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Popkolumne

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Wäre man eigentlich gerne Cro, der Erfolgspanda aus Stuttgart? Der in den vergangenen zwei Jahren nicht nur die Maske mit sich herumschleppen musste, sondern auch die schwere Frage, wie auf dem nächsten Album noch mal so etwas wie „Easy“ zu bewerkstelligen wäre? Jetzt ist „Melodie“ (Chimperator Records) da und wie zu erwarten war, hat er sich doch ein bisschen vom allgemeinen Gemecker über seinen schwäbischen Kindergeburtstagsflow anschießen lassen. Da sind schärfere Tracks, ein paar giftige Repliken, ein bisschen Gefummel mit dunklen Sachen. Aber zum Glück nicht zu viel. Am besten ist er nämlich weiterhin, wenn er lustig und weich von der Bühne runter bounct, als Tim Bendzko des Hip-Hop, als nett verpeilter Provinz-Homie. Seine Beats sind dabei immer viel besser als die Texte, in denen alle Mädchen Girls sind, Sex immer was zum Kichern und Cro eh dauerverliebt, hihi. Aber er nimmt sich dabei immerhin selbst auf die Schippe, exemplarisch bei „Never Cro Up“, einer Art universellen Daseinserklärung. Man darf diesem netten Rapper von nebenan ruhig mal Danke sagen, einfach für den Pop, den er mitbringt, für längst vergessene Zeilen wie „Sag mal Klettergerüst, du hast ne nackte Frau geküsst“ und dafür, dass man beim Hören immer Lust auf den Sprungturm im nächsten Freibad bekommt. Arschbombenmusik ist das, gute Laune, die eher zufällig Hip-Hop heißt. Zusammen mit Materia belebt Cro dieses Jahr damit endgültig ein Genre wieder, für das Stuttgart bekannt ist: Rap für Menschen, die keinen Rap mögen. Und ist ein Hit wie „Easy“ dabei? Nicht ganz, aber ein „Traum“. Das Gemecker dürfte auch weniger werden. Alles richtig gemacht.



Cro belebt in diesem Jahr zusammen mit Marteria ein Genre, für das Stuttgart bekannt ist: Rap für Menschen, die keinen Rap mögen.

Traurige Nachrichten kommen von anderen ewigen Jungs des Hip-Hop.

Die Beastie Boys sind nach dem Tod von Adam Yauch vor zwei Jahren immer noch traumatisiert und planen keine Tour und keine neue Musik mehr, das berichtet der britische NME. Damit wäre „Hot Sauce Comitee Part Two“ (2011) das letzte Werk der B-Boys. Ein guter Grund, diese Platte noch mal zu hören, sie ist eigentlich doch großartig, gerade jetzt, wenn die Nächte am hellsten sind.

Wie viel Mittelmaß versteckt sich im Hipstertum? Angesichts des neuen Albums von Clap Your Hands Say Yeah ist man geneigt zu sagen: ermüdend viel. Diese Band, die in den vergangenen zehn Jahren immer nur eine Träne im Augenwinkel des Erfolgs war, sie schafft es einfach nicht mehr. Dabei hängt irgendwo in der sperrigen Melancholie des Alec Ounsworth garantiert ein Dutzend großartiger, epischer Songs, ist aber fest verkeilt in unentschlossenen Kompositionen. Wenn man die Sound-Entwicklung der Band, die heute eigentlich nur noch ein loses Konstrukt um Ounsworth ist, in Gänze durchgeht, liegt so viel Fragment und Sackgasse, soviel Experiment und Hirnkrampf vor einem, dass es für mehrere No-Future-Generationen reichen würde. Auf „Only Run“ (Xtra Mile) sind sie nun bei einem dunkel treibenden Psychobombast angekommen. Dass ausgerechnet Matt Berninger bei einem Song („Coming Down“) einspringt und die Sache kurz aus dem Sumpf zieht, ist schon beinahe zynisch. Schließlich schafft es dessen Band The National mit lässiger Souveränität seit Jahren die wunden Punkte ihrer süchtigen Hörerschaft in Klang zu gießen und vergrößert ständig ihre Bühnen. Für Clap Your Hands bleiben wieder nur die Brosamen. „Only Run“ in seiner ganzen Wucht lässt jedenfalls nach einigen Durchläufen nichts als ein paar Silberfäden im Kopf zurück.

Frischfleisch aus New York gibt es natürlich auch: Streng genommen ist es für The Pains of Being Pure At Heart zwar auch schon das dritte Album, das diese Woche unter dem Titel „Days Of Abandon“ (Fierce Panda) erscheint, aber es ist das Werk, dass ihre Idee am weitesten in die Welt hinaus tragen dürfte. Glasklarer Indie-Pop, wie man ihn aus den USA so lieblich schon lange nicht mehr gehört hat, Keyboard, Gitarre, Mädchenstimme. Salbt das Ohr, weicht das Gemüt. Sollte man mal zum Picknick mitbringen und erinnert an die seligen Zeiten um die Jahrtausendwende, in denen kleine Label wie Apricot Records mit winzigen Bands den musikalischen Zeitgeist in Watte packten.

Wehe, wehe, die Sommersonnwende rückt schon wieder näher. Auf was kann man sich in der zweiten Jahreshälfte noch freuen? Zuschauer der Show „Circus Halligalli“ wissen es, denn dort kündigten die Adrenalin-Slacker von Kraftklub jetzt überraschend ihr neues Album an – und zwar mittels eines ziemlich wirkungsvollen Cameo-Auftritts im Bankräuber-Outfit. Die neue Platte der Chemnitzer kommt Mitte September, heißt „In Schwarz“ und wenn alles darauf so knallt wie die live vorgestellte Single „Hand in Hand“, dann hat die dunkle Jahreszeit erst mal ihren Schrecken verloren. 

Unseren täglichen Bob gib uns heute

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Die schlimmsten Verbrechen geschehen immer noch aus Leidenschaft. Die Liebe zu Bob Dylan bringt Wolfgang Niedecken im Jahr 1995 dazu, Dylan-Songs auf Kölsch einzuspielen. „Absolutely Sweet Marie“ wird da zu: „Wo Bess Du Hück Naach, Marie?“, aus „It's All Over Now, Baby Blue“ macht der Bap-Boss: „Jeder’s Manchmohl Einsam, Nit Nur Du“. Ein rheinisches Pendant zur „Highway 61“ findet Niedecken in der Eifel: „Nürburgring“. Was hat er sich nur dabei gedacht? Oder hat er sich den Rat seines Kollegen Wolfgang Ambros zu Herzen genommen? „Denk ned nach!“ So heißt Dylans „Don’t think twice“ auf Wienerisch, aus: „Like a rolling stone“ macht Ambros: „Allan wia aStan“, bereits 1978 nimmt der Österreicher ein ganzes Album mit Dylan-Songs in seinem Heimatidiom auf.



Bob Dylan ist heute ein alter Mann – deshalb fühlen sich viele Musiker berufen, sein Werk neu zu interpretieren. 

Gerade weil man die Texte außerhalb Kölns und Wiens nicht versteht, erkennt man, warum der Versuch, diesen Songs Lokalkolorit einzuhauchen, scheitern muss. Dylan stiftet in den Sechzigern das Vokabular für eine erste Generation, die durch Pop-Musik sozialisiert und globalisiert wird, sein Amerikanisch ist ein Gegenentwurf zur kontaminierten Mutter-, Vater- und Tätersprache. Die artifiziellen Texte des amerikanischen Juden sperren sich gegen die Reprovinzialisierung durch Ambros und Niedecken. Deren Versuch, Dylan zu kopieren, hat darum eine regressive bis reaktionäre Note, die vom kumpeligen Allerweltsrock noch verstärkt wird.

Skepsis ist also angebracht bei einem Projekt wie „From Another World“. Der Titel dieses Tribute-Albums ist Programm, 13 Bands aus 13 Ländern interpretieren Lieder von Bob Dylan. Sie kommen aus Algerien und Taiwan, Ägypten und Bhutan, Mazedonien und Iran, auch Aborigines aus Australien machen mit. Kurator des Projekts ist Alain Weber, ein „nimmermüder Aktivist für nicht-westliche traditionelle Musiken“, so das britische Wire-Magazin in einer wohlwollenden Besprechung. Weber kämpfe für die vom Aussterben bedrohte Musikspezies, er sei ein Streiter wider die kulturelle Uniformierung. In dieser Mission lässt er Dylan-Songs in arabischem Sprechgesang aufführen, auf Hindi, mal unter massivem Panflöteneinsatz, dann wieder getragen von einem zitherartigen Instrument namens Zheng.

Dass die Originale dabei bis zur Unkenntlichkeit verfremdet werden, dürfte unter Freunden nicht-westlicher Traditionsmusiken dann aber als Indiz für die unbeugsame Haltung der Musiker gelten, als Fingerabdruck ihrer Authentizität. Dabei war der Autodidakt Dylan selbst regelmäßig gescheitert, wenn er genau das versuchte: Seine Schärfe, das Understatement, die Lakonie zu drosseln, dafür aber Troubadour-Allüren, Stimmungsbögen und Fiedeln zu betonen.

Unvergleichlich in dieser Compilation nun ist „I want you“ in der Instrumentalfassung des Burma Orchestra Saing Waing. Das zirpt und zimbelt und glöckelt. Es kommt der Verdacht auf, dass hier eine Hotelband unter Missachtung aller Reinheitsgebote US-Touristen mit heimischem Liedgut bespaßen möchte, Exotikfaktor inklusive. Abgesehen von diesem hübschen Fehltritt propagiert „From Another World“ einen naiven Ethnopluralismus, der alles goutiert, solange es nicht hörbar vom Kulturimperialismus verseucht ist. Musikalische Diversität ist oberstes Gebot, unter dem Dach dieser Weltmusik finden alle Kinder Gottes Platz, im Zweifel auch Krieger Gottes. Alain Weber kommt aus Frankreich, dem Mutterland der Radioquote für heimische Produkte, hier ist ein kulturnationalistisch gefärbter Antiamerikanismus kein Privileg der Linken.

Im Dylan-Kanon gelten die Achtziger als das verlorene Jahrzehnt. Seitdem gibt es aber auch Bestrebungen, diese Phase seines Schaffens zu rehabilitieren. Zur Erinnerung: Ende der Siebziger lernt Dylan zwei Männer kennen, die sein Leben entscheidend verändern. Jesus Christus und Mark Knopfler. Liebhaber des elektrischen, von Adrenalin und Amphetamin getriebenen Dylan der späten Sechziger streiten bis heute, welcher der beiden Männer den fataleren Einfluss auf ihn hatte: Jesus, durch den Dylan zum wiedergeborenen Christen wird, oder Knopfler, der Dylan zum behäbigen Weißbierwerbungsrock Dire-Straits’ scher Machart bekehrt.

Unter Knopflers Regie nimmt Dylan 1979 „Slow Train Coming“ auf, die erste seiner Lobet-den-Herrn-Platten, für „Gotta serve somebody“ darauf bekommt er den Grammy. Du musst jemandem dienen! Das ist Dylans neues Demutscredo, anderthalb Jahrzehnte nach der Empfehlung, man möge Führern nicht folgen, sondern ihre Parkuhren kontrollieren. Unter Dylanologen gibt es dazu eine Lesart, die vorgibt, den Künstler gegen politische Vereinnahmung zu schützen. Nie habe er sich in den Dienst politischer Bewegungen gestellt, der Mann sei erfüllt von einer tiefen Spiritualität. Der spirituelle wird gegen den politischen Dylan ausgespielt, der dienende Christ gegen den antiautoritär-säkularen Juden mit dem zersetzenden Humor.

Mit „Bob Dylan in the 80s: Volume One“ vom März 2014 geht das Reha-Projekt in eine neue Runde. Siebzehn Stücke aus dem Americana-Feld, nicht gecastet nach dem Kriterium maximaler Diversität, versuchen sich mit der gebotenen Demut an Songs, die man sich damals gar nicht erst gemerkt hat.
Bonnie Prince Billie pflegt im Duett mit Dawn Landes Zurückhaltung, so diskret wie Dylan in den besseren Duetten mit dem stimmlich präsenteren, virileren Johnny Cash. Aaron Freeman alias Gene Ween gibt mit Slash von Guns’N’Roses das komische Paar auf der öden Party, der Rest ist epigonale Tristesse.

Bevor diese Tribute-Revue mit dem resignativen Refrain endet, nach dem niemand Dylan singt wie Dylan, nun eine gerade wieder aufgelegte Offenbarung: „Dylan’s Gospel.“ Unter dem Namen „The Brothers And Sisters“ haben dreißig meist afroamerikanische Sängerinnen und Sänger mit dem weißen Produzenten Lou Adler im Jahr 1969 zehn Dylan-Songs so aufgenommen, wie sie es der Legende nach in der Kirche gelernt haben. „We took it to the church“, wird Merry Clayton zitiert. Die bekannteste unter den Sisters sollte im selben Jahr mit der Hölle Bekanntschaft machen, als Backgroundsängerin bei „Gimme Shelter“ von den Rolling Stones.

1969 ist das Jahr von „Oh happy day“, dem ersten lupenreinen Gospel an der Spitze der US-Charts, der Zeit von Revolte und Vietnam-Protest. Den „happy day“ proklamieren die Edwin Hawkins Singers so eindringlich, wie Aretha Franklin zwei Jahre vorher „Respect“ einfordert und die Gospelfamilie Staples zwei Jahre später „Respect yourself“. Freiheit, Glück, Respekt verheißen auch „Chimes Of Freedom“ und „I Shall Be Released“.

Den schon im Original ausgebildeten Gospelkern dieser Songs pushen The Brothers And Sisters ins Ekstatische. Noch toller sind die Versionen von profanen Pop-Songs. Quinn, der Eskimo, von Manfred Mann zum Hit gemacht, kriegt ein Extra-Halleluja. Das Baby aus „I’ll be your baby tonight“ verspricht sich dem Liebhaber für eine Nacht – und irgendwie dem Allmächtigen für immer. 1969 profitieren Brothers and Sisters von der Gnade der frühen Geburt. Dylan hat noch keinen Jesus getroffen, keinen Knopfler, der Spirit ist jener der Befreiung, nicht der Unterwerfung.

unsere neuen nachbarn

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...


sind ganz schön laut



und aggressiv.

Stimmungsschwankungen

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Die Tage vergehen ohne richtiges Ziel. Mal sehne ich das Ende des Tages sehnlichst herbei, mal bin ich voller Tatendrang und möchte viel erledigen. Mal hasse ich die Welt, die mich zu erdrücken scheint, mal fühlt sie sich federleicht an. Ich kann nicht sagen, warum ich mich so fühle. Ich bin verletztlich, emotional und latent unausgeglichen. Der Grund verschleihert sich mit zig kleinen Gründen. 

