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7,2 Milliarden Briefe

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jetzt.de: Gemeinsam mit der britischen Künstlerin Lenka Clayton willst du jedem Menschen auf der Welt einen persönlichen Brief schicken. Warum?
Michael Crowe: Es ist schön zu wissen, dass man einen Brief bekommt – genau wie jeder andere Mensch, den man je treffen wird, in den man sich verlieben wird oder den man in einer Menge sehen wird.

Stimmt, klingt schön. Wie kamt ihr drauf?
Meine Freundin Lenka blätterte mein Notizbuch durch und sah, dass ich geschrieben hatte: „Was würde ich sagen, wenn ich an alle Menschen auf der Welt einen einzigen Brief schreiben könnte?“ Die Idee war eigentlich, eine einzige Nachricht an die Menschheit zu schicken. Aber dann haben wir sie zusammen verändert und beschlossen: Jeder soll seinen persönlichen Brief bekommen. Das Projekt heißt "Mysterious Letters".

Ein, äh, großes Projekt. Wie geht ihr dabei vor?
Wir wollen alle Orte auf der Welt bereisen. Die Briefe verschicken wir gleichzeitig an alle Bewohner eines Dorfes, eines Stadtviertels oder einer Straße. Durch das Reisen finden wir gemeinsame Interessen mit den Menschen: Wir laufen durch dieselben Straßen, kaufen in den selben Läden ein und haben dieselbe Aussicht. Wir werfen mehrere hundert Briefe in den Postkasten, damit sich der Briefträger und die Bewohner am nächsten Tag wundern.



 Michael in seiner temporären Briefwerkstatt in Cushendall, Nord-Irland.


Es ist also eine Art Streich?
Die Idee dahinter ist, gemeinschaftliche Neugierde zu wecken und die Leute dazu zubringen, mit ihren Nachbarn zu sprechen. Einmal hat uns jemand per Mail geschrieben, dass er dank der Aktion das erste Mal seit 20 Jahren mit seinen Nachbarn geredet hat. 

Was schreibt ihr denn?
Den letzten Brief haben wir vor ungefähr sechs Monaten verschickt. Das war auf dem Tilburg-Festival in den Niederlanden. Ich glaube, es ging um einen außerirdischen Orangensaft oder so. Genau weiß ich das nicht mehr, weil wir ja so viele Briefe schreiben.

Wie viele waren's denn schon?
2700 in den letzten fünf Jahren. Wir waren erst in Cushendall, einem nord-irischen Dorf, später in Köln, Pittsburgh, St. Gallen, Paris und Tilburg. Genau genommen reicht es uns, an jeden Haushalt der Welt zu schreiben, so bekommt ja auch jeder Mensch einen Brief von uns.

Wie viele Haushalte gibt es denn auf der Welt?
Ein paar Milliarden werden es wohl sein, aber ich mach mir nichts aus Zahlen. Über uns Konzeptkünstler sagt man übrigens, dass wir eher Mystiker als Rationalisten sind. Wir nehmen uns auch Sachen vor, die wir gar nicht erreichen können.

Wie schreibt man 2700 persönliche Briefe an Fremde? 
Wir schreiben nur Dinge, die wir auch unseren Großmüttern sagen würden. Wenn wir jemandem schreiben, tun wir so, als würden wir ihn oder sie kennen. Es fühlt sich also an, als würden wir einem Freund schreiben – was ja auch logisch ist, da jeder Mensch Freundschaftspotenzial hat. Es gibt unendlich viele Dinge, über die man reden kann, die Ideen gehen also nie aus. Es gibt immer einen neuen Gedankentwist, über den man lachen kann. 



Ein Brief von Michael und Lenka.


Wisst ihr, wie die Menschen auf eure Briefe reagieren? 
In Cushendall haben wir zum ersten Mal Briefe verschickt, etwa 400, haben dann unseren Flug zurück nach England genommen und Fotos von allen Briefen auf eine Homepage geladen. Am nächsten Tag bekam Lenka einen Anruf von der BBC.

Haben die über euch berichtet?
Ja, sie haben einen Reporter hingeschickt und wir konnten die Reaktionen in den Nachrichten sehen. Die Menschen fürchteten sich teilweise! In einer E-Mail an die Schule im Dorf haben wir übrigens geschrieben, dass es ein Post-Mysterium gibt und alle Bewohner als Mini-Detektive an diesem Fall arbeiten sollen.

Und?
Wir bekamen eine Morddrohung, aber auch gute Reaktionen – selbst süße Briefe können Unheil bringen. Als die Leute erfahren haben, was dahinter steckt, fanden sie die Aktion toll. Vielleicht aus Erleichterung. 

http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=dQld1Kyqqg4 Der Bericht der BBC.

Auch in Köln habt ihr Briefe verschickt.
Stimmt, 2011 hatten wir dort eine Art Ausstellung. Wir haben jeden Brief mit Anweisungen in drei Sprachen geschickt: Die Leute sollen in die Galerie kommen, um die Briefe übersetzen zu lassen. In der Galerie warteten Übersetzer. Die Gruppe, der wir geschrieben haben, war hauptsächlich polnisch und russisch. Das Witzige war, dass sie zuerst dachten, es handele sich um einen bizarren Masterplan für ein Verbrechen: Erst die Leute aus dem Haus bekommen, dann ausrauben. Auch die Polizei wurde alarmiert. Später haben alle darüber gelacht.

Wie finanziert ihr die Reisen und Briefmarken? 
Wir haben via Crowdfunding Geld gesammelt, vor allem die New Yorker waren von Anfang an sehr großzügig. Lenka und ich haben viel Spaß daran, uns Belohnungen auszudenken. Zum Beispiel haben wir 0,0001 Prozent des Eiffelturms mit einem Kartoffelschäler abgeschabt und gemeinsam mit einem Liebesbrief verschickt. Oder betrunken Postkarten geschrieben. Außerdem haben uns auch schon Galerien unterstützt, in Zukunft werden wir aber wieder auf Kickstarter sammeln. Schießlich müssen wir noch an viele Orte der Welt Briefe verschicken. 

An vielen dieser Orte können die Menschen kein Englisch. Wie überwindet ihr Sprachbarrieren?
Nur auf Englisch zu schreiben fänden wir arrogant. Deswegen haben wir uns einige Dinge ausgedacht: In Paris haben wir Briefe mit französischer Übersetzung verschickt, in Tilburg mit holländischer. Wir haben schon ganz spezielle Pläne für Orte, an denen es mit der Übersetzung etwas komplizierter werden könnte, aber das ist streng geheim.

Also geht eure Reise weiter?
Ja, wir arbeiten fleißig an unserem Ziel und haben schon Pläne für ein paar nächste Stationen. Wer weiß, vielleicht sind wir morgen in eurer Nachbarschaft. München steht auf jeden Fall auf unserer Liste. 






Wowereit vs. Schwaben - der Bildervergleich

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Anschlag




Hat das Image verbessert




Das nicht so



[seitenumbruch]
Mit Ei




Mit Besen




Schmierereien



[seitenumbruch]
Können die nicht so




<3




Fiese Texte




In The Mix

Was machen Uniformen mit dir?

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Der Kapitän, der aus dem Cockpit sprach, nannte jedes Crew-Mitglied beim vollen Namen und bedankte sich. Er begann jede Durchsage mit „Liebe Kinder, sehr geehrte Damen und Herren“. Und er sagte: „Wir wünschen Ihnen noch einen guten Weg, wohin auch immer er führen mag.“ Den Rest weiß ich tragischerweise nicht mehr. Aber es war die schönste Cockpit-Begrüßung, die ich je gehört habe, so schön, dass ich ihm das sagte. Auch, um mal mehr als „Auf Wiedersehen“ beim Hinausgehen aus dem Flugzeug zu sagen, wenn man an den Piloten vorbei geht. Und der Captain, ein Mittfünfziger mit grauen Schläfen und tiefen Grübchen, lächelte mich an und antwortete einfach nur: „Des duad so guat!“  

Auf dem Weg zur und in der S-Bahn war ich ein bisschen verliebt in diesen Kapitän, der sich ehrlich über meine Worte zu freuen schien, aber nicht, wie mir in der jetzt.de-Konferenz gleich unterstellt wurde, wegen seiner – Zitat – „schneidigen“ Uniform. Die hatte ich ja noch nicht gesehen, als ich schon vor Rührung etwas zu laut – ohhhhhh! – im Flugzeug seufzte.  





Das war jetzt weit ausgeholt, aber dieses Erlebnis bringt mich zu unserem heutigen Ticker-Thema: Uniformen. Mich schrecken die ja ab. Ganz besonders alle militärischen. Aber auch Schuluniformen, die von Piloten, Kapitänen und natürlich die von der Polizei (nicht nur der bayerischen, die sich aber demnächst ändern soll). Gerade durfte ich in Rom gleich mehrere verschiedene Polizeiuniformen sehen. Auch hier: Unbehagen. Natürlich weiß ich, dass bestimmte Uniformen, die von Feuerwehrlern etwa, auch einen Schutzzweck erfüllen. Das ist okay. Aber die meisten dienen ja irgendwelchen honorigen Dekorationszwecken. Und das finde ich einfach nur albern.  

Was hast Du schon mit uniformierten Menschen erlebt und was machen Uniformen mit dir? Flößen sie dir Respekt ein? Schrecken sie dich ab? Oder machen sie dich insgeheim auch ein wenig an? Musst du selbst eine tragen? Wenn ja - wie fühlst du dich darin?

Kapitalismus im Galopp

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Angela Ingenito muss warten. Seit Jahren hat sie auf diesen Moment hingearbeitet, sie hat für 80000 Dollar gutes Sperma besorgt, die richtige Mutter gefunden. Sie hat die Stute während der Schwangerschaft betreut, ihren Bauch wachsen sehen, dann die Geburt. Sie hat das Fohlen großgezogen, lange dünne Beine, haselnussbraun, zwei weiße Hinterhufe, zwei dunkle Vorderhufe, weiße Blesse. Es ist gut gewachsen, seine Hüfte ist stark, die Muskeln zeichnen sich unter dem Fell ab. Heute ist der Tag, um Abschied zu nehmen. „Ich bin sehr, sehr, sehr nervös“, sagt Ingenito. „Es ist aufregend und tut immer auch weh, die Pferde gehen zu lassen.“



Die gezüchteten Hochleistungs-Schimmel kommen dann bei Pferderennen - wie hier in Iffezheim - zum Einsatz

Die Züchterin ist aus Florida die ganze Ostküste hinauf nach Saratoga Springs gefahren. Jeden Sommer trifft sich die Pferderenngemeinde im Sommersitz der Reichen in den Bergen zwei Stunden nördlich von New York. Seit 1863 kommen die Menschen hierher zum Pferderennen. Und dieses Jahr, zum 94. Mal, gibt es wenige Meter neben der Rennstrecke die berühmteste und elitärste Auktion des Landes für Rennpferde. Pferdenarren aus der ganzen Welt sind in den Kurort gereist, um das eine Pferd zu finden, das die großen Derbys gewinnen kann. Es geht um Millionen.

„Nach Saratoga Springs komme ich überhaupt nur, wenn ich ein ganz besonderes Tier im Angebot habe“, sagt Ingenito. Ihr besonderes Tier hat heute die Nummer 82 bekommen. Namen zählen nicht, nur Stammbäume. Nummer 82 bedeutet, dass Ingenitos Pferd das letzte ist, das an diesem Abend unter den Hammer kommt. Sie notiert mit zittriger Hand die Preise, die die anderen Fohlen erzielen. „Eine halbe Million sollte bei uns schon drin sein“, hofft sie. „Das klingt vielleicht viel. Aber man muss sich an diese Summen gewöhnen, wenn man nach Saratoga kommt.“

Im Auktionssaal ist jeder Platz belegt. Am Rand stehen Hunderte Zuschauer. Der Auktionator in Smoking und Fliege bewirbt den Körperbau der Tiere, die Rennrekorde ihrer Eltern. Dann werden die Pferde hineingeführt. Muskeln, Rippen und glänzendes Fell, frisch gestriegelt und gekämmt. „Es ist nicht leicht für die jungen Tiere mit dem Geräuschpegel und all der Energie hier drin“, sagt der Auktionator, als sich Fohlen Nummer 19 aufbäumt.

Der Auktionator ruft Zahlen ins Publikum. „100000, gib mir mehr, wie wäre es mit 150000. Gleich 200000 Dollar. Gib mir mehr, gib mir mehr, gib mir mehr. 300000 Dollar. Da geht noch was.“ Schwer zu sagen, ob er singt oder spricht, Amerikaner nennen das den „Auction Chant“. Dann ein Schlag mit dem Hämmerchen. Sold. 285000 Dollar, 400000 Dollar, 675000 Dollar. Als Fohlen Nummer 69, eine Tochter des Renn-Champions Tapit, zum ersten Mal am Abend die Millionengrenze knackt, geht Applaus durch den Saal. Als ein Tier nur wenig Interesse findet, ruft ein kleines Mädchen mit Zopf und Mittelscheitel: „95000 Dollar ist doch gar nicht viel Geld!“ Angela Ingenito, die Züchterin aus Florida, wird immer nervöser. Noch zwölf Pferde bis zu ihrer Nummer 82.

Organisator des Ganzen ist Fasig-Tipton, das älteste Pferde-Auktionshaus Amerikas, inzwischen gehört es einem Investor aus Dubai. Seit William Fasig und Edward Tipton das Unternehmen 1898 in New York gründeten, kaufen die Superreichen hier ein. Ein normales einjähriges Vollblut-Rennpferd bringe bei anderen Auktionen im Schnitt 40000 Dollar, erklärt Fasig-Tiptons Verkaufsmanager Evan Ferraro. In Saratoga Springs bringt ein Tier im Schnitt rund 250000 Dollar. Fasig-Tipton-Experten reisen durch das Land auf der Suche nach Fohlen, die athletisch und reinrassig genug sind, um bei ihrer Edel-Auktion versteigert zu werden. In Saratoga Springs verkauft zu werden, ist ein Gütesiegel. In den vergangenen zwölf Monaten haben sechs Saratoga-Tiere Grade-One-Turniere gewonnen, die wichtigste Rennklasse. Wer Glück hat, kann die Millionenausgaben für das edle Tier wieder zurückgewinnen. Wer besonders viel Glück hat, kann reich werden – oder noch reicher als ohnehin schon.

