, Cottbus oder Regensburg.“

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte der SZ: „Menschenrechte sind unteilbar. Das Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte darf nicht ausgehebelt werden, indem das Leid der einen gegen das Leid der anderen aufgewogen wird.“ Dies tue die Regierung mit dem Vorstoß, die Zahl der sicheren Herkunftsstaaten auszuweiten.

Göring-Eckardt forderte eine internationale Flüchtlingskonferenz mit den Nachbarstaaten von Syrien und Irak, um mehr Hilfen für die Millionen Flüchtlinge zu vereinbaren. „Staaten wie Jordanien und Libanon sind am Ende ihrer Möglichkeiten angekommen. Wir brauchen sowohl mehr Unterstützung für die Flüchtlinge vor Ort als auch die Bereitschaft, deutlich mehr Flüchtlinge aufzunehmen“, so die Grünen-Politikerin.

De Maizière lehnte eigene Kontingente für Flüchtlinge aus dem Irak ab. Es müsse darum gehen, Bedingungen zu schaffen, dass die Menschen im Land bleiben könnten. SPD-Vize Ralf Stegner kritisierte diese Position scharf: „Waffen: Ja, Flüchtlinge: Nein. Das darf nicht die richtige Maxime deutscher Außenpolitik sein“, sagte er dem Tagesspiegel.

Wie der Vater, so der Sohn

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Bastian Schweinsteiger spazierte an der kroatischen Adria. Mario Götze sonnte sich auf einer Yacht vor Ibiza. Dante schaukelte in einer Hängematte in Brasilien. Der Juli war für die WM-Teilnehmer des FCBayern noch ein Urlaubsmonat. Für Gianluca Gaudino war der Juli daher die größte Chance seiner jungen Karriere. Er, der Spieler aus der U19, durfte mit den Profis trainieren. Und er nutzte die Chance, indem er einen Mann von sich überzeugte: Pep Guardiola. Den Trainer, der gerne seine Vorliebe für junge, ballsichere Spieler demonstriert.



Gaudino debütierte gegen Wolfsburg als viertjüngster Bundesliga-Spieler in der Geschichte des FC Bayern.

Am Wochenende ist die Fußball-Bundesliga in ihre 52. Saison gestartet, vor allem aber war es die erste Saison nach dem vierten WM-Titelgewinn der deutschen Nationalmannschaft. Wie nah das Turnier in Brasilien und der erste Spieltag beieinander lagen, war zu erkennen an der Personalie Gaudino. Die Weltmeister kämpfen mit den Spätfolgen des Turniers, Schweinsteiger etwa wird noch ein paar Wochen fehlen. Stattdessen stand am Freitag, also einen Monat und neun Tage nach dem Finale in Rio de Janeiro, beim Heimspiel des FCBayern gegen den VfLWolfsburg, Mittelfeldspieler Gaudino in der Startelf. Im Alter von 17 Jahren, neun Monaten und elf Tagen ist er nun der viertjüngste Bundesliga-Spieler in der Geschichte des Vereins.

Gaudino, geboren am 11.November 1996, also sechs Jahre, vier Monate und drei Tage nach dem dritten deutschen WM-Titelgewinn, hatte schon vor seinem Debüt einen Namen, und das lag an seinem Vater. Maurizio Gaudino spielte 294 Mal in der Bundesliga, unter anderem für den VfBStuttgart; fünfmal trug er das deutsche Nationaltrikot, bei der WM 1994 (Aus im Viertelfinale) gehörte er zum Kader. Inzwischen arbeitet er als Spielerberater, auch als der seines Sohnes. Dieser deutete gegen Wolfsburg an, warum Trainer Guardiola für ihn eine Vorliebe entwickelt hat: Er lief 12,9 Kilometer, mehr als jeder andere Mitspieler, 97 Prozent seiner Pässe kamen an. Darunter waren zwar viele Zuspiele außerhalb der Gefahrenzone, zudem fehlt dem schmächtigen, 175 Zentimeter großen Gaudino noch die Statur, um gegen einen wuchtigen Gegner bestehen zu können. Guardiola wird dennoch in den nächsten Wochen weiter auf ihn vertrauen, weil ihm neben Schweinsteiger weitere Mittelfeldspieler (Martínez, Thiago) verletzt fehlen. Und weil er, Guardiola, gerne stur Spieler für sein System aufbaut, auch wenn sie eigentlich noch nicht die Klasse dafür haben. Der Trainer sagte über Gaudino: „Er hat es verdient, hier zu sein.“

Wie groß das Vertrauen des Trainers in die Jugend ist, zeigte seine Aufstellung gegen Wolfsburg. Neben Gaudino spielte der 22-jährige David Alaba. Und als Gaudino nach 89 Minuten ausgewechselt wurde, kam für ihn der 19-jährige Pierre-Emile Hojbjerg. Der Däne ist der jüngste Bundesliga-Debütant des FC Bayern, bei seinem ersten Spiel, noch unter Trainer Jupp Heynckes, war er 17 Jahre, acht Monate und acht Tage alt.


Gaumenkino

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Madame hat eigentlich nicht die Absicht, sich wegen des Gewürzrauschs in der Küche gegenüber groß den Kopf zu zerbrechen. Ihr gehört ein Restaurant am Rande eines kleinen Ortes in Südfrankreich, einen Stern hat ihr Lokal, eine perfekt renovierte Fassade und Damasttischdecken. Gegenüber ist nun eine indische Familie eingezogen. Mit den Vorbesitzern ist sie fertig geworden, und dass ihr diese Inder ernstlich Konkurrenz machen können, glaubt sie nicht wirklich – mit ihrem alten Häuschen und dem Innenhof mit den schäbigen Holzmöbeln, und den Currys und den bunten Lämpchen. Aber sie ist vorsichtshalber trotzdem auf der Hut. Wenn sie wüsste, was des neuen Kochs Spezialität ist, würde sie sich wundern: Seeigel. In Curry, klar.



Der Film wäre nur die Hälfte wert ohne seine Hauptdarstellerin Helen Merrin.

Lasse Hallströms neuer Film „Madame Mallory und der Duft von Curry“ wäre nur die Hälfte wert ohne seine Hauptdarstellerin, Dame Helen Mirren, die göttlich und sehr schön diabolisch ist, hochnäsig und durchtrieben. Voller Herablassung taucht sie am Vorabend der Eröffnung im neuen indischen Restaurant auf, mit geheuchelter Höflichkeit erkundigt sie sich nach der Speisekarte. Hassan Kadam (Manish Dayal) und sein Vater lassen sie arglos draufschauen, aber am nächsten Morgen gibt es eine böse Überraschung: Alle Lebensmittel, die sie bräuchten, hat Madame Mallory auf dem nächsten Markt einfach weggekauft. Dass die Familie Kadam diesen Neuanfang dringend bräuchte – sie haben Indien verlassen nach dem Tod der Mutter, das Restaurant, das sie dort hatten, wurde bei Unruhen verwüstet – weiß sie nicht einmal. Dafür weiß sie etwas anderes: Was gut ist, ist weder Geschmackssache noch eine Frage der Herkunft. Es gibt tausendundeine Art, aus demselben Fisch etwas Köstliches zu machen.

So entbrennt ein Kleinkrieg der Köche. Papa Kadam und Madame Mallory bleiben einander nichts schuldig in Stur- und Boshaftigkeit, schwärzen sich gegenseitig bei den Behörden an, schnappen sich die besten Fische weg und sprühen Gift. Auch die Stimmung im Ort ist nun vergiftet, was leider die lokalen Rechten anstachelt, von denen einer in Madames Küche arbeitet. Da wird es dann Zeit für eine Klärung der Fronten – so eine ist sie nicht, da steht sie Papa Kadam doch lieber bei.

Vor allem aber erkennt sie, dass Hassan, der Sohn des Hauses, eine große Gabe hat, und verliebt sich in seine Kochkünste. Reinen Herzens tut sie der Familie damit das Schlimmste an – indem sie ihn abwirbt und überredet, in ihrem Restaurant gegenüber auch die französische Cuisine zu erlernen. Der junge Mann begreift schnell, wie er französische Raffinesse mit den Gewürzen Indiens vermählen kann.
Was nun die Rezeptur von Filmen betrifft, liebt Lasse Hallström es, Familien neu zusammenzuwürfeln, und er tut das bevorzugt in schönen Landschaften, was dann auf jeden Fall schon mal für Schauwerte sorgt; seine Werke haben auch gerne einen süßlichen Beigeschmack. Manchmal übertreibt er es dabei, dann kommt so etwas wie „Chocolat“ heraus; manchmal aber beweist er einfach, wie grandios das Kino sein kann, wenn es sentimental wird: bei „Gilbert Grape“ etwa, „Teufels Werk und Gottes Beitrag“ oder „Ein ungezähmtes Leben“.

„Madame Mallory“ liegt irgendwo zwischen diesen Polen – so großartig wie „Teufels Werk“ ist der Film nicht, dazu ist die Geschichte mit dem Restaurant, den Rassisten und den Guide-Michelin-Sternen viel zu schlicht. Aber pappsüß schmeckt „Madame Mallory“ nun auch wieder nicht. Dazu ist die Familienzusammenführung, die den Kadams bevorsteht, zu eigenartig. Und man möchte Hallström und Helen Mirren schon gern glauben, dass man mit dem Essen fast alles erklären kann: Man sieht nur mit dem Gaumen gut.

The Hundred-Foot Journey, USA/ Indien/Arabische Emirate 2014 – Regie: Lasse Hallström. Drehbuch: Steven Knight nach dem Roman von Richard C. Morais. Kamera: Linus Sandgren. Mit: Helen Mirren, Om Puri, Manish Dayal. Constantin, 119 Minuten.

"Auch ich wollte sie hassen"

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jetzt.de: Was hat dich an den Reichen so fasziniert, dass du ein Buch über sie schreiben wolltest?
Dennis Gastmann: Na ja, Geld hat mich schon immer interessiert. Aber im Ernst: Auf meinen Reisen als Reporter habe ich so viele Menschen getroffen, die nach großem Wohlstand strebten und von Palästen, Prinzessinnen und Königreichen träumten. Ich habe mich schon immer gefragt, wie man sich eigentlich fühlt, wenn man das alles besitzt. Welche Rolle Geld spielt, wenn Geld keine Rolle mehr spielt. Was Reichtum mit dem Kopf und mit dem Herzen macht.



Bevor Dennis Gastmann für sein Buch auf Reichtumsrecherche ging, studierte er Politik und Journalistik und war Autor und Reporter der Satiresendung "extra3".

Ab wann ist man eigentlich reich?
Ein Unternehmensberater, dessen Vermögen auf eine halbe Milliarde geschätzt wird, erklärte es – wenig romantisch – so: Man sei reich, wenn man von den Zinsen seiner Zinsen leben könne. Dann rechnete er und kam auf ein Nettoeinkommen von ungefähr 100 000 Euro im Jahr. Jochen Schweizer, der Erlebnispapst, spricht eher von einer Zufriedenheitsgrenze. Das Glück beginne, wenn ein Mensch das Haus abbezahlt habe, schuldenfrei sei und 50 000 Euro auf dem Konto habe. Bei fünf Millionen würde das Glück enden, zuviel Geld sei schädlich. Für ihn selbst gilt diese Theorie übrigens nicht, wie er immer betont, er brauche „etwas mehr Cash.“

Hast du herausgefunden, wie man den Sprung in die geschlossene Gesellschaft der Reichen schafft – mal angenommen, das Geld stimmt?
Bei mir hat es auf die naive Tour funktioniert. Ich schrieb einer bekannten Jetset-Prinzessin und fragte sie, was wahrer Luxus sei. Daraufhin lud sie mich spontan zu einer mondänen Aids-Gala nach Marbella ein und stellte mich ihren Freunden vor: zum Beispiel Gunilla von Bismarck, der Ur-Enkelin unseres Reichskanzlers. Auch ein Immobilienlöwe und die Ex-Frau von Dolph Lundgren saßen in unserer Runde. Das war meine Eintrittskarte in die High Society.

