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Die Auto-Hacker

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München – Es ist einer der lustigeren Einfälle neuerer James-Bond-Filme: 007 alias Pierce Brosnan steuert einen PS-starken BMW auf der Rückbank des Autos liegend mit einer Art iPad. Das Ding gibt es natürlich nicht wirklich, doch wie so oft steckt ein Körnchen Wahrheit darin, ja sogar ein großer Batzen. Denn selbstverständlich werden moderne Autos mittlerweile zu einem großen Teil von Computern (mit-) gesteuert, sogar selbstfahrende Autos, die nicht einmal mehr eine Fernsteuerung brauchen, sind zumindest in den USA bereits auf öffentlichen Straßen unterwegs. Wenn nun auch, was ja auch längst erprobt wird, Autos zunehmend untereinander vernetzt werden, dann ist das James-Bond-Szenario schon fast wieder veraltet. Denn, um ein Auto zu manipulieren, müsste der Angreifer sich nicht einmal mehr von seinem Stuhl erheben. Aber ist das alles wirklich so einfach?



Ein Elektroauto des Herstellers Tesla wurde von chinesischen Studenten manipuliert.

Wenn man Meldungen hört wie die von chinesischen Studenten, die nach bislang unbestätigten und nicht näher belegten Berichten bei einem fahrenden Elektroauto des amerikanischen Herstellers Tesla per Funk die Tür und das Schiebedach öffnen sowie die Hupe betätigen konnten, gruselt es einen schon – zu Recht. Die Frage ist aber, wie real die Gefahr in der Praxis ist.

„Im Grunde leidet die Autoindustrie hier unter denselben Krankheiten wie der Rest der IT-Industrie“, sagt Manfred Broy, Professor für Informatik an der TU München. „Die Systeme und die Software dafür wurden zu einer Zeit entwickelt, in der niemand auch nur im Geringsten daran dachten, dass sie einmal vernetzt werden würden.“ Die Frage sei nun: „Wie stark wird das Auto nach außen hin geöffnet und vernetzt?“ Wie also kommt man von außen an die kritische Steuerungstechnik heran?

Hier ist es zum Glück so, sagt Broy, dass die Architektur der Computersysteme im Auto – also ihr Aufbau und ihr Zusammenspiel – weniger anfällig ist für Attacken von außen, als elektronische Geräte wie etwa ein Laptop. Die Daten würden allerdings im Moment oft noch unverschlüsselt übertragen. Wer also Zugang zu einem Auto hat und einen Computer samt entsprechender Software anschließen kann, der kann auch zum Beispiel die Türen öffnen. Doch das erfordert erstens Spezialkenntnisse und zweitens muss man physisch ins Auto hinein gekommen sein. So war es auch in dem immer wieder zitierten Fall, als es amerikanischen Forschern gelungen war, bei einem Auto von außen aus die Bremse zu betätigen. Damit das funktionierte, mussten die Wissenschaftler im Inneren des Autos einen Laptop mit der internen Datenstrecke des Autos, dem sogenannten CAN-Bus, verbinden. Dem Laptop konnten sie dann von außen per Funk die entsprechenden Befehle erteilen.

Im Moment also ist die Wahrscheinlichkeit, dass man ein Auto mit purem Software-Hacking von außen schwerwiegend manipulieren kann, noch gering. Doch das ändert sich gerade. Bei Elektroautos wie dem Tesla, aber auch bei denen anderer Hersteller, lässt sich etwa der Ladezustand der Batterie über das Internet abrufen, auch wenn man gerade in Singapur ist, das Auto aber in Unterhaching steht. Und das ist nur eine von vielen anderen Möglichkeiten, die sich aus der Vernetzung von Autos ergeben.

Vernetzung bedeutet ja nicht bloß, dass der Besitzer mit seinem fahrbaren Untersatz kommunizieren kann, längst werden erheblich weiter gehende Ideen und Konzepte erprobt: Autos sollen sich untereinander vor Gefahren warnen – etwa dem Stau hinter der Kurve. Intelligente Ampeln sollen sich dem Verkehrsaufkommen anpassen. Vieles davon ist sinnvoll und auch nötig, wenn die wachsenden Verkehrsströme die Straßen und vor allem die Städte nicht noch mehr verstopfen sollen.

Doch zum einen steckt in den Details solcher Vorhaben eine gewaltige Menge an Problemen. So fehlt es beispielsweise an einem flächendeckenden mobilen Datennetzwerk, das schnell genug ist, Warnungen in Echtzeit weiterzugeben, es fehlt an den Standards. Zum anderen aber bringt die zunehmende Vernetzung auch ihre eigenen Probleme mit sich. Würden Autohersteller – wie es Tesla bereits tut – Updates ihrer Software nicht mehr wie bisher in der Werkstatt per Kabel über die Diagnose-Schnittstelle einzuspielen, sondern aus der Ferne per Funk, wären auch die Möglichkeiten größer und schlechter kontrollierbar, solche Daten abzufangen oder zu manipulieren, glaubt der Experte Broy.

Zwar hält er viele Berichte über erfolgreiche Auto-Hacks für zu plakativ dargestellt, aber „wir sind an der Schwelle, wo solche Manipulationen tatsächlich möglich werden“. Die Autohersteller und Zulieferer arbeiten bereits an Verschlüsselungstechniken und anderen Schutzsystemen, die nötige Expertise dazu aber müssen sie erst allmählich aufbauen.

Mit allen erdenklichen Mitteln

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New York – Für diesen Trick der Schuldeneintreiber Amerikas muss man ganz schön um die Ecke denken. Der Trick ist, dass er kein Trick ist: Geldeintreiber-Firmen lassen gerichtliche Vorladungen und Klageschriften verschicken, die auf den ersten Blick wie Fälschungen aussehen. Die meisten Menschen werfen sie in den Papierkorb. In Wirklichkeit sind die Schreiben aber echt, und wer nicht binnen der Frist reagiert, verliert automatisch das Gerichtsverfahren. Die Geldeintreiber kalkulieren das ein, sie hoffen, dass die Menschen die Post vom Gericht für einen Betrug halten.



Einen Brief der Schufa erkennt man sofort – bei den amerikanischen Schuldeneintreibern ist das anders.

In einigen Bundesstaaten, zum Beispiel in Minnesota, funktioniert der Kniff besonders gut. Gerichte verschicken hier Schreiben ohne Aktenzeichen mit dem Hinweis: „Sie wurden verklagt.“ Sie sehen nicht sehr seriös aus. Und wer bei Gericht anruft, bekommt keine Auskunft. Weil das Verfahren offiziell noch nicht begonnen hat, ist es dort nicht bekannt. „Viele Verbraucher werden wegen Schulden verklagt, denken die Klage sei eine Fälschung und ignorieren sie“, sagt der Anwalt Randall Ryder aus Minneapolis. „Im Ergebnis verlieren sie ihr Verfahren, bevor es angefangen hat.“ Es ist nur einer von vielen Tricks, die die Branche in den vergangenen Jahren erfunden hat. Schuldeneintreiben ist eine riesige Industrie in den USA. 4500 Firmen haben sich darauf spezialisiert, sie sammeln im Jahr 12 Milliarden Dollar ein. Allein vor New Yorker Gerichten gehen jährlich 200000 Klagen von Inkassobüros ein.

Die Behörde Consumer Financial Protection Bureau hat zum großen Schlag gegen die zwielichtige Branche angesetzt. Gerade hat sie eine Anwaltskanzlei aus Georgia verklagt, die eine Art „Fabrik für Schulden“ sei. Das Unternehmen Frederick J. Hanna & Associates habe in vier Jahren mehr als 350000 Inkassoverfahren eingeleitet, viele ohne jeden Anlass oder in deutlich überzogener Höhe. Hanna sei eine Art Hochfrequenz-Händler unter den Schuldeneintreiber-Kanzleien, die unter anderem für Kreditkartenbanken wie JP Morgan Chase, Bank of America oder Capital One arbeitet.

Anwälte der Kanzlei hätten sich die Fälle kaum oder gar nicht angeschaut, das meiste machten nichtjuristische Mitarbeiter und Computer, sagt das Consumer Financial Protection Bureau. Einer der Anwälte habe 85 Prozent aller Klagen in Georgia abgezeichnet, im Schnitt 1300 Verfahren pro Woche über einen Zeitraum von zwei Jahren. Ein Teil der Prozesse wurde vor Gericht dann zugunsten der Verbraucher entschieden – besonders wenn sie sich einen Anwalt leisten konnten. Viele sind aber rechtskräftig geworden, weil die Menschen nie vor Gericht erschienen sind. Die Firma dementiert alles.

Nur wenige Tage vorher hat das Bureau einen Vergleich mit ACE Cash Express geschlossen, einem Unternehmen, das Kredite mit kurzer Laufzeit vergibt und diese mit eigenen Agenten und Auftragsleuten eintreibt. Die Eintreiber seien „schonungslos und übereifrig“. Sie riefen immer wieder an, setzen die Schuldner mit falschen Drohungen unter Druck und drängten sie dazu, neue, teurere Kredite abzuschließen, um die alten zu refinanzieren. Manchmal riefen sie sogar wiederholt bei den Arbeitgebern oder Verwandten der Schuldner an. 10 Millionen Dollar muss die Firma zahlen.

ACE ist kein Einzelfall, gerade der Telefonterror in frühen Morgenstunden oder abends nach 21 Uhr gehört zum Standardprogramm und ist verboten nach dem Fair Debt Collection Practices Act. Manche Eintreiber drohen sogar mit Haftstrafen für die Schuldner. In einem Fall in Pennsylvania im Jahr 2010 hat ein Inkassobüro sogar in einem unauffälligen Flachbau ein komplettes Gericht erfunden, in dem ein Imitat-Richter in falscher Robe von einer falschen Richterbank hinab die Schuldner dazu brachte, geheime Informationen über ihre Bankkonten preiszugeben.

Seit Anfang 2013 gibt es zum Schutz der Verbraucher die Behörde Consumer Financial Protection Bureau. Der Staat hat sie in dem umfangreichen Dodd-Frank-Gesetz eingeführt, mit dem der Kongress 2010 die Lehren aus der Finanzkrise zog. Sie kümmert sich um allerlei Probleme der Menschen mit der Finanzbranche. Allein zwischen April 2013 und März 2014 sind bei der Behörde 192200 Beschwerden von Bürgern eingegangen, es geht um Kreditkartenanträge, erdrückende Studienkredite und immer wieder, in rund einem Drittel der Fälle, auch um Schuldeneintreiber und deren Methoden. Die meisten Menschen beschweren sich, dass die Eintreiber von ihnen Geld haben wollen, das sie gar nicht schulden. Das Problem verschärft sich immer weiter: 2011 war noch die Handelsbehörde Federal Trade Commission für die Beschwerden zuständig, in dem Jahr sind 180000 Hilferufe eingegangen. Im Jahr 2000 waren es gerade mal knapp 14000.

„Während wir uns aus der verheerenden Finanzkrise der Jahre 2008 bis 2010 herausbewegen, stellen wir fest, dass Schuldeneintreiben ein zentrales Problem unserer Zeit ist“, schreibt das Consumer Financial Protection Bureau in seinem aktuellen Halbjahresbericht. 30 Millionen Verbraucher würden derzeit von Inkassofirmen verfolgt, fast jeder zehnte Amerikaner. Im Schnitt lägen die Schulden bei rund 1500 Dollar. Viele der Geldeintreiber arbeiteten im Rahmen der Gesetze, aber andere würden sich darüber hinwegsetzen – und das Ansehen der Branche beschädigen.

Das Consumer Financial Protection Bureau schreibt Regeln für die Finanzbranche und setzt sie auch durch. Zum Beispiel steht im Regelwerk, dass sich die Finanzunternehmen vor den Menschen ordentlich ausweisen und darlegen müssen, welche Summen diese schulden. Sie müssen darüber hinaus ein internes Verfahren haben, um Streitfälle beizulegen. Und sie sollen „zivil und ehrlich“ mit den Verbrauchern umgehen. Das Bureau ist zuständig für die größten Firmen der Branche, alle mit jährlichen Geldeingängen von mehr als 10 Millionen Dollar. Das sind rund 175 Unternehmen, die zusammen pro Jahr mehr als 10 Milliarden Dollar einsammeln. Ebenfalls ein Problem, das die Behörde sehr beschäftigt, ist der Weiterverkauf von Schulden.

Vor der Finanzkrise war er noch üblicher, aber auch jetzt gibt es noch Unternehmen, die sich darauf spezialisieren, etwa Kreditkartenschulden aufzukaufen und einzutreiben. Das führt dazu, dass sich Firmen an die Schuldner wenden, deren Namen diese nie gehört haben. „Verbraucher berichten von ihrer Verwirrung über Schuldenverkäufe, unter anderem über die Unfähigkeit oder Unwilligkeit der Unternehmen, die Wirksamkeit ihres Anspruchs zu belegen und über die Gebühren, die sie auf die geschuldete Summe aufschlagen“, schreibt das Bureau.

Der gängigste Trick der Geldeintreiber ist, die Schuldner, denen es oft an Bildung fehlt, mit Jura-Kauderwelsch zu verschrecken. Die Ansprüche und Schreiben klingen offiziell, sind aber für viele unverständlich, sagt das Better Business Bureau, ein Verein für die Beratung von Kleinunternehmern. Eine typische Nachricht auf einem Anrufbeantworter klinge so: „Hier spricht die Einheit für zivile Investigation. Wir rufen Sie wegen einer Beschwerde an, die gegen Sie eingelegt wurde in Sachen der Forderung und eidesstattlichen Erklärung Nummer D00D-2932, in der Sie als Beklagter eines Gerichtsprozesses genannt werden und erscheinen müssen. Sie oder Ihr Anwalt haben 24 bis 48 Stunden, gegen diese Sache Einspruch einzulegen.“

Alles so schön bunt hier

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Ganz Gallien ist von heiratswilligen Einwanderersöhnen besetzt, nur ein unbeugsamer Vater von vier Töchtern träumt von einer kirchlichen Hochzeit und einem Weihnachtstruthahn, der weder koscher noch halal ist – so ungefähr könnte man „Monsieur Claude und seine Töchter“ zusammenfassen. Eins ist schon mal sicher: Irgendeinen Nerv muss Philippe de Chauveron damit getroffen haben, in Frankreich ist der Film der erfolgreichste des Jahres, und des vergangenen noch gleich mit, mit fast elf Millionen Zuschauern. „Qu’est-ce qu’on afait au Bon Dieu?“ heißt der Film im Original: Was haben wir dem lieben Gott nur getan? Ein Ausruf des hysterischen, erzfranzösischen Familienvaters, dessen Töchter sein Leben in eine Multikulti-Party verwandelt haben.



Claude Verneuil wünscht sich für seine Töchter kirchliche Hochzeiten mit französischen Männern.

Alles fängt mit drei Hochzeiten im Schnelldurchlauf an, jedesmal dürfen sich Claude Verneuil (Christian Clavier) und seine Frau Marie (Chantal Lauby) auf dem Standesamt einfinden, weil die drei älteren Töchter konsequent unkatholische Entscheidungen getroffen haben. Eine hat einen jüdischen Geschäftsmann geheiratet, die nächste einen maghrebinisch-stämmigen Anwalt, die dritte einen chinesischen Banker. Von Claudes bourgeoisem Selbstverständnis ist es ziemlich viel verlangt, keine ätzenden Bemerkungen zu machen, wenn die Familie zusammenkommt, aber mit dieser Schwäche ist er nicht allein. Der Chinese gibt sich lieblich, den anderen beiden fällt es im Grunde so schwer wie Claude, eine ganze Mahlzeit lang die Klappe zu halten – das geht schon damit los, dass sie die chinesische Artigkeit enervierend finden. Das führt dann erst mal zu einer langen Eiszeit, auch unter den Schwestern, bis Marie zu Weihnachten Tauwetter verordnet, und eine neue Zusammenkunft für alle organisiert.

