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Zuhause

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Einmal kam ich in ein Haus
Das schien leer
Niemand zuhause
Es stand wohl schon
Länger so dort
Drinnen bemerkte ich 
Es bräuchte nur eine
Türe, doch die fehlte
Niemand kam 
Herein und niemand
Kam mehr heraus
Es bräuchte nur
Ein Fenster
Zum schauen
Doch auch das
Fehlte dort
Selbst kein Vogel
Oder Regentropfen
Konnte an die Scheiben 
Klopfen
Der Wind zog oft vorbei
Und auch der hätte gerne
Mal an Türen und Fenster
Gerüttelt, aber die fehlten ja
Ich konnte Laut sein wie ich
Wollte, es war immer Leise
Es war ein leeres stilles Haus
Mit mir darin, ich hätte gerne
Mal an Wände geklopft
Nur um zu lauschen ob jemand
Zurück klopft, doch auch die
Wände fehlten und trotzdem
War es eng und so hart und kühl
Am Boden 
Doch der fehlte ja auch
Die Sonne schien nicht hinein
Sie blieb einfach draußen
Es gab keinen Grund 
Hinein zu schauen
Es war Zu in mir
Ich selber hatte mich Ein und
Ausgeschlossen und stand
In einen leeren Raum
Und der Schlüssel der keine
Türe hatte konnte nicht
Aufschließen
So vergingen Jahr und Tag
Jahrhunderte
Doch in dem Haus das kein
Haus war verging die Zeit nicht
Nur in meinen Träumen
War ich Frei und dann
Öffnete ich einfach 
Meine Augen
Denn ich träumte 
Das die Türe die keine war 
Und der Schlüssel der
Keine Türe hat offen
Stand
Ich stand nun 
Draußen wo jeder
Mich sehen konnte
Es war mir total unangenehm
So einfach ins Leben geworfen
Zu sein so Zerzaust und ohne Farbe
Glich ich wohl einem Gespenst
Und so huschte ich von Haus
Zu Haus und mir wurde klar
Das ich an Türen klopfen musste
So wie ich war
Das war das Schwierigste
Überhaupt denn oft bekam
Ich kein Wort heraus und bekam
Nur Kopfschütteln als Antwort
Ich begann die Strassen und 
Häuser zu verlassen
Denn es wohnten dort nur
Leute die ihre Ruhe haben wollten
Wahrscheinlich war ich dort nur
Von Grabstein zu Grabstein gelaufen
Wie es Gespenster wohl tun
Ich wollte Lachen aber es ging nicht
Ich wollte Weinen aber es ging nicht
Ich wollte Leben aber es ging nicht
Zwischen den Häusern und Städten
Die nur Bewohnt waren und die 
Menschen fehlten
Eine Welt ohne Menschlichkeit
Ich rief mit Stummen Blicken
Was keiner hörte oder sah
Wie waren die Freude die
Liebe und Schönheit verteilt
Musste ich noch lange Suchen
Was ich fand war nur ein endlos
Schwerer Stein den alle anschoben
Keiner hatte Zeit obwohl soviel Zeit
Verging auch das Aufschauen schien
Zu schwer noch schwerer als der Stein
Schwere Zeiten nannten sie das
Wer den Stein nicht am rollen hielt
War kein Mensch in ihren Augen
Wie komisch mir das vorkam doch
Genauso komisch kam ich ihnen vor
Also ging ich weiter immer weiter
Über Wiesen und Felder
Tag ein Tag aus
Ich begann mit den Vögeln
Zu Singen aß mit den Eichhörnchen
Ich spielte mit dem Wind
Und der trug mich über 
Klippen und Berge
Ich lehnte an Bäumen und
Schlief nur noch so
Die Bäume erzählten
Uralte Geschichten
Die Tiere und Pflanzen
Behandelten mich mit Respekt
Ihnen kam ich niemals komisch vor
Und sie mir auch nicht obwohl 
Sie redeten
Wir lachten und weinten
Zusammen haben uns
Gefürchtet aber auch soviel
Mut gefühlt
Dann sollte ich aufstehen
Und Gehen ich wollte nicht
Ich war da um den Menschen
Zu finden doch der war mir schon
Fast egal geworden
Ich wollte in der Natur bleiben
Bei meinen Freunden den Pflanzen
Und Tieren
Doch Mutter Natur konnte mir nicht mehr
Weiter helfen 
Sie hätte mir alles gesagt
Was es zu Sagen gäbe
Und wenn ich bliebe würde
Wieder alles beginnen zu Schweigen
Keine Vögel und Blumen die Sangen
Keine Sonne die wärmte und schien
Kein Wind der erzählte und tanzte
Denn ich würde Sterben ohne andere
Menschen
Und so setzte die Natur
Mich ganz vor die Türe
Ich begann zu Schreien
Zu Weinen zu Leben
Den ersten Menschen
Den ich traf
War ich Selber
Meine Ängste flogen
Mit den Vögeln davon
Dieser uralte zu 
Schwere Mantel waren sie
Und der Schwarm löste sich
Allmählich auf und meine
Gedanken kehrten zurück
Manchmal meldet sich noch
Das Gespenst und dann kichern
Wir zusammen
Ich und Mutter Natur
Sie lehrte mich das ich mehr
Bin als ich dachte oder wusste
Mit den Tieren und Pflanzen
Zusammen bin ich erst
Mensch

Was mir das Herz bricht: Schlechte GoPro-Videos

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Seit einigen Jahren ist es des Individual- Extrem- und Trendsportlers zweitliebste Beschäftigung, sich bei der Ausübung seiner liebsten Beschäftigung selbst zu filmen. Auslöser dafür waren die Erfindung und rasante Verbreitung der GoPro, einer kleinen Kamera mit Wasser- und schlagresistentem Gehäuse, die sich so gut wie überall leicht anbringen lässt, egal ob an einem Fahrradlenker, einem Snowboard oder einem Helm. Diese Kamera ist vergleichsweise erschwinglich, leicht zu bedienen und das ideale Gimmick für den Sportler in der Selfie-Gesellschaft. Vor allem die Skipisten sind voll von Ski- und Snowboard-Teletubbies: Menschen, die einen Helm tragen – was grundsätzlich zu loben ist –, und auf diesen Helm eine GoPro-Kamera montiert haben – was sie aussehen lässt wie einen Teletubby: ziemlich bescheuert.  

Aber ums Aussehen soll es hier nicht gehen. Sondern um die vielen Tausend, ach was, Millionen von Videos, die die Teletubbies produzieren. Sie tragen Titel wie „Kaunertal Trip 2013“oder „Mayrhofen with the Boyz“. Und sie zeigen größtenteils: stümperhaften Schrott. Schrott mit Herzensbrecherpotenzial.  


Knack!

Das Traurige daran ist die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit, die darin so offensichtlich wird. Man hört dramatische Filmmusik, die eine halsbrecherische Abfahrt von schroffen Gipfeln in Alaska perfekt untermalen würde, jetzt aber leider drei überhaupt nicht halsbrecherische Pflugbögen eines Skitouristen aus Bottrop begleitet. Für den mögen sich die Pflugbögen toll angefühlt haben. Aber objektiv betrachtet sie sind es nicht, und das wird noch an einer anderen Stelle sehr deutlich: an der Zahl der Aufrufe, die unter dem Video steht. Gibt es etwas Traurigeres als ein Video, das nur 14 Mal angeklickt wurde (wobei wahrscheinlich vier der 14 Klicks vom Filmer selbst stammen), obwohl theoretisch die ganze Welt als Publikum parat steht? Nirgends wird die Tragik des Durchschnittlichen deutlicher als in solchen GoPro-Youtubevideos.  