Über Geld spricht man bekanntlich nicht. Wie offen war denn die geschlossene Gesellschaft für deine Fragen?
Alle Journalisten wollen an die Reichen ran. Deshalb scheiterten die meisten meiner Anfragen per Mail oder Brief. Ich habe meine Worte an die Hautevolee wirklich mit Kirschen und Sahne dekoriert, trotzdem gab es zu 98 Prozent Absagen. Bill Gates? Keine Antwort. Warren Buffett? Keine Zeit. Paris Hilton? Freute sich angeblich über meine Nachricht, aber nein: keine Chance. Leichter ist es natürlich bei den Reichen, die sich vor jede Kamera stellen. Ein Treffen mit Rolf Eden war zum Beispiel gar kein Problem. Er hält jeden Tag ohne Presseberichte über sich für einen verschenkten Tag. Bei allen anderen hilft die Gonzo-Methode.

Also selbst so tief wie möglich involviert sein und Teil des Geschehens werden.
Ja genau. Ich verabschiedete mich von der journalistischen Objektivität und berichtete gnadenlos subjektiv. Weg mit der Distanz, rein in den Smoking. Ich habe Charity-Abende im Pinguinoutfit besucht und trieb mich in roter Hose und hautengem weißblauen Hemd auf einem Sylter Poloturnier herum. Ein Freund schmuggelte mich sogar in eine schlagende Verbindung. Natürlich habe ich kein Geheimnis daraus gemacht, dass ich Journalist bin, aber mein Tarnzeug half mir, das Vertrauen der Leute zu gewinnen. Manchmal ging es auch darum, ihnen etwas Respekt entgegen zu bringen, indem ich im Anzug erschien. Und schließlich brauchte es Geduld. Ich habe mit meinen Interviewpartnern viel Zeit verbracht, ihnen Geschichten von meinen Reisen und meiner Familie erzählt. Es war ein Austausch.

Wie schwer war der Spagat zwischen den Welten?
Für meine Recherche schlüpfe ich in eine Rolle und hinterfrage nicht jeden Schritt. So kann ich auch mit Immobilienbetrügern Bruderschaft trinken. Das würde der echte Dennis nie machen.

Geht dabei denn nicht der kritische Blick verloren?
Die kritische Distanz kehrt automatisch am Schreibtisch zurück, wenn ich meine Notizen durchschaue. Dann bin ich manchmal schockiert und bewerte meine Erlebnisse neu.

Führte die Nähe auch zu Neid?
Ich wollte kein Neidbuch schreiben, das mit denen da oben abrechnet. So etwas finde ich billig. Trotzdem habe ich viele Protagonisten beneidet. Mit ihnen tauschen möchte ich aber nicht, weil einige von ihnen schwere Schicksalsschläge erlitten haben. Es gab auffällig häufige Autounfälle und Selbstmorde in ihren Familien. Außerdem führt Reichtum manchmal zu ganz entsetzlichen Geschmacksverirrungen.

Inwiefern?
In der Ukraine habe ich einen Oligarchen in seinem Palast mit Blattgold an den Wänden besucht. Im Atrium saß ein Falke, und die Wände des riesigen Poolhauses waren in Regenbogenfarben gestrichen, so als hätte der Maler Ecstasy geschluckt. Ich könnte in dieser Umgebung nicht wohnen.

In welche Villa wärst du denn eingezogen?
Rolf Sachs, der älteste Sohn von Playboy Gunter Sachs, hat das ehemalige Olympiazentrum in St. Moritz gekauft, renoviert und umgebaut. Er wohnt in der ehemaligen Tribüne: Ein ultraflaches Gebäude mit Turm, viel Holz und Panoramafenstern, die auf die Berge und ein Tal blicken. Eine sehr inspirierende Gegend. Dort würde ich gerne leben.

Klingt alles, als gäbe es große Unterschiede zwischen den Reichen.
Ich habe wie ein Naturforscher nach unterschiedlichen Arten der Reichen Ausschau gehalten. Es gibt die Selfmade-Milliardäre wie Wolfgang Grupp, den Trigema-Chef. Sie haben sich alles selbst erarbeitet und können nichts aus der Hand geben. Sie hören nie auf zu arbeiten und zu kontrollieren. Das Verantwortungsgefühl für ihr Lebenswerk ist sehr groß. Dann gibt es die Erben. Die sind sehr unterschiedlich. Rolf Sachs zum Beispiel ist sehr bodenständig und geht sehr gewissenhaft mit seinem Erbe um. Er bezeichnet seinen Reichtum als magischen Goldtopf, der ihm Freiheit für die Kunst gibt. Anderseits fühlt er sich diesem Vermögen verpflichtet. Er will es nicht verspielen, sondern an seine Kinder weitergeben. Dann gibt es natürlich noch den Adel, die Jetsetter, die Neureichen und einige Scharlatane.

Welche dieser Gruppen hat dich am schnellsten in ihr Leben gelassen?
Für die Stars und Sternchen der High Society ist Publicity eine Art Geschäftsmodell. Schwerreiche Unternehmer sind eher scheu. Sie konzentrieren sich auf ihr Geschäft und reden nicht unbedingt über Geld.

Mit Reichtums-Voyeurismus werden täglich Magazine und TV-Sendungen gefüllt. Worin liegt der Reiz und woher kommt er?
Das ist eine komplexe Frage. Es geht vor allem um den Wunsch nach sozialem Aufstieg. Während der Recherche habe ich viele Märchen gelesen, die folgen demselben Prinzip, auch hier geht es oft um Reichtum und die Helden werden mit Prinzessinnen und halben Königreichen belohnt. Zur Bewunderung gesellt sich natürlich eine große Portion Missgunst. Der Neidische wünscht sich, dass es den Reichen schlecht geht. Das erklärt auch die diebische Freude über die Steuerskandale von Uli Hoeneß und Alice Schwarzer.

Ist Neid überhaupt angebracht? In deinen Beschreibungen wirken einige Vermögende doch arg gelangweilt, zum Teil fast schon unglücklich.
Das ist tatsächlich eine Beobachtung, die ich sehr häufig gemacht habe. Auf einer Gala, die ich selbst wahnsinnig beeindruckend fand, bezeichneten meine Tischnachbarn die Veranstaltung schnell als langweilig und verschwanden einfach. An eine Szene erinnere ich mich besonders: An meinem Tisch gewann eine Dame eine Handtasche für 2000 Euro. „Was soll ich denn damit?“, fragte sie und eine andere antwortete: „Ja gib sie halt der Haushälterin, die freut sich über so was.“

Aber viel Geld macht trotzdem auch glücklich, oder?
Natürlich. Ich habe viele Menschen kennengelernt, die mit ihren Millionen auf dem Konto überaus glücklich waren. Viele von ihnen hatten für sich eine sinnvolle Beschäftigung gefunden und ruhten innerlich. Geld nimmt viele Sorgen. Außerdem kann man mit viel Geld viel Gutes tun.

Was überwiegt nach dem Schreiben des Buches? Sympathie für die Reichen? Oder Abneigung?
Mir waren viele Interviewpartner sympathisch, auch wenn ich ihre dunklen Seiten gesehen und darüber geschrieben habe. Einige Reiche haben mich unheimlich inspiriert, zum Beispiel der sogenannte Schraubenkönig Reinhold Würth, Milliardär und einer der reichsten Deutschen. Der hat aus einem Schraubenhandel mit zwei Mitarbeitern einen Global Player mit 65000 Angestellten geformt. Selbst Betrügern konnte ich manchmal etwas abgewinnen. Wie souverän sie sich durch den Saal bewegten! Wie sie sich kleideten, wie sie ansatzlos von Deutsch auf Englisch auf Französisch auf Spanisch wechselten. Das war große Klasse.

Was nimmst du persönlich aus der Recherche mit? Sind Kontakte geblieben?
Mein Konto ist leider nicht angeschwollen. Insgeheim hatte ich gehofft, dass mal einer sagt: „Sie wollen wissen, wie es ist, reich zu sein? Ich mache Sie reich!“ (lacht). Die Kontakte beschränken sich auf Brieffreundschaften. Werner Kieser, der Chef der gleichnamigen Fitness-Kette, schickt mir noch regelmäßig Bilder seiner Rottweiler. Die wichtigste Erkenntnis: Ich mag die Reichen mehr als vorher. Ich hatte meine Klischees, ich hatte meine Vorurteile. Auch ich wollte sie hassen. Aber am Ende hat sich meine Meinung geändert.

Dennis Gastmann: Geschlossene Gesellschaft – ein Reichtumsbericht. Rowohlt, Berlin 2014. 304 Seiten, 19,95 Euro.

Woher der Hass? E-Mails

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Jetzt, in der Urlaubszeit, da geht der Hass im E-Mail-Postfach wieder los. Wer eine Mail abschickt, muss zittern: Hoffentlich ist der Angemailte im Büro. Sonst wird es übel, dann kommt sofort eine Antwort-Mail, gemein wie ein Schlag in die Nieren: „Ich bin bis zum 27.8. nicht da, Ihre E-Mail wird nicht gelesen. In DRINGENDEN FÄLLEN wenden Sie sich an meine Kollegin Lieschen Müller. P.S.: Sie sind ein Schwein, dass Sie mir mitten im Sommer Mails schicken. Schämen Sie sich eigentlich nicht?!“ Gut, der letzte Teil ist erfunden, aber ungefähr so klingen automatische Abwesenheitsnotizen heute. Sie sind zu Dokumenten des Hasses geworden, des Hasses auf die vielen eingehenden Mails: der Newsletter der Uni-Gruppe, den man nie abbestellt hat, eine Zusammenfassung der Konferenz von eben, eine Zusammenfassung der Konferenz gleich, noch ein Newsletter, dann hat Martin, der Typ aus der Grafik, eine Frage, oh nein, und jetzt fangen er und Jens ein Gespräch über Schriftarten an und ich bin in CC! So geht das den ganzen Tag, und zack, hat man seine fünf Milliarden Mails im Postfach und muss auf Kur.

Als Reaktion darauf hat sich ein Kult darum entwickelt, wie man sein Postfach in den Griff bekommt. Mails sind die neuen Kalorien, man muss sie zählen und vernichten. „In zwei Wochen bin ich von 23769 Mails in meiner Inbox auf null gekommen – so funktioniert es“, titelte die Washington Post neulich wie eine Frauenzeitschrift im Diät-Wahn. Besonders beliebt ist die Radikallösung: Alle während des Urlaubs eingehenden Mails automatisch ungelesen löschen zu lassen. Man stelle sich vor, die eigene Tante würde anrufen und sagen: „Leider habe ich das Paket mit deinen selbst gebastelten Geschenken nicht bekommen. Ich war in Baden-Baden und habe meine Haushälterin angewiesen, alle Post in den Müll zu werfen!“Die Tante käme sofort ins Heim. Aber wer E-Mails ungelesen löscht, kommt in die Washington Post.

Die Sisyphoshaftigkeit des Abarbeitens von Mails kann einen in den Wahnsinn treiben, klar. Ich persönlich aber glaube, Mailhass hat einen anderen Grund: Als Kind habe ich sehr gerne Büro gespielt, mir eine Firma ausgedacht, einen Briefkopf entworfen und an alle Familienmitglieder interne Memos geschickt. Leider kam nur selten mal eine Antwort. Damals dachte ich: Gut, dann spiele ich jetzt halt Lego, aber eines Tages bin ich kein blödes Kind mehr und bekomme ganz viele Memos!

Inzwischen bekomme ich zwar viele Memos, die jetzt E-Mails heißen. Aber es ist nicht so toll, wie ich es mir damals vorgestellt hatte. Vielleicht weil es zwar viele sind, aber keine davon eine wichtige: Kofi Annan schreibt mir nicht, Miranda July auch nicht. Und selten muss ich wie bei meiner Kinderfirma kritische Unternehmensentscheidungen per Mail treffen.

Wenn ich nach dem Urlaub in mein Postfach gucke, sind die meisten Mails nicht mal für mich. Sie tragen Betreff-Zeilen wie „Hat jemand ein Nokia 3310 Aufladegerät?“ Vielleicht hasst man die vielen Mails nicht, weil es zu viele sind, sondern bloß, weil es die falschen sind. Womöglich muss man umdenken und die Lösung ist: noch mehr Mails, bis die richtigen dabei sind! Ich fange damit an. Und bitte um Zuschriften an lars.weisbrod@gmail.com.