Alle müssen sich mal kurz beleidigen, bevor sie sich anfreunden, und letztlich zeigt de Chauveron dann schon ganz schön, dass das nicht nur mit Herkunft und Glauben zu tun hat. Denn jeder, der schon mal eine größere Familie über Weihnachten erduldet hat, weiß natürlich, dass die Mechanismen von Eifersucht und Konkurrenz sich immer an den Vorurteilen und Neidigkeiten festmachen, die man gerade zur Verfügung hat – wenn man seine Mitmenschen diskriminieren möchte, muss man sich ja nicht zwangsläufig des Rassismus bedienen. Zur Not kann man den Schwager ja auch wegen eines besser bezahlten Jobs hassen, in vielen Familien reicht das völlig aus.

Die Schwagerriege hat de Chauveron dann sehr liebevoll gestaltet. Während die Töchter schablonenhaft bleiben, sind ihre Männer recht unterschiedlich: Rachid (Mehdi Sadoun) ist Anzugträger und zwar irgendwie ganz nett, aber als Jurist leider völlig humorlos; David (Ary Abittan) ist zwar Jude, aber immer pleite und arbeitslos, wenn auch voller Ideen, wie man das ändern könnte; und Chao (Frédéric Chau) ist einfach die chinesische Variante von Philipp Lahm: zum Niederknien.

„Monsieur Claude und seine Töchter“ ist ein merkwürdig niedlicher Titel, der nach einer Cartoon-Figur klingt. Und ganz unpassend ist das nicht, obwohl Christian Clavier, der ja „Asterix“-Erfahrung hat, ihn durchaus facettenreich spielt: Aber dieser Mann ist selbst in einem Wutanfall noch irgendwie – niedlich.
Sucht man nach Gründen für den enormen Erfolg in Frankreich, wird man hier am ehesten fündig. Was sich Claude und seine Schwiegersöhne gegenseitig an den Kopf werfen, bewegt sich zwar nicht immer im Rahmen der Political Correctness. Es entfernt sich aber nie so weit von ihr, dass es wirklich wehtäte. In einem Land, in dem der Front National immer neue Erfolge feiert und französische Juden zu Tausenden nach Israel auswandern, weil sie den französischen Antisemitismus nicht mehr aushalten, tippt der Film den grassierenden Rassismus zwar an, verspricht aber

zugleich, ihn handhabbar zu machen, ins Komische zu ziehen und schließlich aufzulösen.
Am nächsten dran an realen gesellschaftlichen Schmerzen ist sicherlich jener Moment, als Claude und Marie dann den Mann kennenlernen, den ihre vierte Tochter heiraten will. Sie hat ein Detail weggelassen, als sie den Eltern von ihrem Liebsten erzählt hat, die beiden freuen sich – endlich eine katholische Hochzeit! Doch als es dann in einem Restaurant zur ersten Begegnung kommt, kann Claude sein Entsetzen nicht verbergen, und das ist schon ein hässlicher Moment (der Junge ist katholisch, aber er ist auch schwarz). Marie kriegt dann eine Depression und Claude reagiert sich am Baumbestand im Garten ab – aber da wissen die beiden noch nicht, dass auch die afrikanische Familie des Schwiegersohns keinen Wert darauf legt, künftig mit ihnen verwandt zu sein.

Dass das gemeinsame Absingen der Marseillaise zusammenschweißt, ist dann vielleicht keine besonders originelle Idee. Aus jenen Momenten, in denen in der Familie Verneuil dann erst einmal diskutiert werden muss, ob wirklich alle Traditionen über Bord geworfen werden oder ob es nicht auch Dinge gibt, die man erhalten will – daraus hätte vielleicht ein aufregenderer Film werden können.
Aber kein erfolgreicherer: Es ist leichter, mit diesem Thema in einer Komödie zu spielen, als sich realistisch und knallhart damit auseinanderzusetzen; weil es ja auch im richtigen Leben schmerzhaft sein kann, wenn sich Familien neu erfinden müssen. „Monsieur Claude“ dagegen versichert, dass alles gut werden wird, irgendwann.

Es sind dann übrigens letztlich die Frauen, die die Familie mit Pragmatismus neu sortieren und wieder zusammenführen, die Herren tun sich schwer, sich der neuen Ordnung zu fügen. Man könnte sagen: „Monsieur Claude“ ist zwar nicht rassistisch, aber ein bisschen männerfeindlich ist er schon.

Qu'est-ce qu'on afait au Bon Dieu? Frankreich 2014 – Regie: Philippe de Chauveron. Buch: de Chauveron und Guy Laurent. Kamera: Vincent Mathias. Mit: Christian Clavier , Chantal Lauby, Frédéric Chau, Medi Sadoun, Ary Abittan. Neue Visionen, 97 Minuten.

Tagesblog - 24. Juli 2014

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17:08 Uhr Zack, fliegt die letzte Neuigkeit des Tagesblog-Tages ins Mailfach: Christina hat beobachtet, dass sich grad das halbe Internet wegen der Hausfrauen-Erotik des 50-Shades-Of-Grey-Filmtrailers mokiert. Und ich trete nun den Feierabend an. Bis bald!

http://www.youtube.com/watch?v=z4nJX8snP4s#t=136

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17:06 Uhr
Da unten grillen sie schon! Also eher: Oben rechts im Bild. Ist nämlich SZ-Sommerfest heute.





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17:00 Uhr
Mit einem Text von Jan verabschiede ich mich aus dem Donnerstag raus. Er hat das, wie ich finde, sehr interessante Phänomen "MOMO" aufgeschrieben: Selbstdarstellung im Internet ist mittlerweile so oll und durchschaubar geworden, dass man seinen Freunden nicht mehr die tollen Sonnenuntergangs- und Roadtrip-in-den-USA Posts neidet, sondern die, die sie gar nicht erst schreiben. Schreibt jemand das, was er erlebt, eben nicht dauernd ins Netz, macht einen das plötzlich nervös: Hat der vielleicht das wirklich gute Leben? Weil er Besseres zu tun hat, als die Käse-Sahne-Nudeln von gestern Abend im Netz zu publizieren? Ich glaube ja, dass da viel Wahres dran ist.





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16:36 Uhr
Weil das Thema Nahost hier heute etwas kurz gekommen ist, empfehle ich die Lektüre dieses klugen Kommentars zum schmalen Grad der Gaza-Kritik, jungen deutschen Muslimen und der Aufgabe, "den Mond auf die Erde zu holen".

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16:09 Uhr
Der BND rüstet jetzt auf. Rein ins Internetzeitalter! Erinnert mich dran, allen Münchnern die tolle Fotoausstelliungüber die ehemalige BND-Zentrale in der Bayerischen Versicherungskammer ans Herz zu legen. Und nein, der Fotograf ist nicht Nadjas Vater. Oder Ehemann. Oder Sohn. Oder was anderes familiäres.

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15:57 Uhr
Ihr erinnert euch an den Jammersmiley aus Nadjas Tagesblog von vorgestern? Ich habe da zufällig geheime Infos, er war traurig, weil er eine Grippe gekriegt hat. Jetzt ist er aber wieder froh. Schaut her:





Und das war er vor einigen Tagen:





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15:39 Uhr
Manchmal spotten wir redaktionsintern ein bisschen über den Lifehack, weil er so schnipselhaft ist. Aber trennen können wir uns doch nicht von ihm. Und diesen hier werd ich mit großer Wahrscheinlichkeit bald ausprobieren, denn dass ich vergesse, was kühl zu stellen, das passiert mir dauernd.





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15:29 Uhr
Oh oh ohhhhhhhhh, toller Song, über den ich grad auf Facebook gestolpert bin! Laut machen! (Leider total doofes Video.)

http://www.youtube.com/watch?v=4iV4NwSbscg&feature=youtu.be

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15:03 Uhr
Hey Typo-Fetischler, hier gibt es eine ziemlich hübsche, neue Schrift.





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14:33 Uhr
Wie jetzt-Userin gartenfrau in ihrer Fortsetzung der Kettengeschichte mal eben mit links die komplette Handlung revolutioniert, hat uns alle ziemlich umgehauen. Die Welt ist nun eine andere im Land der Kettengeschichte! Aber lest selbst.





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14: 19 Uhr
DAS WILL ICH NICHT! Aber ich will ja sovieles nicht. Und da sind wir dann wieder bei der philosophischen Diskussion der Frage "Wie wichtig ist die Rettung der Menschheit wirklich?".

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14:07 Uhr
Liegt es daran, dass bei den Nachrichtenseiten grad alle sofort ein Topthema draus machen, so bald wieder was mit Flugzeugen ist, oder steckt da was wirklich beängstigendes Größeres dahinter? Jetzt ist schon wieder ein Flugzeug vom Radar verschwunden.

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13:50 Uhr
Zeit für die "Wenn ich jetzt eine Dachterrasse hätte, einen Liegestuhl und viel Zeit, dann würde ich folgende Texte lesen"-Rubrik:

...was über die Zusammenhänge von Intelligenz, Kreativität und Geisteskrankheit.
...was über die "Ablenkungsgesellschaft". Sachen wie zum Beispiel dieser Tagesblog sind, ich habe es schon immer geahnt, das Gift der Wissensgesellschaft.
...was zu einem Thema, das in dieser SZ-Magazin-Gewissensfrage viel zu kurz kommt.

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13:42 Uhr
Ich darf alle Fußballfans auf das Gewinnspiel der SZ-Magazin Kollegen hinweisen, die haben nämlich originalsignierte Nationalmannschafttrikots zu verlosen. Wer so etwas begehrt, einmal in sich gehen und die innersten Beweggründe dafür aufspüren, runtertippen und in die Facebook-Kommentare posten. Viel Glück!

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12:18 Uhr
Unsere persönliche jetzt-Kosmos-Internetkorrespondentin the-wrong-girl sendet uns diesen Link zu: Bei Cornwall ist einst ein Container voller Lego-Spielzeug-Fracht ins Meer gefallen. Seither wird Spielzeug an die Küsten gespült. Kann man jetzt voll verurteilen, alles schlimm, arme Fische, Plastikmüll und so, stimmt ja auch, aber andererseits: Ist doch für so ein Kind auch ein cooleres Hobby als Kastaniensammeln oder? "Mama, ich geh Lego sammeln am Strand".

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12:03 Uhr
Kurz vorm Mittag jetzt auch online: Dächer-Neid. Ich krieg mich immer noch nicht wieder ein. Wie herrlich das wäre, abends nach Hause kommen und egal was passiert ist, egal was scheiße war, das Dach ist ja da und die Abendsonne und fump und so. Aber ich wiederhole mich.





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11:40 Uhr
Ich weiß nicht, ob ich da spät dran bin mit und es schon längst alle im jetzt-Kosmos wissen, aber beim Durchscrollen der Usertexte habe ich gerade die jetzt-Userin/den jetzt-User juvivo entdeckt, der oder die offenbar auf eine Bogenhausener Schule geht und dort in der Schülerzeitung eine Art jetzt.de-Jungs-/Mädchenfragen-Kopiekolumne veröffentlicht. Einen Klau-Vorwurf erhebe ich jetzt mal nicht, ist ja eher ein Kompliment. Außerdem heißt die Zeitung sowieso "abgespickt" - mehr Ehrlichkeit geht nicht. Diese Frage hier find ich gar nicht übel: Jungs, was soll das Gehumpel?

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10:59 Uhr
Für alle Münchner und Bayern-Bewohner da draussen: In der SZ liegt heute wieder unsere jetzt.münchen-Seite, die diesmal furchtbar neidisch macht: Wir haben Menschen besucht, die eine Dachterrasse haben oder von ihrer Wohnung aus aufs Dach klettern können. Und: Lena aus der Heßstraße erzählt, was ihre Straße so liebenswert macht. Zum Beispiel ein sackcooles Tattoo-Studio und freilaufende Hühner.





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10:37 Uhr
Fertig konferiert. Wer errät, aus welchen beiden Redakteuren diese Sommerschuh-Connecke besteht?





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09:57 Uhr
Auch sehr wichtige Shortnews: Mercedes Lauenstein hat jetzt endlich auch mal bei der Useraktion "Kochwoche" mitgemacht.

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09:44 Uhr
Die Le Mercedes-Nachrichten des Tages bringen heut folgende Weltgeschehen-Erkenntnisse zutage:

- Volkstrauertag in den Niederlanden, die Züge mit den sterblichen Überresten der Flugzeugabsturzopfer sind angekommen.

- Die USA haben ihre Hinrichtungsmethoden nicht unter Kontrolle. Erneut musste ein Gefangener lang leiden, bevor er starb.

- Ein 17-jähriger Weltrekordanwärter ist bei seinem Rekordversuch umgekommen.

- Erquickliches über Männer in Halbzeit-Führungspositionen.

- Finde auf die schnelle noch keinen Artikel dazu, aber in der sz.de-Konferenz ging es um die erschreckenden Ausmaße der Ebola-Epidemie, im Laufe des Tages gibt es dazu sicherlich noch News.

- In London kamen laut eines sz.de-Redakteurs die Küchenchefs großer Politiker zusammen. Was ich vorher auch noch nicht wusste, was mich aber wenig wundert: Putin hat angeblich einen Vorkoster, der sein Essen auf Gift testet.


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09:34 Uhr
Bevor ich hier ganz seriös die Nachrichten des Tages verkünde, muss ich kurz noch eine Regel für den heutigen Tag aufstellen: Ich stelle mir das mit der Kommunikation zwischen mir (Tagesboss) und euch (Publikum) heute so vor, wie in diesem Video, das mir gerade von Nadja Schlüter zugespielt wurde.

http://www.youtube.com/watch?v=Sr1tyUHGSjo

PS: Ihr seid natürlich die Baby-Ziegen, falls ich das extra sagen muss.
PPS: Ich habe mich jetzt selbst verraten. Ich gehe sonst nämlich gern obercool damit hausieren, dass ich Tiercontent total einfallslos und ermüdend finde.

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09:14 Uhr
Guten Morgen, liebe Gemeinde. Bis ich nach längerem Aussetzen wieder mein Tagesboss-Revier bezogen habe, verweise ich auf den Ticker der vergessenen Gefriertruhe: Was hast du 1992 eingefroren und seither nie wieder rausgeholt? Ich hoffe, es sieht nicht so sehr nach Gehirn aus, wie das hier:


Und unten die glänzende Stadt

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Es ist nicht schlimm, keine Dachterrasse zu haben. Darauf kommt es gar nicht an im Leben. Es spielt ja auch nicht dauernd Musik im Hintergrund, es geht beim Fahrradfahren ja auch nicht allen ein goldener Schimmer durchs Haar und es wohnt ja auch nicht jeder junge Stadtbewohner in einer Altbauwohnung mit Stuck an der Decke und Klospülung zum Ziehen. Sagt die Vernunft. Was die Vernunft natürlich nicht so gut kann, ist das kleine Gefühl ersticken, das nie ganz müde wird zu krähen: Aber was, wenn doch?

Und dieses Gefühl ist es auch, das einem sagt: Wenn der Sommer vergeht, ohne dass du einmal irgendwo auf einer Dachterrasse standest, dann war das vielleicht genauso wenig ein richtiger Sommer, wie ein Sommer ohne Grillen, Nacktbaden und Draußensex. Dass man auch auf Abertausende andere Arten einen großartigen Sommer verleben kann, bedenkt so ein Gefühl selten. Es hält lieber fest am Idealbild des urbanen Lebens: Schöne Menschen mit nackten Füßen und hochgekrempelten Hosen befinden sich auf einem Dach, einige stehend, andere fläzend, und unter ihnen liegt glänzend die Großstadt. Sie trinken aus vor Kälte nassperlenden Flaschen und vor lauter Sonnenauf- oder Sonnenuntergangsorange um sich herum haben sie selbst schon ganz glühende Gesichter.

Der Wunsch danach, über allem zu stehen und soviel wie möglich auf einmal von der Schönheit der Welt zu sehen, dem blauen Himmel so weit hinterher zu gucken, dass man fast schon die Erdkrümmung sehen kann, ist im Sommer besonders stark. Einfach die Schuhe in die Luft werfen, fump, das kalte Bier aufmachen und so leben, wie es sonst immer nur in Filmen passiert oder bei den anderen. Vielleicht, weil im Sommer alles näher an einen heranrückt, kein Nass und kein Kalt einen mehr von den Dingen abhält und weil man jetzt schnell und gierig zugreifen muss, bevor alles wieder vorbei ist.