Schön wäre es mehr das Positive zu sehen.  

Stattdessen vermisse ich ihn, sehne mich nach seinen Berührungen, nach seinem Lachen. Stattdessen macht mir das bevorstehende Wochenende Angst. Stattdessen fühl ich mich kraftlos. 

Warum freue ich mich nicht zunächst mal auf ein ausgelassenes Wochenende, dass wahrscheinlich eins der besten im Jahr werden wird? Manchmal blitzt dieses Gefühl durch, schwach und leise. Der Plan sollte sein das Wochenende in vollen Zügen zu genießen, vorher noch eben die Arbeitsstunden umkriegen und dann langsam aber sicher sich auf das Wiedersehen mit ihm freuen. Er läuft doch nicht weg, die Zeit mit ihm läuft doch nicht weg. 

Erinnerung an mich selbst:

Alles ist gut, es gibt keinen Grund für schlechte Laune und den Teufel im Vorhinein an die Wand zu malen, ist vollkommen bescheuert. 

Jetzt nur noch den furchtbar schlimmen Traum von heute Nacht verdauen und den Tag zu einem guten Ende bringen!


7½ einfache Wahrheiten, die ich meinem Anrufbeantworter während meiner Abwesenheit diktiert habe

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7½ einfache Wahrheiten, die ich meinem Anrufbeantworter während meiner Abwesenheit diktiert habe


Es gibt keinen Gott.
Und wenn doch, dann hat er Humor.
Dann hat er sich in mir einen fröhlichen Feind erschaffen,
den der Stumpfsinn seiner glühendsten Verehrer erschöpft.
Denn mal ehrlich: Das hier ist nicht die beste aller möglichen
Welten, wenn selbst noch eine Supermarktkassiererin
- gerade die! - noch Träume haben kann
von einem besseren, von einem anderen Leben.
Für dieses braucht es nicht viel:
Zwei Augen, zwei Ohren, immer offen zu halten,
um das Schöne und weniger Schöne zu finden,
einen Mund, eine Stimme, klobige Hände,
alles aufzuzeichnen und fest-zu-halten
in kurzen Skizzen.
Und Denken.
Schneller, immer wieder
anders denken.
Und gewöhn‘ die Menschen besser schon einmal daran,
immer wieder einen Anderen an dir vorzufinden.
Dabei ist es immer besser,
ein Gespräch mit einer Frage zu beginnen.
Als es in einer münden zu lassen.
Frag, zettbeh, wie ist es gerade für dich,
ein Mensch zu sein?
Und wenn du jemanden triffst, den du
aus irgendeinem Grund magst,
sieh sie dir an, ganz fest und tief
in die Augen.
Damit sie weiß,
es ist dir blutiger Ernst.
Haltung, mein Lieber!
Darauf kommt es.
Sollen all die Blender
doch machen, was sie wollen.
Was noch?
Man rasiert sich nass. Es gibt keine andere Art.
Nur ein, zwei Mal die Woche.
Mit aufgeschäumter Seife.
Aus einer Nierenschale.
Es geht nichts über frisch aufgebrühten Minztee.
Oder wenn dir der Regen seine Sturmgischt
ins Gesicht schlägt, so dass du gegen
ihn anschreien magst.
Und du bist verrückt
nach Frauen.
Die Haarfarbe ist egal,
aber die Augen,
die müssen dich umhauen.
Und Kaffee trinkt man aus Pötten.
Gern auch gleich türkisch.
Den besten Soul gibt es auf Stax.
Die besten Buchhandlungen sind die
mit einem Lyrikregal.
Und fast alle deine Lieblingsplatten
sind bei Rough Trade erschienen.
So, das war’s auch auch schon,
soviel für heute.
Ich bedanke mich,
für deine Aufmerksamkeit
und diesen kurzen Moment
frisch wachen Bewusstseins
an diesem luziden Morgen
in dieser einzigen Welt,
die wir haben.
Bleib dir treu, sei anders!
Verstehst du, was ich mein?


2014/06/03

"Wir wollen entscheiden!"

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Am vergangenen Montag hat der spanische König Juan Carlos nach 39 Jahren im Amt abgedankt. Rechtmäßig soll ihm sein Sohn Felipe auf den Thron nachfolgen - doch am Montagabend versammelten sich spontan zehntausende Menschen in Madrid und anderen spanischen Städten, um für die Abschaffung der Monarchie zu demonstrieren.

Juan Carlos hat nach dem Ende der Franco-Diktatur im Jahr 1975 das Land in die Demokratie geführt, bis heute ist es eine parlamentarische Monarchie. Doch in letzter Zeit häuften sich die Skandale um das spanische Königshaus: die Affären des Königs, seine Elefantenjagd in Botswana, Korruptionsvorwürfe. Mit der Abdankung sahen Befürworter einer Republik ihre Chance, eine Abstimmung über das politische System des Landes zu fordern. Viele schwenkten auf den Straßen die rot-gelb-violette Flagge der spanischen Republik, die vor dem Bürgerkrieg und dem Sieg der Faschisten in den 30er Jahren ausgerufen wurde.

Vor allem viele junge Spanier sind gegen die Monarchie. Wir haben vier Demonstranten aus Madrid und Barcelona gefragt, waum sie auf die Straße gegangen sind und welches Spanien sie sich in Zukunft wünschen.


"Für euch muss das wirken, als ob wir vom Mars sind"


Antonio, 27, freier Journalist aus Madrid



"Niemand hätte erwartet, dass der König einfach so zurücktritt. Es war ein tolles Gefühl, mit der republikanischen Flagge auf der Straße zu stehen. Das hatte etwas Historisches, wie vor achtzig Jahren, als die Republik ausgerufen wurde. Man ist einfach Teil dieser Gruppe, und alle denken dasselbe: Wir wollen eine Republik.

Demos sind wir ja seit dem 15-M (die spanische Protestbewegung gegen die herrschende Politik; Anm. d Red.) gewohnt. Es ging auf der Plaza del Sol aber auch schon mal hitziger zu. Jetzt war es relativ ruhig und es ging einfach nur darum zu zeigen, dass wir viele sind.

Eigentlich fordern wir etwas ganz Simples: Wir wollen wählen, wer unser Staatschef ist. Es heißt zwar immer, der König hat nur symbolische Funktionen, aber das stimmt nicht. Er hat schon eine wichtige Rolle. Und dann fährt er mit seiner Geliebten nach Afrika, um Elefanten zu jagen, und es gibt diese ganzen Korruptionsfälle mit seiner Tochter Cristina. Da sind so viele Sachen passiert, die ihn einfach nur lächerlich machen.

Und man muss sich eines mal vor Augen halten: Es war immer klar, wenn Juan Carlos einmal abtritt oder stirbt, wird Felipe der neue König. Dabei ist seine Schwester Elena die Erstgeborene. Dann müsste doch sie die neue Königin werden, oder? Aber Felipe ist eben ein Mann. Das zeigt doch schon: Die Monarchie generell ist eine antiquierte Staatsform, aber hier in Spanien läuft sie auch noch nach total veralteten Gesetzen ab. Absolut widersinnig. Ich glaube, für euch Deutsche oder Franzosen muss das wirken, als ob wir vom Mars sind. Überleg dir das mal: Ihr könnt euren Staatschef demokratisch wählen, wir nicht!

Ich bin generell sehr pessimistisch und ich glaube nicht, dass wir ein Referendum bekommen oder dass es überhaupt eine Debatte über die Abschaffung der Monarchie geben wird. Aber ich hoffe es sehr. Ich weiß zwar nicht ob wir die Mehrheit sind, aber wir sind ein großer Teil der Bevölkerung. Und wir wollen keine Monarchie mehr!"


[seitenumbruch]

"Wir bekommen einen jungen König, aber am Ende bleibt alles gleich"



Adolfo, 29, arbeitet bei einem Radiosender aus Madrid



"In den Siebzigern hat Juan Carlos Spanien aus der Diktatur in die Demokratie geführt und das war gut so. Aber jetzt sind fast 40 Jahre vergangen. Der König ist das Symbol des bisherigen politischen Systems und das braucht einen radikalen Wandel! Von oben bis unten, von Parteien, über Gewerkschaften bis zu den Medien.

Die jetzige Verfassung wurde 1978 bestimmt. Die große Mehrheit der Spanier, die heute wahlberechtigt sind, hat damals also gar nicht darüber mitentschieden. Viele von uns wollen diesen Moment jetzt ausnutzen, damit wir über eine neue Verfassung bestimmen können. Die Leute sollen wählen ob sie eine Monarchie wollen oder eine Republik oder sonst irgendwas. Ich persönlich finde, die Monarchie ist eine Staatsform aus dem Mittelalter.

Bei den Demos waren alle möglichen Leute da. Kleine Kinder mit ihren Eltern, Jugendliche, Leute mit Anzug und Krawatte, die von der Arbeit kamen, aber auch viele Ältere. Das zeigt doch: Die Leute wollen wählen dürfen. Mit einem gewählten Staatschef wären dann zwar sicher auch nicht alle zufrieden, aber immerhin wäre er nicht automatisch der Sohn seines Vorgängers.

Auf Twitter ging gestern ein Foto rum: Da sieht man König Juan Carlos mit Politikern, die wegen Korruption vor Gericht stehen, Banker die heute im Gefängnis sitzen und so weiter. Der König hat sich mit dieser Oberschicht, mit dieser politischen Kaste gemein gemacht. Er sitzt auf einem Vermögen von zwei Milliarden Euro. Das ist doch eine ganz einfache Rechnung: Wenn sein 'Gehalt' 9 Millionen Euro im Jahr ist und er 40 Jahre auf dem Thron war, dann kommst du nie auf zwei Milliarden. Aber der König ist immun vor dem Gesetz, da wird nicht ermittelt.

Was ich von Felipe halte? Naja, natürlich ist es immer besser, einen jüngeren König zu haben, der nicht diese Vergangenheit und vielleicht einen jüngeren Blick auf die Welt hat. Aber man sollte ihn wählen! Wenn Felipe VI. sagen würde: 'Ich will den Rückhalt der Leute und berufe ein Referendum ein', dann würde er höchsten Respekt und Autorität bei den Leuten genießen und würde so eine Wahl wahrscheinlich gewinnen. Aber sie lassen uns nicht. Dabei ist es das einzige, was wir wollen.

Hier sagt man: 'Alles muss sich verändern, damit alles beim Alten bleibt.' Darum geht es doch am Ende. Wir bekommen jetzt einen jungen König, aber am Ende bleibt alles gleich."


[seitenumbruch]

"Es ist schwer, in diesem Land etwas zu verändern"


Hugo, 26, U-Bahn-Fahrer aus Barcelona



„Es waren viele Leute bei der Demo auf der Plaça Catalunya. Vor allem jüngere, aber auch ein paar alte. Es lief alles ganz friedlich ab, die Leute haben Sprechchöre für die Republik angestimmt, aber auch für die Unabhängigkeit von Katalonien. Man hat viele republikanische Flaggen gesehen - und natürlich auch viele katalanische. Aber alle, die gestern da waren, sind dafür, dass wir wählen können: Monarchie oder Republik. In einem Referendum oder einer Volksbefragung oder so etwas.

Am Anfang war der König beliebt bei den Leuten. Weil er nach der Diktatur der erste König der Demokratie war. Aber in den letzten Jahren hat er ein paar weniger tolle Dinge getan, da ist viel zusammengekommen: Das mit der Elefantenjagd, die vielen Geliebten, dann wurde sein Schwiegersohn wegen Untreue angeklagt und so weiter. Die Monarchie ist immer unbeliebter geworden.

Von Felipe hört man eigentlich nur Gutes, da gab es bisher keine Skandale wie bei seinem Vater oder seiner Schwester. Aber nur weil er ein guter Junge ist, heißt das nicht, dass die Leute keine Veränderung wollen. Die Monarchie ist veraltet in der heutigen Zeit, vor allem wir jüngeren Leute sehen das so.

Es ist schwer, in diesem Land überhaupt irgendwas zu verändern. Deswegen haben wir demonstriert. Weil wir selbst entscheiden wollen. Es gibt so viele Leute die keine Arbeit haben, denen es echt schlecht geht. Und dann haben wir diese verkrustete Institution, die nur Geld kostet. Man kann eigentlich nur noch darüber lachen. Respektieren kann man sie nicht mehr. Ich bin darum absolut für eine Republik. Aber man sollte auch nicht den Fehler machen, zu denken, dass in einer Republik alles gut wird."


[seitenumbruch]"Ich will nicht in diesem Land bleiben"
Danele, 24, studiert in Barcelona



"Ich komme aus dem Baskenland aber ich studiere in Barcelona. Und ich identifiziere mich sehr mit dem, was die Leute hier wollen: Unabhängigkeit. Deshalb war ich bei einer linken katalanischen Demo, die die Unabhängigkeit von Spanien fordert. Wir sind nicht dahin gegangen, um den neuen König zu empfangen, sondern wollten zeigen, dass wir ein Recht haben, selbst über unsere Zukunft zu entscheiden.  

Die Leute bei den Demos waren gut drauf und hoffnungsvoll. Aber ich hatte das Gefühl, jeder will etwas anderes. Die Leute, die mit einer Fahne der spanischen Republik auf die Straße gehen, wollen etwas anderes als die mit der katalanischen Flagge. Ich hab sogar baskische Fahnen gesehen. Aber alle haben gemeinsam gefeiert, dass der König endlich abgedankt hat.

Mir wäre es natürlich auch lieber, Spanien wäre eine Republik und kein Königreich. Aber das ist nicht das, wofür ich kämpfe. Ich gehe nicht für eine spanische Republik auf die Straße, sondern für eine baskische. Aber vielleicht wäre es in einem Spanien ohne Monarchie wenigstens einfacher, unsere Ziele zu erreichen. Ich will nicht in diesem Land bleiben, vor allem nicht so wie es jetzt ist.

Man darf nicht vergessen: Die Monarchie geht ja höchstwahrscheinlich weiter. Es gibt zwar Online-Petitionen, aber ich hätte schon erwartet, dass es richtige Proteste geben würde. Vor allem weil hier in Barcelona in der letzten Woche ein besetztes Haus geräumt wurde und es viel Ärger auf der Straße gab. Aber die Leute haben wirklich mehr gefeiert als protestiert.

Ich glaube, sie haben einfach genug vom derzeitigen politischen System. Aber viele Spanier lieben ihren König trotzdem. Der alte hat einige Fehler gemacht, aber viele denken, dass sich jetzt mit dem neuen König etwas ändert, weil er jünger ist. Aber daran glaube ich nicht.