„Hierher kommt Geld aus der ganzen Welt, der Großteil der Käufer sind Amerikaner, aber wir haben auch viele Kunden aus dem Nahen Osten und Südamerika“, sagt Ferraro. „Es ist altes Geld und neues Geld, aber in jedem Fall viel Geld.“ Die Erbin des Suppen-Imperiums Campbell ist Jahr für Jahr hier, die Scheichs aus Dubai und Katar schicken ihre Agenten. Zwei Japaner machen Notizen in einem dicken Ordner. Alte amerikanische Pärchen heben so dezent den Finger, dass man kaum sieht, dass sie ein Gebot abgeben. Männer in Anzügen lehnen an der Wand und tippen auf ihren Handys herum oder telefonieren hinter vorgehaltener Hand – sie sind die Agenten der Pferdenarren aus dem Nahen Osten, sie geben die höchsten Gebote ab. Der Parkplatz vor dem Auktionshaus steht voll mit Porsches, Ferraris, Jeeps und BMWs.
Die Wirtschaftskrise war eine harte Zeit für Pferdezüchter, Fasig-Tipton hat nur halb so viele Gebote bekommen wie in normalen Jahren. Inzwischen hat sich das Geschäft einigermaßen erholt. Weniger Züchter haben seit der Krise Fohlen großgezogen, das Angebot ist gesunken, die Nachfrage steigt wieder. „Das muss man ehrlich sagen, die Pferde sind sogar für die Reichen ein Luxus, den sie sich in harten Zeiten sparen“, sagt Ferraro. „Aber dieses Jahr wird wieder fast so gut wie vor der Krise.“

Dann ist Nummer 81 an der Reihe, ein Schimmel wie aus dem Märchen, ebenfalls eine Tochter des Champions Tapit. Sie bringt 1150000 Dollar, die bislang höchste Summe des Abends. Dann ist das letzte Pferd an der Reihe, Ingenitos Nummer 82. Die Züchterin hat Platz genommen direkt vor dem Auktionator, rückt ihre Brille zurecht, die Miene regungslos. Ihr Pferd glänzt, tänzelt ein wenig, blickt in die Menge, als würde es seinen Käufer suchen. Der Auktionator beginnt seinen Gesang. „75000, gib mir mehr, 150000. Ja, ja, da geht noch was. 350000. Das hier ist eine Schönheit. 525000. Gib mir mehr.“ Ingenito fängt zu lächeln an. „600000 Dollar. Da geht noch mehr.“ Dann der Schlag mit dem Hammer. Fohlen Nummer 82 bringt 700000 Dollar. „Ich bin glücklich“, sagt Ingenito. „Wir gehen jetzt feiern.“

„Sie waren plötzlich da“

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Noch eine überrannte Stadt, tote Soldaten, fliehende Zivilisten, triumphierende Dschihadisten: Mit etwas veränderten Vorzeichen und in deutlich kleinerem Maßstab wiederholt sich in Libanon, was die IS-Milizen im Irak vorgemacht haben. Am Wochenende sind sie im bislang größten Vorstoß aus dem benachbarten Syrien in die Stadt Arsal eingefallen, verärgert, weil die libanesische Armee einen ihrer Kommandeure, Imad Ahmad Dschomaa, in Arsal festgenommen hatte. „Ich weiß nicht, woher sie kamen“, sagte die Libanesin Hala der Zeitung Daily Star: „Sie waren plötzlich da und haben die Stadt eingekreist.“



Dunkle Bedrohung: Hier Dschihadisten im Gaza-Streifen

Seitdem starben mindestens 16 libanesische Soldaten, 20 weitere wurden entführt. Mindestens ein Lager syrischer Flüchtlinge in Arsal ging offenbar in Flammen auf, die Armee konnte nicht verhindern, dass sich der Konflikt ausweitete: Auch in der Küstenstadt Tripolis brachen Unruhen aus, Soldaten wurden verletzt, als ein Armeebus angegriffen wurde. Ein achtjähriges Mädchen soll getötet worden sein.

Der Hintergrund ist komplex. Arsal liegt in der Bekaa-Ebene. Die Bekaa ist eine Hochburg der Schiiten, also auch der Hisbollah-Miliz, Arsal aber eine vornehmlich sunnitische Stadt. Seitdem das Nachbarland Syrien in den Bürgerkrieg abgeglitten ist, haben sich auch die Spannungen zwischen Sunniten und Schiiten in Libanon verschärft: Die Sunniten unterstützen die vornehmlich sunnitischen Aufständischen. Wie in Syrien gibt es auch in Libanon sunnitische Extremisten. Die schiitische Hisbollah aber kämpft auf der Seite des Regimes von Baschar al-Assad, der zur schiitischen Sekte der Alawiten gehört.

In Tripolis sind die Kräfteverhältnisse umgekehrt: Die Stadt ist vornehmlich sunnitisch. Jüngst kam es hier zu Solidaritätsdemonstrationen mit den sunnitischen Extremisten des „Islamischen Staates“ (IS). Sunnitische Geistliche aus Tripolis wollten in Arsal vermitteln, eine Waffenruhe erreichen, eine Erste-Hilfe-Zone für Zivilisten durchsetzen. Als aber ihr Konvoi auf dem Weg dorthin angegriffen wurde, brachen in Tripolis Unruhen aus.

Libanon ächzt unter einem Flüchtlingsstrom aus Syrien, allein in der Bekaa-Ebene leben nach UN-Angaben 1,1 Millionen Flüchtlinge. Die Flüchtlinge in der Grenzstadt Arsal sind nun in einer noch schwierigeren Lage. Offenbar erlaubt die libanesische Armee ihnen nicht, weiter ins Landesinnere zu fliegen. Die New York Times zitiert einen Mann mit den Worten: „Einige Anwohner sind wütend auf uns, sie wollen niemanden von uns mehr aufnehmen, weil sie denken, dass wir hinter den Kämpfen stecken. Als hätten wir die Angreifer willkommen geheißen.“

Die komplexe Balance zwischen den Konfessionen und ethnischen Gruppen wird durch die Spannungen im Nachbarland schwer belastet. Immer wieder kam es an der Grenze zu Schusswechseln oder Raketeneinschlägen, auch zu Selbstmordanschlägen. In Arsal haben die Radikalen aus Syrien erstmals eine ganze Stadt eingenommen. Zu den Angreifern gehört neben der IS-Miliz auch die al-Qaida-nahe Nusra-Front. Die IS-Miliz kontrolliert nach den irakischen Eroberungen im Juni einen zusammenhängenden Landstrich im Norden Syriens und des Irak. Dort hat sie vor einigen Wochen das Kalifat ausgerufen.

Am Wochenende hat sie zudem drei kurdische Städte erobert, weitere Ölfelder sowie Orte in der Nähe des Mosul-Staudammes. Die Eroberer Arsals fordern die Freilassung ihres Kommandeurs. „Sie sollen unseren Emir freilassen, und wir werden uns aus der ganzen Stadt zurückziehen“, zitiert die New York Times einen Sprecher der Angreifer namens Abu Osama, den sie telefonisch erreichte.

Am Montag traf sich das libanesische Kabinett zu einer Krisensitzung. Premierminister Tammam Salam gab sich unnachgiebig: „Es gibt keine politische Lösung mit Extremistengruppen, die die arabische Gesellschaft mit religiösem Obskurantismus und seltsamen Titeln manipulieren und ihre kranken Operationen nach Libanon übertragen wollen.“ Die einzige Lösung sei der Rückzug der Radikalen aus Arsal und der Umgebung, es werde keine „Nachsicht“ geben.

Arsal ist eine der wenigen verbliebenen Transportrouten der sunnitischen Aufständischen in Syrien und der Dschihadisten aus Libanon nach Syrien. In Syrien sind in den vergangenen drei Jahren mindestens 170000 Menschen gestorben. Der UN-Sicherheitsrat hat das Vorgehen der libanesischen Armee gegen die Extremisten unterstützt, warnte aber das Land davor, sich in den Bürgerkrieg hineinziehen zu lassen.

Buntes Problem

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Spätestens seit David Beckham mit einem leuchtenden Gummiband am Handgelenk gesichtet wurde, ist klar: Rainbow Loom Bands sind der Trend des Sommers in den Kinderzimmern dieser Welt. Die farbigen Gummis werden in Tausender-Packungen verkauft und dann zu Armbändchen zusammengeklöppelt. Die Frage ist nur: Wohin mit dem ganzen bunten Gummizeug, wenn der Unterarm voller Bändchen ist? Und was passiert mit den regenbogenfarbenen Handarbeitsprodukten, wenn die Mode wieder vorbei ist? Einfach in den Müll damit?



Zieren noch ein Handgelenk - doch irgendwann werden die Bänder abgenommen: Wohin dann damit?

Genau auf diesen Moment – das Ende des Hypes – weisen jetzt britische Umweltschützer hin. Aktivisten in den USA hatten zuvor schon mehrmals auf das Entsorgungsproblem mit den Gummibändern aufmerksam gemacht. Die bunten Bändchen werden größtenteils aus Silikon hergestellt, was bedeutet, dass sie weder verrotten noch wiederverwertet werden können.

Die britische Presse vergleicht die Problematik mit dem Gummiskandal von 2011, als die Royal Mail begann, rote Gummibänder zu benutzen, um Briefe zu kleinen Paketen zusammenzuschnüren. Auch diese waren nicht recycelbar, weshalb besonders pflichtbewusste Bürger die Gummibänder zur Wiederverwendung an die Post zurückschickten.

In den USA gibt es mittlerweile eine Onlinepetition, die Stimmen dafür sammelt, um die Loom Bands zu verbieten – zumindest, bis sie unter nachhaltigen Bedingungen produziert und wiederverwertet werden können. Besonders die Sorge um Haus- und kleinere Wildtiere ist groß, da sie sich an herumliegenden Gummibändchen verschlucken könnten.

Konkrete Fälle von zu Schaden gekommenen Lebewesen sind bislang jedoch nicht überliefert. Trotzdem türmt sich so langsam ein buntes Problem auf. Die britische Daily Mail zitiert den Vorsitzenden einer Recyclingfirma, der verspricht, man werde sich „etwas einfallen lassen“, sollte die Nachfrage nach den Gummibändern weiterhin so groß sein.

Gottesstaat für Einsteiger

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Leseratten sind sie nicht. Kaum hatten die Militanten vom Islamischen Staat (IS) ihr Kalifat ausgerufen, säuberten sie die Uni von Mossul. In den Bibliotheken der irakischen Stadt blieb nur medizinische und wirtschaftswissenschaftliche Fachliteratur stehen, flankiert von Büchern über Maschinenbau. Der Rest, Kunst, Philosophie oder Politik, flog auf den Müll. Denn die Radikalsten unter den Islamisten lesen wenig, zwischen Buchdeckeln und in Zeitschriften lauert Sünde. Der Koran und die frommen Begleitwerke, das immer. Ansonsten ist bestenfalls Propaganda erlaubt.



Radikalisierung der Kämpfer - wie hier in Gaza City - dürfte auch Ziel des Magazins sein

Die wird beim Islamischen Staat gekonnt betrieben. Neben Webseiten, Filmen und Twitter gibt es ein Magazin, Dabiq erschien erstmals im Juli. Das Heft ist handwerklich stimmig gestaltet: Wenn Kalif Ibrahim irgendwann eine Fluglinie in seinem Gottesstaat haben sollte, kann er das Blatt in die Sitztaschen stecken lassen, in denen sich bisher die Duty-Free-Kataloge finden. Sozusagen am Kiosk gibt es die arabische Dabiq-Ausgabe nur in den Gebieten Syriens und des Iraks, in denen der Islamische Staat regiert. Wer nicht im Kalifat lebt, findet es im Internet. Auf Englisch.

Die Blattmacher im Al-Hayat-Media-Center, der Propaganda-Zentrale des IS, zielen mit Titeln wie „Die Rückkehr des Kalifats“ oder „Die Flut“ auf nicht Arabisch sprechende Muslime in Europa, Russland, Amerika. Auf junge Migranten oder auf Konvertiten, junge Männer, welche die Kriegsgräuel der arabischen Welt kaum kennen, den Dschihad aber mitkämpfen wollen. Heiliger Krieg und Kalifats-Staat sind die zentrale Botschaft, vorgekaut für nicht textsichere Muslime: Die Dabiq-Texte sind durchsetzt mit religiösen Formulierungen in transkribiertem Arabisch.

Erklärt wird das Kalifat als einzig akzeptable Staatsform von Dschihad-Größen wie dem Al-Qaida-Mann Abu Mussab al-Sarkawi. Dabiq lobt ihn als Vordenker und Vorbild-Dschihadist. Der extrem brutale Jordanier hatte einen der Vorläufer des Islamischen Staats gegründet und starb 2006 bei einem US-Bombenangriff im Irak. Auch Kalif Ibrahim, geistlicher und politischer Führer des nun real existierenden Gottesstaats im Irak und in Syrien, wendet sich an die Leser: „Erhebt das Haupt. Ihr habt nun einen Staat und ein Kalifat, das euch Würde, Macht, Rechte und Führerschaft zurückgibt.“

Was das heißt, zeigen blutgesättigte Bilder. Von Ibrahims „Gotteskriegern“ niedergemetzelte schiitische Gegner sind alle „Perser“, die eigenen Toten aber „Muslime“. Dazu Propaganda über den Jubel der Menschen in den „befreiten Gebieten“, Siegesparaden der Kämpfer, den wirtschaftlichen Aufbau im Kalifat. Auch die anderen Konflikte in der islamischen Welt kommen vor. Es brauche „Zeit und Geduld“, bis der IS nach Palästina komme, um „die barbarischen Juden“ zu töten.