Kosmoshörer (Folge 29)

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Montag: 
Mir gehört die Welt. Etwas in der Richtung denke ich am Montagmorgen, wenn ich mit der S-Bahn nach einem schönen Wochenende in München in die Redaktion fahre. Die Sonne scheint über die Züge am Bahnhof, in der Bahn ist es noch ruhig. Auf dem Weg ins SZ-Hochhaus spüre ich schon ein bisschen den Tatendrang in mir. Ob der jetzt gleich den ganze Sternenhimmel in sich birgt - keine Ahnung. Coldplay ist sich aber sicher, ich schwebe also voller Zuversicht in den Tag:

http://www.youtube.com/watch?v=VPRjCeoBqrI

Dienstag:
Eigentlich fast zu peinlich, um es zu erzählen, ich wage es trotzdem - solange ihr mich danach nicht verächtlich ob meines damaligen Konsums der TV-Serie anschaut: Es gab in „Türkisch für Anfänger“ eine Szene, in der Doris für ihren Metin herrlich falsch ein Liebeslied („Nevertheless“) singt. Wer nun auf ewig vergrault ist, verpasst ein tatsächlich sehr gutes Lied. Zumindest im Original. Beim Stöbern in meiner Spotify-Favoritenliste stolpere ich mal wieder drüber - ich finde, es hat Ohrwurmpotenzial. Und wie das Saxofon in diesem Song abgeht, das ist… nun ja: Einfach geil.  

Michael Bublé – Nevertheless - feat. The Puppini Sisters

Mittwoch:
Ich fahre heute quer durch Süddeutschland, weil ich ein Zimmer in einem Studentenwohnheim besichtige. Verbinge insgesamt locker sieben Stunden im Zug: Puh! Mein Tatendrang vom Montag hat sich noch nicht ganz in Luft aufgelöst - ich habe sogar (sanftes Selbst-auf-die-Schulter-Klopfen) im Zug noch ein Telefoninterview geführt und an einem Artikel geschrieben. Doch irgendwann reicht's auch mal. Ein Hauch von Abendmelancholie macht sich breit und ich lasse mich in den ICE-Sitz sinken:  

http://vimeo.com/65342821

Donnerstag: 
Wer mich kennt, der weiß um meine abrupten Themenwechsel - hier ist es nicht anders, denn mir fällt heute aus heiterem Himmel ein echtes Juwel in den Schoß: Irgendwie ist es um Adele seit geraumer Zeit still geworden. Glaubt mir: Die Frau kann mehr als „nur“ den Soundtrack bei James-Bond-Filmen singen. Eingefleischte Fans wissen das, ich gehöre nicht zu selbigen. Deswegen bin ich dankbar, als mich mal wieder jemand aus meinem Freundeskreis auf ein wunderbares Lied aufmerksam macht: Mein Nachmittag ist gerettet!

http://www.youtube.com/watch?v=dx7sLNyIeQk

Freitag: 
Mit dem Fernbus übers Wochenende heimfahren. Also juckle ich schon wieder durch die Gegend. Netterweise hat der Busfahrer die Kamera vorne eingeschaltet, sodass ich von meinem Platz aus beste Sicht auf die Straße habe, die auf mich zuschießt:  



      

Versüßt von einem echten Guten-Laune-Song kann man das doch durchaus aushalten, finde ich.

http://www.youtube.com/watch?v=4Ba_qTPA4Ds

Samstag: 
Samstag, beste Laune, und einfach mal gar nichts tun. Das heißt was? Richtig: Zeit für Lieblingsmusik! Einer meiner unermüdlichen Lieblingstitel (höre ich seit über zwei Jahren im Schnitt mindestens einmal pro Woche, kein Witz) ist von Owl City. Ach, dann fliege ich doch auf Schmetterlingsflügeln direkt in einen Tag voller Freizeit und schlürfe gemütlich einen Smoothy. Warum gibt es solch herrliche Entspannung nicht auch unter der Woche?  

Owl City – Butterfly Wings

Sonntag: 
Abend einer langen Woche - gemütlich mit dem Fernbus zurück nach München: Herrlich! Der Busfahrer ist ruhig und ein wenig darf man da beim Starren aus dem Fenster schon mal in Romantik schwelgen. Norah Jones macht fast nur Songs für solche Situationen im Leben - und dieser passt für so ziemlich jede davon - zumindest für alle, die schon einmal verliebt waren.  

http://www.youtube.com/watch?v=wE4lnC25fnU

Auf der nächsten Seite findest du den ausgefüllten Musikfragebogen
von tim-kummert.
   
[seitenumbruch]Gute Musik – was ist das für dich? 
Musik, die mich entweder zum Nachdenken bringt - oder einfach nur in die gute Laune hineinkatapultiert.

Wie hörst du Musik: Klassisch im CD-Spieler, auf dem Handy, über Streaming-Portale? 
In der Regel auf dem Laptop, unterwegs dann aber vom Smartphone oder iPad.

Wo hörst du Musik? Vor allem unterwegs, nur daheim, zum Einschlafen? 
Bei langen, ausgedehnten Zug- und Busfahrten. Ohne geht’s nicht.

Hast du eine Lieblingsband oder Musiker, von denen du alles hörst?  Oh ja! Von Owl City kann ich praktisch jeden Song auswendig mitsingen. Und finde es eine Frechheit, dass jeder nur „Fireflies“ von ihnen kennt - wer nicht in die andern Titel reinklickt, der hat - sorry - einen Hauptteil in seinem Musik-Leben verpasst.
 
Welche Musik magst du gar nicht und warum? 
Also bis Seeed verkrafte ich es gerade noch so - wenn nur noch geröhrt wird (Verzeiht mir, liebe Lordi-Fans), kann ich es nicht mehr hören: Kein Speed-Metal, kein Death-Metal und nein, auch kein Trash-Metal.

Was war deine erste eigene Platte und wohin ging dein Musikgeschmack von da aus? 
Es fing an mit etwas wie:  

http://www.youtube.com/watch?v=NQoCeuymc_M 

entwickelte sich über:  

http://vimeo.com/63571162 

und steht heute ungefähr bei:  

http://www.youtube.com/watch?v=JNA15rXSxOI

Gehst du gern auf Konzerte, und auf welche zuletzt? 
JETZT wird es peinlich, und zwar richtig: Leider nein. Liegt vielleicht daran, dass ich noch nie ein Mainstream-Hörer war. Aber glaubt mir: Wenn Owl City in Deutschland auftritt, fahre ich hin. Egal, ob in Friedrichshafen oder Flensburg, ich werde da sein. Versprochen.

Wie entdeckst du neue Musik und was ist deine neueste Entdeckung? 

Ich bornierter Hörer muss schon durch die Spotify-Werbung gezwungen werden, in andere Alben reinzuhören. Da sind einige echt coole Neuerscheinungen dabei, besonders gut gefällt mir:  

http://www.youtube.com/watch?v=SqxbSUU-tOc

Verrate uns einen guten Song zum...
   
Aufwachen: 

http://vimeo.com/35552606

Tanzen: 

http://www.youtube.com/watch?v=5Y3RbJEh6og

Traurig sein:
 

http://vimeo.com/38446175 

Sport treiben:
  

http://www.youtube.com/watch?v=47dtFZ8CFo8


Als nächsten Kosmoshörer wünsche ich mir: 

alexander-gutsfeld, damit die Praktikanten beim kosmoshören nicht zu kurz kommen. 


Alle Kosmoshörer findet ihr wie immer gesammelt hier:

Kosmoshörer

Möchtest du auch Kosmoshörer werden und deine Musik-Gewohnheiten dokumentieren? Dann schreib eine jetzt-Botschaft an teresa-fries oder eine Mail an teresa.fries@sueddeutsche.de

„Was viele ,Krise’ nennen, ist ein Krieg“

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Für jetzt.de ist Chalotte eine Woche lang mit deutschen Studenten in Kiew unterwegs. Sie will sehen, was von den Protesten geblieben ist, sie will wissen, wie der Staat vorhat, sich neu zu organisieren und sie will von den Menschen selbst erfahren, wie es ihnen geht. Die Antworten, die sie findet, schreibt sie täglich hier für euch auf.   

Tag 1 

Die Leute klatschen inbrünstig, als das Flugzeug gestern Abend um kurz vor sieben ukrainischer Zeit ankommt. "Zum Glück sind wir überhaupt gelandet und nicht mit Malaysian Airlines geflogen", sagt ein Mann, während wir im strömenden Regen die Gangway zum Shuttlebus herunterstapfen. Ein anderer findet das urkomisch. "Hallo Kiew", denke ich.  





Vor mir liegen sechs Tage Ukraine. Ein Land, in dem ich noch nie in meinem Leben war. Ich spreche weder Ukrainisch noch Russisch. Im Flieger habe ich erfolglos versucht, mir zumindest die kyrillischen Buchstaben einzuprägen, und dann doch lieber im Reiseführer gelesen. "Touristisches Kleinod der Ukraine", so wird die Krim darin beschrieben. Der Reiseführer ist von 2012. Städte wie Charkow und Donezk im Osten des Landes werden für ihre "konstruktivistische Architektur erlesener Sakraldenkmäler" und als "Stadt der Millionen Rosen" gelobt. Wenn ich heute "Ost-Ukraine" lese, denke ich vor allem an eins: Krieg.  

Dass ich trotz fehlender Fachkenntnis hier bin, habe ich vor allem einer Hand voll engagierter Studenten aus Deutschland zu verdanken: Marie-Louise, Friedrich, Justus und Michael studieren in München die unterschiedlichsten Fachrichtungen und träumten schon länger von einer Ukraine-Exkursion. Durch die politischen Umbrüche der letzten Monate bekam das Projekt für sie einen neuen Drive: Anfang Juli schrieben sie mit Unterstützung der Studienstiftung des deutschen Volkes eine einwöchige Exkursion aus. Das Interesse war groß: 140 Bewerber gab es auf die 20 Plätze, ich darf als journalistische Begleitung mitfahren. Organisatorin Marie-Louise sagt über das Ziel der Reise: "Wir möchten erfahren, welchen Herausforderungen die Ukraine sich in dieser neuen Situation stellen muss und wie sie sich reorganisieren kann." Dafür treffe ich mit ihnen jetzt eine Woche lang Botschafter, Sozialarbeiter, Künstler, Studenten - ob wir die Frage danach beantworten können, bleibt abzuwarten.



Kerzen, Bilder und Blumen sollen an die Toten erinnern. 

Der 24. August ist in der Ukraine als Unabhängigkeitstag besonders wichtig. Marie-Louise und ich gehen abends noch zum Maidan, die Stadt leuchtet in den Nationalfarben blau-gelb. Ein Straßenmusiker singt in der Unterführung, Mädchen mit blau-gelb-lackierten Fingernägeln klatschen. Bis vor kurzem waren hier noch Überbleibsel der Proteste vom Winter und Frühjahr zu sehen, Bürgermeister Vitali Klitschko hat allerdings vor dem Unabhängigkeitstag aufräumen lassen. Was übrig blieb, sind die Gedenkstätten für die über 80 Toten: An Bäumen sind Plastikblumen, Rosekränze und große Fotos angebracht. Die Abgebildeten wurden hier erschossen, als sie versuchten, sich vor Scharfschützen zu verstecken. Manche sind nicht einmal volljährig geworden. Später laufen wir auch noch zum Präsidentenpalast, der sich wie eine Wand im Hintergrund des Maidan erstreckt. Eine Gruppe Betrunkener schäkert dort mit einem Polizisten, es brennt kein Licht. Präsident Poroschenko wird am Dienstag in Minsk den russischen Präsident Putin treffen, einige hoffen, dass sie eine Waffenruhe aushandeln.  

"Die tun erst etwas, wenn wirklich eine Bombe bei dir einschlägt - dann geben sie dir ein Zelt."  