Diese Filmchen sind umso schlimmer, je aufwendiger sie gemacht sind. Oft sieht man dann, was sie so gerne wären, man sieht die großen Vorbilder durchschimmern. Die Hobbyfilmer bedienen sich nicht selten derselben Zutaten wie die Stars in ihren tollen Extremsportvideos: möglichst coole Musik, der Film im Takt geschnitten, ab und an ein bisschen Zeitraffer (von der Liftfahrt) oder Zeitlupe (vom Sprung). Sie zitieren das Ideal, weil die Technik es ihnen leicht macht. Nur macht die Technik sie nicht zu guten Skifahrern und den 20-Zentimeter-Sprung, den man in Zeitlupe sieht, nicht zu einem 20-Meter-Sprung. Und so machen die Filme nur umso deutlicher, wie groß der Unterschied zu den Vorbildern ist.  

Natürlich ist dieser Unterschied völlig okay. Niemand muss beim Skifahren 20 Meter weit springen, niemand muss sich mit dem Skateboard in eine Fünf-Meter-Halfpipe stürzen. 20 Zentimeter oder ein Ollie auf den Bürgersteig können einen schon sehr glücklich machen. Das ist auch sehr gut so. Aber die Tatsache, dass der 20-Zentimeter-Sprung auf Youtube gelandet ist, zeigt ja: Dieser Typ ist auf die 20 Zentimeter ein bisschen stolz. Der findet sich und seinen Sprung gut, er will seine Begeisterung für seinen Sport in Bewegtbild übertragen und das Woah-Geil-Gefühl, das er beim Fahren hatte, mit der Welt teilen, damit es noch ein bisschen stärker werden kann.

Irgendwann aber wird ein gehässiger Youtube-Kommentator oder ein ehrlicher Mensch ihm sagen, dass sein Video nicht sonderlich beeindruckend ist sondern eher würstchenhaft. Dem stolzen Menschen wird die Realität vor Augen gehalten, und das nächste Mal, wenn er einen 20-Zentimeter-Sprung macht, wird er sich daran erinnern und wissen: Was sich hier gerade so wahnsinnig super anfühlt, ist objektiv betrachtet nicht so super. Und das wird ihm, wenn er nicht ein enormes Selbstbewusstein hat, einen Teil des Spaßes an seinem Sport nehmen, den er doch so sehr liebt, dass er seine Begeisterung filmen und mit der Welt teilen wollte.

Und das ist dann echt richtig traurig.

Amerika

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Wo die Häuser so hoch wie Berge -
und die Berge so hoch wie Riesen sind,
Bäume so alt,
wie die Nation jung,
Landschaften so weit,
wie Gräben tief.
Amerika, schönes Land,
ob ich es jetzt gesehen habe oder nicht
bleibt sich gleich.

180

Mit Lachflash nach Brasilien

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Die Achterbahn-Oma
Etwas einfach mal ausprobieren – daraus entsteht oft der größte Spaß. Das findet auch die holländische Oma, die in unserem Video angeblich das erste Mal in ihrem Leben in eine Achterbahn steigt. Es ist eine Riesengaudi: Sie fängt schon beim Losfahren an zu kichern. Super!

http://www.youtube.com/watch?v=NQBUChBG98Q

Wir müssen Platz sparen
Ernster und politischer ist dieses Video vom Journalisten Friedemann Karig. Er erklärt in der sechsten Folge seines Videoblogs die Absurdität der deutschen und europäischen Flüchtlings- und Asylpolitik. Gut finde ich, dass er dabei auch auf die Phrasen eingeht, die man in dieser Debatte immer wieder hört. Und zwar von "fliegendem Teppich" (die NPD hatte das auf einem Wahlplakat stehen) bis "Alle wollen Hartz IV". Lohnt sich.

http://www.youtube.com/watch?v=TSC8quZAZpw

Fake Drake
Ich hab ja immer Angst, dass mir das irgendwann passiert. Dass jemand mit Kamera kommt und ich sagen muss, wie ich irgendeinen Rapper finde. Und mir dann auch noch so viele Suggestivfragen gestellt werden! Jimmy Kimmel, der US-amerikanische Late-Night-King, hat Drake himself losgeschickt, um ein paar Leute darüber zu interviewen, wie sie ihn denn so finden – ist natürlich lustig geworden, weil sogar der größte Fan Drake nicht gleich erkennt. Bei 1:38 geht’s richtig los.

http://www.youtube.com/watch?v=LGcMYWT30XQ

Katzenkampf
Es gibt Typen, die mit Katzen posieren, um irgendwie süß zu wirken. Dieser Gitarrenspieler will das Gegenteil – einfach spielen, ohne Katze. Die kommt aber wieder. Und verteidigt ihren Platz auf seinem Schoß. Der Typ schubst sie weg, spielt weiter seine E-Gitarre, die Katze ist genervt, fängt an zu beißen – irgendwann kann er sich ihr eben doch nicht mehr erwehren.

http://www.youtube.com/watch?v=fnB6I_H8Xig

Der Brasilien-Check
Und schließlich nehmen wir euch heute noch mit nach Brasilien. An die Copacabana, von wo Olli Schulz berichtet. In Brasilien wird ja die Fußballweltmeisterschaft stattfinden. Olli interviewt in unserem letzten Video deshalb Einheimische, kostet brasilianische Spezialitäten und schießt sogar ein Tor, als er mit der lokalen Mannschaft trainiert. Klar irgendwie, dass da was faul sein muss. Ist zwar Werbung, aber witzig.

http://www.youtube.com/watch?v=wlWpoeJlMMU

Wegweiser zur spirituellen Praxis

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Ein Zug ohne Passagier fährt um sonst. Betrachten Sie das nicht als Botschaft, sondern als Klang. Spiritualität liegt in der Vergangenheit. Wenn man sie in Angriff nimmt, zeigt sich uns nur ein Kino, ohne Vertiefung. Wenn ein Mensch stirbt, soll man nicht die Lücke füllen, sondern die Leere zulassen. Wir betrachten Spiritualität oft als nebenher. Doch Spiritualität ist nicht göttlich. Von Gott ist die Welt. Sie ist flüchtig und bestimmt eher unser Ziele, die wir dirrekt nicht haben. Sie ist nicht kurzweilig, sondern langweilig. Durchaus die Hölle, in einer milden Form. Gerade die Wirklichkeit, wird wirklich kalt. Wie eine Leiche. Was wird von diesem Text bleiben? Nichts! Aber Spiritualität ist nicht feiern, lesen oder arbeiten. Nur wenn wir über Spiritualität wissen, das es sie nicht gibt, kann Mutmaßlichkeit gewinnen. Spiritualität geht oft in der Wirklichkeit unter. Manchmal ist sie der Kick ohne Droge. Trotzdem verbinden wir mit Spiritualität das erreichen geradezu gelassenen Glücks. Wir sind alle als erstes Spirituelle. Wir müssen alle sagen wir sind Spiritualisten. Alles Andere ist Ablenkung davon. Wir können dem Anderen nur gerecht werden, wenn wir zu einer besonderen Erkenntnis dazu, als Spiritualisten kommen. Wir sind immer das Kind. Umso erwachsener wir anders werden umso kindischer werden wir in der Spiritualität. Das müssen wir uns wirklich eingestehen. Was wäre wenn Sie diesen Text schreiben, würden sie daraus genauso profitieren, wie einer der ihn liest.


  Michael Josef Sommer 

Schaufensterkritik: verkannt extravagant

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Friseure gibt es ja in dieser Kolumne immer wieder. Anscheinend herrscht in der Branche eine ganz besondere Gabe für die kreative Gestaltung. Allerdings: Einen Friseur, der in seinem Schaufenster echte und falsche Pflanzen mischt, gut aussehende junge Männer auf Schwarz-Weiß-Fotos vor vergilbte Gardinen hängt und (das ist ein Zitat!) „extravagante Lampen“ in Eigenherstellung anbietet, von denen eine tatsächlich aus künstlichen rosafarbenen Orchideenblüten besteht, hatten wir noch nicht. Gibt es nicht? Doch, in der Tengstraße.

Undeutbare Zeichen

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Vor Wochen haben wir zusammen fernsehn geschaut. Ich hab dir von einem Jungen erzählt mit dem ich was hatte.
Und dann sagst du mir jetzt du verstehst ihn jetzt. Nichts passiert. Und nein ich bin nicht schuld. 