So ist der Name des Magazins Programm. Dabiq ist ein Ort in Syrien, der in der Frühgeschichte des Islam erwähnt wird. Kurz vor dem Ende der Welt wird dort eine Entscheidungsschlacht geschlagen werden zwischen den Muslimen und den anderen, den Christen und Kreuzrittern: Der Sieger steht fest. Dazu gibt es Nachhilfe für solche, die den militanten Islam nicht kennen. Erklärt wird, warum Ehebrecherinnen gesteinigt, Straßenräuber erschossen werden. Noch härter waren frühere Online-Auftritte des Islamischen Staats. Gezeigt wurden panische Gefangene, daneben stand: „Zusammengetrieben fürs Schlachtfest“.

Offenbar arbeitet man mit Dabiq an einem Image des Islamischen Staats, das auch Dschihad-Unerfahrene und nicht nur notorisch Gewalttätige anspricht: Die könnten dem Kalifat als Zivilisten dienen, als Ärzte oder Ingenieure. Gemacht wird Dabiq wohl von westlichen Konvertiten. Im ersten Heft wird der Kalif als Hirte mit Hund symbolisiert. Das Motiv vom guten Hirten und seinen Schäfchen ist ein Klassiker der christlichen Bildersprache, nicht der islamischen. Auch des Schäfers treuester Begleiter irritiert: Im Islam gelten Hunde als unrein.

Tagesblog - 6. August 2014

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18:00 Uhr: Liebe jetzt-Herde, ich veraschiede mich in den Feierabend. Und dahin schicke ich auch euch - auf Russisch gebrüllt, wenn ich's denn könnte. Morgen an dieser Stelle für euch:
JAKOB!
https://www.youtube.com/watch?v=QSZmV_3Lm_A#t=42

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17:30 Uhr: Unser Autor Lucas war glücklich mit seiner Freundin - bis er sich mit ihr auf Facebook befreundete und auf einmal stasimäßig in ihrer Vergangenheit schnüffelte. Deshalb hat er ein Plädoyer fürs nicht Freunde sein für uns aufgeschrieben. Lesen und sich selbst bei manchen Gedankengängen ertappen.




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17:10 Uhr: Bevor hier gleich der Finaltext und die Fanfare zum Tagesabschluss kommen - Juri hat uns mal wieder eine schöne Schaufensterkritik zu Herrenausstattern gemacht. Angucken und defitinv freuen, dass man nicht so aussieht wie eine der Puppen!




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16:50 Uhr:
Gerade von JosephineKilgannon verlinkt worden - ich sterbe vor Lachen!
https://www.youtube.com/watch?v=MJ1472OHqkY

++++

15:45 Uhr:
Oh, zu dem Penisgerenne gibt's nen ganzen tumblr:
[plugin imagelink link="http://38.media.tumblr.com/2e85e37f8da9142fc0679302aba660d6/tumblr_n8ehttd83S1texhuno1_500.jpg" imagesrc="http://38.media.tumblr.com/2e85e37f8da9142fc0679302aba660d6/tumblr_n8ehttd83S1texhuno1_500.jpg"]

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15:20 Uhr:
Es gibt doch immer diesen #throwbackthursday bei instagram, nech? Ich mache jetzt mal den "Memory-Mittwoch" auf, weil Freundin mich heute daran erinnert hat, wo ich vor einem Jahr war: Notgelandet in Indien! War eigentlich auf dem Weg nach Indonesien, als auf einmal eine unverständliche Durchsage über dem indischen Ozean kam, dass jemand an Bord sehr krank sei und wir jetzt umdrehen müssten. Keiner wusste wohin, was die Stewardess sagte klang wie "China", entpuppte sich dann aber als "Chennai" in Indien. Irgendwann gab es dann an Bord das Gerücht, jemand habe Tuberkulose, am Chennaier Flughafen fuhr ein Rettungswagen vor, aus dem Sanitäterinnen in Saris (ungelogen!) ausstiegen. Ende vom Lied: Sechs Stunden zu spät in Indonesien angekommen, besagte Freundin bekam vor Ort keine Informationen und ging davon aus, dass wir Fischfutter sind. So. Und was habt ihr so vor einem Jahr gemacht?

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15:15 Uhr:
Vermutlich habt ihr dieses unfassbar lustige Kind schon tausendmal gesehen, aber dann zeige ich es euch halt zum tausendundeinsten Mal:
https://www.youtube.com/watch?v=rz5TGN7eUcM "Apparently..."

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14:45 Uhr: Bin leider im Bildergalerien-bauen nicht so gut, deshalb das lange Schweigen. Dafür jetzt online: Lisa und Steffi übernachten inmitten der Gentrifizierung Berlins und stellen fest: Gar nicht so schlecht!




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13:45 Uhr: Weil man auf dem Foto unten angeblich nüscht erkennt, hier nochmal (mit Sternchen!)




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13:30 Uhr:
Gerade gelesen: Den Text von jetzt-Userin wollmops "Woher der Hass - Heels". Quasi ein Spin-off zur Schlüterschen-Weisbrodschen-Kolumne. wollmops hat nämlich das Gefühl, von Frauen oft indirekt dafür gehasst zu werden, dass sie auf den Dingern laufen kann. Und dann schreibt sie eine Zeile, die ich ja als Pendant zum Biazzaschen-Birkenstock-Hass sehe (ja liebe User, er hat gemerkt, dass ihr momentan alle eure Füße fotografiert): "Der Konflikt, so glaube ich, liegt darin, dass hohe Absätze für viele Menschen ein sexuelles Symbol sind. Ein antifeministisches ‘Ich quäle mich, um Männern zu gefallen’-Symbol. Nun, gegen die Symbolkraft kann ich nicht an. Dass hohe Schuhe jedoch eine besondere Qual darstellen, ist einfach nicht richtig. Ich besitze sehr hohe, bequeme Schuhe (Keilabsatz und dergleichen) und flache, in denen ich beinahe krepiere, weil sie zu eng sind und Blasen machen."

PS: Geile Schuhe auf dem Foto da, wollmops!

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13:20 Uhr:
Zurück! Und habe euch ein Fensterselfie mitgebracht:




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12:25 Uhr: Yippie, Mittagessen!! Bis gleich!

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12:10 Uhr: Falls ihr euch fragt, was wir in Phasen längerer Abwesenheit so tun: Teaser bauen! Bin ich jetzt fertig mit, um euch direkt mit diesem schönen nacktschneckigen Tumblr zu erfreuen - den JosephineKilgannon schon vor ein paar Tagen hier mal beworben hatte!
[plugin imagelink link="http://31.media.tumblr.com/31cb41ece27a9a9da930121e59a2e3bb/tumblr_n9n5dzNndD1thoekio1_1280.jpg" imagesrc="http://31.media.tumblr.com/31cb41ece27a9a9da930121e59a2e3bb/tumblr_n9n5dzNndD1thoekio1_1280.jpg"]

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11:20 Uhr: Heute werde ich als Tagesboss mit guten Links förmlich zugeschmissen. Nach sorgfältiger Kuratierung habe ich mich aber für den klassischen Penis-Witz entschieden - ihr kennt doch vermutlich alle diese Lauf-Apps wie Runtastic oder das Ding von Nike, mit denen man vor sich selbst und seinen Freunden angeben kann? In den USA ist der neue Wettbewerb nicht, die 10 Kilometer unter einer Stunde zu laufen, sondern, ähm... in einer bestimmten Form? Ich versuche das demnächst auch mal in München im Englischen Garten... [plugin imagelink link="http://3-ps.googleusercontent.com/x/www.enjoygram.com/scontent-a.cdninstagram.com/hphotos-xpf1/t51.2885-15/x10525532_752690858105689_1342501414_n.jpg.pagespeed.ic.cHIPzxWIUI.jpg" imagesrc="http://3-ps.googleusercontent.com/x/www.enjoygram.com/scontent-a.cdninstagram.com/hphotos-xpf1/t51.2885-15/x10525532_752690858105689_1342501414_n.jpg.pagespeed.ic.cHIPzxWIUI.jpg"]

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11:10 Uhr:
Macht ihr euch auch immer lustige Gedanken darüber, warum Menschen im Supermarkt kaufen, was sie kaufen? Zum Beispiel nur Tiefkühlfleisch und dann aber noch Vitaminkapseln? Oder kauft ihr manchmal für das Gewissen vor der Kassiererin zu all dem Alkohol noch eine 2kg-Packung Äpfel? Philipp hat sich im heutigen Herzensbrecher mit der besonderen Spezies der After-Work-Einkäufer im Anzug beschäftigt, die schnell aus dem "Office" hetzen um noch vor Ladenschluss irgendetwas Schönes aus diesem Scheißtag zu quetschen. Lieblingszeile: „Der Schröder hat schon wieder das Sonderlob vom Kunden bekommen? Soll er doch! Dafür habe ich jetzt Mini-Geflügel-Frikadellen mit Käsefüllung“


Knack!

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10:45 Uhr:
Gut, dass jetzt-Userin jbo007 fachkundig ist: Sie schreibt zu Ecclestone: "Es war kein Deal im juristischen Sinne (...) Ein Deal iSd 257 c StPO hat eine Verurteilung zur Folge. Der Angeklagte legt ein Geständnis ab und es wird eine Strafobergrenze vereinbart. Der Angeklagte wird dann verurteilt. Bei Ecclestone wurde das Verfahren gemäß § 153 a StPO eingestellt. Diese Vorschrift sieht vor, dass der Angeklagte zB eine Geldzahlung an die Staatskasse erbringt. Das Verfahren wird dann eben eingestellt." Unschuldig isser auch, da ja keine Schuld bewiesen wurde. So!
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10:40 Uhr:
Auskonferiert! Ich melde mich zurück mit diesem seeeeehr lustigen Cartoon aus dem New Yorker:
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09:50 Uhr:
Im Ticker geht es heute um Uniformen und was sie in einem auslösen, nachdem die Kollegin Hollmer sich in den Piloten ihres Urlaubsfliegers verknallt hat. Ich sehe die meisten Uniformen ja Freitagabend im Zug, wenn Bundeswehrsoldaten auf Wochenendurlaub gehen. Dann tun sie mir allerdings immer eher Leid, in ihren Tarnfarben im nicht-klimatisierten ICE.

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09:45 Uhr:
Außerdem noch Thema: Dieses Video von einer Mutter, die zwei Stunden versucht ihre Zwillinge ins Bett zu bringen.
http://www.youtube.com/watch?v=p6WfKsxvIB4
Es wurde dann diskutiert, ob das alles so echt sein kann mit dem Fazit: Zumindest ist es süß! Supersüß! Und wenn jemand diese Worte sagt, läuft in meinem Kopf automatisch das hier:
http://www.youtube.com/watch?v=O2SLWt0YoYU
"Kussi und Bussi. Süß!"

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09:25 Uhr: Eben in der SZ-Konferenz ging es hauptsächlich um den zweiten Edward Snowden, die Ukraine, Israel und Bernie Ecclestone. Außerdem um die Frage, ob man unschuldig ist oder nur nicht vorbestraft, wenn man einen Deal mit der Staatsanwaltschaft eingeht. Soweit ich weiß, ist unschuldig ja kein juristischer Begriff, oder? Juristen hier? Anyone?

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09:10 Uhr:
Guten Morgen lieber Kosmos! Ich bin ein wenig verkrumpelt, erst spät zuhause gewesen. In solchen Momenten erinnere ich mich gerne an meine frühere Mitwbewohnerin Lena, die in solchen Momenten völlig ironiefrei gesungen hat:
http://www.youtube.com/watch?v=ZTjyRu88PRE

„Warum dreschen die nur so auf uns ein?“

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Andrej, 28 Jahre alt, promovierter Historiker und Lehrer, lebt in Donezk, einer Hochburg der Separatisten. Donezk ist eine Stadt von normalerweise einer Million Einwohnern, seit Wochen wird sie von der ukrainischen Armee belagert. Experten von Human Rights Watch gehen davon aus, dass die ukrainische Armee Wohnviertel an den westlichen Rändern von Donezk mit unpräzisen Mehrfach-Raketenwerfern vom Typ „Grad“ („Hagel“) beschießt. Allein zwischen dem 16. und dem 21. Juli wurden hier 16 Menschen getötet. Die Armee streitet die Schuld daran ab. Auch am Dienstagabend schlugen hier wieder Granaten und Raketen ein.



Die Gewalt in der Ukraine ist nach wie vor drastisch - besonders transparent wird das, wenn Augenzeugen erzählen

Nun ähnele Donezk einer Geisterstadt, sagt Andrej am Telefon. Er will nicht, dass sein voller Name in einer Zeitung steht, auch nicht in einer deutschen. „In manchen Vierteln komme ich mir vor wie Will Smith in ,I am Legend‘. Mindestens ein Drittel der Einwohner sind ausgereist.“ Viele seien auf die Krim gegangen, einige nach Russland, einige in die Westukraine.