Im Baskenland sind wir noch nicht so weit, aber hier in Katalonien steht ja im November das Referendum über die Unabhängigkeit bevor. Ich glaube, für viele war die Abdankung einfach eine weitere Gelegenheit, auf die Straße zu gehen und zu zeigen: Wir wollen entscheiden."

Vermissmessen.

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Vielleicht kommt “vermissen” auch ein Stück weit von “vermessen”, davon, etwas als näher und tiefer zu empfinden und einzuschätzen als es eigentlich ist, das richtige Maß nicht zu finden oder nicht gefunden zu haben, es zu verfehlen und zu verpassen, daneben zu liegen mit etwas, sich zu verschätzen, zu vertun.


Ein bisschen jedenfalls muss das wohl so sein oder gelegentlich so passieren, das mit dem Vermessen, wenn man jemanden vermisst, denn hätte man richtig gemessen (die Nähe oder die Distanz), dann würde man ja vielleicht gar nicht vermissen. Hätte man richtig gemessen, hätte man ja wohl das richtige Maß gefunden und ein richtiges Maß lässt doch ein Vermissen eigentlich nicht zu, weil es so etwas Albernes gar nicht erst aufkommen ließe, immerhin wüsste man ja dank des richtigen Maßes immer, wo man selber steht und wo der andere, wie nah an- oder wie weit auseinander man ist. Man könnte dann Sachen sagen wie, “So, hier bin also ich und da bist du und zwischen uns liegt eine Handbreit oder zwei, oder zehn Kilometer oder hundert oder tausend, und weil das so ist, stehen wir (und das ist vielleicht am wichtigsten zu wissen, um nicht zu vermissen) so oder so oder ähnlich oder ganz anders zueinander”.


Solche Sachen könnte man sagen, solche Aussagen könnte man treffen, wenn man das richtige Maß hätte und dementsprechend könnte man sich dann verhalten und die Gefühlsschubladen sortieren und für das Vermissen wären an sich weder Platz noch Grund gegeben. (Vielleicht dann aber für das Fehlen – ich bin mir gerade nicht sicher, ob es sich lohnt, zwischen beiden Worten zu unterscheiden oder ob das Haarspalterei ist – und das ist es, vermutlich, aber dann würde dieses Gedankengespinne hier noch weniger Sinn ergeben als ohnehin schon und ich bin gerade so schön dabei, also tun wir doch mal so, als wäre da ein Unterschied, als wäre das Fehlen etwas anderes als das Vermissen, vielleicht etwas Bestimmteres und irgendwie konkreter, vielleicht weniger gefühlig, ohne damit dem Fehlen Emotionslosigkeit unterstellen zu wollen, vielleicht kann nur das fehlen, was vorher schon einmal da war oder da sein sollte, was man schon einmal hatte, man kann ja inventarisieren und dabei dann feststellen, dass da auf einmal eine Lücke ist, dass eben etwas fehlt, und vielleicht ist der Unterschied zum Vermissen der, dass man auch etwas Unbestimmte(re)s vermissen kann, weil das Vermissen irgendwas mit Sehnsucht zu tun hat und vielleicht ein wenig diffuser ist. Vielleicht ist das irgendwie so. Vielleicht Ganz bestimmt sogar aber auch nicht. Oder ganz anders. Sei es drum.)


Vielleicht ist dieses Vermissen, Vermissmessen etwas, das passiert, wenn da eine Distanz ist, die sich nicht oder nicht nur oder nicht gut in Handbreiten oder Kilometern fassen lässt, wenn man nicht nur nicht weiß, wo der andere steht, für sich und in Relation zu einem, sondern wenn man auch nicht weiß, wo man selber steht, wenn man sich selbst nicht verorten kann und sich selbst nicht richtig vermisst und deswegen gar nicht erst weiß, wo man überhaupt steht, wo man anfangen soll und wie und was eigentlich los ist.


Vermissen und vermessen. Der Unterschied zwischen den beiden Worten ist im Deutschen nicht viel größer oder kleiner als ein Buchstabe und die Theorie, dass beides ein Stück weit zusammen geht, ist doch auch wirklich nicht unschlüssig und überhaupt, das kann doch nicht von ungefähr kommen, oder?


Vermutlich ist diese Möchtegern-Epiphanie aber auch nicht viel mehr oder weniger als Quatsch, der einem bloß auffällt, weil man gerade einmal Zeit hat, über Quatsch nachzudenken, weil man gerade einmal nicht über andere Dinge nachdenken muss und weil man gerade nicht einschlafen kann oder will und weil sinnfreies Rumbloggen vielleicht noch immer besser ist als sinnfreies Rumliegen.


Vermissmessen.


Quatsch.


Ich weiß auch nicht.

Wie sieht deine Vagina aus?

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Das erste Mal allein mit dem Untenrum
Ein Typ sucht auf Craigslist Frauen, die noch nie ihre Vagina gesehen haben. Für diejenigen, die sich daraufhin bei ihm melden, hält er eine Überraschung bereit: Die Vagina Booth. Spiegel in die Hand, ab in die Umkleide und das Untenrum mal genauer inspizieren. Zunächst ist man beim Angucken traurig, weil die Frauen alle so schlechte Dinge über ihre Vaginas sagen ("Der erste Typ, der da unten dran war, sagte, sie sei hässlich"). Am Ende sind aber alle fröhlich - und man selbst auch.
https://www.youtube.com/watch?v=eC4dVe8pIGY

Die kleine freundliche Vulva aus der Nachbarschaft...
... ist leider nicht freundlich genug für den Appstore. Zumindest hat Apple die App "HappyPlaytime", bei der Frauen mithilfe eines freundlichen rosa Vulvawesens masturbieren lernen sollen, abgelehnt. Begründung: Apple wolle nicht mit diesen Inhalten in Verbindung gebracht werden. Vielleicht liegt's daran, dass im Apple-Vorstand sechs Männer und nur zwei Frauen sitzen?
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via happyplaytime.com

Magst du Gossip? Am liebsten welchen mit Sex?
Dann wirst du diese Webseite lieben! Auf thecasualsexproject.com werden Aufreißergeschichten anonym (allerdings unter Angabe der Herkunft, des Alters und Aussehens) gepostet und das alles IM SINNE DER WISSENSCHAFT! Zhana Vrangalova schreibt nämlich ihre Doktorarbeit über die Frage, wie der Trend zum unsteten Sexualleben unsere persönlichen Bindungen, Geschlechtskrankheiten-Historie und Psyche beeinflusst. Dafür sammelt sie Sexgeschichtchen - und die lesen sich teilweise wie die aktuelle Staffel von "Verbotene Liebe" (Stichwörter: Krankenschwestern, Ehemann ist heimlich schwul, College-Schönheit...).

Stripper-Namen bitte vermeiden!
Kevin und Chantal haben sich ja mittlerweile als nicht besonders geeignete Kindernamen rumgesprochen - da wird man nämlich in der Schule böse diskriminiert. Allerdings gilt es bei der Namenswahl noch ganz andere Stolperfallen zu vermeiden: Was, wenn das Kind aus Versehen einen Stripper-Namen hat? Die App Nametrix hilft einem, in dem sie unter dem "P-Star-Quotient" angibt, wie Lapdance-mäßig der Name ist. Ganz schlecht: Cali, Rihanna, Bambi oder Scarlett. Bei Männern: Archer, Chad, Ty oder Cash. Glücklicherweise jetzt eh nicht die häufigsten Namen in Deutschland.
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Via blog.seattlepi.com

Ein Tumblr für Trottel
Sexting ist so lange okay, wie es einvernehmlich geschieht. Wird man jedoch ungefragt mit Penissen auf dem Handy konfrontiert, ist das selten schön. Trotzdem scheinen viele Jungs das nicht zu kapieren. Auf dem Tumblr "Straight white boys texting" werden jetzt die unmöglichsten Textnachrichten von Kerlen veröffentlicht. Manchmal überlegt man beim Lesen Mitleid mit so viel Dummheit zu bekommen - lässt es dann aber doch. Erinnert übrigens an diese schöne Geschichte letztes Jahr, als ein Nacktfoto-Opfer die Bilder des Typen dessen Mutter bei Facebook weiterleitete.
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via straightwhiteboystexting.tumblr.com

Minikondom für Normalo-Penis
Zugegebenermaßen: Eine Werbung, die herkömmliche Kondome mit einer Ritterrüstung vergleicht und deren Sprecher die Seriosität einer Simpsons-Figur hat, wirkt erstmal seltsam. Aber: Galactic Cap soll, laut Werbung, das beste Kondom seit 400 Jahren sein und gleichzeitig die Rettung der Pornoindustrie. Anstatt den Penis komplett zu verpacken, wird es nämlich wie eine Käppi einfach nur auf die Spitze aufgesetzt. Man glaubt irgendwie nicht so richtig, dass das hält. Das Projekt ist allerdings auch erst zu drei Prozent finanziert.
https://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=XVhYD-1_bxs

Aufleger-Thema

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Alle fünf sind zu früh. Friedrich und Stefan alias Rhode & Brown stehen sieben Minuten vor dem vereinbarten Termin auf der Terrasse der Goldenen Bar. DJ Hell verratscht sich da schon am Nebentisch. Und Benjamin und Tom von Permanent Vacation kommen zeitgleich – aus verschiedenen Richtungen. Schwer vorstellbar, dass das bei Rockbands auch so perfekt choreografiert klappen könnte.
 



Drei DJ-Generationen, die München prägen (von links): Tom Bioly, Benjamin Fröhlich, Helmut Geier, besser bekannt als DJ Hell, und Stephan Braun und Friedrich Trede alias Rhode & Brown.

jetzt.de München: Hell, du bist fast 30 Jahre älter als Friedrich und Stephan. Hast du schon mal von ihnen gehört?
Hell: Ich habe sie gestern noch im Internet überprüft. (lacht) Aber vorher kannte ich euch nicht, muss ich gestehen.
 
Und?
Hell: Richtig geile Sachen. Old School Deep House, würde ich mal sagen.
Friedrich: Kommt hin.
Hell: Viel New-York-Einfluss, frühe Achtziger und Neunziger. Ihr veröffentlicht ja auch auf richtig guten Labels. Hätte man ja mal mitbekommen können, dass ihr aus München seid . . .
 
Du hast seit Anfang der Neunziger in Berlin gelebt. Hast du die Münchner Szene von dort aus verfolgt?
Hell: Soll ich jetzt als erster erzählen? Mich würde ja viel mehr interessieren, was die Jungs zu erzählen haben. Ich habe gerade einen DJ-Mix von 1994 neu veröffentlicht – aus Helsinki, weil ich da morgen spiele. 1994! Das war vor genau 20 Jahren.
Friedrich: Da war ich gerade zwei Jahre alt.
 
Was interessiert dich denn bei Leuten, die jetzt Anfang 20 sind?
Hell: Na, wie sie produzieren zum Beispiel. Warum sie ausgerechnet auf Deep House setzen. Woher der New-York-Einschlag kommt. Wir mussten früher wirklich nach Chicago, Detroit oder New York fliegen, um mit der Szene in Kontakt zu kommen. Meistens in der Hoffnung, uns mit den dortigen Plattenhändlern gut zu stellen. Sonst bekamst du nämlich nicht die angesagten, guten Scheiben . . .
Friedrich: . . . wenigstens das ist doch schon mal deutlich besser als früher. Und wenn du erzählst, ihr musstet irgendwo hinfliegen, um an Musik zu kommen, ist auch das heute natürlich sehr anders. Ich beschäftige mich quasi den ganzen Tag damit, neue Sachen im Netz zu entdecken – und habe trotzdem noch ständig das Gefühl, etwas Wichtiges zu verpassen.
Benjamin: Es ist ja inzwischen auch zum Fulltime-Job geworden, auf dem Laufenden zu bleiben.
Tom: Dadurch, dass man immer alles auf der Welt checken kann, ist der ganze Prozess aber natürlich auch demokratisierter.




Der Vorreiter: DJ Hell, 51, gilt als einer der Pioniere der deutschen Techno-Szene. Er heißt bürgerlich Helmut Geier und kommt aus der Nähe von Traunstein. In den Achtzigern legte er in München als einer der ersten House-Platten aus Chicago auf. Später zog er nach Berlin und gründete 1996 sein Label International Deejay Gigolos, mit dem er vielen Acts zum Durchbruch verhalf. Heute lebt er wieder in München und spielt pro Jahr weiter gut hundert Auftritte weltweit.

Weil die Plattenläden früher eine Art Gralshüter waren?
Benjamin: Ja. Wenn du keinen wirklich erstklassigen Laden in der Nähe hattest, war es fast unmöglich, an gutes Zeug ranzukommen.
Tom: Und du musstest die Leute wirklich kennen. Heute kannst du quasi völlig anonym bleiben und trotzdem gute Releases kaufen.
Benjamin: Ich hatte immer das Gefühl, man muss erst mal ein Jahr lang in einen Laden gehen, bevor man angeschaut wird. Danach bekam man dann langsam die interessanten Sachen. Man musste sich das erarbeiten.
Hell: Ich habe Anfang der Neunziger im Hard Wax gearbeitet, einem Plattenladen in Berlin Kreuzberg. Da war das irgendwann so extrem, dass bestimmte DJs nicht bedient wurden.
 
Wer zum Beispiel?
Hell: Ich kann da keine Namen nennen, weil die später zum Teil sehr populär wurden.
 
Wie wurden die begehrten Platten unter den DJs verteilt?
Hell: Von den guten Sachen kamen maximal drei bis fünf Vinyls im Hard Wax an. Freitags, bevor alle raus sind zum Auflegen, hat man sich getroffen – Westbam, Tanith, Motte, Johnson, Rok und vielleicht noch Woody, der gerade aus München nach Berlin gezogen war. Rok hat die Sachen vorgespielt und dann gab’s eine Rangliste: Er selbst war ganz sicher Nummer eins. Dann kam, glaube ich, Westbam, Motte und Johnson haben sich tendenziell um Platz drei und vier gestritten und ich kam auch irgendwann kurz dahinter.
Verhaltenes Kichern bei den anderen.
Friedrich: Krass. Kann man sich gar nicht mehr vorstellen. Ich frage mich gerade, ob ich das total scheiße fände, oder sogar interessant, wenn’s heute noch so wäre.
Hell: Das war schon ziemlich asozial! Rok hatte dadurch ständig Sachen, die konntest du nur in seinen Sets hören. (lacht)
Friedrich: Aber eben das finde ich auch spannend. Wenn ich jetzt in einen Club gehe, habe ich bei fast allem das Gefühl, es schon hundertmal gehört zu haben.