In meinem Hostel essen Backpacker in der Küche die Schokolade von Poroschenko, in Russland sei diese mittlerweile verboten, erzählt jemand. Ich unterhalte mich mit einem Mädchen, das in meinem Zehnbettzimmer das Stockbett unter mir belegt: Sie ist Mitte 20, kommt eigentlich aus Donezk und hat dort Französisch studiert. Wegen der ständigen Kämpfe und Anschläge sei sie geflohen - nach Kiew. Seit Juli lebt sie im Hostel, vor dem Bett hat sie mittlerweile eine Kleiderstange mit ihren Sachen aufgebaut. Sie sucht einen Job, allerdings sei das zur Zeit kompliziert und einfach ins Ausland abzuwandern ist für Bürger der Ukraine, die kein Staat des Schengener Abkommens ist, schwierig bis unmöglich. Also wartet sie darauf, dass sich etwas ändert. Auch ihre Freunde seien zum Großteil nach Westen geflohen, nach Russland würde keiner von ihnen freiwillig gehen. Teile ihrer Familie seien immer noch in Donezk glücklicherweise unverletzt. Sie hätten regelmäßig Kontakt, zurückfahren sei neben der Gefahr allerdings alleine schon logistisch unmöglich: Die Zugstrecke sei teilweise zerbombt.  

Marie-Louise erzählt mir, dass auch bei ihr im Zimmer Flüchtlinge untergebracht seien, so lerne ich Natalia, 60, kennen. Natalia war Deutsch-Dozentin, auch an der Uni in Donezk, ihre 24-jährige Tochter Nadja hat dort Englisch studiert. Da sind jetzt aber nur noch anderthalb Leute sagt sie, die Prüfungen wurden in den letzten Wochen nur noch über Skype abgenommen, weil es zu gefährlich war. Natalia sieht verloren aus, wie sie mit der akkurat gebügelten Blümchenbluse zusammengekauert im unteren Stockbett sitzt.



Nadja, 24, sollte eigentlich gerade in Donezk Englisch studieren. 

Als kein Alltag mehr möglich war, die Bomben immer mehr wurden, hat Natalia mit ihren Kindern beschlossen zu fliehen, über Odessa nach Kiew. Das war vor zwei Monaten. "Wir dachten, es wäre nur für ein paar Wochen. Aber bald ist Herbst und wir sind immer noch hier im Hostel", sagt Natalia. Weil ihre Kinder nur Sommerkleidung dabei haben, will sie in den nächsten Wochen nach Donezk fahren und mehr Sachen holen. Und schauen, ob ihre Wohnung noch steht. Ihre Tochter Nadja hält das für Wahnsinn. Sie selbst schaut sich nun nach einem Job in Kiew um, ihre Mutter müsse eigentlich bald in Rente gehen, sagt sie.

Auch ihre Freunde haben Donezk größtenteils verlassen, wer keine Kontakte in den Westteil des Landes habe, sei wie sie in Hostels gegangen. Obwohl der Tourismus in der Ukraine seit der Krise eigentlich zusammengebrochen ist, sind die nun ganz gut ausgelastet. "Aber das Hostel ist teuer", erklärt Nadja, "wir leben von unserem Ersparten, aber wie lange noch?" Ihr Mutter sagt dazu: "Unser Leben steht momentan unter einem großen Fragezeichen. Was viele ,Krise' nennen, ist ein Krieg". Auf die ukrainische Politik vertraut sie nicht: "Die tun erst etwas, wenn wirklich eine Bombe bei dir einschlägt - dann geben sie dir ein Zelt", sagt sie. Dass die anderen Länder so wenig für die Ukraine tun, regt sie auf. Andererseits sagt sie: "Für euch in Deutschland muss das so sein, wie für uns früher, wenn in China mal was los war." Die deutschen Kontakte aus ihrer Studentenzeit hätten ihr bisher kein Stück geholfen.

Dürfen wir genervt sein?

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Mittlerweile hat es, nach bald zwei Wochen, sogar meine Freunde erwischt – die sich sonst nicht von jedem Trend mitreißen lassen: Mein Facebook-Feed quillt über von den sich Eiswasser über den Kopf schüttenden Mitmenschen. Alles für den guten Zweck, eine Nominierung auszuschlagen, das macht praktisch kaum jemand. Und so rattern tagtäglich dutzende der Videos durch den Newsfeed, im Schneeballsystem muss auch aus meiner Freundesliste einer nach dem andern ran. Ihre Videos mischen sich mit denen von Günter Jauch, Mark Zuckerberg, Ronaldo und Britney Spears. Alle Welt stellt sich unter die Eisdusche oder schaut anderen dabei zu. Vielleicht aus den Gründen, die „Phänomeme“ aufführt.



Einfach den Eimer jetzt stehen lassen? Mancher hat von der Ice-Bucket-Challenge genug

Man könnte jetzt „Wasserverschwendung“ rufen. Oder einwenden, dass die ALS-Forschung mit Tierversuchen betrieben wird. Mancher mokiert sich im Spaß auch darüber, dass die Polkappen schmelzen würden, bei dem ganzen verbratenen Eis. Aber im Prinzip gibt es nur ein Argument dagegen: Es nervt einfach mittlerweile so sehr. 

Das darf man ja wohl noch sagen. Oder eben gerade nicht? Es ist schließlich für den „guten Zweck“ – und sich über den aufzuregen, fühlt sich - so wenig ich auch Helene Fischer nass und im Sport-BH auf Facebook sehen will - irgendwie sehr falsch an. Aber mal ehrlich, ist der gute Zweck nicht irgendwann mal erfüllt? Konzentrieren wir uns gerade nicht zu sehr auf eine Krankheit? Ja, jedes Jahr erkranken weltweit 120 000 Menschen an ALS. Aber 50 Millionen Menschen sind gerade auf der Flucht, 800 Millionen leiden an Hunger. Ebola, Aids und Krebs wüten genauso wie der Krieg in der Ukraine, in Syrien und im Irak. Leid kann man nicht gegeneinander aufrechnen, doch hat die ALS-Stiftung, die mittlerweile mehr als 15 mal so viele Einnahmen wie im Vorjahr verzeichnet, nicht genug Aufmerksamkeit bekommen? 

Verdienen denn all die anderen Missstände nicht ebenso viel. Der Ansicht ist zumindest die Nachrichtensprecherin Linda Zervakis, die deshalb (und weil sie schwanger ist) die Nominierung ablehnte. Ein mutiger Schritt, denn das Ice-Bucket-Spiel nicht mitzuspielen, muss man sich erst einmal leisten können. Wenn sogar Spiegel online über Bush herzieht, weil er keine Eiswürfel in seinem Wasser hatte und ihn deswegen verdächtigt, ein Warmduscher zu sein, dann ist es vielleicht besser, einfach mitzumachen, statt der Böse zu sein. Oder aber - es ist für alle höchste Zeit aufzuhören. 

Was ist mir dir? Wurdest du schon nominiert? Was hast du getan? Oder was wirst du tun, wenn es noch passiert? Bist du von den Videos genervt? Klickst du sie weg oder schaust du dir jedes einzelne noch an? Und bist du der Meinung, man darf die Eisdusche für den guten Zweck auch irgendwann einfach nur noch doof finden?

Game over

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John Smedley ist viel unterwegs. Das gehört zu seinem Job. Denn der Mann ist für all das verantwortlich, was der japanische Sony-Konzern an Spielen im Netz zu bieten hat. Und für solch einen Manager, der an Flughäfen genauso viel Zeit verbringt wie im Büro, ist es kein Drama, wenn sein Flieger mal Verspätung hat. Dass seine Maschine nach San Francisco nun einen Umweg machen musste, hat John Smedley dann aber doch genervt. Weniger wegen der verloren Zeit als vielmehr wegen des Wirbels um die ganze Sache. „Diese Typen werden ihre gerechte Strafe bekommen“, twitterte er.



Verzockt? Hacker haben Playstation-Netzwerke lahmgelegt

Diese Typen, darauf deutet derzeit einiges hin, bilden die Eidechsen-Einheit. Eine Hackergruppe, die sich selbst mit der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) in Verbindung bringt und am Sonntagabend unter dem Account @Lizardsquad eine sonderbare Nachricht bei Twitter absetzte: Man habe Berichte erhalten, wonach John Smedleys Flug 362 von Dallas nach San Francisco Sprengstoff an Bord habe. Der Flieger machte dann tatsächlich einen Umweg. Das FBI ermittelt.

Zuvor hatten sich Hacker der Eidechsen-Einheit unter demselben Account bei Twitter bereits damit gerühmt, mehrere bei Spielern beliebte Netzwerke lahmgelegt zu haben. Dazu hatten sie am Sonntag die Großrechner der Unternehmen mit derart vielen Zugriffen überlastet, dass sich die Dienste für mehrere Stunden nicht mehr übers Internet aufrufen ließen. Betroffen war unter anderem das Playstation Network, das zu Sony gehört und über das sich Spieler sowohl in den Internetshops des Unternehmens einklinken als auch online gegeneinander spielen können. „Ungläubige dürfen so lange keine Videospiele mehr spielen, bis die Bomben auf die IS nachlassen“, twitterten die Eidechsen.

Nun ist es eine Sache, auf Twitter damit zu prahlen, die Großrechner von Sony in die Knie gezwungen zu haben. Über den Kurznachrichtendienst allerdings vor einem möglichen Anschlag zu warnen, ist etwas ganz anderes.

Denn wenn es um einen möglichen Terroranschlag geht, verstehen vor allem die Amerikaner keinen Spaß. Das musste im April bereits eine 14-jährige Niederländerin erleben. Sie hatte, wohl eher aus Langeweile und Übermut, via Twitter mitgeteilt, sie heiße Ibrahim, sei Teil von Al-Kaida und habe Großes vor. American Airlines antwortete prompt: „Wir nehmen solche Drohungen sehr ernst. Deine IP-Adresse und weitere Informationen werden wir an das FBI weiterleiten.“ Die 14-jährige entschuldigte sich daraufhin, sie sei doch noch ein kleines Kind. Kurzzeitig festgenommen wurde sie trotzdem.

Wie wenig Spaß Sicherheitsbeamte verstehen, wenn es um Bombendrohungen geht, musste vor vier Jahren auch ein Brite erleben. Nachdem ein kleiner Flughafen auf der Insel mitten im Schneegestöber gesperrt wurde, wählte ein 26-Jähriger ausgerechnet Twitter, um alle Welt wissen zu lassen, dass er ziemlich sauer wäre, wenn auch sein geplanter Flug wegen so ein paar Schneeflocken gestrichen würde: „Ihr habt eine Woche, um für Ordnung zu sorgen. Sonst werde ich den ganzen Flughafen in die Luft sprengen!“ Ein paar Tage später stand die Polizei bei ihm vor der Tür, führte ihn zur Ermittlungen ab und beschlagnahmte auch gleich Computer, Laptop und iPhone.

Wann solch eine Drohung via Twitter ernst zu nehmen ist, entscheidet grundsätzlich jede Fluggesellschaft selbst. Denn sie ist für die Sicherheit ihrer Passagiere verantwortlich. Und sie wägt deshalb auch ab, ob sie Verspätungen und höhere Spritkosten in Kauf nimmt – um Schlimmeres zu verhindern. Seit sich die Konflikte im Nahen Osten, im Irak oder der Ukraine zuspitzen, sind die Fluggesellschaften ohnehin in erhöhter Alarmbereitschaft. Um die Sicherheitslage besser einschätzen zu können, tauschen sie sich allerdings eher mit Luftfahrtbehörden und auch mal mit nahestehenden Geheimdiensten aus als mit irgendwelchen Leuten, sie sich hinter dubiosen Accounts bei Twitter verstecken.

Sony hatte sein Spielenetzwerk am Montagmorgen bereits wieder zum Laufen gebracht. Auch bei Microsofts Dienst XBox Live sowie bei Blizzards Battle.net waren die Probleme bald behoben. Am Montagnachmittag twitterte @Lizardsquad: „Wir sind auf dem Highway zur Hölle.“ Doch zunächst blieb es ruhig. Im Luftraum wie auf dem virtuellen Spielfeld. Die Eidechsen-Einheit ließ auf sich warten.