Andrej sagt, er sei sechs gewesen, als die Sowjetunion zerfiel. „Ich bin durchaus sowjetisch geprägt – allerdings nicht in dem Sinne, dass ich nicht selbständig denken kann, sondern weil ich keinen rabiaten Nationalismus akzeptiere, wie sie ihn nun in Kiew predigen. Für die Nationalisten dort bin ich kein wertvoller Bürger, denn ich spreche kein Ukrainisch.“

Andrej hat ukrainisches, russisches, griechisches und weißrussisches Blut. „Das macht mich schon verdächtig, und dazu habe ich einen kosmopolitischen Geist. Ich glaube, ich bin eigentlich ziemlich EU-konform. Aber in Kiew bauen sie gerade keine pluralistische Gesellschaft nach EU-Vorbild, sondern sie grenzen jeden aus, der ihren Ukrainisierungseifer nicht teilt.“

Andrejs Eltern leben in Kiew. Auch seine Frau hat er vergangene Woche dorthin geschickt. „Der Flughafen von Donezk ist zerstört. Die Rebellen haben sich da eingegraben, die Armee ballert drauf los. Zur Sowjetzeit war da ein Luftschutzbunker, da bombt man niemanden so leicht raus. Aber Züge fahren noch.“
Anders als in Lugansk, einer anderen größeren Stadt unter der Kontrolle der Separatisten, gibt es in Donezk noch Strom, Handyempfang und sogar heißes Wasser (von sechs bis zehn Uhr abends) . Viele Läden blieben zwar geschlossen, sagt Andrej, aber es herrsche keine Hungersnot, aus Russland komme Nachschub.

Andrej ist nun arbeitslos. Das Bildungsministerium in Kiew hat ihm schriftlich mitgeteilt, dass alle Lehrer, die am Unabhängigkeitsreferendum im Mai teilnahmen, entlassen sind. Die juristische Begründung: „Begehung einer amoralischen Tat in der Öffentlichkeit.“

Alle Lehrer und Schüler in Donezk, wie kürzlich bereits Polizisten und Geschäftsleute, sind aufgerufen, die Stadt zu verlassen. „Gefühlte 99 Prozent der Lehrer haben am Referendum teilgenommen“, sagt Andrej. „Sollen sie nun alle ausreisen?“

In den Neunzigerjahren, als es keine bezahlte Arbeit gab, bauten Andrejs Eltern, beide Hochschuldozenten, Kartoffeln an. „Vielleicht muss auch ich bald Kartoffeln anbauen. Donezk verlassen werde ich nicht. Es fühlt sich ein wenig an wie im belagerten Leningrad. Jetzt abzuhauen wäre Verrat. Aber ich werde vorerst nicht mit einem Gewehr gegen die ukrainische Armee kämpfen. Später, im politischen Prozess, könnte ich nützlicher sein.“

Im Stadtzentrum, wo Andrej wohnt, werde vor allem nachts geschossen. „Da bekriegen sich allerlei bewaffnete Gestalten, auch Plünderer sind unterwegs, auch die nennen sich Rebellen und wollen das Vaterland retten. Es gibt eine Ausgangssperre von elf bis fünf Uhr morgens, aber im Dunkeln geht eh keiner mehr aus dem Haus.“

Im Südwestenvon Donezk wurde am vergangenen Samstag das Stadtviertel Petrowskij mit Raketen beschossen, die aus der Richtung der ukrainischen Armee kamen. Mindestens neun Menschen starben. Mehrere zweistöckige Wohnhäuser wurden getroffen, das Dach der Schule Nummer 101 fing Feuer. Ein Absolvent der Schule, Sergej Miropolskij, drehte kurz nach dem Angriff ein elfminütiges Video und stellte es ins Netz.

Amateurvideos überfluten gerade das russisch-ukrainische Internet, immer mehr Menschen wenden sich von den Massenmedien in Kiew und Moskau ab, die seit Monaten einen Informationskrieg führen. „Der Westen der Ukraine soll das hier sehen, Russland soll das sehen“, sagt Sergej im Off. „Das hier ist kein Fernsehen, weder russisches noch ukrainisches. Ich, ein einfacher Mensch, Absolvent dieser Schule, zeige euch die Wahrheit.“

Man sieht ein brennendes Schulgebäude, davor Fußballtore, ausgemalt in den ukrainischen Nationalfarben. „Schulen muss man natürlich zerstören“, sagt Sergej bitter. „Hier lernen Kinder, wie man mit Kalaschnikows umgeht, dann wachsen sie ja auf und könnten noch auf Poroschenko (Präsident der Ukraine – Red.) schießen.“

Neben einem umgekippten Laternenpfahl liegt die Leiche eines älteren Mannes mit dem Gesicht nach unten. Der Mann hat blaue Fußballshorts von Adidas an, sonst nichts. Sergej filmt die ohnmächtige Wut einer Nachbarin: „Man soll seine Kinder so hinmetzeln, wie er unsere Leute metzelt! Poroschenko, dieser Hurensohn, dieser Bandit, dieses Ungeheuer!“

Eine Männerstimme im Off fragt Sergej, während er die Leiche einer älteren Frau mit zerfetzten Beinen filmt: „Warum dreschen die nur so auf uns ein? Bist du ein Bergkumpel? Ich bin ein Kumpel, ich will mich den Rebellen nicht anschließen, ich will nicht kämpfen. Ich glaube doch an Gott, verdammt noch mal!“
Es gibt Videos, die zeigen, wie 15-jährige Schüler in den Lagern der Separatisten den Umgang mit Waffen üben. Man kann sie als Gegenstück zu Videos aus der Westukraine sehen, wo Kinder Putin-Puppen verbrennen und ihr Taschengeld an die ukrainische Armee spenden.

Ein häufig geklicktes Amateurvideo zeigt, wie Separatisten einen ukrainischen Soldaten verhören, den sie in der Nähe des Städtchens Schachtjorsk festnahmen, 60Kilometer östlich von Donezk. Am Donnerstag vergangener Woche geriet dort eine Einheit ukrainischer Fallschirmjäger unter Beschuss. Drei Transportpanzer brannten aus. Unteroffizier Wadim Kowalenko, der einzige Überlebende, liegt unter einem Baum, den verbundenen Kopf auf einen Autoreifen gestützt. Das Verhör dauert zwanzig Minuten, die Separatisten sieht man nicht.

„Da liegen eure Kerle, ja, hast du gesehen, was sagen wir nun euren Eltern?“ Die Männer fragen auf Russisch, Kowalenko antwortet auf Ukrainisch, er kann kein Russisch. Er schwört, er habe kein einziges Mal geschossen. Die Männer fragen, was er seinem Präsidenten nun ausrichten möchte. Oder seinen Eltern? „Damit sie sehen, dass man dich hier nicht skalpiert oder so.“ Eine Frauenhand mit vielen Ringen streichelt Kowalenko den Verband zurecht.

„Warst du schon mal in Russland?“ – „Nein.“ – „Warum sagt ihr denn alle, Putin sei ein Arschloch?“
Ob er einen Großvater habe. „Ja“. – „War er im Krieg?“ – „Ja.“ – „Für wen denn?“ – „Für die UdSSR.“ – „Und warum kämpfst du nun gegen die UdSSR?!“ Kowalenko murmelt, man habe ihm nicht gesagt, gegen wen genau er hier kämpfen würde.

Es kommt ein Bewohner von Schachtjorsk dazu, ein älterer Mann mit Stock. Er sagt, er sei in der Kirche gewesen, um eine Trauerkerze für Poroschenko „und andere Schreckgespenster“ anzuzünden. Poroschenko ist nicht tot, aber der Mann wünscht sich, er wäre tot.

Er blickt auf den verwundeten Soldaten und sagt: „Ihr Arschlöcher befreit uns hier nicht, ihr tötet uns. Ihr tötet unsere Kinder, unsere Alten.“ Nun weint der alte Mann. Seine Stimme zittert.

„Was würden Sie mit dem da machen?“, fragen die Separatisten den alten Mann. „Erschießen“, sagt er. „Wie diese Leute in Krasnij Liman im Krankenhaus alle erschossen haben, sogar die Ärzte haben sie dort erschossen. Gott wird euch das nie verzeihen.“ Der alte Mann schlägt mit seinem Stock auf Kowalenkos Schienbeine ein. Die Frauenhand mit den vielen Ringen geht dazwischen: „Väterchen, tun Sie’s nicht!“
„Mein Sohn“, sagt der alte Mann. „Hast du schon mal Hühner geköpft? Genauso wird man auch dich köpfen.“ Jemand im Off schlägt vor, man solle den Soldaten mit Benzin übergießen und anzünden.
Schnitt – Kowalenko begräbt seinen Leutnant. Er packt die verkohlten Überreste am Gürtel, schleppt sie über die Straße.

Nach Angaben einer Psychologin aus Lugansk, die nach Kiew geflohen ist, wurde Kowalenko nach Donezk transportiert. „Wir haben Kontakt zu seinen Eltern“, sagt die Frau, die anonym bleiben will, am Telefon. „Sie hoffen nun auf einen Gefangenenaustausch.“

Was mir das Herz bricht: After-Work-Einkäufer

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Der Supermarkt, davon bin ich überzeugt, versammelt mehr als jeder andere Ort die grundlegenden Empfindungen des modernen Menschen. Die Lust, die Gier. Und die Einsamkeit. In einem Berliner Supermarkt sah ich neulich einen Mann. Sein dunkelblauer Anzug war gut geschnitten, die dezente Krawatte nach einem langen Tag gelockert. Es war schon fast Mitternacht – in Berlin keine ungewöhnliche Zeit zum Einkaufen – als der Anzugträger im Gang mit den Konserven an mir vorbeieilte. Vor der Brust hielt er drei Artikel umklammert: eine Flasche Dunkelbier, ein Glas Bockwürstchen und eine Tüte schwarz-weißer Pandabärenköpfe aus Schaumzucker und Lakritz.  

Ich sah ihm nach, roch den schweren Duft seines Aftershaves, und fragte mich: Pandabären? Was will dieser nach Moschus und Macht duftende Wirtschaftsführer mitten in der Nacht mit Schaumzucker? Kurz wärmte mich ein rührendes Bild: Der Geschäftsmann beugt sich zum Kopfkissen seines schlafenden Kindes, küsst ihm sanft die Wange und legt die lustigen Bärchen neben das Kopfkissen. Ein kleiner Gruß vom Papa.

Dann bot meine Fantasie ein zweites Bild an: der Anzug-Mann im Unterhemd vor dem Fernseher, mit leerem Blick abwechselnd eine Bockwurst und einen Schaumzuckerpanda in seinen Mund schiebend. Ich fürchte, diese Vision ist näher an der Wahrheit. Deshalb bricht jedes Mal mein Herz, wenn ich After-Work-Einkäufer sehe. Man trifft sie kurz vor Ladenschluss, wenn das „Office“ sie nach 14 Arbeitsstunden endlich ausgespuckt hat. Blass und ausgebrannt streichen sie durch die Regalreihen in dem Versuch, ein kleines bisschen Lebensqualität aus einem beschissenen Tag zu quetschen; ein flüchtiges Glück aus Zucker, Fett und künstlichen Geschmacksstoffen.


Knack!

In ihren Plastik-Tragekörben sammeln sie winzige Einkäufe zusammen, denen man auf den ersten Blick ihre Bestimmung ansieht: einen einzigen Menschen genau einen Abend lang nicht zu ernähren, sondern zu trösten. „Der Schröder hat schon wieder das Sonderlob vom Kunden bekommen? Soll er doch! Dafür habe ich jetzt Mini-Geflügel-Frikadellen mit Käsefüllung“, höre ich sie denken. Oder: „Die Sekretärin wird mich ewig hassen, weil ich sie entlassen musste? Egal! Mit diesen drei Tafeln quadratischer Nussschokolade verstehe ich mich bestens.“  

Auf ihrem Weg zur Kasse bewegen sich After-Work-Einkäufer durch ein grausam zynisches Labyrinth unerfüllbarer Versprechungen. Sie umrunden Pappaufsteller mit Chipswerbung, auf denen lachende Models Partys im Sonnenuntergang feiern. Doch so viele Chipstüten sie auch in ihre Körbchen häufen: Zuhause erwartet sie keine Model-Party. Zuhause warten nur das Sofa und Alarm für Cobra 11.  

Als wäre das nicht schon genug, lauert auf die After-Work-Einkäufer noch die finale Demütigung: das Kassenband. Hier werden sie mit echten, notwendigen, lebensbejahenden Einkäufen anderer Menschen konfrontiert. Vor ihnen das Babyöl und Biogemüse der Bilderbuchfamilie. Hinter ihnen die Fertiggrills, Nackensteaks und Sixpacks der Studentenclique. Und dazwischen, eingepfercht zwischen zwei Warentrennern, eine Fertigpizza und ein halbes Kilo Mousse au Chocolat. Es ist eine Scham, für die es wohl keine Linderung gibt – außer vielleicht im Süßigkeitenregal an der Kasse.

Über Nacht... im Gentrifizierungshimmel

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Kulturmanagerin Stefanie Greimel ruckelt mit einem Stab an der Dachluke herum, bis die Klappleiter herunterfährt. Sie gibt uns Schaumstoffmatten und Decken und wir kraxeln die schmale Leiter hoch. Es ist vier Uhr nachts. Dann stehen wir hoch oben, auf dem Dach des Lehrter 17, und sehen Berlin, wie wir es noch nie zuvor gesehen haben. Leserin Eva wollte, dass wir hier schlafen: "Das Lehrter ist ein gutes Beispiel für Gentrifzierung. Nach einem Jahr Kultur- und Kunst-Betrieb werden hier Lofts, Penthouses und Townhouses draus", schrieb sie.

"Gentrifizierung", das klingt immer so böse. Aber bedeutet es zwangsläufig etwas Schlechtes? Das Lehrter 17 ist ein ehemaliger Güterbahnhof, nicht weit weg vom Berliner Hauptbahnhof. Im Moment wird er als Veranstaltungsort für Kunstinstallationen und kreative Experimente genutzt. Aber nur noch so lange bis hier Menschen einziehen, die sich Lofts mit Blick über halb Berlin leisten können.  