Ist es heute schwerer, exklusive Songs zu haben?
Tom: Exklusiv ist heute nur noch das, was du selbst produzierst, Edits, die du machst, oder unveröffentlichter Kram, den du von Freunden bekommst.
Alle nicken. 

Weil es alles, was einmal veröffentlicht wurde, auch sofort auf Portalen wie Beatport gibt?
Stephan: Nicht zwingend sofort. Aber meistens sehr schnell.
 
Inzwischen sind DJs berühmt, man kennt ihre Gesichter. Wie war das, als du in den Achtzigern angefangen hast, Hell?
Hell: Je nach Selbstverständnis des Clubs wurde man auch mal zum einfachen Dienstleister degradiert. Angestellt, um Start und Stopp zu drücken.
Stephan: Ehrlich?
Hell: Ich war mal Resident im Park Café, das war damals ein sehr angesagter Club. Da gab es eine Wunschliste des Chefs, was zu welchem Zeitpunkt gespielt wird. Das ging mit Klassik los, zur Hauptzeit zwischen 2 und 4 Uhr kamen aktuelle Sachen aus den Charts. Und er wollte immer Jimi Hendrix hören. Aerosmith war auch dabei.
Friedrich: War das in vielen Clubs so?
Hell: Es gab oft einen Din-A4-Zettel mit einer groben Vorgabe. Keine genauen Titel, aber zumindest eine klare Richtung. Alles schön aufgelistet.
Friedrich: Unvorstellbar.
Hell: Warte! Im Park Café ging das sogar weiter: Der Chef hatte einen Schalter und ich hatte ein rotes Licht unterm DJ-Pult. Wenn das Licht anging, hieß das: falsche Mucke!
Schallendes Gelächter am Tisch.
Friedrich: Echt jetzt? Gab’s das öfter?
Hell: Das mit dem Licht war einzigartig. Das hat der Chef, Hansi Grandl, sich selbst ausgedacht. Wobei der tatsächlich auch ein wahnsinnig gutes Gespür für seine Läden hatte.




Die Nachkommen: Friedrich Trede und Stephan Braun, beide 22, sind das DJ- und Produzenten-Duo Rhode & Brown. Sie sind mit House-Musik aufgewachsen: Stephan spielte das erste Mal mit 15 in einem Club. Ihre eigenen Tracks und Remixes sind oft düster, sie wurden von renommierten Labels in New York und London veröffentlicht. Friedrich und Stephan legen einmal im Monat im Kong auf, hin und wieder auch in Wien oder Berlin.
 
War dieses Verständnis verbreitet: Der Chef kennt seinen Laden am besten?
Hell: Nicht überall. Lupo . . .
. . . ein Münchner DJ aus den Achtzigern und Neunzigern, der vor kurzem verstorben ist . . .
Hell: . . . der hat im P1 zum Beispiel gemacht, was er wollte. Deshalb wurde er auch so ein Kult-DJ. Der hat, während er auflegte, Kassettenmitschnitte verkauft. Für damals 100 Mark. Und da gab es eine Warteliste! Er hatte eine Platte der New Yorker Künstlergruppe Silicon Soul – „Who Needs Sleep Tonight“ –, die hatte in ganz Deutschland nur er. Wenn du dieses Lied hören wolltest, musstest du ins P1 gehen.
Friedrich: Das war schon eine Kunst damals. Dieses Zeug überhaupt zu kennen und dann aufzutreiben.
 
Wie wird man heute Resident DJ?
Stephan: Ich denke, du musst Sachen machen, die irgendwie eigenständig sind und die dem Betreiber zu einem bestimmten Zeitpunkt gefallen. Und dann gehört viel Glück dazu.
 
Warum Glück?
Friedrich: Ich finde, dass gerade viel gleichgeschaltet ist. Es gibt nicht mehr viele stilistische Ausreißer bei den DJs nach oben oder unten. Und einige Leute, die etwas Ähnliches machen wie wir, sind damit jetzt nicht Residents im Kong.
Tom: Clubs schauen natürlich auch bei Facebook und Soundcloud: Wie viele Follower haben DJs, wie viele Leute bringen die realistisch in meinen Laden?
Stephan: Was auch schade ist, weil die Followerzahl dann mitbestimmt, wer wo spielen darf, obwohl die Musik nicht wirklich eigen und interessant ist.
 
Wie kommt es, dass House gerade so allgegenwärtig ist?
Tom: Das ist immer derselbe Zyklus: Disco, House, jetzt kommt wieder Techno.
Benjamin: Aber es ist gerade eine sehr angenehme Zeit für elektronische Musik. Ich finde, man kommt mit vielem durch.
 
Wie meinst du das?
Benjamin: Die Hörer sind nicht sehr dogmatisch. Man kann auch mal abgefahrenes Zeug spielen, ohne dass sie gleich weglaufen. Gerade hier in München.
Sind die Leute wirklich offener oder nur ironischer?
Benjamin: Das hat nix mit Ironie zu tun. Ich glaube eher, es ist alles so viel geworden, dass niemand mehr genau sagen kann, was cool ist.
Friedrich: Ich glaube, das Publikum hat aber inzwischen auch einen weiteren Horizont und ist deshalb offener für Abgefahrenes. Viele setzen sich jetzt genauer mit der Musik auseinander und wollen mehr als nur den Standardkram hören.
 
Trifft denn das Bild noch zu, dass elektronische Musik aus München besonders warm und discolastig ist?
Friedrich: Wenn ich unser Zeug anschaue, würde ich sagen: überhaupt nicht. Die Einflüsse kommen inzwischen aus der ganzen Welt. Regionalisierung gibt’s in der elektronischen Musik meiner Meinung nach kaum noch.
Tom: Dieser Disco-Begriff wird für München doch immer rausgekramt, ohne dass er – nach Giorgio Moroder – jemals so richtig zugetroffen hätte.
Benjamin: Wobei Techno doch schon besser nach Berlin gepasst hat als ins schöne, warme, saubere München.
Hell: Vorsicht, man unterschätzt die Stadt da leicht: Sven Väth im Babalu – das war wahrscheinlich die erste Afterhour Deutschlands. München war für ein paar Jahre tatsächlich die Feierhauptstadt der Republik. Mitte der Neunziger kamen die Frankfurter und Berliner alle nach München zum Feiern. Im Babalu und auf Bauernhöfen im Umland ging es damals immer ewig – mit Motte und Woody. Da kamen alle Posses. Von überall. Weil hier halt auch ne super Stimmung ist. Vor allem im Sommer (überlegt). Und im Winter schon auch. Also praktisch immer.
Alle lachen.
 
Wie schätzt ihr denn die Bedeutung von München in der elektronischen Musik gerade ein?
Stephan: Schwer zu sagen, wenn man selbst drinsteckt. Ich glaube aber, dass die Bedeutung wieder wächst. Allein mit den ganzen Clubs, die neu dazugekommen sind.
Benjamin: Als ich mit dem Weggehen angefangen habe, gab’s das Muffatcafé und das Atomic Café. Damals war ich noch nicht volljährig und musste immer ins Muffat gehen, als noch Café-Betrieb war, und dann so lange an einem Bier rumnuckeln, bis es endlich 23 Uhr war.
Stephan: Als ich angefangen habe, elektronische Musik zu hören, gab’s für mich die Rote Sonne und das Harry Klein – damals noch am Ostbahnhof. Mittlerweile sind noch mal mindestens vier Clubs dazugekommen, die der Stadt ein tolles Profil geben: Bob Beaman, Kong, Charlie, MMA.
Hell: Das Pacha bitte nicht vergessen! Die haben auch ein internationales Booking, mit sehr anständigen DJs.
Es kommt eher skeptisches Gemurmel auf.
Benjamin: Du hast doch da auch schon gespielt, oder?
Hell: Da haben sich alle aufgeregt und gezetert: „Wie kannst du nur?! Das ist doch verboten!“ Aber ich mag die Leute, die das Pacha leiten – Tom Hilner, René Vaitl. Und natürlich Michi Kern, ein wichtiger Vordenker in allen Lebenslagen. Das Pacha ist sicher nicht der fortschrittlichste Laden mit seinem Franchising-Konzept und den ganzen Fanartikeln von CDs über T-Shirts bis zur Sonnencreme. Aber ich spiel da gerne, auch, wenn ich von den Leuten massiv dafür kritisiert wurde.
 
Auch von den Bob-Beaman-Machern? Da legst du ja auch regelmäßig auf.
Hell: Gar nicht. Alle sind befreundet, da spricht man die Termine untereinander ab.
Friedrich: Das Publikum ist aber bestimmt ganz anders, ob du jetzt im Pacha spielst oder im Bob Beaman?
Hell: Das schon. Aber ich lade halt meine Leute noch dazu ein und dann ist das immer toll, da aufzulegen.
Benjamin: Spielst du da andere Musik?
Hell: Nie. Aber ich verzichte auf den ganz harten Techno und spiele eher ein House-Set.




Die Disco-Erben: Benjamin Fröhlich, 34, und Tom Bioly, 39, gehören als Permanent Vacation zu den aktivsten und auch außerhalb Münchens gefragtesten DJs der Stadt. Seit 2006 betreiben sie außerdem das gleichnamige Label, das international für seinen discolastigen Sound bekannt und geschätzt ist. Sie sind Resident DJs in der Wilden Renate in Berlin. In München spielen sie regelmäßig im Bob Beaman, Kong und Mixed Munich Arts (MMA).
 
Legt ihr in verschiedenen Städten unterschiedlich auf?
Benjamin: Eher von Club zu Club, weil das Set ja sehr abhängig von Größe und Atmosphäre ist.
 
Gibt’s Frühindikatoren dafür, wie ein Abend wird?
Hell: Ich checke als erstes immer die Beleuchtung. Viele Clubs machen schlicht zu hell und ruinieren damit die Stimmung. Die nächste Hürde ist die Technik am DJ-Pult. Das ist manchmal grausam: Monitorboxen fallen aus, Nadeln springen. Manchmal brauche ich die erste Stunde schon, nur um mit der Technik klarzukommen.
Benjamin: Oh Gott, tut das gut, das von jemandem wie dir zu hören!
Hell: Ja klar! Ich bin dann so genervt, dass ich in der zweiten Stunde kaum noch reinkomme. Und dann geh’ ich frustriert heim.
 
Ein bekannter Münchner Club-Betreiber ist vor ein paar Jahren nach Berlin gegangen, weil er genervt war. Er findet, die Stadt München stelle sich zu oft auf die Seite der Anwohner, die sich über Lärm beschweren – und mache so allmählich das Nachtleben kaputt. Seht ihr das auch so?
Benjamin: Das war vor fünf Jahren auf jeden Fall viel schlimmer.
Friedrich: Gerade die neuen Läden haben damit doch überhaupt keine Probleme, obwohl sie alle mitten in der Innenstadt sind.
Hell: Das war ja früher undenkbar: Clubs in der Innenstadt. Da haben wir’s in München jetzt sogar richtig gut. Da soll er sich mal Prenzlauer Berg anschauen: Da gab’s früher einige Clubs, die jetzt alle weg sind. Was aber auffällt, ist, dass es kaum Outdoor-Festivals in München gibt – das „Greenfields“ und jetzt vielleicht noch das „Organic Dance Music Festival“. Aber quasi nichts in der Stadt selbst. Warum nicht hier, auf dem P1-Parkplatz?
Tom: Wobei man da auch auf der Terrasse schon sehr leise spielen muss.
Hell: Für die Fußball-WM werden die Genehmigungen doch auch erweitert. Vielleicht wird das die Regeln dauerhaft lockern – zumindest für die Sommermonate Juni, Juli, August.
Tom: An der Isar wäre es doch auch schön. Ich kann schon verstehen, dass wegen der Renaturierung da jetzt vieles sehr ruhig ist und Outdoor-Partys nicht erlaubt sind. Aber es wäre toll, wenn das an ein, zwei Ecken ginge.

Zum Scheitern verurteilt.

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Jip! Es ist wirklich so. Manchmal fängt man Dinge an und weiß von der ersten Sekunde an, dass dies zum Scheitern verurteilt ist. Wieso ist man dann nur so blöd und stürzt sich weiter in diese Sache?

Warum machen Menschen alles einfache eigentlich immer so kompliziert? Wo ist da der Sinn..

Du Drückeberger!

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Gestern passierte dasselbe wie jeden dritten Tag: Mit einem dumpfen „Mmmpf“ klemmte sich meine Fahrradkette zwischen Gangschaltung und dieses silberne Dingsda, dessen Name mir schnurzpiepegal ist. Eigentlich lasse ich mir in dieser Situation vom nächstbesten Fußgänger helfen. Weil diesmal niemand kam, um mich aus meiner Not zu erlösen, versuchte ich es selbst. Zwei Minuten später saß ich mit stolz gestreckter Wirbelsäule und Kettenschwärze an den Händen wieder auf dem Sattel. Ich kann das also ganz alleine.



Fahrrad reparieren? Könnt' ich selbst. Will aber nicht.

Warum wusste ich das bisher nicht? Obwohl ich mich für einen einigermaßen kompetenten Menschen halte, habe ich im Kettendebakel regelmäßig schon vor dem Probieren aufgegeben. Meine Selbstdiagnose: Ich leide unter der chronischen Drückeberger-Krankheit – denn die macht das Leben so wunderbar leicht. 

Nach einer kleinen Aufräumaktion habe ich in meinem Unterbewusstsein eine ganze Schulbade voller Drückebergerstrategien gefunden. Mein Favorit: Dank erneuter grobmotorischer Bestleistung in der WG-Küche von der Mitbewohnerin die Kartoffeln geschält bekommen. Inzwischen weiß ich auch, wie weit die heimtückische Krankheit verbreitet ist. In unserer Redaktion voller erwachsener Menschen gibt es zum Beispiel einen Kollegen, der nicht tanken kann, weil er gar nicht tanken will. Mama macht das dann. Dagegen finde ich das übliche Papierkram-Abschieben (Steuer, Arbeitsvertrag, BAföG) oder diverse computerbezogene Papa-Dienste ziemlich Standard.

„Ich mache ab jetzt alles selbst“ habe ich mir auf dem Nachhauseweg vorgenommen. Schließlich fühlte ich mich als hätte ich gerade das erste Fahrrad der Welt zusammengehandwerkt – und sah dank Kettenschwärze auch so aus. Sofort wollte ich mir einen Virenschutz installieren und mit meiner ersten eigenen Steuererklärung beginnen. Hab ich natürlich nicht gemacht. Schon zum Abendessen landeten die guten Vorsätze gemeinsam mit den Kartoffelschalen im Restmüll. Ist doch schön, wenn einem von lieben Menschen geholfen wird.  