Ebola außer Kontrolle

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Was in den Ebola-Gebieten Westafrikas vielerorts üblich geworden ist, soll nun hart bestraft werden: In Sierra Leone hat das Parlament am Samstag ein Gesetz beschlossen, dem zufolge sich strafbar macht, wer Ebola-Kranke vor Ärzten und Behörden versteckt. Unterschreibt Präsident Ernest Bai Koroma das Gesetz, drohen fortan bis zu zwei Jahre Haft. So will die Regierung eines der größten Probleme bei der Ausbreitung des Virus in den Griff bekommen: Weil viele Menschen den Helfern nicht trauen, verstecken sie ihre infizierten Angehörigen – und stecken so sich selbst und andere an.



Eine junge Frau in Liberia wird in ein nahegelegenes Krankenhaus gebracht, nachdem der Verdacht auf Ebola bei ihr diagnostiziert wurde

Ob die Strafandrohung die Menschen allerdings beeindrucken wird? Im benachbarten Liberia haben die Behörden gerade einen ganzen Stadtteil der Hauptstadt Monrovia, das Slum-Gebiet Westpoint, unter Quarantäne gestellt und über das gesamte Land eine Ausgangssperre für die Nacht verhängt. Trotzdem musste Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf einräumen, dass auch der teils massive Einsatz des Militärs die Lage nicht unter Kontrolle bringe: Viele Menschen hielten sich schlichtweg nicht an die Verbote und Warnungen.

Auch in der Demokratischen Republik Kongo breitet sich die Krankheit inzwischen aus – nach Guinea, Sierra Leone, Liberia und Nigeria ist es damit das fünfte betroffene Land in Afrika. Wie die Regierung in Kinshasa am Wochenende bestätigte, sind im Laufe des vergangenen Monats 13 Menschen in der nördlichen Provinz Equateur an Ebola gestorben. Das Gebiet liegt mehrere Tausend Kilometer von den hauptsächlich betroffenen Ländern Guinea, Sierra-Leone und Liberia entfernt; bislang gehen die Behörden davon aus, dass es sich um einen anderen Virus-Stamm handelt, dessen Ausbruch mit jenem in Westafrika nicht in direktem Zusammenhang steht. Die Demokratische Republik Kongo ist das Land, in dem der Ebola-Erreger im Jahr 1976 zum erstem Mal identifiziert wurde; die Ärzte benannten ihn nach einem Fluss in der betroffenen Region. In Westafrika dagegen ist der diesjährige Ausbruch der erste überhaupt. Dort hat das Virus die Bevölkerung und die Behörden völlig unvorbereitet getroffen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte vergangene Woche eingeräumt, dass man das Ausmaß der Epidemie bislang unterschätzt habe – die Geschwindigkeit, mit der sich das Virus ausbreite, sei „beispiellos“. Es werde noch mehrere Monate dauern werde, die Seuche unter Kontrolle zu bringen. Unter anderem werde es immer schwieriger, die Menschen in den betroffenen Ländern zu erreichen, weil viele Fluggesellschaften ihre Verbindungen dorthin eingestellt haben. Inzwischen hat Ebola auch einen Mitarbeiter der WHO selbst befallen: Am Sonntag flog ein Militärflugzeug einen 29-jährigen britischen Krankenpfleger aus Sierra Leone aus, der sich bei seiner Arbeit mit dem Virus infiziert hatte. Er wird auf einer Isolierstation des Royal Free Hospital in London behandelt; einer ersten Mitteilung des Gesundheitsministeriums zufolge geht es ihm „gegenwärtig nicht ernsthaft schlecht“, und die Gefährdung für die britische Bevölkerung sei „äußerst gering“.

Unterdessen haben Hoffnungen auf einen Durchbruch bei der Suche nach einem wirksamen Mittel gegen Ebola erneut einen Dämpfer erfahren. Abraham Borbor, einer von drei liberianischen Ärzten, die sich bei ihrer Arbeit mit Ebola infiziert hatten, verstarb in der Nacht zum Montag – er war mit dem noch wenig erforschten Medikament ZMapp behandelt worden, das die Behörden des Landes vorvergangene Woche aus den USA erhalten hatten. Zwei erkrankte Amerikaner und ein Spanier hatten das Serum zuvor verabreicht bekommen – die beiden amerikanischen Patienten überlebten, der Spanier dagegen starb am 12. August. Das Medikament war zuvor nie an Menschen getestet worden, ein WHO-Komitee hatte jedoch angesichts der Notlage seine Verwendung für ethisch vertretbar erklärt.

Japans Regierung erklärte sich am Montag bereit, ein in ihrem Land hergestelltes experimentelles Medikament zu liefern, sofern die WHO es anfordere. Es handelt sich dabei um ein Mittel, das in Japan bereits für die Behandlung von Grippe zugelassen ist; der Hersteller verfüge über Reserven für mehr als 20000 Menschen.

Inzwischen setzt die Seuche den betroffenen Ländern auch wirtschaftlich zu: Die Weltbank schätzt, dass das Wirtschaftswachstum in Guinea um einen Prozentpunkt fallen werde; im noch stärker betroffenen Sierra Leone ist die Wirtschaftsleistung aufgrund der Epidemie bereits um 30 Prozent zurückgegangen, schätzt die Regierung. Die zahlreichen Straßensperren von Polizei und Militär blockierten den Handel mit Lebensmitteln. Zudem hätten viele Bauern in Angst vor dem Virus ihre Felder zurückgelassen.

Neuer Angstraum Alexanderplatz

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Es ist ein erbärmliches Bild, wenige Schritte neben der Karl-Liebknecht-Straße, schräg gegenüber vom Alexanderplatz. Einzelne Kerzen, wenige Blumen vor einer grauen Betonsäule. Auf den Steinen unter der Säule fallen Blutflecken auf. Zwei Klarsichtfolien hängen an der Säule. In einer steckt ein kopiertes Foto, dazu hat jemand mit Filzstift geschrieben: „Warum?“, „Du fehlst mir“ und „Wir lieben dich“. Das Foto zeigt einen jungen Mann mit einer Baseballcap in einem Kapuzenpullover, er lächelt und hat eine kleine Katze auf dem Arm. Sein Geburtsdatum steht noch dabei, und sein Todestag, dieser Sonntag. Er wurde 30 Jahre alt.



Blumen liegen am 25.08.2014 in Berlin am Tatort einer tödlich verlaufenden Messerstecherei.

Es stehen gerade mal fünf Kerzen auf dem Boden, und zwei Blumensträuße liegen da, mehr nicht.
Nur selten nimmt jemand den Tatort wahr, noch seltener bleiben an diesem Montagmittag Passanten stehen. Es lässt sich wirklich nicht behaupten, dass die vielen Menschen rund um den Alexanderplatz sich viel kümmern um diesen Tod. Am Sonntagnachmittag gegen 16 Uhr war der junge Mann nach Angaben der Polizei zusammen mit einem Begleiter und zwei Frauen aus einer Diskothek gekommen. Sie begegneten einer anderen Gruppe von jungen Leuten. Es kam offenbar zu einem Wortgefecht, so die Polizei, dann stach ein Mann aus dieser Gruppe auf den 30-Jährigen ein. Er starb wenig später in einem Krankenhaus, der Täter flüchtete.

Wieder am Alex, wieder am Alexanderplatz. Keine zwei Jahre ist es her, dass der Mord am 20-jährigen Jonny K. am Rand des berühmten Platzes im Herzen Berlins für viel Aufsehen sorgte. Der Junge wurde zu Tode geprügelt, nach einem Streit aus banalem Anlass, auch er kam mit Freunden aus einem Club. Der Alexanderplatz mit den Clubs und Kneipen rundum, einem oft exzessiven Nachtleben, wurde zu einem Symbol für solch dumpfe Gewalt. Die Polizei kündigte mehr Präsenz an. Trotzdem gab es zuletzt weitere brutale Angriffe, schon vor diesem Sonntag. Jetzt muss Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) erklären, warum es dort immer wieder zu solchen Angriffen kommt. Deutliche Kritik kommt von den oppositionellen Piraten. Nach dem Tod von Jonny K. 2012 habe Henkel viele Verbesserungen versprochen, dann aber nicht umgesetzt, kritisierte der Vorsitzender Christopher Lauer im rbb.

Der Berliner SPD-Vorsitzende Jan Stöß forderte, dass gerade im Umfeld des Alexanderplatzes die Bemühungen um Sicherheit „weiter verstärkt werden müssen, auch wenn es niemals absoluten Schutz gibt“. Auch über die Gestaltung des Platzes müsse nachgedacht werden. Es hätten sich dort „viele unwirtliche, trostlose Bereiche verfestigt, die offenbar Kriminalität und Enthemmung begünstigen“.
Der Innensenator sagte: „Der Alexanderplatz darf kein Angstraum werden.“ Und nannte es nachvollziehbar, dass die Menschen nach solchen Taten Angst haben. Zugleich erklärte er, dass bereits mit Erfolg gegengesteuert werde. Die Polizei habe ein „Kontaktmobil“ eingerichtet, die Streifentätigkeit erhöht. „Ich setze vor allem auf Polizeipräsenz, und dabei bleibt es auch“, sagte Henkel.

„Denn die Arbeit der Polizei ist erfolgreich.“ So habe die Zahl der gefährlichen und schweren Körperverletzungen am Alexanderplatz 2013 um 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahr abgenommen. Zur Ehrlichkeit gehöre aber auch, dass die Polizei nicht alles allein regeln könne, was auf diesem Platz an Alkohol, Vernachlässigung und sozialen Spannungen aufeinanderpralle. „Der Alex bleibt ein Ort, der großes Kopfzerbrechen bereiten muss.“

Am Montagmittag meldete die Polizei, dass sie den mutmaßlichen Messerstecher in Berlin-Friedrichshain gefasst hat, einen 18-Jährigen.

Mach es selber

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Am Anfang hatten Dominik Guber und seine zwei Kollegen vor allem eine Herausforderung: zu viel Bier. 2012 hatte der 26-Jährige mit zwei Uni-Freunden eine Idee: Sie wollten ein Start-up gründen für Sets, mit denen man selbst Bier brauen kann. Kleine Fässchen sollten es werden, mit denen sich jeder Bier nach seinem eigenen Geschmack zu Hause herstellen kann. In ihrer Münchner WG-Küche haben sie an den Fässern herumgetüftelt, ein eigenes Überdruckventil erfunden, einen Prototypen gebaut, verschiedene Zutaten ausprobiert und viel, viel Bier gebraut. „Wir hatten immer Bier übrig, es war ein ziemliches Luxusproblem“, sagt Guber.



Die USA sind ein interessanter Markt für Kleinbrauereien.

Inzwischen ist aus der Studenten-Idee ein Unternehmen geworden: Braufässchen. Man kann die Selbstbrau-Sets der drei Münchner im Internet bestellen und selbst konfigurieren. Es gibt vier verschiedene Biersorten (naturtrübes Pils, Weißbier, India Pale Ale, Dunkles), die man mit seinem liebsten Hopfengehalt versehen und dann Aromen hinzufügen kann, etwa Bourbonholz oder Mango. Durch die verschiedenen Kombinationen hat das Unternehmen 30000 Biere im Angebot – da kann keine Großbrauerei mithalten. Alle Zutaten sind fertig portioniert, man muss sie nur zusammenkippen. Nach einer Woche ist das Selberbier fertig. „Eigentlich kann da nichts schiefgehen“, sagt Guber. Das leere Fass wirft man im Anschluss in den Gelben Sack.

Das deutsche Reinheitsgebot verbietet den deutschen Brauereien allerlei Zusatzstoffe, die in anderen Ländern wie den USA selbstverständlich sind. Denn anders als man denkt, gibt es in Amerika längst nicht mehr nur labbriges Bier von Coors oder Budweiser, sondern auch eine wachsende Zahl von Kleinbrauereien, die Kunden teils mit Geschmacksrichtungen wie Dark Chocolate Toffee oder Watermelon Ale locken. Beliebt sind besonders die India Pale Ales (IPA) mit hohem Alkohol- und Hopfengehalt. „IPAs sind bei uns in Deutschland gar nicht erlaubt“, sagt Guber. Er glaubt, dass auch die Deutschen den anderen Geschmack zu schätzen wissen und deshalb seine Braufässchen bestellen. Das Reinheitsgebot gilt nicht, wenn man nur für sich selbst braut. So sind die Gründer auf ihre Unternehmensidee gekommen.