Wir kommen am frühen Abend an und werden von Stefanie Greimel und Johanna Wallenborn begrüßt, die den Laden hier schmeißen. An ihrer Bürotür hängt ein Plakat: „They said chaos, I say form“. Das Lehrter selbst ist eine Mischung aus Industrieflair mit offenen Rohren und Büroräumen. In der Halle im dritten Stock, ausgestattet mit einer Zehn-Meter-Bar, bekommen unbekannte Designer, mittellose Journalisten und Digital-Künstler eine Plattform, auf der sie sich und ihre Werke vor hunderten von Menschen präsentieren können. Auch die Nachbarn des Lehrter 17 sind zwei Künstler, eine Yoga-Bloggerin und der indonesische Botschafter. Einziger Mitarbeiter von Stefanie und Johanna: Ludwig Münch-Wallenborn, genannt Louie, ein Haushund mit eigener Facebook-Seite.„Seine Kompetenzen liegen darin, sich auf Ledertaschen zu legen und alles zu ignorieren, was man ihm sagt“, erklärt uns Johanna.
[plugin bildergalerielight Bild6="Johanna und Stefanie, die Betreiberinnen des Lehrter 17." Bild3="In der Veranstaltungshalle treffen sich Künstler, unbekannte Designer und mittellose Journalisten" Bild4="Louie, Mitarbeiter und Hund mit eigener Facebookseite." Bild1="Durch eine Luke kommt man aufs Dach des Lehrter 17." Bild7="Über Lisa und Steffi: Der Himmel von Berlin" Bild2="Lisa und Steffi nachts auf dem Dach. Es regnet leicht." Bild5="Die Zukunft des Lehrter 17."]
An diesem Abend sind sehr viel mehr Gäste in der Halle als erwartet. Nebenan steigen eine Kirmes und eine laute Party, die die Akustik versauen, der Moscow Mule ist schnell ausverkauft. „Die erfolgreichsten Nächte sind meist die anstrengendsten“, sagt Johanna. Gegen drei Uhr müssen alle Gäste (Großteil jung, attraktiv, Jutebeutel) gehen, außer uns. Im Vorderhaus leben Menschen, die sich beschweren, wenn es nachts zu laut ist. Die Leute wollen nicht gehen, sie mögen die Nacht im Lehrter. Bald wird hier nur noch gewohnt, dann muss es die ganze Nacht still sein.  

Und dann stehen wir mit Stefanie auf dem Dach. Unter uns leuchtet die Stadt. "Von hier oben hat man einen guten Überblick über die Gentrifizierung", sagt sie. Geradeaus sehen wir den grell blinkenden Hauptbahnhof, auf der linken Seite gibts eine riesige freistehende Fläche, auf der im Moment die Kirmes residiert, die vorhin soviel Krach gemacht hat. Stefanie ist nachdenklich: „Es ist ja nicht so wie in Kreuzberg, dass sich hier Alteingesessene ihre Wohnung nicht mehr leisten können.“ Hier war früher ein Güterbahnhof, danach jahrelang tote Hose. Wäre hier das nicht das Lehrter, es würde sich wohl gar niemand hierher verirren. „In der Gentrifizierung stecken ja auch sehr viele Möglichkeiten, weil Freiräume entstehen, die in der Zwischenzeit positiv genutzt werden können.“  

Indirekt unterstützen die Investoren, die hier bald Lofts bauen wollen, die Berliner Kulturszene


Alles am momentanen Lehrter 17 ist Low Budget und existiert nur, weil die Besitzer des Gebäudes sich überlegt haben, dass hier ja mal ein wenig Kultur einziehen könnte, bevor die Gegend sich in eine Reichensiedlung verwandelt. Johanna und Stefanie finanzieren ihre geliebten Indie-Veranstaltungen quer, indem sie hier gelegentlich Firmenfeiern und Fashionweek-Events beherbergen. Aber wenn die Miete für die 700 Quadratmeter des Lehrter nicht so günstig wäre, ginge hier gar nichts. Man könnte also sagen, die Investoren, die hier bald Lofts reinbauen, unterstützen indirekt die Berliner Kulturszene. Aber natürlich profitieren sie selbst am meisten davon. Weil sich andere darum kümmern, dass das Haus nicht verfällt. So lange, bis drüben auf der freien Fläche, wo jetzt die Kirmes ist, die sogenannte Europacity hochgezogen wird. Hier soll „die kreative Elite Berlins“ einziehen, erklärt uns Stefanie, die sehr skeptisch ist, ob das wirklich funktioniert. „Bohème-Flair kann man doch nicht aus dem Boden stampfen.“  

Sie deutet auf eine drei Meter hohe Holzskulptur: „Da hinten könnt ihr dann schlafen.“ Die Skulptur ist mit Paletten unterlegt, einer ihrer Künstler-Nachbarn hat sie gebaut. Unser Schlafdeck! Ein paar Stunden später wecken uns Regentropfen. Auf unseren im Büro abgestellten Rucksäcken finden wir Hundehaare. Beim Sachen einpacken stolpern wir über ein Schild, auf dem eine Zukunftsversion des Lehrter abgebildet ist. „Living in a Loft“ steht darauf und ein paar hinein gezauberte Schwalben gleiten an einem frisch renovierten Lofttempel vorbei. Stefanie, Johanna und Louie müssen sich jetzt was Neues suchen für ihre Kunst. „Das Lehrter ist unser Baby, schade, dass es bald vorbei ist“ , sagt Stefanie. Und dann: „Wir sollten auch noch mal auf dem Dach schlafen“

Wo und was sollen die Crowdspondent-Reporterinnen in den nächsten Wochen recherchieren? An welchen ungewöhnlichen Orten könnten und sollten sie dabei übernachten? Schickt sie schlafen! Hier in den Kommentaren oder per jetzt-Botschaft, oder per Facebook, Twitter oder crowdspondent.de.

Schaufensterkritik: Gut ausgestattet

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Bei "Herrenausstatter" denkt man ja eher an die brave Mode vergangener Zeiten. Aber natürlich gibt es sie auch noch heute, bevorzugt in klassischen Lagen wie dieses Beispiel am Rindermarkt zeigt. Was es noch zeigt: Schaufensterpuppen müssen nicht immer gleich aussehen. Wenn man diese Exemplare länger beobachtet, möchte man sofort damit beginnen, sie in eine Beziehung zueinander zu stellen und ihnen gleich noch Namen zu geben. Die Aufmerksamkeit wird also schon mal erreicht – wenn auch eher nicht für die Klamotten.

Lass uns keine Freunde bleiben

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Schon beim dritten Foto stoße ich auf den verdammten Dänen. Das Bild ist von 2012, sie trägt die Haare noch länger (was ihr nicht so wahnsinnig gut steht). Es ist ein Gruppenbild in ihrem Wohnzimmer, offenbar am Ende einer langen und guten Nacht. Sie liegt mit vier Jungs und einem Mädchen rotbackig auf einer zerdrückten Couch und alle lachen sich kaputt. Darunter stehen drei Kommentare.  

„Hahaha, I miss you crazy German girls!“

Der ist bestimmt von dem verdammten Dänen.

„Miss you too – such a fun weekend! Come back!“

Der ist von ihr. Autsch.  

Seit einer halben Stunde bin ich offiziell mit meiner Freundin befreundet. Und ich hasse es. Wir kennen uns natürlich schon länger: Vor drei Monaten haben wir uns zum ersten Mal auf ein Bier getroffen. Inzwischen liegen drei Paar meiner Socken, zwei frische Shirts und mein Deoroller in der untersten Schublade ihrer Kommode. Wir verbringen fünf Nächte die Woche zusammen, wir sind sehr verknallt. Und jetzt auch Facebook-Freunde. Was für eine blöde Idee.  



Warum ist dieses Foto auf ihrer Pinnwand? Und warum hat sie "gefällt mir" geklickt?

Ich habe kein Problem mit Eifersucht. Ich halte mich für einen selbstbewussten Mann, der locker drüber steht, wenn abends in einem Club ihr Exfreund schüchtern zu uns rüberwinkt. Eifersucht braucht ja immer auch jemanden, der sie schürt – und das macht sie nicht. Aber seit ich auf Facebook mit ihr befreundet bin, verwandle ich mich in einen Idioten. In einen weichgespülten, eifersüchtelnden Trottel, der jetzt auf dem Foto mit dem Dänen genau ihre Gesichtszüge studiert, um hoffentlich Anzeichen dafür zu finden, dass sie damals doch mit ein paar Joule weniger gestrahlt hat als heute, wenn sie mir die Tür öffnet.  

Ich sehe: Sie ist in meinem Profil Kontakt Nummer 696. Ich sehe: Sie hat 300 Freunde mehr als ich. (Na super.) Ich sehe: Wir haben 27 gemeinsame Freunde. Ich sehe: Sie kennt offenbar auch Peter, diesen idiotischen Barkeeper mit dem Lockenkopf, der mich vor zwei Jahren mal als Kontakt hinzugefügt hat, nur um mich ständig zu den Veranstaltungen seiner Kneipe einzuladen. Warum hat der ihr im Dezember ein Bild von einem dicken radfahrenden Mann auf die Pinnwand gepostet? Und warum hat sie „Gefällt mir“ geklickt?  

Übrigens, tolles Mädchen, meine Freundin! Witzig, selbstbewusst, unverkrampft. Loyal, diskret, rücksichtsvoll. Und natürlich brachial hübsch. Dass sie gerne feiern geht, weiß ich. Vor allem früher. Da arbeitete sie noch in diesem Club. Als wir vor ein paar Wochen mal über skandinavische Städte sprachen, erwähnte sie kurz, dass sie eine Zeitlang öfter in Kopenhagen war. "Da war mal ein paar Monate was mit so 'nem Typen." Mehr sagte sie nicht, sie hat nämlich ein feines Gefühl dafür, wenn anderen etwas unangenehm ist. Sie hat es auch nicht nötig, sich mit Männergeschichten interessant zu machen. Ich finde das erwachsen.  

Facebook liest sich wie eine Stasi-Akte - ich will's nicht wissen!


Es ist nämlich so: Wir wissen beide, dass es im Leben des anderen Jungs und Mädchen gab, bevor wir einander kennengelernt haben. Es gab sogar einige davon. Und ich bin der Meinung, dass es gerade deshalb so gut läuft mit uns: Keiner hat das Gefühl, der andere hätte deutlich mehr Erfahrung oder die Beziehung dringend gesucht, um sich aus irgendeiner Einsamkeit zu retten. Wir waren glückliche Singles, dann haben wir uns getroffen. Jetzt sind wir ein glückliches Paar. Aber seit wir Facebook-Freunde sind, bin ich ein bisschen weniger glücklich.  

Das Phänomen „Facebook Jealousy“ kennt die Psychologie schon länger– verschiedene Studien belegen, dass Facebook zwischen Partnern automatisch Eifersucht schürt. Sobald wir einander hinterherschnüffeln können, tun wir es auch. Frauen trifft diese Eifersucht übrigens statistisch häufiger als Männer.  

„Can you not quit your job in Copenhagen and come to Hamburg?“
Das ist der dritte Kommentar unter dem Bild mit der zerdrückten Couch.

Anfangs war Facebook eine schöne Möglichkeit, neue Freunde zu versammeln und Erinnerungen mit ihnen zu teilen. Inzwischen gibt es Facebook aber seit zehn Jahren. Und Profile, die nicht ständig ausgemistet werden, lesen sich wie Stasi-Akten. Menschen, die irgendwann unseren Weg gekreuzt haben, sind dort auf ewig mit uns verknüpft über Partybilder und Schnappschüsse aus dem Urlaub. Inklusive der jauchzenden Kommentare von damals.  

Aber ich: Will. Diesen Mist. Nicht. Wissen! Ich schaue mir gern Fotoalben aus der Jugend meiner Freundin an. Da sehe ich vielleicht ihren ersten Freund aus der Mittelstufe – aber nicht, wie er und sie damals über das Bild gekichert und sich angekitzelt haben, während sie es ins Album klebten.

Ich hasse es, und deshalb annulliere ich nach 34 Minuten unsere Freundschaft. Facebook, beschließe ich, ist nicht für Partner. Facebook ist für Urlaubsbekannte, dämliche Barkeeper und kurze Affären in skandinavischen Städten. Wer braucht schon eine Stasi-Akte über jemanden, mit dem er das Bett teilt?

Bist du ein Narzisst?

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Wenn Wissenschaftler etwas über die Persönlichkeit eines Menschen herausfinden wollen, dann muss dieser Mensch meist viele Fragen und Kontrollfragen beantworten, seitenweise Kreuzchen auf einer Skala von eins bis zehn machen und ziemlich viel über sich selbst nachdenken. Jetzt hat sich rausgestellt: Es geht auch einfacher! Zumindest wenn man herausfinden will, wie narzisstisch ein Mensch ist.  



"Ich find' mich toll und du darfst das ruhig wissen!"

Psychologen der Ohio State University haben dafür einen Eine-Frage-Test entwickelt:„Ich bin ein Narzisst: Wie sehr stimmen Sie dieser Aussage zu?“ und dazu eine Skala von eins (stimme gar nicht zu) bis sieben (stimme völlig zu). Die Ergebnisse wurden mit denen eines komplexeren Tests verglichen, den die Probanden ebenfalls machen mussten und der aus 40 Fragen besteht. Im Vergleich zeigte sich: Beide Tests ergaben sehr ähnliche Ergebnisse. Das heißt: Narzissten wissen ziemlich genau, dass sie Narzissten sind, und sie haben auch nichts dagegen, es zuzugeben, ja, wahrscheinlich finden sie es sogar gut.  