Jetzt aber zu dir, du Drückeberger: Wann lässt du lieber die Anderen für dich machen? Was wirst du nie lernen, weil du gar nicht willst? Bist du damit genauso erfolgreich wie ich? Und wenn ja: Wer hilft dir dabei, mit dieser Strategie durchzukommen?

Der Wert des Privaten

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Die Geheimdienste sind schuld. Es ist verführerisch, die Erkenntnis aus den Enthüllungen zur digitale Totalüberwachung darauf zu reduzieren. Nun ist dieser Vorwurf zweifelsohne richtig, NSA und GCHQ kann er nicht oft genug ins Stammbuch geschrieben werden. Doch ein Jahr nach dem Beginn der Snowden-Veröffentlichungen wäre es töricht, es dabei bewenden zu lassen.



Mit dem Emaildienst Gmail von Google hat die Verschiebung der Privatssphäre angefangen. Das war vor zehn Jahren. 

Auch Spione leben nicht losgelöst von der Gesellschaft. Sie registrieren Entwicklungen und die Verschiebung von Grenzen. Der Aufstieg des Anti-Terror-Kampfs zur wichtigsten Staatsaufgabe ebnete den Weg für die digitalen Aktivitäten der NSA, doch ihre Ausführung hängt auch mit den Entwicklungen der Internet-Industrie zusammen.

2004 führte Google den E-Mail-Dienst Gmail ein, kostenlos und mit einem damals geradezu sensationellen Speicherplatz von einem Gigabyte. Doch das Angebot hatte einen Haken: Der Dienst durchforstete die E-Mails seiner Nutzer, um zu deren Inhalt passgenaue Werbung anzubieten.

Google war womöglich nicht der erste, aber sicherlich auch nicht der letzte Anbieter kostenloser E-Mail-Dienste, der eine einfache Tatsache ausnutzte: Um die Postfächer von Spam und Schadlinks freizuhalten, müssen E-Mails ohnehin automatisch gescannt werden. Wieso also nicht gleich die Daten für andere Zwecke verwenden?

Im Facebook-Zeitalter erscheint uns der Hinweis auf die daraus entstehende radikale Verschiebung der Privatsphäre fast trivial. Doch es fällt nicht schwer sich vorzustellen, welche Begehrlichkeiten dieser Wandel bei den Geheimdiensten weckte. Wenn Teile der Branche zur informationsverarbeitenden Industrie werden, braucht auch die NSA keine Hemmungen mehr zu haben: Wenn ihr eure Kunden für Werbezwecke ausspioniert, warum sollten wir nicht spionieren dürfen?

Lange wehrten sich Unternehmen nicht gegen die „National Security Letters“ oder das Prism-Programm, mit denen Geheimdienste und Sicherheitsbehörden sie verpflichteten, Zugriff auf ihre Datenbanken zu erlauben. Das hat sich nach den Snowden-Enthüllungen zwar teilweise geändert. Das Geschäftsmodell aber ist das gleiche geblieben.

Welche Daten sammelt ihr, und an wen wollt ihr sie verkaufen? Solche Fragen stellen Investoren im Silicon Valley tatsächlich, wenn Start-ups ihnen ihre Ideen vorstellen. Privatsphäre ist immer noch kein wichtiger Faktor, wenn es um den Versuch geht, im harten Wettbewerb der Apps, Portale und Software ein Geschäftsmodell zu finden.

Es ist einfach, nach politischen Lösungen zu rufen. Gewiss, eine Aussetzung des Safe-Harbour-Abkommens, das die Verwendung von Daten in den USA regelt, wäre ein guter Weg, um die Spielregeln zu ändern. Doch auch die Internet-Nutzer sind in der Verantwortung – wenn die aber dem Schutz ihrer Privatsphäre keinen Wert beimessen, wird sich wenig ändern.

Erst vor einiger Zeit musste die Twitter-Alternative App.net sich selbst zum Freizeitprojekt erklären. Zu wenige Kunden wollten Geld dafür zahlen, mit ihren Aktivitäten ausnahmsweise einmal keine Datenbank für Werbekunden zu füttern. Auf der anderen Seite konnte der Textnachrichten-Dienst Threema Millionen Nutzer dafür gewinnen, Geld für die Verschlüsselung ihrer Botschaften zu zahlen. Und auch Google kündigt ein Zusatzprogramm für seinen Browser Chrome an, dass wirksame Verschlüsselung für E-Mails vereinfachen soll.

Von Aktionismus bis Apathie – die Snowden-Enthüllungen haben höchst unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Die Politik wird die Privatsphäre im Internet absehbar nicht retten, der Großteil der Daten verarbeitenden Internetkonzerne seine alten Geschäftsmodelle nicht aufgeben. Noch ist die Chance aber nicht vertan, der digitalen Intimität einen wirtschaftlichen Wert zu geben. Es wäre die richtige Reaktion – auf die NSA-Affäre, aber auch auf die schwindende Privatsphäre, die wir in den vergangenen Jahren erleben mussten.

Häute-Journal

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S’il te plaît ... apprivoise-moi!“ steht da geschrieben, zu Deutsch: „Bitte ... zähme mich!“ Der Satz ist ein Zitat aus „Der kleine Prinz“. Eine Darmstädterin, Ende 20, hat ihn sich auf den rechten Unterarm stechen lassen, und zwar großflächig. Oder wie das Verwaltungsgericht Darmstadt meint: zu großflächig. Jedenfalls für eine Polizistin.



So ein Tattoo ist nichts Besonderes, könnte aber zum Ausschlusskriterium bei der Bewerbung um einen Job werden.

Deshalb wies der Richter am Dienstag den Einspruch der Frau ab, die wegen des Tattoos nicht zum Auswahlverfahren der Bundespolizeiakademie zugelassen worden war. Die Bewerberin hatte der Behörde vorgeworfen, ihre Persönlichkeitsrechte und das Recht auf Zugang zu jedem öffentlichen Amt verletzt zu haben. Das Verbot der Bundespolizei sei nachvollziehbar, sagte hingegen der Richter.
Die Entscheidung wirft Fragen auf: Welche Tattoos sind für welche Karrieren hinderlich? Und was darf der Chef seinen Angestellten verbieten? Wie viele Deutsche sich mittlerweile mit diesen Fragen beschäftigen müssen, zeigt eine Ende Mai veröffentlichte Umfrage: Unter den 25- bis 34-jährigen Befragten waren 22 Prozent tätowiert. Generell ist die Tendenz steigend. Die Studie der Gesellschaft für Konsumforschung, erhoben im Auftrag von Dermatologen der Uni Bochum und verschiedenen Tattoo- und Piercing-Verbänden, belegt auch, dass die Tätowierten keinen bestimmten Einkommensschichten oder Subkulturen zuzuordnen sind. Kurz: Das Tattoo ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Entscheidend scheint nun die Frage: Wo genau dort?

„Es gibt mehr Leute ,als man denkt, die unter ihrem Anzug noch einen zweiten Anzug tragen“, sagt Thomas März vom Tattoo-Studio „Tempel München“. Aber März warnt auch: „Alles, was darüber sichtbar ist, muss schon gut überlegt sein.“

In der Arbeitswelt hätten Chefs tatsächlich das Recht, beim Erscheinungsbild ihrer Mitarbeiter mitzusprechen, sagt Christian Götz, Arbeitsrechtsexperte von der Gewerkschaft Verdi. „Der Arbeitgeber ist Herr des Arbeitsbereichs, er kann bestimmen, welches Unternehmensbild er in der Öffentlichkeit vermitteln will.“ Besonders strenge Regeln würden eben für die Angestellten des öffentlichen Dienstes und für Beamte gelten. Sie stünden in einem besonderen Vertrauensverhältnis zu ihrem Arbeitgeber und genössen auch in der Gesellschaft einen Vertrauensvorschuss. „Manche Tätowierungen bei Polizisten mögen tatsächlich einen bestimmten Eindruck erwecken, der nicht mit dem Auftrag der Polizei vereinbar wäre“, sagt Götz. Was nun genau wie auszusehen hat, das ist tatsächlich: Ansichtssache.

Im Fall der Darmstädterin argumentierte das Gericht: Sichtbare Tätowierungen könnten als „Zeichen eines gesteigerten Erlebnisdrangs“ verstanden werden; der Körperschmuck der Klägerin bringe eine „überzogene Individualität“ zum Ausdruck, welche „die Toleranz anderer übermäßig beanspruche“; Beamte der Bundespolizei seien zudem häufig die ersten Vertreter Deutschlands, auf die einreisende Ausländer träfen. Immerhin befand das Gericht, dass Tätowierungen heutzutage nicht mehr nur bei Seefahrern und Sträflingen zu sehen seien.

Tatsächlich sind nicht nur Bewerber für Jobs mit Autoritätsanspruch von ästhetischen Auswahlkriterien der Arbeitgeberbetroffen. Auch bei Arbeitsplätzen mit Publikumsverkehr sei das verfassungsgemäße Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers eingeschränkt, sagt Verdi-Experte Götz. Das könne den Bankangestellten betreffen, genauso die Flugbegleiterin oder die Servicekraft im gehobenen Restaurant. Sie alle seien verpflichtet, den hausinternen Dresscode zu beachten. Was optisch erlaubt sei oder nicht, entscheide jeweils der Arbeitgeber. „In einem hippen Klamottenladen kann es sein, dass Tattoos sogar gern gesehen sind“, sagt Götz.

Doch gibt es auch Grenzen. So könne der Arbeitgeber nicht anordnen, dass etwa alle männlichen Mitarbeiter auf einmal glatt rasiert erscheinen müssten. „Wenn ein Bart bei Unterzeichnung des Arbeitsvertrages nicht verboten war, darf er stehenbleiben“, sagt Götz. Christof Kleinmann, Fachanwalt für Arbeitsrecht, ergänzt: „Der Arbeitgeber darf nur Vorgaben machen, die eine sachliche Rechtfertigung haben.“ So dürfe etwa jede Empfangsdame frei entscheiden, ob sie ihre Haare blond oder braun färbt. „Zebra-Look muss die Firma allerdings nicht akzeptieren“, so Kleinmann. Gleiches gelte für Ohrringe bei Männern. „Wenn es keinen triftigen Grund für ein Verbot gibt, beispielsweise Hygienebedenken bei einem Arzt, muss der Arbeitgeber den Körperschmuck akzeptieren – ob er ihm persönlich gefällt oder nicht.“ Daran müsse sich im Übrigen auch der Staat als Arbeitgeber richten. „Eine kleine Tätowierung auf der Schulter, die im Beruf immer bedeckt ist, geht auch für Ordnungshüter in Ordnung“, sagt Kleinmann.

So sieht das auch das Darmstädter Verwaltungsgericht: Eine kleine, dezente Tätowierung ohne besondere Symbolik sei kein Hindernis für den Polizeidienst. „Wir hätten uns aber auch eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Tätowierung gewünscht“, sagt Husni Celik, der Anwalt der Darmstädterin. Stattdessen sei es dem Gericht ausschließlich um die Größe des Schriftzugs gegangen – das Tattoo der Bewerberin wäre selbst in Uniform zu sehen.

Thomas März, der Chef des Tätowier-Ladens, kennt diese Problematik. „Gerade junge Leute um die 20 wollen sichtbare Tattoos. Die sind leider sehr sorglos. Wenn es um Unterarme, Hände, Hals oder das Gesicht geht, ergreifen dann wir die Initiative, beraten die Kunden und besprechen Alternativen.“ Tattoos seien für die Ewigkeit, „auch wenn es inzwischen Studios gibt, die Tätowierung plus deren Entfernung nach zehn Jahren im Paket verkaufen.“

Auch die junge Frau aus Darmstadt spielt nun mit dem Gedanken, sich das Tattoo komplett weglasern zu lassen. Ihr Anwalt wird gegen den Beschluss vom Dienstag Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof einlegen.

Jetzt erst recht

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München – Der freundliche junge Mann hatte seinen Einkaufskorb kurz vor Weihnachten in ihrem Laden abgestellt. Eine rote Christstollendose lag schon drin, dazu eine Tüte Erdnussflips, der Mann wollte bei ihnen noch Whisky kaufen. Da merkte er, dass er seine Geldbörse nicht dabei hatte. Er wollte sie nur schnell holen und ließ den Korb mit der Christstollendose da. Aber er kam nicht wieder. Nicht vor Weihnachten, nicht nach Weihnachten.



Für Migranten ist die deutsche Sprache nicht die einzige Hürde.

Die Familie des Ladenbesitzers räumte den Korb nach hinten in ihren Aufenthaltsraum, damit er nicht störte. Und im Januar wollte die 19 Jahre alte Tochter nachsehen, was da eigentlich drin war, in dieser mit Sternen verzierten Dose. Sie sah eine blaue Campinggasflasche und dachte noch: Komisches Geschenk zu Weihnachten. An eine Bombe dachte sie nicht.

Es war eine Bombe, „ein Bömbchen“, wie die Täter vom NSU später in ihrem Bekennervideo zynisch lästerten. Sie schweißte der Schülerin am 19. Januar 2001 die Augen zusammen, zerstörte ihre Trommelfelle, zerschnitt ihr Gesicht, verbrannte die Haare, die Haut. Splitter bohrten sich in ihren Kiefer. Die Druckwelle nahm ihr den Atem, ihre Eltern schleppten sie nach draußen . Sie wachte erst sechs Wochen später wieder auf: aus dem Koma.

Das Mädchen von damals ist nun eine erwachsene Frau, 32 Jahre alt. An diesem Mittwoch, 13 Jahre später, sitzt sie als Zeugin im NSU-Prozess. Eine hochgewachsene Frau mit großen Augen und einer tiefen, rheinisch gefärbten Stimme. Allein, dass sie hier sitzt, ist erstaunlich. Aber wie sie hier sitzt, grenzt an ein Wunder.

Sie hat noch im Jahr des Anschlags ihr Abitur nachgemacht, hat erst Chemie und Physik studiert, dann Medizin. Heute ist sie Ärztin. Und möglicherweise erlaubt ihr dieser Beruf, so professionell, so distanziert darüber zu sprechen, wie sie überlebte. Vor ihr ist ein Polizist dran, der sie damals in einer Klinik für Brandverletzte besucht hat. Der Mann ist noch immer berührt. „Das Opfer war verbrannt, aufgedunsen, blutende Verletzungen im Gesicht, an den Unterarmen“, sagt er. Man hört ihn tief atmen. „Es sah aus wie ein Stück Grillfleisch, ein Bild des Grauens, es gibt keine passenden Worte. Ich habe in meiner Laufbahn als Polizist wirklich viel Blut, viele Leichen, viel Elend gesehen, aber dieses Opfer war für mich an der Spitzenposition.“

Dann kommt die junge Frau und das Wort Opfer verbietet sie sich sofort. Hier sitzt eine, die nicht bemitleidet werden will. Sie will auch nicht, dass man ihren Namen nennt. Sie will nicht darauf reduziert werden, Opfer zu sein, hat sie vor Monaten der Süddeutschen Zeitung erzählt. Und das macht sie auch vor Gericht deutlich. Sie ist in Köln aufgewachsen, sie kam als ganz kleines Mädchen mit ihren Eltern aus Iran. Die Eltern hatten das Lebensmittelgeschäft, sie legten Wert auf Bildung.