Kon

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Fangen wir mit der Wachheit an. Es läuft Daheim ist Daheim. Es ist die bayrische Sprache, wie ein Künstlerradierer. Die Katze meldet Ansprüche an. Der Kaffee leer. Musik ist in der Sucht: Erst schöne, dann schreckliche. Doch habe ich auch versucht zu schlafen. Wie schlafen eigendlich die Giraffen. Wie der Tag endet, wurde er auch ein bisschen begonnen. Was ein Problem sein kann. In der Nacht wird das perfektioniert. Haben Sie schon einmal versucht, mit ihren Träumen zu arbeiten.

  Michael Josef Sommer 

344

344 - Hell on Wheels, well on heels

04 / 2014

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Verloren ist der Verlust.


Gewonnen der Frust.


Die Gedanken im Karussell.


 


Verloren ist der Frust.


Gewonnen der Verlust.


Die Gedanken im Karussell.


 


Das Karussell gewinnt an Fahrt.


Gewonnen ist der Verlust.


Gedanken bringen Frust.

Roarrrbrummkreiiiisch!

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Ich wurde erlöst! Es hat fast eineinhalb Jahre gedauert, aber nach 16 Monaten ist die Baustelle im Hinterhof endlich verschwunden. Keine Bagger mehr, die ab sieben Uhr morgens die Reste abgerissener Mauern mit großem Krach in riesige Container fallen lassen (die um sechs mit fast genauso großem Krach angeliefert wurden). Keine sich über das Geschrammel des Zementmischers hinweg anschreiende Bauarbeiter mehr. Und auch keine riesenhaften Baustoffsilos mehr, die vor meinem Zimmerfenster stehen und abwechselnd brummen und zischen. Herrliche Ruhe!



Yeah, gegenüber wird gebaut!

Noch mehr Ruhe haben jetzt allerdings alle meine Freunde, die ich in den vergangenen Monaten mit meiner Baustellen-Klage genervt habe. Wie laut das sei! Dass ich nicht schlafen und nicht denken könne und dass ich nicht verstehen könne, warum die Bauarbeiter immer schon um sieben mit der Arbeit anfangen, wo ich doch erst um acht aufstehen muss! Dass ich jetzt aber echt mal Mietminderung beantragen müsse! Dass ich es schon wieder nicht geschafft habe, Mietminderung zu beantragen! Und immer so weiter. Stoisch ertrugen sie meine stammtischartigen Ich-will-doch-nur-in-Ruhe-wohnen-Tiraden, bei denen ich mich selbst fühlte, wie eine grantelnde 60-Jährige (aber ich kann halt nicht so gut im Lärm). Innerlich schwor ich mir, alle ihre Baustellensorgen ebenso tapfer mitzutragen, sollten sie jemals welche haben. Und eigentlich hat ja jeder mal welche.

Immer wieder taucht irgendjemand irgendwo mit dunklen Augenrändern auf und brummelt was von "Dachstuhl" und "Ausbau". Oder jemand postet bei Facebook im Halbschlaf einen wütenden Status zur "scheiß Kernsanierung im Nachbarhaus", für den er sich später, wenn er wach ist, ein bisschen schämt (aber dann sind schon zehn Solidaritäts-Kommentare drunter). Und jeder kennt lustige Baustellen-Anekdoten. Die Oma einer Freundin zum Beispiel freute sich immer so über den Hausbau auf dem Nachbargrundstück, weil dabei so schöne Männer oben ohne im Rohbau rumturnten. Und die eine WG, die als letzte noch im Haus bleiben konnte, das komplett umgebaut wurde, hat es geliebt, immerzu laut sein und Partys feiern zu können.

Hast du auch schon mal auf/neben/unter/über einer Baustelle gewohnt? Wie war das so? Kennst du schöne Baustellen-Anekdoten? Und wie doof findest du Baustellen-Gejammer – oder machst du gerne dabei mit?

Tagesblog - 17. April 2014

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17:26 Uhr: Alle Eier sind gelegt, bemalt und versteckt, heißt: alles vorbereitet für die Ostertage. Ich mache jetzt Feierabend. Wer mag, kann hier trotzdem weiter über deutsche Großstädte und Drinks diskutieren (Ginger Beer übrigens: geil! Auch und vor allem in Drinks!).

Am Dienstag empfängt euch an dieser Stelle die zauberhafte Charlotte Haunhorst. Und ebenfalls am Dienstag gibt es eine kleine Überraschung für den jetzt-Kosmos. Was, verrat ich aber noch nicht. Verbringt die Feiertage rätselnd und vorfreuend! Bis dann und natürlich: frohe Ostern!

++++

17:10 Uhr:
Habt ihr auch immer so schlimmern Beamer-Neid? Also, auf Menschen mit Beamer, die auf ihrer Wohnzimmerwand Filme gucken? Ich ja schon. Jetzt kann ich aber vielleicht bald selbst einen Beamer haben. Einen ganz kleinen zumindest. Anne hat nämlich einen Trick aufgetan, wie man sich sowas für fünf Euro selbst bauen kann, und im Lifehack erklärt sie ihn.

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15:52 Uhr:
Ich mag die Gedichte von eha ja, da muss ich immer kichern. Gut, dass der unter die Lyriker gegangen ist. Grade erst das von gestern entdeckt. Es heißt "Amerika".

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15:00 Uhr:
Meine Facebook-Timeline war die vergangenen Tage voll mit Links, die einem angezeigt haben, welche Menschen aus der eigenen Freundesliste die NPD oder Nickelback liken. Dorian hat sich darüber sehr aufgeregt und "Hexenjagd, Hexenjagd!" gerufen, Jan fand's cool und hat "Witzig, witzig!" gerufen und wir haben dann "Schreibt's auf, schreibt's auf!" gerufen. Haben sie gemacht. Kann man hier lesen, im neusten Fall für zwei.




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14:29 Uhr:
Gender-Time! Habe grade eingehend dieses Bild studiert, das aus einer Umfrage zum Thema "Der perfekte Frauen- bzw. Männerkörper" unter britischen Männern und Frauen erstellt wurde. Die "accroding to men"-Seite fällt insgesamt...üppiger aus.




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14:05 Uhr:
Das BKA hat seinen neusten Drogenbericht veröffentlicht und die Zahl der Drogentoten in Deutschland ist wieder gestiegen - 1002 Rauschgiftopfer gab es 2013 (2012 waren es 944). Allerdings steigt das Alter, in dem Menschen hierzulange an Drogen sterben, seit Jahren an. Und: Crystal Meth ist immer noch auf dem Vormarsch.

Wenn es um Drogen geht, muss ich immer daran denken, wie ich mit etwa 13 "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" gelesen habe und das zu früh war. Jedenfalls hatte ich danach viele schlechte Träume. Nach dem Film noch mehr. Und habe später, als das Internet in mein Leben kam, leider auch viel zu viel Zeit damit verbracht, in Drogenforen zu lesen. Aber vielleicht war das auch heilsam und ich bin deswegen ein recht drogenunaffiner Mensch geworden. Und bei euch so? Irgendwelche Drogenerfahrungen, die ihr teilen wollt?

++++

13:05 Uhr:
Juhuuu, eine neue Folge "Meine Straße"! Diesmal hat Mercedes Line getroffen, die ihr die Haimhauser Straße gezeigt hat. Die ist vor allem schön, weil es drumrum so schön ist. Da gibt es zum Beispiel das Rationaltheater, das sie auch erwähnt, und da ist es toll. Das weiß ich, ich war schon öfter da (und ich bin in München selten irgendwo, geschweige denn auch noch öfter). Was sonst noch so alles super ist, an der Haimhauser und der Gegend, lest ihr hier.