Und im besten Fall muss man bei diesen Gedanken nicht versuchen, an einem ollen Münzfernglas und einer japanischen Reisegruppe vorbei zu gucken, nein, im besten Fall tritt jemand mit nackten Füßen neben einen, drückt einem ein Getränk in die Hand, macht Musik an und sagt: „Hier oben kann man übrigens auch super schlafen.“ Man ist oben und die anderen sind unter einem und der blaue Himmel ist endlos und man selbst ist ihm am nächsten. Und die Dächer, die da jetzt rosa milchig und hier und da metallisch blitzend unter einem liegen, ach ja, die könnten eigentlich auch zu Paris gehören. Denn von oben sieht die Welt immer gut aus.





Chri, 27, und Malina, 25, können von ihrer Terrasse in der Au aus über die Schornsteinfegerleiter auf das Dach klettern. Oft liegen sie ganze Nachmittage hier herum. Sie haben extra einen Gartenschlauch hochverlegt, um sich und das Dach zwischendurch damit abspritzen zu können. Morgens nach dem Ausgehen ist das Dach meist die letzte Station vor dem Zubettgehen, gemeinsam mit einigen Freunden, ein paar Bier und Musik klettern sie hinauf und warten auf den Sonnenaufgang, während über die Gleise hinter ihrem Haus schon die ersten Züge donnern.





David, 22, ist vor zwei Jahren für eine Ausbildung aus Bielefeld nach München gezogen und hatte bei der Wohnungssuche so viel Glück, dass er sich manchmal gar nicht traut, es zu erzählen: Er ist am Arabellapark in ein Haus mit Gemeinschaftsdachterrasse im 16. Stock gezogen. Morgens geht er oft schon vor der Arbeit im Pool schwimmen und an den Wochenenden verbringt er ganze Nachmittage hier oben und genießt den Blick bis zu den Alpen. Manchmal kommen auch Freunde vorbei, mit denen er hier oben ein paar Bier trinkt und etwas isst. Leider sieht das der Hausmeister nicht besonders gern – offiziell dürfen sich hier oben nämlich ausschließlich Hausbewohner aufhalten.





Clara, 27, wohnt in Neuhausen und hat eigentlich zwei Dachterrassen: eine nach vorne zur Straße, von der sie bei Fön bis zu den Alpen sehen kann, und eine zum Hinterhof, von der sie über den Olympiapark schaut. Dafür gibt es aber eine Menge Unkraut zu jäten und bereits zahlreiche in der heißen Sonne verkümmerte Pflanzen zu betrauern. Oft kommen Freunde einfach nur zum Rumhängen vorbei und manchmal stellt Clara den Fernseher zum Fußballgucken raus. Nach Sonnenuntergang bleibt der Steinboden noch lange warm und man kann ewig draußen sitzen bleiben, Wein trinken und über die Lichter der Stadt sehen.





Tatjana, 23, ist vor eineinhalb Jahren in das völlig unscheinbar aussehende Nordschwabinger Wohnhaus mit der riesigen Gemeinschaftsdachterrasse eingezogen und will nie wieder weg. Morgens macht sie auf dem Dach oft Sport, nachmittags nimmt sie ihre Karteikarten mit rauf, um hier auf einer der vielen Liegen zu lernen. Wenn das an heißen Tagen völlig überfüllte Ungererbad nebenan zu ihr herauf lärmt, freut sie sich doppelt – hier oben ist sie tagsüber oft ganz alleine. Außerdem kann man von hier aus die ganze Leopoldstraße runtersehen und ein bisschen darüber erschrecken, wie unfassbar viele Kirchtürme es allein in Schwabing gibt.





Chiara, 26, und Peter, 32, wohnen seit zwei Jahren in ihrer Wohnung mit Dachterrasse in Schwabing. Peter hat inzwischen mindestens hundert Kilo Erde die Treppen hochgeschleppt, um all die Zitronen- und Orangenbäume einzupflanzen. Im Sommer ist die Terrasse für die beiden das fehlende zweite Zimmer ihrer Wohnung. Sie grillen, essen und lesen hier, und manchmal schlafen sie auch draußen. Hin und wieder kommt ein Eichhörnchen zu Besuch, hört man von einem um die Ecke liegenden Balkon eine Irish-Folk-Band ihre Songs proben und sieht auf einer der benachbarten Dachterrassen einen Mann duschen, der gewisse Ähnlichkeiten mit Helmut Dietl aufweist.


Die jetzt-Kettengeschichte, Teil 14

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Was bisher geschah: Anna bekommt an ihrem öden Arbeitsplatz, der Tankstelle, seltsamen Besuch und haut anschließend mitten in der Nachtschicht einfach ab. Ihr Ziel: Das Mensch-ärgere-dich-nicht-Turnier, bei dem ihr Schwarm Gerwin Gewinner antritt. Doch dort wird Anna gefangengenommen - Gerwin und eine Fee namens Tinkerbell, die sich später als die alte Tankstellenstammkundin Liesel Maier entpuppt, sperren sie auf einem Dachboden voller berühmter Kunstwerke ein. Was haben sie vor? Annas letzte Hoffnung: ihr Chef Paul, der den Dachboden unbemerkt erreicht und sich ein Bild von der Lage gemacht hat. Aber Paul hat eine dunkle Vergangenheit - und Anna wagt den Fluchtversuch...

Alle vorigen Teile der Kettengeschichte kannst du hier nachlesen. Und hier kommt Teil 13 von
jetzt-Userin gartenfrau.




Bernhard schließt das Buch, aus dem sie ein paar Zeilen vorgelesen hat, und legt es auf den Kaffeetisch. »Das ist«, seufzt sie, »so ziemlich der schlechteste Roman, den ich seit langem gelesen habe.« Sie macht eine Pause. »Dabei schwärmt alle Welt davon, und er steht seit Wochen auf der SPIEGEL-Bestsellerliste.« Dann grinst sie und schiebt "Nachtschicht. Die Taschenbuchausgabe" aus dem Weg, um sich noch ein Stück Kuchen auf den Teller zu legen. »Wobei ich einen Platz auf der SPIEGEL-Bestsellerliste mittlerweile als Indikator dafür nehme, ein Buch lieber nicht zu lesen«, fügt sie trocken hinzu und beißt in ihren Zimtkuchen, dass es krümelt.  

»Was ist denn so schlecht daran, Steini?« fragt die Frau, die ihr gegenüber sitzt und bislang versonnen in ihren leeren Kaffeebecher gestarrt hat. »Und von wem ist es eigentlich? Frau oder Mann?« »Ach, es ist irgendwie total wirr und konfus. Kein roter Faden, oder wenn, dann keiner, den ich erkennen könnte. Und der Autor? Kann ich dir nicht sagen. Er oder sie heißt ‚Nau Maintenant’. Hört sich französisch- vietnamesisch an. Aber wahrscheinlich ist es bloß ein Pseudonym. Wirklich gefallen tut mir höchstens der Verlag, der heißt nämlich ‚Titanenstolz’. Nur, dass ich bei dem Namen halt irgendwie andere Literatur erwartet hätte.«  

Die dritte Frau am Tisch meldet sich auch endlich zu Wort. »Ich habe ja schon nicht verstanden, warum du Bernhard heißt, obwohl du eine Frau bist«, sagt sie. »Warum nennt Rana dich denn jetzt Steini?« Das Buch, um das es geht, scheint ihr vollkommen egal zu sein.  

Bernhard dreht sich zum Herd, fragt mit leichter Stimme »Noch jemand Kaffee außer mir?« und macht sich daran, neuen zu kochen.
Jetzt ist es an Rana, breit zu grinsen. Nicht nur, weil Bernhard errötet und ihr dies sichtlich peinlich ist. Sondern weil die Antwort ihr immer noch so selbstverständlich erscheint.
»Schau sie dir doch an, Anna! Weil ihr Haar bernsteinfarben ist.« Und nach einer Pause, mit beinahe belegter Stimme: »Wie es schöner gar nicht geht.«
»Olle verliebte Lesbe« flüstert Bernhard hörbar und streckt dem Fliesenspiegel vor ihr liebevoll die Zunge heraus.
»Bin ich«, sagt Rana fröhlich. »Beides.«
Danach schaut sie stirnrunzelnd auf den Kaffeetisch.
»Ich glaube, ich habe zuwenig Kuchen gemacht. Hast du noch Brot da oder so?«  

'Oh Gott, war ich blöd', denkt Anna.
'Ich kenne Rana doch schon seit Ewigkeiten. Wieso habe ich gedacht, sie könnte mit einem Mann zusammen sein, bloß weil alle so selbstverständlich von ‚Rana und Bernhard’ gesprochen haben?'
Sie schließt die Augen und atmet tief durch.
'Wie um alles in der Welt soll ich denn jetzt erklären, warum ich hier bin?'
Rana, die schöne Rana mit den rotblonden langen Haaren. Und Bernhard, alias Steini, mit honigblonden Haaren im femininen Kurzhaarschnitt. Ein Traumpaar. Ja, das zumindest hatte sie richtig verstanden.
'Oh Scheiße, oh Scheiße, was mach' ich nur?!'
Komplett in ihre eigenen Gedanken versunken hört Anna überhaupt nicht zu und erschrickt, als Bernhard die "Nachtschicht" vor ihr auf den Kaffeetisch legt.
»Hier,« sagt sie, »schenk' ich dir. Die Hauptperson heißt nämlich auch Anna.«  

Anna nimmt den Roman, liest kurz durch den Klappentext, wo etwas von Anna, Paul und einem Dachboden steht, und legt das Buch dann neben ihren Kuchenteller.
»Danke«, bringt sie gerade so heraus. »Ich schau's mir zuhause gerne mal an.«  

»Willst Du eigentlich immer noch wissen, wieso ich Bernhard heiße?« grinst Steini. Anna macht den Mund auf und schließt ihn wieder. Glücklicherweise ist gerade jetzt der Kaffee fertig. Während Bernhard, immer noch grinsend wie ein Honigkuchenpferd, sich in ihren Stuhl zurücklehnt, schenkt Rana allen frischen Kaffee ein. Zu Brot, Käse und Butter, die sie in der Zwischenzeit auf den Tisch gestellt hat, legt sie noch ein paar Messer. Während Anna ihre Gedanken ordnet, spricht Steini weiter: »Ich erzähl's dir gerne.« Sie hört auf zu grinsen und wird ernst. » Aber deswegen bist du ja heute eigentlich nicht hier. Oder?«

Wie das Internet... Bier kühlt

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Das Problem: Endlich Feierabend. Bis die Sonne hinter den Baumkronen im Park verschwindet, bleiben dir noch genau 2 Stunden und 54 Minuten. Jetzt bloß keine Zeit verlieren. Eilig knallst du die schwere Tasche auf den Boden, schlüpfst in deine Flip-Flops und suchst die wichtigsten Sachen für einen Sommerabend zusammen. In der Küche bekommst du einen Schock: Du hast vergessen, das Bier kalt zu stellen.
 


Feuchtes Klopapier kann Sommerabende retten.

Die Lösung:
Wickle feuchtes Küchen- oder Klopapier um die Flaschen und lege sie ins Eisfach. Schon nach circa fünf Minuten kannst du – mit dem kühlen Bier, Radler oder Pikkolo auf dem Gepäckträger – den letzten Sonnenstrahlen entgegen radeln.

Neidisch auf nichts

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Rose ist 24 und hat Angst, wenn sie ihr Smartphone zur Hand nimmt. Sie leidet an einem Syndrom, das immer mehr junge Erwachsene befällt: Sie befürchtet, dass nichts passiert, wenn sie Instagram öffnet, weil niemand etwas gepostet hat.  

Der britische Telegraph zitiert Rose in einem Artikel auf seiner Webseite, der seit ein paar Tagen ziemlich häufig durchs Netz gereicht wird. Rose sagt darin unter anderem den Satz: "Meine liebsten Instagram-Profile checke ich täglich. Wenn die plötzlich stumm werden, bekomme ich ganz schnell MOMO."

MOMO steht für "Mystery Of Missing Out". Es beschreibt eine Art Krankheitsbild, das im Dauerfeuer unserer Timelines entstanden ist: Die Angst, etwas zu verpassen, weil die Freunde gerade nichts posten. Rose zum Beispiel fragt sich dann: Machen die Anderen gerade etwas Spannendes, von dem ich nichts mitbekomme? Sind die auf einem geheimen Festival, von dem ich erst später die Fotos sehen werde? "Was kann so gut sein", fragt sie sich, "dass sie nichts dazu posten?"



Was tun die gerade und mit wem?Diagnose: MOMO.


Interessant ist das deshalb, weil Neid in sozialen Medien bisher ja genau anders herum funktionierte. Den Fachbegriff dafür gibt es schon länger, er lautet FOMO, "Fear Of Missing Out": Wir verfolgen das Leben unserer Freunde über Fotos und Statusupdates und werden neidisch, weil wir gerade nicht - wie sie - im Sonnenuntergang vom Corcovado blicken oder mit Schampusflasche im Arm auf den Pool in Santorini. Die Psychologie beobachtet FOMO schon in Kindergartengruppen, wenn sich das erste Mal Cliquen bilden.

MOMO ist nun eine Weiterentwicklung davon: Die Sorge, etwas zu verpassen, weil die anderen nichts mehr teilen. Sie plagt immer mehr Menschen, die sich längst an die Sierra-gefilterten Angeberbilder von Segelbooten und Frühstücksbüfetts gewöhnt haben - die sozusagen FOMO-immun sind. Seit jeder nämlich stündlich Bilder seiner Turnschuhe oder erstaunlicher Milchschaumfiguren in der Kaffeetasse postet, hat der Blick ins Private seine Faszination verloren. Faszinierend ist plötzlich der, dem es wurscht ist, was irgendeiner seiner Follower von seinen Aktivitäten hält. Der Besseres zu tun hat, als sein gutes Leben in mundgerechten Häppchen zu dokumentieren, nämlich: sein gutes Leben zu leben.

Wenn der Account von Bekannten plötzlich stumm wird, türmen sich also plötzlich Fragen: Was tun die gerade und mit wem? Denn es ist ja arg unwahrscheinlich, dass sie plötzlich aufgehört haben, coole Dinge zu unternehmen. Sie haben nur plötzlich aufgehört, sie zu teilen! Warum? Weil sie gar keine Zeit haben, vor lauter Lachen und Tanzen und Vögeln? Weil sie beim überstürzten Aufbruch ins Abenteuer ihr Ladegerät daheim vergessen haben und es ihnen jetzt nicht mal fehlt?!  

Die Wahrheit ist: Niemand denkt zuerst an seine Follower, wenn er etwas wirklich Tolles erlebt.



Hinter MOMO steckt also das gleiche Gefühl wie hinter FOMO – "ich verpasse gerade was!" Nur dass die Sorge plötzlich dem Gedanken gilt, dass sich das Leben der Anderen nicht mehr dort abbildet, wo wir bequem zusehen können. Wo dann? Auf einer anderen Plattform? In einer privaten Chatgruppe? Oder gar dort, wo wir gar keinen Einblick mehr haben - ausschließlich im echten Leben?  

Während FOMO ein natürlicher Neid ist, wie er in jeder Clique vorkommt, ist MOMO vielleicht das erste Syndrom, das erst durch Facebook verursacht wurde. Wir freuen uns heute ja nicht mehr, zufällig zu erfahren, wenn jemand eine neue Beziehung startet, eine Firma gründet oder nach Neu-Delhi zieht - wir erwarten es. Und zwar ungefragt und frei Haus geliefert in unsere Timeline. Wie sehr wir uns daran gewöhnt haben, merken wir erst, wenn dieser Strom an Neuigkeiten pötzlich austrocknet.

Das Phänomen MOMO entlarvt aber auch noch eine alte Lüge der sozialen Medien - nämlich den Gedanken, jedes spannende Ereignis würde sofort und automatisch per Statusupdate beobachtbar und nachvollziehbar. Die Angst vor der Stille in der Timeline beweist: Wenn wirklich mal was bahnbrechend Tolles im Leben passiert, denkt natürlich kein Mensch daran, sofort für die Follower ein Update ins Telefon zu fummeln. Jedes Angeberbild auf Instagram sagt uns deshalb auch: "Sieht zwar hübsch aus, aber keine Sorge. So richtig spannend ist es hier eigentlich nicht."