2012 haben die drei angefangen, aus ihrer Idee ein Unternehmen zu machen. Erst dachten sie, dass sie ihr Start-up mit eigenen Ersparnissen gründen könnten. Doch die Lieferanten machen keine Geschäfte mit Mini-Abnehmern, 3000 leere Fässer auf einmal mussten die Gründer mindestens abkaufen. Sie brauchten Geld. Über Verbindungen – Guber war einmal Werkstudent bei der Wagniskapitaltochter des Chemiekonzerns 3M – haben sie Investoren gefunden und 30000 Euro eingesammelt. „Von einem studentischen Projekt nebenher hatte sich alles plötzlich komplett geändert“, erinnert sich Guber.
Er und seine Kollegen gründeten eine GmbH, programmierten die Homepage, am Anfang alles aus der WG-Küche heraus, später wegen des Lebensmittelamts aus einem kleinen Büro. Vor zwei Jahren begann dann der Verkauf. Die ersten Sets kauften Freunde und Freunde von Freunden, das Marketing lief vor allem über Facebook. Auf einer Party knüpften die Gründer zufällig Kontakt zum Fernsehteam von Galileo. Die Pro-7-Sendung brachte einen Beitrag über das junge Unternehmen. „Es war unglaublich, nach zwei Tagen waren wir komplett ausverkauft – alles war weg, was wir für das erste halbe Jahr eingekauft hatten“, sagt Guber. Seither geht es stetig bergauf, Braufässchen gibt es jetzt auch über Geschenkeseiten im Internet, über Amazon.de und Ebay und in Supermärkten. Der Schraubenspezialist Würth hatte zu Weihnachten ein Kombiangebot für Braufässchen und Bohrmaschine.

Fast 19000 Fässchen hat das Start-up im ersten Jahr verkauft. Guber hatte mit 300000 Euro Umsatz gerechnet, es wurden dann 650000 Euro. In diesem Jahr sollen es bis zu 1,2 Millionen Euro Umsatz werden. Inzwischen hat das Unternehmen neben den Gründern zwei feste Angestellte, drei Praktikanten und einen Werksstudenten – und wenn es eng wird, kommen Aushilfskräfte dazu. Seit Januar 2014 gibt es einen neuen Investor, einen Konzern, der Aromastoffe herstellt – es ist ein strategisches Investment, der Investor hilft zum Beispiel bei der Logistik, vor allem, wenn es kompliziert wird, wie bei Lieferungen in die USA. Inzwischen zahlen sich die Gründer selbst auch ein Gehalt aus, „kein riesiges, aber eines, mit dem man in München leben kann“, sagt Guber.

Jetzt beginnt die Expansion ins Ausland. Die Gründer hatten vor wenigen Wochen eine Internet-Kampagne bei der Geldsammel-Plattform Kickstarter gestartet. Menschen aus der ganzen Welt – auch aus Kambodscha, Norwegen oder Ghana – wollten ihnen Geld vorstrecken, damit sie ihnen ein Braufässchen zuschicken. Die Nachfrage aus Großbritannien und den USA war aber schnell so groß, dass sie sich gegen Kickstarter entschieden und die Kampagne vorzeitig beendeten. Vertriebsfirmen wie Amazon waren auf die Gründer aufmerksam geworden, mit denen sie jetzt zusammen die beiden Auslandsmärkte erobern wollen – das gehe schneller und sei billiger, als jeden Kickstarter-Kunden einzeln zu beliefern, sagt Guber.
Vor Weihnachten wollen sie ihre Fässchen in Großbritannien anbieten, im neuen Jahr dann in den USA. Die Tochterfirma für die Auslandsexpansion gibt es schon, Brewbarrel Inc. mit Sitz in New York. Guber ist CEO, also Vorstandsvorsitzender. „Einer von uns musste es ja machen“, sagt er. Seine Mitgründer, der 28-jährige Biologe Wolfgang Westermeier und der 26-jährige Mathematiker Ping Lu, sind ebenfalls Mitglieder des Vorstands. „Wir haben von Anfang an gedacht, dass wir unser Produkt ins Ausland bringen wollen“, sagt Guber. „Es gibt interessantere Märkte als Deutschland. In Deutschland ist Bier einfach zu billig und es gibt keine Heimbraukultur.“



Tagesblog - 26. August 2014

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18:23 Uhr: Freunde, ich mach jetzt Feierabend. Macht das auch! Morgen begrüßt euch an dieser Stelle Kathrin Hollmer. Tschüß!

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18:05 Uhr:
Georg auf Lieder. Was ein Name! Und was ein Mensch dazu, der unserem Autor Felix-Emeric Tota (noch so ein Name!) seine Musiker-Geschichte erzählt hat. Die hat ganz schön viele Hochs und Tiefs und Wassersuppe mit Haferflocken und Zwiebeln kommt auch drin vor. Lest das mal!


Netter Typ auf Lieder

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16:55 Uhr:
Ich liege ja bei der Sommer-Challenge immer noch weit, weit hinten, unter anderem, weil ich zu wenig Eis gegessen habe. Ich mache halt was viel Besseres mit Eis - ich MALE damit. Das sieht dann so aus:
[plugin imagelink link="http://www.boredpanda.com/blog/wp-content/uploads/2014/08/ice-cream-paintings-othman-toma-4.jpg" imagesrc="http://www.boredpanda.com/blog/wp-content/uploads/2014/08/ice-cream-paintings-othman-toma-4.jpg"](via Bored Panda)
Stimmt natürlich nicht. Also, dass ich in der Sommer-Challenge weit hinten liege schon, aber mit Eis malen kann ich nicht. Das macht ein Künstler namens Othman Toma aus Bagdad. Also, behauptet er zumindest. Auf Instagram kann man sich noch mehr (angebliche, ich bleibe skeptisch) Eis-Bilder von ihm ansehen.

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16:01 Uhr:
Vor etwa zwei Wochen hat Friedemann Karig für uns die Wikipedia getestet - wie schnell werden Fehler in Einträgen entdeckt, wie schnell wird was warum gelöscht? Daraufhin gab es eine Löschdiskussion zu seinem für den Artikel angefertigten Eintrag.Und dann hatsich einer der Wiki-Administratoren bei uns gemeldet und angeboten, mal aufzuschreiben, was er eigentlich den ganzen Tag so macht. Rausgekommen ist ein wirklich interessanter Text von Kilian Froitzhuber. Dringend lesen!


Wiki-Administrator sein "erinnert ein bisschen an 'Whac-A-Mole', das Spiel, in dem Maulwürfe aus Löchern hervorkommen und mit einem Hammer zurück in die Löcher geprügelt werden müssen."

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15:21 Uhr:
Was schreib ich hier von Katzen? Hunde sind das Thema, HUNDE! Genauer: Angst vor Hunden. Dazu gibt es jetzt ein Lexikon des guten Lebens. Macht das Leben nämlich besser, wenn man keine Angst vor Hunden hat (sie sind ja überall). Katharina hat das für uns aufgeschrieben.


Meine Zugangskatze...ach, lassen wir das.

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15:17 Uhr:
Schreibt ihr auch immer "Katze" statt "Katze"? Äh, "Katze" statt "Karte"? Ich ja dauernd. Einer meiner häufigsten Tippfehler. Meine Zugangskatze ist übrigens kaputt.

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15:09 Uhr:
Iiiihr seid aber heute auch eher müde, mh? Na, mir egal, ich mache einfach weiter, auch, wenn bei mir alles kaputt ist, nicht nur mein Computer, sondern auch noch meine Zugangskarte, guckt:


Zugangskarte mit veraltetem Bild und neuem Riss und superporfessionell entfernter Personalnummer (könnte auch sein, dass es völlig wurscht ist, wenn die im Internet steht, ich habe keine Ahnung).
Ich komme damit nicht mehr unten durchs Drehkreuz und auch nicht mehr oben ins Büro. Mpf.

Aber statt zu verzweifeln, erzähle ich euch einfach eine spannende Roofer-Geschichte. Roofer, wir erinnern uns, das sind diese Menschen, auf auf Dächer steigen und dann irre Fotos machen. Besonder beliebte Trensportart in Russland. Und genau da ist kürzlich ein Ukrainer auf das Dach eines Hochhauses gestiegen, hat dort den Sowjet-Stern blau-gelb angestrichen und die urkainische Flagge gehisst.
[plugin imagelink link="http://media0.faz.net/ppmedia/aktuell/1174931557/1.3117512/width610x580/noch-schnell-ein-selfie-ein-russischer-arbeiter-der-die-ukrainische-flagge-entfernen-soll.jpg" imagesrc="http://media0.faz.net/ppmedia/aktuell/1174931557/1.3117512/width610x580/noch-schnell-ein-selfie-ein-russischer-arbeiter-der-die-ukrainische-flagge-entfernen-soll.jpg"]Ein russischer Arbeiter soll die Flagge entfernen - macht aber noch schnell ein Selfie.
Der Roofer nennt sich "Mustang Wanted" und will sich der Polizei stellen - wenn dafür Nadjeschda Sawtschenko, Hubschrauberpilotin der ukrainischen Armee und derzeit in Russland inhaftiert, freigelassen wird.

Klingt nach einer mutigen Guerilla-Aktion. Aber wie immer dieser Tage sind die Grenzen zwischen gut und böse, richtig und falsch, der einen Seite und der anderen, fließend. Die FAZ ergänzte unter dem Artikel: "Bei unseren weiteren Recherchen in den Sozialen Netzwerken haben wir festgestellt, dass Mustang Wanted sich nicht nur patriotisch gibt. Auf einigen Bildern seines Instagram- und Facebook-Accounts ist er zu sehen, wie er den rechten Arm in die Luft streckt."

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13:41 Uhr:
Heute in der Konferenz sprachen wir übrigens über Mainz und in diesem Zusammenhang auch über den Stadtteil Mainz-Gonsenheim - woraufhin sich herausstellte, dass das Chris' "Lieblings-Stadtteil von der Welt" ist. Auf dem Rückweg vom Mittagessen hat er etwa sechs bis zehn Mal "Gonsenheim" gesagt, weil er es so lustig findet. Und zwar etwa so: "GON-senheim". Dabei fiel mir ein, dass ich ja Fan der Kölner Stadtteilnamen bin. Köln-Zollstock. Köln-Sülz. Köln-Kalk. Köln-Porz (sprich: "Pochz"). Irgendjemand (ich komme aber nicht mehr drauf, wer's war) hat auch mal neue dazuerfunden. Köln-Rumms. Köln-Platsch. So was.
[plugin imagelink link="http://media.giphy.com/media/9IQJZAbfKilXO/giphy.gif" imagesrc="http://media.giphy.com/media/9IQJZAbfKilXO/giphy.gif"]Alltag in Köln-Platsch

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13:22 Uhr:
Kinder gehen ja immer, ne? Die reden halt lustig und sehen besonder witzig aus, wenn man ihnen einen Schnurrbart anklebt. Zum Beispiel, wenn sie Fernsehserien nachspielen, die für die Emmys nominiert waren. Mein Favorit: Das Frank-Underwood-Kind. Enttäuscht bin ich allerdings von der "Breaking Bad"-Adaption - ein Jesse Pinkman, der kein einziges Mal "Bitch" sagt? (Als ob das Kind dieses Wort nicht längst kennen würde.)
http://www.youtube.com/watch?v=D-2nb644tMw

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12:19 Uhr:
Schuld an allem, das sagen die Sündenbocksucher gern, sei der Islam, ohne den gäbe es ja zum Beispiel auch die IS-Milizen gar nicht. Okay, deren Wurzeln liegen im Islam, das kann man nicht leugnen. Die Sache ist: Ziemlich viele, die sich jetzt den IS-Milizen anschließen oder nach Syrien reisen, um im dortigen Bürgerkrieg auf Seiten der Radikalen zu kämpfen, haben mit Religion eigentlich gar nichts am Hut. Gerade wurde zum Beispiel bekannt, welche Bücher sich zwei Jungs bestellt haben, bevor sie von Birmingham aus nach Syrien in den Dschihad reisten: "Islam for Dummies" and den "Koran for Dummies". Der Artikel von "New Republic" belässt es aber zum Glück nicht bei dieser Nachricht - sondern analyisiert, warum junge Menschen in den Dschihad ziehen. Zum Beispiel, weil sie auf der Suche sind, nach Zugehörigkeit oder einer neuen Identität. Manchmal auch einfach aus Gruppenzwang. Da kommt man schnell wieder auf den Gedanken, dass die Wurzeln von Radikalität vielfältig sind. Und tief. Und irgendwas grade verdammt schiefläuft in der Welt.