++++

12:25 Uhr:
Warum ich nicht zum Internetlesen komme? Wegen krassem Osterfeiertagevorbereitungsstress! Wir haben euch nämlich so gern, dass wir euch auch über die Feiertage zumindest ab und zu mal einen Text servieren wollen, aber das will ja alles organisiert sein, damit wir trotzdem daheim Eier suchen können. Hier mal ein Blick in die Redaktion, damit ihr sehen könnt, wir Osterfeiertagevorbereitungsstress aussieht:



Das ist übrigens gleichzeitig ein Ratebild. Denn: Eine Person auf diesem Foto simuliert die Geschäftigkeit nur. Wer errät, wer er ist, gewinnt...äh...dass ich ihm ein Herzchen auf die Pinnwand poste! (Ich bin nämlich auch ein bisschen beleidigt, dass hier heute keiner kommentiert, darum zwing ich euch jetzt einfach dazu!)

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12:13 Uhr:
Ich komme heute nicht so richtig dazu, das Internet durchzulesen. Aber eine Sache ist mir doch begegnet: Ein lustiger Text aus dem Boston Magazine, in dem die Autorin davon erzählt, wie sie versucht hat, Macaulay Culkin zu interviewen. Wir erinnern uns: Macaulay Culkin war mal "Kevin allein Zuhaus" und Kinderstar, heute hat er eine Band, die sich "The Pizza Underground" nennt und ausschließlich über Pizza singt, so:
http://www.youtube.com/watch?v=GgIEdaOHryc
Die Autorin des Boston Magazine schickte also eine Interviewanfrage an Culkins Agentin, die antwortete, er gebe keine Interviews, möglich seien aber "5 – 7 questions via email (pizza-themed of course)". Hat die Autorin dann gemacht. Pizzafragen geschickt. Zum Beispiel: "If a lady pizza married a man pizza and had a pizza baby, should they put the pizza baby in showbiz and take all his money?" Oder "Has pizza ever slept with Lindsay Lohan?" Dann wurde sie beschimpft. Und bekam keine Antworten. Schade.

Dafür aber hier noch mal für alle mein liebstes Macaulay-Culkin-Pizza-Video (unbedingt bis zum Ende schauen - oder einfach nur das Ende schauen):
http://www.youtube.com/watch?v=9pzm1lQX0qU

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11:24 Uhr:
Alle tragen Bärte. Das bedeutet, dass bald alle keinen Bart mehr tragen werden. Ergibt keinen Sinn? Ergibt vol Sinn! Denn der "Peak Beard" ist erreicht und Jakob erklärt, was das heißt, für die Gesichtshaarmode.



Als Chris eben dieses Foto, das den Bart-Text illustriert, aus dem Augenwinkel gesehen hat, sagte er: "Huch, ich dachte gerade, das sei Jan Böhmermann." Bitte?

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09:37 Uhr:
Eines meiner liebsten Themen wird heuten im Ticker verhandelt: Baustellen-Anekdoten! Wie sehr habt ihr schon unter Zementmischmaschinen und Kreissägen gelitten? Ich habe sehr lange inmitten einer Baustelle gewohnt und im Tickertext (gestern Abend geschrieben) behauptet, das sei jetzt endlich vorbei. Aber heute Morgen war dann das vor meiner Haustür:



Neverending Baustellen-Story! Aber wenigstens ist es jetzt nur noch eine klitzeklitzekleine Baustelle. Mit klitzekleinen Geräten.

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09:26 Uhr:
Sorry, kann immer noch nicht losarbeiten, muss erstmal DRINGEND die Seite 3 in der heutigen SZ lesen - weil da nämlich ein Friedrich-Liechtenstein-Porträt drauf ist! Ihr wisst schon - der mit dem Edeka-Werbespot. Wirklich sehr, sehr geil, dass er so prominent platziert wurde.




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09:16 Uhr:
Guten Morgen, liebes jetzt.de! Bin ein bisschen spät dran heute, entschuldige bitte. Hat aber einen total schönen Grund - gestern war Release Party der neuen Ausgabe von "Das Buch als Magazin"! Das Konzept dieses Heftes ist: Vorne ein literarischer Originaltext (diesmal die "Traumnovelle" von Arthur Schnitzer) und dahinter journalistische Texte, die dazu passen. Ich finde ja, dass das die schönste Idee ist, seit es Ideen gibt, und sie wird umgesetzt vom tollen Peter Wagner (ehemaliger, langjähriger jetzt-Superrredakteur) und der tollen Joanna Mühlbauer (jetzt-Magazine-Superartdirektorin). Plus: Das neue Cover leuchtet im Dunkeln (habe leider kein Beweisfoto, aber stimmt echt)! Naja, jedenfalls habe ich heute Morgen so lang geschlafen wie ging, wegen Bier. Jetzt erst Mal den Nebel aus dem Kopf kriegen.

Fragen an die US-Regierung

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Die Bundesregierung will von den USA weitere Informationen für den Fall der eventuellen Festnahme und der dann möglichen Auslieferung Edward Snowdens. Aus diesem Grund sollen die USA ihr im Juli 2013 erstelltes Festnahmeersuchen präzisieren. Berlin will deshalb in Kürze der US-Administration eine Verbalnote zukommen lassen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung und des NDR soll die US-Seite insbesondere den Tatvorwurf genauer erläutern.



Was genau werfen die USA Edward Snowden vor? Darüber möchte die Bundesregierung präzise Infornationen erhalten.

Auch soll auf diesem Weg geklärt werden, ob Snowden im Falle eines Prozesses in den USA vor ein Sondergericht käme und ob ihm eventuell die Todesstrafe drohen würde. US-Offizielle hatten wiederholt erklärt, Snowden müsse eine solche Strafe nicht fürchten. Dies will Berlin nun schriftlich haben. Die USA haben im Sommer vergangenen Jahres den Whistleblower vor allem wegen des Verdachts des Geheimnisverrats angeklagt und suchen ihn weltweit per internationalem Haftbefehl.
Mit dem neun Monate alten Festnahmeersuchen beschäftigten sich in den vergangenen Wochen intensiv das Auswärtige Amt, das Bundesinnenministerium, das Bundesjustizministerium und das Kanzleramt. Das Ersuchen soll in juristisch wichtigen Punkten zu unbestimmt und nicht eindeutig genug formuliert sein.
Die Bitte um Präzisierung steht offenbar im Zusammenhang mit dem Antrag der Opposition im NSA-Untersuchungsausschuss, die Snowdens als Zeuge laden will. Union und SPD hatten durchgesetzt, dass zunächst die Bundesregierung bis zum 2. Mai eine Stellungnahme abgeben soll, unter welchen Umständen eine solche Befragung möglich sei.

Die Regierung möchte offenbar unter allen Umständen verhindern, dass Snowden nach Deutschland kommt. Dies wird unter anderem von Unionspolitikern damit begründet, in diesem Fall müsse die Bundesregierung einem Auslieferungsersuchen der USA stattgeben. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hatte sich im Vorjahr in einem Gutachten nicht so eindeutig geäußert und das „freie Geleit“ ins Spiel gebracht. Letztlich könne diese Frage nur „anhand des konkreten Einzelfalls entschieden werden“, hatten die Bundestagsjuristen gemeint.

SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte in diesen Tagen gesagt, er habe die Sorge, dass Snowden bei einer Reise nach Deutschland Gefahren ausgesetzt wäre, die auch die Bundesregierung nicht überschauen könne. Er spielte damit auf einen möglichen Zugriff der US-Geheimdienste an, sollte Snowden Moskau verlassen. Gabriel erinnerte an die erzwungene Landung der bolivianischen Präsidentenmaschine im Juli 2013 in Wien. Damals hatten die US-Dienste den früheren NSA-Mitarbeiter an Bord vermutet. In SPD-Kreisen wird das Szenario diskutiert, die USA könnten mit Kampfjets eine Snowden-Maschine, die auf dem Weg nach Deutschland sei, etwa über dem Gebiet Polens zur Landung zwingen. Gabriel schlug vor, die Mitglieder des Untersuchungsausschusses könnten Snowden in Moskau als Zeugen befragen.