Die Abiturientin ist dann schrittweise aus dem Koma aufgeweckt worden, ihre Eltern lasen ihr die Briefe von Freunden und Klassenkameraden vor. Aber sie hielten alle Spiegel vor ihr versteckt. Als sie das erste Mal wieder allein auf die Toilette gehen konnte, blickte sie sich im Badspiegel an. „Ich bin erschrocken“, sagt sie. „Ich hatte keine Haare mehr, alles war blau, grün, verbrannt, Schnittwunden im Gesicht.“ Sie war 19, eine junge Frau, die schön sein wollte.

Viermal wurden allein ihre Trommelfelle operiert, das Schwarzpulver hatte sich in schwarzen Flecken in ihr Gesicht gebrannt. Man nennt das Schmutztätowierungen; 20, 30 Sitzungen hatte sie allein, um diese Tätowierungen durch einen Laser zu reduzieren. „Man sieht sie immer noch“, sagt sie. „Wenn ich abgeschminkt bin.“ Dazu die Narbenkorrekturen mit Zitronensäure. „Die können nicht entfernt werden“, sagt sie. „Damit muss ich leben. Damit kann ich leben. Das habe ich integriert in mein Leben.“ Am meisten belasten sie diese Verletzungen im Gesicht. „Dann wird man gefragt, was ist mit dir passiert und dann steht man da und weiß nicht, was man darauf antworten soll.“ Sie sagt das ohne eine Spur von Klage.

Die Polizei hatte ihr gesagt, man könne einen rechtsradikalen Täter sicher ausschließen, sie sei wohl ein Zufallsopfer gewesen. Da schloss sie ab mit der Bombe, schaute nach vorne. Bis sie eines Abends im November 2011 vom Dienst nach Hause kam und in einem Fernsehbeitrag das Bekennervideo des NSU sah – mit dem Laden ihrer Eltern und dem „Bömbchen“, das man dort gelegt habe. „Da stand ich unter Schock, damit hatte keiner gerechnet“, sagt die Frau. Alles war nun wieder da. Als die Garage offen stand, sah sie nach, ob nicht jemand unter ihrem Auto eine Bombe versteckt hat. „Gibt es noch Helfer, die noch frei herumlaufen und morgen bei uns vor der Tür stehen?“, fragt sie in den Saal. „Keiner wird uns das garantieren können.“

Als die Familie merkte, dass der NSU sie aus dem Land treiben wollte und dass zu den Rechtsextremisten auch eine Frau gehören sollte, da erinnerte sich die Mutter der Familie an jene Frau, die ein paar Wochen vor dem Anschlag dringend darum bat, in dem kleinen Lebensmittelladen in Köln auf die Toilette gehen zu dürfen. Und die Mutter sagt nun, diese Frau habe Ähnlichkeit mit Beate Zschäpe, von der Statur her, von den Haaren her.

Und ein Nachbar habe berichtet, er habe diesen Mann, der damals den Korb abgestellt hat im Laden, später noch einmal gesehen, wie er erneut in das Geschäft ging, vielleicht um nachzuschauen, warum die Bombe nicht explodiert sei.

Dann gibt die Zeugin ein einziges Mal Einblick in ihre Seele. „Zu wissen, dass es Menschen gibt, die dich nur wegen deiner Herkunft attackieren“, sagt sie und schüttelt den Kopf. „Wir sind ja alle hier aufgewachsen, haben akademische Abschlüsse. Und dann geht es nur darum, dass die Leute die deutsche Nation erhalten wollen.“ Dies hatte der NSU in seinem Bekennervideo getextet. Die Zeugin schaut Beate Zschäpe auf der Anklagebank nun direkt an. „Das ist traurig, für mich, meine Familie, schade.“
Sie wird gefragt, ob sie nach dem Auffliegen des NSU daran gedacht habe, Deutschland zu verlassen. „Als das Video veröffentlicht wurde, war mein erster Gedanke: Was soll ich noch hier? Ich bin doch ein Muster an Integration, Abitur, Studium“, sagt sie. „Und dann dachte ich: Das ist die Absicht dieser Leute gewesen. Nee, ich hab mir das hier aufgebaut, jetzt erst recht! So leicht ist es nicht, mich aus Deutschland rauszujagen.“

Der Gerichtssaal ist erfüllt von Beifall.

Der Tatort: Am 19. Januar 2001 explodierte in dem Lebensmittelgeschäft in Köln die Bombe, die der NSU dort zurückgelassen hatte.

Unter Druck

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Ungarns Medien stehen Kopf. Zeitungen erscheinen am Freitag mit einer leeren Frontseite. Ein Wirtschaftsblatt protestiert mit einer Seite ganz in schwarz. Kommerzielle Sender wie die RTL-Tochter RTL-Klub oder TV2 wollen an diesem Donnerstag eine 15-minütige Sendepause einlegen; Internetportale haben angekündigt, ein Protestbanner zu zeigen. Gleichzeitig haben Journalisten gegen die Entlassung eines Chefredakteurs demonstriert, dessen Onlineportal eine kritische Berichte über einen Vertrauten von Premier Viktor Orbán gebracht hat. Was ist los in Ungarn? 



Viktor Orbán macht ernst: Mit einer drastischen Steuer auf Werbeeinnahmen macht er den ungarischen Medien das Leben schwer. Doch die wehren sich.

Vier Jahre nach dem umstrittenen Pressegesetz, das internationale Proteste und ein Verfahren in Brüssel nach sich zog, hat sich die Regierung Orbán einmal mehr die ungarischen Medien vorgeknöpft. Die Folterwerkzeuge sind Geld und neue rechtliche Vorgaben, die eine kritische Berichterstattung weiter erschweren. Nun wird wahr gemacht, was 2013 angekündigt, aber wegen Protesten aus der EU aufgeschoben worden war: Auf die Umsätze aus Werbeeinnahmen in Medien soll eine happige Steuer eingeführt werden, die sich in Stufen bis hinauf zu einem Steuersatz von 40 Prozent steigert. Unter die höchste Stufe fällt derzeit nur RTL-Klub, weshalb das Projekt auch schon „RTL-Steuer“ genannt wird; aber auch kleine, unabhängige Medien, die nicht mit staatlichen Aufträgen alimentiert werden, müssten angesichts der neuen Abgabe um ihre Existenz kämpfen.

RTL Ungarn, das ein weitgehend politikfernes Programm macht und sich rühmt, „seine Unabhängigkeit von Parteien und Regierung“ bewiesen zu haben, zeigt sich schockiert, denn etwa die Hälfte der zu erwartenden Einnahmen aus der neuen Werbesteuer würden allein aus den Umsätzen von RTL kommen. Der Sender dementiert, dass man über einen gänzlichen Rückzug vom ungarischen Markt nachdenke. Aber genau das könnte die Intention der Regierung sein, die seit Jahren eine Nationalisierung der Wirtschaft betreibt und auch den Einfluss auf die Medien stark ausgebaut hat. Kommentatoren gehen davon aus, dass Orbán an einer weiteren Marktbereinigung interessiert ist. Allerdings: Diesmal protestiert sogar das regierungsnahe Blatt Magyar Nemzet gegen den Plan.

Zeitgleich diskutiert Ungarn über den Hinauswurf von Gergö Sáling, Chef des angesehenen Onlineportals Origo.hu. Dort war eine Reihe von Artikeln publiziert worden, die absurd hohe Reise- und Hotelrechnungen von Orbans Kabinettschef Janoz Lazár zum Thema machten. Der beschwerte sich prompt. Die Origo-Geschäftsführung begründete die Entlassung des Redaktionsleiters mit „veränderten Anforderungen an Mediendienste“. Das Portal gehört der Deutschen Telekom AG, die im Februar einen schönen Auftrag von der Regierung bekommen hat: eine Milliarde Euro für den Ausbau des Breitbandnetzes. Die Telekom teilt auf Anfrage, ob es sich hier um den Hinauswurf eines missliebigen Journalisten handele, mit: „Origo gehört zu Magyar Telekom und arbeitet unabhängig. Personelle Veränderungen dort sind das Resultat interner Umstrukturierung, auf die die Deutsche Telekom zu keinem Zeitpunkt Einfluss genommen hat.“

So oder so, der Fall hat Weiterungen. Denn ein Gericht hat nicht nur die Verletzung der Persönlichkeitsrechte von Lázár bestätigt, sondern, gestützt vom Verfassungsgericht, geurteilt, dass das Onlineportal auch für gelöschte oder gesperrte Kommentare verantwortlich ist, selbst wenn es die User-Daten herausgegeben hat. Reporter ohne Grenzen mutmaßt, die Regierung wolle mit Steuererhöhungen und dem Druck auf Origo.hu „kritische Medien unter Druck setzen“. Und Tamás Bodoky von Atlatszo.hu, einem Forum investigativer Journalisten, nennt den Vorstoß „einen gut orchestrierten Angriff auf das, was von der Pressefreiheit in diesem Land noch übrig ist.“

Pfiffige Idee

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Die Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien begeistert viele. Aber für niemanden klingen wohl auch die Schiri-Pfeifen so schön wie für Ron Foxcroft. Kein Wunder – der Kanadier ist der Erfinder und Hersteller dieses Pfeiftons, der die Sportwelt erobert hat. Täglich verkauft seine Firma Fox 40 International aus Hamilton bei Toronto 11000 dieser Trillerpfeifen. Auch bei der WM in Brasilien wird das Modell Fox 40 im Einsatz sein – vom Fußballverband Fifa empfohlen. Das ist wohl die beste Werbung. „Wir müssen keine Prominenten dafür bezahlen“, sagt Gründer und Firmenchef Ron Foxcroft. „Alle wollen unsere Pfeife.“



Wenn der deutsche WM-Schiedsrichter Felix Brych während der kommenden Wochen in Brasilien seine Pfeife benutzt, handelt es sich wahrscheinlich auch um die Fox 40. Die Fifa empfiehlt das Modell.

Bevor er vor 27 Jahren die Fox 40 entwickelte, die heute in etwa 140 Länder exportiert wird, gab es nur die Pfeife mit der Gummi- oder Korkkugel. „In allen großen Sportstadien, wo ich hinging, versagte die Pfeife mit der Kugel immer wieder“, erzählt der 68-jährige Unternehmer, der auch als professioneller Baseball-Schiedsrichter im Einsatz ist. Foxcroft passierte das in jungen Jahren regelmäßig. Ein Vorfall während der Olympischen Spiele in Montreal 1976 ärgert ihn heute noch. „Ich war Schiedsrichter im Basketball-Endspiel zwischen Jugoslawien und den USA, und die Kugel blieb in einer kritischen Phase des Spiels im Schlitz der Trillerpfeife stecken.“ Niemand hörte den Ton.

Foxcroft schwor sich, eine verlässlichere Pfeife zu bauen. Er holte sich Unterstützung von einem Ingenieur und einem wissenschaftlichen Experten für Tontechnik. Nach dreieinhalb Jahren und Investitionen von umgerechnet 100000 Euro war es 1984 so weit: Zwei Prototypen, die ganz ohne die verhängnisvolle Kugel auskamen, aber drei Luftkammern hatten, waren fertig. Foxcroft reiste damit durch Kanada, die Sportläden hatten jedoch kein Interesse. „Ich verkaufte keine einzige Pfeife.“

Dann kamen 1987 die Panamerikanischen Spiele in Indianapolis, wo Foxcroft als Schiedsrichter arbeitete und seine Chance witterte: „Wir Schiedsrichter waren in einem Wohnheim untergebracht. Um zwei Uhr nachts blies ich meine kugellose Trillerpfeife. Alle Schiedsrichter wachten auf und kamen herbeigerannt, denn der Pfeifton war großartig“, erzählt er begeistert. An jenem Tag habe er Bestellungen für 20000 Schiri-Pfeifen zu vier Euro das Stück erhalten. „Das deckte meine Entwicklungskosten auf einen Schlag“, sagt der Kanadier.

Der nächtliche Einsatz hatte sich gelohnt. Unter den Schiedsrichtern waren nämlich Polizeibeamte, Sporttrainer und Rettungsschwimmer. Auch dort setzten sie bald die neue Trillerpfeife ein. Dies hatte Folgen: Nach und nach übernahmen alle Sportligen, -verbände und –vereine die Fox 40, die heute meistverkaufte Sportpfeife der Welt. „Wir schickten die Fox 40 einigen der besten Schiedsrichter zu, und sie liebten sie“, sagt Foxcroft. „Denn unsere Pfeife versagt nie, sie erzeugt einen Ultraschall und ist leicht zu blasen.“ Ihr Pfeifton geht selbst durch Betonwände, und mit einer Lautstärke von 124 Dezibel kann sie auch bei großen Menschenansammlungen und in einer Distanz von 1,5 Kilometern gehört werden. Die alten Trillerpfeifen mit der Kugel hätten nur rund 80 Dezibel erreicht, erzählt Foxcroft.

Foxcroft stellt seine Trillerpfeifen in Hamilton in der Provinz Ontario aus unverwüstlichem ABS-Kunststoff her, der auch für Telefongehäuse verwendet wird. Anstelle von Leim werden die gegossenen Formen mithilfe von Ultraschall zusammengeschweißt. Die drei Teile der Trillerpfeife bestehen aus dünnen Plastikelementen, sogenannten Energizers, erklärt Foxcroft. „Wenn das Ultraschallhorn geblasen wird, werden diese Plastikelemente erhitzt.“ So lange, bis sie leicht schmelzen und miteinander verbunden werden können.

Da die Ultraschallmaschinen teuer sind und kein Produkt außerhalb Kanadas produziert wird, ist die Fox 40 nicht billig: In Deutschland wird sie für rund acht Euro verkauft. Obwohl Foxcroft chinesische Fälscher zu schaffen machen, laufen die Geschäfte gut. „Wir erzielen seit unserer Gründung jedes Jahr einen substanziellen Gewinn“, sagt er. Seine Firma beschäftigt 50 Mitarbeiter und 100 Vertreter, sie exportiert mittlerweile 90 Prozent der Produktion. Ein großer Teil des Gewinns gehe in die Forschung und Entwicklung sowie in die Weiterbildung der Mitarbeiter, sagt Foxcroft. Und der Nachwuchs ist schon in der Firma, sein Sohn Dave ist Präsident des Familienunternehmens.