Gute Texte zum Thema sind übrigens auch das großartige Porträt der Boston-Attentäter (vor allem des jüngeren Bruders) aus dem "Rolling Stone" und Dorians Erinnerungen an seinen Schulfreund Yassin.

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11:43 Uhr:
Gut ist ja, wenn man gar nicht nach Fundstücken für den Tagesblog suchen muss, weil die Kommentare voller Links sind. Zum Beispiel gibt es da den, der zu einer Pandabärin führt, die eine Schwangerschaft vorgetäuscht hat, vermutlich, um bevorzugt behandelt zu werden. Pandas, ey. Von denen kann man so viel lernen.

[plugin imagelink link="http://www.tierbildergalerie.com/data/thumbnails/29/gelbe_panda_cartoon.jpg" imagesrc="http://www.tierbildergalerie.com/data/thumbnails/29/gelbe_panda_cartoon.jpg"]

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10:56 Uhr:
Zum Nachrichten-Update kommt grade noch hinzu, dass Klaus Wowereit seinen Rücktritt ankündigt. Warum ist aber noch nicht raus.

Und um mir noch etwas Luft zu verschaffen, hier am Lotti-Platz, gibt es für euch erst mal einen neuen Text. Die Literaturkolumne ist nämlich aus der Sommerpause zurück und startet gleich mal mit dem Star des Herbstprogramms ins Herbstprogramm: Karen Köhler, die Bachmann-Nominierte, die wegen Windpocken passen musste, und deren hochgelobter Erzählband "Wir haben Raketen geangelt" diese Woche bei Hanser erscheint, hat mit Dorian über zwei Bücher gesprochen. Ein neu erschienenes und ihr Lieblingsbuch. Ich empfehle die Lektüre - erste der Kolumne und dann der Bücher.


Karen Köhler. Von Beruf gute Erzählerin.

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10:37 Uhr: Bei mir läuft es weiter schleppend an - man merkt ja immer erst, wie gut man am eigenen Arbeitsplatz eingerichtet war, wenn man ihn wechseln muss. Und dann war auch noch Konferenz.

Darum später als sonst, aber immerhin noch weit vorm Mittagessen, ein kleiner Überblick, was heute wichtig ist:

- Die Regierungskrise in Frankreich.

- Die erneute Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer.

- Die Überlegungen der USA, den IS in Syrien zu bekämpfen - und die Möglichkeit, dabei mit Assad zusammenarbeiten zu müssen.

- Und, um auch noch etwas Erfreuliches hier zu erwähnen: Die Emmy-Verleihung. Bei der "Breaking Bad" ein letztes Mal abgeräumt hat.

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09:25 Uhr:
Moinsen, wie der Münchner sagt! Entschuldigt bitte, dass ich so furchtbar spät dran bin, aber gerade hat sich ein Computer-Super-GAU ereignet - mein Rechner ist futsch. Kaputt. Hinüber. Ich habe schon die Notfall-Hotline angerufen und dann Asyl an Charlottes Platz gefunden, die ja diese Woche in Kiew ist. Das Gute daran: Ihr Rechner ist ungefähr eine Milliarde mal schneller als meiner (weil eine Millarde Jahre jünger).

Genug von meinen Techniksorgen, kommen wir zum Ticker: Es sind "Ice Bucket Challenge"-Wochen. Nervt's schon? Ich würde ja sagen: Kommt drauf an, wer's macht. Nervig ist zum Beispiel (natürlich) die hier:
http://www.youtube.com/watch?v=_Swr-vs9mqo

Wille und Kür

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Der Musiksender MTV ist tot, aber seine Video Music Awards funktionieren als Show und Medienspektakel immer noch ganz fabelhaft. Am Tag nach der Verleihung der Preise am Sonntag im kalifornischen Inglewood war die Welt voll mit Nachrichten und Bildern des Abends. Weil neben Beyoncé, Jay-Z, Miley Cyrus und Taylor Swift auch noch so gut wie alle anderen großen Popstars der Gegenwart entweder auf der Bühne oder sonstwie unübersehbar anwesend waren – und Blue Ivy ebenso, die Tochter von Jay-Zund Beyoncé, dem regierenden Königspaars des Pop.

 

Trautes Familienglück: Beyoncé mit Mann Jay-Z und Tochter auf der Bühne der MTV Music Awards.

Nur eines ist natürlich großer Unsinn: die Preise. Dabei herrscht die reine Willkür. Die Preise bekommen eben die Stars, die gerade weltberühmt sind. Oder die, die mal weltberühmt waren. Oder die, die – so Gott oder vielmehr: Publikum, MTV und Musikindustrie wollen – bald weltberühmt werden müssen. Eigentlich sind die Awards also eine große Parodie auf so seltsam todernste und todernst genommene Kunst-Prämierungen wie die Oscars oder die Grammys. Alle wissen das. Vor allem natürlich die Verantwortlichen von MTV und alle übrigen Mitwirkenden.

Nur die immer neuen, lausig bezahlten Hilfskräfte, die in den Nachrichtenagenturen und bei den Internet-Newsdiensten sitzen, und die Meldungen über die „VMAs“ schreiben müssen – die wissen es nicht. Und deshalb freut man sich jedes Jahr nicht nur über die meistens sehr gut inszenierte Veranstaltung selbst, sondern auch am Tag danach noch darüber, dass überall ehrfürchtig gemeldet wird, dass zum Beispiel die zarte Popsängerin Lorde den Preis für das beste Rock Video bekommen habe. Oder Beyoncé den Award für das Video mit der besten Botschaft („Pretty Hurts“). Oder Arcade Fire den für das hübscheste Video („Reflektor“). Während DJ Snake & Lil Jon für das Video mit der besten Regie ausgezeichnet wurden, aber eigentlich „Pretty Hurts“ das cinematografisch eindrucksvollste Video war.


Horror unter Fischköpfen

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Wenn du so hinausgehst, sagt der Vater, kann ich nichts mehr für dich tun. Das ist schon das ganze Problem, um das es in diesem Film geht, die Rolle des Vaters an der Schnittstelle von Drinnen und Draußen, von Heim und Gesellschaft. Er ist verantwortlich für das Wohlergehen der Tochter wie für die Sicherheit der Gemeinde. Man darf also Marie, wenn sie sich den Blicken der Dörfler aussetzt, auf keinen Fall die Provokation ansehen, die Gefährlichkeit, die ersten Zeichen der Verwandlung.



Eine neue Sachlichkeit des Horrors: Lars Mikkelsen in "When Animals Dream".

Frech und burschikos ist Marie in der Pause in der kleinen Fischfabrik, von der der Ort am Meer lebt, vergnügt zieht sie an der Zigarette, unter ihrer ein wenig zu großen blauen Schirmmütze – zu solchen greifen sie immer, wenn sie im Kino Weiblichkeit verbergen, ein Mädel zum Jungen stilisieren wollen. Die comings of age sind schöner und aufregender und überraschender, wenn es nicht um Jungs, sondern um Mädels geht. Sonia Suhl hat ein überzeitliches Gesicht als Marie, es ist zaghaft und wild, und sie kann auch sehr böse sein, es ist ihre erste Kinorolle. Verdruckst ist sie, wenn der Arzt sie untersucht, ihr von den Veränderungen spricht, die schon ihre Mutter aufwies, Schwindelgefühle, Sehstörungen, starker Haarwuchs am ganzen Körper, Blut an den Nägeln. Die Mutter sitzt nun im Rollstuhl, die Gesellschaft sediert alle – Frauen zumal –, von denen ihr Gefahr ausgehen könnte, und dabei wandeln die vorsorglichen Maßnahmen sich unvermutet in Rituale der Lust. Zwischen Carrie und Debra Graniks „Winter’s Bone“, sagt Regisseur Jonas Alexander Arnby, habe er seinen Film angesiedelt.

Die Metamorphosen der körperlichen Entwicklung, das uralte Thema des Horrorfilms, wenn der Körper sich zu verwandeln beginnt, regressiv, animalisch. In Hollywood gibt es ein kleines Meisterwerk dazu, den Werwolfklassiker „The Howling“ von Joe Dante, 1981. Arnby untersucht subtil das Leben mit der Transformation. Eine neue Sachlichkeit des Horrors. Da lebt etwas Heißblütiges in dieser Welt, die so kalt und abgestorben wirkt wie die Haufen toter Fische, die da verarbeitet werden. Wie hier weibliches Körpergefühl, weibliche Lust sich entwickelt, das kann keine Gesellschaft zulassen.

Nar dyrene drømmer, Dänemark 2014 – Regie: Jonas Alexander Arnby. Buch: Rasmus Birch. Kamera: Niels Thastum. Mit: Sonia Suhl, Lars Mikkelsen, Sonia Richter, Jakob Oftebro. Prokino, 84 Minuten.

Zwei Bücher (9): Das Wir erzählt

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Karen Köhler wurde 1974 in Hamburg geboren. Sie wollte Kosmonautin werden, hat Fallschirmspringen gelernt und studierte Schauspiel an der Hochschule für Musik und Theater in Bern. Nach einigen Jahren in Festengagements als Schauspielerin lebt sie heute als Autorin und Illustratorin in Hamburg auf St. Pauli. Sie erhielt verschiedene Preise, unter anderem 2011 den Hamburger Literaturförderpreis. Diese Woche ist ihr erstes Buch, der Erzählband “Wir haben Raketen geangelt“ im Hanser Verlag erschienen.

Teil 1: Die Neuerscheinung


Saša Stanišić: Vor dem Fest 



jetzt.de: Alle finden dieses Buch gut! Nachdem es schon mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet worden ist, hat es „Vor dem Fest“ jetzt sogar noch auf die Longlist des Deutschen Buchpreises geschafft. Was können wir den ganzen Hymnen denn noch hinzufügen?
Karen Köhler: Ich habe im Vorfeld mit Absicht gar nicht so viel über das Buch gelesen. Natürlich habe ich trotzdem mitbekommen, dass „Vor dem Fest“ sehr positiv aufgenommen wurde, wollte mir aber beim Lesen eine eigene Meinung bilden können. Und die ist jetzt auch sehr positiv.

Warum?

Ich vertraue mich Saša als Leserin gerne an, weil er eine gute Art hat, mich mit Humor verschiedene Figuren begleiten zu lassen. Ich mochte die vielen sprachlichen Spielereien, die er sich erlaubt.

Schon die Erzählperspektive ist die Grundlage für alle anderen Spielereien: Es wird aus der Perspektive eines fiktiven Dorfes in der Uckermark von einem „Wir“ erzählt.

Genau, und das Besondere ist, dass dieses Wir funktioniert wie der Chor in einer griechischen Tragödie. Das Wir weiß alles, ist aber nicht das Dorf jetzt und heute, sondern das Dorf in seiner Gesamtheit als Historie. Es ist ein Schwarm aus allem, was das Dorf je gewesen sein kann.

Und es kommentiert das Geschehen auch wie ein griechischer Chor.
Ja, genau. Manchmal treten zum Beispiel zwei Protagonisten aus dem Wir und reden über eine andere Figur, scheinbar außerhalb des Schwarms. Aber dann kommen doch immer wieder kleine Sätze, die diese Szenen annektieren: Auch das ist Wir.

All das spielt in der Nacht vor dem Annenfest.
Und dieses Fest hat eine große Geschichte im Dorf. Ich stelle es mir vor als Kombination aus einer mystischen, heidnischen Tradition, wie die Sonnenwendfeier, und etwas komplett Banalem, einem Schützenfest zum Beispiel. Die Bäckerei macht die Brötchen, der Schlachter liefert mal wieder zwei Schweine und alle hoffen, dass es besser wird als letztes Jahr. Parallel wird Vergangenes erzählt, wie vor dreißig Jahren der eine Mann diese eine Frau zum Tanzen aufgefordert hat.  

Ich hatte das Gefühl, Tradition wird in diesem Buch zu etwas Konkretem.