Welche Geschichte hat dich geprägt?

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Sieben Jahre! Ist das jetzt schon her! Am 21. Juli 2007 erschien der letzte Band der „Harry Potter“-Reihe.  Ich war damals schon fast 21 und habe ihn mir trotzdem gekauft. Weil ich 1998, als der erste erschien, 12 Jahre alt war, anfing zu lesen und dann unbedingt wissen wollte, wie es ausgeht.  

Der Autorin Caroline Siede aus Chicago ging das ähnlich. Sie hat mit 11 angefangen, die Bücher zu lesen, und auch sie ist bis zum Schluss dabeigeblieben. Jetzt, zum siebenjährigen Jubiläum, hat sie für "BoingBoing" einen Text darüber geschrieben, wie die „Harry Potter“-Serie sie selbst und, ihrer Meinung nach, ihre ganze Generation geprägt hat.    



Na, weckt dieses Bild bei dir Gefühle?

Siede erzählt, wie sehr sie sich mit der 11-jährigen, strebsamen, empathischen, aber auch ein bisschen spröden Hermine identifizieren konnte – und wie sie mit ihr gemeinsam zu einer selbstbewussten 17-Jährigen wurde. Wie „Harry Potter“ zu einem Codewort wurde, um neue Freundschaften zu testen. Denn wer es auch mochte, mit dem hatte man etwas gemeinsam, auch, wenn er ganz woanders herkam. Wie die vier Hogwarts-Häuser ihr und ihren Freunden halfen, sich einzuordnen. Und, dass die „Harry Potter“-Fans die ersten waren, die sich online treffen konnten, anders als vorher zum Beispiel die Trekkies oder Fans anderer Serien, und im Internet ihre eigene Fan-Welt erschufen.

Ich kann das ein bisschen nachvollziehen – aber vielleicht geht der Gedanke, die Zauberer-Geschichte habe unsere gesamte Generation geprägt, doch etwas zu weit. Immerhin haben nicht alle diese Bücher gelesen. Und waren in ihrer Kindheit und Teenager-Zeit irgendeiner anderer Buch-, Film- oder Comic-Reihe verfallen, haben alles dazu gesammelt und wählen ihre Freunde heute noch danach aus, wer sämtliche Lustigen Taschenbücher oder alle "Chroniken von Narnia"-Bücher gelesen hat.  

Wie ist das bei dir? Warst du Potter-Fan (und gehörst heute zu denen, die gerne eine „Harry Potter mittleren Alters“-Serie hätten, damit die schöne Zeit in Potter-Land nie aufhört)? Oder hast von einer anderen fiktiven Geschichte alle Bücher gelesen/Filme gesehen/Folgen geschaut/Comics gekauft? Welche Geschichte hat dich und deine Freunde geprägt?   

Wer raucht, der fliegt

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Den Rauchern geht es derzeit wie den Eisbären, denen das Arktiseis unter den Tatzen wegschmilzt. Aus Büro- und Gasthäusern ist der Qualm weitgehend verbannt, auf den Bahnsteigen bleibt den Rauchern ein gelb umrandetes Fleckchen Asphalt. Selbst wer sich im Freien eine ansteckt, muss mit vorwurfsvoll Luft fächelnden Mitbürgern rechnen. Kurzum: Der Lebensraum schwindet. Und weil die meisten Menschen eher den Eisbär schätzen als den Raucher, werden sie folgende Neuigkeit aus Halle-Süd als gute Nachricht aufnehmen. Dort will eine Wohnungsgenossenschaft eine qualmfreie Anlage namens „Schwalbennest“ bauen. 33 Wohnungen mit Rauchverbot, auch auf dem Balkon und auf dem Grundstück.



Haben es nicht leicht mit all den Verboten: die Raucher.

Weil man in Halle-Süd schon geahnt hat, dass dies in der Juristenrepublik Deutschland nicht ganz einfach werden wird, hat man, wie es der Deutsche Mieterbund schildert, eine besondere vertragliche Konstruktion ersonnen. Der Nikotin-Bann soll nicht etwa im Kleingedruckten versteckt werden, sondern von jedem Mieter in einer handschriftlichen Zusatzvereinbarung erklärt werden. Dort soll dann auch stehen, was den Rauchern droht: „Verstöße werden nach zweimaliger Abmahnung mit der Kündigung des Mietverhältnisses geahndet.“

Wer raucht, der fliegt? Juristen sind äußerst skeptisch, ob das so einfach geht. Daran ändert auch das Urteil des Landgerichts Düsseldorf gegen den kettenrauchenden Friedhelm Adolfs nichts. Dem renitenten Rentner wurde gekündigt, weil er – unbelehrbar durch Abmahnungen – den Rauch durch den Hausflur zu den Nachbarn ziehen ließ. Aber auch das Landgericht bestätigte, was der Bundesgerichtshof (BGH) schon vor Jahren entschieden hatte: Rauchen gehört zum vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung.

Gewiss, die Gerichte sind den Rauchgegnern hier und da entgegengekommen. Rauchverbote in den Gemeinschaftsräumen – Keller, Treppenhaus, Waschküche – sind zulässig. Und wer seine Wohnung derart verqualmt, dass sich das Nikotin regelrecht in die Wände gefressen hat, muss für die Renovierung aufkommen, hat der BGH entschieden. Außerdem darf man unter Umständen die Miete mindern, wenn der Rauch vom unteren Balkon permanent durchs eigene Fenster zieht; das Landgericht in Hamburg gewährte fünf, jenes in Berlin sogar zehn Prozent. Aber generell gilt: Was der Mieter in den eigenen vier Wänden tut, geht den Vermieter nichts an.

Ob der Trick mit der Rauchfrei-Erklärung daran etwas ändert, ist nach Einschätzung von Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund sehr zweifelhaft. Erstens gelten auch handschriftliche Zusatzvereinbarungen – wenn sie bei allen Mietern gleich sind – als „Allgemeine Geschäftsbedingungen“. Solche Klauseln werden, gerade im Mietrecht, von den Gerichten streng kontrolliert und oft für unwirksam erklärt. Zweitens hält Ropertz den Automatismus – nach zwei Abmahnungen folgt die Kündigung – für unverhältnismäßig. Man mag dem heimlich in die Nichtraucherenklave gezogenen Raucher den Rauswurf ja gönnen. Was aber, wenn der Mieter heiratet und die Ehefrau nun mal raucht: Muss er sich dann von der Wohnung trennen? Oder von der Frau?

Tödlicher Angriff auf Schule in Gaza

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Tel Aviv – Bei einem Angriff auf eine Schule der Vereinten Nationen (UN) im Gazastreifen sind nach palästinensischen Angaben mindestens 15 Menschen getötet und bis zu 200 verletzt worden. In dem beschossenen Gebäude des UN-Hilfswerks für Palästinenser (UNRWA) in Beit Hanun sollen Flüchtlinge Schutz vor den Kämpfen gesucht haben. Die UNRWA sowie das Rote Kreuz bestätigten den Vorfall.
Auch an anderen Fronten wurde weiter heftig gekämpft. Zugleich feuerte die Hamas wieder mehrere Raketen auf Tel Aviv ab. Trotz der andauernden Gewalt hoben die amerikanische Luftfahrtbehörde FAA ebenso wie das europäische Pendant EASA den wegen Sicherheitsbedenken verhängten Flugstopp nach Tel Aviv wieder auf.



Über 10,000 Palästinenser demonstrieren gegen Israels Militäroffensive im Gazastreifen.

Palästinensische Augenzeugen berichten, dass inmitten heftiger Kämpfe im Norden des Gazastreifens von einem israelischen Panzer aus vier Granaten auf das Schulgelände der Vereinten Nationen abgefeuert worden seien. Die meisten Opfer sollen Frauen und Kinder sein. Ein israelischer Armeesprecher bezeichnete hingegen palästinensische Granaten oder Raketen als „mögliche“ Ursache. Mehr als 100000 Menschen haben sich vor den Kämpfen in völlig überfüllte UN-Einrichtungen geflüchtet. Insgesamt sollen 170000 Bewohner des Gazastreifens ihre Wohnungen verlassen haben.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte den Angriff. Er sei entrüstet, sagte Ban in New York am Donnerstag. Unter den Opfern seien Kinder, Frauen und UN-Mitarbeiter. UNRWA-Sprecher Chris Gunness erhob schwere Vorwürfe gegen Israel. Die Armee sei genau über die Lage in der Schule informiert gewesen. Vergeblich habe die UNRWA den Tag über versucht, mit dem Militär ein Zeitfenster für die Evakuierung der Zivilisten zu koordinieren.

Ein Armeesprecher Israels bestätigte schwere Kämpfe in Beit Hanun, verwies aber auch auf Mörsergranaten der Hamas, die in dem Gebiet niedergegangen seien. Zudem beschuldigte er die Hamas, „in zivilen und internationalen Einrichtungen menschliche Schutzschilde zu nutzen“. In den vergangenen Tagen waren in zwei UN-Schulen Waffenlager entdeckt worden. Die Armee hatte nach eigener Darstellung die Betreiber der Schule gewarnt, bevor diese am Donnerstag beschossen wurde.

Die diplomatischen Bemühungen um Frieden laufen weiter ins Leere. US- Außenminister John Kerry ist von Israel aus unverrichteter Dinge nach Kairo zurückgekehrt, wo er mit Hilfe Ägyptens und einer möglichen Einbindung Katars die Chancen für einen Waffenstillstand auslotet. Im Gespräch ist eine zunächst fünftägige humanitäre Waffenruhe, die Raum für den Beginn von Verhandlungen schaffen könnte.

Die ersten US-Passagierflugzeuge landeten nach der Flughafensperrung am Donnerstag wieder in Tel Aviv. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu zeigte sich erfreut, „dass der Druck, den wir ausgeübt haben und die von uns vorgelegten Beweise für die Sicherheit der Luftfahrt in Israel dazu geführt haben“. Die deutsche Pilotenvereinigung Cockpit kritisierte die Wiederaufnahme. Die Lufthansa und Air Berlin fliegen auch am Freitag nicht nach Tel Aviv.

Bitte, committe dich

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Jule Müller hat einen neuen Freund. Zumindest geht es stark in die Richtung. Sehr stark. „Ich will mich nicht zu sehr aus dem Fenster lehnen“, sagt sie, „aber es fühlt sich alles ganz toll an.“ „Vergeben“ steht neben ihrem Profilfoto bei „imgegenteil.de“. Das ist die Steigerung von „sucht nicht mehr“. Ziel erreicht – in doppelter Hinsicht.



Das Dating-Portal "imgegenteil.de" ist ein professionalisierter Verkupplungsversuch zweier Freundinnen. Sie fotografieren und porträtieren alle User. 

Denn Jule Müller ist nicht einfach nur einer der etwa 80 Singles, die seit November 2013 für den Partner-Blog porträtiert worden sind – es ist ihr Blog: Gemeinsam mit ihrer besten Freundin Anni Kralisch-Pehlke beschloss Jule Müller eines Nachts in einer Neuköllner Bar, ihre amateurhaften Verkupplungsversuche im Freundeskreis mithilfe des Internets zu professionalisieren. „Wir wollten etwas schaffen, woran wir Spaß haben, was aber im besten Fall nicht nur uns glücklich macht, sondern auch andere“, sagt Kralisch-Pehlke. Binnen einer Stunde stand das Konzept ihres Blogs: Müller fotografiert die Singles in ihren Wohnungen, Kralisch-Pehlke schreibt einen Text dazu. An den Start ging imgegenteil.de mit neun Singles aus ihrem Freundeskreis.

Das ist dann auch schon der Kern des Erfolgs von imgegenteil.de, der Grund dafür, dass Müller und Kralisch-Pehlke schon mehr als tausend Bewerbungen aus ganz Deutschland bekommen haben, die sie mit nur „minimaler Selektion“ abarbeiten: Man hat immer das Gefühl, dass hier Kumpels der Macherinnen angepriesen werden – mit dieser derben Berliner Herzlichkeit. Pro Woche sind es drei bis vier. Diese persönliche Note, das Liebevolle, Hausgemachte, das Idealistische und Schöne, hebt imgegenteil.de von klassischen Online-Dating-Plattformen ab. Ihr Ziel war ein Angebot, „wo Leute wie unsere Freunde mitmachen können, ohne sich zu schämen“. Gefallen hat die Seite auch der Jury der Lead Awards, die sie am Mittwoch in der Kategorie „Online Independent“ für den Medienpreis nominierte.

Noch können die beiden Gründerinnen von imgegenteil.de nicht leben, „aber wir sind sehr zuversichtlich, dass das bald klappt“, sagt Kralisch-Pehlke. 100000 bis 150000 Besucher hat die Seite pro Monat. Gleich am ersten Tag hat sich ein Investor aus San Francisco gemeldet, „seitdem kommen regelmäßig Internetmenschen aus dem In- und Ausland auf uns zu und halten uns relativ große Summen unter die Nase“. Zugegriffen haben sie bisher nicht, weil es noch nicht ganz gepasst hat. Geld verdienen steht nicht im Vordergrund ihrer Seite, auch wenn Selbstausbeutung dauerhaft keine Option sein wird. Deswegen sind die beiden Frauen in Gesprächen mit „mehreren großen Firmen“. Trotz Werbung soll die Seite auf jeden Fall „dezent und ästhetisch wertvoll“ bleiben. Kostenlos sowieso. Solange imgegenteil.de noch auf Partnersuche ist, müssen die beiden auf Erspartes zurückgreifen.

Anni Kralisch-Pehlke ist schon knapp fünf Jahre verheiratet. Sie lebt mit ihrem Mann in einer Berliner Altbauwohnung und findet, sie habe einfach Glück gehabt, dass aus der Clubaffäre durch einen Zufall Liebe wurde. „In der Großstadt hast du ja tausend Optionen“, sagt die 31-Jährige und verweist damit auf die Rastlosigkeit und Entscheidungsschwäche ihrer Altersgenossen, die der Singer-Songwriter Gisbert zu Knyphausen so wunderbar auf den Punkt bringt: „Mein Herz ist immer unterwegs / auf der Suche nach was Besserem und einer Liebe die mir steht / Denn in Gedanken sieht die Zukunft immer farbenfroh aus / doch sie liegt nie in dieser Stadt und auch nicht bei dir.“ Angebote wie die Dating-App Tinder, mit der man in Sekunden zig Singles begutachten kann, leisten dieser Unentschlossenheit Vorschub. Jule Müller nennt Typen, „die sich nicht committen können und wollen“, nur „Wurst-Männer“.

Die 32-Jährige hat einige davon kennengelernt. Vier Jahre war sie Single, und „dieses ewige Spielchen, den anderen im Unklaren darüber zu lassen, was man möchte“, hat sie endgültig satt. Ihr neuer Freund habe sie damit beeindruckt, „dass er sehr schnell sehr offen über seine Gefühle gesprochen hat, dass er mich super findet und es mit uns probieren möchte“, sagt sie. „Ich dachte fast: Da kann was nicht stimmen.“ Sie nimmt sich selbst von der Kritik gar nicht aus. „Wir sind schon auch selbst dran schuld, dass wir keinen Partner finden“, sagt Jule Müller. Sie glaubt, dass sich die Leute mehr Zeit nehmen müssen, Menschen kennenzulernen. „Ein bisschen Mut und Durchhaltevermögen“ brauche man in Liebesdingen, die Bereitschaft dazu gehe vielen ab, „wegen der enormen Auswahl an Menschen in der Großstadt und aus Angst vor Zurückweisung“.

Mehr noch als ein Blog ist imgegenteil.de also eine Diagnose: Bei aller oberflächlichen Unkonventionalität träumen auch tätowierte Hipster vom spießigen kleinen Glück – Zweisamkeit, gemeinsame Wohnung, Kinder. Sie stehen sich auf der Suche danach aber selbst im Weg. „Man will ja immer cool sein“, sagt Anni Kralisch-Pehlke, cool im Sinne von unangreifbar, sie meint das durchaus kritisch.