Politiker der Linkspartei und der Grünen warfen der Regierung „Hasenfüßigkeit“ vor. Die Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, machte in einem Zeitungsinterview den Vorschlag, Snowden mit der Maschine der Kanzlerin in Moskau abzuholen. Dieses Flugzeug werde von niemandem zur Landung gezwungen werden.

„Ich bin gern bereit, vor dem Untersuchungsausschuss auszusagen und knüpfe dies grundsätzlich an keine Bedingungen“, ließ sich Snowden durch seinen Anwalt Wolfgang Kaleck für den Ausschuss-Vorsitzenden Patrick Sensburg (CDU) zitieren. Allerdings müsse vorher schon die Frage der Sicherheit Snowdens geklärt werden.

Putins rechte Freunde

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Wenn Wolen Siderow auf den Westen schimpft, kennt er keine Gnade. Seit Bulgarien Lidl-Supermärkte, Shell-Tankstellen und Raiffeisen-Banken ins Land gelassen hat, dazu Weltbank und Internationalen Währungsfonds, ist die Heimat „kolonial versklavt“. So jedenfalls sieht es Siderow, Chef der Partei Ataka (Angriff). „Nach dem Mauerfall lebten wir in der Illusion, der Westen wolle nur das Beste. Das war ein Irrtum: Tatsächlich kamen sie unter dem Deckmantel der westlichen Demokratie alle nur zu uns, um zu rauben und zu plündern“, sagt Siderow, der mit seinem scharfgeschnittenen Gesicht etwas von einem Falken hat und sein Büro im Zentrum von Sofia mit einer unkonventionellen Mischung aus Ikonen und Ölbildern, antiken Gewehren und Säbeln schmückt.



Russlands Präsident Putin findet auch in Europa Unterstützer für sein Vorgehen in der Ukraine

Bulgariens Politiker seien an dem Zustand mitschuldig, schließlich träten – außer ihm – alle regelmäßig zum Rapport beim US-Botschafter in Sofia an. Als Teil des Osmanischen Reiches habe Bulgarien einst unter dem „türkischen Joch“ gelitten, sagt Siderow, heute leide sein Land unter der „oligarchischen Weltmafia“, sprich: USA und EU. Auch im eigenen Land sieht er Feinde, „vor allem zigeunerische Diebe, Vergewaltiger und Mörder“. Siderows Rezept: mehr Polizisten, eine Aufrüstung der Armee, die Verstaatlichung zentraler Industriezweige, Religionsunterricht in der Schule sowie Volksabstimmungen über einen Austritt aus Nato und EU.

Nur für ein Land hat Siderow, der mit seiner 2005 gegründeten Ataka-Partei im Parlament ein wichtiger Machtfaktor ist, immer gute Worte übrig: „Wir Bulgaren fühlen uns traditionell mit Russland verbunden.“ Ohne Atakas Duldung wäre im Sommer 2013 eine moskaufreundliche Regierung nicht ins Amt gekommen; zuletzt stimmte Ataka Anfang April für ein Gesetz, die eine Erdgaspipeline des Gazprom-Konzerns durch Bulgarien der EU-Aufsicht entziehen soll. Und falls Bulgarien bei einer weiteren Zuspitzung der Ukraine-Krise schärfere EU-Sanktionen gegen Russland mittragen sollte, will Siderow „alles für den Sturz dieser Regierung tun“.

Seine russlandfreundliche Botschaft verbreitet Ataka im ärmsten EU-Land mit einem für eine kleine Partei erstaunlichen Aufwand. Im ganzen Land werben Plakate mit Siderows Konterfei für Atakas Fernsehsender Alfa – ein Luxus, den sich sonst keine Partei leisten kann. Viele Beobachter gehen davon aus, dass Russland Ataka finanziert. Siderow bestreitet dies: „Wir haben nie Geld von Russland oder von russischen Firmen bekommen und tun dies auch heute nicht.“ Ataka bekomme nur Geld vom Staat, etwa 1,6 Millionen Euro im Jahr.

Ein Diplomat in Sofia ist nicht überzeugt: „Allein die Werbekampagne der letzten Monate kostet schon mehrere hunderttausend Euro – von den Kosten für den Fernsehsender ganz zu schweigen.“ Fest steht, dass Ataka Moskau bedingungslos unterstützt und Parteichef Siderow dort auch bei besonderen Anlässen zu Gast ist, so beim 60. Geburtstag von Präsident Wladimir Putin Anfang Oktober 2012. Empfangen wurde Siderow von Parlamentspräsident Sergej Naryschkin, wie Putin ein KGB-Veteran.

In der Ukraine-Krise wettert Putin oft gegen die angeblich in Kiew jetzt regierenden „Nationalisten, Neonazis, Russophoben und Antisemiten“. Dabei nutzt der Kreml selbst seit Jahren Ultranationalisten und Rechtsradikale als politische Werkzeuge. In Russland ließ Putin schon Ende 2003 den Ultranationalisten (und heutigen Vizepremier) Dmitrij Rogosin die rechtsextreme Partei Rodina (Heimat) aufbauen. Putin griff auch das gegen den Westen gerichtete Konzept einer Eurasischen Gemeinschaft auf, das der Ultranationalist Alexander Dugin entworfen hat, seit 2010 Fakultätschef für Soziologie an Russlands angesehenster Hochschule, der Moskauer Lomonossow-Universität.

In Russland arbeiteten auch rechtsradikale Gruppen wie die Russische Nationale Einheit (RNE) seit Jahren mit offenkundiger Duldung oder gar Hilfe des Geheimdienstes, sagt Nikolaj Mitrochin von der Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen. „Für den Kreml und den Inlandsgeheimdienst FSB sind Rechtsradikale, die oft paramilitärisch ausgebildet sind, nützlich, weil sie die Ideologie russischer Größe und Expansion teilen und sowohl in Russland wie außerhalb einsatzbereit sind.“ Zu ihnen gehört offenbar auch Pawel Gubarew, der sich Anfang März in der ostukrainischen Stadt Donezk zum „Volksgouverneur“ ausrief und mit der Kampagne für einen Anschluss der Ostukraine an Russland begann.

Gubarew war schon 2002 RNE-Mitglied, wie Fotos und Videos belegen, die der Wissenschaftler Mitrochin zusammengetragen hat. In Donezk wurde Gubarew kaum verhüllt von russischen Geheimdienstlern betreut. Mittlerweile verzichtet Moskau mitunter schon auf jede Tarnung. Die Rodina-Partei etwa brüstete sich am 15.April, in Absprache mit den Separatisten seien Parteimitglieder nach Donezk geeilt, um ihnen beizustehen und die Rodina-Flagge zu hissen.

In Europa nutzt der Kreml nicht nur Ataka-Chef Siderow für seine Zwecke, sondern auch die französische Rechtsradikale Marine Le Pen oder Ungarns neofaschistische Jobbik-Partei, sagt Anton Shekhovtsov, der Europas Rechtsradikale und ihre Kreml-Kontakte am University College in London erforscht. „Putin weiß, dass Europas Mainstream-Parteien ihn immer wegen mangelnder Demokratie oder Menschenrechtsverletzungen kritisieren werden. Die Rechtsradikalen dagegen stimmen mit Putins autoritärem, sozialkonservativem Regierungsmodell überein, sie wollen wie er die EU schwächen – und sie sind etwa in Frankreich oder Ungarn stark im Aufwind“, so Shekhovtsov.

Außer bei Ataka sieht der Londoner Wissenschaftler auch bei Jobbik oder dem Front National „Indizien, dass sie von Moskau mitfinanziert werden“. So sei der Jobbik-Funktionär und EU-Abgeordnete Béla Kovács auch Schatzmeister einer Allianz europäischer Rechtsradikaler. Kovacs habe am MGIMO studiert, der Kaderschmiede russischer Agenten und Diplomaten und pflege gute Kontakte nach Moskau.
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In der Ukraine-Krise sichern Moskaus nationalistische Verbündete die Kreml-Propaganda ab. „US-Stiftungen haben in der Ukraine fünf Milliarden Dollar in extremistische Gruppen wie Swoboda oder Prawy Sektor gesteckt“, sagt etwa Ataka-Chef Siderow. „Die neue ukrainische Regierung hat gesagt, dass sie Russen und Juden töten muss.“ Beide Behauptungen sind frei erfunden.