Ja, in diesem Fest und in der Veränderung der Zeit spiegeln sich das ganze Dorf und die Erzählperspektive wider. So wie das Fest einer Zeit unterworfen ist, ist auch das Dorf und das erzählerische Wir einer Zeit unterworfen, die durch alles durchströmt. Überhaupt: Es sind viele Themen in diesem Roman verborgen. In einer Szene wird die zugezogene Malerin, die das Dorfleben in ihren Gemälden dokumentiert, von einem Reporter gefragt, warum sie keine Bilder von ihrer eigentlichen Heimat malt. Und sie sagt: „Das hier ist meine Heimat!“ Am Ende hat sogar der Journalist gelernt, dass Heimat ein Begriff ist, den man ständig neu überdenken muss, dass Heimat eher etwas Inneres ist.

Im Buch wird der Handlungsstrang immer wieder unterbrochen, von Einschüben, die wie alte Sagen klingen und die Geschichte des Dorfes erzählen. Immer in einer an die jeweilige Zeit angepassten Sprache.
Ich gestehe: Ich habe diese Stellen oft überblättert.
Du Schuft! (lacht) Ich kann verstehen, dass man die Anpassung des Stils an die jeweilige Zeit als Manierismus oder effekthascherisches Element lesen kann, aber mir ist es nicht so gegangen. Ich beschäftige mich aber auch gerne damit, wie Worte sich verändern.

Die Geschichte des Dorfes als Geschichte des Sprachwandels?
Ja, der gezeigte Sprachwandel ist hier ein weiteres Mittel dafür, innerhalb des Romans an die Historie zu erinnern. Sie sagt uns, dass das, was wir jetzt leben, nur aufgrund einer Geschichte existiert. Das ist doch schön!  

Saša Stanišić: Vor dem Fest, Luchterhand Literaturverlag, München 2014, 320 Seiten, 19,99 Euro.

[seitenumbruch]

Teil 2: Das Lieblingsbuch


Agota Kristof: Das große Heft



Es gibt eine Sache, die die beiden Bücher, die du ausgewählt hast, verbindet: Auch in „Das große Heft“ erzählt ein Wir. Wer ist das denn hier?
Es erzählt ein Zwillingsbrüderpaar. Zwei Jungen, die nicht getrennt werden wollen und können. Bei dem Versuch, sie zu trennen, sind beide sofort krank geworden. Sie sind also so miteinander verschmolzen, dass sie sich als Wir empfinden und auch als Wir erzählen. Sie schreiben in ein großes Heft, was sie erleben, und die Wiedergabe dieses Heftes ist der Roman.

Das ganze spielt in einem von den Deutschen besetzen Land im Osten gegen Ende und nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Mutter der Zwillinge bringt ihre Söhne aus der Stadt aufs Land zu ihrer Großmutter, weil sie sie nicht mehr ernähren kann. Es ist eine Erzählung über Selbstbehauptung in einer Krisensituation.

Genau, es wird zwar nie gesagt: „Wir sind in der Besatzungszone der Deutschen“ oder: „Es ist der Zweite Weltkrieg“ oder: „Die Menschen, die da deportiert werden, das sind die Juden“. Alles wird bewusst im Unbenannten oder Universellen belassen, was mir gut gefällt. Und durch die Perspektive und die Auslassungen ist es Agota Kristof gelungen, das Monster und das Ausmaß des Krieges und was er mit dem Menschen macht, schonungslos aufzufächern. Diese dokumentarische  Art, wie die Beiden ihr Lebensumfeld beschreiben, frei von eigenen Gefühlen, beobachtend und kaum wertend, führt einen so nah an diesen Abgrund.Sie beschreiben, wie sich ein Wehrmachtsoffizier von ihnen auspeitschen lässt, so wie man auch ein Frühstück beschreiben könnte.

Das können sie aber nur, weil sie einen eigenen moralischen Kodex entwickeln, ihr eigenes Kriegsrecht, das eigentlich eine Überlebensstrategie ist.

Ja, die Magd des Pfarrers bringen sie um, nachdem sie mit ihr zusammen einem dieser Todesmärsche begegnet sind, der durch das Dorf kommt. Die Deportierten betteln nach Brot und die Magd hält ihnen ein Stück hin, um es sich dann selbst in den Mund zu stecken. Die Ermordung der Magd ist ihre moralisch gerechtfertigte Antwort auf dieses Verhalten.     

Sie gehen über Leichen, bewahren sich aber trotzdem ihre Würde und kommen letztlich unbescholten aus der ganzen Sache raus.

Ja, sich brechen Gesetze, sie verüben Anschläge, aber sie helfen auch einem bedürftigen Kind und dessen Mutter, ohne eine Gegenleistung zu verlangen. Sie bringen nicht nur Feuerholz, sondern bringen den beiden Fremden auch bei, wie man Gemüsebeete anlegt. Es ist Hilfe zur Selbsthilfe aus einem tiefen Mitgefühl heraus.

Wenn ich in einem Klappentext „Zweiter Weltkrieg“ lese, muss ich eigentlich immer gähnen. Dieses Buch mag ich aber und behaupte, es gefällt auch allen Lesern, die eigentlich genug von dem Thema haben. Warum ist das so?

Ich glaube, weil Agota Kristof alles erschafft aus nichts. Sie bringt einen dazu, die Bilder zu sehen, ohne dass sie sie aufschreibt. „Das große Heft“ ist eine Universalerzählung darüber, was Moral ist, ob Moral an Gesetze geknüpft ist und wenn ja, an welche. Es fragt: Was ist Menschlichkeit? Ein großes Buch.  

Agota Kristof: Das große Heft,Piper Verlag, München 2013,176 Seiten, 8,99 Euro.

Was tue ich gegen Angst vor Hunden?

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Ich habe Angst vor Hunden. Punkt. Ich weiß, dass es eine große tierliebende Lobby gibt, die diesen Satz so nicht stehen lassen kann und versucht, ihn mit „Aber er tut bestimmt nichts“ oder „Aber er will doch nur spielen“ herunterzuspielen. Ich empfinde diese Antworten als respektlos, denn ich habe Angst vor Hunden. Punkt.

Jedes Kind ist von Natur aus tierlieb, ich war es vermutlich auch, aber das ist lange her. Mit acht Jahren wurde bei mir eine Hundehaarallergie festgestellt, von da an hielt ich mich von Hunden fern. Je größer der Bogen wurde, den ich um sie machte, desto mehr Ängste baute ich auf. Immer, wenn mir ein Hund unangeleint auf dem Bürgersteig entgegen kam, wechselte ich die Straßenseite. Immer, wenn mir ein Hund beim Joggen nachlief, bekam ich Panik, drehte um und nahm diese Route nie wieder. Mich stresst diese Angst. Und die Hunde stresst sie auch. Sie riechen meine Panik, denn in einer Gruppe von Leuten bin immer ich es, die angebellt wird.

Ich will meinen Frieden finden mit den Viechern, also gehe ich zu einem Hundetrainer. Olaf Eggelmeyer ist Hundeversteher: Über 20 Jahre war er Trainer in einer Hundeschule im Odenwald, seit vier Jahren arbeitet er in einem portugiesischen Hundeheim. Er nimmt meine Angst ernst: „Du fürchtest dich vor Hunden, weil du sie nicht kennst und ihre Signale nicht deuten kannst. Damit konstruierst du eine Angst vor dem Unbekannten, eine Angst vor etwas, was gar nicht passiert. Oder hat dir tatsächlich schon einmal ein Hund was getan?“ Nein, natürlich nicht. Es stimmt schon, die Angst ist nur in meinem Kopf, aber da ist sie schlimm. Dort läuft ein Horrorfilm, in dem fletschende Zähne und scharfe Krallen die Hauptrolle spielen.

Ich treffe Olaf Eggelmeyer bei ihm zu Hause, dort warten sechs Hunde auf mich. „Sie werden dich begrüßen, jeder auf seine Art“, sagt er, „Cookie wird dich anspringen, weil sie sich freut, Nicky wird nur an deinen Füßen riechen.“ Es hilft mir sehr, zu wissen, was mich erwartet, und ich lasse das Begrüßungszeremoniell über mich ergehen. Während die Hunde an meinen Zehen lecken und mich hüfthoch anspringen, involviert mich Eggelmeyer in ein Gespräch. „Unterhalte dich weiter mit mir, schaue die Hunde gar nicht an, ignoriere sie, dann verlieren sie schnell das Interesse“, ruft er mir zu. Er hat Recht. Nach nur einer Minute laufen die sechs Hunde völlig unaufgeregt zurück zum Haus, mich haben sie weder gebissen noch anderweitig verwundet.

„Ein Hund will dem Menschen nie etwas Böses tun“, sagt Eggelmeyer. Wenn das Tier einem Jogger oder einem Radfahrer bellend hinterher rennt, folge es lediglich seinem Jagdinstinkt. Im Grunde müsse der Radfahrer absteigen und kurz Pause machen, dann fände ihn der Hund sofort langweilig und würde umdrehen. Zeige der Hund tatsächlich aggressives Verhalten, mache er das nur aus seiner eigenen Angst heraus. „Man sollte dem Hund dann Zeichen geben, dass er keine Angst haben muss“, rät der Hundetrainer, „zum Beispiel die Lippe lecken, den Kopf zur Seite legen, das sind typische Beschwichtigungszeichen aus der Hundewelt.“

Ich merke mir die Regeln und frage mich gleichzeitig, ob es damit wohl getan ist. Mir fehlt einfach der natürliche Umgang mit Tieren. Doch Olaf Eggelmeyer baut mich auf: „In der Hundeschule waren mir die Leute am liebsten, die ohne jegliche Erfahrung mit einem Welpen ankamen und sagten: Bitte hilf mir. Sie waren offen und haben sehr schnell gelernt, toll mit Hunden umzugehen.“

Während Eggelmeyer und ich auf seiner Terrasse sitzen, wuseln die sechs Hunde unter dem Tisch herum. Sie spielen miteinander, ohne besondere Aufmerksamkeit von ihrem Herrchen zu bekommen. In Eggelmeyers Lebenskonzept gehören Hunde einfach dazu. Diese Selbstverständlichkeit im Umgang mit den Tieren strahlt Ruhe aus, die mir hilft, mich an ihre Anwesenheit zu gewöhnen. Von Stunden zu Stunde werde ich entspannter. Was Mini, eine kleine Terrier-Dame, wohl riecht. Sie hopst auf meine Bank und legt sich auf meinen Schoß. Ich habe gar nichts dafür getan, mich bisher nur im Ignorieren gut geschlagen. Olaf Eggelmeyer lächelt, er ist sehr zufrieden mit mir, und ich bin es im Moment auch.  

Katharina Häringer, 26, geht nun entspannter mit Hunden um. Wenn sie an der Isar von einem Hund nassgespritzt wird, der sich gerade trocken schüttelt, findet sie das aber immer noch nicht lustig.
5 Tipps für den Umgang mit Hunden:

1. Vermeide direkten Blickkontakt, vor allem bei fremden Hunden, weil das auf sie bedrohlich wirkt und eine Reaktion herausfordert. Hunde setzen Blickkontakt untereinander ein, um sich zu verständigen und um zu signalisieren, wer der Stärkere ist.

2. Mund zu. Wenn Hunde zähne Zeigen, drohen sie. Da kann das Lächeln eines Menschen noch so nett gemeint sein.

3. Nicht in Slow-Motion-Bewegungen verfallen. Wenn der Mensch aus Angst heraus plötzlich ganz langsam wird und um den Hund herumschleicht, anstatt ganz normal weiterzugehen, fällt das dem Hund auf.

4. In der Hundewelt gibt es Beschwichtigungssignale, die man auch als Mensch einsetzen kann: die Oberlippe lecken, den Kopf zur Seite drehen oder gähnen. Wenn ein Hund Angst hat oder aufgeregt ist, kann man so entgegensteuern und die Situation entspannen.

5. Das Verhältnis zum Tier zulassen. Auch Menschen, die nicht mit Tieren groß wurden, können zu jeder Zeit lernen, mit ihnen umzugehen und eine Beziehung aufbauen. Das Sprichwort "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr" lassen Hundetrainer also nicht gelten.
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