Trotzdem verstärkt imgegenteil.de diese Tendenz noch. Denn man erfährt viel über die – auffällig gleichförmige – Vintage-Wohnungseinrichtung der Porträtierten, über Lieblingsserien und Hassobjekte, aber nichts wirklich Intimes. Klar höre sie im Laufe der Interviews eine ganze Menge, „aber möchtest du, dass etwa deine Ängste öffentlich breitgetreten werden?“, gibt Kralisch-Pehlke zu bedenken. „Wir dürfen nicht vergessen: Es ist das Internet!“ Auch in der Ambivalenz dem Medium gegenüber ist imgegenteil.de ein Spiegel der Generation der 20- bis 40-Jährigen.

„Was mich wirklich bewegt, steht nicht in meinem Porträt“, sagt Anni, 25, eine Namensvetterin der imgegenteil.de-Gründerin, die sich im Frühjahr hat porträtieren lassen. Sie versteht Text und Fotos als „eine Art Teaser“. „Für mich war das eher eine Mutprobe“, sagt sie, jemanden kennenzulernen sei nur ein Nebeneffekt. „Mich hat interessiert, wie Jule und Anni mich darstellen.“ Und dann spricht sie doch noch über die Schwierigkeit, außerhalb von Clique und Stammbar jemanden zu treffen. „Das Commitment fehlt bei den Menschen. Alle daten alle, kaum einer hat Lust auf was Festes. Und darauf habe ich langsam keine Lust mehr.“ Sie spricht den imgegenteil.de-Macherinnen aus der Seele. „Wir haben keinen Bock, Leute zu porträtieren, die nur mal schnell über jemanden drüberrutschen wollen“, sagt Anni Kralisch-Pehlke. Imgegenteil.de meint es ernst mit der Liebe in Zeiten des Internets.

Und Jule Müller? Die ist überglücklich, dass ihr neuer Freund den ersten Schritt gemacht hat. Sie sei zu schüchtern. Die beiden kannten sich von ihren Fotos bei imgegenteil.de, waren sich jedoch nie begegnet, ihn hatte ein anderes Team porträtiert. Als Müller ihm die Bilder zur Abnahme schickte, begann er mit ihr zu flirten. Es sei auch schon vorgekommen, dass ein Single aus dem Blog in einer Bar auf sein Porträt angesprochen wurde, sagt Anni Kralisch-Pehlke. Auch entfernte Bekannte hätten sich mithilfe von imgegenteil.de schon ineinander verliebt: „Man sieht den Leuten ja nicht an, ob sie Single sind.“ Ihnen sei „egal, wie die Leute zusammenkommen. Hauptsache, sie kommen zusammen.“

„Mein Erfolg ist durch nichts zu erklären“

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Wolfgang Joop, 69, empfängt in seiner Villa Wunderkind in Potsdam am Heiligen See und beginnt zu reden, noch bevor die Besucher Platz genommen haben. Über die Ängste und Beklemmungen der heutigen Jugendlichen, sein neuestes Buchprojekt, Selbstzweifel und das Wetter – und das alles vor dem ersten Kaffee. Den serviert dann eine sympathisch unglamouröse berlinernde Dame. Luft holen und los geht’s.



Gibt sich im Interview nachdenklich und spricht viel über seine Kindheit: Wolfgang Joop.

SZ: Wolfgang Joop, reden wir über Geld. Finanziell hätten Sie es nicht mehr nötig zu arbeiten. Warum machen Sie weiter?
Wolfgang Joop: Das frage ich mich auch. Ich nähe da mit großem Aufwand eine Haute-Illusion, die vielleicht keiner braucht. Aber braucht man Träume? Kunst oder Kino? Kunst oder Mode zu erdenken gleicht einer Sucht. Aber sie bringt einen ja nicht um, und man denkt immer das ganz Große, das kommt noch.

Sie warten noch?
Natürlich. Wir warten unser Leben lang, dass wir morgen besser werden, schlanker, größer, beliebter. Endlich den Sexual- und Lebenspartner finden, der uns diesen einen Orgasmus beschert, nach dem wir nicht in einem Down verschwinden müssen. Aber ich habe gelernt, dass Antworten auf die meisten Fragen ausbleiben, und habe mir eine pragmatische Lebensphilosophie zurechtgelegt.

Die Dämonen werden nicht besser?
Nein, man regt sich nur nicht mehr darüber auf, dass sie da sind. Wahrscheinlich haben sie einen Sinn. Früher dachte man, es hilft, mal ordentlich auf den Putz zu hauen, um sie zu vertreiben. Aber am nächsten Tag sind sie wieder da und übernehmen die Regie, weil man so geschwächt ist. Also lernt man, fit zu bleiben. Ich habe gelernt, dass die Nüchternheit die beste Waffe ist. Ich arbeite auch tollkühn weiter. Wie ein ungezogenes Kind, das auf sich aufmerksam machen will. Außerdem müsste ich mich ja analytisch mit mir selbst beschäftigen, wenn ich nicht mehr arbeiten würde.

Das Verhältnis zu Ihrem Vater gilt als schwierig. Haben Sie sich gegen ihn aufgelehnt?
Ich übte den stillen Protest. Gelingen tut er mir bis heute schlecht – immer wieder werde ich auffällig. Damals klammerte ich mich an meine Mutter und flüchtete mich in meine eigene Welt. Meine Liebessucht beschrieb meine Mutter mit: Das ist Affenliebe. Man wollte nicht zu viel Berührung im preußischen Elternhaus.

Wie alt waren Sie, als Ihr Vater aus der Kriegsgefangenschaft kam?
Acht.

Waren Sie vorher glücklicher?
Ich fühlte mich als kleiner Prinz. Ich bin auf dem Gut meiner Großeltern in Potsdam bei Sanssouci groß geworden. Erst im Abstand der Jahre verstand ich, durch welch historische Unwetter und radikale Umbrüche meine Großeltern ihren Hof und ihre Familie geführt hatten. Das natürlich Autoritäre gab mir damals auch das Gefühl von Sicherheit. Der Hof wurde verteidigt wie eine Festung. Und als mein Vater kam, wurde ich aus dieser Welt rausgerissen und verlor damit die Sicherheit. Von einem Tag auf den anderen musste ich nach Braunschweig, wo mein Vater einen Job bekam. Ich glaube, dafür habe ich ihn lange Zeit beschuldigt.

Litt Ihre Mutter auch unter dem Umzug?
Sie musste in Braunschweig mit einem sehr kleinen Budget zurechtkommen. Später, als ich genug Geld hatte, um aus ihr die „First Lady“ zu machen, eine Rolle, die ihr sehr gut stand, da hat sie mir erzählt, dass sie damals in der ersten Zeit in Braunschweig nachmittags das Fenster aufmachte und laut „Scheiße!“ rausschrie. So hat sie dieses kleinkarierte Leben verabscheut. Auf dem Bauernhof, da war jeder Tag ein Abenteuer gewesen. Da wurde Überleben geprobt. Es gab kein Gestern und kein Morgen. Es gab nur den Moment mit all seinen Notwendigkeiten. Aus dem hatte man gelernt, möglichst viel herauszuholen. Vor dem Hintergrund des Zusammenbruchs wurde das Leben euphorisch empfunden trotz Mangels und Entbehrung. Auch die Vorkriegsmoral war, bis die männlichen Heimkehrer vor der Tür standen, vergessen.

Ihr Vater war Journalist.
Später Chefredakteur. Diese Karriere war er alleine, meiner Mutter und mir war sie vollkommen egal. Wir haben uns in das andere Leben zurückgesehnt. Wo man autark war und sich selbst entdecken konnte. Wir bauten Gemüse an und hatten Hühner und Schafe. Selbst gestrickte Socken und selbst gestrickte Jacken. Die kratzten zwar, aber die waren von eigenen Schafen. Was ist das bitte für eine Allüre! Da konnten die anderen nicht mithalten in Braunschweig mit ihrer fully-fashioned Importware.

Sie wurden Designer. Anfang der Achtziger gründeten Sie Joop! Nach 20 Jahren trennten Sie sich von dem internationalen Mode-Unternehmen.
Der Abschied glich einer Art Notwehr. Ich habe immer wieder erleben müssen, dass mein Privilegiertsein zum Problem für andere wurde. Natürlich bin ich privilegiert und war es vor allem auch als Testimonial und Besitzer der Marke, die Ende der Achtzigerjahre, wie so vieles, über Nacht explodierte. Das Gefühl von Neid kenne ich nicht und wurde deshalb von Illoyalität ungläubig überrascht. Was mich aber bis heute nicht in meinem Optimismus eingeschränkt hat. Ich lernte aber damals, mich zu distanzieren.
Finden Sie es seltsam, dass jetzt andere mit Ihrem Namen Joop! Geld verdienen?
Nein. Das ist phantastisch, wenn sie es tun! Und es wird ja jedes Mal abrupt mehr, wenn ich medial präsent bin. Aber glauben Sie mal nicht, dass die Besitzer der Marke bei mir anrufen, um sich für die werbliche Unterstützung zu bedanken. Oder gar eine neue Kooperation anzubieten. Die Idee wäre vielleicht auch allzu überholt.

Als Sie Ende der Neunziger, Anfang der 2000er bei Joop! ausgestiegen sind, wie war das?
Am Anfang schmerzvoll. Ich musste das Ziel aufgeben, mit Joop! eine Megamarke zu werden. Aber von diesem Weg war Joop! zu diesem Zeitpunkt sowieso schon abgekommen. Ich habe mich dann von den neuen Besitzern auszahlen lassen. Irgendwann nach drei, vier Jahren konnte ich es als Erleichterung empfinden, dass das große Schiff ohne mich weiterfuhr.

Ein Einschnitt.
Ach, so schwer fiel er mir dann doch nicht (lacht). Ich habe Illustrationen gemacht, hatte Ausstellungen, schrieb Artikel über Mode für den Spiegel. Das plötzliche Schreiben war ein später Protest gegen den Vater. Er als Journalist brauchte für einen Text mindestens vier Wochen. Dann musste in der ganzen Wohnung Ruhe sein: „Psssst, Vater schreibt.“ Unterhaltend war der Text dann trotzdem nicht, dafür hatte er als Reisejournalist die Einwohnerzahl von Burma auf einen Hund genau ausgerechnet. Mein Vater blieb kommentarlos, als ich schrieb. Als ich ihm meinen autobiografischen Roman „Im Wolfspelz“ hinlegte, hatte ich mir so fest vorgenommen, ihn nicht um seine Meinung zu fragen.

Und?
Irgendwann fragte ich doch, ob er das Buch, das da lag, geöffnet hätte. Seine Antwort war: „Ja, aber hoffentlich hast du die anderen Geschäfte auch im Griff.“ So glaubte er wohl sein zu müssen. Ich würde von mir selber gerne wissen, ob ich an den verschiedenen Vaterfiguren wachse oder scheitere.

Aber Sie suchen sie?
Ja, um sie zu ignorieren. Ich denke, das trifft am meisten.

Langweilig war Ihnen nicht, als Sie ein paar Jahre mal keine Mode machten?
Nein, und ich habe das erste Mal gespürt, dass ich wohlhabend war. Durch den Verkauf der Marke war das eine neue Dimension. Allerdings war ich als freiberuflicher Designer schon vorher finanziell sehr erfolgreich gewesen. Vom ersten Geld hatte ich Kunst gekauft und mich später teilweise davon getrennt, um für eigene Werke Platz zu machen. Das richtige Timing beim Kaufen und Verkaufen zu finden ist im Leben wohl die größte Kunst. Ebenso das rechtzeitige Auf-und Abtreten. Kurz nach dem Mauerfall bekam ich von Super-Illu und auch von meiner Hauspostille Spiegel das fragwürdige Kompliment, 007 von der DDR-Eminenz Schalck-Golodkowski gewesen zu sein. Erst heute finde ich den absurden Verdacht amüsant. Ich war gerade in New York und wollte deshalb nicht zurück nach Deutschland. Damals habe ich lange gesucht, um ein schönes Penthouse zu finden, und als ich es später wieder verkaufen wollte, fand ich lange keinen Käufer. So ist es wohl immer: Wenn man etwas sucht, ist es nicht da, und wenn man es loswerden will, will es keiner haben.

Trotz der Spion-Berichterstattung kamen Sie zurück nach Deutschland.
Wunderkind lockte mich zurück. Die Modewelt hatte mich trotz Pause nicht abgeschrieben gehabt, und ich spürte die Erwartungshaltung, mein Kreativpotenzial endlich sichtbar zu machen. Mein Lebenspartner Edwin leitete das junge Unternehmen in Potsdam, und ich musste partnerschaftlich 2003 dazukommen.

Also doch wieder Mode.
Ich wollte ein biografisches Werk abgeben. Mit den Mitteln, die ich in langen Jahren gelernt hatte. Das ist nun mal mein Dauerflirt mit der launischen Geliebten Mode. Ich wollte den internationalen Modemarkt mit einem Produkt „Made in Potsdam“ überraschen, von dem er bisher nicht wusste, dass es gefehlt hatte.

Warum Potsdam? War das noch Heimat wegen Ihrer Kindheit auf dem Gut?
Ja. Mit dem Geld, das ich durch den Verkauf von Joop! verdiente, konnte ich das Gut Bornstedt für meine Mutter restaurieren. Leider ist das Werk von meinen Töchtern, denen das Gut heute gehört, nicht in meinem Sinn vollendet worden. Aber die Hypothek ist auch riesig, diese Verantwortung kann erdrückend sein. Meine Töchter wollen ja auch ihren eigenen Weg gehen. Der ist nicht einfach, denn durch meine verschiedenen Erfolge habe ich auch Standards gesetzt. Mein Erfolg ist durch nichts zu erklären (lacht). Jedenfalls nicht mit Fleiß allein. Jeder Erfolg ist eine Verabredung mit dem Zeitpunkt, der ihn zulässt. Ich staune immer noch, dass mir so viel gelang, wo ich mich doch früher für alles zu blöd fand: in der Schule im Wachkoma, und ängstlich war ich auch.

Haben Sie nicht durch die Liebe Ihrer Mutter Sicherheit gewonnen?
Ich habe mich selten sicher gefühlt. Und auf dieses Gefühl hat sich auch meine Mutter selbst am wenigsten verlassen.

Haben Sie versucht, Ihren Kindern Sicherheit zu vermitteln?
Ich habe ihnen Märchen erzählt. Ich glaube, besonders in den Märchen von Hans Christian Andersen sind alle Wahrheiten und Prüfungen verborgen. Zum Beispiel die Wahrheit, dass man Glück eher auf einem als auf hundert Quadratmetern findet. Und nicht der Mangel macht depressiv, sondern der Überfluss. Ich denke da an das Märchen von der chinesischen Nachtigall.

Waren Sie ein besserer Vater als Ihrer?
Ich denke, ja. Ich wollte das Autoritäre weglassen und versuchte, Botschaften und Emotionen mit den Märchen zu vermitteln, die ich vorlas oder erzählte. Florentine hat mir immer rechtzeitig ein Taschentuch gereicht, weil sie wusste, an welcher Stelle ich losheulen würde. Die beiden sind sehr unterschiedlich mit meiner Art umgegangen. Jette hat früh entschieden, dass man mit zu viel Emotionen in Bedrängnis kommt. Und Florentine sucht die Erfüllung emotionaler Versprechen bis heute. Sie sucht den romantischen Antihelden, einen Typus, den ich selbst gern abgeben würde. Mein weißes Pferd wäre gesattelt und wartet, losgebunden zu werden. Jette versucht, die Romantik im Zaum zu halten, weil sie denkt, das Pferd könnte mit ihr durchgehen.

Sie haben also andere Fehler gemacht als Ihr Vater?
Die Option, als Elternteil alles falsch zu machen, ist riesig. Zu viel Nähe, zu wenig Nähe, zu wenig Geld, zu viel Geld. Ich habe die Haltung, dass sich niemand an mir schuldig gemacht hat. Ich klage meine Eltern nicht an. Auch mein Vater ist unschuldig. Er war eingebettet in seine Wertvorstellung, in seine Biografie. Er musste lernen, dass das Schicksal grausam sein kann. Er musste in einen Krieg ziehen für ein System, an das er nicht glaubte. Er kam dann entwürdigt und entkräftet aus der Kriegsgefangenschaft wieder, das Kind war ihm entfremdet, die Frau auch. Er hat das alles als sehr ungerecht empfunden. Und ich wollte dann auch noch seine Autorität unterwandern und schwärmte deshalb für alles, was er hasste. Heute bin ich meinen Eltern sogar dankbar für das, was ich nicht hatte. Denn so habe ich gelernt, mich aus Notwehr neu zu erfinden und selbst aus Minus ein Plus zu machen.