Zudem, so Siderow, sei die Ukraine „eine künstliche Staatsgründung“ – eine Formulierung, die am 9. April auch Jobbik-Parlamentarier Tamas Gaudi Nagy vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zum Besten gab, unterstützt von einem T-Shirt mit der Aufschrift „Die Krim gehört legal zu Russland!“ Jobbik, Front National und Ataka schickten auch „Wahlbeobachter“, die am 16. März das Referendum über die illegale Annexion der Krim als „hundertprozentig in Übereinstimmung mit europäischen Standards“ priesen. Im Oktober 2014 dann können Europas Radikale gemeinsam über ihre Unterstützung für den Kreml beraten: Dann lädt die rechtsradikale Rodina-Partei Europas Ultranationalisten zum Russischen Nationalforum nach Sankt Petersburg.

Der Feind im Freund

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Sie wollte es nicht, von Anfang an. Verena war 16, als es anfing, während eines Schulprojekts an einem norddeutschen Gymnasium. Es ging um Erste Hilfe, und anfangs vertrug sie sich auch gut mit dem Betreuer, einem Sanitäter, der 20 Jahre älter war. Sie ließ sich ein auf sein Drängen, schlief mit ihm, ohne zu ahnen, was bald kommen würde. „Er rief aus dem Auto an und sagte: Ich fahre jetzt gegen den Baum, wenn wir uns nicht sehen“, sagt Verena, die in Wirklichkeit anders heißt. Da hatte sie schon nein gesagt. Beweisen kann sie das nicht– wie auch, es gibt keine Zeugen. Als er sie wieder bedrängte, rannte sie davon, er holte sie zurück, das Messer in der Hand. Dann schliefen sie miteinander. Verena kann einige solcher Szenen erzählen, zwei Jahre ging das so, bis sie endlich den Mut fasste, Schluss zu machen – und ihn anzuzeigen. Jahre später. Die Polizistin war freundlich, die Vernehmung dauerte vier Stunden, sagt Verena. Doch am Ende wurde das Verfahren eingestellt. Dem Täter sei womöglich nicht klar gewesen, dass Verena Sex mit ihm ablehne, hieß es zur Begründung. Das Geschehene wird Verena noch jahrelang auf dem Herzen liegen.



Viele Vergewaltigungen kommen nicht ans Tageslicht, die Täter kommen ohne Strafe davon

Wer eine Frau vergewaltigt, bricht ein in ihr Leben, ihren Körper, ihr Intimstes. Die Furcht, vergewaltigt zu werden, ist eine Urangst, eine, vor der Frauen (und auch Männer) geschützt sein wollen. Die Zahlen, die nun das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) ermittelt hat, sind auch deshalb so beängstigend: Wer sexuelle Gewalt anzeigt, hat immer schlechtere Chancen, dass auf die Anzeige ein Urteil folgt. Vor zwanzig Jahren erlebte noch gut jede fünfte Frau (21,6 Prozent), dass ein Täter verurteilt wird, im Jahr 2012 geschah dies nur noch in jedem zwölften Fall (8,4 Prozent, siehe Grafik). Im Klartext: Angezeigte Übergriffe werden immer seltener bestraft. „Diese Entwicklung ist für Frauen nicht akzeptabel“, sagt der Kriminologe und Direktor des KFN, Christian Pfeiffer.

Wie kommt es dazu? Ausgerechnet in Zeiten, in denen Täter schon anhand eines Schamhaares überführt, in denen die Ermittler mit DNA-Analyse und kleinsten Faserspuren arbeiten? Die neue Kriminaltechnik hilft enorm, Straftaten aufzuklären – warum nicht hier? Sowohl das KFN als auch Praktiker können dies noch nicht genau sagen. Aber es gibt Hinweise. Zum einen haben die Vergewaltigungen im sogenannten Nahbereich zugenommen. Das bedeutet: Der unbekannte Täter, der die Spaziergängerin in die Büsche zieht, ist seltener geworden, gestiegen ist dagegen der Anteil der Ehemänner, (Ex-)Partner und Bekannten, die sich an den Frauen vergehen. Damit aber wird die Beweislage schwieriger. Oft bestreiten die Tatverdächtigen gar nicht, mit der Frau Sex gehabt zu haben, doch sie behaupten, dies sei freiwillig geschehen. Spermaflecken und DNA-Spuren verlieren so an Gewicht.

Die neue Täter-Klientel hängt mit veränderten Gesetzen zusammen. 1997 erweiterte der Bundestag den Tatbestand der Vergewaltigung, seitdem fällt auch erzwungener Oralverkehr darunter sowie die Vergewaltigung durch den Ehepartner. Die Zahl der angezeigten Vergewaltigungen ist dadurch deutlich gestiegen, der Verdächtige häufiger bekannt. Aber erklärt dies, warum so wenige verurteilt werden? Wird die Anzeige häufiger eingesetzt als Waffe gegen den verhassten Ex-Partner? „Man kann nicht ernsthaft unterstellen, dass ein so hoher Anteil der Frauen eine Vergewaltigung erfindet“, sagt Pfeiffer. Nach den Erkenntnissen der Kriminologie ist es eher umgekehrt: Trotz der gestiegenen Zahl von Anzeigen, scheuen noch immer die meisten Frauen davor zurück, zur Polizei zu gehen.

Hier dürfte der Prozess gegen Jörg Kachelmann seine Spuren hinterlassen haben. Der Wettermoderator war vor drei Jahren nach einem quälend langen Gerichtsverfahren vom Vorwurf der Vergewaltigung seiner Ex-Freundin freigesprochen worden. „Dies hat sicher viele Frauen abgeschreckt, Anzeige zu erstatten“, sagt Sabine Kräuter-Stockton, die sich als Oberstaatsanwältin in Saarbrücken jahrelang mit Sexualdelikten befasst hat. Die Medienberichte, die intimste Details ausleuchteten, die aggressive Strategie der Verteidiger, all dies habe die Angst der Opfer wachsen lassen. Auch wenn es Aufgabe der Verteidigung sei, Vorwürfe in Frage zu stellen. Womöglich lassen die Belastungen eines solchen Prozesses Frauen auch nach der Anzeige einen Rückzieher machen. „Die Opfer informieren sich im Internet und sehen, dass es mit einer Anzeige bei weitem nicht getan ist“, sagt Kräuter-Stockton.

Eine weitere Entdeckung hält Pfeiffer für mindestens so alarmierend wie den gesunkenen Anteil der Verurteilten: Je nach Bundesland unterscheiden sich die Erfolgsaussichten einer Anzeige stark. In einzelnen Ländern führen nur vier Prozent der Anzeigen zu einem Urteil, in anderen sind es fast 25 Prozent. „Für einen Rechtsstaat ist das alarmierend“, sagt Pfeiffer. Die Länder-Namen will er nicht nennen, dies könnte Täter motivieren, dort zuzuschlagen, oder Frauen abhalten, zur Polizei zu gehen.