Die Trillerpfeife hat auch die Ausrüstung von Sicherheits- und Rettungspersonal, Soldaten und Polizeibeamten und vor allem von Rettern auf dem Wasser verbessert. Im Gegensatz zu herkömmlichen Trillerpfeifen funktioniert die Fox 40 auch, wenn sie mal ins Wasser gefallen ist. Und sie eignet sich für Erdbebengebiete, da ihr Ton auch durch Betontrümmer dringt. Die ursprüngliche Fox 40 wird nun in einer verbesserten Classic-Version verkauft. Das Mundstück ist mit einem bequemen Kunststoffpolster ausgestattet. „Sind Sie nicht stolz, dass Sie diese Trillerpfeife erfunden haben?“, wurde Ron Foxcroft gefragt, als er die NBA-Spiele in den USA im Fernsehen verfolgte und alle drei Schiedsrichter die Fox 40 benutzten. Das Gefühl sei schwierig zu beschreiben, sagte er. „Wenn ich ihren Ton höre, kommen mir fast die Tränen.“

Tagesblog - 5. Juni 2014

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17:30 Uhr: Ich verabschiede mich mit Massenmord in den Feierabend:




Lifehack gegen Fruchtfliegen: Nützlich!

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16:40 Uhr:
Chilly Gonzales hat ein Klavierbuch für ambitionierte Anfänger geschrieben. Und der Kollege Max Fellmann hat es besprochen. Für Menschen wie mich, die Fans sowohl von Chilly Gonzales (sehr) als auch von Max Fellmann (auch ziemlich) sind, natürlich ein Fest!

Chilly Gonzales – Othello

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16:30 Uhr:
Ich habe mir dieses Eis eher aus sportlichem Ehrgeiz gekauft.





Um dies tun zu können:





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14:53 Uhr:
Wenn der Mindestlohn kommt, sagen Firmen, können sie sich Praktikanten nicht mehr leisten. Wir haben uns gefragt, wie schlimm das wäre. Also haben wir den waspraktikantenverdienen.tumblr.com gestartet. Wir wollen damit herausfinden, wie es wirklich ist als Praktikant in Deutschland. Was hast du in deinen Praktika gelernt? Was hast du dabei verdient? Was musstest/durftest du tun? Konntest du Kontakte knüpfen? Erzähl es uns - anonym natürlich. Hier gibt's vorher noch einen winzigen Text dazu.





++++

13:39 Uhr:
Vom Mittagessen kommen und dies auf dem Schreibtisch finden: nicht so schlecht.




Was Neues, mit was Altem drauf.

Deshalb, und als neuerlichen Willkommensgruß an Christina:

http://www.youtube.com/watch?v=Cf0X7QuK4LI&feature=kp
Sehr schnell, diese Version ...

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12:41 Uhr:
In einem früheren Tagesblog habe ich mal behauptet, die widerlichsten Sätze würden mit "Als ich heute Morgen laufen war ..." beginnen. Heute behaupte ich: In den dümmsten kommt "Ich habe ja nix zu verbergen ...", "Die sammeln doch nur Metadaten ..." oder "Aber Google ist ja viel schlimmer ..." vor.

Friedemann Karig hat da einen - wie ich finde sehr klugen - Text zu geschrieben. Mit dem verabschiede ich mich zum Mittagessen.





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11:48 Uhr:
Kenne das sonst nur vom Kollegen Stremmel. Weiß aber nicht, ob der beim Pumpen auch so schaut ...

http://www.youtube.com/watch?v=9eEoIStETNE

Sieht in euren Augen professionell aus? Ein amerikanisches Magazin behauptet, Obama würde quasi alles falsch machen.

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11:12 Uhr:
Nicht schlecht: "Preußen-Paule" wirft alles über Bord, wofür sein Name steht, und macht sich auf, die holde Anna zu retten. Bis ein verstörender Anruf eingeht ... Teil 7 unserer Kettengeschichte von jetzt.de-User Volere.





Und alle, die erst noch Teile nachlesen müssen, bitte hierlang.

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9:55 Uhr:
Ein Glück also, dass die ganz ganz ganz ganz ganz wunderbare Kollegin Waechter endlich wieder bei uns ist! Herzlich willkommen daheim!





9:44 Uhr:
Eben von der Kollegin diesen Link zum abgesagten Prince-Konzert in Berlin bekommen. Und von einer anderen einen Online-Zähler, der mir zeigt, wie alt ich im Verhältnis zu anderen (jüngeren) Menschen bin. Für mich an der Grenze zum Mobbing!

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9:26 Uhr:
Gleich zwei Wörter im heutigen Ticker, die ich lange nicht gehört habe, über die ich mich aber sehr freue: "schnurzpiepegal" und "Drückeberger". Um letztere geht es. Was kannst du eigentlich, magst aber nicht?




Typisches Betätigungsfeld von Drückebergern: Fahrradkette, herausgesprungen. Hier als "Vorher" bebildert.


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9:15 Uhr:
Guten Morgen liebes jetzt.de. Noch einmal schlafen, dann fahre ich nach Wien. Und dann noch einmal schlafen, und ich sehe zum ersten Mal Prince live. Schon geil!

http://www.youtube.com/watch?v=86_dQ9y3lbQ
Etwas verwirrend natürlich, dass er gerade aussieht wie das Weight-Watchers-Nachher von Lenny Kravitz, der wiederum ja gerade aussieht wie die Burger-Nachher von Prince. Pop-Musik: Ein immerwährender Zyklus!

Gespaltenes Land

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Seoul – Das linke Bein im Gips, den Arm in einer Schlinge, um den Kopf einen Verband: Die junge Frau vor dem Rathaus von Seoul krümmt sich vor Schmerzen. Spricht man die Pantomimin an, deutet sie auf ihren Mundschutz: Sie dürfe nicht reden. Ihre Freundinnen sammeln Unterschriften gegen die „Inkompetenz und Korruption der Regierung“ von Südkoreas Präsidentin Park Geun Hye. Fünf Millionen Unterstützer hat die Bürgerinitiative schon, zehn Millionen sind ihr Ziel.



Auf einer Demonstration im Mai fordern Studenten den Rücktritt der Präsidentin.

Die Wut der Koreaner über den Untergang der „Sewol“ hat nicht nachgelassen, ihre Trauer auch nicht. 16 Opfer sind noch nicht geborgen; vorige Woche ist ein zweiter Taucher im Wrack umgekommen. Auf dem Rasen vor dem Rathaus liegen tausende gelber Papierschiffchen, symbolische Rettungsboote. Auf Millionen gelber Schleifen, die an Bäumen und Stangen hängen, haben Menschen ihr Mitgefühl notiert. Und überall Blumen. Ein großes Polizeiaufgebot bewacht den Platz. Das erinnere sie an die Diktatur, meint eine ältere Koreanerin. Eine Studentin behauptet, Angehörige umgekommener Mittelschüler würden überwacht.

In dieser gespannten Atmosphäre hat Südkorea am Mittwoch seine Stadt- und Provinzparlamente neu gewählt, dazu die Bürgermeister und Gouverneure. Die Wahlbeteiligung betrug 57 Prozent, so hoch war sie bei Lokalwahlen seit 1995 nicht mehr. Die Medien hatten die Wahlen zum Misstrauensvotum über Präsidentin Park erklärt. Die Staatschefin hatte sechs Anläufe und mehr als einen Monat gebraucht, um sich explizit für die Versäumnisse des Staates zu entschuldigen, die das Unglück möglich gemacht hatten. Die Tränen, die der sonst kalten Staatschefin dabei kamen, nahm man ihr nicht ab. „Krokodilstränen“, kommentierten sogar staatstreue Medien.

Südkorea ist ein gespaltenes Land. Die meisten Jungen wählen die Demokraten, die derzeit in der Opposition sind, die Älteren Parks konservative Saenuri-Partei. Der Südwesten ist fest in demokratischen, der Südosten in konservativen Händen. Im Kommunalwahlkampf beschworen beide Seiten die Wähler, wie bisher könne es nicht weitergehen. Die Demokraten hofften, Park mit einer Klatsche zu schwächen. Die Konservativen baten die Wähler um ein Mandat für Parks begonnene „Erneuerung“ – die sie allerdings nicht näher definierten. Park hat bisher kein Wahlversprechen eingelöst, etwa die „Demokratisierung der Wirtschaft“. Nach ersten Analysen der Wahlbeteiligung hat die Fährkatastrophe auch jüngere Leute von der Politik abgestoßen.

Die „Sewol“ war nach einem Umbau nicht mehr seetauglich. Zudem führte sie das Dreifache der zugelassenen Fracht mit, und die Mannschaft war schlecht ausgebildet. Die Behörden wussten das, drückten aber beide Augen zu. Der Reeder, der einst eng mit der Militärdiktatur verbandelt war, ist flüchtig. Wenige Tage vor den Wahlen mobilisierte Park 50000 Polizisten, um ihn zu finden. Sie löste die Küstenwache auf, entließ ihren Premier und den Spionagechef. So versuchte sie, eine Schlappe abzuwenden. Ihre Saenuri-Partei rief vor allem die älteren Wähler auf, „Korea nicht aufzugeben“, sondern an die Urne zu gehen, um Park zu helfen.

Nach Hochrechnungen am Mittwochabend dürfte Saenuri fünf der wichtigsten Bürgermeister- und Gouverneursposten halten, die Demokraten fünf gewinnen, unter anderem die Hauptstadt Seoul. Sieben Rennen fielen für die Hochrechner zu knapp aus. Damit zeichnet sich kein klarer Sieger ab. Das Image des Milliardärs Ahn Cheol Soo, eines Mediziners und Internetunternehmers, der noch vor zwei Jahren als Lichtgestalt der Jungen gefeiert wurde, ist verblasst. Seit er seine Wahlorganisation mit den Demokraten zur „Neuen politischen Allianz für Demokratie“ (NPAD) fusioniert hat, wirkt er wie ein gewöhnlicher Politiker.

Südkorea ist nicht nur in Generationen und Regionen gespalten, sondern auch in ein neues und ein altes Korea. Das alte Korea von Park Chung Hee, dem Vater der Präsidentin, war rau und korrupt. Es erzwang das Wachstum mit dem Brecheisen, dabei kam es zu vielen Pannen und Unfällen. Das war der Preis des Fortschritt. Das neue Korea ist jung, sanfter und urban. Es hat keine Erinnerung an die Diktatur und vergleicht sich mit den Demokratien des Westens. Die Danwon-Mittelschule in Ansan, aus der meisten Opfer der Fährkatastrophe stammten, ist Teil dieses neuen Koreas. Sie liegt in der Provinz Gyeonggi außerhalb von Seoul in einem grünen Wohnviertel und wurde erst vor neun Jahren eröffnet. Auch hier hängen tausende gelber Schleifen. Doch nach den Hochrechnungen hat hier der Vertreter von Saenuri, des alten Korea, die Wahl zum Gouverneur gewonnen.

Die jetzt.de-Kettengeschichte, Teil 7

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Was bisher geschah: Die Tankstellen-Angestellte Anna ist nach einem seltsamen Besuch von zwei seltsamen Gestalten vor ihrem öden Job und ihrem akribischen Chef Paul Wisselmann aka "Preußen-Paule" geflohen - auf einem Traktor. Ihr Ziel: Das Mensch-ärgere-dich-nicht-Turnier, bei dem Annas großer Schwarm Gerwin Gewinner antritt. Dort ist Anna einer guten Fee begegnet, die sie in die seltsame, märchenhafte Welt des Turniers entlassen hat. Etwa zeitgleich erwacht Preußen-Paule in seinem Geheimversteck unter der Tankstelle, in dem er eigentlich über Anna wachen wollte, und sinniert über die seltsamen Ereignisse des Abends nach.

Alle vorigen Teile der Kettengeschichte kannst du übrigens hier nachlesen. Und hier kommt Teil
7 von jetzt-User Volere:



Nie wieder Preußen-Paule. Der Gedanke erscheint in seinem Kopf ohne Vorwarnung. Ohne dass er weiß, woher die Gewissheit kommt, weiß er, dass Preußen-Paule gestorben ist. Vor Zehn Minuten ist er aus der Tankstelle gestürmt und hatte sich ohne nachzudenken in sein Auto gesetzt. In dem Moment, als er den Zündschlüssel umdrehte, war Preußen-Paule verschwunden. Ab heute gibt es nur noch Paul. Einfach nur Paul.

Der Wagen rollt durch die Nacht. Oder eher durch den gerade beginnenden Morgen, wie Paul findet. Obwohl es immer noch stockfinster ist, hat Paul das Gefühl, Nacht sei der falsche Begriff. Es ist die Uhrzeit, in der die Kunden in der Tankstelle immer so einen komischen Gesichtsausdruck bekommen. Als ob sie wüssten, dass alles, was sie jetzt noch machen, außer schlafen, auf eine bestimmte Weise falsch ist. Zumindest ist das die Erfahrung, die er gemacht hat, als er die Nachtschichten in der Tankstelle noch selbst übernommen hat. In seiner Anfangszeit im Tankstellengeschäft. Jetzt hat er ja Anna. Wobei „hat“ komisch klingt. Natürlich hat er Anna als Mitarbeiterin, aber irgendwie hört es sich falsch an. Als wenn er sich dafür schämen müsste, zu glauben, er würde Anna besitzen. Als sei es frivol von ihm, sich nicht eine andere Formulierung für diesen Gedanken zu überlegen.

Er schiebt den Gedanken beiseite und blickt auf die Straße. Um ihn herum herrscht dunkle Leere. Bis auf den Lichtkegel vor seinem Auto und die Sternen am Himmel. Als er losgefahren ist, hat er noch keinen richtigen Plan gefasst. Er weiß nur, dass er dem Traktor folgen muss. Das hört sich im ersten Moment nach einem guten Plan an, da der Traktor ziemlich laut ist. Als er aber jetzt nach dem Geräusch horcht, hört er nichts außer seinem Auto. Theoretisch hätte er den Trecker schon längst eingeholt haben müssen.