Okay, so richtig wundert einen das nicht. Das Merkmal eines Narzissten ist nun mal, dass er sehr selbstbezogen oder sogar selbstverliebt ist, da muss er seine narzisstische Eigenschaft ja zwangsweise gut finden. Aber wir vom Ticker-Ausdenk-Komitee haben uns dennoch sehr gefreut, weil uns dieser revolutionäre Eine-Frage-Test natürlich eine perfekte Vorlage bietet. Endlich mal ein Ticker, von dem wir wissenschaftliche Erkenntnisse über euch, liebe User, erwarten können! Versucht gar nicht erst zu schummeln, wenn ihr Narzissten seid, werdet ihr es auch zugeben, das liegt nämlich in eurem Wesen.  

Und hier kommt sie, die Frage aller Fragen, die große, wissenschaftliche, Erkenntnis bringende Tickerfrage: „Ich bin ein Narzisst“ – wie sehr stimmst du dieser Aussage zu (auf einer Skala von eins (gar nicht) bis sieben (völlig))?

Kaffee aus dem Häuschen

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Die roten, gusseisernen Telefonzellen gehören zu Großbritannien wie der Afternoon Tea oder das regnerische Wetter. Und sie sind vielseitig einsetzbar: etwa als Unterschlupf bei Schauern. Oder als Fotokulisse; Touristen lassen sich gerne in ihnen ablichten. Oder als Werbefläche für Prostituierte, wobei Häuschen voller Aufkleber mit eindeutigen Angeboten kaum noch zu finden sind. Zum Telefonieren hingegen werden Zellen im Handy-Zeitalter immer seltener genutzt, weswegen BT, die britische Telekom, Jahr für Jahr Hunderte stilllegt. Zwei Unternehmer aus dem Seebad Brighton schenken den Wahrzeichen des Königreiches nun ein zweites Leben – als Verkaufsstand für Kaffee, Eis und Sandwiches.



Könnten erhalten werden: Die roten Telefonhäuschen in Großbrittanien

Statt eines Telefons hängt in den Häuschen ein Espresso-Automat samt Wassertank, ein Kühlschrank oder eine Eismaschine. Das Duo passte das Design der Geräte für den Einsatz in den engen Zellen an. Im Juni gingen die ersten zwei umgebauten Fernsprecher in Brighton in Betrieb, ein Verkäufer kredenzt dort Kaffee und Eis. Die Gründer verfolgen ehrgeizige Pläne: „Wir wollen 450 Zellen in Großbritannien umwidmen“, sagt Eddie Ottewell, einer der beiden. „Für gut 100 haben wir schon die Anträge gestellt, die meisten davon stehen in London.“

BT verkauft die unrentablen Zellen für ein Pfund. Die Telefone kommen raus, die Zellen bleiben an ihrem Platz, und die neuen Eigner müssen sie instand halten. Adopt aKiosk heißt das 2008 aufgelegte Programm, also: Adoptiere eine Zelle, und bislang wechselten so mehr als 2200 Häuschen den Besitzer. Gemeinden und Initiativen nutzen sie nun als Mini-Büchereien, als winzige Kunstgalerien oder Info-Zentren, oder sie hängen Defibrillatoren zur Rettung von Infarktopfern auf. Und jetzt gibt es eben auch Kaffee und Eis.
BT betreibt noch 49000 Zellen im Königreich, doch allein in diesem Jahr sollen 1500 abgeschaltet werden. „70 Prozent unserer Zellen machen Verlust“, klagt eine Sprecherin des börsennotierten Konzerns. Die roten, gusseisernen Zellen mit der Krone unter dem sanft geschwungenen Dach sind inzwischen in der Minderheit: Nur jede fünfte ist eines dieser 1936 designten Modelle namens K6, der Rest sind moderne Nachfolger.

In Deutschland sinkt die Zahl der Telefonzellen ebenfalls seit Jahren, die Deutsche Telekom als größter Anbieter hat noch 40000. Abgebaute Fernsprecher lagert das Dax-Unternehmen in einem Waldstück südlich von Potsdam, hier können Telefon-Nostalgiker die Zellen kaufen, um sie sich etwa in den Garten zu stellen. Eine Sprecherin sagt, Projekte wie das der zwei Kaffeefreunde aus Brighton gebe es in Deutschland jedoch nicht.

Die beiden Gründer arbeiten bei ihrem Zellen-Abenteuer mit Obdachlosen-Initiativen in den Städten zusammen. Denen wollen sie einen Teil der Umsätze spenden. Außerdem möchten Ottewell und sein Partner Arbeitslose zu Baristi ausbilden, also zu professionellen Kaffeeköchen, die an den ehemaligen Telefonzellen ihr Können zeigen. Für zwei Häuschen im schottischen Edinburgh wäre diese Qualifikation allerdings unnötig: Das Duo will diese zu Schuhputzer-Ständen umwidmen. Ein Schrank mit allem nötigen Zubehör würde eingebaut. Ein sauberes Geschäft.


Tagesblog - 7. August 2014

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17:30 Uhr: Der Tag endet mit einem Paukenschlag. Und ich sage leise "Servus" ...

http://www.youtube.com/watch?v=RBDosrMCsFQ

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16:45 Uhr:
Hurra! JosephineKilgannon hat was neues aus der beliebten 8-Bit Serie gekommentarpostet. Das übernehme ich natürlich gerne hier oben!

"Sieben" als 8-Bit-Adventure:

http://www.youtube.com/watch?v=zoGyuiyCUAQ#t=127

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16:30 Uhr:
Ein Geständnis: Ich habe bei der Kettengeschichte für den Moment den Anschluss verloren. Deshalb kann ich nicht erklären, warum und vor allem wovor Anna unbedingt ihre Freundin Rana warnen will. Und noch weniger, warum sie dafür Bernhard loswerden muss. Aber: Die Wendung, die das alles in der aktuellen Folge von jetzt-User jazzberti nimmt, spinnst du, die ist schon geil!





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15:30 Uhr:
Eben eine spannende Frage geschickt bekommen:

Wie, zum Teufel, hat Thilo Mischke es nur geschafft, sich bei der Bachelorette einzuschleichen?!

[plugin imagelink link="http://autoimg.rtl.de/autoimg/1058523/300x169/die-bachelorette-2014-thomas-r.jpg" imagesrc="http://autoimg.rtl.de/autoimg/1058523/300x169/die-bachelorette-2014-thomas-r.jpg"]
Quelle: rtl.de

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14:23 Uhr:
So sieht das dann aus ...

http://www.youtube.com/watch?v=cfCsKZYECrU

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14:07 Uhr:
Ich versuche seit gestern (da haben wir das Thema in der Konferenz diskutiert), mir vorzustellen, wie ein Entscheidungs-Monolog zu diesem Phänomen wohl aussieht:

"Hm, alle meine Facebook-Freunde haben immer mehr Likes als ich. Und für einen witzigen Post fehlt mir gerade die Inspiration. Aber Paul hat ja geschrieben, ich soll mich mal anzünden und es auf Facebook hochladen. Dann mach ich vielleicht einfach das. Bisschen fad ist mir ja auch."





Kinder, ich glaube, ich werde alt ...

++++

13:18 Uhr:
Ich löse jetzt auf, das hat ja keinen Zweck mit euch!

Von unten also:

Jakob
Christina
Charlotte
Nadja
Jan

Und die beleidigten Leberwurscht-Nachzügler:

Mercedes und Chris.

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13:14 Uhr:
Mein neuer Lieblingsname: Cara Mia! Warum?

Darum!





++++

12:58 Uhr:
Späte Frühnachrichten:


++++

12:52 Uhr:
Ui, das Nebenzimmer fühlt sich augeschlossen wegen fehlender Schuhbilder. Hier also noch zwei Nachzügler:









++++

12:05 Uhr:
Himmel, Arsch und Zwirn. Jetzt gehen alle essen und ich bin noch immer nicht zu den Themen des Tages gekommen. Aber Wurscht! Hunger jetzt! Bis gleich ...

++++

11:25 Uhr:
Eben noch ein frommer Wunsch in den Kommentaren, jetzt schon im Tagesblog:

Was mit Waschbär!

http://www.youtube.com/watch?v=N04xdYKrI3Y

++++

11:20 Uhr:
Wer als erstes sagt, welche wessen sind, darf den Stremmel als Sexbraten bezeichnen!

++++

11:15 Uhr:
Bevor ich die wichtigen Themen das Tages nachreiche - und ohne besonderen Anlass:

Fotos von schönen Redaktionsschuhen





















++++

11:14 Uhr: Zurück aus der Schulung. Knoten im Kopf ist nicht besser geworden davon.

++++

10:15 Uhr:
Am Dienstag hat der Stremmel lauter Herzchen kassiert, weil er ein Video von einem surfenden Seehund in seinen Tagesblog gepackt hat. Und den Helten labern auf dem Gang auch ständig irgendwelche Menschen wegen eines Isar-Surfbildes an. Also aufgesprungen auf den Zug (bzw.: die Welle) und Cute-Surf-Content posten. Und wenns für dieses Video vom surfenden Schweinchen nicht Herzen hagelt, bin ich schwerst beleidigt!
https://www.youtube.com/watch?v=HgQPyU3J0P0#t=170

++++

10:07 Uhr:
Als ich gesagt habe, dass ich gerne die Band Kofelgschroa interviewen würde, sagte Nadja, das klinge ein bisschen wie ein Gericht, das man auf Berghütten serviert bekommt. Wie Knödelgröstl. Nach dem Interview kann ich sagen: Wahrscheinlich hätten sich Kofelgschroa über diese Bemerkung sogar ein bisschen gefreut. Und ein weiteres Mal gesagt: "Das hast du jetzt schön gesagt."




++++

9:26 Uhr:
Was ja auch gleich ganz wunderbar zum Ticker überleitet: Bist du ein Narzisst? Die Frage ist deshalb so wirkungsmächtig, weil Forscher herausgefunden haben, dass man sie bereitwillig mit "Ja" beantwortet, wenn sie zutrifft.

Ich entwirre mal eben den Knoten in meinem Hirn und bin dann irgendwann wieder da.





++++

9:22 Uhr:
Ach genau, vorwarnen wollte ich ja auch noch: Wird ein kleines Loch im Tagesblog geben, weil nämlich fast alle von uns ein neues aufregendes Programm anschauen sollen. Auch ich. Und da kann ich natürlich nicht auch noch tagesbloggen - weil Männer ja auch nicht multitaskingfähig sind. So heißt es zumindest.

Das Loch kommt dann auch gleich, weil wir vorher auch noch konferieren müssen, und geht mit etwas Pech gleich mal bis 11 Uhr. Schwierige Voraussetzungen alles in allem also, um die Tagesblog-Königin der Herzen (Nadja) heute vom Thron zu stoßen ...

++++

9:10 Uhr:
Guten Morgen liebes jetzt.de. Dieses Video soll ein paar Sachen sagen:

1) Es gibt später ein Interview mit der Band Kofelgschroa.

2) Das Leben ist schön (und das sage ich trotz Kater).

3) Die Welt ist sehr kompliziert - und kann doch so einfach sein.

Wie schön ist das eigentlich?!

http://www.youtube.com/watch?v=n8Avy-SD4nQ

Mama, Papa, Peng

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Jacke anziehen, Schuhe schnüren, Knarre an den Gürtel schnallen. Das Ehepaar Strong aus dem Mittleren Westen der USA geht niemals unbewaffnet aus dem Haus. Und weil Tochter Brenna, 13 Jahre alt, nur Einsen im Zeugnis hat, bekommt auch sie heute ihre erste Pistole. Tragen darf sie die Waffe erst mit 18 Jahren, aber ab sofort wird am Schießstand geübt.



Nur zur Gegenwehr? Ein US-Kinderbuch propagiert die Sinnhaftigkeit von Waffen

Die Strongs sind die dauergrinsenden Hauptfiguren des US-Kinderbuchs „My Parents Open Carry“, das seit Kurzem im Internet vertrieben wird und um mehr Toleranz für offenes Waffentragen, in den USA „open carry“ genannt, wirbt. Simpler Text und viele Bilder sollen schon den jüngsten Lesern die Vorteile nahebringen. Denn Selbstverteidigung, sagen die Strongs, gehört zur ureigenen Verantwortung eines jeden Menschen. „Wenn es auf Sekunden ankommt, ist die Polizei Minuten entfernt“, doziert der Vater immer wieder. Seine Botschaft lautet: Sei immer achtsam und bewaffnet, das Böse lauert überall. Und eine offen getragene Waffe schlägt Verbrecher von vornherein in die Flucht.

Klingt nach schlechtem Scherz, aber die beiden Autoren meinen es todernst: Brian Jeffs und Nathan Nephew sind Mitbegründer der Initiative „Open Gun Michigan“, die gegen die Diskriminierung von Waffenträgern in dem US-Bundesstaat kämpft. „Eltern haben hier oft das Problem, ihren Schusswaffenbesitz kindgerecht zu erklären“, sagt Jeffs. Und genau das sollen die glubschäugigen Strongs übernehmen.

Erfunden wurden die schon vor zwei Jahren, aber anfangs verkaufte sich das Buch kaum. „Seit einigen Monaten vertreiben wir es online. Seither haben wir auf einen Schlag mehrere Hundert Exemplare verkauft“, sagt Skip Coryell, der Leiter des kleinen Verlags White Feather Press. Die Auflage mag gering sein, aber der Wirbel um das Buch ist nun gewaltig.

Zielgruppe ist der Nachwuchs der Besitzer der geschätzten 300 Millionen Pistolen und Gewehre in US-Privathaushalten. Ihnen gegenüber steht eine unüberschaubare kritische Masse, darunter US-Comedian Bill Maher, der in seiner Show über das Buch herzog: „Wenn sich die aufgerüsteten Strongs so sicher fühlen, warum schieben sie ihre Tochter auf vielen Bildern als Schutzschild vor sich?“ Nach dem Auftritt seien die Verkaufzahlen gestiegen, behauptet der Verlag. Fans und Gegner des Kinderbuchs streiten vor allem im Netz. In Amazon-Kundenrezensionen, Waffenforen und sozialen Netzwerken. Die Gegner sind dabei nicht nur Europäer, Pazifisten und Kinderschützer, sondern auch amerikanische Waffenfans, die lediglich gegen das offene Tragen sind.