Fühlen Sie sich hier wohl, in Ihrer Heimat?
Als meine Mutter starb, habe ich begriffen, dass der Ort Heimat ein emotionaler Ort ist und kein geografischer. Auf dem Gut wartet niemand mehr auf mich, deshalb gehe ich kaum mehr hin. Diese emotionale Aufräumarbeit schaffe ich nicht, werde ich wahrscheinlich nie schaffen. Ich bin kein Restaurator, obwohl ich mir mit dieser Arbeit mein erstes Taschengeld verdiente.

Wie war es, als Ihre Mutter starb?
In ihrer Agonie habe ich sie gezeichnet. Drei Zeichnungen in ungefähr drei Tagen oder Nächten. Ich besitze die Zeichnungen noch, habe sie aber nie wieder angeschaut. Nur durch die Übersetzung der Wahrheit auf meinem Zeichenblock konnte ich die stumme Nähe und den Abschied zugleich ertragen. Mich erinnert diese Situation an das Gemälde von Anselm Feuerbach: Der Maler und der Tod. Der Maler malt, der Tod schaut ihm über die Schulter, der Maler malt.

Sie werden Ende des Jahres 70.
Gut, dass Sie das erwähnen, denn das ist noch lange hin. Aber um zu unserem Thema vom Anfang zurückzukehren: Um mich selbst zu spüren, arbeite ich weiter. Ich finde dieses Ausgewogene, Überlegte, Abgesicherte und Unradikale unseres modernen Lebens eher beängstigend. Uns fehlen die Ecken, an denen wir uns reiben können. Die Sicherheit und das „Good life“, das wir schon so lange genießen, kommt uns vor wie eine virtuelle Inszenierung. Es braucht nur einen Knopfdruck, und alles kann vorbei sein. Allerdings scheint das keiner zu glauben. Ich allerdings bin ein Kind meiner Zeit, das im Schatten der realen Bedrohung des Kalten Krieges alles infrage stellte und vor allem nie erwachsen werden wollte.

Sie kritisieren den Kapitalismus, verkaufen aber Kleider für 4000 Euro?
Dieser Widerspruch ist anstrengend und gleichzeitig das teure Parfum, nach dem die Wunderkind-Kleider riechen und immer die coolste Trägerin wie von alleine finden.

Aber Sie steigen nicht aus, sondern machen weiter.
Ich plane den Ausstieg. Täglich. Und mache genau an diesem Tag weiter (lacht laut).

Sie werden einfach immer weitermachen?
Gedacht habe ich mir das nicht, aber es wird wohl so sein. Bis irgendwann wie bei einer alten Waschmaschine ein bis zwei Schrauben rausfallen: Dann rattert und schäumt es noch eine Weile, und sie bleibt einfach stehen. Aber jetzt ist noch nicht die Zeit dafür.

Tagesblog - 25. Juli 2014

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16:30 Uhr: So, das versprochene Tandem Biazza-Haunhorst war tatsächlich ein Einrad. Nächste Woche dann wieder! Ich verabschiede mich und euch ins Wochenende - vor mir liegt die Autobahn und hinter uns ein sehr schöner Tag auf jetzt.de, wie ich finde! Adieu!

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15:50 Uhr:
In Uni hatten wir mal ein Radioseminar und da habe ich naives Ding zum ersten Mal kapiert, dass viele Anrufe bei Lokalradios eigentlich gefaket sind. Also wenn da LKW-Fahrer Manni anruft und sagt "Ich grüße meine Oma und meine Frau, ich liebe dich Bärbel!" dann ist das oft ein Freund der Redaktion, den man dazu überredet hat. Schlimm, oder? Umso besser, dass ihr auf Haunhorst FM nur echte Musikwünsche gespielt bekommt. (Privatradiosprech an): "Unser nächster Wunsch ist vooooooon KATHI BITZL! Sie wünscht sich für das megageilesupersommerwochenende "Thrift Shop" von Macklemore feat. Ryan Lewis. Kathi sagt: "Ihr Ohrwurm seit vier Tagen!" Wow, Kathi, dann wünsche ich dir, dass du ihn hiermit besiegst und sage allen Hörern von Jingle Haunhorst FM viel Spaß beim Tanzen!" (Privatradiosprech aus).
http://vimeo.com/63715783

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15:10 Uhr:
Vielleicht erinnert ihr euch noch an unsere Autorin Fiona Weber-Steinhaus, die ja mittlerweile bei den Kollegen von der Neon arbeitet? Fiona hat auf jeden Fall meinen Traum wahr werden lassen und ist auf Reisen gegangen UM ZU SCHAUKELN! In Estland ist das nämlich eine Sportart, wenn man den Überschlag schafft, nennt man das "Kiiking". Ob sie's hinbekommen habt, seht ihr in diesem sehr schönen Video, mit sehr schönen Landschaftsbildern, Gegenlicht und einer jucheizenden Fiona:
http://vimeo.com/99917664

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14:45 Uhr:
In Merseburg (bei Halle) kann man ab Herbst einen Master in Sexologie machen! Haben wir uns direkt gefragt: "Und was macht man da?". Zum Glück hat Daniela für uns dort angerufen und den Studiengangsleiter Professor Harald Stumpe genau diese Frage gestellt!




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13:45 Uhr: Teresa Fries hat mir gerade einen sehr wunderbaren Link geschickt: Auf The ( ) And stellen sich Paare Fragen, ihre Reaktionen und Antworten darauf wurden gefilmt. Man kann das Spielchen danach auch mit seinem Partner spielen oder, wenn man gerade alleine ist, selber Fragen beantworten und sich daraus einen eigenen Film zusammenstellen lassen. Teilweise ist das sehr schön, teilweise tieftraurig. Wenn ich mal länger hier weg bin: Vermutlich mache ich gerade ein paar Psychospielchen!




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13:20 Uhr:
Schon sehr schöne Kommentare unter Leons Praktikantentext. Owen_meany schreibt: "Ich war damals für eine Woche in der örtlichen Brauerei (Lammsbräu-sieht man jetz in Berlin in der Ökoabteilung).
Meine wichtigste Aufgabe: Mit dem Betriebsfahrrad den vergessenen Lodenhut des Brauereibesitzers vom Arzt holen. Und zum Schluss gabs nur nen Kasten Limo, weil ich ja erst 15 war" Unter 16 aber über 12 Jahre alt sein, ist einfach die schlimmste Zeit im Leben.

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13:15 Uhr:
Aufgegessen! In den Kommentaren gibt es bereits eine Diskussion, ob es beim nächsten SZ-Sommerfest nicht "Schminken wie die jetzt-Redaktion" geben sollte. Gebe es als Vorschlag weiter, wenn der Helten wiederkommt. Dann braucht ihr aber auch Perücken und bunte Socken, ne?

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12:15 Uhr:
Die Kategorie "Feedback unserer Leser" mag ich ja sowohl bei der Titanic als auch beim Postillon sehr gerne. Gestern ist allerdings ein besonderer Klopper passiert: Der Parteichef der rechtspopulistischen FPÖ hat die Satire nicht verstanden und entrüstet eine Meldung zu weiteren Sanktionen Amerikas gegen die EU geteilt. Der Post ist mittlerweile wieder gelöscht, kleben bleibt's (hoffentlich) trotzdem:
[plugin imagelink link="https://scontent-a-fra.xx.fbcdn.net/hphotos-xap1/v/t1.0-9/10374443_10152188072251526_343782539846182543_n.png?oh=9d87399b56d931a6a0bac9b9b6036427&oe=544BBE5A" imagesrc="https://scontent-a-fra.xx.fbcdn.net/hphotos-xap1/v/t1.0-9/10374443_10152188072251526_343782539846182543_n.png?oh=9d87399b56d931a6a0bac9b9b6036427&oe=544BBE5A"]

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11:45 Uhr: Übrigens Kommentar von Jakob heute morgen zur Kettengeschichte (er war ja im Urlaub): "Ich muss jetzt erstmal eine Woche freinehmen, um mich da wieder einzuarbeiten." Lohnenswert wäre es!

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11:30 Uhr:
Vergangene Woche waren nicht nur Tim und Daniela unsere Praktikanten - für zwei Tage hatten wir auch den 16-jährigen Leon zu Besuch. Der macht momentan Schülerpraktikum, da kamen bei uns natürlich direkt die Erinnerungen hoch, wo wir damals Zeit absitzen mussten. Ich war bei der Lokalzeitung (super!) eine Freundin von mir in einem Hotel, wo sie nur Toilettenpapier falten und Gläser polieren durfte (nicht so super). Leon hat dann für uns aufgeschrieben, was andere Praktikanten zur Zeit machen dürfen. Es ist sein erster Text, also Applaus und Fame für Leon!




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10:40 Uhr:
Auskonferiert! Und direkt über eine Meldung über meine Lieblingstiere (nach Hippos, Walen, Fröschen und Loris) gestoßen: Haie! Tara Reid (die Schauspielerin, die mal wegen American Pie berühmt war und dann, weil sie sich sehr oft hat operieren lassen) hat nämlich gesagt, sie sei sich recht sicher, dass ein "Sharknado" wirklich eintreten kann! Was das genau ist, hat Jakob in seiner Liebeserklärung an Hai-Filme mal aufgeschrieben und ich hoffe, Tara Reid hat ein bisschen Unrecht. Wobei es auch aufregend wäre, so einen Hai auf einmal im Planschbecken zu finden...
[plugin imagelink link="http://jetzt.sueddeutsche.de/upl/images/user/ja/jakob-biazza/text/regular/982172.jpg" imagesrc="http://jetzt.sueddeutsche.de/upl/images/user/ja/jakob-biazza/text/regular/982172.jpg"]
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09:52 Uhr:
Bevor ich jetzt gleich in die Konferenz hüpfe: Wir tickern heute über Bücher, die einen in der Jugend geprägt haben. Bei vielen war das Harry Potter, mich hat hingegen sehr lange die Triologie "His dark materials" von Philip Pullman beschäftigt (wurde vor ein paar Jahren leider ganz mies mit Nicole Kidman verfilmt, eigentlich geht es um die Frage nach Gott und Gerechtigkeit). Bei Harry Potter mochte ich am liebsten den Hauselfen Dobby:
[plugin imagelink link="http://38.media.tumblr.com/tumblr_m5x8llkZ6a1rqfhi2o1_250.gif" imagesrc="http://38.media.tumblr.com/tumblr_m5x8llkZ6a1rqfhi2o1_250.gif"]
Hermine ging mir mit ihrem Kluggescheiße eher auf den Senkel:
[plugin imagelink link="http://38.media.tumblr.com/2148e2e0efea69b8ddd5c37da7858656/tumblr_n881zveSCb1qcepzco6_250.gif" imagesrc="http://38.media.tumblr.com/2148e2e0efea69b8ddd5c37da7858656/tumblr_n881zveSCb1qcepzco6_250.gif"]

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09:40 Uhr:
Noch eine schöne Meldung (oder auch ein Herzensbrecher?): Bei reddit hat ein Typ unter dem Kronkorken einer Flasche von 1992 einen Hauptgewinn gefunden: EINEN SUPER NINTENDO! Blöd, dass er die Flasche 22 Jahre zu spät geöffnet hat... Ich selber habe ja erst einmal in meinem Leben was gewonnen, nämlich einen Plüschelch in der zweiten Klasse. Dann hatte mein kleiner Bruder Magendarmgrippe und - naja, den Rest erspare ich euch.
[plugin imagelink link="http://i.imgur.com/e9a9bgf.jpg" imagesrc="http://i.imgur.com/e9a9bgf.jpg"]

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09:25 Uhr:
In der SZ-Konferenz (die trotz Feierei gestern voll besetzt war, vorbildlich!) ging es heute um folgende Themen:

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09:05 Uhr:
Ein Morgen, der mit einem "Knack" anfängt! Ich habe hier im März mal einen Herzensbrecher über die traurigen Nachwehen einer Party geschrieben, bei denen nur noch abgeschrabbelte Pavillons im Garten stehen. Und genau dieses Gefühl habe ich heute morgen leider wieder, allerdings in der SZ. Auf dem Vorplatz stehen noch Teil der Kulissen des Fluch-der-Karibik-Mottos vom Sommerfest, allerdings ist keine Partycrowd mehr da, um sie mit Leben zu füllen. Im Büro riecht es noch leicht nach gegrilltem Schweinenacken, aber niemand ist da, um den Grill nochmal anzufeuern. Fehlt nur noch, das Strohballen vom Wind über den Vorplatz geweht werden! Knack! Knack! Knack!

Schau mich an

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München – Medikamente sind von unschätzbarem Wert, weil sie uns vor Krankheiten schützen. Autos auch, weil sie uns von einem Ort an den anderen bringen. Und dann gibt es noch Windturbinen – wichtig für den Umweltschutz. Aber einem Studienfreund am anderen Ende der Welt mitzuteilen, dass man in einen Badesee gesprungen ist? Nicht ganz so wichtig.



Warum hat es Facebook auf einen Börsenwert von 138 Milliarden Euro gebracht?

Wie kann es also sein, dass ein digitales Netzwerk an der Börse so viel mehr wert ist als die größten deutschen Industriekonzerne? Auf einen Börsenwert von 138 Milliarden Euro hat es Facebook nun gebracht. Doppelt so viel wie zum Zeitpunkt des Börsengangs vor zwei Jahren. Und auch fast doppelt so viel wie der Autohersteller Volkswagen, das Pharmaunternehmen Bayer oder der Industriekonzern Siemens.
Wer verstehen will, was Facebook so wertvoll macht, der muss sich auf einen Bahnhof stellen – und die Leute beobachten, was sie machen, wenn sie auf den Zug warten. Sie blicken nicht auf die Plakatwand gegenüber dem Gleise, sie blättern nur selten durch Zeitschriften. Sie starren auf ihr Smartphone. Sie loggen sich bei Facebook ein, schauen, was ihre Freunde gerade so machen, „sharen“ und „liken“ ein paar von den Dingen, die gerade so durchs Netz schwirren.

Facebook hat es geschafft, die Aufmerksamkeit der Menschen zu gewinnen. Das ist in dieser Zeit, in der es doch so viel Ablenkung gibt, von unschätzbarem Wert. Zumal für Facebook: Denn das US-Unternehmen macht sein Geld mit Werbung. Und Werbung braucht Aufmerksamkeit.

Sport Chek zum Beispiel, der größte Händler von Sportausrüstung in Kanada, hat mehr als 90 Jahre auf Werbeblätter gesetzt, um die Aufmerksamkeit seiner Kundschaft zu gewinnen. Kürzlich haben sie sich von den Blättchen verabschiedet. Zwei Wochen lang haben sie ihr Werbebudget allein in Anzeigen im Netz gesteckt. Zu Testzwecken. Die Verkäufe zogen deutlich an. Vor allem jene Dinge, die bei Facebook beworben wurden, waren gefragt. Und deshalb werden sie bei Sport Chek ihre Marketingausgaben nun nach und nach verschieben. Weg von den Blättchen, hin zu Facebook.

Die Strategen des Sporthändlers sind nicht die einzigen, die die Art und Weise, wie sie ihre Kundschaft locken, gerade grundlegend überdenken. Die Marktforscher von eMarketer schätzen, dass in diesem Jahr die Unternehmen in den USA erstmals mehr Geld für Anzeigen auf mobilen Geräten wie Smartphones oder Tablets ausgeben als für Annoncen in Zeitungen oder Werbespots im Radio. Fast ein Fünftel dieses Budgets von immerhin 17,7 Milliarden Dollar wird sich dieser Prognose nach Facebook sichern können. Zwar kommt das soziale Netzwerk damit noch immer nicht an die Größe von Google heran. Auf den Seiten der Suchmaschine und vielen anderen Internetdiensten des Konzerns landen fast 40 Prozent dieser Werbeausgaben. Noch.