Ähnlich wie Kräuter-Stockton und Frauenorganisationen wie Terre des Femmes kritisiert Pfeiffer die Gesetzeslage, die Entwicklung könne mit Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zusammenhängen. Dieser hatte einen Freispruch 2006 so begründet: Dass der Angeklagte der Frau „die Kleidung vom Körper gerissen und gegen deren ausdrücklich erklärten Willen den Geschlechtsverkehr durchgeführt hat“, belege „nicht die Nötigung des Opfers durch Gewalt“. Dies habe zu einer Verunsicherung geführt, was als „Gewalt“ anzusehen sei, sagt Pfeiffer. „Es gibt Strafbarkeitslücken im Gesetz“, sagt Kräuter-Stockton. Ein Beispiel: Ein Mann, der seine Partnerin wiederholt geschlagen hat, zieht ihr die Hose herunter und schläft mit ihr, obwohl sie nicht will. Doch sie wehrt sich nicht und weint nur, aus Furcht. Dies sei keine Vergewaltigung, sagt Kräuter-Stockton. „Das hätte ich gerne im Gesetz als Vergewaltigung abgedeckt.“

Verena, die junge Frau aus Norddeutschland, schaffte es nicht, alleine mit den Übergriffen klarzukommen. Sie zog weg, brach ihr Studium ab, brauchte Psychotherapie. Wenn sie mit einem Freund unterwegs ist, ergreift sie noch heute manchmal Panik. Die Hölle mit ihrem Ex-Betreuer ist nun sieben Jahre her. Seitdem hat sie nie mehr einen Partner gehabt.

„Nur wenig Hoffnung“

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Ein schweres Schiffsglück hat am Mittwoch Südkorea schockiert. Vor der Küste des Landes kenterte eine Fähre mit 459 Menschen an Bord, die meisten von ihnen Schüler auf einer Klassenfahrt. Am Abend wurden noch immer circa 280 Personen vermisst. „Ich befürchte, es gibt nur wenig Hoffnung für die im Schiff Eingeschlossenen“, sagte ein Sprecher der Rettungsmannschaften.

Es ist 8.58 Uhr Ortszeit, als die Sewol ihren Notruf absetzt. Das Schiff befindet sich zu dieser Zeit etwa 20 Kilometer vor der südwestlichen Küste der koreanischen Halbinsel. Im Laufe von zwei Stunden dreht sich das 6800 Tonnen schwere Boot dann im Wasser auf den Rücken und sinkt, bis nur noch der Bug aus den grauen Fluten ragt. Die Küstenwache ist zunächst mit 18, später sogar 31 Hubschraubern im Einsatz. Die Marine schickt Spezialeinheiten, insgesamt sind 60 Boote im Einsatz, darunter viele Fischkutter. Allerdings behindern starke Strömungen und schlechte Sicht die Rettung – die sich im Übrigen live vor den Augen des Landes abspielt.



Nach dem Fährunglück vor der Küste Südkoreas suchen die Rettungskräfte nach Überlebenden.

Alle südkoreanischen Medien schalten am Mittwoch auf Katastrophenmodus, die drei großen Fernsehensender berichten ununterbrochen von der Insel Jindo; von dort kann man zusehen, wie die Fähre langsam versinkt. Das Fernsehen zeigt Bilder von Passagieren, die sich verängstigt in Rettungsbooten festklammern. Andere springen panisch in das zwölf Grad kalte Wasser. Wer Glück hat, wird von Fischern gerettet. Später klettern Taucher der Marine auf dem Schiffsbauch herum und klopften mit Hämmern auf die Stahlplatten – in der Hoffnung, dass Überlebende im Innern mit Klopfzeichen antworten.

Am Abend zählt das südkoreanische Sicherheitsministerium knapp 180 Gerettete, 55 von ihnen sind verletzt. Sechs Menschen werden als tot gemeldet. Die Zahl der Opfer wird am Ende aber wohl deutlich höher ausfallen. Insgesamt 324 der Passagiere sind Schüler einer High School aus Ansan unweit von Seoul, sie waren auf Klassenfahrt. Von ihnen können den Behörden zufolge zunächst nur 78 gerettet werden.
„Es ist so schmerzvoll, Schüler auf einem Schulausflug zu sehen – und dann so eine Tragödie“, sagt Südkoreas Präsidentin Park Geun Hye beim Besuch des Katastrophenzentrums in Seoul. In Ansan versammeln sich unterdessen zahlreiche Eltern, die Informationen einfordern und immer wieder versuchen, per Handy Kontakt zu ihren Kindern zu bekommen.

Am Abend werden 40 Retter ins Wrack geschickt, um nach Menschen zu suchen, die sie eingesperrt in Kajüten oder den Restaurants im Schiffsbauch vermuten. Doch die Dunkelheit erschwert die Suche.
Für die geretteten Passagiere wird in einer Sporthalle auf der Insel Jindo ein Lazarett eingerichtet. Sie berichten, die See sei ruhig gewesen, dann hätten sie einen lauten Knall gehört. Die Fähre habe gestoppt und sich sofort im Wasser geneigt. „Die Menschen rutschten alle zu einer Seite. Es war sehr schwer, rauszukommen“, berichtet ein Mann im Fernsehen. Die Crew habe die in Panik geratenen Passagiere wiederholt angewiesen, auf ihren Plätzen zu bleiben und sich nicht zu bewegen. Ein Schüler beschreibt, wie Gepäck und Warenautomaten ins Rutschen kamen: „Alle haben geschrien, und viele haben ganz schlimm geblutet.“

Nach Angaben des südkoreanischen Privatsenders YTN ist die Sewol gegen einen Felsen gefahren. Der Sender behauptet, der Kapitän der Fähre habe nicht die übliche Route gewählt. Das Sicherheitsministerium kommentiert den Bericht zunächst nicht. Man konzentriere sich derzeit auf die Rettung, heißt es. Die Suche nach der Unfallursache komme später.
Vor der Südwestküste Koreas liegen Hunderte kleiner Inseln, außerdem erschweren starke Gezeitenströmungen das Navigieren im seichten Wasser. Zur Unfallzeit herrschte überdies starker Nebel, zahlreiche lokale Fähren blieben deshalb in ihren Häfen. Auch die Sewol lief wegen des Nebels am Dienstagabend mit zwei Stunden Verspätung aus ihrem Heimathafen Incheon aus. Das 143 Meter lange Schiff wurde von einem Stellvertreter des Kapitäns geführt, der Skipper befand sich im Urlaub. Im März war eine andere Fähre der privaten Chonghaejin-Reederei vor Incheon mit einem Fischerboot kollidiert. Verletzte gab es dabei aber keine.

Südkorea ist die größte Schiffbauer-Nation der Welt. Seit dem Fährunfall der Seohae, 1993 an der koreanischen Südküste, die wegen Überladung gesunken war und 292 Menschen in den Tod riss, gab es hier kein großes Schiffsglück mehr. Der zweite große Fährunfall der Nachkriegszeit hatte sich 1970 ereignet; damals war Südkorea allerdings noch ein Entwicklungsland.

Noch spät am Abend blicken Überlebende und angereiste Verwandte der Schüler vom Hafen in Jindo verzweifelt aufs Wasser hinaus, dorthin, wo die Dunkelheit den aus dem Wasser ragenden Bug der Sewol bereits verschluckt hat.

Marschbefehl: Mode

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er Mode hängt oft der Ruf an, sie stünde den Schwulen näher als der restlichen Menschheit. Vielleicht ist es auch einfach lange so gewesen, dass die Branche um sie herum eine relativ diskriminierungsfreie Oase war – zumindest bekommt man in Jalil Lesperts Biopic „Yves Saint Laurent“ den Eindruck, es könnte so gewesen sein. Der große YSL ist zunächst noch gar nicht groß, er ist ein Junge in Paris, viel zu weit weg von zu Haus, der sich ganz familiär einfügt in die Modehaus-Welt um ihn herum, die allumfassend vom gemeinsamen Lunch im Hinterzimmer bis ins Wohngemeinschaftsartige hineinreicht. Dazwischen geht man aus, gehört zum schicken Teil der Stadt – es sind die goldenen Fünfziger. Der junge Yves hat sogar eine Frau dabei, ein Mannequin. Ob er mit der nun wirklich zusammen ist, kümmert keinen.