Die Botschaft des Buches wird den kleinen Lesern sehr nachhaltig eingetrichtert. 21 Seiten lang sagen die Strongs die Vorteile von „open carry“ auf. Im Supermarkt, am Schießstand, bis das Töchterchen schließlich seine erste eigene Pistole bekommt (siehe Bilder unten). Geladene Handfeuerwaffen, wiederholen sie wieder und wieder, sind Schutzvorkehrungen wie Feuerlöscher und Sicherheitsgurte. Wer sie offen trägt, schlägt das Böse in die Flucht.

Wie krude und wenig empirisch gesichert all das ist: geschenkt. Viel schlimmer: Wer das Exemplar bestellt, bekommt derzeit vom Verlag ein Buch mit dem ebenso unheilvollen Titel „Raising Boys Feminists Will Hate“ („So erziehen Sie Jungs, die Feministinnen hassen werden“) auch noch gratis dazu.

Der große Bannkreis

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Zuletzt meldete sich auch das Goethe-Institut zum Transatlantischen Freihandelsabkommen: Nein, die „Kultur“ dürfe nicht Gegenstand eines Vertrags werden, in dem alles, was hergestellt oder geleistet werde, gleichermaßen und ausschließlich als Ware behandelt werde. Die „Eigenständigkeit der Kultur“ werde gefährdet, wenn der „kulturellen Vielfalt“ der „Schutz“ und die „Förderung“ entzogen werde. Zwar ist der Stand der Verhandlungen zwischen den USA und der Europäischen Union noch ungewiss – aber es erscheint den Funktionären der Kultur offenbar schon jetzt als nützlich, von vornherein gesagt zu haben, dass weder der „Tatort“ noch das Erlanger Poetenfest noch die Bayerische Staatsoper sich je ökonomisch mit der amerikanischen Konkurrenz werden messen dürfen.



Freihandeslabkommen TTIP: Wird die Kultur dabei geschwächt?

So spricht auch der Deutsche Kulturrat, so redet der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, und der Deutsche Bühnenverein erklärt sich ebenfalls gegen eine „Ökonomisierung der Künste“, durch die angeblich die „europäische Kultur“ ins Wanken gebracht werde. Was das Goethe-Institut fordert, ist weitgehend Konsens unter den „Kulturschaffenden“. Sie alle scheinen davon überzeugt zu sein, dass „die Kultur“ eine gesellschaftliche Sphäre ganz für sich allein bilde, die nur dann wirklich gedeihen könne, wenn sich niemand einmische, vor allem nicht die Politik und die Wirtschaft.

Viele Menschen, die sich gerne in einer Welt bewegten, in der es nicht um Effizienzsteigerung und Nützlichkeitserwägungen geht, glauben das auch. Das Dumme ist bloß, dass in dem Wunsch, die „Kultur“ möge frei sein, nur eine Negation steckt: Sie soll eben nicht dem Streben nach Gewinn und Macht dienen. Aber was soll sie stattdessen tun? Die großen Institutionen des deutschen Kulturbetriebs wollen einen Bannkreis um die „Kultur“ legen, und sie wollen es um so mehr, je weniger sie angeben können oder wollen, was sich innerhalb des Kreises befinden soll. Und weil das so ist, müssen sie sich über Misstrauen nicht wundern.

Die Behauptung, „Kultur“ dürfe nicht zur Ware werden, gehorcht einem Muster, das vertraut ist, aber nicht sehr plausibel. Es gibt viele Dinge, die Waren sind, aber nach Ansicht vieler Menschen nicht zu solchen werden dürfen. Das Wasser gehört dazu, die Gesundheit, die Bildung, vielleicht auch (zumindest für die Armen und für die Dritte Welt) das Essen überhaupt. Die Reihe ließe sich fortsetzen. Zwar verbirgt sich eine Erkenntnis in dieser Forderung: Sie lautet, dass Waren nicht zur Befriedigung von Bedürfnissen hergestellt werden. Das Problem aber besteht darin, dass diese Erkenntnis nicht besonders weit führt, weil sie als Forderung nach einer Ausnahme von einer universal geltenden Regel vorgetragen wird. Von welcher Ware aber ließe sich demgegenüber sagen, sie sei nichts anderes als eine Ware? Nicht einmal ein Geländewagen wird gebaut, nur um verkauft zu werden. Zudem wird die Forderung nicht einleuchtender angesichts der Tatsache, dass fast alle Dinge, die in der „Kultur“ hergestellt oder vertrieben werden, in Gestalt von Waren auftreten: vom Taschenbuch, das zehn Euro kostet, bis hin zur Arbeitskraft eines Theater-Intendanten, für die in einem Jahr durchaus dreihunderttausend Euro verlangt werden dürfen, eigene Regiearbeiten exklusive.

Es gab einmal eine Vorstellung davon, was „Kultur“ zu sein habe. Sie fand ihre Formulierung in Friedrich Schillers Briefen „Über die ästhetische Erziehung des Menschen“ aus dem Jahr 1795, in denen das Bild der Kultur als einer allem übergeordneten, für jeden Bürger geltenden Macht entworfen wurde, die jenseits aller partikularen Interessen – und damit auch jenseits aller praktischen Verpflichtungen oder „Nützlichkeitserwägungen“ – zu walten habe. Diese Vorstellung wurde in Deutschland größer und folgenreicher als irgendwo anders, weil sie eine Nation einen sollte, die es politisch noch lange nicht gab. Ihretwegen rückten die Gemäldegalerien, die Opernhäuser und die Akademien in die Stadtmitte, dorthin, wo zuvor Palast, Dom und Rathaus gestanden hatten.

Diese Vorstellung von „Kultur“ war an einen Kanon gebunden, der klein genug war, um verbindlich zu sein: Kunst und Literatur, Theater und Musik. Diesen Kanon gibt es schon lange nicht mehr. Für die ideelle Einheit sorgt, wenn nicht der Nationalstaat selber, doch wenigstens der Fußball. Das große Wort von der „Kultur“ hat dennoch überlebt: als Ausdruck eines ästhetischen Bemühens, das als solches schon auf nichts anderes als auf Zustimmung rechnen darf. Dieser Anspruch aber ist eine intellektuelle Zumutung.
Er ist zum einen eine Zumutung, weil er völlig davon absieht, dass große Bereiche dessen, was wie selbstverständlich zur „Kultur“ gezählt wird, aus kommerziellen Veranstaltungen bestehen. So genießen alle deutschen Verlage die Vorteile der Buchpreisbindung und eines verminderten Mehrwertsteuersatzes – beides ist ein staatlicher Eingriff in die ökonomische Konkurrenz –, gleichgültig, ob sie konkrete Lyrik oder Pornografie veröffentlichen. So sind die Übergänge zwischen Museen für zeitgenössische Kunst oder entsprechenden Ausstellungen auf der einen Seite und dem Kunstmarkt auf der anderen Seite seit geraumer Zeit fließend: Und zwar nicht nur, weil die Museen, wenn sie jüngere Arbeiten ausstellen, diese auch ökonomisch veredeln, sondern auch, weil sie diese durch die Auswahl und die Art der Präsentation überhaupt erst zu Kunstwerken machen. Und so funktioniert populäre Musik, wiewohl schon seit Jahrzehnten Gegenstand staatlicher Förderung, längst nach den Maßstäben einer Industrie – und wenn Großbritannien oder Schweden dabei als Exportnationen erfolgreicher als Deutschland sind, so liegt das sicher nicht daran, dass dort weniger subventioniert würde. Wer dennoch darauf beharrt, angesichts so unterschiedlicher Verhältnisse immerzu von „der Kultur“ zu reden, argumentiert nicht mehr redlich, sondern verfolgt ein eigenes, zumindest ideologisches, wenn nicht ökonomisches Interesse.

Der Anspruch, der „Kultur“ gebühre nichts als Zustimmung, ist zum zweiten eine intellektuelle Zumutung, weil er die gesellschaftliche Realität nicht zur Kenntnis nehmen will: Denn die „Kultur“ im Sinne von „Kulturwirtschaft“ ist seit vielen Jahren einer der wichtigsten Wirtschaftszweige in Deutschland überhaupt, mit Sicherheit größer als die Automobilindustrie, fast so groß wie der Sektor der Banken und Versicherungen. Denn was gehört nicht alles dazu? Die Kulturalisierung der Städte zum Beispiel, die sich zunehmend nicht mehr als funktionale, sondern zuerst als kulturelle Gebilde verstehen, die Musealisierung noch des kleinsten Dorfkerns, die massenweise Herausbildung höchst kreativ und innovativ gesonnener Menschen, die Entstehung von Ökonomien des Designs in großer Zahl. In dem Werk „Die Erfindung der Kreativität“ (Suhrkamp-Verlag, 2012), einem der interessantesten deutschen Sachbücher der vergangenen Jahre, rekapituliert der Soziologe Andreas Reckwitz von der Universität Viadrina in Frankfurt/Oder, wie, beginnend mit der Demokratisierung des Künstlers, eine Entwicklung einsetzt, in der die Kunst zu einem „exemplarischen Format“ der gesamten Gesellschaft wird – weshalb die vielen Versuche, die „Kulturwirtschaft“ von der echten Kunst abzusetzen, eher müßig sind.

Der Anspruch, der „Kultur“ gebühre nichts als Zustimmung, ist noch aus einem dritten Grund eine Zumutung: Sie kennt keine Kritik, weder an ihren Produkten noch als deren Gegenstand. „Die Kunst ist ein experimentelles Spiel jenseits der eingeübten Praxis von der Ökonomie gesteuerten menschlichen Verhaltens“, behauptet Klaus Zehelein, Präsident des Deutschen Bühnenvereins, der sich im Namen seiner Organisation gegen ein Freihandelsabkommen und dessen mögliche Auswirkungen auf die „Kultur“ wendet: „Sie dient dem wechselseitigen Verstehen des anderen und so dem sozialen Zusammenhalt.“
Solche Begründungen für die Autonomie der Kunst, halb heruntergekommener deutscher Idealismus, halb trivialisierte Sozialpsychologie, gibt es unter Kulturfunktionären gegenwärtig zuhauf. Doch als Raffael die Sixtinische Madonna malte, wollte er mit Sicherheit nicht experimentieren; Honoré de Balzac legte allergrößten Wert darauf, von Ökonomie möglichst viel zu verstehen (und daran zu verdienen), und unter den vielen Feinden, die sich Karl Kraus erkor, war der „soziale Zusammenhalt“ bestimmt der ärgste und dümmste. Die Absicht, die der Bühnenverein mit seinen kühnen Behauptungen verfolgt, ist hingegen offensichtlich: Er will immun werden, ökonomisch wie intellektuell.

Wenn man behauptet, es gehe darum, die „Eigenständigkeit“ der Kultur zu „schützen“ und zu „fördern“, wird außerdem etwas verschwiegen. Es ist nicht wahr, dass die Kulturförderung nur etwas hegt und pflegt, das auch ohne sie – wenn auch womöglich nur kümmerlich – existierte. Sie schafft vielmehr auch „Kultur“, und zwar nicht nur in dem Sinne, dass sie Werken ein Dasein gewährt, das sie ohne Subventionen nicht besäßen, sondern auch, dass sie Werke überhaupt erst ins Dasein ruft, die es ohne sie gar nicht gäbe.
Das ist erst einmal nicht verwerflich, im Gegenteil: Es ist gut möglich, dass auf diese Weise kluge, schöne, interessante, erhellende oder auch bloß lustige Dinge in beträchtlicher Zahl entstehen.

Damit man sie aber erkennt und damit sie die Geltung erlangen, die ihnen gebührt, muss man sie erklären und begründen. Und das heißt: Ihr Schutz und ihre Förderung setzt ihre Kritik voraus. Wer jedoch von vornherein auf „Autonomie“ pocht, wer von „Nützlichkeitserwägungen“ nichts wissen will, wer am liebsten alles, was unter „Kultur“ verbucht werden kann, unterschiedslos unter Bestandsschutz stellte, nimmt – unter dem Vorwand, sie zu retten – der „Kultur“ ihr Lebendigstes.

Schlimmer noch: Es dürfte keine Schwierigkeit sein zu erklären, welche Teile der „Kultur“ einem generell geltenden Freihandelsabkommen am ehesten zum Opfer fallen könnten: die Einrichtungen des kulturellen Erbes vor allem, die Denkmäler, Archive und Bibliotheken sowie, in Teilen wenigstens, die Bühnen, die Theater also, Opernhäuser und Konzerthallen. Und es dürfte auch nicht schwierig sein zu erläutern, warum, ob und in welchem Maße es Musikschulen, Kunstschulen, Akademien und dergleichen geben soll. Und schließlich ließen sich vielleicht sogar Begründungen für Stipendien, Preise und Filmfördergelder geben.

Offenbar will aber die Mehrheit der deutschen Kulturfunktionäre nicht, dass man über Inhalte und Strukturen, über Gründe und Maßnahmen redet. Lieber verlangen sie eine Art Generalschutzklausel für „Kultur“. Diese aber kann es und wird es nicht geben, weshalb durch das unbeirrte Beharren auf dem Großen und Ganzen ein ganz anderer Eindruck entsteht: dass hier nämlich eine Lobby wirkt, die tut, was alle Lobbys tun – nämlich das eigene Interesse zu befördern.