Denn im gleichen Maße, wie sich Facebook im Laufe dieses Jahres bereits ein immer größeres Stück dieses Budgets gesichert hat, ist der Vorsprung von Google gesunken. Das ist schon allein deshalb erstaunlich, weil ausgerechnet die Schwäche im Anzeigengeschäft auf den mobilen Geräten noch vor zwei Jahren als Problembereich von Facebook galt. Als der Konzern den Schritt aufs Börsenparkett wagte, gab es noch gar keine Anzeigen in der App. Und als das Unternehmen sie etwas später einführte, murrten die Kritiker: Damit lasse sich kaum etwas verdienen. Die Bildschirme der Telefone seien so viel kleiner als die der Computer – und deshalb könne man auch nicht so viel von seinen Anzeigenkunden dafür verlangen. Nun hat Facebook den Gegenbeweis angetreten. 1,5 Millionen Werbekunden, und zwar in allen Teilen der Welt, zählt Facebook inzwischen. Nur knapp die Hälfte seiner Erlöse macht das Unternehmen in der Heimat.

Und noch in einem anderen Punkt hat Facebook seine Kritiker überzeugen können: Immer wieder hieß es, dass Facebook bei jungen Leuten nicht mehr angesagt sei. Oder dass die Menschen Facebook ihr Vertrauen entziehen würden. Doch allein in den vergangenen drei Monaten haben sich 40 Millionen neue Mitglieder bei dem sozialen Netzwerk angemeldet. Mehr als 800 Millionen Menschen sind täglich in dem sozialen Netzwerk unterwegs. Auch diese Kennziffer macht es für das Unternehmen einfacher, Werbekunden davon zu überzeugen, noch ein paar Anzeigen zu schalten. Denn so wie eine Litfaßsäule eben an einer Straßenkreuzung und nicht in einer Nebenstraße steht, so werden Anzeigen eben auch in dem sozialen Netzwerk platziert, in dem sich besonders viele Leute austauschen. Zum Vergleich: Das deutsche Pendant Xing kommt gerade einmal auf einen Börsenwert von 507 Millionen Euro.

Ausruhen kann sich Facebook auf diesem schönen Polster nicht. Zwar muss der Internetkonzern nicht wie Siemens oder Volkswagen in teure Fabriken investieren, auch nicht wie Bayer in die kostspielige Forschung. Das Verhältnis zwischen dem Aktienkurs und dem zu erwartenden Gewinn von Facebook ist auch deshalb so viel größer als bei den etablierten deutschen Konzernen, weil das Unternehmen gerade einmal zehn Jahre alt ist. Es konnte noch nicht so viel auf die hohe Kante legen wie Apple oder Google. Und es muss weiter wachsen.

Aufmerksamkeit ist ein wertvolles Gut. Allein die Sorge, die Leute könnten sich demnächst mehr bei Whatsapp rumtreiben als bei Facebook, hat den Konzern zu einer kostspieligen Investition getrieben: Für 19 Milliarden Dollar hat er im Februar den Messaging-Dienst übernommen.

Großmeister der Ironie

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Wenn auf demselben Fleck der Welt zu viele Menschen wohnen, deren Vorstellungen vom guten und richtigen Leben in den Augen der meisten Drumherumwohnenden schon zwei, drei Ironieschleifen zu viel hinter sich haben, mindestens, dann kann man ziemlich sicher sein, dass es sich um Berlin-Mitte handelt. Oder um jenen Ort, der diese Mitte eben gerade wieder sein soll. Das ist womöglich auch mal Friedrichshain, Kreuzberg, Kreuzkölln oder Neukölln, man muss sich die Mitte dieser Stadt ja wie eine kleine Wanderdüne vorstellen.



Friedrich Liechtenstein in gewohnter Montur beim Auftritt auf der Mercedes-Benz Fashion Week.

Über diese Mitte also, dieses seltsam verhasste Soziotop voller bärtiger Männer in engen Hosen, voller „Hipster“, die unverschämterweise für viele so aussehen, als hielten sie sich für was Besseres, Informierteres, Gegenwärtigeres – über diese Mitte durfte sich in den vergangenen zehn Jahren noch die letzte Schlaumeierflitzpiepe lustig machen, gerne aus der Ferne. Davon, was in Mitte immer so passiert, waren und sind selbstverständlich alle besessen – um es dann doch jedes Mal wieder schlaumeierflitzpiepenhaft, also demonstrativ ungerührt zu verwerfen.

So sieht es aus – und dann gab es plötzlich die unerhörte Begebenheit. Und jetzt hat genau diese ungeliebte Hipster-Mitte, dieses arbeitsscheue, hedonistische, verträumte Ironie-Internat ohne Hausaufgaben im Herzen der Hauptstadt seinen ersten echten Star hervorgebracht: Friedrich Liechtenstein.

Ja, der schon etwas ältere mollige Typ mit Anzug und weißem Vollbart, der in der mittlerweile im Netz mehr als 20 Millionen Mal angesehenen Edeka-Werbung vollendet ironisch, also fabelhaft souverän, cool und elegant-tänzelnd alles „supergeil“ findet, die Fritten, den Dorsch, das Klopapier und so weiter. Der Friedrich Liechtenstein, der wohl 1956 als Hans-Holger Friedrich in Eisenhüttenstadt geboren wurde, der lange ein erfolgloser Schauspieler und Puppenspieler war und der in Mitte bis zur Edeka-Werbung viele Jahre lang schon dieser unnachahmlich lässig-ironische Entertainer Friedrich Liechtenstein gewesen ist, der Kinky King von Mitte, der als „Schmuckeremit“ den Showroom eines Brillenherstellers bewohnt und mehr oder weniger nur den feinen Neo-Dandy-Zwirn besitzt, den er eben gerade so anhat.

Sein jetziger Erfolg ist einer der größten anzunehmenden Glücksfälle des Jahres. Für Mitte, für Berlin – und für das ganze restliche Land, oder wenigstens für dessen Popkultur. Und am heutigen Freitag vielleicht noch ein bisschen mehr. Denn es erscheint – vorerst nur digital, eine CD-Veröffentlichung soll folgen – Friedrich Liechtensteins Album „Bad Gastein“.

Es ist mithilfe der beiden Berliner Produzenten Carl Schilde und Anselm Venezian Nehls musikalisch ein ziemlich leichtfüßiges Elektro-Disco-Album geworden, voller wunderbar flacher Patsch-Drum-Sounds und graziler Synthie-Effekte, an denen zum Beispiel Falco in den Achtzigerjahren auch schon seine Freude hatte. Wollte man sich die Stimmung dieser Musik vorstellen, müsste man sich vielleicht ein paar Lichteffekte einer trägen Disco-Kugel auf einer fast leeren, schwach beleuchteten Tanzfläche vorstellen. In einem Musikclub, der seine besten Jahre schon eine gute Weile hinter sich hat. In der Nachsaison. An der italienischen Adria-Küste. Oder eben in Bad Gastein, dem merkwürdigsten aller Alpen-Skiorte, weil sich dort Winter-Massentourismus und riesige leer stehende Belle-Époque-Luxus-Kurhotels so glamourös trostlos gegenüberstehen.

Bad Gastein wiederum versucht sich gerade deswegen für die Hipster Mitteleuropas neu zu erfinden und hat es sich nicht entgehen lassen, Liechtenstein zum Helden seiner recht aufwendigen aktuellen Werbebroschüre zu machen, die in ihrer Mischung aus luxuriösem Hochglanz und ironischer Anbiederung ein bizarres Dokument zeitgenössischen Zielgruppenfischfangs ist, aber dazu später noch ein Wort.

Zuvor noch eines zu den Texten, die auf dem Album zu hören sind, zum Dichter und Erzähler Friedrich Liechtenstein. Denn der ist das eigentliche Ereignis. So war es bei der Edeka-Werbung, wo er in einem Zusatz-Clip, den man wiederum seinen Kollegen weiterleiten sollte, einen fiktiven Kollegen feiert und mit dieser tiefenentspannten sonoren Stimme, einer Art vokalen Massage, sagt: „Was ich dir schon immer mal sagen wollte, ist: Es ist großartig, was du hier ablieferst. Teilweise.“ Die Unverschämtheit des Nachschubs überspielt er dabei so fein, als sei es eben doch ganz anders, eher liebevoll gemeint. Im Sinne von: Du arbeitest sehr gut hier, und teilweise bist du sogar großartig. Es hängt dann aber natürlich doch wieder ganz großartig schräg und weltweise in der Luft. Wie auch so viele Zeilen auf dem neuen Album. Also zum Beispiel Sätze wie: „72 ist kein gutes Alter für einen Gogo-Tänzer“ oder „Wer Anti-Kriegsfilme kennt, weiß / Die Welt der Kämpfer ist nur einen schmalen Grat entfernt vom schlimmsten Tuntenkitsch“ in „Belgique, Belgique“. Oder der Anfang des zweiten Songs „Badeschloss“: „Wir waren zwei Tagesreisen vom Badeschloss entfernt / als durch ein verbotenes, verbotenes, verbotenes, verbotenes ruckartiges Zurückwenden durch eine Drehung aus der Schulter / der gesamte bereits zurückgelegte Weg wieder vor uns lag.“

Wobei es, leicht gesagt, dahinbehauptet ist, dass dieser Mann und seine Kunst etwas Großes sind. So vollkommen selbstverständlich, wie man das in der besten aller Welten vielleicht gerne hätte, ist es natürlich nicht. Und das hat zwei Gründe: die verdammte Ironie und das, was in Deutschland unendlich krampfig „Humorismus“ genannt werden muss, weil Otto Waalkes und Heinz Erhardt den Begriff des Komikers ruiniert haben, das deutsche Kabarett den des Satirikers und Pro7 den des Comedian. „Humorist“ ist hierzulande also der, der komisch ist, ohne unbeabsichtigt peinlich zu sein, aber auch ein bisschen böse und abgründig, ohne dabei jedoch bloß als kritische Unterhaltung getarnten Populismus zu liefern wie so oft das Kabarett.

Humorismus und Ironie als Problem also, damit ist man natürlich gleich auf sehr dünnem Eis. Witze erklären hat ja meistens vor allem einen Effekt: Der Witz ist hinterher mausetot. Deshalb vielleicht bloß dies: Es ist unmöglich, den Verhältnissen beizukommen, wenn man sie nur veralbern will, weil man sie dann von vornherein unterschätzt – und sofort verloren ist. Denn: „Es ist kalt, wir sind allein, diese Welt ist traurig, böse und gemein. Und es gibt täglich weniger Gründe, nicht auch so zu sein.“ Oder wie Friedrich Liechtenstein an anderer Stelle einmal sagte: „Wenn Du eine Scheiß-Show von mir siehst, dann ist das keine Scheiß-Show, sondern ein sehr genauer Film von einer Scheiß-Show.“ Deshalb sind Ironie und guter Humor im Grunde dasselbe. Ironie, insbesondere die von Friedrich Liechtenstein, ist aber auch die freundlichste, gütigste und tröstlichste Form des Widerstands. Und Entertainer wie Friedrich Liechtenstein sind nichts weniger als Boten einer besseren Welt.

Bliebe die Frage, ob man diesem Mann – und wahrscheinlich auch gleich noch ein paar ganz abgezockten Werbern – nicht doch brav auf den Leim geht? Ob man eigentlich noch alle Tassen im Schrank hat, wenn man zum achtzehnten Mal eine Edeka-Werbung ansieht und im Büroflur leise „Belgique, Belgique, Belgique – er kommt niemals zurück, Brigitte“ vor sich hinhaucht – oder vielmehr „Bellschiiiek, Bellschiiiek, Bellschiiiek – er kommt niemals zurück, Briiieschitt“ mit weichem Bund ganz nuscheligem Schhhhh?

Tja. Man geht der Sache wohl auf den Leim. So wie es sich bei großer Kunst gehört. Und nein, womöglich hat man nicht mehr alle Tassen im Schrank. Aber was und wem genau würde man eigentlich auf den Leim gehen und von welchen Tassen reden wir? Am Ende muss das natürlich jeder selbst wissen. Von hier zum Schluss vielleicht nur so viel: Es könnten die eigenen Träume vom guten und richtigen Leben sein, und die Rede ist nicht von den supergeilen Edeka-Tassen. Und das sind doch schon mal zwei ganz gute Nachrichten. Teilweise.

"Die meiste Zeit kann ich mich ausruhen oder Tennis spielen"

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Alexander, 16, macht ein Praktikum in einer Tennisanlage:  

"Im Endeffekt ist es genau das, was ich haben wollte: Ein Praktikum bei dem ich nur kurz arbeiten muss, also von 10.15 Uhr bis 13.15 Uhr, nicht viel zu tun habe, eigentlich nichts, und auch noch Spaß habe. Auf der Tennisanlage bin ich vorwiegend pflichtenfrei. Ab und zu muss ich ein Telefonat annehmen oder mal einen Tisch putzen. Die meiste Zeit kann ich mich aber ausruhen oder mit einem Freund Tennis spielen. Dadurch, dass ich selber Tennislehrer bin, hab ich dabei natürlich Vorteile. Der größte Teil des Tages geht fürs Essen drauf.
Mein jetziges Praktikum ist genau das, was sich alle wünschen machen zu können, wenn sie eigentlich keine Lust auf Arbeit haben. Außerdem habe ich nur einen Anruf gebraucht, um an mein Ziel zu kommen. Die erste Person, die ich angefragt habe, hat mich sofort eingestellt, was vielleicht daran liegt, dass er der Vater eines meiner guten Freunde ist. Ich habe die Stelle dann genommen, damit ich irgendetwas habe.  
Meine Interessen liegen sonst eher im wirtschaftlichen Bereich. Hierzu lohnt sich aber kein Schülerpraktikum, da eine Praktikumsdauer von einer Woche zu kurz ist, um sich in dem Beruf einzufinden.
Ich denke, dass dieses Praktikum das letzte in meiner Schulzeit ist. In meinem späteren Leben lassen sich weitere wohl aber nicht umgehen."
[seitenumbruch]
Martin, 16, macht ein Praktikum in der Stahlverarbeitung:  
"Ich habe mein Schülerpraktikum in einer Kunststoff- und Metallverarbeitung absolviert. Es ist genau mein Interessengebiet, weswegen ich dieses Praktikum ausgewählt habe. Und es geht auf jeden Fall in die Richtung, in der ich mich später mal sehe. Schülerpraktika finde ich sinnvoll, denn es ist in jedem Fall empfehlenswert, in verschiedene Bereiche hinein zu schnuppern. Wenn man dann in ein Gebiet hineinrutscht, das einen nicht so interessiert, weiß man für die Zukunft, dass man eher was anderes möchte.
Ich denke, nicht jeder kann in unserem Alter beurteilen was er oder sie später mal machen will. Aber man kann eine Idee haben, was man eventuell machen möchte. Allerdings kann sich so was immer wieder ändern. Momentan bin ich davon überzeugt, später mal in der Stahlverarbeitung arbeiten zu wollen. Vor allem, weil dieses Unternehmen meinen Auswahlkriterien entspricht: Die Firma muss etwas größer sein und sie muss mich interessieren. Im Endeffekt hat das Praktikum meine Wünsche zu hundert Prozent befriedigt, sogar noch mehr als mein erstes bei einer Autowerkstatt.
Meiner Meinung nach sollte jeder einmal ein Praktikum gemacht haben. Ich erwarte mir von einem abgeschlossenen Praktikum schon, dass es mir unter Umständen im Berufsleben einiges erleichtert. Deshalb habe ich diesen Betrieb auch ausgewählt - vielleicht will ich mich irgendwann dort integrieren."
[seitenumbruch]
Vincent, 16, geht lieber zur Schule als noch ein Praktikum zu machen:
"Ich habe dieses Jahr kein Schülerpraktikum gemacht, was in erster Linie daran lag, dass ich es für unnötig hielt. Ich habe bereits vergangenes Jahr vier Wochen Praktikum gemacht und nun stand nichts zur Auswahl, was mir Spaß gemacht hätte. Bei meinen letzten Praktika durfte ich in einer Anwaltskanzlei und im Landgericht in Berlin reinschnuppern, was beides sehr interessant war. Damals war Jura für mich ein Zukunftswunsch. Jetzt scheiterte mein Wunsch, ein Praktikum an der Frankfurter Börse zu machen, daran, dass meinem Schulleiter der Aufwand zu groß war, das zu organisieren.
Meiner Meinung nach würden sich viel mehr Jugendliche für ein Praktikum begeistern lassen, wenn die Schule sich für jeden einzelnen mehr engagieren würde, um ihm oder ihr mehr Möglichkeiten zu eröffnen. Ich kenne viele Mitschüler die gar keinen Platz gesucht haben, weil von vorne herein klar war, dass sie ihre Vorstellungen und Erwartungen nicht erfüllen würden. Zumindest nicht ohne zusätzliche Unterstützung der Schulen. Allgemein finde ich Betriebspraktika aber sinnvoller als Projekttage, da man bei einem solchen Praktikum im Gegensatz zu einem einzelnen Veranstaltungstag tiefer in die Sphäre einsteigen kann. Themen, bei denen ich mich für ein Praktikum begeistern könnte, wären Wirtschaft und Immobilien, da ich gut mit Menschen auskomme, was sich als Vorraussetzung für den Beruf als Immobilienmakler eignet. Hundertprozentig sicher bin ich mir aber noch nicht.  
Den Leuten, die sich irgendein Praktikum aussuchen, das sie nicht interessiert, rate ich, dass sie bevor sie nur blöd herumsitzen etwas anderes machen. Zum Beispiel in die Schule gehen, wo sie ja eigentlich befreit vom Unterricht sind und deshalb eine Schonung erhalten. Das ist besser, als dass man ein Praktikum macht, wo man den ganzen Tag gegen seinen Willen eingebunden ist. Ich bereue deshalb auch nicht, dass ich diese eine Woche ausgelassen habe. Erstens, weil sich mir noch viele effizientere Möglichkeiten ergeben werden und zweitens, weil ich eh schon zwei sehr interessante Erfahrungen gemacht habe."