Pierre Niney spielt Yves Saint Laurent

Es gibt ja, von Karl Lagerfeld einmal abgesehen, der erst viel später berühmt wurde, kaum einen Designer, der so mit seinem eigenen Gesicht für seine Marke stand wie YSL: mit seinen kantigen Zügen und den kantigen Brillen. Ein viel berühmteres Gesicht als das von, sagen wir mal, Christian Dior, bei dem Saint-Laurent noch als Teenie anfing, in den Fünfzigern. Dass das so kam, dass er kein Schattendasein im Atelier führte, sondern eine schillernde, berühmte Figur wurde, dafür gibt es eine ganze Reihe von Gründen. Yves Saint Laurent war ein viel beachtetes Wunderkind just zu jener Zeit, als die Paparazzi sich gerade erfanden. Und er hat dann sicherlich zu seinen Hoch- und Glanzzeiten in den Siebzigern auch kapiert, dass die Personalisierung, das Berühmtsein, dem Geschäft sehr förderlich ist. Man fing damals auch gerade damit an, die großen Modehäuser mit erschwinglichen Nebenprodukten aus dem Gefängnis der Exklusivität zu befreien, Lippenstifte und Parfum wurden zum Hauch von Luxus für jedermann.

Wenn man darüber ein Biopic drehen will, so wie es sich der Filmemacher Lespert vorgenommen hat, dann muss man sich wohl damit abfinden, dass es ein neues Regelwerk für Kino-Portraits gibt. Es orientiert sich daran, dass heutzutage jede größere Figur greif- und googlebar ist. Das Spektakulärste an „Yves Saint Laurent“ ist dann, wie sein Hauptdarsteller die Herausforderung meistert, mit der Rolle zu verschmelzen – Pierre Niney hat das bisschen Ähnlichkeit, das er mit Saint Laurent hat, zu sehr großer Ähnlichkeit herausgearbeitet. Das liegt zum Teil an Maske und Brille, vor allem aber an Bewegung und Blick.
Sein früher Ruhm hatte vielleicht mit dem traurigen Blick zu tun. Er wurde, mit 21, nach dem Tod Diors, zum Chefdesigner des Modehauses befördert, kam nicht zurecht, begann, als ihn der Lebensgefährte Pierre Bergé (Guillaume Gallienne) schon aufgefangen hatte, eine zweite Karriere, wurde immer wieder aufgefangen von Zuneigung und Erfolg – und fing sich selbst doch nie. Gelegentlich kreuzt ein anderer junger Designer seinen Weg, von Anfang an, ein Deutscher, inzwischen mit einem genauso berühmten Gesicht, damals aber ein Rivale: Karl Lagerfeld.

Das war übrigens, wie vieles von dem, was Lespert erzählt, tatsächlich so: wie er zum Militär eingezogen wurde während des Algerienkriegs und zusammenbrach, noch bevor der Marschbefehl griff; wie er die Mondrian-Kleider entwarf; wie er aus Liebe zu Nordafrika – Saint Laurent wurde in Algerien geboren – eine spektakuläre Villa in Marrakesch einrichtete, als Rückzugsort. Lesperts Film hat den Segen von Pierre Bergé, Saint Laurents Lebensgefährten bis zu dessen Tod 2008 – und der Wunsch, sich diesen Segen zu erhalten, hat dann auch die Richtung, den Fokus der Geschichte vorgegeben. Es ist eine Liebesgeschichte, was kein Nachteil ist, es geht aber, und das ist ein wenig schade, viel mehr ums Leben als ums Werk. Allzu viel über das Frühstadium, den Stil der Entwürfe, bevor der geniale Schachzug mit den Mondrian-Kleidern aus Saint-Laurent einen Top-Designer machte – das wird man im Kino nicht erfahren, da zeigt Lespert Berührungsängste.

Das geht so weit, dass in einer frühen Modenschau-Szene die Kamera auf den Gesichtern der Models bleibt – wen kümmern schon die Kleider. Was ein bisschen verrückt an der Sache ist: Bergé stand dem Projekt ja nicht nur mit Zustimmung zur Seite, er hat Lespert auch in dem spektakulären Anwesen in Marrakesch drehen lassen. Wunderbar. Dass ein Mann, der eigentlich irgendwie der Witwer ist, dann nur die besten Entwürfe im Film sehen will – das ist schon irgendwie verständlich. Dass ein Filmemacher diese Vorgaben nicht nur übernimmt, sondern geradezu verinnerlicht – irgendwas müssen die Models in der Szene ja wohl angehabt haben – ist eher merkwürdig.

Es ist ein zweiter Film in Arbeit „Saint Laurent“ von Betrand Bonello, der als Filmemacher eher unter Verdacht steht, ein Thema ordentlich gegen den Strich zu bürsten – und vielleicht wird das, auch wenn Pierre Bergé das Resultat dann missfällt, der spannendere Film.

Biopics werden viele gedreht, sie sind in Mode – aber kaum jemand geht noch hin und zieht sein Ding durch wie es Milos Forman mit „Amadeus“ gemacht hat, der sich nicht an Fakten hielt, sondern sich auf Mozarts Leben seinen eigenen, wilden Reim machte. Damals wurde daraus ein Welterfolg. Heute, im Authentizitätswahn, würde man ihm seinen Film wahrscheinlich um die Ohren hauen.

Yves Saint Laurent, Frankreich 2013 – Regie: Jalil Lespert. Buch: Jacques Fieschi , Jérémie Guez ,Marie-Pierre Huster,Jalil Lespert . Kamera: Thomas Hardmeier. Mit: Pierre Niney,Guillaume Gallienne. Squareone/Universum/24 Bilder, 106 Minuten.

Wenn der Bart 'nen Bart hat

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Wir bleiben dabei: Eigentlich ist Ingo Zamperoni schuld. Wenn’s ein Tagesthemen-Moderator macht, ist es tot. Schon sehr lang. Aber es gibt natürlich immer eine Institution, die noch später dran ist. Im Fall des öffentlich-rechtlichen Rundfunks heißt sie Wissenschaft und hat eine Studie veröffentlicht. Die Studie verhandelt das Thema Bärte und bricht man sie auf einen Aspekt herunter, lautet ihr Ergebnis: Der Bart-Hype hat seinen Höhepunkt erreicht. Für diese Runde.  

"Peak beard" nennen Forscher diesen Punkt, was einerseits ein ganz wunderbarer Ausdruck ist und andererseits besagt: Von nun an sinkt die Anzahl an Bärten wieder. Wir sind am Scheitel einer Parabel. Hier bricht die Welle.  




Eben noch hip, bald schon alt - und immer wieder von vorne: der Bart.

Der Grund dafür ist angemessen banal – wissenschaftlich belegt allerdings trotzdem interessant: Wir sehen inzwischen zu viele Bärte. Und dann gefallen sie uns nicht mehr. Beziehungsweise gefallen uns glatte Gesichter dann plötzlich besser. Um das zu belegen, zeigten Forscher der University of New South Wales (Sidney) 1453 hetero- oder bisexuelle Frauen und 213 heterosexuelle Männer Bilder von Männergesichtern. Eine Gruppe bekam 24 Bärte, eine andere 24 mal glatt. Für die Kontrollgruppe gab's eine Mischung. Anschließend mussten die Probanden auf zwölf weiteren Fotos Gesichter auf einer Skala von minus vier bis vier auf ihre Attraktivität hin bewerten.  

Ergebnis: Wer viel Haar sah, findet glatt besser. Ein Phänomen, das die UNSW-Forscher als "negative frequency-dependent sexual selection" bezeichnen. Ein Phänomen aber auch, das andersherum genauso funktioniert. Unter vielen glattrasierten Antlitzen gefallen uns die Schrate wieder besser.  

Das wiederum bedeutet, dass auf den peak beard irgendwann wieder ein "peak babyface" folgen wird und dann geht's wieder von vorne los. Bislang, so die australischen Forscher, dauerte der Weg von Peak zu Peak (nicht nur bei Bärten) etwa 30 Jahre. Mit dem Internet habe sich diese Spanne jedoch drastisch verkürzt. Könnte heißen: Wenn der Bart sehr langsam wächst, könnte es sich schon lohnen, ihn gleich stehenzulassen.
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