Aspirin gegen Krebs und Infarkt

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Manchmal muss man an die Klassiker erinnern. Der Präventionsexperte Jack Cuzick von der Queen Mary University of London und seine Forscherkollegen tun dies im Fachblatt Annals of Oncology (online) vom heutigen Donnerstag, in dem sie ein Loblied auf das wohl bekannteste Medikament der Welt singen:



Die Schutzwirkung von Aspirin soll signifikant sein

Aspirin. Werde das Mittel prophylaktisch genommen, überwiege der Schutz vor Krebs und Herzinfarkt den potenziellen Schaden vor Blutungen in Hirn und Magen-Darm-Trakt, so die Überzeugung der Mediziner.
Vorbildlich listen die Ärzte auf, was die 1897 in Elberfeld erstmals in Reinform synthetisierte Bayer-Arznei alles kann, die längst keinen Patentschutz mehr hat und auch von anderen Firmen hergestellt wird. Würden durchschnittliche Europäer im Alter zwischen 50 und 65 Jahren zehn Jahre lang täglich den ASS abgekürzten Wirkstoff in niedriger Dosis zwischen 75 und 325 Milligramm nehmen, so ihre Berechnung, ließen sich Krebs, Infarkt und Schlaganfall um sieben Prozent bei Frauen und neun Prozent bei Männern senken.

Im Zeitraum von 20 Jahren wären vier Prozent weniger Todesfälle in dieser Altersgruppe die Folge.
Am Beispiel von 100 Männern und 100 Frauen zeigen die Mediziner, was die ASS-Einnahme beginnend mit 55Jahren – statistisch gesehen – für die nächsten 20 Jahre für Folgen hätte: Von 100 Männern würden 11,5 an Krebs sterben, Aspirin hin oder her. Allerdings könnten 1,5 der 100 Männer mithilfe des Medikaments vor dem Krebs gerettet werden.

Der Schutz vor dem Herztod fällt geringer aus und liegt bei weniger als 0,25 verhinderten Todesfällen unter 100 Männern. In einer ähnlich niedrigen Größenordnung liegen die Risiken durch Aspirin, hauptsächlich bedingt durch die erhöhte Blutungsneigung, die zu Schlaganfällen und Magenblutungen führen kann. Diese Risiken steigen besonders bei Menschen jenseits der 70 an.


„Es ist lange bekannt, dass Aspirin vor Tumoren wie Dickdarmkrebs und Speiseröhrenkrebs schützen kann“, sagt Cuzick. „Bisher war aber unklar, ob die Vor- die Nachteile überwiegen.“ Allerdings muss erwähnt werden, dass die Tabletten viele Jahre regelmäßig genommen werden müssen, um den beschriebenen Effekt zu erreichen. Und dass die Euphorie der Autoren vielleicht eine Spur heftiger ausfällt, weil etliche von ihnen beratend für Bayer tätig sind.

"Das hast du jetzt schön gesagt"

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Wenn das überregionale Feuilleton bayerische Bands entdeckt, wird es in der Regel entweder spöttisch – oder hymnisch: Kofelgschroa gehöre zum „Ergreifendsten, was die Popmusik der vergangenen Jahre hervorgebracht hat“, hieß es zum Beispiel in der FAZ. Wohl wahr. Auf den Erfolg der Oberammergauer gewettet hätte bei der Gründung 2007 aber wohl trotzdem keiner – zu verschroben, zu zauselig. Keiner außer dem Label Trikont und Notwist-Bassist Micha Acher, der das Debüt des Quartetts produzierte. Am heutigen Donnerstag erscheint auch noch eine Dokumentation über die Band: „Frei. Sein. Wollen.“ heißt sie. Und das zu Recht. Wenn jemand weiß, was das heißt, frei zu sein, dann doch wohl diese Jungs. Ein Gespräch also über Freiheit in der Stadt und auf dem Land.
 
jetzt.de München: Matthias, du bist vor einiger Zeit von Oberammergau nach München gezogen. War die Hektik der Stadt am Anfang ein Problem?
Matthias: Nein.
Michael: Ich finde, in Oberammergau gibt’s genauso viel Hektik wie in der Stadt. Manchmal vielleicht sogar mehr.
Matthias: Ah Schmarrn!
Martin: Finde ich auch nicht. Ich finde, dass es in Oberammergau vor allem Ecken gibt, wo du wirklich deine Ruhe hast. Da kannst du dann auch wirklich alleine sein und musst nicht Angst haben, dass ein Jogger vorbeikommt oder so. Wie in der Stadt.




Die Band im Uhrzeigersinn: Matthias Meichelböck, Maximilian Paul Pongratz, Martin von Mücke und Michael von Mücke.
 
Im Film führt ihr eine Diskussion darüber, ob die Anonymität der Stadt Freiheit bedeutet oder nicht.
Martin: Für viele bestimmt. Weil man sich leichter was traut und nicht denkt: „Herrgott, wenn der Nachbar das jetzt sieht. Der kennt mich ja, und dann erzählt er das weiter.“ In der Stadt kennt man dich nicht so persönlich. Da sind die Hürden kleiner, sich rauszutrauen und irgendwas anders zu machen als andere.
Michael: Das ist tatsächlich ein zentrales Thema bei uns: Was denken die anderen über einen? Das beschäftigt mich. Ich merk’s immer, wenn ich Auto fahre im Dorf. Permanent bist du am Grüßen. Und dann fällt dir natürlich auf: Der grüßt mich zurück, der nicht. Und dann fragst du dich: „Mei, was denkt der jetzt schon wieder?“ Eigentlich müsste man sich davon befreien. Aber auf dem Land ist das schwieriger als in der Stadt – glaube ich jedenfalls.
 
Dabei wirkt ihr so, als ob es euch nicht interessiert, was andere denken.
Martin: Wir haben diesen Prozess schon hinter uns. Mit zwölf oder 13 Jahren, als wir im Trachtenverein waren und im Musikverein, wo du in Reih und Glied mitlaufen musstest. Da war das noch ein wirklich großes Thema.
Matthias: Ach komm, das klingt so negativ – in Reih und Glied. Als ob’s wie bei der Bundeswehr gewesen wäre.
Martin: Also bei uns war’s so.
Matthias: Trotzdem habt ihr doch eine tolle Zeit gehabt.
Martin: Ich sag ja nicht, dass es nicht schön war. Aber wenn du aus der Rolle gefallen bist, bist du blöd angeredet worden.
Michael: Aber das ist auch schon lang vorbei. Inzwischen kommen wir mit den Leuten super aus. Und trauen uns sogar, in Oberammergau zu spielen.
 
Früher nicht?
Michael: Wir haben uns das erst getraut, als wir außerhalb bekannter waren.
 
Weil ihr die Leute zu gut kennt?
Michael: Was weiß ich, warum.
Martin: Wahrscheinlich.

http://www.youtube.com/watch?v=n8Avy-SD4nQ
Stimmt ja auch! Wie schön ist das eigentlich?!
 
Heißt das jetzt, dass es auf dem Land schwieriger ist, frei zu sein?
Michael: Wenn man da aufgewachsen ist, auf jeden Fall.
Martin: Ich kann’s nicht sagen. Es ist vermutlich eine andere Freiheit, die du auf dem Land hast.
Michael: Gerade als schräger Typ hast du auf dem Land mit vielen Menschen zu tun, die neidisch drauf sind, dass du dir Freiheiten einfach nimmst. Da bist du ganz schnell ein Außenseiter. Aber wenn du das dann durchziehst, gibt das große Freiheit.
 
Was ist Freiheit für euch eigentlich?
Martin: Das ist schwierig. Weil es doch für jeden was Anderes ist. Für den einen ist es, mit dem Radl irgendwo hinfahren zu können, ohne Zeitdruck, für den anderen, wenn er aufstehen kann, wann er will.
Michael: Ein schwereloser Zustand ist für mich Freiheit. Wann immer ich durch irgendwas in einen Flow komme – Musik, Radlfahren. Arbeit auch.
Maximilian: Wenn ich ein Musikstück komponiere. Da kann man alles ausdrücken, was man sagen will.
 
Sonst nicht?
Maximilian: In Form von Musik kann ich halt Luftschlösser bauen. Ich hab nicht das Geld, ein Haus zu bauen. Aber ich kann ein Musikwerk schreiben.
 
Aber meinst du, du bekämest für deine Aussagen im normalen Leben Probleme?
Maximilian: Ach, so meinst du das, Provokation? Natürlich kann man Kritik schön verpacken. Wie in einem Witz auch.
Pause.
Wie sind wir jetzt da hingekommen?
 
Über Freiheit. Und Kritik.
Maximilian: Ach so, ja. Nein, ich meine es weniger im Sinne von Gesellschaftskritik. Eher, dass ich die ganzen Fantasien und die ganze Sehnsucht in der Musik verwirklichen kann. Wo könnte man das sonst?
 
Flieht ihr, wenn ihr Musik macht?
Martin: Ich glaube schon. Es ist eine gewisse Selbständigkeit, die wir dadurch haben. Wir kommen über die Runden und brauchen uns nicht mehr viele Gedanken zu machen. Das ist schon eine kleine Flucht aus dieser Gesellschaft, in der es heißt: „Du musst 40 Stunden in der Woche arbeiten.“ Bei mir jedenfalls. Ich kann mir meinen eigenen Rhythmus machen.
Michael: Du musst dich aber auch nach den Konzerten richten.
Maximilian: Trotzdem können wir da immer genau so sein, wie wir sind. Ich glaube, es gibt kaum einen Job, bei dem man näher an sich selbst ist.
 
Obwohl er in der Öffentlichkeit passiert? Seid ihr wirklich so frei von Eitelkeiten?
Maximilian: Stimmt schon. Da ist man manchmal vermutlich nicht ganz frei, weil man will, dass die Leute einen gut finden. Da könnten wir noch etwas besser im Freisein sein. (lacht)
 
Habt ihr das Gefallenwollen beim Schreiben nicht auch im Hinterkopf?
Maximilian: Eben nicht! Und das freut mich selbst immer: Dass einem etwas Spaß macht, von dem man fühlt, dass es einem anderen auch gefallen könnte. Dass der eigene Geschmack noch nicht total verfälscht ist.
 
Geht denn das: Musik machen ohne Pose, ohne Kunstfiguren, ohne Show?
Michael: Doch, schon. Wir machen einfach keine Show – weil wir’s nicht können.
Matthias: Wir haben da schon etwas die Not zur Tugend gemacht . . .
Maximilian: . . . die Schüchternheit ist in uns . . .
Matthias: . . . und dann reizt man sie noch etwas aus, weil man nicht weiß, was man sonst machen soll.
 
Und hat genau damit auch wieder eine Marke geschaffen.
Matthias: Dessen sind wir uns bewusst. Aber es sitzt niemand bei Besprechungen da und sagt: „Super, dass wir das gefunden haben, das ziehen wir jetzt so durch!“ Wir können da einfach nur nicht aus uns raus.
Michael: Das ist manchmal auch eine sehr beklemmende Situation. Manchmal denke ich mir schon: Jetzt schrei halt mal „Geht’s euch gut?!“ (alle lachen)
Matthias: Das haben wir ja auch schon versucht – diese Floskeln.
Martin: Die kommen bei uns nur leider so saublöd. Der Maxi hat mal geschrien: „Fühlen Sie sich noch wohl?!“
Michael: Und dann hat ihm eine Frau geantwortet: „Ich glaube, ihr fühlt euch nicht wohl.“ Die hat den Braten gerochen.
 
Man schaut euch in der Doku in einer sehr prägenden Lebensphase beim Erwachsenwerden zu. War das nicht seltsam?
Lange Pause.
Michael: Es ging irgendwann.
 
Was habt ihr dabei gelernt?
Matthias: Erwachsen ist man nie. Im biologischen Sinne vielleicht, aber sonst ist man sein Leben lang nicht fertig.
Maximilian: Ich kann mich da gut anschließen.
Martin: Für mich bleibt vor allem, wie sehr man sich an ganz kleinen Dingen erfreuen kann. Wenn man eine Zeit hat, in der kein Licht mehr durchkommt, können kleine Sachen schon viel erhellen.
 
Wie meinst du das?
Martin: Mir ist es einfach eine Zeitlang nicht gut gegangen. Ich bin psychisch ziemlich zusammengebrochen. Und da habe ich gemerkt, was das Musikmachen für mich alles ausmacht. Deshalb habe ich das Drumherum komplett ausgeschaltet, einfach meine Augen zugemacht und war dann auch nicht mehr bewusst auf der Bühne, sondern bin einfach nur in der Musik geschwebt. Das hat mir wieder klar gemacht, dass das Drumherum überhaupt nicht wichtig ist. Sondern nur die Musik. Das Gefühl, das transportiert wird.
Maximilian: Das hast du schön gesagt.

http://www.youtube.com/watch?v=bsW6mFZ94dY

Ihr plant ein neues Album. Wieder mit Micha Acher von The Notwist. Wie kam die Zusammenarbeit eigentlich?
Martin: Er hat uns das angeboten.
 
Weil . . .?
Martin: Ach so. Offenbar hatte er uns als Band schon länger verfolgt. Ich kannte ihn von Musikantenstammtischen irgendwo, wusste aber nicht, wer er ist. Irgendwann hat der Zündfunk „Neon Golden“ zum Album des Jahrzehnts gewählt und Notwist haben bei denen gespielt. Auf die Frage, ob sie eine Vorband wollen, haben sie gesagt: Kofelgschroa. Und bei dem Konzert hat der Micha uns das angeboten.
 
Und wie war’s?
Martin: Das war genial. Wir haben schon ein paar Mal probiert, etwas aufzunehmen, aber das hat immer irgendwie flach geklungen. Er hat früh erkannt, worum es geht und was transportiert werden muss.
Michael: Der ist selber Musikant. Da versteht man sich auf einer anderen Ebene.
Matthias: Der ist kein Musiker, der in irgendeiner anderen Sphäre schwebt. Der spielt einfach jederzeit in jeder Wirtschaft. Da passt die Vibration einfach.
Michael: Das hast du jetzt schön gesagt.
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