Master of Sexology

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Jetzt.de: Sie bieten ab Oktober einen Master in Sexologie in Merseburg und der Schweiz an. Haben wir etwa so wenig Ahnung von Sex?
Harald Stumpe: Sexualität ist zwar etwas ganz Natürliches, eine Triebkraft des Menschen. Aber gucken Sie sich doch mal die aktuelle Situation an, zum Beispiel die Diskussion in Baden-Württemberg über sexuelle Vielfalt im Schulunterricht. Es gibt in der Bevölkerung großen Widerstand dagegen, dass Jugendliche über die unterschiedlichen Möglichkeiten aufgeklärt werden sollen. Mit einem schwulen oder lesbischen Coming Out haben sie es immer noch schwer.  

Es gibt den Studiengang, weil die Allgemeinheit zu verklemmt ist?

Ja, wobei es da natürlich sehr starke Unterschiede gibt. Viele Menschen sehen in der Sexualität tatsächlich noch immer nur den Fortpflanzungszweck und verdrängen die Lust- oder Kommunikationsfunktion. Unser Ziel ist es, Fachleute auszubilden, die Menschen in allen Altersgruppen und Lebenssituationen begleiten und ihnen dabei helfen, eine selbstbestimmte Sexualität zu entwickeln.  

Das klingt ein bisschen nach Dr. Sommer. Bilden Sie Sexualpädagogen aus?

Nein, nicht nur. Der neue Studiengang hat einen sehr körperorientierten Ansatz – da liegt auch der Unterschied zur angewandten Sexualwissenschaft. Der Master in Sexologie befähigt die Absolventen stärker für therapeutische Berufe. Entweder freiberuflich oder in Kooperation mit psychologischen und medizinischen Einrichtungen, wie zum Beispiel Spezialpraxen von Urologen oder Frauenärzten. Schließlich haben Ärzte oft keine Zeit selbst mit ihren Patienten lange Gespräche zu führen. Es wäre ideal, wenn zumindest in Teilzeit ein Sexologe oder eine Sexologin in größeren Praxen tätig wäre. Zum Beispiel bei Männern mit Prostatakrebs oder Frauen mit gynäkologischen Problemen bedarf es nach Operationen häufig einer entsprechenden Beratung. Von den Ärzten kann sie meistens nicht geleistet werden.  

Das heißt, ein studierter Sexologe kann Menschen auch zu einem besseren Sexleben verhelfen?
Ja, wenn auch mit einer anderen Formulierung: Sexologen sollen helfen, eine selbstbestimmte Sexualität zu entwickeln. Denn wer kann schon beurteilen, was schlecht und was besser ist. Trotzdem wird sie heute noch durch eine moralische Brille gesehen. Sexologen heben nicht den pädagogischen Zeigefinger.



Professor Harald Stumpe findet, dass wir Sexologen brauchen, weil die Gesellschaft immer noch verklemmt ist 

Wie wird man im Master Experte für Sex? Müssen die Studenten in den Seminaren Kondome über Gurken ziehen und Modellgeschlechter untersuchen?

Es gibt tatsächlich Körperübungen. Die Dinge, die Sie da ansprechen, die spielen als Methoden in der sexuellen Bildung natürlich auch eine Rolle. Da gibt es noch mehr Übungen, die man schwer erläutern kann. Es sind auch verschiedene Praxisphasen eingebaut. Die Studierenden werden selbst Menschen beraten, entsprechende Falldokumentationen bearbeiten und Menschen in Problemen begleiten.  

Gibt es auch Einheiten zur gleichgeschlechtlicher Liebe und Fetischen?

Natürlich. Alle Spielarten der Sexualität werden im Studiengang berücksichtigt. Wir achten auch darauf, dass unter den Lehrenden Frauen und Männer unterschiedlicher sexueller Orientierung vertreten sind. Der Master baut auf einem speziellen sexualwissenschaftlichen Ansatz auf: Sexocorporel. Kurz zusammengefasst meint er, dass man seine Sexualität lebenslang erkunden und immer Neues dazulernen kann.

Im Oktober beginnt der Studiengang. Wie viele Bewerber gibt es bereits?
Aus der Schweiz sind es circa 15 Bewerber. Wir bieten den Master in Kooperation mit dem Institut für Sexualpädagogik und Sexualtherapie in Uster an. Wir gehen davon aus, dass der Studiengang mit Standort in der Schweiz beginnen wird. Ob ein Durchgang ab Oktober in Merseburg beginnen kann, ist noch unsicher. Das Problem sind dabei natürlich auch die relativ hohen Studiengebühren von insgesamt 19.500 Euro, wobei es auch Fördermöglichkeiten gibt. Wem das zu teuer ist, der kann sich in Merseburg ja auch für den bereits existierenden Master in Angewandter Sexualwissenschaft bewerben.

Wie sehen die Bewerber im Vergleich zum durchschnittlichen Masterstudenten Mitte 20 aus?
Es kommen erfahrungsgemäß Bewerber aus verschiedenen sozialen Arbeitsfeldern, aber auch aus den Beratungsberufen. Zum Beispiel Psychologen, Soziologen und Pädagogen. Wir hoffen aber auch, dass Mediziner teilnehmen, die sich weiterqualifizieren wollen. Sie werden alle älter sein als der durchschnittliche Master-Student. Voraussetzung ist ja auch die mindestens einjährige Berufserfahrung. Problematisch ist: Bei den Bewerbern kann man davon ausgehen, dass die Männer nach wie vor in der Minderzahl sein werden. Leider.  

Würden sich sehr junge Menschen schwerer tun, in ihren Seminaren unverkrampft über Sexualität zu sprechen?
Nein, ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Fähigkeit über Sexualität offen und authentisch kommunizieren zu können nicht vom Alter abhängig ist. 

Wir haben verstanden KW 30

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Der eh schon lustige Stadtname Pforzheim klingt noch lustiger, wenn ihn Einheimische aussprechen: Fotzheim!


Im Open-Air-Kino im Münchner Westpark gibt’s eines der besten Hühnchen-Currys der Stadt.


Die einzigen, die auf Betriebsfeiern mit Piratenmotto wirklich Spaß haben, sind die mitgebrachten Kinder der Mitarbeiter und die Azubis nach dem dritten Bier.


Schöner neuer Song vom Lieblings-Sympatho-Norweger Erlend Øye:
http://www.youtube.com/watch?v=RVsAlk53pBs


Der Inbegriff des Erwachsen sein: sich freuen, weil es in der Kantine Linsen-Salat gibt.


Nach zweimonatiger Testphase kann ich das mit echter Überzeugung sagen: Yogify ist eine wirklich gute Yoga-App. Nervt nicht rum, sieht gut aus, ist einfach bedienbar, ist in der Umsonst-Version überzeugend und man (also ich) macht wirklich öfter Yoga.




Nichts ist beunruhigender, als wenn ein Mensch, der immer die Ruhe selbst war und der Fels in der Brandung, auf einmal nervös und launisch wird. Das soll der nicht, dieser Fels.


Auch irre, was so alles unter dem Sammelbegriff "Kohlenhydrate" fällt.



Ein Pullover kann noch so schön sein - wenn er am Rücken kratzt wegen eines total unnötigen Reißverschluss, wird er genau zwei mal getragen, um dann im "morgens anprobieren und sofort wieder vom Leib reißen"-Stapel zu enden.


Der Schokobrunnen ist der Käseigel 2.0


Es gibt Menschen die behaupten, Juden sollten nicht in Neukölln leben. Und Menschen, die sich gegen diese Aussage engagieren.


Es gibt eine mexikanische Rapperin namens Menstruadora


In Berliner Taxis läuft immer gute Musik – zumindest dann, wenn man sonst eher die Münchner Arabella-Rustikalität kennt.

In der Stadt triffst du nur Leute, die du auch treffen willst. Auf dem Dorf triffst du immer alle. Klingt nach Banalität, hat aber viel Kraft, wenn man’s weiterdenkt.

Keine ganz frische Erkenntnis, weil Friedrich Liechtenstein ja aber gerade ein neues Album herausgebracht hat, sollte man sie noch mal hervorkramen: "Wer Anti-Kriegsfilme kennt, weiß / Die Welt der Kämpfer ist nur einen schmalen Grat entfernt vom schlimmsten Tuntenkitsch"!
http://www.youtube.com/watch?v=_7_6hPDDXGc

Jungs, warum sind sauschöne Mädchen "nicht euer Typ"?

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Nichtsahnend saß ich mit fünf Jungs und vier Mädels, darunter zwei Pärchen, beim Samstagsbier in einer Kneipe. Plötzlich stolzierten zwei Beine auf unsere Eckbank zu, so makellos, als wären sie soeben der Damenrasierer-Werbung entstiegen. Sie gehörten der neuen Freundin von Matze, der zwar an ihrer Hand hing, aber von niemandem weiter beachtet wurde. Schließlich ging neben ihm das wahrgewordene Klischee einer Sexgöttin.  

"Raquel", hauchte sie uns ihren Namen entgegen, bevor sie allen der Reihe nach die manikürte Hand hinstreckte. Selbst im trüben Barlicht sah jeder, dass Raquel nicht nur sexy, sondern auch umwerfend schön war. Die richtige Mischung aus allen Komponenten, die an einer Frau optisch perfekt sein können.  

Als sich Raquel einen Rotwein holte, wartete ich darauf, dass meine Kumpels etwas sagten wie: "Alter, was für ein heißes Teil!" Oder wenigstens die Vokabeln "scharf", "geil" oder "Gerät" aus ihrem Jungswortschatz kramten. Aber Null! Alle nahmen eine sonderbare Abwehrhaltung ein und fingen an über die vermutlich heißeste Frau, der sie je die Hand geschüttelt hatten, zu lästern.  

"Scheint ja schon ganz nett zu sein, diese Raquel, aber ich steh ja mehr auf natürliche Frauen", verteidigte sich Philipp ohne Aufforderung. Darauf folgte ein längeres Plädoyer von Julian, warum "so eine" gar nicht "sein Typ" sei. Die anderen Jungs stimmten ein, wir Mädels verteidigten die schöne Raquel und fragten uns: Warum benehmen sich die Typen so, als säßen sie auf einer Anklagebank?  

Nehmt ihr angesichts von offensichtlichen Sexbomben etwa Rücksicht auf uns Nicht-Sexgöttinnen? Oder ist dieses Benehmen eine Art Selbstschutz? Weil, wenn man etwas gar nicht haben will, kann man schließlich auch nicht daran scheitern, dass man's nicht kriegt?  

Auf der nächsten Seite: Die Jungsantwort von lucas-grunewald.
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Ach komm, nee, oder? Müssen wir jetzt echt über so ne brasilianische Fitness-Uschi nachdenken, an der doch eh alles gemacht ist? Die bestimmt nur mit so Business-Lackaffen rumhängt, die so viel arbeiten, dass sie ihr Leben und ihre Loftwohnung gar nicht mehr genießen können? Wer's mag, gerne – aber für uns wär das ja nix.  

Ihr merkt schon, oder? Wir haben es hier mit der klassischen Drei-Komponenten-Ausrede zu tun. Der Satz "Die ist gar nicht mein Typ" schafft das bemerkenswerte Kunststück, drei Parteien gleichzeitig in die Tasche zu lügen: Euch, uns selbst und allen anderen Anwesenden. Gehen wir's mal von vorne an.  

In erster Linie, das hast du gut erkannt, soll das demonstrative Desinteresse euch beruhigen. Ja, tatsächlich haben wir bei offensichtlich wunderschönen Mädchen in unserer Umgebung das Gefühl, wir müssten schon noch extra drauf pochen, dass ihr euch nun aber wirklich keine Sorgen machen müsst. Wir sehen das als netten Dienst an eurem Selbstwertgefühl – und wenn ihr jetzt Luft holt, um "Macho!" zu zischen, müsst ihr bitte noch schnell zu Ende lesen.  

Das Auftauchen einer Frau wie Raquel bedeutet für uns ja zuallererst: Es ist offenbar nicht nur den John Mayers, sondern auch den Matze Meiers dieser Welt möglich, ein Mädchen zur Partnerin zu haben, für das die Restmänner der Welt ihr Bierglas fallen lassen würden. Wir können uns also plötzlich nicht darauf hinausreden, es gäbe so offensichtlich perfekte Frauen nicht in unserer Umgebung, sondern höchstens in Venice Beach. Es gibt sie. Das heißt: Wir könnten auch so eine haben. Genau genommen müssten wir auch, denn ganz tief hinter unserer Stirn schlummert schon noch der inzwischen arg ausgewaschene Anspruch, möglichst der Macker mit dem Mädchen zu sein, für das ein Raum kurz andächtig still wird.

Sind wir aber eben nicht. Matze ist der Macker. Der Satz funktioniert nun wie eine Hand auf unserer Schulter – ein bisschen tröstend, ein bisschen stützend. Ähnliche Gedanken rollen wir im Kopf herum, wenn wir schön gekleidet und noch angenehm parfümiert alleine von einer Party nach Hause trotten und uns einreden, wir waren "ja eigentlich eh zu müde", um noch jemanden mitzunehmen. Es ist eine tröstende Lüge, die wir im Moment herber Enttäuschung gerne glauben.  

Der Satz soll aber auch allen verfügbaren Zuhörern in der Runde verkünden: Okay, es gibt diese Erscheinung. Wir ignorieren sie nicht. Aber dass unsere eigene Begleiterin vielleicht erst auf den zweiten Blick eine ganz unübertroffene Bettgranate ist, ist nun keineswegs der glanzlose Kompromiss eines Mackers, der auf halbem Weg aufgegeben hat. Wir drücken damit aus (wenn auch mit etwas gekünsteltem Nachdruck), dass wir den Raquels dieser Welt eigentlich immer nur ganz kurz zwischen Bierglas und Erdnussschale erliegen.

Netto überwiegt unsere Erleichterung, dass wir der nicht später auf der Bettkante erklären müssen, warum wir diesen Bauchansatz haben aber dafür keine Oberarme. Wir sind nämlich glücklich genug, dass ausgerechnet wir euer Typ sind und nicht immer nur der blöde John Mayer.
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