Paul hält den Wagen am Rand der Landstraße an. Er schaut in die dunkle Nacht hinaus und überlegt. Ach Paule, mein kleiner Held. Das ist die Stimme seiner Mutter, in seinem Kopf. Er ist wieder zehn und steht im Garten. Bekleidet mit einem Betttuch und einer ausgeblichenen grünen Badehose. Das Betttuch hat er sich als Umhang umgebunden. Seine Mutter steht vor ihm und lächelt. Doch Paule erkennt sofort die Verzweiflung hinter ihrem Lächeln. Es ist die Verzweiflung darüber, dass ihr Sohn in einer Welt lebt, in der es Helden gibt. In der Welt seiner Mutter gibt es keine Helden, nur harte Arbeit. Ihre Welt besteht aus Nachtschichten, zu wenig Geld und dem schlechten Gewissen darüber, ihrem Sohn kein besseres Leben bieten zu können. Seit Paul denken kann, mussten sie sparen.

Paul öffnet die Augen. Was macht er eigentlich hier? Was stellt er sich vor? Einfach losfahren und als großer Retter Anna vor...ja, vor wem eigentlich retten? Jetzt, wo er drüber nachdenkt, weiß er nicht einmal, ob er die Tankstelle abgeschlossen hat. Was ist bloß in ihn gefahren? Wie kann er so fahrlässig mit den Dingen umgehen, die er sich in den letzten Jahren aufgebaut hat?

Er schreckt auf, da es in seiner Hosentasche vibriert. Er ist so erschrocken, dass er es fast nicht schafft, sein Telefon aus der Tasche zu bekommen. 

Er starrt auf das Display und es dauert etwas, bis er realisiert, was er da sieht. Auf dem Display steht „Anna“. Er muss sich dazu zwingen, das Telefon an sein Ohr zu halten. Erst hört er nur das Rauschen und Knistern, doch dann ist Anna da und sagt: „Hilf mir“.

Du willst wissen wie es weitergeht? Teil 8 der Kettengeschichte erscheint am Donnerstag, den 12.06.

10 Gründe, warum Überwachung gar nicht so schlimm ist

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 1. Überwachung gab´s schon immer


 Die Geschichte der Überwachung beginnt ja streng genommen mit Maria und Josef, die wegen einer repressiven staatlichen Überwachungsmaßnahme (aka Volkszählung) nach Betlehem mussten. Seitdem haben viele Staaten ihre Bürger oder die Bürger anderer Staaten überwacht. Im kalten Krieg war das demokratische Deutschland dann als Frontland „das am meisten überwachte Land der Welt“, so der Historiker Josef Foschepoth. Aber hat uns Überwachung jemals geschadet?

Nein! Gar nicht! Kein bisschen! Zumindest nicht, wenn man mal alle Diktaturen der Geschichte außen vor lässt, die oft als arglose Demokratien anfingen. Jüngere Beispiele in unserer Geschichte: die Unterdrückung durch die Stasi sowie das dritte Reich, das nur mit Hilfe weitreichender Überwachung existieren konnte. Und dessen Genozid an den Juden von einer niederländischen Volkszählung Anfang der 1930er profitierte, bei der die gesamte Bevölkerung mitsamt ihrer Konfession erfasst wurde. Weil dieses Register den Nazis in die Hände fiel, war die Todesrate unter niederländischen Juden mit 73% die höchste in ganz Europa.[1] Warum soll staatliche Datensammelei jetzt auf einmal schlecht sein?

2. Unser Geheimdienst macht so etwas nicht


Die meisten Enthüllungen betreffen die Überwachungspraktiken der NSA sowie ihrer Verbündeten in Großbritannien. Unsere Geheimdienste hingegen sind brav. Die halten sich an die Regeln, die sind keine Datenkraken. 

Ja, unser Geheimdienst macht so was nicht. Er ist brav. Man könnte auch sagen: Er muss brav sein, weil ihm die Mittel zu vergleichbarer Überwachung fehlen. Deswegen möchte der BND, wie kürzlich bekannt wurde, 300 Millionen Euro, um endlich „auf Augenhöhe“ zu den anderen Geheimdiensten beispielsweise soziale Netzwerke überwachen zu können. Das ist sinnvoll, argumentiert der BND, denn wenn man den Amerikanern nichts bieten kann, arbeiten die nicht mehr mit uns zusammen. Wenn wir ihnen keine Daten liefern, bekommen wir auch keine von ihnen. Und wie soll der BND dann seine Beschränkungen hinsichtlich der Überwachung deutscher Bürger umgehen?
 

3. Die sammeln nur Metadaten


Die Geheimdienste lesen nicht unsere E-Mails und hören unsere Telefonate ab. Naja, das machen sie natürlich auch. In erster Linie jedoch interessieren sie sich für die so genannten „Metadaten“, auch „Verbindungsdaten“ genannt. Also nicht worüber, sondern wann ich mit wem wo wie lange spreche. Das ist ja nicht schlimm, oder?

Nein, gar nicht, diese Daten sind total harmlos! Nehmen wir mal eine Studie der Universität Stanford: Obwohl ihre 546 Probanden sich monatelang per App freiwillig überwachen ließen, konnten die Forscher über sie nur so unnütze Informationen wie Cannabis-Anbaupläne oder unheilbare Krankheiten gewinnen. Eine Probandin telefonierte erst ziemlich lange mit ihrer Schwester, dann mehrmals mit einer Abtreibungsklinik. Die Forscher grübeln bis heute, was sie wohl vorhatte. Das Fazit der Studie lautete: „Phone metadata is highly sensitive.“ Denn Metadaten verraten so viel über uns wie ein sehr, sehr guter Detektiv, der uns pausenlos beschattet.
   

4. Ich habe eh nichts zu verbergen


Und wenn schon, dann sollen sie mich eben ausforschen und abhören. Ich habe nichts zu verbergen! Außer vielleicht den Daten, die auf meiner Gesundheitskarte gespeichert sind, meinen maroden Finanzen, dem Eintrag wegen Kiffen damals, den Anrufen bei der Hotline für ihrwisstschonwas. Aber das interessiert doch alles niemanden! Und es ist rein statistisch gesehen doch auch recht unwahrscheinlich, dass ich zu einem bedauerlichen Einzelfall werde wie Andrej Holm: monatelang ohne Anlass überwacht und schließlich auf Grund lächerlicher Verdachtsmomente (er ließ ironischerweise aus Angst vor Überwachung sein Handy zu Hause, wenn er sich mit anderen verdächtigen Personen traf) von einem SEK aus der Wohnung geholt und für drei Wochen in Untersuchungshaft genommen. So was passiert doch mir nicht! Oder?

Vielleicht muss ich gar nichts ausgefressen haben, um mein Recht auf Geheimnisse zu schätzen. Vielleicht kenne ich das ungute Gefühl, beobachtet zu werden. Unsere Bundestagsabgeordneten jedenfalls scheinen es zu kennen. Die haben sicher auch nichts zu verbergen (außer Sebastian Edathy). Als wegen des Edathy-Falls aber herauskam, dass ihre Kommunikationsdaten drei Monate lang gespeichert werden, haben sie die Speicherfrist auf sieben Tage begrenzt, das ging ganz zügig. Vielleicht glauben sie den vielen Studien, denen zufolge Überwachungsdruck zu konformistischem, ängstlichem Verhalten führt. Und vielleicht lag das Bundesverfassungsgericht nicht ganz falsch, als es schon 1997 erkannte, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung „einen über das Individualinteresse hinausgehenden Gemeinwohlbezug“hat. Sprich: Es geht nicht darum, ob man etwas zu verbergen hat. Sondern darum, dass man in einer Demokratie etwas verbergen darf. Sonst ist es keine Demokratie.

5. Wir müssen uns vor Terroristen schützen


Die New Yorker wissen: Überwacht man nicht ordentlich, hat man irgendwann ein großes Loch in der Stadt. Die Bedrohung durch Terroranschläge, die nicht nur in den USA seit 9/11 jede Attacke auf Grundrechte rechtfertigt, ist riesig. Überwachung rettet also Leben. Sicherheit geht vor Freiheit. 
Verblüffend einfache Argumentation! Und das Beste daran ist: Sie funktioniert in jeder Realität: Bleibt jahrelang alles relativ ruhig (so wie jetzt), dann verdanken wir das der massenhaften Überwachung. Knallt es doch, brauchen wir natürlich mehr Überwachung, um das zukünftig zu verhindern. Aber wenn man die Bedrohung durch Terroranschläge mal in Relation zu anderen Bedrohungen unserer gefährlichen Zeit setzt, wird es spannend: In Großbritannien starben von 2000 bis 2010 jährlich im Schnitt fünf Menschen durch Terror, fünf durch Insektenstiche – und dreißig ertranken in ihrer Badewanne. No-Fun-Fact: Im „War on Terror“ in Afghanistan starben 2010 mehr als hundert Briten (PDF). Und wie viele Terroranschläge konnten durch Überwachung verhindert werden? Für wie viele solcher Fahndungserfolge haben wir Beweise? Genau, fast null. Keine staatliche Maßnahme kostet so viel Geld und bleibt in der Wirkung so mysteriös wie Überwachung. Sie macht also weder sicher noch frei.

[seitenumbruch]




6. Google, Facebook und Co. sind noch viel schlimmer


Okay, die Geheimdienste sammeln unsere Daten, ohne dass wir etwas dagegen tun können. Aber sind wir nicht selber schuld? Immerhin geben wir den Datenkraken Google, Facebook und Co. unsere Daten sogar freiwillig. Warum regen wir uns also eigentlich über die NSA auf? Profitgetriebene Konzerne sind doch viel bedenklicher als die Geheimdienste.  

Richtig, die Konzerne sind schuld! Auch wenn sie uns nur Werbung für Potenzmittel und nicht ins Gefängnis schicken können. Oder betreibt Google mittlerweile auch Gefängnisse? Schlägt man den Konzern mit seinen eigenen Waffen und googelt „Google Gefängnis“, autovervollständigt die Suchmaschine zu „Gefängnis Guantanamo“. In Guantanamo sitzen ohne jedes Gerichtsverfahren seit mehr als einem Jahrzehnt Menschen, die von der Überwachungsmaschinerie als gefährlich eingestuft wurden. Manche davon sind nur wegen einer Verwechslung dort, was die USA aber trotz aller NSA-Intelligenz scheinbar nicht aufklären kann oder will. Und dort ist es nicht besonders angenehm, sagt zumindest Google: Guantanamo bekommt bei 135 Erfahrungsberichten nur 3,3 Sterne.

7. Die Geheimdienste werden schon wissen, was sie tun


Die sind ja nicht irgendwer. Das sind ja immerhin Geheimdienste mit viel Geld und Wissen. Die kennen sich aus, die bauen keinen Mist.

Viel Geld haben sie, stimmt. Aber Wissen? Unser Geheimdienst namens BND ist so fit, dass er jahrelang nicht bemerkte, wie die Amerikaner unsere Kanzlerin abhören (und das ganze restliche Volk). Oder er wusste es, hat aber nicht mal der Kanzlerin davon erzählt. So oder so: Auf unsere Geheimdienste kann man sich verlassen!
 

8. Der Untersuchungsausschuss klärt das auf


Mag sein, dass der BND da nicht immer tiptop informiert war. Aber das ist ja jetzt auch nicht mehr so wichtig. Denn zum Glück ist Deutschland eine funktionierende Demokratie. Und wie in einer Demokratie üblich, soll jetzt ein Untersuchungsausschuss klären, was an den Snowden-Dokumenten dran ist. Der wird schon herausfinden, ob es wirklich Grund zur Sorge gibt.  

Stimmt, es gibt einen Untersuchungsausschuss. Der darf die Snowden-Dokumente aber nicht lesen. Das behauptet zumindest ein Gutachten amerikanischer Juristen, welches die Bundesregierung den Ausschussmitgliedern als Lektüre empfahl: Schon das Lesen der Dokumente erfülle den Tatbestand des Geheimnisverrates. Die neugierigen Parlamentarier könnten in Amerika angeklagt werden. In anderen Dokumenten, die immerhin offiziell vorliegen, wurden 12 von 15 Seiten komplett geschwärzt. Und die zuständigen Regierungsstellen und Geheimdienste haben nach eigener Auskunft nicht mehr als „Zeitungswissen“. Snowden selbst könnte man befragen, aber nicht hier, denn erstens käme das in den USA nicht so gut an, zweitens könne man laut Bundesregierung nicht einmal für seine Sicherheit garantieren. In Moskau jedoch warten, so Hans-Christian Ströbele, „die Richtmikrofone des russischen Geheimdienstes“. Angesichts dieser mangelhaften Beweislage trat der erste Vorsitzende des Ausschusses, Clemens Binninger (CDU), schon zurück. Der hat wenigstens verstanden, was unser Innenminister Thomas de Mazière, per Schwur unseren Grundrechten verpflichtet, kürzlich noch einmal klar stellte: „Die Beziehungen zwischen Deutschland und den USA sind wichtiger als das Informationsinteresse eines Ausschusses.“ Diese Aufklärung scheint also bis jetzt eher Ausschussware.

9. Immerhin wird jetzt dagegen ermittelt


Der Generalbundesanwalt Range wollte zwar erst nicht, aber jetzt ermittelt er. Er geht dem amerikanischen Spähangriff auf das Kanzlerinnenhandy mit einem formalen Ermittlungsverfahren auf den Grund.

Ui, der Generalbundesanwalt! Ja, er ermittelt, der Shitstorm nach seiner ersten Unlustäußerung war wohl zu groß. Aber er fahndet nicht gegen die NSA oder den BND, sondern nur gegen die paar fehlgeleiteten Amerikaner, die Merkels Handy abgehört haben. Für den Rest „fehlen die Indizien für einen Anfangsverdacht“, sagt er. Edward Snowden und alle seine Vertrauten behaupten übrigens, kein Generalbundesanwalt hätte sie je dazu kontaktiert.   

10. Man kann eh nichts dagegen tun


Selbst wenn man irrigerweise etwas gegen die grundrechtsverletzende, freiheitsraubende, demokratiezersetzende Überwachung hat: Widerstand ist zwecklos. Warum auf die Straße gehen oder seinem Abgeordneten schreiben? Warum sich verdächtig machen, wenn man eh keine Chance hat? Die da oben machen doch sowieso, was sie wollen! 

Stimmt leider, meistens. 1983 sollte das ganze deutsche Volk gezählt werden. Darauf hatten unsere Eltern und Großeltern aber kurz vor der verheißungsvollen Jahreszahl „1984“ keine Lust. Sie gingen massenhaft demonstrieren und strengten 500 Verfassungsklagen an. Gegen Datensammelei, gegen einen orwellschen Staat. Und siehe da, die Volkszählung wurde ausgesetzt. Das Bundesverfassungsgericht formulierte das berühmte „Recht auf informationelle Selbstbestimmung“, bis heute weltweites Vorbild für Datenschutz als Grundrecht.
Vielleicht hat Monaco Franze mal wieder Recht: „A bisserl was geht immer.“
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